Language of document : ECLI:EU:T:2012:588

URTEIL DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer)

8. November 2012(*)

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Urlaub – Krankheitsurlaub – Erstinstanzliche Aufhebung der Entscheidung der Kommission, mit der die Übertragung der vom Betroffenen nicht genommenen Tage des Jahresurlaubs abgelehnt wurde – Art. 4 des Anhangs V des Statuts – Art. 1e Abs. 2 des Statuts – Richtlinie 2003/88/EG – Begründetes Rechtsmittel – Entscheidungsreifer Rechtsstreit – Klageabweisung“

In der Rechtssache T‑268/11 P

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Zweite Kammer) vom 15. März 2011, Strack/Kommission (F‑120/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), wegen teilweiser Aufhebung dieses Urteils,

Europäische Kommission, vertreten durch B. Eggers und J. Currall als Bevollmächtigte,

Klägerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Guido Strack, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DAS GERICHT (Rechtsmittelkammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter J. Azizi und S. Papasavvas (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2012

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem gemäß Art. 9 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingelegten Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Zweite Kammer) vom 15. März 2011, Strack/Kommission (F‑120/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil), soweit darin ihre Entscheidung vom 15. März 2007 aufgehoben wurde, den Antrag von Herrn Guido Strack auf Übertragung der im Jahr 2004 nicht genommenen Tage des Jahresurlaubs abzulehnen.

 Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt

2        Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt wird in den Randnrn. 15 bis 21 des angefochtenen Urteils wie folgt dargestellt:

„15      Der Kläger trat am 1. September 1995 in den Dienst der Kommission. Von diesem Zeitpunkt an übte er seinen Dienst bis 31. März 2002 im Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (OPOCE) aus. Am 1. Januar 2001 wurde er nach Besoldungsgruppe A 6 befördert. Vom 1. April 2002 bis 15. Februar 2003 arbeitete er in der Generaldirektion ‚Unternehmen‘ der Kommission, und ab 16. Februar 2003 war er Eurostat zugewiesen. Vom 1. März 2004 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zum 1. April 2005 befand er sich im Krankheitsurlaub.

16      Am 27. Dezember 2004 beantragte der Kläger die Übertragung von 38,5 Urlaubstagen, die er im Jahr 2004 nicht genommen hatte, auf das Jahr 2005 und verwies darauf, dass er diese Urlaubstage insbesondere aufgrund seiner dienstbedingten Erkrankung nicht habe nehmen können. Der Antrag wurde am 30. Mai 2005 vom Leiter des Referats für Verwaltungsangelegenheiten und Personal der Direktion ‚Ressourcen‘ der Generaldirektion ‚Eurostat‘ in Bezug auf die 26,5 Tage abgelehnt, die die zwölf automatisch übertragenen Tage überstiegen …

17      Am 4. Juli 2005 legte der Kläger gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde gegen die Entscheidung vom 30. Mai 2005 ein, in der er hilfsweise beantragte, diese Entscheidung auszusetzen, bis über die Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit nach Art. 73 des Statuts entschieden sei.

18      Die Beschwerde wurde mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 25. Oktober 2005 zurückgewiesen. Darin hieß es aber auch:

‚Sollte die Anstellungsbehörde einem späteren Antrag des [Klägers] auf Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit stattgeben, so steht es ihm frei, einen neuen Antrag auf Übertragung der verbleibenden Urlaubstage für das Jahr 2004 zu stellen. Nur in diesem Fall wäre es angebracht, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Dienstbezogenheit einer Krankheit impliziert, dass die auf eine solche Krankheit zurückzuführende Nichtausschöpfung des Jahresurlaubs ´dienstlichen Gründen´ im Sinne von Anhang V Art. 4 des Statuts zugeschrieben werden kann.‘

19      Mit Schreiben vom 8. November 2006 teilte die Kommission dem Kläger mit, dass sie unter Berücksichtigung der medizinischen Untersuchungen, denen er sich unterzogen habe, anerkenne, dass sich sein Gesundheitszustand verschlimmert habe, und ihm infolgedessen die unmittelbar mit dieser Verschlimmerung zusammenhängenden Kosten für ärztliche Behandlung bis zum Zeitpunkt der Konsolidierung gemäß Art. 73 des Statuts erstattet würden. In dem ärztlichen Gutachten des von der Kommission bestellten Arztes, das diesem Schreiben beigefügt war, hieß es, dass eine Konsolidierung noch nicht eingetreten sei und eine neue Beurteilung dieser Frage erst nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren erfolgen könne.

20      Auf dieses Schreiben hin reichte der Kläger am 22. November 2006 einen neuen Antrag auf Übertragung des Resturlaubs für das Jahr 2004 ein, der mit Entscheidung des Leiters des Referats für Beschäftigungsbedingungen, nichtfinanzielle Rechte und Pflichten der Direktion B ‚Statut: Politik, Verwaltung und Beratung‘ der Generaldirektion ‚Personal und Verwaltung‘ [vom 15. März 2007] abgelehnt wurde …

21      Am 9. April 2007 legte der Kläger gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde gegen die Entscheidung vom 15. März 2007 ein, die mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 20. Juli 2007 zurückgewiesen wurde.“

 Verfahren im ersten Rechtszug und angefochtenes Urteil

3        Mit Klageschrift, die am 22. Oktober 2007 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst einging und unter dem Aktenzeichen F‑120/07 in das Register eingetragen wurde, erhob Herr Strack Klage auf Aufhebung der Entscheidungen der Kommission vom 30. Mai 2005, 25. Oktober 2005, 15. März 2007 und 20. Juli 2007, soweit darin die Übertragung seines im Jahr 2004 nicht genommenen Jahresurlaubs auf zwölf Tage und infolgedessen der Ausgleich für den von ihm zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienst nicht genommenen Jahresurlaub beschränkt wird, und auf Zahlung eines finanziellen Ausgleichs für 26,5 Tage nicht genommenen Jahresurlaub nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 2 des Anhangs V des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut), zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten pro Jahr über dem für Hauptrefinanzierungsgeschäfte durch die Europäische Zentralbank (EZB) festgesetzten Zinssatz ab 1. April 2005.

