Language of document : ECLI:EU:T:2023:787

URTEIL DES GERICHTS (Zehnte Kammer)

6. Dezember 2023(*)

„EGFL und ELER – Von der Finanzierung ausgeschlossene Ausgaben – Rechnungsabschlussverfahren – Aktiver Betriebsinhaber – Dauergrünland – Kontrollstichprobe – Zu Unrecht gezahlte Beträge – Verspätete Einreichung des Antrags – Haushaltsdisziplin – Begründungspflicht – Berechtigtes Vertrauen – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑48/22,

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil, O. Serdula und J. Očková als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Aquilina, A. Becker, K. Walkerová und J. Hradil als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters M. Jaeger (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter P. Nihoul und S. Verschuur,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Tschechische Republik, den Durchführungsbeschluss (EU) 2021/2020 der Kommission vom 17. November 2021 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. 2021, L 413, S. 10, im Folgenden: angefochtener Beschluss) insoweit für nichtig zu erklären, als er die Ausgaben betrifft, die von der Klägerin in den Jahren 2015 bis 2017 in Höhe von 43 470 836,30 Euro getätigt worden seien (im Folgenden: beanstandete finanzielle Berichtigung).

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

A.      Untersuchung AA/2017/010/CZ

2        Die Europäische Kommission eröffnete gegenüber der Tschechischen Republik die Untersuchung AA/2017/010/CZ gemäß Art. 52 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 549) sowie Art. 34 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 der Kommission vom 6. August 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1306/2013 in Bezug auf Zahlstellen und andere Einrichtungen, Finanzmanagement, Rechnungsabschluss, Kontrollvorschriften, Garantien und Transparenz (ABl. 2014, L 255, S. 59) in ihrer zum Zeitpunkt der Untersuchung geltenden Fassung, um zu überprüfen, ob die Kontrolle der im Rahmen des EGFL und des ELER an Landwirte gezahlten Beihilfen durch die Tschechische Republik in den Jahren 2015 bis 2017 im Einklang mit dem Unionsrecht erfolgt war (im Folgenden: Untersuchung).

3        Vom 18. bis 22. September 2017 führte die Kommission im Rahmen der Untersuchung in der Tschechischen Republik eine Rechnungsprüfung vor Ort durch.

4        Mit Schreiben vom 30. November 2017 (im Folgenden: Feststellungsschreiben) teilte die Kommission den tschechischen Behörden nach Art. 34 Abs. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 die Ergebnisse ihrer Überprüfungen mit. In diesem Schreiben wies die Kommission namentlich darauf hin, dass das von der Tschechischen Republik eingerichtete Kontrollsystem zur Überprüfung der Gewährung flächenbezogener Beihilfen an Landwirte im Rahmen des EGFL und des ELER nicht mit dem Unionsrecht im Einklang stehe. Außerdem forderte sie die tschechischen Behörden auf, eine detaillierte Beschreibung der getroffenen Abhilfemaßnahmen vorzulegen.

5        Mit Schreiben vom 29. März 2018 leitete die Tschechische Republik der Kommission ihre Stellungnahme zu dem Feststellungsschreiben zu.

6        Mit Schreiben vom 4. Juni 2018 lud die Kommission die Tschechische Republik gemäß Art. 34 Abs. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 zu einer bilateralen Besprechung ein.

7        Am 11. September 2018 versandte die Kommission das Protokoll dieser bilateralen Besprechung an die Tschechische Republik mit der Bitte um zusätzliche Informationen insbesondere zur Klassifizierung von Dauergrünland.

8        Mit Schreiben vom 1. Oktober 2018 ließ die Tschechische Republik der Kommission ihre Stellungnahme zum Protokoll der bilateralen Besprechung zukommen. In diesem Schreiben informierte sie die Kommission u. a. darüber, wie die Beihilfe- und Zahlungsanträge gemäß Art. 13 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 1306/2013 in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance (ABl. 2014, L 181, S. 48) eingereicht worden waren.

9        Mit Schreiben vom 11. Dezember 2018 übermittelte die Tschechische Republik der Kommission zusätzliche Informationen u. a. über die Ablehnung mehrerer Zahlungsanträge im Rahmen der Regelung für aktive Betriebsinhaber gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 608).

10      Mit Schreiben vom 6. Mai 2019 teilte die Kommission den tschechischen Behörden mit, dass der Mindestsatz der Kontrollen, die nach Art. 35 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1306/2013 hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance (ABl. 2014, L 227, S. 69) für die Beihilferegelung „Ökologisierung“ (im Folgenden: Ökologisierungsregelung) durchzuführen seien, nicht erreicht worden sei, und bat sie um zusätzliche Informationen. Diese Informationen erteilten die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 4. Juli 2019.

11      Mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 übermittelte die Kommission den tschechischen Behörden gemäß Art. 34 Abs. 3 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 die vorläufigen Schlussfolgerungen der Untersuchung (im Folgenden: vorläufige Schlussfolgerungen). In diesem Schreiben bestätigte die Kommission ihre bereits im Feststellungsschreiben geäußerte Ansicht, dass das von der Tschechischen Republik eingerichtete Kontrollsystem zur Überprüfung der Gewährung flächenbezogener Beihilfen an Landwirte im Rahmen des EGFL und des ELER in den Jahren 2015 bis 2017 nicht den Vorschriften entspreche. Sie wies die Tschechische Republik außerdem auf ihr Recht hin, nach Art. 40 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ein Schlichtungsverfahren einzuleiten.

12      Speziell zur Unzulänglichkeit des von der Tschechischen Republik eingerichteten Kontrollsystems stellte die Kommission namentlich Mängel im Zusammenhang mit fünf Schlüsselkontrollen fest.

13      Die Kommission war erstens der Ansicht, die tschechischen Behörden hätten bei der Beurteilung, ob der Beihilfeantragsteller über den Status eines aktiven Betriebsinhabers verfüge, gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 verstoßen (im Folgenden: Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers).

14      Insofern machte die Kommission geltend, die tschechischen Behörden

–        hätten den Nachweis, dass zwei der drei Voraussetzungen nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 erfüllt seien, auf ein einziges Kriterium gestützt; auf diese Weise habe die Tschechische Republik für Personen, die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bis zum Beweis des Gegenteils nicht beihilfeberechtigt seien, weil sie nicht als aktive Betriebsinhaber gelten könnten – nämlich natürliche oder juristische Personen und Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen, die im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1307/2013 Flughäfen, Wasserwerke und dauerhafte Sport- und Freizeitflächen betrieben sowie Eisenbahnverkehrsleistungen oder Immobiliendienstleistungen erbrächten (im Folgenden: Negativliste) –, die Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers ungerechtfertigt eingeschränkt;

–        hätten bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 mit dem Beihilfeantragsteller verbundene Unternehmen außer Acht gelassen.

15      Die Kommission verwies zweitens auf gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1307/2013 verstoßende Mängel in dem von den tschechischen Behörden eingerichteten Kontrollsystem bei der Ausweisung von Dauergrünland (im Folgenden: Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland).

16      Drittens warf die Kommission den tschechischen Behörden vor, gegen die unionsrechtlichen Vorschriften über die Auswahl der Stichprobe der von ihr zu kontrollierenden Beihilfebegünstigten verstoßen zu haben (im Folgenden: Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe). Der die Auswahl der Kontrollstichprobe betreffende Verstoß bestand aus zwei Teilen:

–        Mit dem ersten Teil (im Folgenden: Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen) machte die Kommission geltend, die tschechischen Behörden hätten bei der Berechnung des Mindestsatzes der gemäß Art. 30 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 für die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung (im Folgenden: SAPS-Regelung) vorgeschriebenen Standardkontrollen (im Folgenden: Standardkontrollen) zu Unrecht die Nachkontrollen einbezogen, die durchzuführen seien, wenn dem Beihilfebegünstigten im Vorjahr eine gekürzte Verwaltungssanktion im Sinne von Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1394 der Kommission vom 16. August 2016 zur Änderung der Verordnung Nr. 809/2014 hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance auferlegt worden sei (im Folgenden: Nachkontrollen);

–        mit dem zweiten Teil (im Folgenden: Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für die Ökologisierung) rügte die Kommission einen Verstoß gegen Art. 35 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014, da die tschechischen Behörden in den Jahren 2016 und 2017 für die Ökologisierungsregelung nicht den Prozentsatz der vor Ort zu kontrollierenden Beihilfebegünstigten erhöht hätten, nachdem in den Vorjahren Unregelmäßigkeiten bei der SAPS-Regelung festgestellt worden seien.

17      Die Kommission stellte viertens einen Verstoß gegen Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 fest, wonach im Anschluss an die Erklärung der fehlenden Beihilfefähigkeit einer Fläche die den Landwirten hierfür zu Unrecht gezahlten Beträge wiedereinzuziehen sind und Verwaltungssanktionen verhängt werden. Der Kommission zufolge konnte durch das von den tschechischen Behörden eingerichtete System zur Ermittlung nicht beihilfefähiger Flächen mittels jährlicher Aktualisierung des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen (im Folgenden: LPIS) nicht überprüft werden, ob die in einem bestimmten Jahr fehlende Beihilfefähigkeit einer Fläche auch in den Vorjahren vorgelegen habe, so dass ein Verfahren zur Wiedereinziehung der zu Unrecht gezahlten Beträge hätte eingeleitet werden müssen. So hätten die tschechischen Behörden nach der Feststellung einer im Jahr 2017 nicht beihilfefähigen Fläche prüfen müssen, ob dieselbe Fläche auch in den Jahren 2015 und 2016 nicht beihilfefähig gewesen sei (im Folgenden: Verstoß bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge).

18      Die Kommission rügte fünftens einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 640/2014 (im Folgenden: Verstoß wegen verspäteter Einreichung des Antrags): In den Fällen, in denen Beihilfe- oder Zahlungsanträge innerhalb der Fristen nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 640/2014 online ohne elektronische Unterschrift eingereicht und sodann binnen fünf Tagen vom Antragsteller persönlich beim zuständigen Amt unterzeichnet worden seien, hätten die tschechischen Behörden die in dieser Bestimmung vorgesehene Kürzung des dem Antragsteller zustehenden Beihilfebetrags um 1 % pro Arbeitstag (im Folgenden: 1%ige Kürzung) anwenden müssen. Die Einreichung dieser Anträge sei nämlich auf ihre persönliche Unterzeichnung durch den Antragsteller und nicht auf ihre Online-Einreichung zu datieren; zum letzteren Zeitpunkt seien die in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 640/2014 vorgesehenen Fristen schon abgelaufen gewesen. Es habe sich also um verspätete Anträge gehandelt, die zur Anwendung der 1%igen Kürzung hätten führen müssen.

19      Am 4. Februar 2020 beantragten die tschechischen Behörden gemäß Art. 40 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 eine Schlichtung.

20      Am 5. Oktober 2020 übermittelte die Schlichtungsstelle ihren Bericht, in dem sie feststellte, dass eine Schlichtung unmöglich sei.

21      Mit Schreiben vom 13. November 2020 übersandte die Tschechische Republik der Kommission weitere Informationen.

22      Mit Schreiben vom 26. März 2021 leitete die Kommission der Tschechischen Republik nach Art. 34 Abs. 4 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 die endgültigen Schlussfolgerungen der Untersuchung zu (im Folgenden: endgültige Schlussfolgerungen).

23      In den endgültigen Schlussfolgerungen bekräftigte die Kommission zunächst ihre Ansicht, dass die Tschechische Republik fünf Schlüsselkontrollen missachtet habe.

24      Sodann beschloss die Kommission in den endgültigen Schlussfolgerungen, die Mittel, die sie der Tschechischen Republik aufgrund der Regelung der Haushaltsdisziplin für die Jahre 2015 bis 2017 erstattet habe, pauschal um 2 % zu berichtigen.

25      Die Kommission wies darauf hin, dass die ursprünglich von den Zahlungen an die Landwirte abgezogenen Mittel mit den folgenden Durchführungsverordnungen den tschechischen Behörden erstattet worden seien (im Folgenden: Erstattungsverordnungen):

–        Durchführungsverordnung (EU) 2016/2073 der Kommission vom 23. November 2016 über die Erstattung der vom Haushaltsjahr 2016 übertragenen Mittel gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1306/2013 (ABl. 2016, L 320, S. 25);

–        Durchführungsverordnung (EU) 2017/2197 der Kommission vom 27. November 2017 über die Erstattung der vom Haushaltsjahr 2017 übertragenen Mittel gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1306/2013 (ABl. 2017, L 312, S. 86);

–        Durchführungsverordnung (EU) 2018/1848 der Kommission vom 26. November 2018 über die Erstattung der vom Haushaltsjahr 2018 übertragenen Mittel gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1306/2013 (ABl. 2018, L 300, S. 4).

26      Da die von der Kommission mittels der Erstattungsverordnungen zurückgezahlten Mittel genauso hoch sein mussten wie die ursprünglich von den Direktzahlungen an die Landwirte abgezogenen Beträge, beschloss die Kommission in den endgültigen Schlussfolgerungen, auf diese Mittel eine pauschale Berichtigung von 2 % anzuwenden, die mit den Berichtigungen übereinstimmte, die sie im Rahmen der Untersuchung für die SAPS-Regelung, die Ökologisierungsregelung, die Regelung für Junglandwirte und die Regelung für fakultative gekoppelte Stützung angewandt hatte. Der Betrag dieser pauschalen Berichtigung belief sich somit auf 654 697,95 Euro.

27      Schließlich schlug die Kommission in den endgültigen Schlussfolgerungen vor, wegen aller der Tschechischen Republik vorgeworfenen Verstöße einen aus der Anwendung einer finanziellen Berichtigung gemäß Art. 12 Abs. 6 bis 8 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 907/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 1306/2013 im Hinblick auf Zahlstellen und andere Einrichtungen, die finanzielle Verwaltung, den Rechnungsabschluss, Sicherheiten und die Verwendung des Euro (ABl. 2014, L 255, S. 18) resultierenden Betrag von 44 098 570,70 Euro von der Finanzierung durch die Union auszuschließen.

28      Mit Schreiben vom 21. Oktober 2021 übersandte die Kommission der Tschechischen Republik einen zusammenfassenden Bericht (im Folgenden: zusammenfassender Bericht), in dem sie die einzelnen Phasen der Untersuchung, die Bedeutung der von der Tschechischen Republik im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens vorgebrachten Bemerkungen und die Begründung ihrer endgültigen Schlussfolgerungen darlegte.

29      Am 17. November 2021 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, mit dem sie der Tschechischen Republik eine finanzielle Berichtigung in Höhe von 44 098 570,70 Euro auferlegte.

B.      Folgeuntersuchung AA/2020/012/CZ

30      Vor Abschluss der Untersuchung leitete die Kommission gegenüber der Tschechischen Republik gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 eine Folgeuntersuchung ein, um bestimmte Fragen, die bereits Gegenstand der Untersuchung waren, zu vertiefen (AA/2020/012/CZ, im Folgenden: Folgeuntersuchung). Die Folgeuntersuchung konzentrierte sich insbesondere auf den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland.

31      Vom 31. August 2020 bis zum 4. September 2020 führte die Kommission im Rahmen der Folgeuntersuchung in der Tschechischen Republik eine Follow-up-Rechnungsprüfung vor Ort durch.

32      Mit Schreiben vom 23. Oktober 2020 unterrichtete die Kommission die tschechischen Behörden gemäß Art. 34 Abs. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 über die Ergebnisse ihrer Überprüfungen. In diesem Schreiben wies sie namentlich darauf hin, dass die Folgeuntersuchung mit Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1307/2013 unvereinbare Mängel bei der Ausweisung von Dauergrünland ergeben habe. Dabei handle es sich um die gleichen Mängel, wie sie auch in den vorläufigen Schlussfolgerungen der Untersuchung festgestellt worden seien. Außerdem bat die Kommission die tschechischen Behörden um weitere Informationen.

33      Am 1. Juli 2021 kamen die Kommission und die tschechischen Behörden zu einer bilateralen Folgebesprechung zusammen.

34      Mit Schreiben vom 30. Juli 2021 erteilten die tschechischen Behörden der Kommission zusätzliche Informationen zur Klassifizierung von Dauergrünland im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1307/2013 (im Folgenden: Schreiben vom 30. Juli 2021).

