Language of document : ECLI:EU:T:2015:768

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

8. Oktober 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke ‚Genuß für Leib & Seele KLOSTER Andechs SEIT 1455‘ – Ältere Gemeinschaftsbildmarke ‚SEIT 1908 ANDECHSER NATUR‘ und ältere nationale Bildmarke ‚ANDECHSER NATUR‘ – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑78/14

Benediktinerabtei St. Bonifaz Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Würtenberger und R. Kunze,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Poch und S. Hanne als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Andechser Molkerei Scheitz GmbH mit Sitz in Andechs (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Jackermeier,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 14. November 2013 (Sache R 1272/2012‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Andechser Molkerei Scheitz GmbH und der Benediktinerabtei St. Bonifaz Körperschaft des öffentlichen Rechts

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva und des Richters C. Wetter (Berichterstatter),

Kanzler: S. Bukšek Tomac, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 4. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 14. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 2. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2015

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 19. Juli 2010 meldete die Klägerin, die Benediktinerabtei St. Bonifaz Körperschaft des öffentlichen Rechts, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren u. a. in Klasse 29 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 156/2010 vom 23. August 2010 veröffentlicht.

5        Am 15. November 2010 erhob die Streithelferin, die Andechser Molkerei Scheitz GmbH, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke.

6        Der Widerspruch war auf folgende ältere Marken gestützt:

–        die am 31. März 2008 unter der Nr. 6053003 für „Milch und Milchprodukte“ der Klasse 29 und „Werbung für landwirtschaftliche Produkte“ der Klasse 35 eingetragene, nachstehend wiedergegebene Gemeinschaftsbildmarke

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–        die am 7. November 1994 unter der Nr. 2084069 für „Milch und Milchprodukte“ der Klasse 29 eingetragene deutsche, nachstehend wiedergegebene Bildmarke

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7        Der Widerspruch wurde mit den in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Eintragungshindernissen begründet.

8        Am 10. Mai 2012 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch für alle betroffenen Waren, d. h. Milch und Milchprodukte der Klasse 29, statt und erlegte der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf.

9        Am 10. Juli 2012 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 14. November 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück und erlegte der Klägerin die der Streithelferin im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten auf. Die Beschwerdekammer wies zunächst darauf hin, dass, da die Widerspruchsabteilung ihre Prüfung auf die Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Gemeinschaftsmarke beschränkt habe, auch ihre Prüfung diesen Gegenstand betreffen werde.

11      Sie stellte im Rahmen der Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fest, dass die Waren, auf die sich der Widerspruch beziehe und die von der Anmeldung erfasst würden, sowie die von der älteren Gemeinschaftsmarke erfassten Waren identisch seien. In Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung sind die maßgeblichen Verkehrskreise bei Lebensmitteln des täglichen Bedarfs mit einem geringen Preis definiert als Durchschnittsverbraucher mit ebenfalls durchschnittlichem Aufmerksamkeitsgrad. Im Rahmen des Vergleichs der einander gegenüberstehenden Zeichen hob die Beschwerdekammer beim bildlichen Vergleich insbesondere hervor, dass bei der älteren Gemeinschaftsmarke das Element „Andechser“ aufgrund seiner zentralen Platzierung und seiner mit Serifen versehenen Großbuchstaben gegenüber den Elementen „NATUR“ und „SEIT 1908“, auf die die maßgeblichen Verkehrskreise wenig achteten, dominierend sei. Die Prüfung der Anmeldemarke ergab, dass sie hauptsächlich durch die Aufeinanderfolge der prägenden Buchstaben „A“, „n“, „d“, „e“, „c“, „h“ und „s“ gekennzeichnet sei. Nach Ansicht der Beschwerdekammer sind im Verhältnis zum in großer Frakturschrift wiedergegebenen Element „Andechs“ die übrigen Elemente, d. h. die kursive und „handschriftliche“ Aufschrift „Genuß für Leib & Seele“, die Abbildung eines Klosters sowie die gegenüber dem Wort „Andechs“ zunehmend kleiner werdenden Worte „KLOSTER“ und „SEIT 1455“ für die maßgeblichen Verkehrskreise von geringerer Bedeutung. Hinsichtlich des klanglichen Vergleichs stellte die Beschwerdekammer zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen bei den Worten „Andechs“ und „SEIT“ gewisse Ähnlichkeiten, bei den Worten „NATUR“ und „KLOSTER“ jedoch gewisse Unähnlichkeiten fest. Beim begrifflichen Vergleich berücksichtigte die Beschwerdekammer, dass sich nach dem Verständnis des relevanten deutschsprachigen Publikums das Wort „Andechs“ und das auf den Ursprung verweisende Adjektiv „ANDECHSER“ auf den Ort in Bayern (Deutschland) beziehen. Für die nicht deutschsprachigen maßgeblichen Verkehrskreise haben die in den einander gegenüberstehenden Zeichen verwendeten Wörter gemäß den Feststellungen der Beschwerdekammer – außer dem Wort „NATUR“ – keinerlei Bedeutung. Dieses sei für die französischsprachigen und die italienischsprachen Verkehrskreise verständlich, habe jedoch keine Entsprechung in der angefochtenen Anmeldung. Deshalb entschied die Beschwerdekammer, dass im vorliegenden Fall keine begriffliche Ähnlichkeit bestehe (Rn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung).