4        Zur Stützung seiner Klage machte Herr Strack als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 des Anhangs V des Statuts geltend. In der mündlichen Verhandlung berief er sich auf das nach der Erhebung seiner Klage ergangene Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2009, Schultz-Hoff u. a. (C‑350/06 und C‑520/06, Slg. 2009, I‑179), aus dem sich im Wesentlichen ergebe, dass es nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9) unzulässig sei, einem Arbeitnehmer, dem es wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich gewesen sei, seinen Urlaub zu nehmen, jeden Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub vorzuenthalten.

5        Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht für den öffentlichen Dienst der Klage teilweise stattgegeben, soweit sie die Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 15. März 2007 betraf, den Antrag von Herrn Strack auf Übertragung der restlichen Urlaubstage aus dem Jahr 2004 abzulehnen (im Folgenden: Entscheidung vom 15. März 2007), und der Kommission die Kosten auferlegt.

6        Was erstens die Aufhebungsklage betrifft, hat das Gericht für den öffentlichen Dienst zunächst deren Gegenstand auf die Entscheidungen vom 30. Mai 2005 und vom 15. März 2007 eingegrenzt. Sodann hat es die Klage, soweit sie gegen die erste dieser Entscheidungen gerichtet war, als verspätet zurückgewiesen (Randnrn. 34 bis 37 des angefochtenen Urteils).

7        Anschließend hat das Gericht für den öffentlichen Dienst zur Begründetheit der Klage ausgeführt, dass zum einen der Wortlaut des Art. 1e Abs. 2 des Statuts auf das Erfordernis Bezug nehme, wonach die Arbeitsbedingungen für Beamte im aktiven Dienst den angemessenen Gesundheits- und Sicherheitsnormen entsprechen müssten, die zumindest den Mindestvorschriften aufgrund von Maßnahmen entsprächen, die in diesen Bereichen nach den Verträgen erlassen worden seien, und dass zum anderen die auf der Grundlage von Art. 137 Abs. 2 EG erlassene Richtlinie 2003/88 Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung enthalte. Es hat die Ansicht vertreten, dass demgemäß, ohne dass geprüft zu werden brauche, wie ein eventueller Konflikt zwischen einer Bestimmung des Statuts und den auf Unionsebene erlassenen Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern zu lösen wäre, davon auszugehen sei, dass es der Kommission oblegen habe, in Bezug auf Herrn Strack für die Einhaltung dieser Mindestvorschriften bei der Anwendung und Auslegung der Statutsbestimmungen über den Jahresurlaub zu sorgen (Randnrn. 55 bis 57 des angefochtenen Urteils). Es hat daher den Inhalt der einschlägigen Mindestvorschriften der Richtlinie 2003/88, insbesondere ihres Art. 7, im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs geprüft (Randnrn. 58 bis 65 des angefochtenen Urteils) und daraus in Randnr. 66 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass im vorliegenden Fall aus der Richtlinie die Lehren für die Anwendung und Auslegung der Vorschriften des Statuts über den Jahresurlaub, insbesondere von Art. 4 Abs. 1 und 2 des Anhangs V des Statuts, deren Verletzung vom Kläger geltend gemacht worden war, zu ziehen seien.

8        Ausgehend davon, dass Herr Strack während fast des gesamten Jahres 2004 seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht habe ausüben können, ist das Gericht für den öffentlichen Dienst zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 ergebe, dass Herrn Strack nicht die Möglichkeit genommen werden dürfe, eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub zu erhalten (Randnrn. 67 bis 69). Es hat daher in den Randnrn. 70 bis 79 des angefochtenen Urteils die Frage nach dem Umfang dieser finanziellen Vergütung, auf die Herr Strack Anspruch habe, und die Frage untersucht, ob der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts der Zahlung einer finanziellen Vergütung für die nicht genommenen Urlaubstage entgegenstehe, die über die übertragbaren Urlaubstage hinausgingen.

9        Insoweit hat das Gericht für den öffentlichen Dienst festgestellt, dass Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts nicht die vorliegend aufgeworfene Frage regele, ob Urlaubstage zu übertragen seien, wenn es dem Beamten aus Gründen, die – wie medizinische Gründe – unabhängig von seinem Willen bestanden hätten, nicht möglich gewesen sei, sie zu nehmen; dies stehe nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung. Es hat daraus gefolgert, dass die Mindestvorschriften in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit im Sinne von Art. 1e des Statuts, insbesondere die Bestimmungen des Art. 7 der Richtlinie 2003/88, die im Statut selbst vorgesehenen Bestimmungen über Urlaub ergänzten. Folglich sei die vom Gerichtshof im Urteil Schultz-Hoff u. a. vorgenommene Auslegung voll und ganz auf den gesamten Jahresurlaub, wie er im Statut durch dessen Art. 1e in Verbindung mit dessen Art. 57 festgelegt sei, übertragbar, ungeachtet der in Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts enthaltenen Einschränkungen hinsichtlich der Möglichkeiten einer Übertragung des nicht genommenen Jahresurlaubs auf das Folgejahr (Randnrn. 72 bis 77). Das Gericht für den öffentlichen Dienst ist daher in Randnr. 79 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommission dadurch, dass sie die Übertragung des von Herrn Strack wegen eines lang andauernden Krankheitsurlaubs nicht genommenen Jahresurlaubs über die zwölf automatisch übertragenen Tage hinaus abgelehnt habe, die Tragweite von Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts nicht beachtet habe. Infolgedessen hat es die Entscheidung vom 15. März 2007 aufgehoben.