35      Am 24. August 2021 versandte die Kommission das Protokoll der bilateralen Folgebesprechung an die Tschechische Republik. In diesem Dokument wurde von der Kommission

–        erklärt, dass sie aufgrund der Informationen, die von den tschechischen Behörden bei der bilateralen Folgebesprechung und im Schreiben vom 30. Juli 2021 übermittelt worden seien, die Frage, ob ein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland vorliege, für den von der Folgeuntersuchung erfassten Zeitraum als erledigt betrachte;

–        bedauert, dass die erteilten Informationen, die auch im Rahmen der Untersuchung relevant gewesen wären, von den tschechischen Behörden nicht im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens übermittelt worden seien, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt habe.

II.    Anträge der Parteien

36      Die Tschechische Republik beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss insoweit für nichtig zu erklären, als die Kommission darin die beanstandete finanzielle Berichtigung wegen der Verstöße betreffend den Status eines aktiven Betriebsinhabers, die Ausweisung von Dauergrünland, die Auswahl der Kontrollstichprobe, die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge und die verspätete Einreichung des Antrags sowie im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegt hat;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

37      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Tschechischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

III. Begründetheit

38      Die Tschechische Republik stützt ihre Klage auf sechs Klagegründe, mit denen sie erstens den Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers, zweitens den Verstoß in Bezug auf die Ausweisung von Dauergrünland, drittens den Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe, viertens den Verstoß bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge und fünftens den Verstoß wegen verspäteter Einreichung des Antrags in Abrede stellt sowie sechstens die Regelung der Haushaltsdisziplin angreift.

A.      Erster Klagegrund: kein Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers

39      Der erste Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass kein Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers gegeben sei, besteht aus zwei Teilen.

1.      Erster Teil des ersten Klagegrundes: Die Kommission habe die beanstandete finanzielle Berichtigung zu Unrecht auferlegt, obwohl die Tschechische Republik nicht gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 verstoßen habe

40      Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes erhebt die Tschechische Republik zwei Rügen.

a)      Erste Rüge: kein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 wegen der Verwendung eines einzigen Kriteriums zum Nachweis der Erfüllung von zwei der drei in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen

41      Mit dieser ersten Rüge macht die Tschechische Republik geltend, sie habe nicht gegen Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 verstoßen. Sie habe nicht zu Unrecht nur ein einziges Kriterium für den Nachweis gewählt, dass sowohl die Voraussetzung nach Buchst. b dieser Bestimmung, wonach die landwirtschaftlichen Tätigkeiten des Antragstellers nicht unbedeutend seien (im Folgenden: Voraussetzung nach Buchst. b), als auch die Voraussetzung nach deren Buchst. c, wonach die Hauptgeschäfts- oder Unternehmenszwecke des Antragstellers in der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit beständen (im Folgenden: Voraussetzung nach Buchst. c), erfüllt seien.

42      Die Kommission tritt dieser Rüge entgegen.

43      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1307/2013 eine einfache Vermutung aufstellt, der zufolge natürliche oder juristische Personen und Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen, die eine in der Negativliste verzeichnete Tätigkeit ausüben, nicht als aktive Betriebsinhaber gelten und keinen Anspruch auf Direktzahlungen aus dem EGFL und dem ELER haben (im Folgenden: einfache Vermutung). Nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 können diese natürlichen oder juristischen Personen und Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen jedoch die einfache Vermutung widerlegen, wenn sie anhand überprüfbarer Nachweise in der von dem jeweiligen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Form belegen, dass eine der folgenden drei Voraussetzungen vorliegt:

–        Der jährliche Betrag der ihnen geleisteten Direktzahlungen beläuft sich auf mindestens 5 % der Gesamteinkünfte aus nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten im jüngsten Steuerjahr, für das diese Nachweise vorliegen;

–        ihre landwirtschaftlichen Tätigkeiten sind nicht unwesentlich;

–        ihre Hauptgeschäfts- oder Unternehmenszwecke bestehen in der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit.

44      Die Kriterien für die Anwendung der Voraussetzungen nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 sind in Art. 13 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 1307/2013 und zur Änderung des Anhangs X der genannten Verordnung (ABl. 2014, L 181, S. 1) näher geregelt. Diese Bestimmung sieht Folgendes vor:

–        Was die Voraussetzung nach Buchst. b betrifft, so sind landwirtschaftliche Tätigkeiten des Antragstellers nicht unwesentlich, wenn die Gesamteinkünfte aus landwirtschaftlichen Tätigkeiten, die er im jüngsten Steuerjahr erzielt hat, für das entsprechende Nachweise vorliegen, mindestens ein Drittel der Gesamteinkünfte im letzten Steuerjahr ausmachen, für das derartige Beweise vorliegen; die Mitgliedstaaten können jedoch alternative Kriterien festlegen, anhand deren der Antragsteller nachweisen kann, dass seine landwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht unwesentlich sind.

–        Was die Voraussetzung nach Buchst. c betrifft, so gilt die Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit als Haupttätigkeit oder Geschäftszweck einer juristischen Person, wenn diese Tätigkeit als eine Haupttätigkeit oder ein Geschäftszweck im amtlichen Unternehmensregister eines Mitgliedstaats eingetragen ist oder ein gleichwertiger amtlicher Nachweis des Mitgliedstaats vorliegt; im Fall einer natürlichen Person sind gleichwertige Nachweise beizubringen; sind derartige Register nicht vorhanden, verwenden die Mitgliedstaaten gleichwertige Nachweise; jedoch können die Mitgliedstaaten alternative Kriterien festlegen, nach denen eine landwirtschaftliche Tätigkeit als eine Haupttätigkeit oder ein Geschäftszweck einer natürlichen oder juristischen Person gelten kann.

45      Vor diesem Hintergrund sind die vier von der Tschechischen Republik angeführten Argumente zu prüfen.

1)      Erstes Argument: Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 und Abs. 3 Unterabs. 3 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 ermächtige die Mitgliedstaaten, andere als die dort festgelegten Kriterien aufzustellen, und schränke die Wahl dieser Kriterien nicht ein

46      Mit dem ersten Argument trägt die Tschechische Republik vor, dass in Art. 13 Abs. 1 und 3 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 die Kriterien für die Auslegung der Voraussetzung nach Buchst. b und der Voraussetzung nach Buchst. c festgelegt seien.

47      Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 3 Unterabs. 1 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 stelle zwei unterschiedliche Kriterien für die Beurteilung auf, ob die Voraussetzung nach Buchst. b und die Voraussetzung nach Buchst. c erfüllt seien. Gemäß dieser Bestimmung müsse nämlich zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. b dargetan werden, dass mindestens ein Drittel der Einkünfte des Beihilfeantragstellers solche aus der Landwirtschaft seien (im Folgenden: Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte), während zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c dargetan werden müsse, dass die Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Beihilfeantragsteller aus dem amtlichen Unternehmensregister oder einem gleichwertigen amtlichen Nachweis hervorgehe. Abweichend von diesen Kriterien gestatte Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 und Abs. 3 Unterabs. 3 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 den Mitgliedstaaten jedoch, alternative Kriterien festzulegen, anhand deren nachgewiesen werden könne, dass der Beihilfeantragsteller die Voraussetzungen nach Buchst. b und c erfülle.

48      Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 und Abs. 3 Unterabs. 1 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 beschränke für die Mitgliedstaaten auch nicht die Wahl der alternativen Kriterien für den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Buchst. b und c und hindere die Mitgliedstaaten nicht daran, ein und dasselbe Kriterium für den Nachweis der Erfüllung dieser beiden Voraussetzungen zu verwenden, da die Mitgliedstaaten insoweit über einen weiten Ermessensspielraum verfügten.

49      Die Tschechische Republik habe im vorliegenden Fall daher das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte für den Nachweis anwenden dürfen, dass sowohl die Voraussetzung nach Buchst. b als auch die Voraussetzung nach Buchst. c erfüllt gewesen seien. Denn dieses Kriterium sei nicht nur für den Nachweis relevant, dass die landwirtschaftlichen Tätigkeiten des Antragstellers nicht unerheblich seien (Voraussetzung nach Buchst. b), sondern auch für den Nachweis, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit dessen Haupttätigkeit gewesen sei oder zu dessen Geschäftszweck gehört habe (Voraussetzung nach Buchst. c).

50      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 und Abs. 3 Unterabs. 3 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 den Mitgliedstaaten zwar unbestreitbar die Möglichkeit einräumt, andere als die dort festgelegten Kriterien aufzustellen, und deren Wahl keinen Beschränkungen unterwirft. Die Mitgliedstaaten müssen diese alternativen Kriterien jedoch für die Beurteilung heranziehen, ob die drei in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

51      Die Wahl alternativer Kriterien seitens der Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 und Abs. 3 Unterabs. 3 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 darf also nicht dazu führen, dass eine der in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 genannten Voraussetzungen gegenstandslos wird und dass auf diese Weise die den Beihilfebegünstigten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, die einfache Vermutung zu widerlegen, eingeschränkt würden.

52      Im vorliegenden Fall hat die Tschechische Republik durch die Verwendung des Kriteriums der landwirtschaftlichen Einkünfte zum Nachweis der Erfüllung sowohl der Voraussetzung nach Buchst. b als auch der Voraussetzung nach Buchst. c die Voraussetzungen, unter denen die Beihilfebegünstigten die einfache Vermutung widerlegen können, auf zwei Voraussetzungen beschränkt. Damit hat sie folglich Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 verkannt, der ausdrücklich vorsieht, dass der Beihilfebegünstigte drei verschiedene Möglichkeiten hat, um die einfache Vermutung zu widerlegen.

53      Das erste Argument ist daher zurückzuweisen.

2)      Zweites Argument: In der Tschechischen Republik habe es weder ein Register noch einen gleichwertigen amtlichen Nachweis gegeben, mittels dessen hätte dargetan werden können, dass die Haupttätigkeit oder der Geschäftszweck des Beihilfeantragstellers in einer landwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden habe

54      Mit dem zweiten Argument macht die Tschechische Republik geltend, die Entscheidung, das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte zum Nachweis dafür zu verwenden, dass sowohl die Voraussetzung nach Buchst. b als auch die Voraussetzung nach Buchst. c erfüllt seien, sei deshalb notwendig geworden, weil das nationale tschechische Recht weder ein Register noch einen gleichwertigen amtlichen Nachweis vorgesehen habe, mittels dessen hätte dargetan werden können, dass die Haupttätigkeit oder der Geschäftszweck des Beihilfeantragstellers gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 1307/2013 und Art. 13 Abs. 3 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 in einer landwirtschaftlichen Tätigkeit bestanden habe.

55      Dazu ist zu sagen, dass die Tschechische Republik, falls ihr nationales Recht weder ein Register noch einen gleichwertigen amtlichen Nachweis vorsah, mittels dessen die Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c dargetan werden konnte, gemäß Art. 13 Abs. 3 Unterabs. 3 der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 die Möglichkeit hatte, ein alternatives Kriterium für den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c festzulegen.

56      Die Tschechische Republik hätte somit im vorliegenden Fall ein anderes Kriterium für den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c wählen können, ohne das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte heranziehen zu müssen, auf das sie bereits für den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. b zurückgegriffen hatte.

57      Das zweite Argument ist daher zurückzuweisen.

3)      Drittes Argument: Die Kommission habe bestätigt, dass das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte für den Nachweis sowohl der Voraussetzung nach Buchst. b als auch der Voraussetzung nach Buchst. c herangezogen werden könne

58      Mit dem dritten Argument trägt die Tschechische Republik vor, die Kommission habe anlässlich einer Veranstaltung für die Mitgliedstaaten zur Beurteilung des Status eines aktiven Betriebsinhabers vom 27. Oktober 2015 (im Folgenden: Veranstaltung für die Mitgliedstaaten) bestätigt, dass das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte für den Nachweis, dass sowohl die Voraussetzung nach Buchst. b als auch die Voraussetzung nach Buchst. c erfüllt seien, angewandt werden könne.

59      Selbst wenn die Veranstaltung für die Mitgliedstaaten die Kommission bei der Auslegung von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 binden sollte, hat die Kommission bei diesem Anlass doch klargestellt, dass das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte nur dann als alternatives Kriterium zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c in Betracht komme, wenn der betreffende Mitgliedstaat es nicht auch zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. b herangezogen habe.

60      Das dritte Argument ist somit zurückzuweisen.

4)      Viertes Argument: Gemäß Art. 9 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1307/2013 in der Fassung der Verordnung 2017/2393 könnten die Mitgliedstaaten beschließen, dass der Beihilfeantragsteller nur eine oder zwei der in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 genannten Voraussetzungen anzuführen brauche, um den Status eines aktiven Betriebsinhabers nachzuweisen

61      Mit dem vierten Argument trägt die Tschechische Republik vor, gemäß Art. 9 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1307/2013 in der Fassung der Verordnung (EU) 2017/2393 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1305/2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den ELER, Nr. 1306/2013, Nr. 1307/2013, (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und (EU) Nr. 652/2014 mit Bestimmungen für die Verwaltung der Ausgaben in den Bereichen Lebensmittelkette, Tiergesundheit und Tierschutz sowie Pflanzengesundheit und Pflanzenvermehrungsmaterial (ABl. 2017, L 350, S. 15) könnten die Mitgliedstaaten beschließen, dass der Beihilfeantragsteller nur eine oder zwei der in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 genannten Voraussetzungen anzuführen brauche, um den Status eines aktiven Betriebsinhabers nachzuweisen.

62      Insoweit ist zwar festzustellen, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 9 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1307/2013 in ihrer nach Inkrafttreten der Verordnung 2017/2393 derzeit geltenden Fassung beschließen können, dass Personen oder Personenvereinigungen für den Nachweis, dass sie aktive Betriebsinhaber sind, nur ein oder zwei der in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 genannten drei Voraussetzungen anzuführen brauchen.

63      Diese Möglichkeit unterliegt jedoch einer zeitlichen Begrenzung, da die Mitgliedstaaten sie erst ab dem Jahr 2018 in Anspruch nehmen können, und hängt davon ab, dass der betreffende Mitgliedstaat der Kommission einen entsprechenden Beschluss, falls dieser ab 2018 Anwendung findet, bis zum 31. März 2018 mitgeteilt hat oder, falls er ab einem späteren Jahr Anwendung findet, bis zum 1. August des seiner Anwendung vorangehenden Jahres mitteilt.

64      Im vorliegenden Fall bezieht sich die Untersuchung, die zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, auf die Jahre 2015 bis 2017. Die den Mitgliedstaaten durch den neuen Art. 9 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1307/2013 eingeräumte Möglichkeit, die in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 dieser Verordnung genannten Voraussetzungen auf eine oder zwei zu beschränken, konnte aber erst ab 2018, also für die Zeit nach Abschluss des vorliegenden Sachverhalts, genutzt werden und ist daher für die Entscheidung des vorliegenden Falles irrelevant.

65      Somit ist das vierte Argument und folglich die erste Rüge insgesamt zurückzuweisen.

b)      Zweite Rüge: kein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 wegen der Außerachtlassung verbundener Unternehmen bei der Prüfung, ob der Beihilfeantragsteller über den Status eines aktiven Betriebsinhabers verfügte

66      Mit der zweiten Rüge macht die Tschechische Republik geltend, sie habe nicht deshalb gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 verstoßen, weil sie bei der Prüfung, ob der Beihilfeantragsteller den Status eines aktiven Betriebsinhabers besessen habe, verbundene Unternehmen außer Acht gelassen habe.

67      Der Begriff „Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen“ in Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 beziehe sich nur auf Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen, nicht aber auf verbundene Unternehmen. Dies bedeute, dass nur im Hinblick auf eine Vereinigung als Ganzes zu prüfen sei, ob die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers an den Beihilfeantragsteller erfüllt seien.

68      Die Kommission tritt dieser Rüge entgegen.

69      Zunächst ist festzustellen, dass der Begriff „Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen“ in Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013, dessen Wortlaut oben in Rn. 43 wiedergegeben ist, weder in der Verordnung Nr. 1307/2013 noch in der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 definiert ist, obwohl Letztere die Kriterien für die Durchführung von Art. 9 der Verordnung Nr. 1307/2013 festlegt.

70      Was verbundene Unternehmen betrifft, so ist weder in der Verordnung Nr. 1307/2013 noch in der Delegierten Verordnung Nr. 639/2014 noch in den Leitlinien DSCG/2014/29 der Kommission vom 15. April 2014, die Kriterien für die Auslegung von Art. 9 der Verordnung Nr. 1307/2013 enthalten, ein Verweis auf diesen Begriff, geschweige denn dessen Definition zu finden.

