Language of document : ECLI:EU:C:2016:217

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 7. April 2016(1)

Rechtssache C‑149/15

Sabrina Wathelet

gegen

Garage Bietheres & Fils SPRL

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Liège [Berufungsgericht Lüttich, Belgien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 1999/44/EG – Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter – Art. 1 Abs. 2 Buchst. c – Begriff ‚Verkäufer‘ – Haftung eines als Vermittler bzw. Zwischenperson auftretenden Gewerbetreibenden für einen nicht gewerblichen Verkäufer“





I –    Einleitung

1.        Zweifellos genießt ein Verbraucher, der bei einer anderen Privatperson ein Verbrauchsgut kauft, nicht den Schutz der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter(2). Gilt dies auch, wenn ein Gewerbetreibender, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson den Verkauf tätigt, dem Verbraucher gegenüber als Verkäufer auftritt? Diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall.

2.        Das Vorabentscheidungsersuchen der Cour d’appel de Liège (Berufungsgericht Lüttich, Belgien) wird im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden über den Verkauf eines Gebrauchtwagens vorgelegt. Die entscheidende Frage lautet, ob der Gewerbetreibende, der bloß als Zwischenperson (im Folgenden auch: Vermittler) für den nicht gewerblichen Eigentümer des Fahrzeugs gehandelt hat, dem Verbraucher gegenüber für Vertragswidrigkeiten des Wagens haftet.

3.        In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob unter den Begriff „Verkäufer“ im Sinne vom Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 ein Gewerbetreibender fällt, der, wie der Beklagte des Ausgangsverfahrens, bei einem Verkauf als Vermittler für eine Privatperson handelt, auch wenn dieser Fall in dieser Bestimmung nicht angeführt wird.

4.        Daher wird der Gerichtshof im vorliegenden Fall ersucht, die Reichweite des Begriffs „Verkäufer“ im Sinne der Richtlinie 1999/44 und folglich den Anwendungsbereich dieser Richtlinie zu klären.

5.        In der folgenden Analyse stelle ich zunächst allgemeine Überlegungen zum Begriff „Zwischenperson“ und zu den Auslegungsmodalitäten für den Begriff „Verkäufer“ im Sinne der Richtlinie 1999/44 an. Sodann prüfe ich auf der Grundlage einer Analyse sowohl des Wortlauts von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie und des Zwecks dieser Bestimmung den Anwendungsbereich des Begriffs „Verkäufer“ im Sinne der Richtlinie, um zu einer Antwort auf die Vorlagefrage zu kommen. Schließlich widme ich mich der Frage der Würdigung durch das nationale Gericht und der Frage der Vergütung des Vermittlers.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Die Richtlinie 1999/44

6.        Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44 verweist auf Art. 153 EGV (nunmehr Art. 169 AEUV), in dem es unter anderem heißt:

„Zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet [die Union] einen Beitrag zum Schutz … der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes auf Information … zur Wahrung ihrer Interessen.“(3)

7.        Die Erwägungsgründe 5 und 6 der Richtlinie 1999/44 lauten:

„(5)      Die Schaffung eines gemeinsamen Mindestsockels von Verbraucherrechten, die unabhängig vom Ort des Kaufs der Waren in der Gemeinschaft gelten, stärkt das Vertrauen der Verbraucher und gestattet es ihnen, die durch die Schaffung des Binnenmarkts gebotenen Vorzüge besser zu nutzen.

(6)      Schwierigkeiten der Verbraucher und Konflikte mit den Verkäufern haben ihre Ursache vor allem in der Vertragswidrigkeit von Waren. Infolgedessen erweist sich eine Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Verbrauchsgüterkauf in dieser Hinsicht als geboten. Eine solche Angleichung darf jedoch nicht die Bestimmungen und Grundsätze des innerstaatlichen Rechts über die Regelung der vertraglichen und außervertraglichen Haftung beeinträchtigen.“

8.        Hinsichtlich der Haftung des Verkäufers bestimmt der neunte Erwägungsgrund dieser Richtlinie:

„(9)      Der Verkäufer muss dem Verbraucher gegenüber unmittelbar für die Vertragsmäßigkeit der Güter haften. Dieser klassische Grundsatz ist in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verankert. Der Verkäufer muss allerdings nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts den Hersteller, einen früheren Verkäufer innerhalb derselben Vertragskette oder eine andere Zwischenperson in Regress nehmen können, es sei denn, dass er auf dieses Recht verzichtet hat. Diese Richtlinie berührt nicht den Grundsatz der Vertragsfreiheit in den Beziehungen zwischen dem Verkäufer, dem Hersteller, einem früheren Verkäufer oder einer anderen Zwischenperson. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmen, gegen wen und wie der Verkäufer Regress nehmen kann.“

9.        Gemäß Art. 1 Abs. 1 der genannten Richtlinie ist deren Zweck

„… die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter zur Gewährleistung eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus im Rahmen des Binnenmarkts“.

10.      Zu diesem Zweck werden den Verkäufern von der Richtlinie 1999/44 bestimmte Pflichten gegenüber den Verbrauchern auferlegt, insbesondere die Pflicht gemäß Art. 2 Abs. 1, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern, und die Pflicht gemäß Art. 3 Abs. 1, dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit zu haften, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsguts besteht.

11.      Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 bezeichnet der Begriff „Verkäufer“ für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie

„jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Vertrags im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft“.

12.      Art. 4 („Rückgriffsrechte“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Haftet der Letztverkäufer dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson, so kann der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen. Das innerstaatliche Recht bestimmt den oder die Haftenden, den oder die der Letztverkäufer in Regress nehmen kann, sowie das entsprechende Vorgehen und die Modalitäten.“

13.      Gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 sieht die Richtlinie 1999/44 nur eine minimale Harmonisierung der einzelstaatlichen Vorschriften zum Verbraucherschutz vor(4). In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 8 („Innerstaatliches Recht und Mindestschutz“) in seinem Abs. 1:

„Andere Ansprüche, die der Verbraucher aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften über die vertragliche oder außervertragliche Haftung geltend machen kann, werden durch die aufgrund dieser Richtlinie gewährten Rechte nicht berührt.“

B –    Belgisches Recht

14.      Der Begriff „Verkäufer“, wie er in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 definiert ist, wurde in Art. 1649bis § 2 (2) des belgischen Code Civil wörtlich in belgisches Recht umgesetzt.

III – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

15.      Am 24. April 2012 kaufte Frau Wathelet bei einer Werkstatt, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung Garage Bietheres & Fils SPRL (im Folgenden: Werkstatt Bietheres), einen Gebrauchtwagen für 4 000 Euro.

16.      Frau Wathelet zahlte der Werkstatt Bietheres den Betrag von 4 000 Euro. Sie erhielt jedoch weder einen Zahlungsnachweis noch eine Verkaufsrechnung.

17.      Die Werkstatt Bietheres unterzog das Fahrzeug auf ihre Kosten einer technischen Überwachung und stellte bei der zuständigen belgischen Behörde einen Zulassungsantrag. Die Kosten für die Zulassung wurden von Frau Wathelet übernommen.

