Language of document : ECLI:EU:F:2014:250

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

19. November 2014(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamter – Dienstbezüge – Familienzulagen – Antikumulierungsregel für nationale Zulagen und Zulagen nach dem Statut – Bezug nationaler Familienzulagen durch den Ehegatten des Beamten – Unterbliebene Anzeige der Änderung der persönlichen Situation durch den Beamten an seine Verwaltung – Disziplinarverfahren – Disziplinarstrafe – Einstufung in eine niedrigere Dienstaltersstufe – Verhältnismäßigkeit – Begründung – Mildernde Umstände – Mangelnde Sorgfalt der Verwaltung“

In der Rechtssache F‑42/14

betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der nach Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt,

EH, Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Etterbeek (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt S. Rodrigues und Rechtsanwältin A. Blot,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Currall und C. Ehrbar als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. I. Rofes i Pujol sowie der Richter K. Bradley und J. Svenningsen (Berichterstatter),

Kanzler: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2014

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 6. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt EH die Aufhebung der Entscheidung der Anstellungsbehörde der Europäischen Kommission vom 24. Juni 2013, mit der gegen ihn die Sanktion der Zurückstufung um drei Dienstaltersstufen verhängt wurde, sowie der Entscheidung vom 24. Januar 2014 über die Zurückweisung seiner Beschwerde.

 Rechtlicher Rahmen

 Rechte und Pflichten der Beamten

2        Art. 11 des Statuts der Beamten der Europäischen Union in seiner auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) sieht insbesondere vor, dass „[d]er Beamte … sich bei der Ausübung seines Amtes und in seinem Verhalten ausschließlich von den Interessen der Union leiten zu lassen [hat und] … die ihm aufgetragenen Aufgaben objektiv, unparteiisch und unter Einhaltung seiner Loyalitätspflicht gegenüber der Union aus[führt]“.

 Bestimmungen über die Disziplinarordnung

3        Art. 86 in Titel VI (Disziplinarordnung) des Statuts bestimmt:

„(1) Gegen Beamte oder ehemalige Beamte, die vorsätzlich oder fahrlässig die ihnen durch das Statut auferlegten Pflichten verletzen, kann eine Disziplinarstrafe verhängt werden.

(2) Werden der Anstellungsbehörde oder dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung Tatsachen zur Kenntnis gebracht, die auf eine Verletzung der Dienstpflichten im Sinne von Absatz 1 schließen lassen, so können diese eine Verwaltungsuntersuchung einleiten, um zu prüfen, ob eine solche Dienstpflichtverletzung vorliegt.

(3) Die Disziplinarvorschriften und ‑verfahren sowie die für Verwaltungsuntersuchungen geltenden Vorschriften und Verfahren sind in Anhang IX des Statuts geregelt.“

4        In Abschnitt 3 (Disziplinarstrafen) des Anhangs IX des Statuts sieht Art. 9 dieses Anhangs vor:

„(1) Die Anstellungsbehörde kann eine der folgenden Strafen verhängen:

a) schriftliche Verwarnung,

b) Verweis,

c) zeitweiliges Versagen des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen für einen Zeitraum zwischen einem Monat und dreiundzwanzig Monaten,

d) Einstufung in eine niedrigere Dienstaltersstufe,

e) zeitweilige Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe für einen Zeitraum zwischen 15 Tagen und einem Jahr,

f) Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe derselben Funktionsgruppe,

g) Einstufung in eine niedrigere Funktionsgruppe mit oder ohne Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe,

h) Entfernung aus dem Dienst …“

5        Anhang IX Art. 10 des Statuts bestimmt:

„Die verhängte Disziplinarstrafe muss der Schwere des Dienstvergehens entsprechen. Bei der Feststellung, wie schwer das Dienstvergehen wiegt und welche Disziplinarstrafe angemessen ist, wird insbesondere Folgendem Rechnung getragen:

a) der Art des Dienstvergehens und den Tatumständen;

b) dem Ausmaß, in dem das Dienstvergehen die Integrität, den Ruf oder die Interessen der Organe beeinträchtigt;

c) dem Ausmaß, in dem das Dienstvergehen mit vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen verbunden ist;

d) den Gründen des Beamten für das Dienstvergehen;

e) der Besoldungsgruppe und dem Dienstalter des Beamten;

f) dem Grad der persönlichen Verantwortung des Beamten;

g) dem Niveau der Aufgaben und Zuständigkeiten des Beamten;

h) der Frage, ob das Dienstvergehen mit wiederholten Handlungen oder wiederholtem Verhalten verbunden ist, und

i) der bisherigen dienstlichen Führung des Beamten.“

 Bestimmungen über Familienzulagen

6        Nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts haben „Beamte, die Familienzulagen nach diesem Artikel erhalten[, d. h. die Haushaltszulage, die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder und/oder die Erziehungszulage], … die anderweitig gezahlten Zulagen gleicher Art anzugeben; diese werden von den nach Anhang VII Artikel 1, 2 und 3 gezahlten Zulagen abgezogen“.

7        Anhang VII Art. 2 des Statuts bestimmt:

„(1) Der Beamte erhält nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 für jedes unterhaltsberechtigte Kind eine Kinderzulage von monatlich …

(2) Als unterhaltsberechtigtes Kind gilt das eheliche, das uneheliche oder das an Kindes Statt angenommene Kind des Beamten oder seines Ehegatten, wenn es von dem Beamten tatsächlich unterhalten wird.

Ein Kind, zu dessen Unterhalt ein Beamter aufgrund einer gerichtlichen Verfügung verpflichtet ist, die auf den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zum Schutz von Minderjährigen beruht, wird dem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestellt.

(7) Wird das Sorgerecht für ein im Sinne der Absätze 2 und 3 unterhaltsberechtigtes Kind aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder durch Beschluss eines Gerichts bzw. der zuständigen Verwaltungsbehörde einer anderen Person übertragen, so wird die Zulage für Rechnung und im Namen des Beamten an diese Person gezahlt.“

 Sachverhalt

8        Der Kläger, der 1991 als Bediensteter auf Zeit in den Dienst der Europäischen Gemeinschaften trat, ist seit dem 1. März 1998 Lebenszeitbeamter der Kommission und nahm vor der von der Anstellungsbehörde verhängten Disziplinarstrafe der Einstufung in eine niedrigere Dienstaltersstufe die Funktion eines für die Programmverwaltung zuständigen Verwaltungsrats der Besoldungsgruppe AD 13, Dienstaltersstufe 1, bei der Generaldirektion (GD) „Landwirtschaft und ländliche Entwicklung“ wahr.

9        Der Kläger ist Vater von fünf Kindern und erhielt als solcher Familienzulagen gemäß Anhang VII Art. 2 des Statuts (im Folgenden: Familienzulagen nach dem Statut).

10      Für die beiden älteren Kinder des Klägers, die aus seiner ersten, am 14. Januar 2000 geschiedenen Ehe stammen, zahlte das Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) seit dem 1. April 1994 die Familienzulage für unterhaltsberechtigte Kinder (im Folgenden: Kinderzulage) nach dem Statut im Namen und für Rechnung des Klägers in voller Höhe an dessen frühere Ehefrau, und zwar in Anrechnung auf den Unterhaltsbetrag, den der Kläger ihr schuldete.

11      Hinsichtlich der drei anderen, 1995, 1998 und 2002 von seiner jetzigen Ehefrau geborenen Kinder des Klägers geht aus der Akte hervor, dass dieser der Kommission gegenüber in dem Vordruck zur Anzeige der Geburt des 1998 geborenen Kindes erklärte, ihre Mutter „übt eine Berufstätigkeit aus und erhält eine Geburtsbeihilfe: ‚ja‘“, während er die Frage, ob sie Familienzulagen erhalte, mit dem ausdrücklichen Vermerk „nein“ beantwortete.

12      Für jedes dieser drei Kinder erhielt der Kläger vom PMO ein Schreiben mit folgendem Wortlaut:

„…

Aus den Belegen geht hervor, dass:

–        für dieses Kind keine [nationale] Familienzulage gezahlt wird.

Ich teile Ihnen daher mit, dass:

–        Ihnen für dieses Kind die Kinderzulage … gemäß Anhang VII Art. 2 des Statuts gewährt wird;

–        Ihnen die Kinderzulage gemäß Art. 67 Abs. 2 des Statuts in voller Höhe ausgezahlt wird;

Hinweis auf die Verwaltungsvorschriften:

–        Jeder Beamte hat der Verwaltung jede Änderung seiner Situation sofort schriftlich anzuzeigen.

–        Artikel 85 des Statuts: ‚Jeder ohne rechtlichen Grund gezahlte Betrag ist zurückzuerstatten, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung kannte oder der Mangel so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen.‘“

13      Aus diesen Schreiben an den Kläger betreffend die Kinderzulage nach dem Statut ergibt sich, dass der Kläger am 1. Mai 2002 für jedes seiner fünf Kinder Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe bezog.

 Ursprünglicher Schriftwechsel zwischen den Verwaltungen

14      Aus der Gesamtheit des Schriftwechsels, den der Kläger im Anhang zu seiner Klage beigefügt hat, geht im Wesentlichen hervor, dass seine jetzige Ehefrau, mit der er am 1. September 2000 die Ehe geschlossen hat, anlässlich der Geburt eines jeden ihrer drei gemeinsamen Kinder bei der Assubel, der für die Auszahlung nationaler Sozialleistungen wie Geburtsbeihilfe und Kindergeld zuständigen belgischen Versicherungseinrichtung, die Gewährung dieser Leistungen beantragte.

15      Insoweit teilte die Assubel der Ehefrau des Klägers auf deren Antrag auf Kindergeld für das 1995 geborene Kind mit Schreiben vom 14. Februar 1996 mit, diese nationale Familienzulage könne ihr nicht gewährt werden, weil der Betrag der von der Kommission gezahlten Familienzulage den der belgischen Familienzulage übersteige.

16      Auf einen weiteren Antrag der Ehefrau des Klägers auf Gewährung von Kindergeld, den sie nach ihrer Eheschließung mit dem Kläger am 1. September 2000 telefonisch gestellt hatte, teilte ihr die belgische Versicherungseinrichtung Partena (im Folgenden: Partena) als Nachfolgerin der Assubel mit Schreiben vom 25. September 2000 mit, zur Auszahlung dieser Leistungen benötige sie eine Bescheinigung der Kommission, die bestätige, dass seitens der Union derartige Leistungen nicht erbracht würden. Die Ehefrau des Klägers beantwortete dieses Schreiben nicht und bat die Kommission weder, ihr eine solche Bescheinigung auszustellen, noch, sich mit dieser nationalen Einrichtung in Verbindung zu setzen.

17      Mit Schreiben vom 25. März 2002 teilte Partena der Kommission mit, sie benötige von ihr eine Bescheinigung darüber, seit wann die Familienzulagen nach dem Statut gezahlt worden seien, um der Ehefrau des Klägers nationale Familienzulagen gewähren zu können.

18      Mit an Partena und in Kopie an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 12. April 2002 bescheinigte die Kommission, dass dieser für seine beiden 1995 und 1998 geborenen Kinder Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe beziehe, und zwar für das erste Kind seit dem 1. November 1995 und für das zweite Kind seit dem 1. Februar 1998.