10      Zweitens hat das Gericht für den öffentlichen Dienst den Schadensersatzantrag von Herrn Strack als gegenstandslos zurückgewiesen. Insbesondere ist es zum einen hinsichtlich dieses Antrags, mit dem in erster Linie die Anwendung von Art. 4 Abs. 2 des Anhangs V des Statuts auf die im Jahr 2004 nicht genommenen 26,5 Tage des Jahresurlaubs begehrt wurde, zu dem Ergebnis gelangt, dass sich dieses Begehren mit den Maßnahmen decke, die von der Kommission zur Durchführung des angefochtenen Urteils zu ergreifen seien. Zum anderen ist es zu dem Schluss gelangt, dass über den Schadensersatzantrag, den Herr Strack hilfsweise für den Fall gestellt habe, dass seine gegen die Entscheidung vom 15. März 2007 gerichteten Rügen zurückgewiesen würden, nicht entschieden zu werden brauche (Randnrn. 87 bis 90 des angefochtenen Urteils).

 Zum Rechtsmittel

 Verfahren

11      Mit Schriftsatz, der am 26. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission das vorliegende Rechtsmittel eingelegt. Herr Strack hat am 15. August 2011 seine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht.

12      Mit Schriftsätzen, die am 26. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben der Rat der Europäischen Union und die Union syndicale fédérale des services publics européens et internationaux gemäß Art. 149 der Verfahrensordnung beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission bzw. von Herrn Strack zugelassen zu werden.

13      Mit Schreiben, das am 9. Dezember 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission einen mit Gründen versehenen Antrag nach Art. 146 der Verfahrensordnung gestellt, im mündlichen Verfahren gehört zu werden.

14      Mit Entscheidung vom 29. Februar 2012 hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 116 § 1 Abs. 3 der Verfahrensordnung die Entscheidungen über die Anträge des Rates und der Union syndicale fédérale des services publics européens et internationaux auf Zulassung als Streithelfer dem Gericht (Rechtsmittelkammer) übertragen.

15      Mit Beschlüssen des Gerichts (Rechtsmittelkammer) vom 19. März 2012 sind die Anträge des Rates und der Union syndicale fédérale des services publics européens et internationaux auf Zulassung als Streithelfer als unzulässig zurückgewiesen worden.

16      Das Gericht (Rechtsmittelkammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

17      In der Sitzung vom 3. Juli 2012 haben die Beteiligten mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

18      Die Kommission beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        beiden Parteien ihre eigenen Kosten des Verfahrens in erster Instanz und dieses Rechtsmittels aufzuerlegen.

19      Herr Strack beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

20      Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf drei Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird ein Verstoß gegen Art. 4 des Anhangs V des Statuts gerügt. Der zweite Rechtsmittelgrund stützt sich auf die Verkennung des Anwendungsbereichs und der Tragweite von Art. 1e Abs. 2 des Statuts. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird das Vorliegen eines Verfahrensfehlers geltend gemacht.

21      Zunächst ist der dritte Rechtsmittelgrund zu prüfen und sodann gemeinsam der erste und der zweite Rechtsmittelgrund.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund: Vorliegen eines Verfahrensfehlers

22      Die Kommission macht geltend, das Gericht für den öffentlichen Dienst habe einen Verfahrensfehler begangen, indem es von Amts wegen Art. 1e Abs. 2 des Statuts als anwendbare Rechtsvorschrift und als Klagegrund herangezogen habe, obwohl sich Herr Strack nie auf diese Vorschrift berufen, sondern seine Klage lediglich auf eine angebliche Verletzung von Art. 4 des Anhangs V des Statuts gestützt und sich in der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug auf das Urteil Schultz-Hoff u. a. berufen habe.

23      Herr Strack entgegnet, er habe sich in der fraglichen mündlichen Verhandlung, im Zusammenhang mit dem Urteil Schultz-Hoff u. a., explizit auf Art. 1e Abs. 2 des Statuts berufen, was dadurch belegt werde, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst im Anschluss an die mündliche Verhandlung lediglich die Kommission aufgefordert habe, sich zu diesem Urteil zu äußern. Hilfsweise macht er geltend, dass er für den Fall, dass das Gericht der Argumentation der Kommission folgen sollte, die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantrage, da es dann unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu dem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz der Kommission und gegen Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zustande gekommen wäre.

24      Nach ständiger Rechtsprechung wird ein Klagegrund, der die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung betrifft, auf die Verletzung einer bei der Durchführung des Vertrags anzuwendenden Rechtsnorm gestützt und darf vom Unionsrichter nur geprüft werden, wenn sich der Kläger darauf beruft (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 67; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, Slg. 2009, I‑11245, Randnr. 40, und Beschluss des Gerichts vom 6. Mai 2010, Kerelov/Kommission, T‑100/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 13).

25      Im vorliegenden Fall hat das Gericht für den öffentlichen Dienst, wie oben in Randnr. 4 dargelegt, in den Randnrn. 38 und 42 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Herr Strack zur Stützung seiner Klage als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 4 des Anhangs V des Statuts geltend machte und sich in der mündlichen Verhandlung auf das Urteil Schultz-Hoff u. a. berief, das bestätige, dass die Auslegung dieses Artikels durch die Kommission gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88 verstoße.

26      In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht für den öffentlichen Dienst, wie sich aus Randnr. 32 des angefochtenen Urteils ergibt, die Kommission ersucht, schriftlich zur Frage etwaiger Auswirkungen des Urteils Schultz-Hoff u. a., auf das sich Herr Strack berufen hatte, auf den Rechtsstreit Stellung zu nehmen.