18.      Einige Monate später, im Juli 2012, hatte das Fahrzeug eine Panne. Es wurde zur Reparatur in die Werkstatt Bietheres gebracht. Die Werkstatt stellte einen Motorschaden fest.

19.      In einem Schreiben an die Werkstatt Bietheres vom 13. November 2012 forderte Frau Wathelet Letztere auf, ihr das Fahrzeug zurückzugeben, und verlangte u. a. auch die Verkaufsrechnung.

20.      Am 17. November 2012 begab sich Frau Wathelet in die Werkstatt Bietheres, um ihr Fahrzeug abzuholen. Dies wurde abgelehnt, weil sie sich weigerte, eine Reparaturrechnung vom 17. November 2012 über 2 000 Euro zu unterzeichnen. Nach Aussage von Frau Wathelet teilte man ihr zu diesem Zeitpunkt mit, dass die Werkstatt Bietheres nicht die Verkäuferin des Fahrzeugs, sondern bloß als Vermittlerin für eine Privatperson aufgetreten sei(5).

21.      Mit Schreiben an Frau Wathelet vom 17. November 2012 machte die Werkstatt Bietheres geltend, sie sei mit dem Verkauf des von Frau Wathelet gekauften Fahrzeugs beauftragt worden und man habe Letztere gleich zu Beginn darauf aufmerksam gemacht, dass das Fahrzeug nicht der Werkstatt Bietheres, sondern einer Privatperson gehöre. Der Motorschaden sei ein normales Risiko im Rahmen des Kaufs eines Gebrauchtwagens zwischen Privatpersonen. Daher weigere sich die Werkstatt Bietheres weiterhin, das Fahrzeug an Frau Wathelet herauszugeben, solange die Reparaturrechnung in Höhe von 2 000 Euro nicht zur Gänze bezahlt sei. Die Werkstatt Bietheres legte diesem Schreiben eine Quittung über den Betrag von 4 000 Euro bei, in die handschriftlich der Vor- und Nachname der nicht gewerblichen Eigentümerin und der Käuferin, Frau Wathelet, eingefügt worden war. Dieses Dokument enthält lediglich die Unterschrift der nicht gewerblichen Eigentümerin.

22.      Am 13. Dezember 2012 erhob die Werkstatt Bietheres gegen Frau Wathelet beim Tribunal de première instance de Verviers (Erstinstanzliches Gericht Verviers) Klage auf Zahlung u. a. der Rechnung vom 17. November 2012 in Höhe von 2 000 Euro zuzüglich Zinsen. Die Werkstatt Bietheres trug vor, das Fahrzeug habe einer ihrer Kundinnen gehört, und der Verkauf sei ein Verkauf von Privat an Privat gewesen.

23.      Frau Wathelet trat dem Anspruch der Werkstatt Bietheres entgegen und erhob Widerklage, mit der sie auf der Grundlage des belgischen Code civil die Auflösung des Kaufvertrags und die Rückzahlung des Betrags von 4 000 Euro zuzüglich Zinsen verlangte. Zudem begehrte Frau Wathelet die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2 147,46 Euro. Sie machte geltend, der Verkauf des Fahrzeugs habe zwischen ihr und der Werkstatt Bietheres stattgefunden, und sie habe nicht wissen können, dass Letztere nicht die Verkäuferin gewesen sei.

24.      Das erstinstanzliche Gericht erachtete die Klage der Werkstatt Bietheres als teilweise begründet und verurteilte Frau Wathelet zur Zahlung von 2 000 Euro zuzüglich Zinsen. Zudem wies dieses Gericht die Widerklage von Frau Wathelet als unbegründet ab.

25.      Frau Wathelet legte beim vorlegenden Gericht, der Cour d’appel de Liège (Berufungsgericht Lüttich), Berufung ein, wobei sie ihre in erster Instanz gestellten Anträge aufrechterhielt und hilfsweise die umgehende Herausgabe des Fahrzeugs beantragte.

26.      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts sprechen ernsthafte, klare und übereinstimmende Vermutungen dafür, dass Frau Wathelet beim Abschluss des Kaufvertrags nicht darüber informiert wurde, dass es sich um einen Verkauf von Privat an Privat handelte. So erachtet es das nationale Gericht als nachgewiesen, dass Frau Wathelet der Eigentümerin des Fahrzeugs nie begegnet ist und dass die Werkstatt bei dem Verkauf als Vermittler diente, ohne dass hierfür von der Eigentümerin eine Vergütung gezahlt wurde.

IV – Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

27.      Das vorlegende Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist der Begriff „Verkäufer“ von Verbrauchsgütern, der in Art. 1649bis des belgischen Code civil, der durch das Gesetz vom 1. September 1994 über den Schutz der Verbraucher beim Verkauf von Verbrauchsgütern, mit dem die Richtlinie 1999/44 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter im belgischen Recht umgesetzt wurde, eingefügt wurde, verwendet wird, dahin auszulegen, dass er nicht nur Gewerbetreibende erfasst, die als Verkäufer das Eigentum an einem Verbrauchsgut auf einen Verbraucher übertragen, sondern auch Gewerbetreibende, die als Vermittler für einen nicht gewerblichen Verkäufer handeln, unabhängig davon, ob sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten und ob dem Kaufinteressenten mitgeteilt wurde, dass der Verkäufer eine Privatperson ist?

28.      Die belgische, die deutsche und die österreichische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

V –    Rechtliche Würdigung

A –    Einleitende Bemerkungen

1.      Zum Begriff „Zwischenperson“

29.      Einleitend erachte ich es für nützlich, einige Bemerkungen zum Begriff „Zwischenperson“ zu machen, der eine Vielzahl von Situationen abdeckt, deren rechtliche Folgen unterschiedlich und Gegenstand einzelstaatlicher Abänderungen sein können(6), da feststeht, dass das nationale Vertragsrecht auf europäischer Ebene nur in sehr geringem Ausmaß harmonisiert ist(7).

30.      Das vorlegende Gericht hat nicht deutlich gemacht, in welchem Sinn es den Begriff „Vermittler“ bzw. „Zwischenperson“ im Vorabentscheidungsersuchen verwendet.

31.      Die Richtlinie 1999/44 enthält ihrerseits keine Definition des Begriffs „Zwischenperson“, der in ihrem neunten Erwägungsgrund und Art. 4 vorkommt, und weder aus den Bestimmungen der Richtlinie noch aus den Gesetzgebungsmaterialien geht hervor, in welcher Bedeutung dieser Begriff in dieser Richtlinie verwendet wird. Der Gerichtshof hatte auch noch keine Gelegenheit, sich mit dieser Frage bzw. allgemeiner mit der Rolle und der Haftung der Zwischenperson auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zu befassen.