19      Mit Schreiben vom 28. August 2003 teilte Partena der Kommission mit, sie prüfe den Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Kindergeld ab 1. Dezember 1995. Partena bat die Kommission, ihr die Geburtsbescheinigung für das jüngste Kind des Klägers, die der Kommission vorliege, zur Verfügung zu stellen, und kündigte an, ihr eine Aufstellung der seit Dezember 1995 zugunsten der Ehefrau des Klägers geleisteten Zahlungen zu übersenden. Schließlich bat Partena die Kommission, sich mit der Ehefrau des Klägers in Verbindung zu setzen, „um [von dieser] zu erfahren, welche Familienzulagen [nach dem Statut die Kommission] an … Stelle [von Partena] gezahlt hat“.

20      Mit an Partena und in Kopie an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 6. Januar 2004 (im Folgenden: Schreiben vom 6. Januar 2004) antwortete das PMO, es habe zur Kenntnis genommen, dass Partena den Anspruch auf belgische Familienzulagen aufgrund der von der Ehefrau des Klägers seit dem 1. Dezember 1995 ausgeübten abhängigen Beschäftigung prüfe. Insoweit wies das PMO Partena darauf hin, dass es dem Kläger für seine drei jüngeren Kinder Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe zahle, nämlich für die ersten beiden wie in Rn. 18 des vorliegenden Urteils angegeben und für das dritte seit dem 1. Mai 2002. Das PMO bat Partena, „[ihm] freundlicherweise den Gesamtbetrag der belgischen Familienzulagen seit dem 1. Dezember 1995 [auszuzahlen] und [ihm] eine nach Monaten aufgeschlüsselte Abrechnung über diesen Betrag zukommen zu lassen, der auf das Konto [der Kommission] unter Angabe des Zahlungszwecks [nämlich des Namens des Klägers und seiner Personalnummer] zu überweisen [ist]“. Ferner bat das PMO Partena, eine Bescheinigung darüber auszustellen, seit welchem Monat und in welcher monatlichen Höhe sie belgische Familienzulagen an die Ehefrau des Klägers zahle, damit das PMO vom selben Datum an ergänzende Familienzulagen nach dem Statut zahlen könne. Eine Reaktion von Partena auf dieses Schreiben blieb offenbar aus.

21      Mit Schreiben vom 9. November 2006 wurde die Ehefrau des Klägers im Zusammenhang mit ihrer Eingabe vom 7. November 2006, die nach Angabe des Klägers zum Gegenstand hatte, „zumindest Auskunft über die Gründe zu erhalten, warum Partena ihre Zahlungen zwischen April 2005 und September 2006 eingestellt hat“, von Partena darüber informiert, dass ihr ab 1. Oktober 2006 ein Betrag von monatlich 482,14 Euro als Kindergeld für ihre drei unterhaltsberechtigten Kinder gewährt werde.

22      Mit Schreiben an Partena vom 9. November 2009, das zu den Personalakten des Klägers genommen wurde, teilte die Kommission dieser nationalen Einrichtung mit, dass sie für die drei jüngeren Kinder des Klägers Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe zahle, und wies zugleich darauf hin, dass diese nach der dem Urteil vom 7. Mai 1987, Kommission/Belgien (186/85, EU:C:1987:208), zu entnehmenden Rechtsprechung im Verhältnis zu den vorrangig von den nationalen Behörden zu zahlenden Familienzulagen ergänzenden Charakter hätten.

 Kontrollmaßnahmen

23      Mit E-Mail vom 10. Februar 2010 teilte das PMO dem Kläger unter dem Betreff „Überprüfung anderweitig bezogener Zulage[n] für unterhaltsberechtigte Kinder (ab [1. Januar] 2005 bis heute)“ im Wesentlichen mit, nach den ihm vorliegenden Informationen habe sich herausgestellt, dass die Ehefrau des Klägers erwerbstätige oder arbeitslose Arbeitnehmerin sei, was bedeute, dass sie Anspruch auf belgische Familienzulagen habe, der Kläger aber keine anderweitig bezogenen Zulagen für die gemeinsamen Kinder angegeben habe. Insoweit wies das PMO auf die Bestimmungen des Statuts hin, nämlich auf dessen Art. 67 Abs. 2 und Art. 68 Satz 2, in denen die Antikumulierungsregel für sämtliche anderweitig gezahlten Familienzulagen – deren Bezug der Beamte anzugeben habe – aufgestellt sei und aus denen sich ergebe, dass der Betrag der anderweitig und vorrangig bezogenen Familienzulagen von dem der Familienzulagen nach dem Statut abzuziehen sei. Ebenso wies das PMO darauf hin, dass jeder Ehegatte, der Anspruch auf nationale Familienzulagen habe, einen entsprechenden Antrag – im vorliegenden Fall über seinen Arbeitgeber bei der belgischen nationalen Kasse für Familienzulagen – zu stellen habe und das PMO davon zu unterrichten sei. Schließlich bat das PMO den Kläger, einen Erklärungsvordruck „Anderweitig bezogene … Familienzulagen“ auszufüllen und ihm zurückzusenden, falls er anderweitig nationale Familienzulagen erhalte oder erhalten könne.

24      Mit an das PMO und in Kopie an seine Ehefrau gerichteter E-Mail vom 10. Februar 2010 antwortete der Kläger dem PMO, er verstehe dessen Aufforderung nicht, da das PMO im Anschluss an ihre Anzeigen über die Geburt ihrer Kinder und im Zusammenhang mit ihrem Antrag auf unmittelbare Inanspruchnahme der Leistungen von Partena direkten Kontakt zu Partena aufgenommen habe, die das seiner Ehefrau zustehende Kindergeld für Rechnung ihres Arbeitgebers bearbeite. Der Kläger führte aus, dass das „PMO … folglich über die Situation [s]einer Ehefrau, die von ihrem Arbeitgeber Kindergeld bezieht, bereits informiert“ sei, und fragte das PMO, was es „noch wissen [will]“. Daher füllte der Kläger den Erklärungsvordruck, den ihm das PMO mit der in der vorstehenden Randnummer angeführten E‑Mail übersandt hatte, bei dieser Gelegenheit nicht aus und sandte ihn auch nicht zurück. Stattdessen sandte er dem PMO eine Kopie des Schreibens vom 6. Januar 2004 zurück, übersandte ihm aber keine Kopie des an seine Ehefrau gerichteten Schreibens von Partena vom 9. November 2006.

25      Mit E-Mail vom 11. Februar 2010 bestätigte das PMO dem Kläger, dass es wegen der Familienzulagen für seine drei jüngeren Kinder mit Partena in Kontakt stehe und dass „[d]er Vorgang … noch immer bei Partena in Bearbeitung“ sei. Ferner teilte das PMO dem Kläger mit, die ihm übersandte Aufforderung zur Angabe der anderweitig bezogenen Familienzulagen betreffe auch seine beiden älteren Kinder, da deren Mutter, an die die Familienzulagen nach dem Statut für diese beiden Kinder in voller Höhe gezahlt würden, nach den letzten dem PMO bekannten Informationen als „nicht erwerbstätig“ gemeldet sei. Das PMO bat den Kläger um Bestätigung, ob dies noch immer der Erwerbssituation seiner früheren Ehefrau entspreche.

26      Nach einem Telefongespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter des PMO sandte der Kläger ihm am 11. Februar 2010 eine E-Mail, in der er erstens hinsichtlich seiner drei jüngeren Kinder vorbrachte, er entnehme dem Umstand, dass das PMO auf eine Antwort von Partena warte, dass er in diesem Stadium keine ergänzenden Angaben zu den von seiner Ehefrau bezogenen nationalen Familienzulagen zu machen brauche. Zweitens erklärte der Kläger in Bezug auf seine beiden älteren Kinder, die bei ihrer Mutter – seiner früheren Ehefrau – lebten, dass er zu dieser keinen Kontakt mehr habe und sie nach seiner Kenntnis nicht arbeite. Zugleich gab er dem PMO deren Adresse in Belgien an.

27      Mit E-Mail vom 15. Februar 2010 teilte das PMO dem Kläger mit, dass es aufgrund der Informationen, die dieser ihm per E-Mail übermittelt habe, die Überprüfung hinsichtlich der beiden älteren Kinder einstelle, er aber gebeten werde, das PMO zu informieren, falls sich die Erwerbssituation seiner früheren Ehefrau ändern sollte. In Bezug auf die drei jüngeren Kinder teilte das PMO dem Kläger mit, dass „[sein] Vorgang ruht“, er aber gebeten werde, das PMO schnellstmöglich zu informieren, sobald er Informationen von Partena erhalte.

28      Mit E-Mail vom späten Vormittag des 23. September 2011 teilte das PMO dem Kläger mit, bislang keine Nachricht in Bezug auf dessen Vorgang erhalten zu haben, und bat ihn daher, den Stand seines bei Partena gestellten Antrags auf Klärung mitzuteilen.

29      Mit E-Mail vom Nachmittag des 23. September 2011 teilte das PMO dem Kläger mit, es habe die benötigten Informationen unmittelbar von Partena erhalten und sein Vorgang werde daher aktualisiert.

30      Mit Schreiben vom 29. September 2011 gab das PMO dem Kläger im Wesentlichen bekannt, von Partena die Bestätigung erhalten zu haben, dass er von dieser Einrichtung seit dem 1. Oktober 2006 über seine Ehefrau Kindergeld in Höhe monatlicher Beträge zwischen 482,14 Euro und 586,27 Euro erhalte, die von der belgischen Einrichtung bescheinigt worden seien und deren Gesamtbetrag sich auf 33 875 Euro belaufe. Zugleich wurde dem Kläger mitgeteilt, dass gemäß Art. 85 des Statuts die Rückforderung dieses Betrags in gestaffelten Teilbeträgen betrieben werde und das PMO sich wegen der unterlassenen Anzeige des Bezugs nationaler Familienzulagen veranlasst sehe, „[seinen] Vorgang dem [Untersuchungs- und Disziplinaramt der Kommission] zur Kenntnis und zur eventuellen Prüfung der Berechtigung der Rückforderung [über die letzten] fünf [Jahre hinaus] vorzulegen“.

 Untersuchungsverfahren und Bericht der Anstellungsbehörde

31      Mit Schreiben vom 27. Januar 2012 zur „Beauftragung mit der Anhörung gemäß Anhang IX Art. 3 des Statuts“ teilte der Generaldirektor der GD „Humanressourcen und Sicherheit“ in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde dem Direktor des Untersuchungs- und Disziplinaramts der Kommission (IDOC) mit, er sei informiert worden, dass der Kläger anderweitig gezahlte Familienzulagen nicht angegeben habe, und habe deshalb entschieden, den Kläger gemäß Anhang IX Art. 3 des Statuts vorab anzuhören, um die ihm gegebenenfalls zur Last zu legenden Vorwürfe beurteilen zu können und demgemäß zu entscheiden, ob diese Vorwürfe die Eröffnung einer Disziplinaruntersuchung rechtfertigten oder nicht. Mit diesem Schreiben wurde der Direktor des IDOC beauftragt, die Anhörung des Klägers durchzuführen, die am 28. Februar 2012 stattfand.