12      Nachdem die Beschwerdekammer aufgrund dieser Erwägungen festgestellt hatte, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen insgesamt ähnlich seien, und das Vorbringen zurückgewiesen hatte, mit dem bestritten worden war, dass die ältere Gemeinschaftsmarke Unterscheidungskraft habe, kam sie zum einen aufgrund der nahezu vollständigen Übereinstimmung des Wortbestandteils „Andechs“ der Anmeldemarke und des zentralen Wortbestandteils „ANDECHSER“ der älteren Gemeinschaftsmarke sowie zum anderen der Identität der fraglichen Waren zu dem Ergebnis, dass bei den maßgeblichen Verkehrskreisen die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

13      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

14      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

15      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

16      Die Klägerin macht zur Stützung ihres Antrags auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zum einen drei Klagegründe geltend, mit denen sie eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften rügt, und zum anderen einen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 rügt.

 Zu den Klagegründen, mit denen eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften gerügt wird

17      Die Klägerin macht zunächst geltend, die Beschwerdekammer habe die in Art. 75 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verankerte Begründungspflicht verletzt, denn sie habe nicht dargelegt, inwiefern der Bestandteil „Andechs“ über normale Kennzeichnungskraft verfüge, inwiefern er für die Anmeldemarke prägend sei und weshalb das zentrale Element der älteren Gemeinschaftsmarke eine selbständige Kennzeichnungskraft behalte.

18      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen des HABM gemäß Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 mit Gründen zu versehen sind. Diese Begründungspflicht hat den gleichen Umfang wie die Begründungspflicht in Art. 296 AEUV, wonach die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts klar und eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Diese Verpflichtung soll dem doppelten Ziel dienen, den Betroffenen zur Verteidigung ihrer Rechte die Kenntnisnahme der Gründe für die getroffene Maßnahme und dem Unionsrichter die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu ermöglichen (Urteil vom 21. Mai 2014, Eni/HABM – Emi (IP) (ENI), T‑599/11, Slg, EU:T:2014:269, Rn. 29, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, Slg, EU:C:2004:649, Rn. 63 bis 65).

19      Von den Beschwerdekammern kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung nicht verlangt werden, bei ihren Ausführungen alle von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln. Es reicht also aus, wenn das betreffende Organ die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen innerhalb der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil ENI, oben in Rn. 18 angeführt, EU:T:2014:269, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Hinsichtlich der ersten von der Klägerin geltend gemachten Rüge heißt es in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung: „Bis auf die dominante Buchstabenfolge [‚A‘, ‚n‘, ‚d‘, ‚e‘, ‚c‘, ‚h‘, ‚s‘], die über normale Kennzeichnungskraft verfügt, zeigen die zu vergleichenden Zeichen keine Gemeinsamkeiten auf“. Zunächst steht diese Beurteilung am Ende der Überlegungen, die die Beschwerdekammer bei der Prüfung der anderen Bestandteile der Anmeldemarke, d. h. sowohl der Wort‑ als auch der Bildbestandteile, mit dem Ergebnis angestellt hat, dass diese von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht wahrgenommen würden oder im Rahmen der genannten Marke eine nur geringfügige Rolle spielten. Diese in den Rn. 24 bis 27 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung legt somit eingehend dar, weshalb die anderen Bestandteile als das Element „Andechs“ für die Beschwerdekammer unbedeutend sind. Dass dieses Element nach den Feststellungen der Beschwerdekammer über normale Kennzeichnungskraft verfügt, genügte zudem, um es der Klägerin zu ermöglichen, den vom HABM herangezogenen Grund zu verstehen und gegebenenfalls anzufechten, und den Unionsrichter in die Lage zu versetzen, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben. Die Frage der Stichhaltigkeit dieser Überlegungen hat das Gericht im Rahmen des Klagegrundes, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht wird, nicht geprüft. Da die Klägerin tatsächlich die Rechtmäßigkeit dieser Beurteilung in Zweifel gezogen hat, wird es sie daher im Rahmen der Behandlung des Klagegrundes prüfen, der einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 betrifft.