71      Bei der Veranstaltung für die Mitgliedstaaten hat die Kommission jedoch erklärt, Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 sei dahin auszulegen, dass die in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten von natürlichen oder juristischen Personen oder von deren Vereinigungen unmittelbar oder über ein verbundenes Unternehmen ausgeübt werden könnten.

72      Außerdem hat die Kommission in einem an das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gerichteten Schreiben vom 29. Januar 2016, das anschließend den anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt wurde, die Ansicht geäußert, unter einem „verbundenen Unternehmen“ im Sinne von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 sei jede Einrichtung zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar mit dem Beihilfeantragsteller durch ein Beherrschungsverhältnis in Form von Allein- oder Mehrheitsbesitz verbunden sei.

73      Vor diesem Hintergrund sind die vier Argumente zu prüfen, auf die die Tschechische Republik ihre zweite Rüge stützt.

1)      Erstes Argument: Eine Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 sei mit dem Wortlaut dieser Bestimmung unvereinbar

74      Mit dem ersten Argument macht die Tschechische Republik geltend, dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 lasse sich nicht entnehmen, dass mit dem Beihilfeantragsteller verbundene Unternehmen berücksichtigt werden müssten, wenn ein Mitgliedstaat kontrolliere, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers erfüllt seien. Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 sei also dahin auszulegen, dass natürlichen Personen, juristischen Personen oder Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen, die als solche eine der in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten ausübten, kein Anspruch auf Direktzahlungen zustehe.

75      Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

76      Erstens lässt sich feststellen, dass der Begriff „verbundene Unternehmen“ in Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 keine Erwähnung findet.

77      Zweitens ist zu beachten, dass eine Vereinigung ihrem Wesen nach mehrere innerhalb ein und derselben Struktur miteinander verbundene Einrichtungen bezeichnet. Daher ist der Begriff „Vereinigung“ so zu verstehen, dass er dem Begriff „Gruppe“ ähnelt und dass damit eine Gesamtheit natürlicher oder juristischer Personen gemeint ist, die innerhalb einer einzigen, mehr oder weniger strukturierten gesellschaftlichen Organisation miteinander verbunden sind. Folglich umfasst eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen auch verbundene Unternehmen.

78      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 der Beihilfeantragsteller, der eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen ist, die in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten sowohl unmittelbar als auch über ein verbundenes Unternehmen, das derselben Vereinigung angehört, ausüben kann. Ebenso kann der Beihilfeantragsteller, wenn er keine Vereinigung, sondern eine natürliche oder juristische Person ist, die einer Vereinigung angehört, die in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten unmittelbar oder über ein verbundenes Unternehmen, das derselben Vereinigung angehört, ausüben.

79      Somit ist das erste Argument zurückzuweisen.

2)      Zweites Argument: Eine Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 stehe im Widerspruch zur Definition des Begriffs „Betriebsinhaber“ in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung

80      Mit dem zweiten Argument trägt die Tschechische Republik vor, der Begriff „aktiver Betriebsinhaber“ im Sinne von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 sei im Licht des Begriffs „Betriebsinhaber“ gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung auszulegen. Sowohl der Begriff „aktiver Betriebsinhaber“ als auch der Begriff „Betriebsinhaber“ bezögen sich aber auf die Antragsteller als solche, unter Ausschluss verbundener Unternehmen.

81      Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

82      Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1307/2013 definiert einen Betriebsinhaber als eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Art. 52 EUV in Verbindung mit den Art. 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

83      Dass zwischen dem Begriff „aktiver Betriebsinhaber“ im Sinne von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 und dem Begriff „Betriebsinhaber“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung ein Zusammenhang besteht, wird durch die Rechtsprechung bestätigt, wonach eine Person, um den Status eines aktiven Betriebsinhabers in Anspruch nehmen zu können, bereits die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1307/2013 genannten Anforderungen an den Begriff „Betriebsinhaber“ erfüllen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Avio Lucos, C‑176/20, EU:C:2022:274, Rn. 54).

84      Der Umstand, dass zwischen dem Begriff „Betriebsinhaber“ und dem Begriff „aktiver Betriebsinhaber“ ein Zusammenhang besteht, kann jedoch nicht die oben in Rn. 78 getroffene Feststellung entkräften, wonach der Beihilfeantragsteller nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 die in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten sowohl unmittelbar als auch über ein derselben Vereinigung angehörendes verbundenes Unternehmen ausüben kann.

85      Entgegen dem Vorbringen der Tschechischen Republik ergibt sich nämlich aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1307/2013 nicht, dass eine natürliche Person, eine juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen nur dann als Betriebsinhaber einzustufen wäre, wenn sie ihre Tätigkeiten unmittelbar ausübt.

86      Daher ist das zweite Argument zurückzuweisen.

3)      Drittes Argument: Eine Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 laufe dem mit dieser Bestimmung verfolgten Zweck zuwider

87      Mit dem dritten Argument führt die Tschechische Republik aus, eine Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 laufe dem Zweck dieser Bestimmung zuwider, der darin bestehe, Direktzahlungen im Rahmen der GAP auf Landwirte zu beschränken, die selbst eine nicht marginale landwirtschaftliche Tätigkeit ausübten.

88      Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

89      Der mit der Regelung des Begriffs „aktiver Betriebsinhaber“ verfolgte Zweck ist im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1307/2013 näher erläutert, wo es u. a. heißt:

„Die Erfahrungen, die bei der Anwendung der verschiedenen Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gewonnen wurden, haben gezeigt, dass die Stützung in einer Reihe von Fällen an natürliche oder juristische Personen gewährt wurde, deren Geschäftszweck nicht oder nur marginal in einer landwirtschaftlichen Tätigkeit besteht. Um eine gezieltere Vergabe der Stützung zu erreichen, sollten die Mitgliedstaaten davon absehen, bestimmten natürlichen und juristischen Personen Direktzahlungen zu gewähren, es sei denn, diese Personen können nachweisen, dass ihre landwirtschaftliche Tätigkeit nicht marginal ist.“

90      Entgegen dem Vorbringen der Tschechischen Republik verlangt der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1307/2013 also nicht, dass die in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten vom Antragsteller – unabhängig davon, ob es sich dabei um eine natürliche Person, eine juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen handelt – unmittelbar ausgeübt würden.

91      In Anbetracht seiner Zielsetzung – die darin besteht, die Gefahr von Betrugshandlungen zulasten des Unionshaushalts auszuschließen und Zahlungen im Rahmen der GAP auf Landwirte zu beschränken, die eine echte landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben – ist Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 dahin auszulegen, dass diese Bestimmung unabhängig davon gilt, ob eine der in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten vom Antragsteller als einer natürlichen oder juristischen Person oder von der betreffenden Vereinigung unmittelbar oder über verbundene Unternehmen ausgeübt wird.

92      Wenn verbundene Unternehmen nicht berücksichtigt würden, könnten die Antragsteller ihre Tätigkeiten nämlich auf mehrere verbundene Rechtsträger aufteilen, um die in dieser Bestimmung gesetzten Schranken für die Anerkennung ihres Status als aktive Betriebsinhaber zu umgehen. Die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ausgeübte Kontrolle wäre dann auf die vom Antragsteller unmittelbar ausgeübten landwirtschaftlichen Tätigkeiten beschränkt, unter Ausschluss der über verbundene Unternehmen ausgeübten Tätigkeiten.

93      Hierzu führt die Tschechische Republik in der Erwiderung aus, die Gefahr, dass der Antragsteller seine Tätigkeiten absichtlich auf mehrere Rechtsträger aufteile, um der Anwendung von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 zu entgehen, werde von Art. 60 der Verordnung Nr. 1306/2013 erfasst.

94      Erstens reicht Art. 60 der Verordnung Nr. 1306/2013 aber nicht aus, um die bei einer Aufspaltung der Tätigkeiten eines Antragstellers im Rahmen des Status eines aktiven Betriebsinhabers drohende Gefahr eines Betrugs zulasten des Unionshaushalts auszuschließen. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

„Unbeschadet besonderer Bestimmungen wird natürlichen oder juristischen Personen im Rahmen der sektorbezogenen Agrarvorschriften kein Vorteil gewährt, wenn festgestellt wurde, dass sie die Voraussetzungen für den Erhalt solcher Vorteile künstlich, den Zielen dieser Verordnung zuwiderlaufend geschaffen haben.“

95      Zweitens erfordert der Nachweis, dass Voraussetzungen im Sinne von Art. 60 der Verordnung Nr. 1306/2013 künstlich geschaffen wurden, nach ständiger Rechtsprechung zum einen, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der Bedingungen der einschlägigen Regelung das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde, und zum anderen ein subjektives Element, nämlich die Absicht, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2005, Eichsfelder Schlachtbetrieb, C‑515/03, EU:C:2005:491, Rn. 39, und vom 7. Februar 2023, Confédération paysanne u. a. [In-vitro-Zufallsmutagenese], C‑688/21, EU:C:2023:75, Rn. 33).

96      Unter diesen Umständen kann es angesichts des weiten Anwendungsbereichs von Art. 60 der Verordnung Nr. 1306/2013 und der Beweisanforderungen aufgrund der oben in Rn. 95 angeführten Rechtsprechung durchaus sein, dass eine missbräuchliche Praxis, die darin besteht, die Anwendung der Vorschriften über den Status eines aktiven Betriebsinhabers zu umgehen, zwar nicht in den Anwendungsbereich von Art. 60 der Verordnung Nr. 1306/2013 fällt, aber gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 verstößt.

97      Es kann daher nicht geltend gemacht werden, dass dieser Art. 60 allein ausreichen würde, um die Gefahr auszuschließen, dass der Beihilfeantragsteller seine Tätigkeiten auf mehrere Rechtsträger aufteilt, um sich der Kontrolle seines Status als aktiver Betriebsinhaber gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 zu entziehen.

98      Deshalb ist das dritte Argument zurückzuweisen.

4)      Viertes Argument: Eine Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 verletze den Grundsatz der Rechtssicherheit

99      Mit dem vierten Argument macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission dürfe gemäß dem Grundsatz der Rechtssicherheit einem Mitgliedstaat nur dann eine finanzielle Berichtigung auferlegen, wenn sich der von ihr gerügte Verstoß klar und eindeutig aus dem geltenden Recht ergebe. Im vorliegenden Fall lasse sich aber dem geltenden Recht nicht klar und eindeutig entnehmen, dass verbundene Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 fielen.

100    Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

101    Nach ständiger Rechtsprechung muss jede den Mitgliedstaaten auferlegte Verpflichtung, die finanzielle Auswirkungen für sie haben kann, hinreichend klar und bestimmt sein, damit sie deren Tragweite verstehen und ihr nachkommen können. Denn der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet als Bestandteil der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, dass Rechtsvorschriften klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sind, damit sich die Betroffenen bei unter das Unionsrecht fallenden Tatbeständen und Rechtsbeziehungen orientieren können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. September 2018, Tschechische Republik/Kommission, C‑4/17 P, EU:C:2018:678, Rn. 58, vom 17. November 2022, Avicarvil Farms, C‑443/21, EU:C:2022:899, Rn. 46, und vom 19. Dezember 2019, Tschechische Republik/Kommission, T‑509/18, EU:T:2019:876, Rn. 40).

102    Im vorliegenden Fall erweist es sich als klar und eindeutig im Sinne dieser Rechtsprechung, dass eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen oder eine einer Vereinigung angehörende natürliche oder juristische Person die in der Negativliste verzeichneten Tätigkeiten sowohl unmittelbar als auch über ein derselben Vereinigung angehörendes verbundenes Unternehmen ausüben kann.

103    Unter diesen Umständen ist das vierte Argument zurückzuweisen.

104    Folglich ist die zweite Rüge und damit der erste Teil des ersten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.

2.      Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: Die Kommission habe gegen Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da die Höhe der beanstandeten finanziellen Berichtigung wegen des angeblichen Verstoßes bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers nicht der Schwere der gerügten Nichtübereinstimmung entspreche

105    Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission habe gegen Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da die Höhe der beanstandeten finanziellen Berichtigung wegen des angeblichen Verstoßes bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers nicht der Schwere der gerügten Nichtübereinstimmung entspreche.

106    Zunächst ist festzustellen, dass Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 drei Arten von Berichtigungen vorsieht: eine
„berechnete“ Korrektur, eine „extrapolierte“ Korrektur und eine „pauschale“ Korrektur. Er legt auch eine Rangordnung zwischen diesen Korrekturen fest. Eine berechnete Korrektur wird nämlich vorgenommen, wenn die zu Unrecht gezahlten Beträge genau ermittelt werden können. Ist dies nicht der Fall, kommt eine extrapolierte oder eine pauschale Korrektur in Betracht, wobei eine pauschale Korrektur nur dann erfolgt, wenn sich der finanzielle Schaden, der der Union entstanden ist, aufgrund der Natur des Falls oder weil der Mitgliedstaat der Kommission nicht die erforderlichen Informationen übermittelt hat, nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand genau ermitteln lässt.

107    Im Übrigen darf die Kommission gemäß Art. 12 Abs. 6 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung einer berechneten Korrektur oder einer extrapolierten Korrektur nicht erfüllt sind oder wenn sich die auszuschließenden Beträge aufgrund der Natur des Falls nicht eindeutig bestimmen lassen, eine pauschale Korrektur vornehmen, wobei sie der Art und der Schwere des Verstoßes und dem von ihr eingeschätzten Risiko eines der Union entstandenen finanziellen Schadens Rechnung trägt. Bei der Vornahme einer pauschalen Korrektur hat die Kommission mit angemessenem Aufwand auch die Art des Verstoßes zu berücksichtigen und insbesondere festzustellen, ob ein Mangel bei einer Schlüsselkontrolle oder bei einer Zusatzkontrolle vorliegt.

108    Außerdem gebietet nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist (vgl. Urteil vom 12. Februar 2020, Ungarn/Kommission, T‑505/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:56, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung). So ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. Urteil vom 3. März 2016, Spanien/Kommission, T‑675/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:123, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Im vorliegenden Fall hat die Kommission der Tschechischen Republik eine einzige pauschale Berichtigung für die beiden im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes beanstandeten Komponenten des Verstoßes bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers auferlegt: für den Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1307/2013 wegen der Verwendung eines einzigen Kriteriums zum Nachweis der Erfüllung von zwei der drei in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen und für den Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 dieser Verordnung wegen Außerachtlassung verbundener Unternehmen bei der Prüfung, ob der Beihilfeantragsteller über den Status eines aktiven Betriebsinhabers verfügte. Die von der Kommission auferlegte pauschale Berichtigung beläuft sich auf 5 % von 10 % der Zahlungen, die die Tschechische Republik unter Verstoß gegen die Bestimmungen über den Status eines aktiven Betriebsinhabers geleistet hatte.

110    Vor diesem Hintergrund sind die beiden Rügen zu prüfen, auf die die Tschechische Republik den zweiten Teil des ersten Klagegrundes stützt.

a)      Erste Rüge: Es fehle an einem finanziellen Schaden, der die Auferlegung der beanstandeten finanziellen Berichtigung durch die Kommission wegen des angeblichen Verstoßes bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers rechtfertigen könnte

111    Mit dieser ersten Rüge macht die Tschechische Republik geltend, der angebliche Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers habe keinen finanziellen Schaden für die Union verursacht, der die Auferlegung der beanstandeten finanziellen Berichtigung durch die Kommission rechtfertigen könnte.

112    Wie im Schreiben vom 11. Dezember 2018 und in einem Schreiben des tschechischen Landwirtschaftsministeriums vom 9. Oktober 2015 dargelegt, seien nach Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 die für aktive Betriebsinhaber bestimmten Beträge von den tschechischen Behörden nicht zugunsten anderer Betriebsinhaber im Rahmen verschiedener Beihilferegelungen verwendet worden. Daher habe die Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers zu keinen höheren Zahlungen an andere Betriebsinhaber geführt, so dass die Ablehnung dieser Anträge keinen finanziellen Schaden verursacht habe.