32      Aus dem Protokoll der Anhörung geht insbesondere hervor, dass der Kläger bestätigte, Familienzulagen nach dem Statut für sein erstes Kind vom 1. August 1991 bis zum 31. August 2008, für sein zweites Kind vom 1. August 1991 bis zum 31. Juli 2011, für sein drittes Kind seit dem 1. Januar 1996, für sein viertes Kind seit dem 1. Februar 1998 und schließlich für sein fünftes Kind seit dem 1. Mai 2002 bezogen zu haben. Ferner bestätigte der Kläger, eine Kopie des vom PMO an seine frühere Ehefrau gerichteten Schreibens vom 14. Februar 1994 erhalten zu haben, mit dem diese darüber informiert worden sei, dass ihr die Kinderzulage nach dem Statut für Rechnung und im Namen des Klägers unter der Voraussetzung gezahlt werde, dass die Bestimmungen, die einen Anspruch auf Familienzulagen nach dem Statut gewährten, stets eingehalten würden.

33      Zur unterlassenen Anzeige der von seiner früheren Ehefrau seit dem Jahr 1995 ausgeübten Erwerbstätigkeit gab der Kläger an, zwischen ihnen habe nach ihrer Trennung und problematischen Scheidung im Jahr 2000 kein Kontakt mehr bestanden; damals habe sie nicht gearbeitet, und in Anwendung der Scheidungsvereinbarung seien die vom PMO an seine frühere Ehefrau gezahlten Familienzulagen nach dem Statut vom Betrag des Unterhalts, den er ihr habe zahlen müssen, abgezogen worden; später habe er sich mit seiner früheren Ehefrau in Verbindung gesetzt, damit sie das Datum bestätige, an dem sie nach ihrer Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe, und die Gründe angebe, warum sie nach ihren eigenen Angaben keine belgischen Familienzulagen erhalten habe.

34      Bei seiner Anhörung räumte der Kläger ebenfalls ein, vom PMO dreimal darüber informiert worden zu sein, dass ihm die Familienzulagen nach dem Statut für jedes seiner unterhaltsberechtigten drei jüngeren Kinder gemäß Art. 67 Abs. 2 des Statuts in voller Höhe gezahlt würden, weil er keine anderweitigen nationalen Familienzulagen beziehe. Der Kläger bestätigte, anlässlich der Anmeldung der Geburt seines vierten Kindes im Jahr 1998 und ebenso in Bezug auf seine anderen Kinder angegeben zu haben, keine derartige nationale Zulage zu erhalten, räumte aber zugleich ein, dass seine Ehefrau seit dem 1. Oktober 2006 belgische Familienzulagen beziehe und ihn darüber informiert habe.

35      Zu den Gründen befragt, warum er im Anschluss an das von Partena an seine Ehefrau gerichtete Schreiben vom 9. November 2006 die anderweitig von dieser nationalen Einrichtung bezogenen Zulagen nicht angegeben habe, erklärte der Kläger, er sei zum einen angesichts des Schreibens vom 6. Januar 2004, von dem er eine Kopie erhalten habe, seinerzeit in gutem Glauben davon ausgegangen, dass Partena dem PMO die genaue Höhe der von seiner Ehefrau bezogenen Beträge mitteilen werde, und zum anderen wegen des zwischen diesen beiden Verwaltungen bestehenden Kontakts überzeugt gewesen, dass es nicht möglich sei, gleichzeitig nationale Familienzulagen und Familienzulagen nach dem Statut zu beziehen. Dem Anhörungsprotokoll zufolge bestätigte der Kläger ferner, seiner Ehefrau auf die Mitteilung, sie beziehe von nun an Kindergeld für ihre drei Kinder von Partena, geantwortet zu haben, das PMO kümmere sich darum und werde die Situation in Abstimmung mit Partena klären.

36      Schließlich trug der Kläger vor, sich nicht anhand seiner Gehaltsabrechnungen – hier denen aus der Zeit von 2006 bis 2011 – vergewissert zu haben, ob er weiterhin in voller Höhe Familienzulagen nach dem Statut beziehe oder nicht, und im Übrigen hätten seine Ehefrau und er auch kein gemeinsames Bankkonto gehabt.

37      Am 6. Juli 2012 erstattete der Generaldirektor der GD „Humanressourcen und Sicherheit“ in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde gemäß Anhang IX Art. 12 des Statuts einen Bericht an den Disziplinarrat (im Folgenden: Bericht der Anstellungsbehörde).

38      Hinsichtlich der drei jüngeren Kinder des Klägers gab der Bericht der Anstellungsbehörde an, es habe sich herausgestellt, dass Partena im August 2003 begonnen habe, die belgischen Familienzulagen monatlich auf das persönliche Bankkonto der Ehefrau des Klägers zu zahlen, und darüber hinaus im September 2003 und im April 2005 Beträge von 10 866,17 Euro bzw. 5 547,27 Euro überwiesen habe, um die Zahlung des Kindergelds für die drei Kinder rückwirkend für die Zeiträume von Oktober 1997 bis Juni 2002 bzw. von Juli 2002 bis Februar 2005 vorzunehmen.

39      Der Bericht der Anstellungsbehörde stellte fest, dass sich der Betrag der nationalen Familienzulagen, die Partena über den in Rn. 30 des vorliegenden Urteils genannten Betrag von 33 875 Euro hinaus für den Zeitraum zwischen Oktober 1997 und März 2005 an die Ehefrau des Klägers gezahlt habe, auf 25 816 Euro belaufe. Da dieser Betrag von dem Betrag der vom Kläger bezogenen Familienzulagen nach dem Statut hätte abgezogen werden müssen, habe der im vorliegenden Fall entstandene finanzielle Schaden schließlich 59 691 Euro betragen.

40      Hinsichtlich der für die beiden älteren Kinder des Klägers gezahlten Zulagen nach dem Statut führte der Bericht der Anstellungsbehörde aus, selbst wenn dessen frühere Ehefrau von 2005 an erwerbstätig gewesen sei, was ihr einen Anspruch auf belgische Familienzulagen verschafft habe, könne dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden, das PMO hiervon nicht informiert zu haben.

41      Hinsichtlich seiner drei jüngeren Kinder, für die seine Ehefrau nationale Familienzulagen von Partena bezogen habe, stellte der Bericht der Anstellungsbehörde fest, der Kläger habe „[d]adurch, dass er die für seine Kinder bezogenen belgischen [Familien-]Zulagen nicht von sich aus der Verwaltung anzeigte, obwohl er wusste, dass sie an seine Ehefrau gezahlt wurden und er außerdem für dieselben Kinder Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe bezog, gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts verstoßen“.

42      Der Bericht der Anstellungsbehörde kam zu dem Ergebnis, das Verhalten des Klägers lasse sich im Gegensatz zu dessen Vorbringen nicht damit erklären, dass zwischen dem PMO und Partena direkte Kontakte bestanden hätten, was ihn in seiner Vorstellung bestärkt habe, dadurch sei es ausgeschlossen gewesen, dass es zu einer Kumulierung von nationalen Familienzulagen und Familienzulagen nach dem Statut kommen könne. Insbesondere führte der Bericht der Anstellungsbehörde aus, der Kläger habe angesichts des Inhalts des Schreibens vom 6. Januar 2004, von dem er eine Kopie erhalten habe, seine Situation spätestens zu diesem Zeitpunkt klären müssen, weil Partena im Gegensatz zu der damaligen, aus diesem Schreiben ersichtlichen Vorstellung des PMO zu diesem Zeitpunkt nicht mehr damit befasst gewesen sei, die Ansprüche der Ehefrau des Klägers auf belgische Familienzulagen zu prüfen, sondern im Gegenteil bereits mehr als fünf Monate zuvor begonnen habe, ihr diese Zulagen zu zahlen, was der Kläger dem PMO ausdrücklich hätte mitteilen müssen.

43      Im Übrigen vertrat der Bericht der Anstellungsbehörde die Auffassung, der Kläger hätte sich, als Partena ihre Zahlungen zugunsten seiner Ehefrau im November 2006 wieder aufgenommen und diese ihn gefragt habe, was nun zu tun sei, mit dem PMO in Verbindung setzen müssen, um die Situation im Hinblick auf diesen neuen Umstand zu klären. Indem er dies unterlassen habe, obwohl ihm gleichzeitig die Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe weitergezahlt worden seien, was er anhand seiner Gehaltsabrechnungen habe feststellen können, habe der Kläger es ungeachtet seiner Kenntnis der Antikumulierungsregel hingenommen, dass die Kommission erhebliche Beträge zu viel an ihn zahle, und somit gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts verstoßen.

44      Ferner sah der Bericht der Anstellungsbehörde das Verhalten des Klägers zugleich als eine Verletzung seiner dem Organ gegenüber bestehenden Loyalitätspflicht im Sinne von Art. 11 des Statuts an, da es aufgrund dieser Pflicht seine Aufgabe gewesen sei, der Verwaltung, auch wenn diese mit Partena in Kontakt gestanden habe, die Arbeit zu erleichtern, und zwar durch alle sachdienlichen Angaben, anhand deren sie hätte beurteilen können, ob ihm ein Anspruch auf Zahlung der Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe zustand oder nicht, was er jedoch unterlassen habe.

45      Der Bericht der Anstellungsbehörde kam zu dem Ergebnis, angesichts dieser Verstöße gegen Art. 67 Abs. 2 und gegen Art. 11 Abs. 1 des Statuts, die auf Dauer angelegt gewesen seien und für die Kommission zu einem erheblichen Schaden geführt hätten, stelle die Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe eine der Schwere des Dienstvergehens angemessene Sanktion dar.

 Mit Gründen versehene Stellungnahme des Disziplinarrats

46      Der mit dem Bericht der Anstellungsbehörde befasste Disziplinarrat bestellte den Kläger mit Schreiben vom 6. September 2012 zu einer Anhörung ein, die für den 24. Oktober 2012 vorgesehen war, und forderte ihn zugleich auf, eine schriftliche Stellungnahme vorzulegen.

47      Mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 reichte der Kläger seine schriftliche Stellungnahme ein, mit der er insbesondere bestimmten Feststellungen im Bericht der Anstellungsbehörde entgegentrat, Ergänzungen zu der seiner Ansicht nach unvollständigen Akte des Disziplinarverfahrens vortrug und sich auf bestimmte entlastende Umstände berief, die nicht berücksichtigt worden seien.

48      Insoweit bestritt der Kläger die Feststellung im Bericht der Anstellungsbehörde, seine Ehefrau habe ihn im November 2006 gefragt, „was nun zu tun sei“, nachdem „Partena wieder begonnen [habe], ihr Kindergeld zu zahlen“. Seine Ehefrau habe nämlich die Art und die genauen Beträge der fraglichen vor November 2006 geleisteten Zahlungen nicht gekannt, was durch die Tatsache untermauert werde, dass Partena in dem Schreiben vom 9. November 2006 an seine Ehefrau als Beginn des Anspruchs auf Kindergeld erst den 1. Oktober 2006 festgesetzt habe. Der Kläger machte ferner geltend, er habe Zahlungen der Kommission nicht „hingenommen“, weil er nämlich der festen Überzeugung gewesen sei, dass das PMO, das mit Partena in Kontakt gestanden habe, die Situation mit einem einfachen Schreiben oder Telefonanruf bereinigen könne.