21      Hinsichtlich der zweiten von der Klägerin vorgetragenen Rüge, wonach die Beschwerdekammer nicht angegeben habe, inwiefern der Bestandteil „Andechs“ für die Anmeldemarke prägend sei, ist die in Rn. 20 des vorliegenden Urteils getroffene Feststellung zu wiederholen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 24 bis 27 der angefochtenen Entscheidung zum einen dargelegt hat, weshalb davon auszugehen sei, dass die anderen Bestandteile der Anmeldemarke von den maßgeblichen Verkehrskreisen als bedeutungslos oder unbedeutend aufgefasst würden, und zum anderen, dass dieser prägende Charakter auf die Verwendung einer im Verhältnis zu den anderen Wortelementen wesentlich größeren Frakturschrift zurückzuführen sei (Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung). Die Beschwerdekammer hat die angefochtene Entscheidung also auch hier rechtlich hinreichend begründet.

22      Die dritte von der Klägerin geltend gemachte Rüge, dass keine Begründung dafür gegeben worden sei, weshalb das zentrale Element der älteren Gemeinschaftsmarke eine selbständige kennzeichnungskräftige Rolle behalten habe, ist unbegründet. Aus einer Zusammenschau der Rn. 23, 32 und 39 der angefochtenen Entscheidung wird nämlich, wie die Streithelferin zu Recht ausführt, verständlich, weshalb dem Element „ANDECHSER“ eine selbständige kennzeichnungskräftige Rolle zuerkannt worden ist. So hat die Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung erläutert, dass „ANDECHSER“ aufgrund der Schriftgröße und der zentralen Platzierung gegenüber den übrigen Elementen, aus denen sich die ältere Gemeinschaftsmarke zusammensetze – eine kleine rote Fahne mit der schwer lesbaren Jahreszahl 1908 und das im Vergleich zu „ANDECHSER“ kürzere Wort „NATUR –, als dominantes Element wahrgenommen werde. In Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Bedeutung des Wortes „Natur“ in der Anmeldemarke keine Entsprechung findet, was jegliche begriffliche Ähnlichkeit ausschließt. In Rn. 39 dieser Entscheidung kommt die Beschwerdekammer daher zu dem Ergebnis, dass das prägende Element der angemeldeten Marke, „Andechs“, mit dem zentralen Element „ANDECHSER“ der älteren Gemeinschaftsmarke, das „darin eine selbständige kennzeichnungskräftige Rolle“ behalte, fast identisch übereinstimme. Anhand dieser Angaben konnte die Klägerin daher die Richtigkeit dieser Auffassung ohne Weiteres bestreiten, was sie im Übrigen getan hat.

23      Daher ist nach alledem festzustellen, dass die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung ausreichend begründet hat, und dementsprechend der erste Klagegrund zurückzuweisen.

24      Die Klägerin macht ferner geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 76 Abs. 1 a. E. der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, indem sie Feststellungen getroffen habe, die nicht dem Vorbringen der Parteien entsprächen, wie z. B. die Behauptung, die maßgeblichen Verkehrskreise seien nicht nur bei Milchprodukten, sondern auch bei Spirituosen Abbildungen oder Namen von Mönchen bzw. Klöstern gewohnt, oder die Behauptung, dass das Wort „NATUR“ vom italienisch- oder französischsprachigen Verbraucher verstanden werde. Schließlich hätten sich die Parteien zu dieser angeblichen Gewohnheit der Verbraucher nicht äußern können. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 dar.

25      Das Gericht hält es für zweckmäßig, den zweiten und den dritten Klagegrund zusammen zu prüfen, da mit ihnen tatsächlich zusammenhängende Rechtsfragen aufgeworfen werden.

26      Es ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 in einem Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse die Beschwerdekammer des HABM bei der Sachverhaltsermittlung, die sie vorzunehmen hat, zwar auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt ist, doch schließt die Beschränkung der tatsächlichen Grundlage dieser Prüfung nicht aus, dass das HABM neben den von den Beteiligten des Widerspruchsverfahrens ausdrücklich vorgetragenen Tatsachen offenkundige Tatsachen berücksichtigt, d. h. Tatsachen, die jeder kennen kann oder die allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können (Urteile vom 20. April 2005, Atomic Austria/HABM – Fabricas Agrupadas de Muñecas de Onil [ATOMIC BLITZ], T‑318/03, Slg, EU:T:2005:136, Rn. 35, und vom 16. Oktober 2014, Novartis/HABM – Tenimenti Angelini [LINEX], T‑444/12, EU:T:2014:886, Rn. 30), oder Tatsachen, die sich aus der allgemeinen praktischen Erfahrung im Handel mit gängigen Konsumartikeln ergeben, die jeder kennen kann und die insbesondere den Verbrauchern dieser Waren auch bekannt sind. In einem solchen Fall ist die Beschwerdekammer außerdem nicht einmal verpflichtet, eine derartige praktische Erfahrung mit Beispielen zu belegen (Urteile vom 3. Februar 2011, Gühring/HABM [Kombination von Ginstergelb und Silbergrau], T‑299/09 und T‑300/09, EU:T:2011:28, Rn. 36, und LINEX, EU:T:2014:886, Rn. 30).