27      Wie oben in Randnr. 7 ausgeführt, hat das Gericht für den öffentlichen Dienst im Rahmen seiner Prüfung der Begründetheit zunächst den Wortlaut von Art. 1e Abs. 2 des Statuts angeführt und sodann festgestellt, dass Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung festlege. Es hat die Auffassung vertreten, dass in diesem Stadium nicht geprüft zu werden brauche, wie ein eventueller Konflikt zwischen einer Bestimmung des Statuts und den auf Unionsebene im Wege einer Richtlinie erlassenen Mindestvorschriften zu lösen sei, und sich vor einer Prüfung der Tragweite von Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts mit dem Inhalt der in Art. 7 der Richtlinie 2003/88 definierten einschlägigen Mindestvorschriften im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs befasst.

28      Nach Abschluss dieser Prüfung hat das Gericht für den öffentlichen Dienst festgestellt, dass aus der Richtlinie 2003/88 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof die Lehren für die Anwendung der Vorschriften des Statuts über den Jahresurlaub und insbesondere von Art. 4 des Anhangs V des Statuts zu ziehen seien und dass die Mindestvorschriften im Sinne von Art. 1e des Statuts, insbesondere die Bestimmungen des Art. 7 der Richtlinie 2003/88, die im Statut selbst vorgesehenen Bestimmungen über Urlaub ergänzten. Es hat Art. 7 der Richtlinie daher ungeachtet der in Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts enthaltenen Einschränkungen auf den gesamten Jahresurlaub, wie er im Statut durch dessen Art. 1e in Verbindung mit dessen Art. 57 festgelegt ist, übertragen und ist sodann zu dem Schluss gekommen, dass die Kommission die Tragweite von Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts verkannt habe.

29      Aus dem Vorstehenden folgt, dass – entgegen dem Vorbringen der Kommission – aus dem angefochtenen Urteil zwar hervorgeht, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst insbesondere Art. 1e Abs. 2 des Statuts angewandt hat, doch hat es nicht von Amts wegen einen Klagegrund der materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung geprüft, sondern eine Auslegung von Art. 4 des Anhangs V des Statuts, dessen Verletzung Herr Strack geltend gemacht hatte, im Licht weiterer Bestimmungen des Statuts und der Richtlinie 2003/88 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof vorgenommen. Das Gericht für den öffentlichen Dienst hat auch nicht „de facto eine Rechtswidrigkeitseinrede hinsichtlich Art. 4 des Anhangs V des Statuts [erhoben]“, wie die Kommission vorträgt. Es ist nämlich nicht davon ausgegangen, dass Art. 4 des Anhangs V des Statuts Art. 7 der Richtlinie 2003/88 entgegenstehe, wie der Kläger geltend machte, sondern dass er bei seiner Auslegung durch die Richtlinie ergänzt werden müsse, um die Lücke auszufüllen, die es hinsichtlich der im vorliegenden Fall aufgeworfenen Frage festgestellt zu haben glaubte.

30      Daher ist das angefochtene Urteil – unbeschadet der Stichhaltigkeit dieser Würdigung, die im Rahmen der übrigen zur Stützung des Rechtsmittels angeführten Gründe zu prüfen sein wird – nicht mit einem Verfahrensfehler behaftet.

31      Mithin ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum ersten und zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 4 des Anhangs V des Statuts und Verkennung des Anwendungsbereichs und der Tragweite von Art. 1e Abs. 2 des Statuts

32      Mit dem ersten zur Stützung ihres Rechtsmittels angeführten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht für den öffentlichen Dienst habe Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts fälschlich und entgegen der Rechtsprechung des Gerichts dahin ausgelegt, dass dort nicht geregelt sei, ob über die Schwelle von zwölf Tagen hinaus nicht genommene Tage des bezahlten Jahresurlaubs zu übertragen seien, wenn es einem Beamten während des Bezugszeitraums aus Gründen, die unabhängig von seinem Willen bestanden hätten, nicht möglich gewesen sei, diese Urlaubstage zu nehmen. Außerdem diene die in dieser Bestimmung aufgestellte Regel dazu, zum Schutz der finanziellen Interessen der Union den finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub zu begrenzen, indem eine unbegrenzte Kumulierung nicht genommenen Urlaubs, u. a. im Krankheitsfall, verhindert werde, und sie sei eng auszulegen. Schließlich trage die in Art. 4 des Anhangs V des Statuts aufgestellte Regel mit der pauschalen Begrenzung der übertragbaren Urlaubstage auf zwölf den vom Willen des Beamten unabhängigen Gründen Rechnung, die die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs unmöglich machten.

33      Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund, der aus zwei Teilen besteht, macht die Kommission geltend, das Gericht für den öffentlichen Dienst habe zum einen den Anwendungsbereich, den Art. 1e Abs. 2 des Statuts nach dem Willen des Gesetzgebers haben solle, verkannt und zum anderen seine Begründungspflicht verletzt, da es sich nicht mit der von der Kommission aufgeworfenen fundamentalen Frage des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung auseinandergesetzt habe.

34      Nach ihrem Art. 1 Abs. 1 und 2 Buchst. a soll die Richtlinie 2003/88 Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung festlegen und gilt u. a. für den Mindestjahresurlaub.

35      Im Übrigen bestimmt der den Jahresurlaub betreffende Art. 7 dieser Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind, und dass der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf.

36      Ferner sieht Art. 4 Abs. 1 und 2 des Anhangs V des Statuts, dessen deutsche Sprachfassung berichtigt wurde (ABl. 2007, L 248, S. 26), vor, dass die Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das folgende Jahr zwölf Urlaubstage nicht überschreiten darf, wenn ein Beamter aus Gründen, die nicht auf dienstliche Erfordernisse zurückzuführen sind, bis zum Ende des laufenden Kalenderjahrs nur einen Teil seines Jahresurlaubs genommen hat. Hat ein Beamter bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst nur einen Teil seines Jahresurlaubs genommen, so erhält er als Ausgleich für jeden nicht in Anspruch genommenen Urlaubstag einen Betrag in Höhe von einem Dreißigstel seiner monatlichen Dienstbezüge im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst.