49      Zusätzlich zu den in den Rn. 15 bis 18 des vorliegenden Urteils angeführten Schreiben legte der Kläger dem Disziplinarrat ein Schreiben vom 22. März 2012 an Partena vor, mit dem seine Ehefrau ein Schreiben dieser Einrichtung vom 14. März 2012 beantwortet hatte. In diesem Schreiben bat die Ehefrau des Klägers diese nationale Einrichtung unter Bezugnahme auf den Ausdruck vom 14. März 2012 aus deren Datenbank, in dem die im Zeitraum 2000 bis 2012 auf ihr persönliches Konto gezahlten Familienzulagen aufgelistet waren, ihr im Zusammenhang mit diesem dem Schreiben vom 14. März beigefügten Ausdruck eine Kopie der Entscheidung zu übersenden, mit der Partena seinerzeit den Anspruch auf belgische Familienzulagen für die Zeit vor Oktober 2006 festgestellt habe, da sie sich nicht erinnern könne, ein solches Schreiben erhalten zu haben, und ihr nach ihrer Ansicht Ansprüche erst ab Oktober 2006 zugestanden worden seien, wovon sie mit einem Schreiben aus dem November 2006 unterrichtet worden sei.

50      Ferner legte der Kläger dem Disziplinarrat eine am 11. März 2012 unterzeichnete ehrenwörtliche Erklärung seiner Ehefrau vor, in der diese erklärte, die Geburtsbeihilfen von Partena erhalten zu haben, sich aber nicht zu erinnern, von Partena vor Oktober 2006 Kindergeld bezogen zu haben. Die Ehefrau des Klägers erklärte auch, sie sei „sehr verwundert, um nicht zu sagen schockiert über die kürzliche erfolgte Mitteilung von Partena an die Kommission [gewesen, der zufolge sie von dieser Einrichtung] seit 1995 Zulagen erhalten haben soll“, und sie beabsichtige, erforderlichenfalls Kopien ihrer Kontoauszüge, die sie nicht aufbewahrt habe, für die Zeiträume anzufordern, in denen Partena ihr Geld überwiesen zu haben behaupte.

51      In seiner schriftlichen Stellungnahme trug der Kläger vor, niemals zu betrügen beabsichtigt zu haben, und wenn er möglicherweise Fehler begangen habe, sei dies teils aus Unwissenheit geschehen und teils aus zu großem Vertrauen in die Fähigkeit des PMO und von Partena, den Vorgang hinsichtlich der Zahlung der Familienzulagen ohne seine Mitwirkung zu bereinigen. Vor allem habe der Vorgang eine besondere Komplexität aufgewiesen, wie sich aus den Widersprüchen und offensichtlichen Irrtümern ergebe, die Partena bei der Zahlung des Kindergelds an seine Ehefrau unterlaufen seien. Außerdem habe Partena ihre angeblichen Zahlungen, die auf den Gehaltsabrechnungen seiner Ehefrau nicht ausgewiesen seien, in ihren Schreiben nicht beziffert, und was die Überweisungen betreffe, habe er, der Kläger, von deren Existenz nichts gewusst, da er keinen Zugang zu dem persönlichen Konto seiner Ehefrau gehabt habe.

52      Der Kläger bestand ferner darauf, dass ihm im Lauf der 20 Jahre seiner Laufbahn bei der Kommission keinerlei Verstoß gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten vorgeworfen worden sei und er, wie seine Beurteilung für das Jahr 2010 belege, als jemand gelte, der sich der Regeln und Gepflogenheiten bewusst sei und die Gebote der Ethik und der Ehrenhaftigkeit beachte.

53      Im Ergebnis hielt der Kläger die von der Anstellungsbehörde vorgeschlagene Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe für völlig unverhältnismäßig.

54      Am 12. November 2012 gab der Disziplinarrat seine mit Gründen versehene Stellungnahme ab. Von einer Prüfung der Situation hinsichtlich der Familienzulagen für die beiden älteren Kinder des Klägers sah er unter Hinweis darauf ab, dass die Anstellungsbehörde insoweit keine Vorwürfe erhoben habe.

55      Hinsichtlich der drei jüngeren Kinder stellte der Disziplinarrat fest, dass es bis 2003 nicht zu einer Kumulierung von Leistungen nach dem Statut und belgischen Leistungen gekommen sei, da die Ehefrau des Klägers trotz ihrer Erwerbstätigkeit die ihr zustehenden belgischen Familienzulagen nicht regelmäßig von Partena bezogen habe. Dies sei jedoch ab August 2003 der Fall gewesen, da Partena zu diesem Zeitpunkt begonnen habe, der Ehefrau des Klägers monatlich auf deren persönliches Bankkonto Kindergeld für die drei jüngeren Kinder des Klägers zu zahlen, und ihr zudem im September 2003 einen Betrag von rund 11 000 Euro als Nachzahlung für den Zeitraum von Oktober 1997 bis Juni 2002 überwiesen habe. Auch wenn diese nationale Einrichtung ab April 2005 – nachdem sie zugunsten der Ehefrau des Klägers einen Betrag von mehr als 5 500 Euro als Nachzahlung für den Zeitraum von Juli 2002 bis Februar 2005 überwiesen habe – ihre Zahlungen aus nicht bekannten Gründen bis September 2006 eingestellt habe, bleibe festzustellen, dass die monatliche Zahlung der belgischen Familienzulagen ab Oktober 2006 wieder aufgenommen und ohne Unterbrechung fortgeführt worden sei.

56      Der Disziplinarrat führte aus, die vom Kläger anlässlich der Geburt seiner drei jüngeren Kinder, nämlich 1995, 1998 und 2002, abgegebenen Erklärungen seien weder falsch noch irreführend gewesen, da Partena zu dieser Zeit tatsächlich kein Kindergeld gezahlt habe.

57      Der Disziplinarrat war der Auffassung, für einen vorsätzlichen Verstoß des Klägers gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts ergäben sich aus der Akte keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte, „[a]uch wenn es wenig glaubhaft erscheint, dass [der Kläger] von seiner Ehefrau über die Zahlungen von 11 000 [Euro] und 5 500 [Euro], die sie 2003 und 2005 erhalten hat, nicht informiert worden sein soll“.

58      Hingegen vertrat der Disziplinarrat die Auffassung, ab Oktober oder November 2006, dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger nach seinen eigenen Angaben davon unterrichtet worden sei, dass seine Ehefrau fast 500 Euro monatlich an belgischen Familienzulagen erhalten werde, habe er gewissenhafter handeln und das PMO über die veränderte Situation informieren müssen, aufgrund deren der Betrag, den seine Ehefrau von da an erhalten habe, von dem Betrag habe abgezogen werden müssen, den er nach wie vor in voller Höhe aus dem Unionshaushalt bezogen habe; dies gelte umso mehr, als er einer hohen Besoldungsgruppe angehört habe, das Amt eines Programmverwalters innegehabt habe und sich der Antikumulierungsregel, auf die ihn das PMO anlässlich der Geburt eines jeden seiner Kinder hingewiesen habe, voll bewusst gewesen sei.

59      Was das Vorbringen des Klägers betrifft, er habe auf das von seiner Ehefrau bezogene Kindergeld nicht geachtet, seine Gehaltsabrechnungen nicht daraufhin überprüft, ob der Betrag des von seiner Ehefrau bezogenen Kindergelds von dem Betrag abgezogen worden sei, den er als Kinderzulage nach dem Statut erhalten habe, und er sei davon ausgegangen, dass das PMO und Partena, die insoweit Kontakt zueinander aufgenommen hätten, die Angelegenheit eigenständig im Verwaltungswege klären würden, sah der Disziplinarrat diese Erklärungen weder als einen wirksamen Entschuldigungsgrund noch als eine wirksame Rechtfertigung an. Daher war er der Ansicht, gegen den Kläger müsse eine schwerere Disziplinarstrafe als nur eine Verwarnung oder ein Verweis verhängt werden, um ihm vor Augen zu führen, dass das Organ von seinen Beamten zu Recht einen angemessenen Grad der Sorgfalt erwarten könne, zumal die mit der Gewährung finanzieller Vorteile verbundenen Verwaltungsfragen von Seiten dieser Beamten eine besonders gesteigerte Sorgfalt erforderten.

60      In Bezug auf den Vorschlag der Anstellungsbehörde, den Kläger in eine niedrigere Besoldungsgruppe einzustufen, sah der Disziplinarrat einstimmig mehrere mildernde Umstände als gegeben an, die bei der Festsetzung der vorzusehenden Strafe zu berücksichtigen seien.

61      Als mildernden Umstand sah der Disziplinarrat insoweit die „quasi totale Verwirrung“ an, die lange Zeit hinsichtlich der Ansprüche der Ehefrau des Klägers auf die belgischen Familienzulagen bestanden habe, insbesondere weil Assubel ihr diese Zulagen von 1995 bis 2000 unter Verkennung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union mit der Begründung verweigert habe, die Familienzulagen nach dem Statut seien höher, Partena sodann im Jahr 2000 die Gewährung der belgischen Familienzulagen von der Vorlage einer Bescheinigung der Kommission abhängig gemacht habe, die bestätige, dass diese keine Kinderzulage nach dem Statut mehr zahle, und Partena schließlich im Anschluss an die Auskunft der Kommission vom 12. April 2002 über die Situation des Klägers in Bezug auf die Familienzulagen nach dem Statut die Zahlung der belgischen Familienzulagen erst im August 2003 aufgenommen habe.

62      Als mildernden Umstand sah der Disziplinarrat ferner die Untätigkeit des PMO an, da diese Dienststelle der Kommission, nachdem sie Partena – in Unkenntnis der Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers bereits begonnen hatte, belgische Familienzulagen von dieser zu beziehen – im Januar 2004 vergeblich aufgefordert hatte, diese Zulagen an die Kommission abzuführen, niemals eine Mahnung an Partena gerichtet und sich nicht bemüht habe, die Situation zu bereinigen, so dass diese fortbestanden habe, bis im Februar 2010 eine allgemeine Überprüfung der anderweitig bezogenen Familienzulagen veranlasst worden sei.

63      Auch wenn das Schreiben des PMO vom 6. Januar 2004, von dem der Kläger eine Kopie erhalten habe und mit dem Partena aufgefordert worden sei, sämtliche belgischen Familienzulagen seit dem 1. Dezember 1995 an die Kommission abzuführen, darauf beruhe, dass das PMO von den beiden Nachzahlungen von Partena an die Ehefrau des Klägers keine Kenntnis gehabt habe, sei nämlich die Untätigkeit des PMO zu kritisieren, zumal es sich bei dessen vermeintlicher Forderung gegen Partena um einen erheblichen Betrag gehandelt habe. Nach Auffassung des Disziplinarrats wäre das Problem der Doppelzahlungen nämlich schon 2004 entdeckt und gelöst worden, wenn das PMO gegenüber Partena auf dieser Zahlung bestanden hätte.