113    Keiner der Antragsteller, denen die tschechischen Behörden die Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers deshalb verweigert hätten, weil zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c auf das Kriterium der landwirtschaftlichen Einkünfte abgestellt worden sei, hätte bei Zugrundelegung eines anderen Kriteriums einen solchen Status und die damit verbundenen Zahlungen aus dem EGFL und dem ELER erhalten können. Aus der Ablehnung dieser Beihilfeanträge könne somit kein finanzieller Schaden für den Unionshaushalt entstehen.

114    Die Kommission tritt dieser Rüge entgegen.

115    Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission, wenn sie die Ergebnisse der von den nationalen Behörden vorgenommenen Überprüfungen beanstandet, zum Nachweis eines Verstoßes gegen die Regeln der GAP glaubhaft machen, dass sie an den von den nationalen Verwaltungen durchgeführten Kontrollen oder an den von diesen mitgeteilten Zahlen ernsthafte und berechtigte Zweifel hat. Die Kommission braucht die Unzulänglichkeit dieser Kontrollen oder die Unrichtigkeit dieser Zahlen nicht umfassend darzulegen. Diese Erleichterung der Beweislast der Kommission beruht darauf, dass der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die für den Rechnungsabschluss der Agrarfonds erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2019, Griechenland/Kommission, T‑295/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:880, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 25. Juni 2020, Polen/Kommission, T‑506/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:282, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116    Wenn die Kommission also einen ernsthaften und berechtigten Zweifel äußert, obliegt es nach der Rechtsprechung dem Mitgliedstaat, die Richtigkeit seiner Kontrollen bzw. seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission darzutun (vgl. Urteil vom 12. November 2015, Italien/Kommission, T‑255/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:838, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

117    Der betroffene Mitgliedstaat kann folglich die Feststellungen der Kommission nur dadurch erschüttern, dass er sein eigenes Vorbringen auf Umstände stützt, mit denen das Vorhandensein eines zuverlässigen und funktionierenden Kontrollsystems nachgewiesen wird. Gelingt dem Mitgliedstaat nicht der Nachweis, dass die Feststellungen der Kommission unzutreffend sind, können diese Feststellungen daher ernsthafte Zweifel begründen, ob ein angemessenes und wirksames System von Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle eingeführt worden ist (vgl. Urteile vom 19. Dezember 2019, Griechenland/Kommission, T‑295/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:880, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 25. Juni 2020, Polen/Kommission, T‑506/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:282, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im Rahmen des zum angefochtenen Beschluss führenden Konformitätsabschlussverfahrens erklärt, wegen der Ablehnung von Anträgen auf Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers habe die Gefahr bestanden, dass die Tschechische Republik höhere Beträge an andere Betriebsinhaber aufgrund verschiedener Beihilferegelungen zahle. Die Höhe der Direktzahlungen, die einem Mitgliedstaat jedes Jahr gewährt werden könnten, dürfe aber die Obergrenze gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 1307/2013 nicht überschreiten. Nach der Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers habe somit die Gefahr bestanden, dass die Tschechische Republik im Rahmen der zulässigen Obergrenze die für Zahlungen nach den Bestimmungen über den Status eines aktiven Betriebsinhabers bestimmten Beträge dazu verwende, Betriebsinhaber im Rahmen anderer Beihilferegelungen mit höheren Beträgen zu finanzieren. Die Zunahme der Zahlungen aufgrund der anderen Beihilferegelungen gefährde den Unionshaushalt, da sie nicht auf spezifischen Faktoren dieser Beihilferegelungen beruhe, sondern nur eine Folge der Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers sei.

119    Unter diesen Umständen hätte die Tschechische Republik nach der oben in den Rn. 115 und 117 angeführten Rechtsprechung, um den von der Kommission geäußerten ernsthaften und berechtigten Zweifel auszuräumen, eingehend und vollständig nachweisen müssen, dass die Ablehnung der Anträge auf Zugang zum Status eines aktiven Betriebsinhabers gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 keinen finanziellen Schaden für den Unionshaushalt verursachte.

120    Dies hat sie im vorliegenden Fall jedoch nicht getan.

121    Erstens hat die Tschechische Republik im Schreiben vom 11. Dezember 2018 zwar Angaben zu den neun Antragstellern unterbreitet, die gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 vom Status eines aktiven Betriebsinhabers ausgeschlossen worden waren, und erklärt, dieser Ausschluss habe dem Unionshaushalt keinen finanziellen Schaden verursacht, weil er nicht mit höheren Zahlungen an andere Betriebsinhaber einhergegangen sei. Sie hat jedoch keinen Beweis zur Untermauerung ihres Vorbringens vorgelegt.

122    Zweitens verweist die Tschechische Republik in der Klageschrift auf ein Schreiben, das am 27. Oktober 2015 von der Abteilung für Direktzahlungen ihres Landwirtschaftsministeriums an die Leitung der Abteilung für Direktzahlungen und Umweltbeihilfen des Nationalen Interventionsfonds für die Landwirtschaft gesandt wurde und dem zufolge der tschechische Landwirtschaftsminister die Sätze für die einheitlichen Flächenzahlungen, die Zahlungen für klima- und umweltfreundliche landwirtschaftliche Methoden und die Zahlungen für Junglandwirte genehmigt hatte. Es ist unbestritten, dass dieses Schreiben im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens der Kommission nicht übermittelt worden war und daher bei der Vornahme der beanstandeten finanziellen Berichtigung nicht berücksichtigt werden konnte. Aber selbst wenn dieses Schreiben der Kommission im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens übermittelt worden wäre, hätte es doch nicht den Nachweis erbracht, dass die Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers für die Jahre 2015 bis 2017 nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1307/2013 der Union keinen finanziellen Schaden verursacht hätte. Darin wird nämlich nur der Satz für bestimmte Agrarzahlungen für das Jahr 2015 festgelegt.

123    Drittens hat die Tschechische Republik keinen Beweis für ihre Behauptung vorgelegt, wonach keiner der Antragsteller, denen die Zuerkennung des Status eines aktiven Betriebsinhabers von den tschechischen Behörden aufgrund des Kriteriums der landwirtschaftlichen Einkünfte zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzung nach Buchst. c verweigert worden sei, diesen Status und die damit verbundenen Zahlungen aus dem EGFL und dem ELER hätte erhalten können, wenn ein anderes Kriterium zugrunde gelegt worden wäre.

124    Die erste Rüge ist folglich zurückzuweisen.

b)      Zweite Rüge: Ungenaue Bestimmung des Betrags der beanstandeten finanziellen Berichtigung wegen des angeblichen Verstoßes bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers

125    Mit der zweiten Rüge trägt die Tschechische Republik vor, selbst wenn der Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers der Union einen finanziellen Schaden verursacht haben sollte, hätte die Kommission diesen Schaden genau berechnen müssen und hätte ihn nicht pauschal korrigieren dürfen.

126    Die Kommission tritt dieser Rüge entgegen.

127    Die Kommission darf eine pauschale Berichtigung vornehmen, wenn sie vor allem deshalb, weil der Mitgliedstaat ihr nicht die erforderlichen Informationen gemäß Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 übermittelt hat, den der Union entstandenen finanziellen Schaden nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand genauer ermitteln könnte.

128    In dem Schreiben vom 11. Dezember 2018 wird zwar die Gesamtzahl der vom Status eines aktiven Betriebsinhabers ausgeschlossenen Antragsteller angegeben, aber nichts zu dem Schaden gesagt, der dem EGFL und dem ELER durch diesen Ausschluss entstehen könnte.

129    Außerdem ist weder im Schreiben vom 11. Dezember 2018 noch in den von den tschechischen Behörden der Kommission im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens später übermittelten Dokumenten ein Hinweis auf den finanziellen Schaden zu finden, der wegen der Außerachtlassung verbundener Unternehmen bei der Kontrolle, ob der Beihilfeantragsteller über den Status eines aktiven Betriebsinhabers verfügte, möglicherweise entstand.

130    In Anbetracht von Umfang und Art der festgestellten Nichtübereinstimmung, die eine mangelhafte Schlüsselkontrolle betraf, und weil der finanzielle Schaden für die Union infolge der durch die Ablehnung der auf den Status eines aktiven Betriebsinhabers gestützten Beihilfeanträge nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand hätte genau beziffert werden können, lässt sich daher nicht feststellen, dass die Kommission gegen Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hätte, als sie der Tschechischen Republik für den Verstoß bezüglich des Status eines aktiven Betriebsinhabers eine pauschale Korrektur in Höhe von 5 % bezogen auf 10 % der unionsrechtswidrig geleisteten Zahlungen auferlegte.

131    Deshalb ist die zweite Rüge und damit der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

132    Infolgedessen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

B.      Zweiter Klagegrund: kein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland

133    Der zweite Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass kein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland gegeben sei, besteht aus zwei Teilen.

1.      Erster Teil des zweiten Klagegrundes: Die Kommission habe die beanstandete finanzielle Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland zu Unrecht auferlegt, denn sie habe im Rahmen der Untersuchung die Ergebnisse der Folgeuntersuchung nicht berücksichtigt, wonach das Vorliegen dieses Verstoßes verneint worden sei

134    Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes erhebt die Tschechische Republik drei Rügen.

a)      Erste Rüge: Verstoß der Kommission gegen Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013, Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

135    Mit der ersten Rüge wirft die Tschechische Republik der Kommission vor, gegen Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013, Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen zu haben, weil sie im Rahmen der Untersuchung die Ergebnisse der Folgeuntersuchung nicht berücksichtigt habe, aufgrund deren das Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland verneint worden sei.

136    Zunächst ist zu beachten, dass sich die Untersuchung und die Folgeuntersuchung zeitlich überschnitten. Die Untersuchung wurde am 18. September 2017 (d. h. mit Beginn der ersten Rechnungsprüfung vor Ort) eröffnet und nach der am 21. Oktober 2021 erfolgten Übermittlung des zusammenfassenden Berichts mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses am 17. November 2021 abgeschlossen. Die Folgeuntersuchung begann am 31. August 2020 (d. h. mit Beginn der Follow-up-Rechnungsprüfung) und endete, was den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland betraf, am 24. August 2021 mit der Annahme des Protokolls der bilateralen Folgebesprechung, mit der die Frage nach dem Vorliegen dieses Verstoßes geklärt werden konnte.

137    Da die Annahme des zusammenfassenden Berichts und der Erlass des angefochtenen Beschlusses somit erfolgten, nachdem die Frage, ob ein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland vorlag, im Rahmen der Folgeuntersuchung für erledigt erklärt worden war, ist zu prüfen, ob die Kommission die Frage des Vorliegens eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland im Rahmen der Untersuchung unter Berücksichtigung der bei der Folgeuntersuchung zutage getretenen Umstände hätte klären müssen.

138    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wenn sie meint, ein Mitgliedstaat habe Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht getätigt, gemäß Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge erlässt.

139    Überdies muss nach Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 bei der Entscheidung der Kommission, Ausgaben von der Unionsfinanzierung auszuschließen, die ein Mitgliedstaat entgegen den geltenden Vorschriften getätigt hat, das Konformitätsabschlussverfahren beachtet werden.

140    Im Übrigen gehört nach ständiger Rechtsprechung zu den Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, namentlich der in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. Nach dieser Bestimmung umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung u. a. das Recht jeder Person, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. Dieses Recht spiegelt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts wider (Urteile vom 8. Mai 2014, N., C‑604/12, EU:C:2014:302, Rn. 49, und vom 1. Juni 2016, Wolf Oil/EUIPO – SCT Lubricants [CHEMPIOIL], T‑34/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:330, Rn. 69 und 70).

141    Der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung schreibt den Unionsorganen nicht vor, Verwaltungsverfahren unbegrenzt in die Länge zu ziehen, sondern findet seinen Ausdruck in Bestimmungen, wonach die Durchführung dieser Verfahren und die Übermittlung von Informationen durch die Mitgliedstaaten an die Unionsorgane im Rahmen dieser Verfahren an Fristen gebunden sind. Durch die Festlegung dieser Fristen wird das Gebot, sicherzustellen, dass Verwaltungsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden, mit den Verteidigungsrechten in Einklang gebracht sowie gewährleistet, dass die Unionsorgane die relevanten Informationen von den Mitgliedstaaten rechtzeitig erhalten und alle für den jeweiligen Fall relevanten Informationen sorgfältig und unparteiisch berücksichtigen können.

142    Für das Konformitätsabschlussverfahren ergibt sich der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung aus Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014, denen zufolge die Verpflichtung der Kommission, die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen gewissenhaft zu berücksichtigen, davon abhängt, dass die Mitgliedstaaten die in diesen Bestimmungen für die Informationsübermittlung vorgesehenen Fristen einhalten.

143    Vor diesem Hintergrund sind die drei Argumente zu prüfen, auf die die Tschechische Republik ihre erste Rüge stützt.

1)      Erstes Argument: Anwendungsbereich von Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014

144    Mit dem ersten Argument macht die Tschechische Republik geltend, die in Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 vorgesehenen Fristen für die Informationsübermittlung durch einen Mitgliedstaat an die Kommission im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens seien nur anwendbar, wenn die Kommission die Höhe der vorzunehmenden finanziellen Berichtigung zu bestimmen habe, nicht aber, wenn sie beurteilen müsse, ob gegen das Unionsrecht verstoßen worden sei. Die Kommission könne sich also auf die Verspätung der von einem Mitgliedstaat übermittelten Informationen berufen, wenn sie die Höhe der finanziellen Berichtigung zu bestimmen habe, nicht aber, wenn sie darüber entscheiden müsse, ob die Tatbestandsmerkmale eines Verstoßes gegen das Unionsrecht erfüllt seien.

145    Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

146    Gemäß Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ist die Bestimmung der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge untrennbar damit verbunden, dass die Kommission feststellt, dass ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt. Die Kommission darf nämlich keine finanzielle Berichtigung auferlegen, wenn nicht die Tatbestandsmerkmale eines Verstoßes gegen das Unionsrecht als notwendige Vorbedingung für die etwaige Bestimmung der Höhe einer finanziellen Berichtigung erfüllt sind.

147    Folglich können die in Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 Abs. 1 und 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 vorgesehenen Fristen für die Übermittlung von Informationen durch die Mitgliedstaaten nicht dahin verstanden werden, dass sie nur Anwendung fänden, wenn die Kommission die Höhe der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge bestimmen muss, nicht aber, wenn sie beurteilen muss, ob ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt, denn diese Beurteilung eines Verstoßes und diese Bestimmung einer finanziellen Berichtigung sind untrennbar miteinander verbunden.

148    Somit ist das erste Argument zurückzuweisen.

2)      Zweites Argument: Neuartigkeit der von den tschechischen Behörden im Rahmen der Folgeuntersuchung erteilten Informationen

149    Mit dem zweiten Argument trägt die Tschechische Republik vor, die Informationen über den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland, die sie der Kommission im Rahmen der Folgeuntersuchung erteilt habe, seien nicht neu gewesen, sondern schon während der Untersuchung übermittelt worden. Daher sei die in Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 geregelte zeitliche Beschränkung, wonach die Mitgliedstaaten der Kommission, nachdem diese ihre vorläufigen Schlussfolgerungen übermittelt habe, keine Informationen mehr erteilen dürften (außer in den in dieser Bestimmung vorgesehenen Fällen), im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

150    Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

151    Insoweit ist erstens zu beachten, dass die Kommission in dem am 30. November 2017 versandten Feststellungsschreiben auf gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1307/2013 verstoßende Mängel in dem von den tschechischen Behörden eingerichteten Kontrollsystem bei der Ausweisung von Dauergrünland hingewiesen hat.

152    Zweitens hat die Kommission im Protokoll der bilateralen Besprechung vom 11. September 2018 die tschechischen Behörden um weitere Informationen zur Klassifizierung von Brachland gebeten und ihre Zweifel daran bekräftigt, dass das Kontrollsystem der Vorschrift entspreche, wonach es sich bei Dauergrünland um Flächen handle, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt würden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs seien sowie, wenn die Mitgliedstaaten dies beschlössen, fünf Jahre lang nicht umgepflügt worden seien.