27      Mit dem Hinweis in Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung, dass „der Verbraucher nicht nur bei Milchprodukten sowie bei Spirituosen oftmals Abbildungen oder Namen von Mönchen bzw. Klöstern gewohnt [sei] (z. B. Klosterkäse von Saint Albray, Engelberger Klosterkäse oder Augustinerbräu Bier)“, hat die Beschwerdekammer unmissverständlich auf allgemein bekannte Tatsachen verwiesen und überdies ihre Überlegungen, obwohl sie dazu nicht verpflichtet war, erläutert. Die Klägerin kann somit nicht geltend machen, die Beschwerdekammer habe durch dieses Vorgehen gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

28      Hinsichtlich der Verpflichtung nach Art. 75 Satz 2 dieser Verordnung, wonach die Entscheidungen des HABM nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten, ist festzustellen, dass sich dieser Anspruch auf rechtliches Gehör zwar auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte sowie auf die Beweise erstreckt, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (Urteile vom 20. April 2005, Krüger/HABM – Calpis [CALPICO], T‑273/02, Slg, EU:T:2005:134, Rn. 64 und 65, und vom 20. März 2013, Bimbo/HABM – Café do Brasil [Caffè KIMBO], T‑277/12, Slg, EU:T:2013:146, Rn. 45).

29      Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, in dem es sich bei den von der Beschwerdekammer berücksichtigten Gesichtspunkten, wie oben in Rn. 27 festgestellt worden ist, um allgemein bekannte Tatsachen handelte, deren Richtigkeit das HABM nicht zu belegen brauchte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, Slg, EU:C:2006:422, Rn. 50 und 51, und Caffè KIMBO, oben in Rn. 28 angeführt, EU:T:2013:146, Rn. 46).

30      Die Klägerin macht somit zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

31      Demnach sind der zweite und der dritte Klagegrund und folglich sämtliche Klagegründe, mit denen eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

32      Die Klägerin meint, die Beschwerdekammer habe bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Gemeinschaftsmarke dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass sie der Buchstabenfolge „A“, „n“, „d“, „e“, „c“, „h“ und „s“ eine normale Kennzeichnungskraft zuerkannt habe, obwohl gemäß Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung der Ort Andechs beim deutschsprachigen Publikum als der Name eines Ortes bekannt sei. Demzufolge sei das Element „Andechs“ als eine geografische Herkunftsangabe und folglich als beschreibend anzusehen. Die Beschwerdekammer habe die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen auf eine der Rechtsprechung zuwiderlaufende Art und Weise beurteilt, indem sie ihre Prüfung auf bestimmte Elemente beschränkt habe, aus denen sich diese Zeichen zusammensetzten. Es sei jedoch nur ausnahmsweise möglich, sich auf die selbständig kennzeichnende Stellung eines Elements der Anmeldemarke zu stützen. Die Klägerin kommt somit zu dem Ergebnis, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen absolut unähnlich seien und dass keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

33      Das HABM und die Streithelferin treten dieser Auffassung entgegen.

34      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

35      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer die maßgeblichen Verkehrskreise in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung ohne Beurteilungsfehler definiert hat als Durchschnittsverbraucher der Union mit in Bezug auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs ebenfalls durchschnittlichem Aufmerksamkeitsgrad. Ebenso zutreffend hat sie in Rn. 18 dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass die von der Anmeldemarke erfassten Waren, soweit einige von ihnen Gegenstand des Widerspruchs seien, und die von der älteren Gemeinschaftsmarke geschützten Waren identisch seien. Die Verfahrensbeteiligten haben diese Aspekte im Rechtsstreit im Übrigen nicht beanstandet.

37      Daher ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung, soweit sie sich auf die Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und auf die Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bezieht, rechtmäßig ist.

 Zum Vergleich der Zeichen

38      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der visuellen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die betreffenden Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2007:333, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile HABM/Shaker, oben in Rn. 38 angeführt, EU:C:2007:333, Rn. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, EU:C:2007:539, Rn. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn schon dieser Bestandteil allein geeignet ist, das Bild der Marke, das die maßgeblichen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle ihre übrigen Bestandteile in dem durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil Nestlé/HABM, EU:C:2007:539, Rn. 43).

40      Die Beschwerdekammer ist aus den oben in Rn. 11 genannten Gründen zu dem Ergebnis gelangt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen insgesamt ähnlich seien.