32.      Der Begriff „Vermittler“ bzw. „Zwischenperson“ kommt allerdings in anderen Richtlinien zum Verbraucherschutz vor. Mehrere davon enthalten eine explizite Definition des Terminus, der sich auf eine Person, die im Namen und für Rechnung eines anderen handelt, bezieht(8). Diese Definition umfasst gleichzeitig den Gewerbetreibenden, der im eigenen Namen handelt und der im Allgemeinen als nach einzelstaatlichem Vertragsrecht vertraglich gebunden gilt(9), und jemanden, der im Namen einer anderen Person handelt, der jedoch im Allgemeinen nicht als Vertragspartei angesehen wird(10).

33.      Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass die Eigentümerin des betreffenden Fahrzeugs bekräftigt hat, dass das Fahrzeug ihr gehört habe und dass es sich um einen „Verkauf von Privat an Privat gehandelt … und die Werkstatt … nur als Vermittler gedient“ habe. Zudem geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass der gezahlte Kaufpreis an die Eigentümerin des Fahrzeugs weitergegeben wurde(11).

34.      Daraus leite ich ab, dass der Vermittler bzw. die Zwischenperson, im vorliegenden Fall die Werkstatt Bietheres, den Verkauf im Namen und für Rechnung der Eigentümerin des Fahrzeugs abgewickelt hat.

35.      Folglich werde ich mich in der folgenden Würdigung auf eine Definition des Begriffs „Zwischenperson“ stützen, die alle Gewerbetreibenden umfasst, die im Rahmen des Verkaufs eines Verbrauchsguts dem Verbraucher gegenüber im Namen und für Rechnung des nicht gewerblichen Eigentümers des verkauften Guts auftreten(12).

36.      Zudem erlaube ich mir, in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Werkstatt Bietheres von der Eigentümerin des Fahrzeugs ermächtigt war, Letzteres zu verkaufen. Daher geht es in meiner Würdigung nur um die Situation, in der der Vermittler bzw. die Zwischenperson mit Ermächtigung handelt.

2.      Zum Gegenstand der Vorlagefrage

37.      Mit seiner Vorlagefrage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung des Begriffs „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1649bis des belgischen Code civil, der durch das Gesetz vom 1. September 1994 zur Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 eingefügt worden ist.

38.      Vorab ist festzustellen, dass der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV für die Entscheidung über die Auslegung der Verträge sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Union zuständig ist. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs beschränkt sich auf die Prüfung der Vorschriften des Unionsrechts. Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, zu beurteilen, welche Bedeutung die nationalen Bestimmungen haben und wie sie anzuwenden sind(13).

39.      Daher ist die Vorlagefrage so zu verstehen, dass festgestellt werden soll, ob der Begriff „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 dahin auszulegen ist, dass er auch den Gewerbetreibenden umfasst, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson handelt, unabhängig davon, ob er für seine Tätigkeit eine Vergütung erhält und ob dem Kaufinteressenten mitgeteilt wurde, dass der Verkäufer eine Privatperson ist.

3.      Zu den Auslegungsmodalitäten

40.      Bevor ich mich der Auslegung des Begriffs „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 widme, möchte ich einige allgemeine Überlegungen anstellen, die mir in diesem Zusammenhang aufschlussreich erscheinen.

41.      Erstens folgt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitssatzes, dass die Begriffe einer unionsrechtlichen Bestimmung, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Kontexts der Bestimmung und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss(14).

42.      Da die Definition des Begriffs „Verkäufer“ gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 keinen Verweis auf nationale Rechtsvorschriften enthält, ist dieser als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, dessen Inhalt sich nur von den Quellen des Unionsrechts ableitet.

43.      Zweitens findet man die spezielle, in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 enthaltene Definition nur in dieser Richtlinie, wenngleich der Begriff „Verkäufer“ auch in anderen Rechtsakten der Union aufscheint(15). Somit handelt es sich um einen einzigartigen Begriff, der im Licht der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele und unter Berücksichtigung der spezifischen Funktion des Verkäufers im Rahmen der genannten Richtlinie auszulegen ist(16).

44.      Drittens muss der Begriff „Verkäufer“ im Sinn der Richtlinie 1999/44 notwendigerweise einen objektiven Charakter haben, der sich auf bestimmte nachprüfbare Elemente stützt, die sich aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie (ein „Vertrag“, ein Verkauf von „Verbrauchsgütern“, eine „berufliche oder gewerbliche Tätigkeit“) ergeben.

45.      Dieser Begriff ist auch funktional und relational, da er sich aus der Funktion der Person bei einem bestimmten Geschäftsvorgang ableitet(17). Der Verkäufer „verkauft“ also einem Verbraucher im Rahmen eines Kaufvertrags ein Verbrauchsgut. Folglich ist der Personenkreis, der unter Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 fällt, nicht statisch zu ermitteln, sondern hängt von der Stellung der Personen in einer bestimmten Vertragsbeziehung ab. Die Funktion des Verkäufers ist grundsätzlich aus der Sicht des Verbrauchers, der Gegenstand des Schutzes durch diese Richtlinie ist, zu betrachten.

B –    Zur Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44

1.      Zur wörtlichen Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c

46.      Nach dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 umfasst der Begriff „Verkäufer“

„jede natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines Vertrags im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft“.

47.      Die Definition des Begriffs „Verkäufer“ in Sinn der Richtlinie 1999/44 verweist somit nicht auf die des Vermittlers bzw. der Zwischenperson, und allgemein betrachtet behandelt die Richtlinie nicht ausdrücklich die Haftung der Zwischenperson gegenüber dem Verbraucher(18). Die Frage der Haftung der Zwischenperson scheint auch nicht Gegenstand der Diskussionen während des Gesetzgebungsverfahrens vor der Verabschiedung dieser Richtlinie gewesen zu sein(19), deren zentrales Thema die Beziehung zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher ist und deren wichtigste Rechtssubjekte Letztere sind.

48.      Die Tatsache, dass in der Richtlinie 1999/44 die Haftung der Zwischenperson gegenüber dem Verbraucher nicht behandelt wird, ist umso bemerkenswerter, als der europäische Gesetzgeber beschlossen hat, die Zwischenperson (bzw. den Vermittler) in verschiedenen anderen Richtlinien zum Verbraucherschutz unter den Personen anzuführen, die gegenüber dem Verbraucher haften(20).

49.      Zudem wird der Terminus „Zwischenperson“ in der Richtlinie 1999/44 nur in Bezug auf seine Haftung gegenüber dem Letztverkäufer angeführt. Haftet also nach Art. 4 dieser Richtlinie der Letztverkäufer dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette „oder einer anderen Zwischenperson“, so kann der Letztverkäufer den oder die Haftenden innerhalb der Vertragskette in Regress nehmen. In Satz 2 dieses Artikels wird sodann festgelegt, dass die Bestimmung der Haftenden sowie des entsprechenden Vorgehens und der Modalitäten im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht erfolgt(21).