153    Drittens hat die Kommission in ihren vorläufigen Schlussfolgerungen u. a. Folgendes erklärt:

–        Vor 2015 hätten die tschechischen Behörden über keine Angaben zur bisherigen Nutzung der Flächen verfügt und seien daher nicht in der Lage gewesen, die Anwendung der oben unter Rn. 152 genannten Vorschrift zu überwachen;

–        nach 2015 sei nicht klar gewesen, warum die tschechischen Behörden drei verschiedene Codes für unbewirtschaftete Flächen benutzt hätten, die nach Ablauf von fünf Jahren zu Dauergrünland werden sollten, nämlich Code „G“ für Grünland auf unbewirtschaftetem Ackerland, Code „R“ für unbewirtschaftetes Ackerland, das nicht als Grünland angesehen worden sei, und Code „U“ für Brachland; wegen der Verwendung mehrerer Codes habe das Risiko einer fehlerhaften Ausweisung von Flächen als Dauergrünland bestanden.

154    Viertens war die Frage nach dem Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland nicht Gegenstand des von den tschechischen Behörden gestellten Antrags auf Schlichtung.

155    Fünftens waren in den zusätzlichen Informationen, die die tschechischen Behörden der Kommission nach Erhalt des Berichts der Schlichtungsstelle übermittelten, keine Angaben zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland enthalten.

156    Sechstens hat die Kommission in ihren endgültigen Schlussfolgerungen und im zusammenfassenden Bericht unter Wiederholung der oben in Rn. 153 erwähnten Argumente bekräftigt, dass ein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland vorliege, und der Tschechischen Republik mit Erlass des angefochtenen Beschlusses wegen dieses Verstoßes eine finanzielle Berichtigung in Höhe von 14 923 784,40 Euro auferlegt.

157    Siebtens haben die tschechischen Behörden ausweislich des Protokolls der bilateralen Folgebesprechung der Kommission erstmals anlässlich dieser Besprechung und im Schreiben vom 30. Juli 2021 klare und fundierte Erläuterungen, Beispiele und Angaben zum System der Klassifizierung von auf Acker- und Brachland gelegenem Grünland unterbreitet.

158    Aus dem Protokoll der bilateralen Folgebesprechung geht auch hervor, dass die Kommission aufgrund dieser Informationen die Frage, ob ein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland vorlag, im Rahmen der Folgeuntersuchung für erledigt erklärt und es bedauert hat, dass diese Informationen, die auch im Rahmen der Untersuchung relevant gewesen wären, von den tschechischen Behörden nicht im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, übermittelt worden seien.

159    In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es nach der oben in den Rn. 115 bis 117 angeführten Rechtsprechung dem Mitgliedstaat im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens obliegt, die Richtigkeit seiner Kontrollen bzw. seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission darzutun. Gelingt dem Mitgliedstaat nicht innerhalb der in Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 vorgesehenen Fristen der Nachweis, dass die Feststellungen der Kommission unzutreffend sind, können diese Feststellungen daher ernsthafte Zweifel begründen, ob ein angemessenes und wirksames System von Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle eingeführt worden ist.

160    Im vorliegenden Fall hat die Tschechische Republik im Rahmen der Untersuchung weder eingehend und vollständig die Richtigkeit ihrer Kontrollen hinsichtlich der Ausweisung von Dauergrünland nachgewiesen noch die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission dargetan. Denn die Tschechische Republik hat erst im Rahmen der Folgeuntersuchung erstmals umfassende Erklärungen abgegeben und zusätzliche Beweise vorgebracht, aufgrund deren die Kommission feststellen konnte, dass kein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland gegeben war.

161    Unter diesen Umständen ist das zweite Argument zurückzuweisen.

3)      Drittes Argument: Voraussetzungen gemäß Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014

162    Mit dem dritten Argument trägt die Tschechische Republik vor, die Kommission hätte im Rahmen ihrer Untersuchung die Informationen über den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland berücksichtigen müssen, die von den tschechischen Behörden anlässlich der Folgeuntersuchung übermittelt worden seien. Denn es handle sich hierbei um Informationen, die die beiden Voraussetzungen gemäß Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 erfüllten, wonach ein Mitgliedstaat der Kommission Angaben übermitteln könne, nachdem diese ihre vorläufigen Schlussfolgerungen mitgeteilt habe.

163    Die Kommission tritt diesem Argument entgegen.

164    Nach Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 können die Angaben, die ein Mitgliedstaat übermittelt, nachdem die Kommission ihm die vorläufigen Schlussfolgerungen der Untersuchung mitgeteilt hat, nur dann berücksichtigt werden, wenn

a)      dies erforderlich ist, damit der dem Unionshaushalt entstandene finanzielle Schaden nicht wesentlich zu hoch eingeschätzt wird, und

b)      die verspätete Übermittlung der betreffenden Angaben durch externe Faktoren gerechtfertigt ist und der rechtzeitige Erlass des Beschlusses gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 durch die Kommission dadurch nicht gefährdet wird.

165    Während die französische Fassung von Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 hinsichtlich der Frage, ob die in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen kumulativ oder alternativ zu verstehen sind, mehrdeutig ist, ergibt eine Prüfung der anderen Sprachfassungen dieser Bestimmung, dass es sich hierbei um kumulative Voraussetzungen handelt. So heißt es beispielsweise in der portugiesischen Fassung von Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014, dass ein Mitgliedstaat der Kommission Angaben übermitteln kann, nachdem sie ihm die vorläufigen Schlussfolgerungen der Untersuchung mitgeteilt hat, wenn die beiden in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Im Übrigen haben die Parteien diesen kumulativen Charakter in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

166    Im vorliegenden Fall wurden, wie oben in Rn. 157 dargelegt, die Angaben zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland der Kommission von den tschechischen Behörden anlässlich der bilateralen Folgebesprechung und im Schreiben vom 30. Juli 2021 übermittelt, d. h., nachdem die Kommission am 20. Dezember 2019 die vorläufigen Schlussfolgerungen der Untersuchung mitgeteilt hatte.

167    Es ist daher zu prüfen, ob die beiden in Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 festgelegten Voraussetzungen für die Berücksichtigung verspätet übermittelter Angaben im vorliegenden Fall erfüllt waren.

168    Zur ersten Voraussetzung gemäß Art. 34 Abs. 6 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ist festzustellen, dass die von den tschechischen Behörden anlässlich der bilateralen Folgebesprechung und am 30. Juli 2021 übermittelten Angaben zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland erforderlich waren, damit der dem Unionshaushalt entstandene finanzielle Schaden nicht wesentlich zu hoch eingeschätzt wurde. Es sollte nämlich vermieden werden, dass eine finanzielle Berichtigung für einen Verstoß auferlegt würde, dessen Existenz im Rahmen der Folgeuntersuchung verneint wurde. Die Tatsache, dass diese Angaben von der Kommission im Rahmen der Untersuchung nicht berücksichtigt worden waren, hatte nämlich dazu geführt, dass der der Union entstandene finanzielle Schaden in Höhe von 14 923 784,40 Euro zu hoch eingeschätzt worden war, was dem Betrag der finanziellen Berichtigung entsprach, die der Tschechischen Republik wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland auferlegt worden war.

169    Die Voraussetzung gemäß Art. 34 Abs. 6 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ist vorliegend also erfüllt.

170    Zur zweiten Voraussetzung gemäß Art. 34 Abs. 6 Buchst. b der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ist festzustellen, dass die Übermittlung der Angaben zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland anlässlich der bilateralen Folgebesprechung und am 30. Juli 2021 nicht durch externe Faktoren gerechtfertigt war. Diese Angaben lagen bereits zum Zeitpunkt der Untersuchung vor, waren der Kommission aber nicht klar und mit Belegen übermittelt worden. Demnach hätte die Tschechische Republik diese Angaben der Kommission unter Wahrung der in Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 vorgesehenen Fristen unterbreiten müssen und können.

171    Die Voraussetzung gemäß Art. 34 Abs. 6 Buchst. b der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 ist somit im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

172    Deshalb ist das dritte Argument und damit die erste Rüge insgesamt zurückzuweisen.

b)      Zweite Rüge: Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

173    Mit der zweiten Rüge macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission habe den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt, da die Entscheidung, im Rahmen der Folgeuntersuchung die Frage nach dem Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland für erledigt zu erklären, bei ihr die berechtigte Erwartung geweckt habe, dass auch im Rahmen der Untersuchung keine finanzielle Berichtigung wegen dieses Verstoßes auferlegt werde.

174    Diese Erwartung sei vor allem deshalb berechtigt gewesen, weil die Kommission bei einem anderen, die Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen betreffenden Mangel des Kontrollsystems, das von den tschechischen Behörden zur Überprüfung der Beihilfegewährung aus dem EGFL und dem ELER eingerichtet worden sei, in den endgültigen Schlussfolgerungen der Untersuchung die Ergebnisse der Folgeuntersuchung berücksichtigt und beschlossen habe, den entsprechenden Punkt für erledigt zu erklären.

175    Die Kommission tritt dieser Rüge entgegen.

176    Nach ständiger Rechtsprechung gehört der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts. Auf diesen Grundsatz kann sich jeder berufen, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung Zusicherungen dar, die solche Erwartungen wecken können. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine präzisen Zusicherungen gegeben hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 2023, Rumänien/Kommission, T‑33/21, EU:T:2023:5, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

177    Als Erstes ist daran zu erinnern, dass die Kommission die Tschechische Republik im Protokoll der bilateralen Folgebesprechung von ihrer Entscheidung in Kenntnis gesetzt hat, die Frage nach dem Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland im Rahmen der Folgeuntersuchung für erledigt zu erklären.

178    Das Protokoll der bilateralen Folgebesprechung legt aber nicht den endgültigen Standpunkt der Kommission dazu fest, ob ein Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt, sondern ist eine Vorstufe des Konformitätsabschlussverfahrens, in deren Rahmen die Diskussionen zwischen den Parteien während der bilateralen Besprechung dokumentiert werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. September 2003, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑346/00, EU:C:2003:474, Rn. 69 und 70). Die Festlegung des endgültigen Standpunkts der Kommission zum Vorliegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht erfolgt nämlich erst in den dem Mitgliedstaat nach Art. 34 Abs. 4 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 übermittelten endgültigen Schlussfolgerungen der Untersuchung und in dem zusammenfassenden Bericht, in dem die Gründe für den Ausschluss bestimmter Ausgaben von der Unionsfinanzierung ausführlich dargelegt werden.

179    Das Protokoll der bilateralen Folgebesprechung konnte somit, da in ihm nicht der endgültige Standpunkt der Kommission zum Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland zum Ausdruck kam, bei der Tschechischen Republik keine begründeten und berechtigten Erwartungen bezüglich dieses Standpunkts sowie dahin gehend wecken, dass im Rahmen der Untersuchung für diesen Verstoß keine finanzielle Berichtigung vorgenommen werde.

180    Selbst wenn im Protokoll der bilateralen Folgebesprechung ein Dokument gesehen werden könnte, das den endgültigen Standpunkt der Kommission zum Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland festgelegt hat, ist als Zweites festzustellen, dass die Entscheidung, die Frage nach dem Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland im Rahmen der Folgeuntersuchung für erledigt zu erklären, keine präzisen, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Auskünfte im Sinne der oben in Rn. 176 angeführten Rechtsprechung enthält, die bei der Tschechischen Republik die berechtigte Erwartung wecken könnten, dass für diesen Verstoß im Rahmen der Untersuchung keine finanzielle Berichtigung vorgenommen werde.

181    Zwar hat die Kommission im Protokoll der bilateralen Folgebesprechung ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass die tschechischen Behörden die im Rahmen der Folgeuntersuchung übermittelten Informationen zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland nicht im Rahmen der Untersuchung übermittelt hätten. Nach Ansicht der Kommission wären diese Informationen auch im Rahmen der Untersuchung relevant gewesen.

182    Die Kommission hat sich im Protokoll der bilateralen Folgebesprechung aber nicht zur Berücksichtigung dieser neuen Informationen im Rahmen der Untersuchung geäußert und weder zu dem mutmaßlichen Verstoß noch zur Anwendung einer finanziellen Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland Stellung genommen.

183    Demnach hat die Kommission den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht deshalb verletzt, weil sie im Rahmen der Untersuchung die den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland betreffenden Ergebnisse der Folgeuntersuchung außer Acht gelassen hat.

184    Daran kann auch das Vorbringen der Tschechischen Republik nichts ändern, die Kommission habe bezüglich der von ihr festgestellten Mängel bei der Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen durch die tschechischen Behörden die Ergebnisse der Folgeuntersuchung bei den endgültigen Schlussfolgerungen der Untersuchung berücksichtigt und beschlossen, den entsprechenden Punkt für erledigt zu erklären.

185    Denn dieses Vorbringen ist irrelevant. Aus den endgültigen Schlussfolgerungen der Untersuchung geht hervor, dass die tschechischen Behörden der Kommission während der Follow-up-Rechnungsprüfung, die diese vom 31. August bis zum 4. September 2020 in der Tschechischen Republik durchführte, neue Informationen über die Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen zukommen ließen. Diese Informationen, die vor der am 26. März 2021 erfolgten Annahme der endgültigen Schlussfolgerungen der Untersuchung übermittelt worden waren, hatte die Kommission im Rahmen der Untersuchung berücksichtigt, so dass der entsprechende Punkt in den endgültigen Schlussfolgerungen erledigt werden konnte.

186    Daraus folgt, dass im Gegensatz zu den Informationen über den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland, die von den tschechischen Behörden übermittelt wurden, nachdem die Kommission ihre endgültigen Schlussfolgerungen zugesandt hatte, die Informationen über die Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen vor dieser Zusendung übermittelt worden waren.

187    Da die jeweiligen Informationen zu unterschiedlichen Zeitpunkten übermittelt worden waren, konnte die Erledigung des das Vorliegen eines Verstoßes bei der Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen betreffenden Punkts bei der Tschechischen Republik somit nicht die berechtigte Erwartung wecken, dass wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland keine finanzielle Berichtigung vorgenommen würde.

188    Die zweite Rüge ist demnach zurückzuweisen.

c)      Dritte Rüge: Verstoß der Kommission gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV

189    Mit der dritten Rüge macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission habe gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen, da sie in den Gründen des angefochtenen Beschlusses und im zusammenfassenden Bericht nicht die Feststellungen erwähnt habe, die sie im Protokoll der bilateralen Folgebesprechung getroffen habe, welche zur Erledigung des Punkts betreffend den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland geführt habe. Der Begründung des angefochtenen Beschlusses und des zusammenfassenden Berichts lasse sich daher nicht entnehmen, warum die Kommission die Ergebnisse der Folgeuntersuchung zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland nicht im Rahmen der Untersuchung berücksichtigt habe.

190    Die Kommission tritt dieser Rüge entgegen.

191    Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Unter diesem Blickwinkel muss die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 146 und 147, vom 9. September 2020, Griechenland/Kommission, T‑46/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:396, Rn. 47, und vom 18. Januar 2023, Rumänien/Kommission, T‑33/21, EU:T:2023:5, Rn. 36).

192    In der Begründung brauchen jedoch nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden. Die Frage, ob die Begründung eines Beschlusses den oben in Rn. 191 genannten Erfordernissen genügt, ist nämlich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (vgl. Urteil vom 18. Januar 2023, Rumänien/Kommission, T‑33/21, EU:T:2023:5, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

193    Nach der Rechtsprechung gilt die Begründungspflicht daher im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens als erfüllt, wenn der Staat, an den der Beschluss gerichtet ist, eng an dem Verfahren beteiligt war, in dem dieser Beschluss ausgearbeitet wurde, und die Gründe kennt, aus denen die Kommission der Ansicht ist, die streitigen Beträge nicht zulasten der betreffenden Fonds übernehmen zu müssen (vgl. Urteil vom 16. Februar 2017, Rumänien/Kommission, T‑145/15, EU:T:2017:86, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

194    In diesem Zusammenhang hat die Kommission, wenn sie die von den zuständigen nationalen Behörden angeführten hinreichend präzisen Bewertungselemente zurückweist, insbesondere in ihrem Schriftwechsel mit dem betroffenen Mitgliedstaat sowie im zusammenfassenden Bericht die Umstände darzulegen, die ihren ernsthaften und berechtigten Zweifel an den von den nationalen Behörden mitgeteilten Zahlen oder an den Ergebnissen der von ihnen durchgeführten Kontrollen begründen, weshalb diese Umstände in den von der Kommission im Konformitätsabschlussverfahren getroffenen Maßnahmen sowie in der Begründung des an dessen Ende ergangenen Beschlusses zum Ausdruck kommen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Februar 2017, Rumänien/Kommission, T‑145/15, EU:T:2017:86, Rn. 47, und vom 9. September 2020, Griechenland/Kommission, T‑46/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:396, Rn. 49).