64      Nach Auffassung des Disziplinarrats „[hatte] das PMO … mit anderen Worten spätestens seit Januar 2004 Kenntnis von allen Umständen, die erforderlich waren, um das Entstehen einer Kumulierung zu verhindern, machte davon jedoch keinen Gebrauch, [so dass der Disziplinarrat] sich fragt, ob das PMO in diesem Zusammenhang seiner Aufgabe nachgekommen ist, die finanziellen Interessen der [Union] gegenüber der nationalen Verwaltung zu verteidigen, [und] festzustellen ist, dass eine konsequentere Bearbeitung des Vorgangs im Jahr 2004, wenn nicht gar schon 2002, hätte verhindern können, dass dieser Fall disziplinarrechtliche Bedeutung erlangt“.

65      Nach einstimmiger Auffassung des Disziplinarrats war das fahrlässige Verhalten des Klägers jedoch unentschuldbar und rechtfertigte die Verhängung einer Disziplinarstrafe mit finanziellen Konsequenzen, auch wenn ein Teil der Verantwortung dem PMO zur Last gelegt werden müsse, weil es die Situation trotz seiner Kenntnis des Umstands, dass die Ehefrau des Klägers Anspruch auf belgische Familienzulagen hatte, mehr als sechs Jahre lang habe fortbestehen lassen.

66      Der Disziplinarrat empfahl der Anstellungsbehörde daher, lediglich von einem fahrlässigen Verstoß gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts auszugehen, ohne ihn zugleich als Verletzung der Loyalitätspflicht nach Art. 11 des Statuts einzustufen. Er schlug der Anstellungsbehörde daher vor, den Kläger mit einem zeitweiligen Versagen des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen für einen Zeitraum von 18 Monaten zu bestrafen.

 Entscheidung der Anstellungsbehörde in ihrer Zusammensetzung als Dreiergremium

67      Mit Entscheidung vom 24. Juni 2013 beschloss das aus dem Generaldirektor der GD „Humanressourcen und Sicherheit“, dem stellvertretenden Generaldirektor der GD „Wettbewerb“ und einem Sonderberater der GD „Landwirtschaft und ländliche Entwicklung“ bestehende Gremium der Anstellungsbehörde nach einer Anhörung des Betroffenen am 5. März 2013, gegen ihn die Sanktion der Zurückstufung um drei Dienstaltersstufen zu verhängen (im Folgenden: die angefochtene Entscheidung).

68      Insoweit stellte das Dreiergremium der Anstellungsbehörde fest, der Kläger sei durch das Schreiben vom 6. Januar 2004, von dem er eine Kopie erhalten habe, darauf hingewiesen worden, dass der Betrag seiner Familienzulagen nach dem Statut um den Betrag der gleichartigen Zulagen, die seiner Ehefrau gezahlt würden, vermindert werde. So hätte er zwischen 2004 und 2011 anhand seiner zunächst mit hausinterner Post und sodann elektronisch übersandten Gehaltsabrechnungen leicht feststellen können, dass er die Leistungen nach dem Statut dennoch weiterhin in voller Höhe bezogen habe. Das Dreiergremium der Anstellungsbehörde war der Auffassung, der Kläger habe sich spätestens ab 2006, als seine Ehefrau ihm mitgeteilt habe, dass sie regelmäßig belgische Familienzulagen beziehe, mit seiner Verwaltung in Verbindung setzen müssen, um seine Situation zu klären, und insoweit könne die Anstellungsbehörde seinen Einwand, er sehe sich seine Gehaltsabrechnungen nicht an, nicht gelten lassen.

69      Hierin liege nicht nur ein Verstoß gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts, der sich aus der unterlassenen Anzeige des Bezugs der belgischen Familienzulagen ergebe. Vielmehr sei jeder Beamte darüber hinaus verpflichtet, der Verwaltung alle Informationen zu erteilen, die ihr bei der Entscheidung hilfreich sein könnten, ob die von diesem Beamten beantragte Vergünstigung zu gewähren sei. Dieses aktive Vorgehen sei Ausfluss der Loyalitätspflicht, die die Verpflichtung eines jeden Beamten einschließe, den Interessen des Organs Vorrang vor allen anderen Erwägungen einschließlich der eigenen Interessen einzuräumen. Daher habe der Kläger durch seine grobe Fahrlässigkeit zugleich gegen diese Verpflichtung aus Art. 11 des Statuts verstoßen.

70      Ferner war das Dreiergremium der Anstellungsbehörde der Ansicht, das Bestehen direkter Kontakte zwischen dem PMO und Partena befreie den Kläger in keiner Weise von seiner Verpflichtung, dem Organ alle zur Feststellung seiner finanziellen Ansprüche erforderlichen Informationen zu erteilen. Ungeachtet der geltend gemachten Untätigkeit des PMO habe der Kläger, dem der ergänzende Charakter der Familienzulagen nach dem Statut bekannt gewesen sei, es jedenfalls versäumt, dem PMO die regelmäßige Zahlung der hier fraglichen belgischen Zulagen anzuzeigen, obwohl er weiterhin Zulagen nach dem Statut in voller Höhe bezogen habe. Daher war das Dreiergremium der Anstellungsbehörde der Auffassung, dass die „mangelnde weitere Bearbeitung des Vorgangs durch die betreffenden Verwaltungen keinen mildernden Umstand im Hinblick auf das Verhalten des [Klägers] ab Oktober 2006 darstellen kann“.

71      Zum Umfang des Schadens, der den Interessen der Kommission entstanden sei, stellte das Dreiergremium der Anstellungsbehörde fest, der Kläger habe 59 691 Euro zu viel bezogen, von denen 32 000 Euro in Anwendung von Art. 85 des Statuts bereits zurückgezahlt worden seien. Es nahm ferner die Verpflichtungserklärung des Klägers zur Kenntnis, den Restbetrag der ohne rechtlichen Grund bezogenen Summe, der von ihm aus mit der Verjährung zusammenhängenden Gründen nicht zurückgefordert worden war, nämlich 27 691 Euro, freiwillig zu erstatten.

72      Das Dreiergremium der Anstellungsbehörde hob zwar die nach seiner Ansicht bei einem Beamten nicht hinnehmbare grobe Fahrlässigkeit des Klägers hervor, sah dessen Verhalten aber nicht als Versuch an, sich vorsätzlich zulasten des Unionshaushalts zu bereichern.

73      In Bezug auf den Grad der persönlichen Verantwortung des Betroffenen befand das Dreiergremium der Anstellungsbehörde, der Kläger sei für die unterbliebene Information seiner Verwaltung über die ab Oktober 2006 regelmäßig an seine Ehefrau gezahlten belgischen Familienzulagen „voll verantwortlich“. Im Übrigen vertrat das Dreiergremium der Anstellungsbehörde die Ansicht, von dem Betroffenen habe angesichts seiner Erfahrung, seiner Besoldungsgruppe und seines Dienstalters ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und Interesse für die anwendbaren Vorschriften erwartet werden können. Hinsichtlich der Frage eines wiederholten Verhaltens und der bisherigen dienstlichen Führung des Klägers wies das Dreiergremium der Anstellungsbehörde darauf hin, dass der Kläger während seiner gesamten Dienstzeit noch nie zuvor seine Dienstpflichten verletzt habe.

74      Angesichts dieser Erwägungen hielt das Dreiergremium der Anstellungsbehörde die Verhängung einer Sanktion der dauerhaften Einstufung in die nächstniedrigere Besoldungsgruppe für gerechtfertigt. Da das Dreiergremium der Anstellungsbehörde es jedoch als geboten ansah, bei der Bemessung der Sanktion im Hinblick auf deren Auswirkungen den Umstand zu berücksichtigen, dass der Kläger sich dem Ende seiner Dienstzeit näherte, entschied es letztendlich, gegen ihn nur die Sanktion einer Herabstufung um drei Dienstaltersstufen zu verhängen.

 Vorverfahren

75      Mit Schreiben vom 23. September 2013 legte der Kläger gegen die angefochtene Entscheidung Beschwerde ein. Diese stützte er auf zwei Beschwerdegründe, mit denen er einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bzw. einen Begründungsmangel rügte. Im Wesentlichen trug der Kläger vor, das Dreiergremium der Anstellungsbehörde habe die vom Disziplinarrat festgestellten mildernden Umstände außer Acht gelassen.

76      Mit Entscheidung vom 24. Januar 2014 wies die für die Entscheidung über Beschwerden zuständige Anstellungsbehörde der Kommission die Beschwerde zurück. Insoweit wies die Anstellungsbehörde darauf hin, dass das Dreiergremium entgegen dem Vorbringen des Klägers sowohl den Umstand berücksichtigt habe, dass er die Anzeige der regelmäßigen Zahlung der belgischen Familienzulagen seit 2006 nicht vorsätzlich unterlassen habe, als auch den Umstand, dass er sich freiwillig verpflichtet habe, die zu viel gezahlten Beträge, hinsichtlich deren möglicherweise Verjährung eingetreten sei, zu erstatten. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Kläger während seiner Laufbahn keine sonstigen Pflichtverletzungen begangen habe, auch wenn das Dreiergremium der Anstellungsbehörde der Ansicht gewesen sei, dass die bisherige Führung des Klägers als solche keinen Umstand darstellen könne, der sein grobes Fehlverhalten im vorliegenden Fall mildere.

77      Die Anstellungsbehörde räumte zwar ein, dass hinsichtlich der Ansprüche der Ehefrau des Klägers auf belgische Familienzulagen ursprünglich eine verworrene Situation bestanden habe, wies aber darauf hin, dass diese Situation zum einen ab 2003 geklärt und bereinigt gewesen sei und der Kläger zum anderen seit Oktober 2006 durch seine Ehefrau davon unterrichtet gewesen sei, dass sie Leistungen von Partena beziehe, was diese Einrichtung mit ihrem Schreiben vom 9. November 2006 bestätigt habe. Folglich sei die ursprüngliche Ungewissheit über die Ansprüche seiner Ehefrau spätestens seit dem zuletzt genannten Zeitpunkt ausgeräumt gewesen und habe das Verhalten des Klägers seitdem nicht mehr beeinflussen können.

78      Die Anstellungsbehörde sprach dem Kläger die Möglichkeit ab, sich auf ein berechtigtes Vertrauen im Hinblick darauf zu berufen, dass nach seiner Behauptung dem PMO im Januar 2004 die Tatsache der von Partena erbrachten Leistungen genau bekannt gewesen sei und er deshalb davon habe ausgehen dürfen, dem PMO gegenüber zu ergänzenden Angaben nicht verpflichtet zu sein. Insoweit wies die Anstellungsbehörde nämlich darauf hin, aus dem Schreiben vom 6. Januar 2004 sei gerade klar zu ersehen gewesen, dass das PMO zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von den zugunsten der Ehefrau des Klägers geleisteten Zahlungen von Partena gehabt habe.