50.      Aus diesen Gründen gehe ich, wie auch die belgische, die deutsche und die österreichische Regierung sowie die Kommission, davon aus, dass der Begriff „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 Gewerbetreibende, die im Namen und für Rechnung einer Privatperson handeln und diese Tatsache bei einem Verkauf für den Verbraucher erkennbar machen, nicht erfasst. Somit „verkauft“ ein solcher Gewerbetreibender keine Konsumgüter „aufgrund eines Vertrags“, sondern tritt nur in einem Verkauf zwischen Privatpersonen auf, auf die diese Richtlinie nicht anwendbar ist.

51.      Meiner Ansicht nach schließt dies allein indessen noch nicht aus, dass ein Gewerbetreibender, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson handelt, in bestimmten Fällen als Verkäufer im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 anzusehen sein kann, wenn er dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt, als Verkäufer zu handeln. In einem solchen Fall scheint der Gewerbetreibende aus Sicht des Verbrauchers die Konsumgüter „im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit“ „aufgrund eines Vertrags“ zu „verkaufen“. Zudem scheint diese Situation vergleichbar zu sein mit einer, in der der Vermittler in seinem eigenen Namen handelt(22). Letzterer ist in der Regel vertraglich gebunden(23) und muss folglich als Verkäufer im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 angesehen werden.

52.      Die relativ weit gefasste Definition des Begriffs „Verkäufer“ in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 spricht für eine Einbeziehung des Gewerbetreibenden, der dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt, als Verkäufer zu handeln, in ihren Anwendungsbereich.

53.      Es stellt sich die Frage, ob der genaue Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 einer solchen Auslegung entgegensteht.

54.      Im Ausgangsverfahren geht es im Zusammenhang mit dem Wortlaut meiner Meinung nach zunächst vornehmlich um die Ausdrücke „aufgrund eines Vertrags“ und „Verkaufsgüter verkauft“, da das vorlegende Gericht es als erwiesen erachtet, dass die Werkstatt Bietheres im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft(24).

a)      Zum Ausdruck „aufgrund eines Vertrags“

55.      Weder der Wortlaut noch die Gesetzgebungsmaterialien für die Richtlinie 1999/44(25) geben Aufschluss über die genaue Tragweite des Ausdrucks „aufgrund eines Vertrags“. Deshalb ist zur Bestimmung der Bedeutung dieses Ausdrucks auf seinen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch abzustellen, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Zusammenhang er verwendet wird und welche Ziele mit der Regelung verfolgt werden, zu der er gehört(26).

56.      Ich teile die Einschätzung der Kommission, wonach der Ausdruck „aufgrund eines Vertrags“ das Vorhandensein eines Vertrags voraussetzt, unabhängig davon, ob es sich um einen schriftlichen oder mündlichen Vertrag handelt.

57.      Was diesen Ausdruck betrifft, führt die Kommission an, es sei Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob ein Kaufvertrag bestanden habe und gegebenenfalls, zwischen welchen Parteien er abgeschlossen worden sei, insbesondere, ob er zwischen einem Verbraucher und einem Verkäufer im Sinne der Richtlinie 1999/44 abgeschlossen worden sei.

58.      Die belgische, die deutsche und die österreichische Regierung machen geltend, dem Verbraucher hafte unmittelbar aufgrund des Kaufvertrags nur die Person, die auf Verkäuferseite Vertragspartei des Kaufvertrags sei. Somit stelle sich hinsichtlich des Begriffs „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 nur die Frage, wer Vertragspartner des Verbrauchers sei(27).

59.      Ich bin mit diesem Ansatz, wonach der Begriff „Verkäufer“ an die Ermittlung der Vertragsparteien geknüpft ist, nicht ganz einverstanden.

60.      Zwar ist der Verkäufer in der Definition der Richtlinie 1999/44 in den meisten Fällen die Person, die sich vertraglich verpflichtet, die verkauften Güter zu liefern. Jedoch ist meiner Meinung nach für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie 1999/44 zwischen der Ermittlung der Vertragsparteien einerseits und der Ermittlung des Verkäufers im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 andererseits zu unterscheiden.

61.      In diesem Zusammenhang ist auf den minimalen Charakter der durch diese Richtlinie vorgenommenen Harmonisierung hinzuweisen. Die Ermittlung der Vertragsparteien unterliegt den allgemeinen Regeln der Mitgliedstaaten für Kaufverträge, die durch die genannte Richtlinie nicht harmonisiert werden(28).

62.      Daraus folgt meiner Meinung nach, dass die Ermittlung der Vertragsparteien gemäß den nationalen Rechtsordnungen für die im Rahmen von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie erforderliche Beurteilung nicht entscheidend sein kann. Der Inhalt des Begriffs „Verkäufer“ leitet sich daher als autonomer Begriff des Unionsrechts nur von den Quellen des Unionsrechts ab. Diese Schlussfolgerung wird durch das Ziel der Richtlinie untermauert, das darin besteht, unabhängig vom Ort des Kaufs der Waren einen einheitlichen Mindestschutz für die Verbraucher in der Union zu gewährleisten(29).

63.      Folglich setzt der Ausdruck „aufgrund eines Vertrags“ an sich nur das Vorhandensein eines Vertrags voraus und steht somit nicht der empfohlenen Auslegung entgegen, wonach ein Gewerbetreibender, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson handelt, als Verkäufer im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 anzusehen ist, wenn er dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt, als solcher zu handeln.

b)      Zum Ausdruck „Verbrauchsgüter verkauft“

64.      Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch ist unter „verkaufen“ zu verstehen, dass eine Person, der Verkäufer, eine Ware gegen Bezahlung eines Betrags, des Preises der Ware, einer anderen Person, dem Käufer, überlässt.

65.      Wie die belgische Regierung betont, sieht Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 nicht vor, dass der Verkäufer Eigentümer des verkauften Guts sein muss(30).

66.      Da im Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 und in den Gesetzesmaterialien keine diesbezüglichen Hinweise zu finden sind, erscheint mir eine enge Auslegung der Bestimmung, wonach unter dem Verkäufer nur der Eigentümer der Ware zu verstehen ist, unlogisch, weil der Vermittler, der in seinem eigenen Namen handelt, im Allgemeinen vertraglich gebunden(31) ist, obwohl er nicht der Eigentümer der verkauften Ware ist.

67.      Ich weise auch nochmals darauf hin, dass die Richtlinie nur einen sehr begrenzten Teil der allgemeinen Regeln der Mitgliedstaaten für Kaufverträge abdeckt und keine Auswirkungen auf die nationalen eigentumsrechtlichen Vorschriften hat.

68.      Zudem zielt die Richtlinie 1999/44 vor allem auf Garantien für Verbrauchsgüter und die Haftung für Vertragswidrigkeiten ab. In diesem Zusammenhang erscheint es aus Sicht des Verbrauchers, der Gegenstand des Schutzes durch diese Richtlinie ist, nicht maßgeblich, dass der Eigentümer und der Verkäufer der Ware unbedingt ein und dieselbe Person sind.