41      Die Klägerin beanstandet die Argumentation der Beschwerdekammer. Hinsichtlich des bildlichen Vergleichs wendet sie sich insbesondere dagegen, dass andere Elemente als „ANDECHSER“ für die maßgeblichen Verkehrskreise von geringerer Bedeutung seien. In bildlicher Hinsicht dürften die Bestandteile „Genuß für Leib & Seele“, „SEIT“ und „KLOSTER“ nicht unberücksichtigt bleiben. Was den klanglichen Vergleich der Zeichen angeht, wendet sich die Klägerin dagegen, dass bei den einander gegenüberstehenden Zeichen die Elemente „NATUR“ auf der einen und „KLOSTER“ auf der anderen Seite zweitrangig seien. Selbst wenn ein Bildzeichen einen rechtserheblichen klanglichen Gesamteindruck hervorrufen könnte, müssten sämtliche Bestandteile der einander gegenüberstehenden Zeichen berücksichtigt werden. Hinsichtlich des begrifflichen Zeichenvergleichs könnten das in der älteren Gemeinschaftsmarke enthaltene Element „ANDECHSER“ und das in der Anmeldemarke enthaltene Element „Andechs“ vom relevanten deutschsprachigen Publikum nicht als dominierend aufgefasst werden, da es diesen Elementen an jeglicher Kennzeichnungskraft fehle. Außerdem habe die Beschwerdekammer zu Unrecht auf die Rechtsprechung zum Begriff der selbständig kennzeichnenden Stellung verwiesen. Diese Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

42      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

43      Bei der bildlichen Prüfung der einander gegenüberstehenden Zeichen stößt man zuallererst auf die in beiden Zeichen besonders markant dargestellten aufeinanderfolgenden sieben Buchstaben „A“, „n“, „d“, „e“, „c“, „h“ und „s“. Die ältere Gemeinschaftsmarke weist diese Buchstabenfolge – abgesehen von den beiden Buchstaben „E“ und „R“, die die genannte Buchstabenfolge in dieser Marke ergänzen – in der Mitte als Großbuchstaben auf, die mit grauen Serifen versehen sind, wobei die Buchstaben größer als jeder andere Wortbestandteil der genannten Marke sind. Auch bei der Anmeldemarke stechen diese in schwarzer Frakturschrift angeführten Buchstaben hervor. Sie sind erheblich größer als jeder andere Wortbestandteil der Anmeldemarke. Die Beschwerdekammer hat diese Merkmale der einander gegenüberstehenden Zeichen in den Rn. 22, 23 und 26 der angefochtenen Entscheidung deshalb zu Recht hervorgehoben.

44      Die einander gegenüberstehenden Zeichen besitzen noch ein weiteres gemeinsames Element, und zwar das Wort „SEIT“. Dieses steht jedoch, wie die Beschwerdekammer zu Recht ausgeführt hat, in der älteren Gemeinschaftsmarke in weißen Buchstaben in einem kleinen Bildelement, nämlich einer wehenden roten Fahne, die schwer zu erkennen ist, und in der Anmeldemarke in ganz kleinen Buchstaben, so dass der Durchschnittsverbraucher ihnen nur wenig Beachtung schenken wird.

45      Andere Bildelemente unterscheiden die einander gegenüberstehenden Zeichen. So enthält die ältere Gemeinschaftsmarke das Wort „NATUR“ in grünen Großbuchstaben ohne Serife. Die Anmeldemarke enthält demgegenüber die Abbildung eines Gebäudes, das von einem Turm überragt wird und in eine natürliche Landschaft eingebettet ist, und den „handschriftlichen“ Slogan „Genuss für Leib & Seele“ sowie das Wort „KLOSTER“. Auch hier hat die Beschwerdekammer ohne Beurteilungsfehler festgestellt, dass dieser kursiv wiedergegebene Slogan, der – dies ist zu ergänzen – den dem deutschen Alphabet eigenen Buchstaben „ß“ und das &-Zeichen enthält, schwerer als die übrigen Wortbestandteile zu lesen ist (Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung) und dass das Wort „KLOSTER“ unterhalb der abgebildeten Landschaft vom Durchschnittsverbraucher kaum wahrgenommen wird.

46      Im vorliegenden Fall ist allerdings festzustellen, dass diese Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen die Ähnlichkeit, die sich aus ihrem gemeinsamen Wortelement „Andechs“ ergibt, nicht vollständig neutralisieren können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Februar 2013, AMC‑Representações Têxteis/HABM – MIP Metro [METRO KIDS COMPANY], T‑50/12, EU:T:2013:68, Rn. 34, und vom 5. Februar 2015, Türkiye Garanti Bankasi/HABM – Card & Finance Consulting [bonus & more], T‑33/13, EU:T:2015:77, Rn. 31).