195    Im vorliegenden Fall wurden die tschechischen Behörden unstreitig am Verfahren zur Ausarbeitung des angefochtenen Beschlusses eng beteiligt und kannten dessen Begründung. Dieser Beschluss wurde nämlich als Ergebnis eines kontradiktorischen Verfahrens erlassen, in dem die Kommission und die tschechischen Behörden ihre Ansichten zur Feststellung des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland mehrfach erörtern konnten.

196    Außerdem haben die tschechischen Behörden im Rahmen der Untersuchung keine hinreichend konkreten Beweise hinsichtlich des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland vorgelegt.

197    Darüber hinaus hat die Kommission, wie oben in den Rn. 153 und 156 erwähnt, in den vorläufigen und den endgültigen Schlussfolgerungen sowie im zusammenfassenden Bericht die Auferlegung der finanziellen Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland eindeutig mit Gründen versehen.

198    Es kann somit nicht festgestellt werden, dass die Kommission ihre Begründungspflicht im Sinne der oben in Rn. 193 angeführten Rechtsprechung und des Art. 296 Abs. 2 AEUV verletzt hätte.

199    Infolgedessen ist die dritte Rüge und damit der erste Teil des zweiten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.

2.      Zweiter Teil des zweiten Klagegrundes: Die Kommission habe die beanstandete finanzielle Berichtigung zu Unrecht auferlegt, obwohl das System zur Ausweisung von Dauergrünland in der Tschechischen Republik unionsrechtskonform gewesen sei

200    Mit dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes wirft die Tschechische Republik der Kommission vor, gegen Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 verstoßen zu haben, weil sie ihr die beanstandete finanzielle Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland auferlegt habe, obwohl das tschechische System der Ausweisung von Dauergrünland unionsrechtskonform gewesen sei.

201    Die Kommission tritt dem entgegen.

202    Im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, wurde Folgendes festgestellt:

–        Die Tschechische Republik habe weder eingehend und vollständig im Sinne der oben in Rn. 115 angeführten Rechtsprechung die Richtigkeit ihrer Kontrollen hinsichtlich der Ausweisung von Dauergrünland nachgewiesen noch die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission dargetan; denn die Tschechische Republik habe erst im Rahmen der Folgeuntersuchung und mit ihrem Schreiben vom 30. Juli 2021 erstmals umfassende Erklärungen abgegeben und zusätzliche Beweise vorgebracht, aufgrund deren die Kommission habe feststellen können, dass ein Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland nicht vorgelegen habe (siehe oben, Rn. 160);

–        die in Art. 34 Abs. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 vorgesehenen Voraussetzungen, unter denen die Angaben berücksichtigt werden dürften, die der Mitgliedstaat nach der Mitteilung der vorläufigen Schlussfolgerungen seitens der Kommission verspätet übermittle, seien im vorliegenden Fall nicht kumulativ erfüllt gewesen, so dass die Kommission die Ergebnisse der Folgeuntersuchung zum Nichtbestehen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland im Rahmen der Untersuchung nicht habe berücksichtigen müssen (siehe oben, Rn. 171).

203    Unter diesen Umständen können die in der Klageschrift enthaltenen Angaben und Erklärungen der Tschechischen Republik zum Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland, die der Kommission im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens nicht zugegangen waren, keine Berücksichtigung finden, da sie unter Missachtung der in Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 festgelegten Fristen übermittelt worden waren.

204    Infolgedessen ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

C.      Dritter Klagegrund: kein Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe

205    Der dritte Klagegrund, mit dem vorgebracht wird, dass kein Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe vorliege, besteht aus vier Teilen.

206    In ihren Antworten auf eine prozessleitende Maßnahme und eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung haben die Parteien jedoch ausdrücklich erklärt, dass der dritte und der vierte Teil des dritten Klagegrundes – mit denen der Kommission vorgeworfen wird, gegen Art. 34 Abs. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 verstoßen zu haben, da im Feststellungsschreiben nicht der Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für die Ökologisierung erwähnt worden sei, bzw. gegen Art. 35 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 verstoßen zu haben, da Unregelmäßigkeiten der SAPS-Regelung im Rahmen der Ökologisierungsregelung berücksichtigt worden seien – als ins Leere gehend zu betrachten seien, falls das Gericht den zweiten Klagegrund zurückweisen sollte, der den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland betrifft.

207    Die mit dem dritten und dem vierten Teil des dritten Klagegrundes gerügte finanzielle Berichtigung, die die Kommission der Tschechischen Republik für den Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für die Ökologisierung auferlegt hat, ging nämlich in der finanziellen Berichtigung für den Verstoß bei der Ausweisung von Dauergrünland auf und wurde von der Kommission bei der Bestimmung der Höhe der beanstandeten finanziellen Berichtigung außer Acht gelassen.

208    Wegen der Zurückweisung des zweiten Klagegrundes ist somit festzustellen, dass der dritte und der vierte Teil des dritten Klagegrundes ins Leere gehen. Denn ihre Prüfung ist für die Beurteilung der Frage, ob die Auferlegung der beanstandeten finanziellen Berichtigung begründet ist, irrelevant.

209    Es bedarf daher nur einer Prüfung des ersten und des zweiten Teils des dritten Klagegrundes.

1.      Erster Teil des dritten Klagegrundes: Die Kommission habe zu Unrecht die beanstandete finanzielle Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen auferlegt, obwohl die Tschechische Republik nicht gegen Art. 30 Buchst. a und Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 verstoßen habe

210    Mit dem ersten Teil des dritten Klagegrundes macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission habe Art. 30 Buchst. a und Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 verkannt, da sie bezüglich der SAPS-Regelung angenommen habe, dass Beihilfebegünstigte, die einer Nachkontrolle vor Ort unterzogen worden seien, weil sie im Vorjahr mit einer gekürzten Verwaltungssanktion im Sinne von Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 belegt worden seien (im Folgenden: mit einer gekürzten Verwaltungssanktion belegte Begünstigte), von Begünstigten zu unterscheiden seien, die einer Standardkontrolle nach Art. 30 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 zu unterziehen seien (im Folgenden: einer Standardkontrolle unterliegende Begünstigte).

211    In diesem Zusammenhang führt die Tschechische Republik aus, sie habe nicht gegen das Unionsrecht verstoßen, als sie im Jahr 2017 von den 87 Begünstigten, die im Jahr 2016 mit einer gekürzten Verwaltungssanktion belegt worden seien, 75 in die 5%ige Stichprobe der einer Standardkontrolle unterliegenden Begünstigten einbezogen und zwölf einer Nachkontrolle vor Ort unterzogen habe.

212    Die Kommission tritt dem ersten Teil des dritten Klagegrundes entgegen.

213    Gemäß Art. 30 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 erstreckt sich bei flächenbezogenen Beihilferegelungen – mit Ausnahme der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden – die Kontrollstichprobe für jährlich durchgeführte Vor-Ort-Kontrollen auf mindestens 5 % aller Begünstigten, die im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung einen Antrag gestellt haben.

214    Art. 33a („Zusätzlicher Kontrollsatz für Vor-Ort-Nachkontrollen der Begünstigten gemäß Artikel 19a Absatz 2 der [Verordnung] Nr. 640/2014“) Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 sieht vor:

„Die Begünstigten, die im Rahmen einer flächenbezogenen Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme nach einer bei einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellten Übererklärung für eine gekürzte Verwaltungssanktion gemäß Artikel 19a Absatz 2 der [Verordnung] Nr. 640/2014 infrage kamen, werden im folgenden Antragsjahr bezüglich dieser flächenbezogenen Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme vor Ort einer Nachkontrolle unterzogen.“

215    Eine Prüfung dieser Bestimmungen zeigt insbesondere, dass sich die Standardkontrollen hinsichtlich ihres Gegenstands und ihrer Zielsetzung von den Vor-Ort-Nachkontrollen unterscheiden.

216    Was ihren Gegenstand angeht, so betreffen die Standardkontrollen 5 % aller Begünstigten, die einen Antrag auf Basisprämienzahlung oder auf einheitliche Flächenzahlung stellen, während die Vor-Ort-Nachkontrollen nur diejenigen Begünstigten betreffen, die mit einer gekürzten Verwaltungssanktion belegt wurden, weil sie im Vorjahr zu viele beihilfefähige Flächen angegeben hatten.

217    Was ihre Zielsetzung anbelangt, so soll mit den Standardkontrollen eine Mindestzahl von Begünstigten erfasst werden, durch deren Kontrolle die Kommission wirksam überprüfen kann, ob die Bestimmungen über die verschiedenen Beihilferegelungen und Stützungsmaßnahmen eingehalten werden, während mit den Vor-Ort-Nachkontrollen, wie sich aus dem ersten Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1394 der Kommission vom 16. August 2016 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1306/2013 (ABl. 2016, L 225, S. 50) ergibt, überprüft werden soll, ob die Beihilfebegünstigten im Anschluss an die Verhängung einer gekürzten Verwaltungssanktion wegen einer ersten zu umfangreichen Angabe von Flächen eine erneute Zuwiderhandlung begangen haben, derentwegen eine vollständige Verwaltungssanktion verhängt würde.

218    Die spezielle Natur der Vor-Ort-Nachkontrollen wird durch die Überschrift von Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 bestätigt, in der ausdrücklich von einem „Zusätzliche[n] Kontrollsatz“ die Rede ist, was darauf hindeutet, dass sich diese Nachkontrollen insofern von den Standardkontrollen unterscheiden, als die Beihilfebegünstigten damit einer zusätzlichen Kontrolle unterliegen, die durchgeführt werden muss, wenn die in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

219    Es ist somit festzustellen, dass die Kommission nicht deshalb gegen Art. 30 Buchst. a und Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 verstoßen hat, weil sie davon ausging, dass die im Vorjahr mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten von den einer Standardkontrolle unterzogenen Begünstigten zu unterscheiden seien.

220    Daran können die drei von der Tschechischen Republik vorgebrachten Argumente nichts ändern.

221    Mit ihrem ersten Argument trägt die Tschechische Republik vor, eine Nichtberücksichtigung der mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten bei der Stichprobe der einer Standardkontrolle unterzogenen Begünstigten würde zu dem absurden Ergebnis führen, dass Begünstigte, die mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegt worden seien, weil sie im Vorjahr eine Übererklärung ihrer Flächen vorgenommen hätten, nicht der Standardkontrolle, sondern nur der Vor-Ort-Nachkontrolle unterzogen würden. Dadurch würden diese Landwirte besser behandelt als die übrigen Landwirte.

222    Dazu ist festzustellen, dass es sich bei Vor-Ort-Nachkontrollen nicht um alternative, sondern um zusätzliche Kontrollen handelt, die zu den Standardkontrollen hinzukommen und mit denen für Begünstigte, die im Vorjahr mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegt wurden, ein verschärftes Kontrollsystem vorgesehen werden soll. Diese Begünstigten müssen sich nämlich zusätzlich zu einer Standardkontrolle einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterziehen, bei der überprüft wird, ob sie einen erneuten Verstoß gegen das Unionsrecht begangen haben, dessentwegen sie mit einer vollständigen Verwaltungssanktion zu rechnen hätten. Mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegte Begünstigte befinden sich daher in keiner günstigeren Lage als die übrigen Begünstigten.

223    Das erste Argument ist somit zurückzuweisen.

224    Mit ihrem zweiten Argument führt die Tschechische Republik aus, eine Nichtberücksichtigung der mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten bei der Stichprobe der einer Standardkontrolle unterzogenen Begünstigten widerspreche dem Wortlaut von Art. 30 Buchst. a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014, wonach 5 % aller Begünstigten, die einen Zahlungsantrag gestellt hätten, einer Standardkontrolle unterlägen. Würden aber die mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten nicht in die Stichprobe der einer Standardkontrolle unterworfenen Begünstigten aufgenommen, bezöge sich die Standardkontrolle nicht mehr auf 5 % aller Begünstigten, sondern nur noch auf 5 % eines Teils von ihnen.

225    Dazu ist zu sagen, dass Vor-Ort-Nachkontrollen zusätzliche Kontrollen sind, die im Rahmen der Mittel, mit denen die Kommission die Unionsrechtskonformität der aus den Agrarfonds der Union gewährten Beihilfen überprüfen kann, zu den Standardkontrollen hinzukommen. Standardkontrollen und Vor-Ort-Nachkontrollen haben somit unterschiedliche Zielsetzungen und Anwendungsbereiche und dürfen von den nationalen Behörden nicht miteinander vermengt werden.

226    Ein Mitgliedstaat darf sich bei der Auswahl der Stichprobe von Begünstigten, die einer Standardkontrolle und einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterzogen werden sollen, in der Praxis nicht über den zwischen diesen Kontrollen bestehenden Unterschied hinwegsetzen. Daher hat die Kommission im vorliegenden Fall zu Recht festgestellt, dass die Tschechische Republik gegen Art. 30 Buchst. a und Art. 33a der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2016/1394 verstoßen hatte, da von den im Jahr 2016 mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten 87 Begünstigten 75 in die Stichprobe der einer Standardkontrolle unterzogenen Begünstigten aufgenommen und zwölf einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterzogen worden waren.

227    Denn in dieser Situation bestand die Stichprobe der einer Standardkontrolle unterzogenen Begünstigten größtenteils – mit Blick auf alle anderen Begünstigten, die hätten kontrolliert werden müssen – aus mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten, während nur zwölf mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegte Begünstigte einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterzogen worden waren.

228    Daraus folgt, dass die Tschechische Republik bei der Auswahl der Stichproben der einer Standardkontrolle unterliegenden Begünstigten und der einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterliegenden Begünstigten den Unterschied zwischen diesen Kontrollen hätte berücksichtigen und sicherstellen müssen, dass zum einen alle Begünstigten und nicht nur der Großteil der mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten den Standardkontrollen unterzogen würden und dass zum anderen alle mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterzogen würden.

229    Das zweite Argument ist mithin zurückzuweisen.

230    Mit ihrem dritten Argument macht die Tschechische Republik geltend, eine Nichtberücksichtigung der mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegten Begünstigten bei der Stichprobe der einer Standardkontrolle unterworfenen Begünstigten verstoße gegen Art. 34 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014, wonach nur diejenigen Begünstigten von der Kontrollstichprobe ausgeschlossen werden könnten, deren Antrag für unzulässig erklärt werde.

231    Art. 34 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 lautet:

„Anträge bzw. Antragsteller, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung oder nach Durchführung von Verwaltungskontrollen oder von Vor-Ort-Kontrollen als nicht zulässig oder nicht förderfähig erweisen, sind nicht Teil der zu kontrollierenden Grundgesamtheit.“

232    Insoweit ist festzustellen, dass die Nichtberücksichtigung bei der Kontrollstichprobe von Anträgen bzw. Antragstellern, die sich im Sinne von Art. 34 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 als unzulässig bzw. nicht förderfähig erweisen, im vorliegenden Fall irrelevant ist, in dem es um die Bestimmung des Einsatzbereichs von Standardkontrollen und Vor-Ort-Nachkontrollen geht, die definitionsgemäß voraussetzen, dass die bei der Kontrollstichprobe berücksichtigten Antragsteller als förderfähig gelten und daher einer Standardkontrolle oder einer Vor-Ort-Nachkontrolle unterzogen werden können.

233    Deshalb ist das dritte Argument und damit der erste Teil des dritten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.

2.      Zweiter Teil des dritten Klagegrundes: Die Kommission habe gegen Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da die Höhe der beanstandeten finanziellen Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen nicht der Schwere der gerügten Nichtübereinstimmung entspreche

234    Mit dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes wirft die Tschechische Republik der Kommission vor, gegen Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen zu haben, da die Höhe der beanstandeten finanziellen Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen, die sich auf 18 833,24 Euro belaufe, nicht der Schwere der gerügten Nichtübereinstimmung entspreche.

235    Im Einzelnen trägt die Tschechische Republik vor, die Kommission habe sich bei der Festsetzung dieses Betrags auf Folgendes gestützt:

–        für das Jahr 2017 auf die Berechnung des dem Unionshaushalt durch den Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen entstandenen Schadens in Höhe von 6 277,75 Euro;

–        für die Jahre 2015 und 2016 auf die Annahme, dass der für 2017 errechnete Schaden auch 2015 und 2016 entstanden sei, während es sich laut Tschechischer Republik hierbei um eine unbewiesene Annahme handle, für die es weder tatsächliche noch rechtliche Belege gebe.