79      Was die mangelnde Sorgfalt des PMO bei der Bearbeitung der Akte des Klägers betrifft, räumte die Anstellungsbehörde zwar ein, eine aufmerksamere Weiterverfolgung dieses Vorgangs hätte verhindern können, dass die Kumulierung von nationalen Familienzulagen und Familienzulagen nach dem Statut sechs Jahre lang fortdauerte, vertrat aber die Auffassung, dass diese mangelnde Sorgfalt die eigene Verantwortung des Klägers für die seit 2006 unterlassene Anzeige der von seiner Ehefrau bezogenen belgischen Familienzulagen nicht verringere.

80      Zur Rüge des Begründungsmangels vertrat die Anstellungsbehörde den Standpunkt, das Dreiergremium der Anstellungsbehörde habe die Einstufung des Verhaltens des Klägers als grobe Fahrlässigkeit ausreichend begründet. Zu den Gründen, die es rechtfertigten, dass das Dreiergremium von der mit Gründen versehenen Stellungnahme des Disziplinarrats abgewichen sei, führte die Anstellungsbehörde aus, sie habe die Möglichkeit verneint, das Verhalten des PMO als mildernden Umstand anzusehen, was es dementsprechend gerechtfertigt habe, eine schärfere Sanktion als die vom Disziplinarrat vorgeschlagene zu verhängen.

 Anträge der Parteien und Verfahren

81      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        soweit erforderlich, die Entscheidung über die Zurückweisung seiner Beschwerde aufzuheben;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

82      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

83      Mit Schreiben der Kanzlei vom 15. September 2014 sind die Parteien aufgefordert worden, vom Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellte Fragen zu beantworten. Dem sind sie am 22. September 2014 ordnungsgemäß nachgekommen.

 Rechtliche Würdigung

84      Der Kläger stützt seine Klage auf zwei Nichtigkeitsgründe der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung über Zurückweisung seiner Beschwerde, nämlich erstens auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler sowie auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zweitens auf Begründungsmängel.

 Gegenstand der Klage

85      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter nach dem Grundsatz der Verfahrensökonomie entscheiden kann, dass über die Anträge, die sich gegen die Entscheidung richten, die die Beschwerde zurückweist, nicht eigens zu entscheiden ist, wenn er feststellt, dass diese Anträge keinen eigenständigen Gehalt haben und in Wirklichkeit mit den Anträgen zusammenfallen, die sich gegen die Entscheidung richten, gegen die die Beschwerde erhoben wurde. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn er feststellt, dass die Entscheidung, die die Beschwerde zurückweist, lediglich die Entscheidung bestätigt, die Gegenstand der Beschwerde ist, und sich daher die Aufhebung der einen Entscheidung nicht anders auf die Rechtslage der betroffenen Person auswirken würde als die Aufhebung der anderen Entscheidung (Urteile Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, EU:T:2011:506, Rn. 33, und López Cejudo/Kommission, F‑28/13, EU:F:2014:55, Rn. 29).

86      Auch wenn das hinsichtlich der Entscheidung, die die Beschwerde zurückweist, hier der Fall ist, muss unter Berücksichtigung des evolutiven Charakters des Vorverfahrens bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des beschwerenden ursprünglichen Rechtsakts auch auf die Begründung in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde, die im vorliegenden Fall auf einige Aspekte der angefochtenen Entscheidung näher eingeht, abgestellt werden. Denn es ist davon auszugehen, dass diese Begründung auch für die des ursprünglichen Rechtsakts gilt (vgl. Urteil Mocová/Kommission, F‑41/11, EU:F:2012:82, Rn. 21).

 Erster Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler und Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 Vorbringen der Parteien

87      Zur Stützung seines ersten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Anstellungsbehörde habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie bestimmte Umstände des vorliegenden Falles nicht als mildernd angesehen habe. Folglich habe die Anstellungsbehörde eine Sanktion unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verhängt.

88      Als Umstände, die die Anstellungsbehörde als mildernd hätte anerkennen müssen, macht der Kläger insbesondere geltend, erstens hätten seine Ehefrau und er kein gemeinsames Bankkonto gehabt, was erkläre, warum er nicht erkannt habe, dass seine Ehefrau mehrere 2003 und 2005 von Partena gezahlte erhebliche Beträge erhalten sowie ab November 2006 regelmäßig Kindergeld bezogen habe. Zweitens weist er auf die verworrene Situation hin, die durch das mehrdeutige Verhalten von Partena hinsichtlich der Ansprüche seiner Ehefrau auf belgische Familienzulagen entstanden sei. Drittens hebt er die mangelnde Sorgfalt des PMO hervor, die als mildernder Umstand hätte gewertet werden müssen. Viertens habe die Anstellungsbehörde dem Umstand, dass er sich freiwillig entschieden habe, die zu viel gezahlten Beträge trotz der eingetretenen Verjährung zu erstatten, keine hinreichend mildernde Wirkung beigemessen. Gleiches gelte fünftens für seine fehlende Täuschungsabsicht gegenüber der Verwaltung. Sechstens verweist er schließlich auf seine untadelige dienstliche Führung während seiner gesamten Laufbahn.

89      Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, und trägt dazu im Wesentlichen vor, der Kläger habe jedenfalls seit 2006 gewusst, dass Partena seine Ehefrau von der Zahlung belgischer Familienzulagen unterrichtet habe, so dass er von diesem Zeitpunkt an die Familienzulagen nach dem Statut nicht weiterhin – und dies fast fünf Jahre lang – habe beziehen dürfen, ohne sich darum zu kümmern, anhand seiner Gehaltsmitteilungen zu überprüfen, ob die deswegen gebotene Bereinigung, hier ein Abzug von 500 Euro, tatsächlich vorgenommen worden sei, und ohne das PMO über den Inhalt des Schreibens von Partena vom November 2006 zu informieren. Die Kommission betont, der Kläger habe nicht fünf Jahre lang annehmen können, dass die Verwaltungen die Situation untereinander bereinigen würden, während er weiterhin die Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe bezogen und seine Ehefrau ihrerseits die belgischen Familienzulagen in voller Höhe erhalten habe.

 Würdigung durch das Gericht

90      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit jeder Disziplinarstrafe voraussetzt, dass der dem Betroffenen zur Last gelegte Sachverhalt erwiesen ist (Urteile Daffix/Kommission, T‑12/94, EU:T:1997:208, Rn. 63 und 64, und Tzikis/Kommission, T‑203/98, EU:T:2000:130, Rn. 51).

91      Bei der Beurteilung der Schwere der vom Disziplinarrat zulasten des Beamten festgestellten Verfehlungen und der Wahl der Disziplinarstrafe, die angesichts dieser Verfehlungen als die angemessenste erscheint, hat die Anstellungsbehörde grundsätzlich einen weiten Beurteilungsspielraum, sofern die verhängte Strafe nicht in einem Missverhältnis zu dem zulasten des Beamten festgestellten Sachverhalt steht (vgl. Urteil E/Kommission, T‑24/98 und T‑241/99, EU:T:2001:175, Rn. 85 und 86). So ist die Anstellungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung befugt, die Verantwortlichkeit des Beamten anders zu beurteilen als der Disziplinarrat und sodann die Disziplinarstrafe zu wählen, die sie zur Ahndung der festgestellten disziplinarischen Verfehlungen für angemessen hält (Urteile Y/Gerichtshof, T‑500/93, EU:T:1996:94, Rn. 56, und Tzikis/Kommission, EU:T:2000:130, Rn. 48).

92      Sobald der Sachverhalt feststeht, hat sich die richterliche Kontrolle angesichts des weiten Beurteilungsspielraums der Anstellungsbehörde auf die Prüfung zu beschränken, ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteil Tzikis/Kommission, EU:T:2000:130, Rn. 50).

93      Was speziell die Verhältnismäßigkeit einer Disziplinarstrafe angesichts der Schwere der festgestellten Verfehlungen anbelangt, hat das Gericht zu berücksichtigen, dass die Festsetzung der Strafe auf einer Gesamtwürdigung aller konkreten Tatsachen und Umstände des Einzelfalls durch die Anstellungsbehörde beruht, denn das Statut sieht kein festes Verhältnis zwischen den dort aufgeführten Disziplinarstrafen und den verschiedenen Verfehlungen der Beamten vor und bestimmt nicht, in welchem Umfang sich erschwerende oder mildernde Umstände auf die Wahl der Strafe auszuwirken haben. Die Prüfung des erstinstanzlichen Richters beschränkt sich daher auf die Frage, ob die Anstellungsbehörde bei der Abwägung der erschwerenden und der mildernden Umstände den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Richter die von der Anstellungsbehörde insoweit vorgenommenen Wertungen nicht durch seine eigenen ersetzen darf (Urteil BG/Bürgerbeauftragter, T‑406/12 P, EU:T:2014:273, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Das Gericht stellt im vorliegenden Fall fest, dass der Kläger nicht bestreitet, selbst nach der ihm von seiner Ehefrau 2006 erteilten Information, sie habe von Partena die Bestätigung erhalten, dass ihr ab 1. Oktober 2006 nationale Familienzulagen gewährt würden, seiner Verwaltung nicht angezeigt zu haben, dass seine Ehefrau von Partena belgische Familienzulagen beziehe, während er zugleich die Familienzulagen nach dem Statut bis zur Überprüfung im Februar 2010 in voller Höhe weiterbezogen hat.

95      Der Kläger macht jedoch geltend, bei der Bestimmung der durch die angefochtene Entscheidung gegen ihn verhängten Strafe seien bestimmte Umstände, die er als mildernd ansehe, nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden. Diese Umstände sind nacheinander zu prüfen.

–       Kein gemeinsames Bankkonto des Klägers und seiner Ehefrau

96      Soweit es zunächst darum geht, dass Partena die belgischen Familienzulagen auf das persönliche Konto seiner Ehefrau überwiesen und diese kein gemeinsames Konto mit ihm gehabt habe, was ihn daran gehindert habe, die Zulagenkumulierung von Anfang an zu erkennen, hält das Gericht diesen Umstand für irrelevant in Bezug auf die Verpflichtung des Klägers, die anderweitigen Zulagen anzuzeigen, die seine Ehefrau für die drei gemeinsamen Kinder erhielt, für die er seinerseits die Zulagen nach dem Statut in voller Höhe bezog.

97      Abgesehen davon, dass der Kläger – wie im Übrigen auch die Kommission anführt – niemals behauptet hat, den Kontakt zu seiner Ehefrau, mit der er zusammenlebt, abgebrochen zu haben, hält das Gericht es erstens für wenig plausibel, dass die Ehefrau des Klägers angesichts der Höhe ihres Gehalts nicht bemerkt haben soll, dass sie von Partena Zahlungen erhielt, darunter beträchtliche Beträge von 11 000 bzw. 5 500 Euro im September 2003 und im April 2005, und dass sie dies ihrem Ehemann auch nicht mitgeteilt haben soll.