47      Was erstens die Unterschiede zwischen den Bildelementen der einander gegenüberstehenden Zeichen angeht, ist nämlich bei Marken, die aus Wort‑ und Bildelementen bestehen, grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kennzeichnungskraft der Wortelemente die der Bildelemente übertrifft, weil ein Durchschnittsverbraucher zur Bezugnahme auf die fragliche Ware eher den Namen der Marke nennen wird, als ihr Bildelement zu beschreiben (Urteile METRO KIDS COMPANY, oben in Rn. 46 angeführt, EU:T:2013:68, Rn. 29, und vom 10. September 2014, DTM Ricambi/HABM – STAR [STAR], T‑199/13, EU:T:2014:761, Rn. 51). Ferner ist der Beschwerdekammer folgend festzustellen, dass die oben in Rn. 44 im Einzelnen dargestellten Bildelemente der älteren Gemeinschaftsmarke die Aufmerksamkeit des Verbrauchers nicht besonders auf sich ziehen. Die Landschaft, die die Anmeldemarke kennzeichnet, wird eher als dekoratives Element aufgefasst, obwohl sie aufgrund ihrer Größe leicht wahrgenommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. September 2012, Scandic Distilleries/HABM – Bürgerbräu, Röhm & Söhne [BÜRGER], T‑460/11, EU:T:2012:432, Rn. 37, und METRO KIDS COMPANY, oben in Rn. 46 angeführt, EU:T:2013:68, Rn. 34). Außerdem haben die Beschwerdekammer in Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung und das HABM in der mündlichen Verhandlung zu Recht dargelegt, dass diese Art von Abbildung einer Landschaft bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen ziemlich häufig, wenn nicht gar nichtssagend ist, insbesondere in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise, für die der Kauf dieser Erzeugnisse, wie im vorliegenden Fall bei Milch oder Milchprodukten, alltäglich oder nahezu alltäglich und preiswert ist.

48      Zweitens ist hinsichtlich der Unterschiede zwischen den oben in Rn. 45 dieses Urteils genannten Wortelementen darauf hinzuweisen, dass den meisten von ihnen im Hinblick auf ihre Größe und ihre Platzierung in den einander gegenüberstehenden Zeichen gegenüber dem gemeinsamen Element „Andechs“ eine geringere Rolle zukommt. Lediglich das Wort „NATUR“ hat eine ähnliche, wenngleich etwas geringere Größe und dürfte vom Verbraucher in der Union als für Lebensmittel durchaus üblich wahrgenommen werden.

49      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der bildliche Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen eine durchschnittliche Ähnlichkeit ergibt.

50      Hinsichtlich des klanglichen Vergleichs ist der in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Auffassung der Beschwerdekammer zuzustimmen, wonach das den einander gegenüberstehenden Zeichen gemeinsame Element „Andechs“ und das Wort „SEIT“, soweit der Verbraucher es ausspricht, den genannten Zeichen Ähnlichkeit verleihen, auch wenn die Wörter „NATUR“ und „KLOSTER“ eine Unterscheidung ermöglichen. Der Eindruck der Ähnlichkeit ist hier stärker als beim bildlichen Vergleich, ganz gleich, ob das Wort „Andechs“ nun von einem deutschsprachigen oder einem nicht deutschsprachigen Verbraucher ausgesprochen wird, denn Letzterer würde das Wort „ANDECHSER“ im Fall der älteren Gemeinschaftsmarke ebenso unzulänglich wie das Wort „Andechs“ im Fall der Anmeldemarke aussprechen.

51      Im Hinblick auf den begrifflichen Vergleich hat die Beschwerdekammer zu Recht zwischen dem deutschsprachigen Teil des relevanten Publikums und dessen in der Union mehrheitlich nicht deutschsprachigen Teil unterschieden. Für den letztgenannten Teil haben, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, weder die Wörter „Andechs“ und „ANDECHSER“ noch die Wörter „SEIT“ und „KLOSTER“ oder der Slogan „Genuß für Leib & Seele“ eine besondere Bedeutung, so dass ein begrifflicher Vergleich zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen nicht möglich ist. Die Beschwerdekammer hat darauf hingewiesen, dass das Wort „NATUR“ beim relevanten Publikum z. B. vom französischsprachigen und vom italienischsprachigen Verbraucher verstanden werde. Das trifft zu und gilt praktisch für die Mehrheit des relevanten Publikums, was sich am Wort „nature“ im Englischen zeigt. Dieses in der älteren Gemeinschaftsmarke enthaltene Wort allein ermöglicht jedoch, wie in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt wurde, keinen begrifflichen Vergleich, da die Anmeldemarke nichts enthält, was der Verbraucher verstehen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. September 2013, Gitana/HABM – Teddy [GITANA], T‑569/11, EU:T:2013:462, Rn. 67, vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – Nanso Group [TEEN VOGUE], T‑509/12, Slg, EU:T:2014:89, Rn. 45, und vom 5. Februar 2015, Red Bull/HABM – Sun Mark [BULLDOG], T‑78/13, EU:T:2015:72, Rn. 43 bis 48).