69.      Anders ausgedrückt muss der betreffende Wirtschaftsteilnehmer, um im Rahmen der Richtlinie 1999/44 die Funktion des Verkäufers einzunehmen, nicht unbedingt Eigentümer der Ware sein(32). Es gibt also keinen Grund, die Reichweite des Begriffs „Verkäufer“ auf den Eigentümer der verkauften Ware zu beschränken.

2.      Zur teleologischen Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c

70.      Eine teleologische Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 bestätigt die wörtliche Auslegung dieser Bestimmung, wonach ein Gewerbetreibender, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson handelt, als Verkäufer im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn er dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt, als Verkäufer zu handeln.

71.      Die wichtigste Funktion des Verkäufers im Rahmen der Richtlinie 1999/44 besteht darin, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße Güter zu liefern und bei Vertragswidrigkeit nachzubessern oder Ersatz zu leisten(33). Hierfür grenzt der Begriff „Verkäufer“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c den Kreis der Personen ein, die der Verbraucher in Regress nehmen kann, wenn die Ware nicht vertragsgemäß ist.

72.      Daher ist es für den Verbraucher im Fall von Vertragswidrigkeit offensichtlich unerlässlich, die Identität des Verkäufers zu kennen. Im Übrigen könnte die Kenntnis der Identität des Verkäufers auch für einen Verbraucher entscheidend sein, der zwischen mehreren Verkäufern wählen muss, da der Verbraucher dann die Fachkenntnis, Professionalität und Liquidität des Verkäufers und auch seine Fähigkeit, im Fall einer Vertragswidrigkeit die Haftung zu übernehmen, prüft.

73.      Wenn ein Gewerbetreibender als Vermittler bzw. Zwischenperson für eine Privatperson auftritt, wie dies hier der Fall ist, so hat die Unkenntnis der Identität des Verkäufers für den Verbraucher eine noch negativere Auswirkung, weil der Verbraucher seine rechtliche Lage und die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe nicht kennt. Wenn sich herausstellt, dass der Verkäufer eine Privatperson ist, gilt die Unabdingbarkeit der Rechte des Verbrauchers gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 nicht, und der Verbraucher ist durch die genannte Richtlinie nicht geschützt. Folglich könnte sich der nicht gewerbliche Verkäufer u. a. von jeglicher Haftung für versteckte Mängel der verkauften Ware befreien. Dieses Beispiel ist umso relevanter im Fall eines Gebrauchtwagenverkaufs.

74.      Folglich impliziert ein wirksamer Schutz des Verbrauchers, dass Letzterer weiß, dass der Verkäufer eine Privatperson ist. Wie die belgische Regierung betont, ist diese Information vergleichbar mit „wesentlichen Informationen …, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen“, die der Verkäufer dem Verbraucher gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG(34) geben muss.

75.      Um der Richtlinie 1999/44 praktische Wirksamkeit zu verleihen, ist es daher meiner Meinung nach notwendig, der vorgeschlagenen Auslegung zu folgen und in den Geltungsbereich von deren Art. 1 Abs. 2 Buchst. c den Gewerbetreibenden einzubeziehen, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson handelt und dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt, als Verkäufer zu handeln. In diesem Fall hat der Vermittler in meinen Augen eine „unwiderrufliche Entscheidung“ getroffen und könnte sich im Fall der Vertragswidrigkeit der Ware nicht der Haftung entziehen, indem er den Verbraucher an die Privatperson verweist, die unauffindbar oder auch zahlungsunfähig sein könnte(35).

76.      Die vorgeschlagene Auslegung scheint mir im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu stehen, wonach das durch die Richtlinien der Union auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes geschaffene Schutzsystem davon ausgeht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt(36).

77.      Wenn der Verbraucher nicht informiert wurde, dass der Verkäufer eine Privatperson ist, besteht eine große Ungleichheit im Informationsstand zwischen dem Verbraucher und dem Vermittler(37). Diese Ungleichheit kann nur auf Betreiben des Vermittlers aufgehoben werden, für den es im Übrigen leicht ist, Abhilfe zu schaffen(38). Zudem wird die Ungleichheit im Informationsstand oft vom Vermittler verursacht oder zumindest aufrechterhalten. Das untermauert die Auffassung, dass es möglich sein muss, die Haftung des Verkäufers gemäß der Richtlinie 1999/44 dem Vermittler aufzuerlegen, der gegenüber dem Verbraucher den Eindruck erweckt, als Verkäufer zu handeln.

78.      Eine gegenteilige Auslegung, die den Gewerbetreibenden, der als Vermittler bzw. Zwischenperson handelt, in jedem Fall vom Anwendungsbereich von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 ausnimmt, würde das mit den europäischen Verbraucherschutzvorschriften verfolgte globale Ziel, das auch in Art. 169 AEUV verankert ist, beeinträchtigen, nämlich die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus und folglich des Vertrauens der Verbraucher, das für den Binnenmarkt von grundlegender Bedeutung ist.

C –    Zur Würdigung, die das nationale Gericht vornehmen muss

79.      Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls und aller Beweise festzustellen(39), ob der Gewerbetreibende als Verkäufer im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 angesehen werden kann, d. h., ob er gegenüber dem Verbraucher den Eindruck erweckt hat, als Verkäufer der fraglichen Ware zu handeln.

80.      Es scheint mir allerdings angebracht, einige allgemeine Überlegungen in Bezug auf die Würdigung des nationalen Gerichts anzustellen.

81.      Erstens ist auf die Prämisse hinzuweisen, dass die Richtlinie 1999/44 die Haftung der Zwischenperson bzw. des Vermittlers gegenüber dem Verbraucher nicht erfasst(40). Daraus folgt meiner Meinung nach, dass es eine Ausnahme bleiben muss, wenn der Zwischenperson die Haftung des Verkäufers im Sinne dieser Richtlinie auferlegt wird.

82.      Folglich dürfte die Zwischenperson, die bloß zwischen dem Verbraucher und dem nicht gewerblichen Eigentümer eine Geschäftsbeziehung herstellt, keinesfalls als Verkäufer im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden. Damit man der Zwischenperson diese Haftung auferlegen kann, ist es nötig, dass Letztere zumindest aktiv am Verkauf mitgewirkt hat.

83.      Insoweit kann das vorlegende Gericht alle Umstände berücksichtigen, die mit der Rolle des Gewerbetreibenden beim fraglichen Kauf zusammenhängen, und vor allem die Tatsache, dass die Ware in der Niederlassung des Gewerbetreibenden ausgestellt war.

84.      Im Allgemeinen führt eine solche Feststellung meiner Meinung nach zu einer starken Vermutung, dass der Verbraucher den Eindruck hatte, dass die Zwischenperson als Verkäufer handelte. In einer solchen Situation ist es meiner Meinung nach Sache des Gewerbetreibenden, der sich von der Haftung gemäß der Richtlinie 1999/44 befreien möchte, zu beweisen, dass der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wusste oder hätte wissen müssen, dass der Verkäufer eine Privatperson war. Ich meine, dass es im Allgemeinen für den Gewerbetreibenden einfach sein wird, zu beweisen, dass der Verbraucher die Identität des nicht gewerblichen Verkäufers kannte. Es genügt, wenn er den Beweis erbringt, dass er den Verbraucher darüber informiert hat, und das kann die Zwischenperson zweifellos am besten nachweisen.