98      Zweitens ist unstreitig, dass die Ehefrau des Klägers – unabhängig von den Überweisungen, die Partena zwischen 2003 und 2006 auf ihr Bankkonto vornahm – am 9. November 2006 eine offizielle Benachrichtigung erhielt, mit der Partena sie über ihre Ansprüche auf belgische Familienzulagen informierte, und dass sie die betreffende Information an den Kläger weitergab, dieser jedoch entschied, sie nicht an seine Verwaltung weiterzuleiten. Wenn der Kläger diese Information innerhalb angemessener Frist an das PMO weitergeleitet hätte, wäre diesem in eindeutiger Weise zur Kenntnis gelangt, dass und in welcher genauen Höhe die Ehefrau des Klägers Kindergeld von Partena bezog. Das PMO wäre daraufhin seinerzeit verpflichtet gewesen, aus diesem Grund den Betrag der an den Kläger gezahlten Familienzulagen nach dem Statut herabzusetzen, was diesem ein Disziplinarverfahren hätte ersparen können.

99      Drittens kann sich ein Beamter, dem im Zusammenhang mit seiner familiären Situation auf seinen Antrag eine Leistung gewährt wird, jedenfalls nicht darauf berufen, keine Kenntnis von der Situation seines Ehegatten zu haben, sei es in Bezug auf dessen Erwerbstätigkeit, sei es hinsichtlich der Höhe des aus dieser Tätigkeit bezogenen Gehalts oder des Umstands, dass dieser Ehegatte nationale Leistungen erhält, die solchen nach dem Statut gleichstehen.

100    Wenn einem solchen Argument zu folgen wäre, könnten Beamte oder sonstige Bedienstete, die – wie im vorliegenden Fall – Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe beziehen, sich nämlich auf den Standpunkt stellen, von der Verpflichtung zur Anzeige anderweitig bezogener nationaler Familienzulagen befreit zu sein, und zwar immer dann, wenn diese nationalen Familienzulagen nicht unmittelbar an den Beamten selbst, sondern auf das persönliche Konto seines Ehegatten überwiesen werden. Eine solche Auffassung könnte im Übrigen dazu verleiten, zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union Informationen zurückzuhalten.

–       Von Partena aufrechterhaltener Zustand der Verworrenheit hinsichtlich des Anspruchs der Ehefrau des Klägers auf belgische Familienzulagen

101    Was die durch das Verhalten von Partena aufrechterhaltene verworrene Situation hinsichtlich des Anspruchs der Ehefrau des Klägers auf belgische Familienzulagen betrifft, geht in der Tat aus der Akte hervor, dass diese nationale Einrichtung der Ehefrau des Klägers anfänglich – zu Unrecht – einen Anspruch auf belgische Familienzulagen abgesprochen hatte, und zwar mindestens bis August 2003, dann aber von diesem Zeitpunkt an bis Oktober 2006 sporadische Überweisungen auf das persönliche Bankkonto der Ehefrau des Klägers vornahm, ohne diese Zahlungen jedoch notwendigerweise durch die Mitteilung von Entscheidungen über die Gewährung nationaler Familienzulagen zu dokumentieren.

102    Das Gericht stellt allerdings erstens fest, dass der Kläger in seiner Klageschrift selbst einräumt, dass „[Partena] 2006 dazu über[ging], regelmäßige Zahlungen zu erbringen“, und in Beantwortung einer Frage des Gerichts sogar angegeben hat, dass seine Ehefrau mit ihrer an Partena gerichteten Eingabe vom 7. November 2006 habe in Erfahrung bringen wollen, warum diese Einrichtung ihre Zahlungen zwischen April 2005 und September 2006 ausgesetzt habe. Im Gegensatz zu dem, was der Kläger vor dem Disziplinarrat zu verstehen gegeben hatte, lassen diese Angaben somit erkennen, dass seiner Ehefrau in dem fraglichen Zeitraum sehr wohl bewusst war, belgische Familienzulagen von Partena zu beziehen. Hinzu kommt der von der Kommission in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Umstand, dass der Inhalt des Schreibens von Partena an die Kommission vom 28. August 2003 darauf schließen lässt, die Ehefrau des Klägers müsse die Bescheinigung über die Geburt ihres jüngsten Kindes an Partena übersandt haben, damit diese Einrichtung die Zahlungen vornehmen konnte, die sie später von 2003 bis 2006 zu ihren Gunsten erbrachte.

103    Zweitens war der Ehefrau des Klägers, die diese Leistungen von Partena seit 1996 mehrfach aktiv beantragt hatte, von dieser Einrichtung jedenfalls mit dem oben erwähnten Schreiben vom 9. November 2006 angekündigt worden, dass von nun an nationale Familienzulagen für ihre drei Kinder gezahlt würden. Unabhängig von den aufeinanderfolgenden Zahlungen, die Partena von 2003 bis 2006 zugunsten der Ehefrau des Klägers erbrachte, und unabhängig von den aktiven Schritten, die diese bei Partena unternahm, um Kindergeld zu erhalten, liegt somit auf der Hand, dass ihre Situation bezüglich ihres Anspruchs auf belgische Familienzulagen ab November 2006 geklärt und bereinigt war.

104    In den Erklärungen, die er dem PMO bei der Geburt eines jeden seiner Kinder vorlegte, hatte der Kläger hingegen angegeben, dass für seine drei jüngeren Kinder keine der Kinderzulage nach dem Statut gleichstehenden Familienzulagen gezahlt würden und er im Übrigen bestätige, die Antikumulierungsregel genau zu kennen. Dennoch hielt der Kläger es nicht für erforderlich, das PMO von der Änderung seiner Situation, hier dem Bezug belgischer Familienzulagen durch seine Ehefrau, förmlich zu unterrichten, und verstieß somit gegen die allgemeine Verpflichtung eines jeden Beamten, der geldwerte Vorteile erhält, sämtliche Informationen über seine persönliche Situation zu erteilen und seiner Verwaltung alle Änderungen seiner persönlichen Verhältnisse zur Kenntnis zu bringen (vgl. in diesem Sinne Urteil López Cejudo/Kommission, EU:F:2014:55, Rn. 67), eine Verpflichtung, auf die im Übrigen in Art. 67 Abs. 2 des Statuts im Zusammenhang mit der Antikumulierungsregel ausdrücklich hingewiesen wird.

–       Einwand der mangelnden Sorgfalt oder der Untätigkeit des PMO

105    Hinsichtlich der mangelnden Sorgfalt, mit der das PMO die persönlichen Verhältnisse des Klägers untersucht habe, insbesondere ab Januar 2004, als das PMO Partena aufgefordert habe, den aufgelaufenen Rückstand auszuzahlen, ist das Gericht der Auffassung, dass die mögliche Ineffizienz oder Untätigkeit einer für den Schutz der finanziellen Interessen der Union verantwortlichen Dienststelle den Beamten nicht von dessen eigenem Verstoß gegen seine Verpflichtung entlasten kann, jede in seinen persönlichen Verhältnissen eingetretene Änderung anzuzeigen, die sich auf seinen Anspruch auf eine von ihm selbst beantragte Leistung nach dem Statut auswirken kann.

106    Auch wenn von einer sorgfältigen Verwaltung sicherlich verlangt werden kann, die persönlichen Daten der Empfänger monatlich gezahlter Leistungen nach dem Statut mindestens jährlich zu aktualisieren, ist nämlich erstens darauf hinzuweisen, dass die Situation einer Verwaltung, die die Zahlung Tausender von Gehältern und Zulagen aller Art zu bewältigen hat, nicht mit derjenigen des Beamten zu vergleichen ist, der ein persönliches Interesse daran hat, die monatlich bei ihm eingehenden Zahlungen zu prüfen und auf alles hinzuweisen, was einen Irrtum zu seinem Nachteil oder zu seinem Vorteil darstellen könnte (vgl. in diesem Sinne Beschluss Michel/Kommission, F‑44/13, EU:F:2014:40, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Zweitens darf sich ein sorgfältiger Beamter, der von den Bestimmungen des Statuts, auf deren Grundlage ihm eine beantragte Leistung gewährt wird, Kenntnis genommen hat, insbesondere wenn – wie im vorliegenden Fall – in der Entscheidung, mit der diese Leistung bewilligt wird, auf diese Bestimmungen hingewiesen wird, nicht darauf beschränken, diese Leistung, hier die Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe, fortlaufend stillschweigend entgegenzunehmen, obwohl sein Ehegatte nationale Leistungen gleicher Art für dieselben Kinder bezieht. In einer solchen Situation kann ein Beamter sein Schweigen nicht damit rechtfertigen, seine Verwaltung habe solche Zahlungen infolge ihrer Nachlässigkeit stillschweigend gebilligt oder geduldet. Wenn man eine solche Nachlässigkeit der Verwaltung nämlich als mildernden Umstand gelten ließe, liefe das darauf hinaus, Beamte und sonstige Bedienstete zu ermutigen, aus den Irrtümern der Verwaltung gegebenenfalls einen Vorteil zu ziehen.

108    Drittens schließlich war Partena, wie die Kommission zu Recht betont, nicht zwangsläufig verpflichtet, der Kommission auf deren etwaige Anforderung detaillierte Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse der Ehefrau des Klägers zu erteilen, die keine Beamtin dieses Organs ist. In einer derartigen Situation ist es daher umso mehr Aufgabe des Beamten, der – wie hier der Kläger – die Leistung nach dem Statut bezieht, die bereits in seinem Besitz befindlichen Dokumente vorzulegen und seine Verwaltung jedenfalls von etwaigen Sozialleistungen zu unterrichten, die sein Ehegatte von einer Einrichtung wie Partena bezieht. Die Loyalitätspflicht gemäß Art. 11 des Statuts schließt nämlich ein, dass die Beamten, was die Feststellung des Umfangs ihrer finanziellen Ansprüche nach dem Statut betrifft, der Verwaltung die Arbeit erleichtern.

–       Annahme des Klägers, die Frage der Kumulierung der Leistungen werde von den Verwaltungen untereinander geklärt

109    Das Argument des Klägers, er habe geglaubt, dass die Verwaltungen die Situation untereinander klären würden, ist unerheblich, wenn nicht gar unangebracht, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die Kumulierung der belgischen Familienzulagen und der Familienzulagen nach dem Statut in jeweils voller Höhe im Anschluss an die abschließende Mitteilung im Schreiben von Partena vom 9. November 2006 an die Ehefrau des Klägers viele Jahre lang fortbestand.

110    Selbst wenn man dem Kläger zubilligen wollte, irrtümlich angenommen zu haben, die Verwaltungen würden die Situation untereinander klären, bliebe der Vorwurf bestehen, dass er durch seine eigene Untätigkeit Vorteile aus der ausgebliebenen Bereinigung seiner dienstrechtlichen Situation gezogen hat, und zwar über viele Jahre hinweg. Denn der Kläger hätte jedenfalls Zweifel an der Berechtigung der Zahlungen hegen müssen, die er weiterhin vom PMO bezog, nämlich der in voller Höhe gezahlten Familienzulagen nach dem Statut, die in seinen monatlichen Gehaltsabrechnungen ausgewiesen waren, deren regelmäßige Kenntnisnahme ihm obliegt. Dies gilt auch dann, wie die Kommission ausgeführt hat, wenn die Gehaltsmitteilungen den Betreffenden innerhalb dieses Organs nicht mehr mit hausinterner Post übermittelt werden, sondern neuerdings über einen per E-Mail mitgeteilten Hyperlink zugänglich sind.

