Language of document : ECLI:EU:T:2004:329

Rechtssache T‑396/02

August Storck KG

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Dreidimensionale Marke – Form eines Bonbons – Absolute Eintragungshindernisse – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft – Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsmarke – Eintragungsverfahren – Rücknahme, Einschränkung und Änderung der Anmeldung – Erfordernis einer ausdrücklichen und unbedingten Erklärung – Erklärung, dass das Warenverzeichnis hilfsweise eingeschränkt werde – Keine Berücksichtigung

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 44 Absatz 1)

2.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Dreidimensionale Marke – Form eines Bonbons

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b)

3.      Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Nicht unterscheidungskräftige, beschreibende oder übliche Marken – Ausnahme – Erwerb der Unterscheidungskraft durch Benutzung – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 3)

1.      Wenn auch nach Artikel 44 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke der Anmelder seine Anmeldung jederzeit zurücknehmen oder er das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis jederzeit einschränken kann und somit nur er selbst durch einen jederzeit möglichen Antrag beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zur Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses befugt ist, ist doch die Zurücknahme oder Einschränkung einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung oder die Einschränkung des darin enthaltenen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ausdrücklich und unbedingt zu erklären.

Es kann daher nicht berücksichtigt werden, dass ein Anmelder im Rahmen seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seiner Anmeldung die Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses seiner Anmeldung nur hilfsweise für den Fall erklärt, dass die Beschwerdekammer eine Zurückweisung der Anmeldung für alle beanspruchten Waren beabsichtigt.

(vgl. Randnrn. 19-20)

2.      Ein dreidimensionales Zeichen, das aus dem Erscheinungsbild eines ovalen, hellbraunen Bonbons mit gewölbten Rändern, einer kreisförmigen Vertiefung in der Mitte und einer flachen Unterseite besteht und für „Zuckerwaren“ in Klasse 30 des Nizzaer Abkommens angemeldet wurde, hat für diese Waren keine Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke, da sich diese Form nicht wesentlich von anderen handelsüblichen Grundformen der betreffenden Produkte unterscheidet, sondern wie eine ihrer Varianten wirkt, so dass sie es den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht ermöglicht, die Bonbons des Anmelders auf Anhieb und mit Gewissheit von Bonbons anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.

(vgl. Randnrn. 44-45)

3.      Der Erwerb von Unterscheidungskraft durch Benutzung der Marke im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 setzt erstens voraus, dass zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt. Jedoch können die Umstände, unter denen die Voraussetzung des Erwerbs von Unterscheidungskraft durch Benutzung als erfüllt anzusehen ist, nicht nur anhand von generellen und abstrakten Angaben, wie z. B. bestimmten Prozentsätzen, festgestellt werden.

Zweitens muss für die Zulassung einer Marke zur Eintragung nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 die durch ihre Benutzung erlangte Unterscheidungskraft in dem Teil der Europäischen Union nachgewiesen werden, in dem die Marke nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b bis d der Verordnung nicht unterscheidungskräftig wäre.

Drittens sind für die Beurteilung, ob eine Marke im Einzelfall Unterscheidungskraft durch Benutzung erworben hat, Gesichtspunkte wie der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer ihrer Benutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, der Anteil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden zu berücksichtigen.

Viertens ist die Unterscheidungskraft einer Marke einschließlich der durch ihre Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, sowie im Hinblick darauf zu beurteilen, wie ein normal informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die in Rede stehende Kategorie von Waren oder Dienstleistungen vermutlich wahrnimmt.

(vgl. Randnrn. 56-59)