85.      Zudem kann das vorlegende Gericht auch die folgenden Umstände berücksichtigen, um festzustellen, ob der Gewerbetreibende dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt hat, als Verkäufer zu handeln:

–        die konkreten Anstrengungen, die der Gewerbetreibende im Zusammenhang mit dem Verkauf unternommen hat,

–        den Umfang der Korrespondenz und die Gespräche zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden,

–        die Tatsache, dass der Verbraucher die Zahlungen für die Ware an den Gewerbetreibenden geleistet hat,

–        die Ausgaben des Gewerbetreibenden im Zusammenhang mit dem Verkauf, wenn der Verbraucher davon Kenntnis erlangt hat.

86.      Das vorlegende Gericht kann auch feststellen, ob der Gewerbetreibende im Allgemeinen diese spezielle Art von Verbrauchsgütern verkauft, um die es bei dem betreffenden Verkauf geht, und dies berücksichtigen.

87.      Zweitens scheint es mir klar zu sein, dass die Wahrung des Grundsatzes der Effektivität des Verbraucherschutzes aber nicht so weit geht, eine völlige Untätigkeit des betroffenen Verbrauchers auszugleichen(41). Daher ist der Vermittler bzw. die Zwischenperson nicht als Verkäufer im Sinne der Richtlinie 1999/44 anzusehen, wenn das nationale Gericht zur Auffassung gelangt, dass der Durchschnittsverbraucher, also ein durchschnittlich informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher(42), zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags zu Recht nicht zu wissen brauchte, dass der Gewerbetreibende bloß als Vermittler für eine Privatperson handelte(43). Hier wäre ein schriftlicher Vertrag, der den Namen des nicht gewerblichen Verkäufers enthält, ein sehr starker Hinweis darauf, dass der Verbraucher dies wusste, sofern dieses Dokument dem Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags übergeben wurde.

D –    Zur Vergütung des Vermittlers bzw. der Zwischenperson

88.      Die Frage der Vergütung des Vermittlers für seine Tätigkeit ist mit dem Vertragsverhältnis zwischen dem nicht gewerblichen Eigentümer und dem Vermittler bzw. der Zwischenperson verknüpft, das im Allgemeinen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/44 fällt, außer was das Recht des Letztverkäufers betrifft, gemäß deren Art. 4 die Zwischenperson aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens Letzterer in Regress zu nehmen(44).

89.      Zudem ist es meiner Meinung nach aus Sicht des Verbrauchers irrelevant, ob der Vermittler für seine Tätigkeit eine Vergütung erhält oder nicht. Im Allgemeinen weiß der Verbraucher nicht einmal, ob der Vermittler eine Vergütung erhält oder nicht.

90.      Daher teile ich die Ansicht der Kommission und der österreichischen Regierung, dass es für die Beurteilung, ob der Gewerbetreibende als Verkäufer im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie anzusehen ist, irrelevant ist, ob der Vermittler für seine Tätigkeit bezahlt wird oder nicht(45).

91.      Auf den ersten Blick kann es unangemessen erscheinen, dem Vermittler die Pflichten des Verkäufers gemäß der Richtlinie 1999/44 aufzuerlegen, auch wenn er keine oder zumindest bloß eine sehr geringe Vergütung erhalten hat.

92.      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Vermittler nicht unbedingt die gesamte wirtschaftliche Last trägt. Im Gegenteil, im Fall von Vertragswidrigkeit der verkauften Ware, deren Kosten die Zwischenperson bzw. der Vermittler als Verkäufer im Sinne der Richtlinie 1999/44 tragen würde, könnte die Zwischenperson gemäß Art. 4 der Richtlinie 1999/44 und nach den jeweiligen Modalitäten des nationalen Rechts den oder die Haftenden, also im Allgemeinen den Eigentümer, in Regress nehmen.

93.      Tatsächlich bedeutet die von mir empfohlene Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44 nur, dass die Zwischenperson bzw. der Vermittler das Insolvenzrisiko des nicht gewerblichen Eigentümers trägt, was jedoch für den Verbraucher von entscheidender Bedeutung ist. Dieses Ergebnis erscheint mir keineswegs unzumutbar, wenn man bedenkt, dass der Vermittler dieses Risiko leicht ausschalten kann, indem er den Verbraucher über die Identität des nicht gewerblichen Verkäufers informiert oder zusätzlich zu seiner Vergütung für die Tätigkeit eine Risikoprämie verlangt.

VI – Ergebnis

94.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorabentscheidungsfrage der Cour d’appel de Liège (Berufungsgericht Lüttich) wie folgt zu beantworten:

Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass er den Gewerbetreibenden umfasst, der im Namen und für Rechnung einer Privatperson handelt, unabhängig davon, ob er dafür eine Vergütung erhält, wenn der Vermittler gegenüber dem Verbraucher den Eindruck erweckt, als Verkäufer zu handeln.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 171, S. 12.


3 –      Konsolidierte Fassung 1997 des EG-Vertrags (ABl. C 340, S. 173).


4 – In ihrem Vorschlag vom 8. Oktober 2008, der zur Annahme der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher geführt hat (KOM[2008] 614 endg.), hatte die Kommission vorgeschlagen, vier Richtlinien, darunter die Richtlinie 1999/44, zu einem „einzigen horizontalen Rechtsinstrument“, beruhend auf einer vollständigen Harmonisierung auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes, zusammenzuführen. Dieser Ansatz wurde jedoch vom Rat verworfen. Die endgültige Fassung der Richtlinie 2011/83 vom 25. Oktober 2011 (ABl. L 304, S. 64) enthält nur eine einzige Änderung der Richtlinie 1999/44 (den neuen Art. 8a), wonach die Mitgliedstaaten, wenn sie strengere Verbraucherschutzvorschriften erlassen als die in Art. 5 Abs. 1 bis 3 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44 vorgesehenen, die Kommission davon in Kenntnis zu setzen haben.


5 – Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Eigentümerin des Fahrzeugs nicht den gesamten Verkaufspreis erhalten hat, da die Werkstatt Bietheres den Betrag von 800 Euro für Reparaturen zurückbehielt, durch die das Fahrzeug verkaufsfertig gemacht werden sollte.


6 – Vgl. „Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Draft Common Frame of Reference (DCFR)“, ein auf Ersuchen der Kommission von der Studiengruppe für ein Europäisches Zivilgesetzbuch und der Gruppe für den gemeinsamen Besitzstand erarbeitetes Dokument, 2009, Buch II, Kapitel 6 „Representation“


7 – Vgl. jedoch den Vorschlag der Kommission vom 11. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (KOM[2011] 635 endg.), das für grenzübergreifende Verträge ein „Gemeinsame[s] Europäische[s] Kaufrecht, d. h. [ein] eigenständige[s], einheitliche[s] Regelwerk …, das sowohl vertragsrechtliche als auch Verbraucherschutzvorschriften enthält und als zweite Vertragsrechtsregelung neben dem innerstaatlichen Vertragsrecht der Mitgliedstaaten anzusehen ist“, vorsieht (Rn. 1, S. 4 des Vorschlags), sofern die Parteien damit einverstanden sind.