52      Es spielt daher keine Rolle, ob es sich bei diesem Wort um ein Unterscheidungsmerkmal oder ein beschreibendes Merkmal handelt, denn es kommt in keinem für den größten Teil des relevanten Publikums verständlichen Bestandteil der Anmeldemarke zum Ausdruck.

53      Hinsichtlich der deutschsprachigen Verbraucher hat die Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das Wort „Andechs“ bzw. „ANDECHSER“ als der Name eines Ortes in Bayern wahrgenommen werde. Das letztgenannte Wort ist nämlich ein Adjektiv zur Bezeichnung einer aus dem genannten Ort stammenden Sache oder Person. Diese Überlegung trifft jedoch nur für diejenigen deutschsprachigen Verbraucher zu, die diesen Ort kennen. Das HABM und die Streithelferin machen nämlich geltend, dass dieser Ort außerhalb Bayerns in Deutschland wenig bekannt sei. Demzufolge ist festzustellen, dass selbst für den deutschsprachigen Verbraucher ein begrifflicher Vergleich nicht mit Sicherheit immer möglich ist.

54      In Anbetracht der bildlichen Ähnlichkeit mittleren Grades der einander gegenüberstehenden Zeichen, ihrer klanglichen Ähnlichkeit und der Unmöglichkeit für die ganz überwiegende Mehrheit des relevanten Publikums, einen begrifflichen Vergleich der genannten Zeichen vorzunehmen, sind diese daher ihrem Gesamteindruck nach als ähnlich anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Januar 2013, Müller/HABM – Loncar [Sunless], T‑662/11, EU:T:2013:43, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Beschwerdekammer ist darum in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung beurteilungsfehlerfrei zu derselben Schlussfolgerung gelangt.

 Zur Verwechslungsgefahr

55      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg, EU:T:2006:397, Rn. 74).

56      Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass die Anmeldemarke vom Wortelement „Andechs“ geprägt werde, das fast identisch mit dem zentralen Element „ANDECHSER“ der älteren Gemeinschaftsmarke sei. Daraus hat sie in Anbetracht der Identität der in Rede stehenden Waren geschlossen, dass im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

57      Die Klägerin wendet sich gegen diese Auffassung unter Hinweis auf den beschreibenden Charakter nahezu sämtlicher Wort‑ und Bildelemente, aus denen sich die ältere Gemeinschaftsmarke zusammensetze.

58      Um eine Marke, die aus einer Kombination von Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ansehen zu können, genügt es zwar nicht, dass für jeden dieser Bestandteile ein möglicher beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss für die Marke selbst festgestellt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland, C‑363/99, Slg, EU:C:2004:86, Rn. 96).

59      Die Klägerin kann mit ihrem Vorbringen jedoch im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nicht indirekt ein absolutes Eintragungshindernis gegen die gültige Eintragung eines Zeichens durch das HABM anführen. Die in Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten absoluten Eintragungshindernisse sind nämlich im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens nicht zu prüfen, und dieser Artikel gehört nicht zu den Vorschriften, anhand deren die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu beurteilen ist. Falls die Klägerin der Auffassung ist, dass die ältere Gemeinschaftsmarke unter Verstoß gegen Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 eingetragen wurde, hätte sie einen Antrag auf Nichtigerklärung gemäß Art. 52 dieser Verordnung stellen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 2011, Bodegas y Viñedos Puerta de Labastida/HABM – Unión de Cosecheros de Labastida [PUERTA DE LABASTIDA], T‑345/09, EU:T:2011:173, Rn. 65).

60      Nach dieser Klarstellung ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf den beschreibenden Charakter nahezu sämtlicher Bestandteile, aus denen sich die ältere Gemeinschaftsmarke zusammensetzt, keinen Erfolg haben kann.

61      Was zunächst das Element „NATUR“ angeht, kann dessen etwaiger beschreibender Charakter – worauf oben in Rn. 51 hingewiesen worden ist – im vorliegenden Fall keine Auswirkungen haben, da es der großen Mehrheit des relevanten Publikums nicht möglich ist, einen begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen vorzunehmen. Hinsichtlich des aus einer wehenden roten Fahne bestehenden grafischen Elements hat schon die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass es für die Wahrnehmung der älteren Gemeinschaftsmarke durch das genannte Publikum eine geringfügige Rolle spielt. Zum etwaigen beschreibenden Charakter des Elements „ANDECHSER“ ist schließlich Folgendes festzustellen.