37      Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass – wie die Kommission geltend macht und wie Randnr. 57 des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist – das Gericht für den öffentlichen Dienst es nicht für zweckmäßig gehalten hat, den möglichen Konflikt, der zwischen einer Bestimmung des Statuts, nämlich Art. 1e Abs. 2 des Statuts, und Art. 7 der Richtlinie 2003/88 auftreten könnte, zu prüfen.

38      Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass der im Rahmen der Reform des Statuts im Jahr 2004 durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (ABl. L 124, S. 1) eingeführte Art. 1e Abs. 2 des Statuts verlange, dass die im Statut hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung und insbesondere des Jahresurlaubs vorgesehenen Bestimmungen den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Mindestvorschriften in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof, namentlich im Urteil Schultz-Hoff u. a., entsprächen oder zumindest gleichwertig seien.

39      In dem genannten Urteil hat der Gerichtshof eine Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 im Rahmen von zwei Vorabentscheidungsersuchen vorgenommen, mit denen er gemäß Art. 267 AEUV befasst worden war.

40      Die Richtlinien richten sich jedoch an die Mitgliedstaaten und nicht an die Unionsorgane. Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 als solche den Organen Verpflichtungen in ihren Beziehungen zu ihrem Personal auferlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 4. Juni 2009, Adjemian u. a./Kommission, F‑134/07 und F‑8/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 86, bestätigt durch Urteil des Gerichts vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Somit können die Bestimmungen dieser Richtlinie als solche keine Verpflichtungen der Kommission bei der Ausübung ihrer Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf die Regelung der Beziehungen zu ihrem Personal und ebenso wenig eine Einrede der Rechtswidrigkeit hinsichtlich des Statuts begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, Randnr. 52).

42      Der Umstand, dass eine Richtlinie als solche die Organe nicht bindet und keine Einrede der Rechtswidrigkeit einer Bestimmung des Statuts begründen kann, schließt gleichwohl nicht aus, dass die in dieser Richtlinie aufgestellten Regeln oder Grundsätze den Organen entgegengehalten werden können, wenn sie selbst nur als spezifischer Ausdruck von Grundregeln des Vertrags und allgemeinen Grundsätzen erscheinen, die unmittelbar für die Organe gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2003, Rinke, C‑25/02, Slg. 2003, I‑8349, Randnrn. 25 bis 28, Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, Randnr. 56, und Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 30. April 2009, Aayhan u. a./Parlament, F‑65/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 113).

43      Desgleichen könnte eine Richtlinie für ein Organ bindend sein, wenn das Organ, im Rahmen seiner organisatorischen Autonomie und innerhalb der Grenzen des Statuts, eine bestimmte in einer Richtlinie aufgestellte Verpflichtung umsetzen wollte oder wenn eine intern anwendbare Handlung von allgemeiner Geltung selbst ausdrücklich auf Maßnahmen verweist, die der Unionsgesetzgeber in Anwendung der Verträge getroffen hat (Urteil Aayhan u. a./Parlament, Randnr. 116).

44      Schließlich müssen die Organe aufgrund der ihnen obliegenden Loyalitätspflicht in ihrer Funktion als Arbeitgeber die auf Unionsebene erlassenen Rechtsvorschriften beachten, die u. a. Mindestanforderungen zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten im Wege einer Angleichung der nationalen Vorschriften und Praktiken festlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Aayhan u. a./Parlament, Randnrn. 118 und 119).

45      Die vorgenannten Ausnahmen, wonach die Bestimmungen einer Richtlinie für ein Organ unter bestimmten Umständen mittelbar bindend sein können (siehe oben, Randnrn. 42 bis 44), sind im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar.

46      Insoweit ist erstens, anknüpfend an die Ausführungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils, darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, auf den sich Art. 7 der Richtlinie 2003/88 bezieht, nach ständiger Rechtsprechung als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen ist, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den von der Richtlinie selbst ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürfen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2012, Dominguez, C‑282/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Zweitens ist zu beachten, dass der Anspruch auf Jahresurlaub ausdrücklich in Art. 31 Abs. 2 der am 7. Dezember 2000 in Nizza verkündeten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 367, S. 1) verankert ist, der von Art. 6 Abs. 1 EUV der gleiche rechtliche Rang wie den Verträgen zuerkannt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 22. November 2011, KHS, C‑214/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37, vom 3. Mai 2012, Neidel, C‑337/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 40, und vom 21. Juni 2012, ANGED, C‑78/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 17).

48      Drittens darf der Anspruch auf Jahresurlaub nicht restriktiv ausgelegt werden (vgl. Urteil ANGED, Randnr. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Selbst wenn man unterstellt, dass der Anspruch auf Jahresurlaub als allgemeiner Rechtsgrundsatz im Sinne der oben in Randnr. 42 angeführten Rechtsprechung aufzufassen wäre, der die Organe unmittelbar bindet und anhand dessen die Rechtmäßigkeit eines ihrer Rechtsakte geprüft werden könnte, kann aber jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass Herr Strack durch Art. 4 des Anhangs V des Statuts an der Wahrnehmung dieses Anspruchs gehindert wurde.

50      In diesem Artikel werden nämlich lediglich die Modalitäten der Übertragung und des Ausgleichs im Fall nicht genommener Urlaubstage festgelegt, wobei er die automatische Übertragung von zwölf nicht genommenen Urlaubstagen auf das nächste Jahr erlaubt und die Möglichkeit einer Übertragung der darüber hinausgehenden Tage vorsieht, wenn die Nichtausschöpfung des Jahresurlaubs auf dienstliche Erfordernisse zurückzuführen ist. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 4 des Anhangs V des Statuts die Gewährung oder die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs von einer Voraussetzung abhängig macht, die den Urlaubsanspruch seines Inhalts beraubt, oder dass diese Vorschrift mit der Systematik und dem Zweck von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 unvereinbar ist. Im Übrigen erscheint es sowohl durch die Notwendigkeit, die unbegrenzte Kumulierung nicht genommenen Urlaubs zu vermeiden, als auch zum Schutz der finanziellen Interessen der Union gerechtfertigt, die Übertragung nicht genommenen Jahresurlaubs und seinen Ausgleich bestimmten Voraussetzungen zu unterwerfen.