8 – Vgl. insbesondere Art. 2 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372, S. 31) (aufgehoben durch die Richtlinie 2011/83) und Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (ABl.L 33, S. 10). Vgl. auch Art. 2 Nr. 2 des oben erwähnten Vorschlags der Kommission vom 8. Oktober 2008 für die Richtlinie 2011/83 (Fn. 4 der vorliegenden Schlussanträge).


9 – Vgl. „Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Draft Common Frame of Reference (DCFR)“, a. a. O., Buch II, Kapitel 6, Fn. I.1 zu Nr. II.-6:106 („Representative acting in own name“).


10 – Ebd., Nr. II.6:105 („When representative’s act affects principal’s legal position“).


11 –      Vgl. Fn. 5 der vorliegenden Schlussanträge.


12 –      D. h. auf eine engere Definition als die, die in den in Fn. 8 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Unionsrechtsakten verwendet wird.


13 – Urteil Innoventif (C‑453/04, EU:C:2006:361, Rn. 29) und Beschluss Koval’ský (C‑302/06, EU:C:2007:64, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14 – Vgl. insbesondere Urteile Seattle Genetics (C‑471/14, EU:C:2015:659, Rn. 23) und Axa Belgium (C‑494/14, EU:C:2015:692, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).


15 – Vgl. insbesondere Art. 3 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (ABl. L 364, S. 1).


16 – Umgekehrt findet man die in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 1999/44 enthaltene Definition des „Verbrauchers“ auch in anderen Rechtsakten der Union. Vgl. insbesondere Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) und Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. L 144, S. 19). Letztere wurde durch die Richtlinie 2011/83 aufgehoben.


17 – Der Gerichtshof hat in ähnlicher Weise entschieden, dass der Verbraucherbegriff im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 „objektiven Charakter“ hat und „anhand eines funktionellen Kriteriums zu beurteilen [ist], nämlich, ob die in Rede stehende Vertragsbeziehung außerhalb der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liegt“ (Beschluss Tarcău, C‑74/15, EU:C:2015:772, Rn. 27). Vgl. auch Urteil Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 21) und Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Costea (C‑110/14, EU:C:2015:271, Nr. 28). Vgl. zum Verbraucherbegriff im Sinne von Art. 13 des am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32; im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) das Urteil Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 16), in dem der Gerichtshof „die Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung“ hervorgehoben hat.


18 – Vgl. auch Grünbuch Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz(KOM[2006] 744 endg., Rn. 4.2).


19 – Hingegen war die Möglichkeit, Bestimmungen zur Haftung des Herstellers gegenüber dem Verbraucher einzufügen, Gegenstand von Diskussionen. Vgl. insbesondere Grünbuch Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst (KOM[93] 509 endg.), Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Mai 1994 zum Grünbuch der Kommission über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst (ABl. C 205, S. 562), Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27. November 1996 zum Vorschlag für die Richtlinie (Rn. 1.4 und 2.5, ABl. 1997, C 66, S. 5), legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 1998 zum Vorschlag für die Richtlinie (Abänderungsanträge 4, 5 und 25, ABl. C 104, S. 30) und geänderter Vorschlag der Kommission (KOM[1998] 217 endg., Rn. 5).


20 –      Vgl. Fn. 8 der vorliegenden Schlussanträge.


21 – Vgl. auch den neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44, wonach diese Richtlinie „… den Grundsatz der Vertragsfreiheit in den Beziehungen zwischen dem Verkäufer, dem Hersteller, einem früheren Verkäufer oder einer anderen Zwischenperson [nicht berührt]“. Ebenso bestimmt im Zusammenhang mit dem internationalen Privatrecht Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177, S. 6), dass „die Frage, ob ein Vertreter die Person, für deren Rechnung er zu handeln vorgibt, Dritten gegenüber verpflichten kann“, vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen ist.


22 – Diese beiden Situationen werden auch in den „Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Draft Common Frame of Reference (DCFR)“, a. a. O., Buch II, Kapitel 6, Nr. II.-6:106 dargestellt: „When the representative, despite having authority, does an act in the representative’s own name or otherwise in such a way as not to indicate to the third party an intention to affect the legal position of a principal, the act affects the legal position of the representative in relation to the third party as if done by the representative in a personal capacity.“ Vgl. auch Art. 13 Abs. 1 des am 17. Februar 1983 in Genf unterzeichneten Übereinkommens über die Vertretung beim internationalen Warenkauf, wonach Handlungen den Vertreter und den Dritten nur binden, wenn „a) der Dritte weder wusste noch wissen musste, dass der Vertreter in dieser Eigenschaft handelte, oder b) wenn sich aus den Umständen, insbesondere durch Bezugnahme auf einen Kommissionsvertrag, ergibt, dass der Vertreter nur sich selbst binden will“.


23 –      Vgl. Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


24 – Man könnte sich die Frage stellen, ob der Ausdruck „im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit“ bedeutet, dass der Gewerbetreibende im Allgemeinen solche Verbrauchsgüter verkaufen muss, um die es in dem speziellen Fall geht. Eine solche Auslegung geht meiner Meinung nach zu weit. Dies schließt jedoch nicht aus, dass diese Tatsache im Zusammenhang mit der Frage, ob der Vermittler dem Verbraucher gegenüber den Eindruck erweckt hat, als Verkäufer aufzutreten, relevant sein kann. Vgl. Nr. 86 der vorliegenden Schlussanträge.


25 – Der Ausdruck „aufgrund eines Vertrags“ war weder im ursprünglichen Vorschlag der Kommission (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien, KOM[95] 520 endg.) vom 23. August 1996 noch im geänderten Vorschlag (Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien, KOM[98] 217 endg.) vom 1. April 1998 enthalten. Der Ausdruck wurde in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c ohne Erklärung eingefügt durch den Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 51/98 vom 24. September 1998, vom Rat festgelegt im Hinblick auf die Richtlinie 1999/44 (ABl. C 333, S. 46) und vom Europäischen Parlament angenommen mit dem Beschluss vom 17. Dezember 1998 über den Gemeinsamen Standpunkt des Rates (ABl. 1999, C 98, S. 226).


26 – Vgl. Urteil Content Services (C‑49/11, EU:C:2012:419, Rn. 32).


27 – Vgl. auch Reich, N., Micklitz, H. W., Rott, P., und Tonner, K., European Consumer Law, 2. Aufl., Intersentia, S. 173, sowie Bianca, M., und Grundmann, S. (Hrsg.), EU Sales Directive, Commentary, Intersentia, S. 114.