62      Die Klägerin hält das Element „ANDECHSER“, da der Ort Andechs dem deutschsprachigen Teil des relevanten Publikums bekannt sei, für eine geografische Herkunftsangabe und demzufolge für beschreibend. Dazu ist erstens festzustellen, dass dieses Vorbringen, wenn es begründet wäre, auch für die Anmeldemarke selbst gelten würde, soweit sie das Element „Andechs“ enthält. Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass sich der beschreibende Charakter eines Zeichens oder eines Bestandteils dieses Zeichens zum einen nur in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen lässt und zum anderen nur in Bezug darauf, was die maßgeblichen Verkehrskreise darunter verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, Slg, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Ferner muss die fragliche Bezeichnung von den beteiligten Verkehrskreisen aktuell mit der beanspruchten Art von Waren oder Dienstleistungen in Verbindung gebracht werden oder muss vernünftigerweise zu erwarten sein, dass mit einer solchen Bezeichnung nach Auffassung dieser Kreise die geografische Herkunft dieser Art von Waren oder Dienstleistungen bezeichnet werden kann.

64      Diese Verbindung muss in den Augen der Verbraucher hinreichend direkt und konkret sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2007, Golf USA/HABM [GOLF USA], T‑230/05, EU:T:2007:76, Rn. 35).

65      Bei dieser Prüfung ist insbesondere von Belang, inwieweit den beteiligten Verkehrskreisen die betreffende geografische Bezeichnung bekannt ist und welche Eigenschaften der bezeichnete Ort und die betreffende Art von Waren oder Dienstleistungen haben (vgl. Urteil Cloppenburg, oben in Rn. 62 angeführt, EU:T:2005:373, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Im vorliegenden Fall stellt zum einen das Wort „ANDECHSER“ lediglich eines der Elemente dar, aus denen sich die ältere Gemeinschaftsmarke zusammensetzt, und zum anderen ergibt sich aus der oben in Rn. 53 vorgenommenen Prüfung, dass nur ein Teil der deutschsprachigen Verbraucher der Union, d. h. eine Minderheit des relevanten Publikums, in der Lage wäre, das fragliche Wortelement als eine genaue geografische Herkunftsangabe zu erkennen. Außerdem ist es auch bei diesem Bestandteil unmöglich, eine Verbindung zu den in Rede stehenden Waren herzustellen. Deshalb macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass das Element „ANDECHSER“ für die mit den einander gegenüberstehenden Zeichen gekennzeichneten Waren beschreibend sei.

67      Selbst wenn das genannte Element geringe Unterscheidungskraft hätte, was nicht der Fall ist, und nicht, wie von der Beschwerdekammer festgestellt, normale Kennzeichnungskraft, wäre auf die Rechtsprechung zu verweisen, wonach eine etwaige schwache Unterscheidungskraft eines Elements einer zusammengesetzten Marke nicht zwangsläufig bedeutet, dass es nicht ein beherrschendes Element sein kann, da es sich insbesondere durch seine Position im Zeichen oder seine Größe der Wahrnehmung des Verbrauchers aufdrängen und in sein Gedächtnis einprägen kann (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg, EU:T:2007:387, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68      Für den vorliegenden Fall ergibt sich aufgrund des oben in den Rn. 43 bis 49 vorgenommenen bildlichen Vergleichs der einander gegenüberstehenden Zeichen, dass das Element „ANDECHSER“ in der älteren Gemeinschaftsmarke zentral platziert ist und graue, mit Serifen versehene Großbuchstaben aufweist, die größer sind als jeder andere Bestandteil der genannten Marke. Es handelt sich deshalb fraglos um das prägende Element, und dieses Element mit seinen sieben Buchstaben „A“, „n“, „d“, „e“, „c“, „h“ und „s“ ist den genannten Zeichen gemeinsam.

69      Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass die wichtigsten Elemente der älteren Gemeinschaftsmarke beschreibenden Charakters seien, um im vorliegenden Fall die Gefahr einer Verwechslung mit der Anmeldemarke zu bestreiten.

70      Angesichts der durchschnittlichen bildlichen Ähnlichkeit und der klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie der Tatsache, dass die von der älteren Gemeinschaftsmarke und die von der Anmeldemarke erfassten Waren identisch sind, hat die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass zwischen ihnen eine Verwechslungsgefahr besteht.

71      Folglich ist der vierte Klagegrund der Klägerin, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 rügt, als unbegründet zurückzuweisen.

72      Demnach ist ihre Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

73      Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

74      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Benediktinerabtei St. Bonifaz Körperschaft des öffentlichen Rechts trägt die Kosten.

Gratsias

Kancheva

Wetter

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Oktober 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.