51      Es kann auch nicht im Sinne der oben in Randnr. 44 angeführten Rechtsprechung geltend gemacht werden, dass die Organe bei der Ausarbeitung der einschlägigen Bestimmungen des Statuts die auf Unionsebene erlassenen Vorschriften wie die für die Mitgliedstaaten bindenden Mindestvorschriften des Art. 7 der Richtlinie 2003/88 nicht beachtet hätten, da dem Wortlaut von Art. 4 des Anhangs V des Statuts nicht zu entnehmen ist, dass er diesen Vorschriften nicht entspricht.

52      Schließlich kann angesichts des Wortlauts von Art. 1e Abs. 2 des Statuts nicht davon ausgegangen werden, dass er der oben in Randnr. 43 geschilderten Situation insofern entspricht, als die Organe mit seiner Einfügung in das Statut eine in der Richtlinie 2003/88 aufgestellte besondere Verpflichtung hätten umsetzen wollen oder dass die in diesem Artikel enthaltene Bezugnahme auf die Mindestvorschriften, die aufgrund der in den Bereichen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in Umsetzung der Verträge erlassenen Maßnahmen gelten, auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie verweisen, da deren Gegenstand sich von dem des Art. 1e des Statuts unterscheidet.

53      Erstens ist nämlich darauf hinzuweisen, dass sich Art. 1e des Statuts, der zu den allgemeinen Vorschriften des Titels I des Statuts gehört, auf die Vereinbarkeit der Arbeitsbedingungen der Beamten im aktiven Dienst mit „angemessenen Gesundheits- und Sicherheitsnormen“ bezieht, was offenbar auf die in den übrigen Bestimmungen des Statuts nicht geregelten technischen Mindestnormen im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz abzielt und nicht auf die Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz im Allgemeinen, die auch die von der Richtlinie 2003/88 erfassten Vorschriften über die Arbeitszeitgestaltung, darunter den Jahresurlaub, einschließen. Wie die Kommission geltend macht, würde eine so weite Auslegung von Art. 1e Abs. 2 des Statuts gegen die in Art. 336 AEUV verankerte Autonomie des Unionsgesetzgebers auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstes verstoßen.

54      Zweitens enthält das Statut in Titel IV und in Anhang V spezielle Bestimmungen über die Arbeitszeitgestaltung und den Urlaub. Die im vorliegenden Fall aufgeworfene Frage nach den Modalitäten der Übertragung nicht genommener Urlaubstage auf das folgende Jahr oder des Ausgleichs für sie ist speziell in Art. 4 des Anhangs V des Statuts geregelt. Da diese Bestimmung eine klare und genaue Regel aufstellt, die den Übertragungs- und Ausgleichsanspruch für Jahresurlaub anhand der Zahl nicht genommener Urlaubstage begrenzt, können nicht auf der Grundlage eines im Wege der Analogie aus dem Urteil Schultz-Hoff u. a. abgeleiteten Gedankengangs die Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 angewandt werden, indem auf eine andere Bestimmung des Statuts wie Art. 1e als allgemein geltende Regel abgestellt wird, die eine Abweichung von den speziellen Bestimmungen des Statuts in diesem Bereich erlaubt. Dies würde, wie die Kommission vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst zu Recht geltend gemacht hat, zu einer Auslegung des Statuts contra legem führen.

55      Daraus folgt, dass das Gericht für den öffentlichen Dienst zu Unrecht Art. 1e Abs. 2 des Statuts angewandt hat und sich stattdessen auf Art. 4 des Anhangs V des Statuts hätte stützen müssen.

56      Daher hat das Gericht für den öffentlichen Dienst einen doppelten Rechtsfehler begangen, indem es Art. 7 der Richtlinie 2003/88 auf der Grundlage von Art. 1e Abs. 2 des Statuts trotz der in Art. 4 des Anhangs V des Statuts enthaltenen Einschränkungen auf die Situation von Herrn Strack übertragen und angenommen hat, dass die letztgenannte Bestimmung die im vorliegenden Fall aufgeworfene Frage nicht regele.

57      Das Vorbringen von Herrn Strack, mit dem er die Gültigkeit der deutschen Sprachfassung von Art. 4 des Anhangs V des Statuts in Zweifel zieht, weil sie sich aus einer Berichtigung ergebe, geht ins Leere. Die bei Klageerhebung geltende Fassung der fraglichen Bestimmung, die die Kommission im Rahmen ihres Rechtsmittels zitiert, stimmt nämlich im Wesentlichen mit der im Statut enthaltenen Fassung überein; der einzige Unterschied besteht darin, dass in der berichtigten Fassung der Ausdruck „dienstliche Erfordernisse“ an die Stelle der Worte „den Dienst“ in der ursprünglichen Fassung getreten ist. Die Verwendung des Ausdrucks „dienstliche Erfordernisse“ statt allein des Begriffs „Dienst“ führt lediglich zu einer Klarstellung des in Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts enthaltenen Begriffs der Zurückführbarkeit auf den Dienst, um die Gründe einzugrenzen, die eine ausnahmsweise Übertragung nicht genommener Urlaubstage rechtfertigen, und dieser Ausdruck findet sich im Übrigen in allen Sprachfassungen dieses Artikels.