28 – In der Begründung ihres Richtlinienvorschlags stellt die Kommission fest, dass die Richtlinie 1999/44 die allgemeinen Regeln der Mitgliedstaaten für Kaufverträge, wie beispielsweise die Bestimmungen über das Zustandekommen des Vertrags, Willensmängel usw., ausklammere. Zudem betont die Kommission, dass der Vorschlag lediglich einen engen Teilbereich der im Zusammenhang mit dem Kauf von Verbrauchsgütern aufgeworfenen Fragen abdecken möchte. Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und ‑garantien (KOM[95] 520 endg.), Abschnitt II Buchst. d und Abschnitt III zu Art. 7 (nunmehr Art. 8 der Richtlinie 1999/44).


29 – Vgl. insbesondere den fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44. In Nr. 2.1 seiner Stellungnahme vom 27. November 1996 zu dem Vorschlag der Kommission für die Richtlinie 1999/44 betont der Wirtschafts- und Sozialausschuss das Ziel, sicherzustellen, dass der Verbraucher bei einem Einkauf in einem anderen Mitgliedstaat darauf vertrauen kann, im Falle von Mängeln des erworbenen Produkts in vergleichbarer Weise wie in seinem Wohnsitzstaat geschützt zu sein.


30 – Hingegen bin ich nicht ganz der Meinung der österreichischen Regierung, wonach es aufgrund des Wortlauts von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c nicht automatisch zu einer Übertragung des Eigentums komme. Meiner Meinung nach impliziert der Ausdruck „verkaufen“ eine Eigentumsübertragung auf den Verbraucher. Das schließt, wie die österreichische Regierung bekräftigt, einen Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt nicht aus, sondern bedeutet bloß, dass der Vertrag auf die Übertragung des Eigentums an einer Ware auf einen Verbraucher abzielt.


31 –      Vgl. Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


32 – Zwar ist der Gewerbetreibende, der nicht Eigentümer der Ware ist, im Allgemeinen nicht in der Lage, ohne Zustimmung des Eigentümers bei Vertragswidrigkeit eine Nachbesserung oder Ersatzlieferung der Ware gemäß Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44 zu organisieren, jedoch kann der Verbraucher gemäß Art. 3 Abs. 5 dieser Richtlinie eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder eine Vertragsauflösung fordern, wenn der Verkäufer nicht innerhalb angemessener Frist Abhilfe geschaffen hat, und diese Anforderungen kann ein solcher Gewerbetreibender sicherlich erfüllen.


33 – Vgl. Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 der Richtlinie 1999/44.


34 – Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149, S. 22). Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29 führt als Beispiel für wesentliche Informationen „Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, wie sein Handelsname und gegebenenfalls Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, für den er handelt“, an.


35 –      Vgl. entsprechend Urteil Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 50 und 51) betreffend die Einstufung eines Vertrags als „Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person … zugerechnet werden kann“ im Sinn von Art. 13 des Brüsseler Übereinkommens. Bei dieser Rechtssache ging es um die umgekehrte Situation, nämlich um einen Verbraucher, der als Gewerbetreibender auftrat. Der Gerichtshof hat entschieden, dass das nationale Gericht, wenn sich aus den den Akten zu entnehmenden objektiven Umständen nicht rechtlich hinreichend der Beweis ergibt, dass mit dem Geschäft, über das ein Vertrag abgeschlossen wurde, der einem doppelten Zweck dient, ein nicht ganz untergeordneter beruflich‑gewerblicher Zweck verfolgt wurde, „zu prüfen haben [wird], ob die andere Vertragspartei den nicht beruflich-gewerblichen Zweck des Geschäftes zu Recht deswegen nicht zu kennen brauchte, weil der vermeintliche Verbraucher in Wirklichkeit durch sein eigenes Verhalten gegenüber seinem zukünftigen Vertragspartner bei diesem den Eindruck erweckt hat, dass er zu beruflich‑gewerblichen Zwecken handelte“. Vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Gruber (C‑464/01, EU:C:2004:529, Nr. 51).


36 – Vgl. in Bezug auf die Richtlinie 1999/44 Urteil Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 42) und in Bezug auf die Richtlinie 93/13 Urteile Bucura (C‑348/14, EU:C:2015:447, Rn. 52), Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung), BBVA (C‑8/14, EU:C:2015:731, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Kušionová (C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung) sowie Beschluss Tarcău (C‑74/15, EU:C:2015:772, Rn. 24).


37 – Vgl. in ähnlicher Weise die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Faber (C‑497/13, EU:C:2014:2403, Nr. 66) betreffend den vertragskonformen Zustand der gelieferten Sache.


38 – Vgl. auch Art. 7 des Richtlinienvorschlags der Kommission vom 8. Oktober 2008, oben in Fn. 4 dieser Schlussanträge angeführt. Mit Art. 7 Abs. 1 dieses Vorschlags hatte die Kommission vorgeschlagen, den Vermittler zu verpflichten, den Verbraucher vor Abschluss des Vertrags darüber aufzuklären, dass er im Namen und im Auftrag eines anderen Verbrauchers handelt und dass der geschlossene Vertrag nicht als Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden, sondern als Vertrag zwischen zwei Verbrauchern gelten wird und als solcher nicht unter diese Richtlinie fällt. Kommt ein Vermittler dieser Informationspflicht nicht nach, so gilt nach Art. 7 Abs. 2 des Vorschlags der Vertrag als in seinem eigenen Namen abgeschlossen. Allerdings wurde Art. 7 nicht übernommen. Vgl. insbesondere die allgemeine Ausrichtung des Rates vom 24. Januar 2011 (2008/196 [COD]) und die Abänderung des Europäischen Parlaments vom 24. März 2011 zu dem Vorschlag der Kommission (ABl. 2012, C 247 E, S. 55).


39 – Vgl. in diesem Sinn in Bezug auf den Begriff „Verbraucher“ Urteile Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 38 bis 48) und Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 22 und 23) sowie Beschluss Tarcău (C‑74/15, EU:C:2015:772, Rn. 28).


40 –      Vgl. Nr. 50 der vorliegenden Schlussanträge.


41 – Vgl. Urteil Kušionová (C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).


42 – Vgl. Urteil Bucura (C‑348/14, EU:C:2015:447, Rn. 56).


43 – Vgl. in ähnlicher Weise Urteil Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 51), betreffend die Einstufung eines Vertrags als „Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person … zugerechnet werden kann“ im Sinn von Art. 13 des Brüsseler Übereinkommens.


44 –      Vgl. Nr. 12 der vorliegenden Schlussanträge.


45 – Die deutsche Regierung macht geltend, der Umstand, dass der Gewerbetreibende vom Eigentümer eine Vergütung für seine Tätigkeit erhalte, könne ein Indiz dafür sein, dass er nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Eigentümers verkaufe, wenn der Käufer von dieser Vergütung Kenntnis habe. Wenngleich ich dem beipflichten kann, frage ich mich, ob dieser Fall in der Praxis eintreten kann, da der Verbraucher selten Kenntnis von der Vertragsbeziehung zwischen dem Verkäufer und dem Vermittler hat.