236    Die Kommission tritt dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes entgegen.

237    Gemäß Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 bemisst die Kommission die Höhe der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs der festgestellten Nichtübereinstimmung, der Art des Verstoßes und des der Union entstandenen finanziellen Schadens.

238    Nach der oben in Rn. 108 zitierten Rechtsprechung gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. So ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen.

239    Außerdem muss die Kommission nach der oben in Rn. 115 zitierten Rechtsprechung, wenn sie die Ergebnisse der von den nationalen Behörden vorgenommenen Überprüfungen beanstandet, zum Nachweis eines Verstoßes gegen die Regeln der GAP glaubhaft machen, dass sie an den von den nationalen Verwaltungen durchgeführten Kontrollen oder mitgeteilten Zahlen ernsthafte und berechtigte Zweifel hat. Wenn die Kommission also einen ernsthaften und berechtigten Zweifel äußert, obliegt es nach der oben in Rn. 116 zitierten Rechtsprechung dem Mitgliedstaat, die Richtigkeit seiner Kontrollen bzw. seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission darzutun.

240    Im vorliegenden Fall hat die Kommission aber nicht glaubhaft gemacht, dass ihre Befürchtung, der der Union im Jahr 2017 verursachte finanzielle Schaden in Höhe von 6 277,75 Euro könnte jeweils auch 2015 und 2016 entstanden sein, einen ernsthaften und berechtigten Zweifel im Sinne der Rechtsprechung darstellt.

241    Erstens hat die Kommission in den vorläufigen Schlussfolgerungen, in den endgültigen Schlussfolgerungen und im zusammenfassenden Bericht nur erklärt, der Betrag der beanstandeten finanziellen Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen in Höhe von 18 833,24 Euro decke auch das Risiko ab, dass die für die Jahre 2015 und 2016 zu Unrecht geleisteten Zahlungen nicht rückwirkend wiedereingezogen werden könnten.

242    Sie hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, warum der 2017 entstandene Schaden auch 2015 und 2016 hätte eintreten können und eine Pflicht zur rückwirkenden Wiedereinziehung begründen sollte.

243    Zweitens hat die Kommission zur Begründung ihrer Ansicht in den vorläufigen Schlussfolgerungen auf Art. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1995, L 312, S. 1) verwiesen, der eine rückwirkende Verfolgung wegen zu Unrecht an Landwirte gezahlter Beträge rechtfertige.

244    Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 beträgt zum Schutz der finanziellen Interessen der Union die Verjährungsfrist für die Verfolgung wegen zu Unrecht geleisteter Zahlungen vier Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit, die der Union einen finanziellen Schaden verursacht hat, wobei in sektorbezogenen Regelungen eine kürzere Frist vorgesehen werden kann, die aber nicht weniger als drei Jahre betragen darf.

245    Nach der Rechtsprechung wollte der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Verordnung Nr. 2988/95 und insbesondere ihres Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 für diesen Bereich eine allgemeine Verjährungsregelung einführen, mit der eine in allen Mitgliedstaaten geltende Mindestfrist festgelegt und die Rückforderung rechtswidrig aus dem Unionshaushalt erlangter Beträge nach Ablauf von vier Jahren seit Begehung der die streitigen Zahlungen betreffenden Unregelmäßigkeit ausgeschlossen werden sollte. Folglich kann seit Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2988/95 jeder rechtswidrig aus dem Unionshaushalt erlangte Vorteil grundsätzlich und soweit es nicht ausnahmsweise um Sektoren geht, für die der Unionsgesetzgeber eine kürzere Frist vorgesehen hat, von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten innerhalb einer Frist von vier Jahren zurückgefordert werden (Urteile vom 29. Januar 2009, Josef Vosding Schlacht‑, Kühl- und Zerlegebetrieb u. a., C‑278/07 bis C‑280/07, EU:C:2009:38, Rn. 27, und vom 29. März 2012, Pfeifer & Langen, C‑564/10, EU:C:2012:190, Rn. 37).

246    Der Verweis auf diese Bestimmung ist daher im vorliegenden Fall irrelevant, da daraus nicht hervorgeht, warum der dem Unionshaushalt 2017 verursachte Schaden auch 2015 und 2016 entstanden sein sollte.

247    Drittens verweist die Kommission zur Begründung ihres Vorbringens erstmals in der Klagebeantwortung auf Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014, die eine rückwirkende Geltendmachung zu Unrecht geleisteter Zahlungen rechtfertigten.

248    Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission aber in der gemäß Art. 34 Abs. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 übersandten Mitteilung den Gegenstand der durchgeführten Überprüfungen und die dabei festgestellten Mängel hinreichend genau angeben (vgl. Urteil vom 7. September 2022, Slowakei/Kommission, T‑40/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:515, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

249    Außerdem kann die Kommission die Begründung des angefochtenen Beschlusses im Verfahren vor dem Gericht nicht ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2007, Duales System Deutschland/Kommission, T‑289/01, EU:T:2007:155, Rn. 132, und vom 15. Dezember 2021, Oltchim/Kommission, T‑565/19, EU:T:2021:904, Rn. 275).

250    Folglich kann sich die Kommission, da sie im Feststellungsschreiben und in den Dokumenten, die sie der Tschechischen Republik später im Rahmen des zum angefochtenen Beschluss führenden Konformitätsabschlussverfahrens übermittelt hat, weder Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 noch Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 erwähnt hat, nicht auf diese Bestimmungen berufen, um ihr Vorbringen zu stützen, wonach dem Unionshaushalt 2015 und 2016 jeweils ein ebenso hoher finanzieller Schaden wie 2017 entstanden sei.

251    Selbst wenn die Kommission ihr Vorbringen auf Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 stützen können sollte, liefern diese Bestimmungen doch keinesfalls einen Beweis dafür, dass ihre Befürchtung, 2015 und 2016 sei dem Unionshaushalt jeweils ein ebenso hoher finanzieller Schaden entstanden wie 2017, einen ernsthaften und berechtigten Zweifel im Sinne der oben in Rn. 115 zitierten Rechtsprechung darstellt.

252    Denn in Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 ist geregelt, welches Verfahren für die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge einzuhalten ist und welche Fristen hierfür gelten, ohne dass sich daraus irgendetwas ergeben würde, was das Vorbringen der Kommission stützen könnte, der 2017 begangene Verstoß bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen sei zwangsläufig auch 2015 und 2016 begangen worden.

253    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission nicht glaubhaft gemacht hat, dass es sich bei ihrer Befürchtung, 2015 und 2016 sei jeweils derselbe finanzielle Schaden entstanden wie 2017, um einen ernsthaften und berechtigten Zweifel im Sinne der oben in Rn. 115 zitierten Rechtsprechung handelte.

254    Daher ist dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes stattzugeben und der angefochtene Beschluss folglich insoweit für nichtig zu erklären, als die Kommission darin der Tschechischen Republik wegen des Verstoßes bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen die beanstandete finanzielle Berichtigung in Höhe von 18 833,24 Euro auferlegt hat.

D.      Vierter Klagegrund: kein Verstoß bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge

255    Der vierte Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, es sei kein Verstoß bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge begangen worden, besteht aus zwei Teilen.

256    Mit dem ersten Teil des vierten Klagegrundes wirft die Tschechische Republik der Kommission vor, Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 insofern verkannt zu haben, als sie im Rahmen der Untersuchung angenommen habe, dass die tschechischen Behörden mittels des LPIS die Beihilfefähigkeit einer landwirtschaftlichen Fläche nicht nur für das Jahr, das Gegenstand des Verfahrens zur Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge gewesen sei, sondern auch für die vorangegangenen Jahre hätten überprüfen müssen.

257    In Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 sei das Verfahren für die Wiedereinziehung von Beträgen festgelegt, die Landwirten für nicht beihilfefähige Flächen zu Unrecht gezahlt worden seien. Diese Bestimmungen regelten aber nicht die gesonderte Frage, ob und wie die Mitgliedstaaten zu ermitteln hätten, ob eine in einem bestimmten Jahr nicht beihilfefähige Fläche auch in den vorangegangenen Jahren nicht beihilfefähig gewesen sei.

258    Deshalb sei die Tschechische Republik gemäß Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 bei der jährlichen Aktualisierung des LPIS zwar verpflichtet gewesen, nicht beihilfefähige Flächen, für die ein Wiedereinziehungsverfahren anhängig gewesen sei, zu streichen; sie habe aber nicht prüfen müssen, ob diese Flächen auch in den Vorjahren nicht beihilfefähig gewesen seien und ob die für diese Vorjahre gegebenenfalls gezahlten Beihilfen wiedereingezogen werden müssten.

259    Die Kommission tritt dem entgegen.

260    Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission der Tschechischen Republik wegen des Verstoßes bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge folgende Berichtigungen auferlegt hat:

–        bezüglich der SAPS-Regelung eine finanzielle Berichtigung in Höhe von 17 855 884,41 Euro;

–        bezüglich der Ökologisierungsregelung eine finanzielle Berichtigung in Höhe von 7 832 400 Euro;

–        bezüglich der Regelung für Junglandwirte eine pauschale Berichtigung in Höhe von 2 % bezogen auf 100 % der unionsrechtswidrig getätigten Ausgaben.

261    Die Berichtigungen bezüglich der Ökologisierungsregelung und der Regelung für Junglandwirte gingen jedoch in der Berichtigung auf, die wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland, der Gegenstand des zweiten Klagegrundes ist, auferlegt wurde.

262    Wie die Parteien in ihren Antworten auf eine prozessleitende Maßnahme und eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, geht der vierte Klagegrund daher insofern, als er die Auferlegung der finanziellen Berichtigungen bezüglich der Ökologisierungsregelung und der Regelung für Junglandwirte betrifft, ins Leere, da der zweite Klagegrund zurückgewiesen wird. Soweit nämlich die Berichtigungen bezüglich der Ökologisierungsregelung und der Regelung für Junglandwirte in der Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Ausweisung von Dauergrünland aufgingen, ist ihre Prüfung für die Beurteilung der Frage, ob die Auferlegung der beanstandeten finanziellen Berichtigung begründet ist, irrelevant.

263    Was die Berichtigung bezüglich der SAPS-Regelung betrifft, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 im Kern vorsieht, dass der betreffende Mitgliedstaat, wenn sich herausstellt, dass ein Begünstigter die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe nicht erfüllt, die Beihilfe nicht auszahlt oder sie ganz oder teilweise zurücknimmt und dass die gezahlten Beträge nebst Zinsen wiedereinzuziehen sind. In dieser Bestimmung heißt es weiter, dass die Mitgliedstaaten, sofern sektorbezogene Agrarvorschriften dies vorsehen, Verwaltungssanktionen verhängen. Außerdem sieht Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 im Wesentlichen vor, dass der Begünstigte zur Erstattung zu Unrecht gezahlter Beträge gegebenenfalls zuzüglich Zinsen verpflichtet ist.

264    Die Mitgliedstaaten sind also nach Art. 63 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 7 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 nicht verpflichtet, rückwirkend zu überprüfen, ob eine in einem bestimmten Jahr nicht beihilfefähige Fläche auch in den vorangegangenen Jahren nicht beihilfefähig war.

265    Sodann ist zu beachten, dass sich die angebliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, rückwirkend die Beihilfefähigkeit einer Fläche zu kontrollieren, auch nicht aus Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 ergibt. Wie oben in Rn. 244 dargelegt, besagt diese Bestimmung nämlich nur, dass die Verjährungsfrist für die Verfolgung wegen zu Unrecht geleisteter Zahlungen vier Jahre beträgt, es sei denn, eine sektorbezogene Regelung sieht eine kürzere Frist von drei Jahren vor.

266    Schließlich hat das Gericht im Urteil vom 7. September 2022, Slowakei/Kommission (T‑40/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:515, Rn. 54 und 55), zwar entschieden, dass die Slowakei aufgrund der Angaben in dem von der Kommission gemäß Art. 34 Abs. 2 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 übermittelten Feststellungsschreiben bei der Bewertung des dem EGFL für die Antragsjahre 2015 und 2016 drohenden potenziellen Risikos hätte berücksichtigen müssen, welche finanziellen Auswirkungen die unterbliebene Wiedereinziehung der für die drei vorangegangenen Antragsjahre zu Unrecht gezahlten Beihilfen hatte. Das Gericht hat jedoch klargestellt: Dass bei der Berechnung des dem EGFL für die Antragsjahre 2015 und 2016 drohenden Risikos auch die Auswirkungen des Umstands berücksichtigt werden mussten, dass für die in den drei vorangegangenen Antragsjahren zu Unrecht geleisteten Zahlungen kein Wiedereinziehungsverfahren durchgeführt worden war, beruhte auf einer Besonderheit des slowakischen Kontrollsystems, die den Behörden dieses Staates nicht unbekannt sein konnte. Somit lässt sich diesem Urteil nicht entnehmen, dass der Mitgliedstaat verpflichtet wäre, rückwirkend zu überprüfen, ob eine in einem bestimmten Jahr nicht beihilfefähige Fläche auch in den vorangegangenen Jahren nicht beihilfefähig war.

267    Dem ersten Teil des vierten Klagegrundes ist mithin stattzugeben.

268    Daher ist der angefochtene Beschluss, ohne dass es einer Prüfung des zweiten Teils des vierten Klagegrundes bedarf, insoweit für nichtig zu erklären, als er die finanzielle Berichtigung der von der Tschechischen Republik im Rahmen der SAPS-Regelung getätigten Ausgaben wegen des angeblichen Verstoßes bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge in Höhe von 17 855 884,41 Euro vorsieht.

E.      Fünfter Klagegrund: kein Verstoß wegen verspäteter Einreichung des Antrags

269    Mit ihrem fünften Klagegrund wirft die Tschechische Republik der Kommission vor, zu Unrecht die beanstandete finanzielle Berichtigung für den Verstoß wegen verspäteter Antragstellung auferlegt zu haben, weil sie auf Beihilfe- oder Zahlungsanträge, die innerhalb der in Art. 13 der Verordnung Nr. 640/2014 vorgesehenen Fristen online ohne elektronische Unterschrift eingereicht und binnen fünf Tagen beim zuständigen Amt durch die eigenhändige Unterschrift des Antragstellers vervollständigt worden seien, keine 1%ige Kürzung angewandt habe.

270    Diesen Klagegrund stützt die Tschechische Republik auf vier Argumente.

271    Erstens schließe keine Bestimmung des Unionsrechts es aus, dass ein online gestellter Antrag später in Anwesenheit des Antragstellers durch dessen eigenhändige Unterschrift vervollständigt werden könne. Art. 13 der Verordnung Nr. 640/2014 lege das Verfahren bei verspäteter Einreichung eines Beihilfe- oder Zahlungsantrags fest, bestimme aber nicht, dass online eingereichte und später in Anwesenheit des Antragstellers durch dessen eigenhändige Unterschrift ergänzte Anträge als verspätete Anträge zu behandeln wären. Die Unterschrift des Antragstellers gehöre auch nicht zu den obligatorischen Bestandteilen des Antrags gemäß Art. 72 der Verordnung Nr. 1306/2013.

272    Zweitens sei nach nationalem tschechischen Recht bei einem online eingereichten Antrag dessen Unterzeichnung in Anwesenheit des Antragstellers für die Authentifizierung der Einreichung erforderlich, stelle aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags dar. Anhand der eigenhändigen Unterschrift könne nämlich überprüft werden, ob die Stelle, die den Antrag einreiche, diejenige sei, für die der Antrag eingereicht werde (Art. 37 Abs. 4 des tschechischen Verwaltungsverfahrensgesetzes [Zákon č. 500/2004 Sb., správní řád]).

273    Drittens könne der Antragsteller nach nationalem tschechischen Recht den online eingereichten Antrag allein durch seine eigenhändige Unterschrift ergänzen, die binnen fünf Tagen nach der Online-Einreichung des Antrags beim zuständigen Amt zu leisten sei. Der Antrag könne hingegen weder zwischen dem Zeitpunkt seiner Online-Einreichung und dem Zeitpunkt seiner Unterzeichnung in Anwesenheit des Antragstellers noch bei seiner Unterzeichnung in dessen Anwesenheit ergänzt oder geändert werden.