58      Überdies ist hervorzuheben, dass die Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung und damit einer einheitlichen Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts es ausschließt, eine Vorschrift in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, sondern es gebietet, sie anhand des wirklichen Willens ihres Urhebers und des von ihm verfolgten Zwecks namentlich im Licht ihrer Fassungen in allen Sprachen der Union auszulegen. Eine abweichende Sprachfassung kann jedenfalls nicht allein gegenüber allen anderen Sprachfassungen den Ausschlag geben (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. September 2011, Zangerl-Posselt/Kommission, T‑62/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Somit ist dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben, ohne dass es der von Herrn Strack angeregten Beweisaufnahme bedarf. Ebenso ist dem zweiten Rechtsmittelgrund auf der Grundlage seines ersten Teils stattzugeben, ohne dass die Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht durch das Gericht für den öffentlichen Dienst geprüft zu werden braucht.

60      Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

 Zur Klage im ersten Rechtszug

61      Ist das Rechtsmittel begründet, kann das Gericht nach Art. 13 Abs. 1 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst den Rechtsstreit selbst entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist.

62      Dies ist vorliegend der Fall. Das Gericht verfügt nämlich über alle für die Entscheidung über die Klage erforderlichen Gesichtspunkte (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Kommission/Economidis, T‑56/07 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Herr Strack zur Stützung seines Aufhebungsantrags als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 des Anhangs V des Statuts geltend gemacht hatte. Er hatte hierzu vorgetragen, die fragliche Bestimmung ermögliche eine Übertragung der nicht genommenen Tage seines Jahresurlaubs, da seine Krankheit dienstbezogen sei.

64      Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts, dass die Übertragung des Jahresurlaubs, den ein Beamter im laufenden Kalenderjahr nicht nehmen konnte, nur dann zwölf Urlaubstage überschreiten darf, wenn der Urlaub aus Gründen, die auf dienstliche Erfordernisse zurückzuführen sind, nicht genommen wurde. Ebenso eröffnet Art. 4 Abs. 2 des Anhangs V des Statuts dem aus dem Dienst ausgeschiedenen Beamten nur im Rahmen der Urlaubstage, die aufgrund dienstlicher Erfordernisse nicht genommen worden sind, die Inanspruchnahme der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausgleichszahlung (Urteil des Gerichts vom 9. Juni 2005, Castets/Kommission, T‑80/04, Slg. ÖD 2005, I‑A‑161 und II‑729, Randnr. 28).

65      Nach dieser Rechtsprechung ist der in Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts verwendete Begriff „dienstliche Erfordernisse“ dahin auszulegen, dass er sich auf berufliche Tätigkeiten bezieht, die den Beamten aufgrund der ihm übertragenen Aufgaben daran hindern, den ihm zustehenden Jahresurlaub in Anspruch zu nehmen (Urteil Castets/Kommission, Randnr. 29). Somit ist zwar einzuräumen, dass der im Ausdruck „dienstliche Erfordernisse“ enthaltene Begriff „Dienst“ auf die „Tätigkeit des Bediensteten im Dienst der Verwaltung“ verweist, doch ergibt sich aus Art. 59 Abs. 1 Unterabs. 1 des Statuts, dass ein Beamter nur dann Krankheitsurlaub erhält, wenn er nachweist, dass er „seinen Dienst nicht ausüben kann“. Folglich ist ein Beamter, der sich im Krankheitsurlaub befindet, definitionsgemäß von der Ausübung seines Dienstes entbunden und somit nicht im Sinne von Art. 4 Abs. 1 des Anhangs V des Statuts im Dienst (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. März 2007, Verheyden/Kommission, T‑368/04, Slg. ÖD 2007, I‑A‑2‑93 und II‑A‑2‑665, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Die in Art. 4 des Anhangs V des Statuts angesprochenen dienstlichen Erfordernisse sind Gründe, die einen Beamten daran hindern können, Urlaub zu nehmen, weil er im Dienst bleiben muss, um die ihm von dem Organ, für das er tätig ist, zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Erfordernisse können vorübergehend oder dauerhaft bestehen, müssen jedoch notwendigerweise einer Tätigkeit im Dienst des Organs zugeordnet sein. Umgekehrt kann der Krankheitsurlaub das Fernbleiben eines Beamten aus triftigem Grund entschuldigen. Aufgrund seines gesundheitlichen Zustands ist er nicht länger zur Tätigkeit für das Organ verpflichtet. Der Begriff „dienstliche Erfordernisse“ kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass er sich auf das Fernbleiben vom Dienst wegen eines Krankheitsurlaubs erstreckt; dies gilt auch für den Fall einer längeren Krankheit (Urteil Castets/Kommission, Randnr. 33). Von einem Beamten im Krankheitsurlaub kann nicht erwartet werden, dass er im Dienst des Organs arbeitet, denn gerade davon ist er entbunden (Urteil Verheyden/Kommission, Randnrn. 62 und 63).

67      Unter Berücksichtigung der besonders engen Auslegung des Begriffs „dienstliche Erfordernisse“ durch die soeben in den Randnrn. 65 und 66 angeführte Rechtsprechung muss sich somit entgegen dem Vorbringen von Herrn Strack der Anspruch auf Übertragung des Jahresurlaubs über die Grenze von zwölf Tagen hinaus zwingend aus einer Verhinderung im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beamten in Ausübung seines Dienstes ergeben und kann nicht aufgrund einer Krankheit gewährt werden, die ihn an dessen Ausübung gehindert hat, selbst wenn man unterstellt, dass die Dienstbezogenheit dieser Krankheit nachgewiesen wurde.

68      Demnach ist der von Herrn Strack im ersten Rechtszug gestellte Aufhebungsantrag zurückzuweisen.

69      Unter diesen Umständen ist auch der Schadensersatzantrag von Herrn Strack zurückzuweisen, mit dem er in erster Linie den Ersatz des Schadens begehrt, der ihm aufgrund der Nichtzahlung eines Ausgleichs für 26,5 nicht genommene Urlaubstage gemäß Art. 4 Abs. 2 des Anhangs V des Statuts entstanden sein soll.