274    Viertens sei die in Anwesenheit des Antragstellers vorgenommene Authentifizierung der zuvor online erfolgten Einreichung eines Antrags ein im Unionsrecht übliches Verfahren, das u. a. in Art. 57 Abs. 7 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehen sei.

275    Die Kommission tritt diesen Argumenten entgegen.

276    Zum ersten und zum zweiten Argument der Tschechischen Republik, die zusammen zu behandeln sind, ist festzustellen, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, in ihrem nationalen Recht die Regeln festzulegen, nach deren Maßgabe Beihilfe- und Zahlungsanträge einzureichen sind, wobei diese Regeln allerdings im Einklang mit dem Unionsrecht stehen müssen.

277    Insoweit ist zu beachten, dass gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 640/2014 bei Beihilfe- oder Zahlungsanträgen, die nach dem von der Kommission festgesetzten Termin eingereicht werden, eine 1%ige Kürzung anzuwenden ist.

278    Im Übrigen gehört die Angabe der Identität des Beihilfebegünstigten zu den Angaben, die ein Beihilfe- oder Zahlungsantrag enthalten muss, um als zulässig betrachtet zu werden, sofern er innerhalb der gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 640/2014 festgesetzten Fristen eingereicht wurde. Art. 72 der Verordnung Nr. 1306/2013 sieht, obwohl darin die Unterschrift des Antragstellers nicht als eine der Angaben aufgeführt ist, die in einem Beihilfe- oder Zahlungsantrag enthalten sein müssen, nämlich vor, dass dieser Antrag „alle sonstigen Angaben, die in dieser Verordnung vorgesehen oder zur Umsetzung der einschlägigen sektorbezogenen Agrarvorschriften oder von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen sind“, enthalten muss. In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 14 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014, in der die Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1306/2013 festgelegt sind, dass ein Beihilfe- oder Zahlungsantrag nur dann für zulässig erachtet wird, wenn er insbesondere die Identität des Begünstigten enthält.

279    Aus den Schriftsätzen der Parteien geht hervor, dass die eigenhändige Unterzeichnung des Antrags nach tschechischem Recht ein zwingendes Formerfordernis ist, dessen Nichtbeachtung zur Unzulässigkeit des Antrags führt. Denn wie die tschechischen Behörden in ihrer Stellungnahme vom 1. Oktober 2018 zum Protokoll der bilateralen Besprechung erklärt haben, muss die Online-Einreichung eines Antrags ohne elektronische Unterschrift binnen fünf Tagen durch eine eigenhändige Unterschrift bestätigt werden. Unterschreibt der Antragsteller in diesem Fall den Antrag persönlich beim zuständigen Amt in der gesetzlich vorgeschriebenen Form und innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen, so gilt als Tag der Einreichung dieses Antrags der Tag, an dem er online eingegangen ist. Unterschreibt der Anmelder den Antrag jedoch nicht persönlich oder nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form, so gilt der Antrag als unzulässig und wird von den zuständigen Behörden nicht berücksichtigt.

280    Die eigenhändige Unterzeichnung des ohne elektronische Unterschrift online eingereichten Antrags dient somit nicht nur, wie von den tschechischen Behörden vorgebracht, der Authentifizierung der Antragstellung, sondern ist auch eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags. Die zuständigen Behörden bearbeiten nämlich nur Anträge, die in Anwesenheit des Antragstellers von diesem eigenhändig unterschrieben wurden.

281    Folglich enthielten die Anträge im vorliegenden Fall, obwohl sie ohne elektronische Unterschrift online innerhalb der Fristen gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 640/2014 eingereicht wurden, nicht die eigenhändige Unterschrift der Antragsteller, bei der es sich jedoch um eine für die Überprüfung von deren Identität und für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Anträge entscheidende Angabe im Sinne von Art. 72 der Verordnung Nr. 1306/2013 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 809/2014 handelte.

282    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Anträge, da ein für die Entscheidung über ihre Zulässigkeit wesentliches Element zum Zeitpunkt ihrer Online-Einreichung darin fehlte und da dieses Element, nämlich die eigenhändige Unterschrift der Antragsteller, nach Ablauf der in Art. 13 der Verordnung Nr. 640/2014 vorgesehenen Fristen nachgereicht wurde, verspätet waren, was zur Anwendung der 1%igen Kürzung hätte führen müssen.

283    Das erste und das zweite Argument sind somit zurückzuweisen.

284    Das dritte Argument ist im vorliegenden Fall irrelevant. Obwohl die Beihilfe- oder Zahlungsanträge in der Zeit zwischen ihrer Online-Einreichung und ihrer persönlichen Unterzeichnung durch den Antragsteller inhaltlich nicht geändert wurden, waren sie zum Zeitpunkt ihrer Online-Einreichung wegen der fehlenden Unterschrift unvollständig und erfüllten daher nicht die im Unionsrecht vorgesehenen Zulässigkeitskriterien.

285    Daher ist das dritte Argument zurückzuweisen.

286    Zum vierten Argument ist festzustellen, dass der Umstand, dass der Gerichtshof in Art. 57 Abs. 7 seiner Verfahrensordnung zulässt, dass die Parteien das unterzeichnete Original eines Verfahrensschriftstücks spätestens zehn Tage nach Übersendung einer Kopie dieses Dokuments bei der Kanzlei einreichen, im vorliegenden Fall ebenfalls irrelevant ist. Jedenfalls unterscheidet sich der in Art. 57 Abs. 7 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs geregelte Fall von der hier in Rede stehenden Sachlage, denn nach dieser Bestimmung muss das von den Parteien binnen zehn Tagen beim Gerichtshof eingereichte Originaldokument mit dem zuvor übermittelten Dokument übereinstimmen, und zwar auch in Bezug auf seine Unterzeichnung, die bei der Übersendung der Kopie des Verfahrensschriftstücks vorgenommen worden sein muss.

287    Deshalb ist das vierte Argument und damit der fünfte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

F.      Sechster Klagegrund: Einwände gegen die Regelung der Haushaltsdisziplin

288    Mit ihrem sechsten Klagegrund macht die Tschechische Republik geltend, die Kommission habe gegen Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da die pauschale Berichtigung von 2 %, die sie ihr im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegt habe, nicht der Schwere der festgestellten Nichtübereinstimmung entspreche.

289    Die Kommission tritt diesem Klagegrund entgegen.

290    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das Verfahren der Haushaltsdisziplin gemäß den Art. 25 und 26 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 8 der Verordnung Nr. 1307/2013 von dem Konformitätsabschlussverfahren gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 34 der Durchführungsverordnung Nr. 908/2014 unterscheidet.

291    Das Konformitätsabschlussverfahren soll es der Kommission ermöglichen, Ausgaben, die ein Mitgliedstaat unionsrechtswidrig getätigt hat, nach einem kontradiktorischen Verfahren von der Unionsfinanzierung auszuschließen.

292    Die Regelung der Haushaltsdisziplin soll hingegen die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, Mittel, die ursprünglich für Direktzahlungen an die Landwirte bestimmt waren, an die Kommission zu übertragen, damit eine finanzielle Reserve zur Finanzierung einer möglichen Krise im Agrarsektor gebildet werden kann. Werden diese Mittel jedoch nicht verwendet, zahlt die Kommission sie in den Folgejahren den Mitgliedstaaten zurück, die sie dann an die Landwirte weiterleiten, denen die ihnen zustehenden Direktzahlungen ursprünglich gekürzt worden waren.

293    Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Mittel, die den Landwirten aufgrund der Regelung der Haushaltsdisziplin ursprünglich abgezogen worden waren, der Tschechischen Republik im Wege der Erstattungsverordnungen zurückgezahlt.

294    Die Tschechische Republik stützt ihren Klagegrund auf zwei Argumente.

295    Mit ihrem ersten Argument führt die Tschechische Republik aus, da die im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegte pauschale Berichtigung den Korrekturen entspreche, die die Kommission bei der Untersuchung wegen der SAPS-Regelung, der Regelung für Junglandwirte, der Ökologisierungsregelung und der Regelung für fakultative gekoppelte Stützung vorgenommen habe, müsse sie genauso hoch sein wie die für jede dieser Regelungen auferlegten Korrekturen. In Bezug auf die Regelung für fakultative gekoppelte Stützung habe die Kommission im Rahmen der Untersuchung jedoch eine pauschale Korrektur in Höhe von 5 % bezogen auf 10 % der unter Verstoß gegen diese Regelung getätigten Ausgaben vorgenommen. Daher hätte die Kommission dieselbe Korrektur von 5 % bezogen auf 10 % der getätigten Ausgaben anwenden müssen, als sie die Höhe der im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegten pauschalen Berichtigung wegen der Regelung für fakultative gekoppelte Stützung festgelegt habe.

296    Insoweit ist es unstreitig, dass die tschechischen Behörden im vorliegenden Fall der Kommission im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, für alle der Haushaltsdisziplin unterliegenden Beihilferegelungen eine einzige Haushaltslinie mitgeteilt haben. Dies bedeutet, dass die tschechischen Behörden nicht für jede einzelne Beihilferegelung den Betrag der zunächst an die Kommission abgeführten und ihnen von dieser sodann im Wege der Erstattungsverordnungen zurücküberwiesenen Mittel präzisiert, sondern einen Gesamtbetrag für alle verschiedenen Beihilferegelungen angegeben haben. Die Kommission hat daher diesen Gesamtbetrag bei der Bestimmung der Höhe der im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegten pauschalen Berichtigung berücksichtigt.

297    In ihrem Antrag auf Schlichtung vom 4. Februar 2020 warf die Tschechische Republik der Kommission allerdings vor, sie habe bei der Berechnung der aus Gründen der Haushaltsdisziplin vorgenommenen pauschalen Berichtigung wegen der Regelung für fakultative gekoppelte Stützung nicht die reduzierte Korrektur in Höhe von 5 % bezogen auf 10 % der unionsrechtswidrig getätigten Ausgaben angewandt, die sie im Rahmen der Untersuchung wegen dieser Regelung vorgenommen habe.

298    Die tschechischen Behörden haben jedoch weder in ihrem nach Erhalt des Berichts der Schlichtungsstelle verfassten Schreiben vom 13. November 2020 noch in ihrem anschließenden Schriftwechsel der Kommission Angaben übermittelt, aufgrund deren es möglich gewesen wäre, innerhalb des einzigen Haushaltspostens für die von den Erstattungsverordnungen erfassten Mittel den die Regelung für fakultative gekoppelte Stützung betreffenden Teil genau abzugrenzen.

299    Unter diesen Umständen beschloss die Kommission in den endgültigen Schlussfolgerungen und im zusammenfassenden Bericht, eine einzige pauschale Berichtigung in Höhe von 2 % auf alle Mittel anzuwenden, die Gegenstand des Verfahrens der Haushaltsdisziplin waren.

300    In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich die Kommission gemäß Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 12 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 beim Ausschluss einer Ausgabe von der Unionsfinanzierung nur dann auf die Ermittlung der zu Unrecht gezahlten Beträge stützt, wenn diese ohne einen unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden können.

301    Im Übrigen gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach der oben in Rn. 108 zitierten Rechtsprechung, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist.

302    Im vorliegenden Fall hat die Tschechische Republik der Kommission aber keine Angaben übermittelt, aufgrund deren diese innerhalb des Haushaltspostens für die von den Erstattungsverordnungen erfassten Mittel den Teil hätte feststellen können, der auf die Regelung für fakultative gekoppelte Stützung entfiel. Die Kommission hat daher unter Vermeidung eines unverhältnismäßig hohen Aufwands gemäß Art. 52 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 12 Abs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2013 sowie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu Recht beschlossen, eine einzige pauschale Berichtigung für sämtliche Beihilferegelungen vorzunehmen.

303    Daher ist das erste Argument zurückzuweisen.

304    Mit ihrem zweiten Argument macht die Tschechische Republik geltend, wenn das Gericht die Berichtigungen ganz oder teilweise aufheben sollte, die von der Kommission im Rahmen des zum Erlass des angefochtenen Beschlusses führenden Konformitätsabschlussverfahrens wegen der SAPS-Regelung, der Regelung für Junglandwirte, der Ökologisierungsregelung und der Regelung für fakultative gekoppelte Stützung auferlegt worden seien, müsse es automatisch und allgemein auch die aus Gründen der Haushaltsdisziplin auferlegte Berichtigung in gleicher Höhe aufheben, da diese nicht mehr dem finanziellen Schaden entspreche, der dem Unionshaushalt angeblich entstanden sei.

305    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Auferlegung einer Berichtigung im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin mit den Berichtigungen zusammenhängt, die die Kommission im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens für die der Haushaltsdisziplin unterliegenden Beihilferegelungen auferlegt. Um so weit wie möglich zu gewährleisten, dass die den Landwirten jährlich gewährten Direktzahlungen den im Rahmen der Haushaltsdisziplin von diesen Zahlungen einbehaltenen und den Landwirten in den Folgejahren eventuell erstatteten Mitteln entsprechen, muss die Kommission nämlich, wenn sie im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens eine Berichtigung wegen Unregelmäßigkeiten bei den Direktzahlungen auferlegt, auch bei den der Haushaltsdisziplin unterliegenden Mitteln eine Berichtigung auferlegen.

306    Es lässt sich jedoch kein Automatismus feststellen zwischen der Berichtigung, die die Kommission wegen einer bestimmten Beihilferegelung im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens vornimmt, und der Berichtigung, die sie hinsichtlich der Beträge auferlegt, die aus derselben Beihilferegelung resultieren und im Rahmen der Haushaltsdisziplin den Mitgliedstaaten erstattet worden sind.

307    Erstens werden nach Art. 26 der Verordnung Nr. 1306/2013 die aus Gründen der Haushaltsdisziplin an die Kommission überwiesenen Beträge den Landwirten gegebenenfalls unter Anwendung eines festen Anpassungssatzes erstattet, der für alle Zahlungen aufgrund der verschiedenen Beihilferegelungen gilt.

308    Die Höhe der im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegten Berichtigung wird von der Kommission somit pauschal für alle Beihilferegelungen berechnet und hängt nicht zwangsläufig mit der Höhe der Berichtigung zusammen, die sie im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens für Unregelmäßigkeiten bei aus einer bestimmten Beihilferegelung resultierenden Direktzahlungen an Landwirte auferlegt hat.

309    Zweitens hängt es, wie oben in Rn. 302 dargelegt, von den verfügbaren Angaben, die die Mitgliedstaaten im Einzelfall übermittelt haben, ab, ob die Kommission ohne einen unverhältnismäßigen Aufwand feststellen kann, welche der Mittel, die der Haushaltsdisziplin unterliegen, der jeweiligen vom Konformitätsabschlussverfahren erfassten Beihilferegelung zuzuordnen sind.

310    Es kann somit nicht geltend gemacht werden, dass die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der beanstandeten, für eine bestimmte Beihilferegelung auferlegten finanziellen Berichtigung automatisch und allgemein zur Nichtigerklärung der im Rahmen der Regelung der Haushaltsdisziplin auferlegten pauschalen Berichtigung führen würde.

311    Deshalb ist das zweite Argument und damit der sechste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

312    Nach alledem ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit darin der Tschechischen Republik die beanstandete finanzielle Berichtigung wegen des Verstoßes bei der Auswahl der Kontrollstichprobe für Standardkontrollen in Höhe von 18 833,24 Euro sowie wegen des Verstoßes bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge in Höhe von 17 855 884,41 Euro auferlegt wird, und die Klage im Übrigen abzuweisen.

IV.    Kosten

313    Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Da der Klage teilweise stattgegeben wurde, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zehnte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Durchführungsbeschluss (EU) 2021/2020 der Kommission vom 17. November 2021 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union wird insoweit für nichtig erklärt, als darin der Tschechischen Republik eine finanzielle Berichtigung zum einen wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtlichen Vorschriften über die Auswahl der Stichprobe der einer Standardkontrolle zu unterziehenden Beihilfebegünstigten in Höhe von 18 833,24 Euro sowie zum anderen wegen Mängeln bei der Kontrolle, ob eine für ein bestimmtes Jahr nicht beihilfefähige Fläche auch für die vorangegangenen Jahre nicht beihilfefähig war und deshalb ein Verfahren zur Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung eingeleitet werden musste, in Höhe von 17 855 884,41 Euro auferlegt wird.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Tschechische Republik und die Europäische Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

Jaeger

Nihoul

Verschuur

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Dezember 2023.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Tschechisch.