70      Was den von Herrn Strack hilfsweise gestellten Schadensersatzantrag angeht, mit dem er den Ersatz des Schadens begehrt, der ihm aufgrund von Amtsfehlern der Kommission entstanden sein soll, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung innerhalb des Systems von Rechtsbehelfen, das durch die Art. 90 und 91 des Statuts eingeführt wurde, eine Schadensersatzklage, die einen eigenständigen Rechtsbehelf neben der Anfechtungsklage darstellt, nur zulässig ist, wenn ihr ein Vorverfahren gemäß den Bestimmungen des Statuts vorangegangen ist. Dieses Verfahren kann unterschiedlich ausgestaltet sein, je nachdem, ob der Schaden, für den Ersatz begehrt wird, auf einer beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts oder auf einem Verhalten der Verwaltung beruht, bei dem es sich nicht um eine Entscheidung handelt. Im ersten Fall muss der Betroffene bei der Anstellungsbehörde fristgemäß eine Beschwerde gegen die fragliche Maßnahme einlegen. Dagegen muss das Verwaltungsverfahren im zweiten Fall mit einem Antrag im Sinne von Art. 90 Abs. 1 des Statuts auf Schadensersatz eingeleitet werden. Erst die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung dieses Antrags ist eine beschwerende Entscheidung, gegen die Beschwerde eingelegt werden kann, und erst nach der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zurückweisung dieser Beschwerde kann eine Schadensersatzklage beim Gericht erhoben werden (vgl. Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst vom 2. Mai 2007, Giraudy/Kommission, F‑23/05, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑121 und II‑A‑1‑657, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Im vorliegenden Fall begehrt Herr Strack den Ersatz der Schäden, die ihm aufgrund der „zahlreichen anderen Amtsfehler, die die Kommission begangen hat“, entstanden sein sollen. Dazu zählt er „die rechtswidrigen Handlungen der Kommissionsmitarbeiter und das Mobbing beim [Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften], die Fehler anlässlich des vom [Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung durchgeführten] Ermittlungsverfahrens, insbesondere die rechtswidrig unterbliebene Information des Klägers, die ja auch vom [Europäischen Bürgerbeauftragten] bereits beanstandet wurde, und die rechtswidrige Beurteilung und Nichtbeförderung des Klägers, die den Kläger in seinen Rechten verletzende Stellenbesetzung beim [Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften] sowie die weiteren in der Beschwerdeschrift ausführlich dargelegten rechtswidrigen Handlungen der [Kommission]“.

72      Im vorliegenden Fall wird das Schadensersatzbegehren in erster Linie auf als fehlerhaft gerügte Handlungen oder Verhaltensweisen der Kommissionsmitarbeiter ohne Entscheidungscharakter gestützt, die keine beschwerenden Maßnahmen im Sinne des Statuts darstellen. Selbst wenn sie in der von Herrn Strack eingelegten Beschwerde erwähnt worden wären, was nicht der Fall ist, hätte dieser folglich ein sie aufführender Antrag nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts vorangehen müssen, dessen eventuelle Zurückweisung eine beschwerende Entscheidung gewesen wäre, gegen die Beschwerde hätte eingelegt werden können, die gegebenenfalls Gegenstand einer Schadensersatzklage hätte sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2006, Angelidis/Parlament, T‑416/03, Slg. ÖD 2006, I‑A‑2‑317 und II‑A‑2‑1607, Randnr. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Aus den Akten ergibt sich nicht, dass Herr Strack einen solchen Antrag gestellt hat. In seinem Antrag vom 22. November 2006 wird keine dieser Handlungen erwähnt; darin heißt es lediglich, dass die Kommission mit Entscheidung vom 8. November 2006 die Dienstbezogenheit seiner Krankheit anerkannt habe und er daher die Überprüfung seines ursprünglichen Antrags beantrage. Dieser am 27. Dezember 2004 eingereichte Antrag betraf indessen die Übertragung der nicht genommenen Urlaubstage und nicht deren Ausgleich. Im Übrigen enthält der Antrag vom 22. November 2006 kein Schadensersatzbegehren.

74      Daraus ist zu schließen, dass das einschlägige Vorverfahren nicht durchgeführt wurde, so dass der Antrag auf Ersatz des insoweit geltend gemachten Schadens unzulässig ist.

75      In Bezug auf die Schäden, die Herrn Strack aufgrund seiner rechtswidrigen Beurteilung, seiner Nichtbeförderung und der ihn in seinen Rechten verletzenden Stellenbesetzung entstanden sein sollen, ist festzustellen, dass sie selbst dann, wenn es sich um ihn beschwerende Maßnahmen handeln sollte, Gegenstand einer Beschwerde hätten sein müssen, was nicht der Fall ist.

76      Folglich ist der hilfsweise gestellte Schadensersatzantrag als unzulässig zurückzuweisen.

77      Nach alledem ist die von Herrn Strack vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst erhobene Klage in der Rechtssache F‑120/07 insgesamt abzuweisen.

 Kosten

78      Nach Art. 148 Abs. 1 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und es selbst den Rechtsstreit entscheidet.

79      Nach Art. 87 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 144 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

80      Gemäß Art. 88 der Verfahrensordnung, der nach Art. 144 in Verbindung mit Art. 148 Abs. 2 der Verfahrensordnung bei von den Organen eingelegten Rechtsmitteln entsprechend anwendbar ist, tragen jedoch die Organe in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten ihre Kosten grundsätzlich selbst.

81      Daher tragen Herr Strack und die Kommission die ihnen im Verfahren vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst sowie in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Rechtsmittelkammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union vom 15. März 2011, Strack/Kommission (F‑120/07), wird aufgehoben.

2.      Die von Herrn Guido Strack beim Gericht für den öffentlichen Dienst erhobene Klage in der Rechtssache F‑120/07 wird abgewiesen.

3.      Herr Strack und die Europäische Kommission tragen die ihnen im Verfahren vor dem Gericht für den öffentlichen Dienst sowie im vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten.

Jaeger

Azizi

Papasavvas

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. November 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.