111    Daher wäre der Kläger ab November 2006 und bis zur allgemeinen Überprüfung im Februar 2010 verpflichtet gewesen, sich an die Verwaltung zu wenden, damit diese die erforderliche Überprüfung vornimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil Tsirimiagos/Ausschuss der Regionen, F‑100/07, EU:F:2009:21, Rn. 75), denn im Lauf dieser Jahre hätte es ihm zunehmend gewiss und offensichtlich erscheinen müssen, dass seine Situation in keiner Weise vom PMO erneut geprüft oder gar zwischen dem PMO und Partena intern bereinigt worden war, da er selbst weiterhin die Familienzulagen nach dem Statut in voller Höhe bezog und seine Ehefrau die belgischen Familienzulagen erhielt, und zwar unter offenkundigem Verstoß gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts.

112    Jedenfalls konnte es erstens einem normal sorgfältigen Beamten nicht entgehen, dass eine Mitteilung über die Änderung seiner familiären Situation wie das Schreiben vom 9. November 2006, mit dem Partena der Ehefrau des Klägers deren Anspruch auf belgische Familienzulagen bestätigte, klar und unzweideutig unmittelbar an die zuständige Dienststelle der Verwaltung weiterzuleiten war, was der Kläger offenkundig versäumt hat, und insoweit kann sich der Beamte nicht die Tatsache zunutze machen, dass die Verwaltung diese Informationen zufällig oder von dritter Seite erhalten hat (vgl. Urteil Costacurta/Kommission, T‑34/89 und T‑67/89, EU:T:1990:20, Rn. 45 und 46). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als sich aus dem Wortlaut von Art. 67 Abs. 2 des Statuts unzweideutig ergibt, dass es nicht Aufgabe der Kommission ist, sich nach dem etwaigen anderweitigen Bezug gleichartiger Familienzulagen zu erkundigen, sondern die Bediensteten anzugeben haben, dass sie derartige Zulagen von anderen Stellen beziehen.

113    Zweitens hätte der Kläger, statt sich wie behauptet mit einer eigenständigen Auslegung seiner Situation zufriedenzugeben, diese Frage mit der Anstellungsbehörde erörtern müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile Costacurta/Kommission, EU:T:1990:20, Rn. 40, und López Cejudo/Kommission, EU:F:2014:55, Rn. 78).

114    Im Übrigen kann der Kläger nicht geltend machen, 2004 sei dem PMO die Situation seiner Ehefrau genau bekannt gewesen. Zwar geht aus dem Schreiben vom 28. August 2003, das Partena an das PMO gerichtet hatte, zweifellos hervor, dass diese Einrichtung Zahlungen an die Ehefrau des Klägers geleistet hatte, auch wenn deren Beträge nicht angegeben waren. Im Gegensatz dazu geht jedoch aus dem Schreiben des PMO an Partena vom 22. Januar 2004 hervor, dass das PMO zu diesem Zeitpunkt dem unklaren Wortlaut des Schreibens vom 28. August 2003 lediglich entnommen hatte, Partena sei derzeit damit befasst, die Ansprüche der Ehefrau des Klägers zu prüfen, obwohl diese in Wirklichkeit bereits Kindergeld von dieser nationalen Einrichtung bezog. Somit beließ der Kläger durch seine Untätigkeit und sein Schweigen das PMO letztlich in diesem falschen Glauben, selbst nachdem Partena mit dem Schreiben vom 9. November 2006 an seine Ehefrau deren Anspruch auf belgische Familienzulagen bestätigt hatte.

–       Fehlender finanzieller Schaden für den Unionshaushalt und fehlender Vorsatz des Klägers, ohne rechtlichen Grund Leistungen nach dem Statut zu beziehen

115    Soweit der Kläger sich nach Kenntnisnahme von der Stellungnahme des Disziplinarrats freiwillig zur Rückerstattung der zu viel erhaltenen Beträge aus der Zeit vor September 2006 verpflichtet hat, stellt das Gericht zum einen fest, dass die Anstellungsbehörde dies in der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des „Ausmaß[es], in dem die Interessen der Kommission beeinträchtigt wurden“, im Sinne des Anhangs IX Art. 10 Buchst. b des Statuts berücksichtigt hat. Zum anderen ist dieser Gesichtspunkt nach Auffassung des Gerichts zu relativieren, da er nichts an der Einstufung der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung ändert, die erst im Anschluss an eine Kontrolle durch die Kommission aufgedeckt wurde und nicht aufgrund einer vom Kläger damals aus eigenem Antrieb abgegebenen Erklärung.

116    Vorsorglich weist das Gericht auch darauf hin, dass angesichts der Rechtsprechung (vgl. Urteil López Cejudo/Kommission, EU:F:2014:55, Rn. 67) nicht notwendigerweise auszuschließen ist, dass die Kommission nach einer entsprechenden Untersuchung hinreichende sonstige Tatsachen hätte feststellen können, um sich auf Art. 85 Abs. 2 Satz 2 des Statuts berufen zu können. Dies hat die Kommission im Übrigen in ihrer Klagebeantwortung letztlich angeführt, indem sie darauf hingewiesen hat, diese kooperative Geste des Klägers sei anerkennenswert, weil sie eine Auseinandersetzung erspart habe, die zu einem gesonderten gerichtlichen Verfahren hätte führen können, hier nämlich wegen der Frage der Anwendbarkeit dieser Bestimmung des Statuts.

117    Zum Fehlen einer betrügerischen Absicht ist festzustellen, dass sowohl der Disziplinarrat als auch die Anstellungsbehörde nicht von einer derartigen Absicht des Klägers ausgegangen sind und bei der Festsetzung der gegen ihn zu verhängenden Strafe dieses Fehlen einer betrügerischen Absicht ausdrücklich berücksichtigt haben. Allerdings weist das Gericht darauf hin, dass der Disziplinarrat diese Entscheidung mit der Begründung gerechtfertigt hat, aus der Akte ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine betrügerische Absicht, auch wenn es nach diesen Ausführungen „wenig glaubhaft erscheint, dass [der Kläger] von seiner Ehefrau über die Zahlungen von 11 000 [Euro] und 5 500 [Euro], die sie 2003 und 2005 erhalten hat, nicht informiert worden sein soll“.

118    Die Anstellungsbehörde hat in der angefochtenen Entscheidung ihrerseits festgestellt, dass der Kläger, „[w]as das Ausmaß angeht, in dem das Dienstvergehen [im Sinne des Anhangs IX Art. 10 Buchst. c des Statuts] mit vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen verbunden war“, eine „grobe Fahrlässigkeit“ begangen habe, nämlich im vorliegenden Fall einen Fehler, der zwar nicht Ausdruck eines Vorsatzes sei, sich zulasten des Unionshaushalts zu bereichern, aber kaum entschuldbar bleibe, vor allem angesichts der Aufgaben und Zuständigkeiten des Betroffenen, seiner Besoldungsgruppe und seines Dienstalters im Dienst der Kommission.

–       Die anderen vorgeblich mildernden Umstände

119    Zur dienstlichen Führung des Klägers hat die Anstellungsbehörde angegeben, den Umstand berücksichtigt zu haben, dass der Kläger in seiner langen Laufbahn keine weiteren als die ihm im vorliegenden Fall zur Last gelegten Pflichtverletzungen begangen habe. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat, steht die gemäß Anhang IX Art. 10 des Statuts gebotene Berücksichtigung eines solchen Aspekts jedoch nicht zwangsläufig der Anerkennung eines mildernden Umstands gleich.

120    Zu dem vom Kläger vorgebrachten Argument seiner beruflichen und häuslichen Arbeitsbelastung, dem die Anstellungsbehörde in ihrer Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nicht gefolgt ist, ist festzustellen, dass die Kumulierung der Familienzulagen mehr als fünf Jahre lang angedauert hat, nachdem Partena der Ehefrau des Klägers deren Anspruch auf belgische Familienzulagen förmlich bestätigt hatte. Daher ist das Gericht der Auffassung, dass ein solches Argument zwar möglicherweise für eine bestimmte Zeitdauer in einem gewissen Ausmaß berücksichtigt werden kann, aber jedenfalls nicht geeignet ist, ein fahrlässiges Verhalten zu rechtfertigen, das sich über einen so langen Zeitraum erstreckt.

121    Soweit der Kläger sich auf seine angeblich beispielhafte Kooperation beruft, die in einer E-Mail der für die Einziehung zu Unrecht gezahlter Beträge zuständigen Sachbearbeiterin des PMO vom 29. März 2013 hervorgehoben worden sei, stellt das Gericht fest, dass die für die ursprüngliche Prüfung zuständige Beamtin des PMO ihn zwar im Februar 2010 gebeten hatte, „[das PMO] möglichst rasch zu informieren, sobald [er] Nachricht von Partena erhält“, der Kläger es aber weder für angebracht hielt, den Vordruck zur Angabe „[a]nderweitig bezogene[r] … Familienzulagen“ auszufüllen, den diese Beamtin ihm bei dieser Gelegenheit zugesandt hatte, noch ihr eine Kopie des Schreibens von Partena vom 9. November 2006, das seiner Ehefrau damals bereits vorlag, oder irgendein sonstiges von Partena in der Folgezeit ausgestelltes Dokument zu übersenden. Ein solches Vorgehen hätte die Kommission in die Lage versetzen können, das Prüfungsverfahren sofort abzuschließen. Weil der Kläger hiervon aber absah, vergingen mehr als 18 Monate, bis die Kommission die betreffenden Informationen unmittelbar von Partena und nicht vom Kläger erhielt, nämlich am 23. September 2011.

122    Aus alledem folgt, dass die Anstellungsbehörde im vorliegenden Fall gegebene mildernde Umstände nicht unberücksichtigt gelassen hat.

–       Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe

123    Soweit es um die Frage geht, ob die Anstellungsbehörde zur Festsetzung der fraglichen Strafe die erschwerenden und die mildernden Umstände dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechend gewichtet hat, weist das Gericht darauf hin, dass Art. 11 des Statuts eine spezifische Ausprägung der Treuepflicht darstellt, die den Beamten nicht nur verpflichtet, Verhaltensweisen zu unterlassen, die dem Ansehen seines Amtes sowie dem Respekt gegenüber dem Organ und seinen Funktionsträgern abträglich sein könnten, sondern von ihm, zumal wenn er – wie hier – einer höheren Besoldungsgruppe angehört, auch ein Verhalten verlangt, das über jeden Verdacht erhaben ist, damit das zwischen ihm und dem Organ bestehende Vertrauensverhältnis erhalten bleibt (Urteil Andreasen/Kommission, F‑40/05, EU:F:2007:189, Rn. 233 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124    Angesichts der Umstände des vorliegenden Falles ist das Gericht zum einen der Auffassung, dass die Anstellungsbehörde zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger habe „eine grobe Fahrlässigkeit“ begangen, indem er den Bezug belgischer Familienzulagen durch seine Ehefrau während eines so langen Zeitraums nicht angegeben habe. Zum anderen erweist sich die verhängte Strafe nicht als unverhältnismäßig. Insbesondere durfte die Anstellungsbehörde angesichts ihres weiten Beurteilungsspielraums davon ausgehen, dass ein zeitweiliges Versagen des Aufsteigens in den Dienstaltersstufen für einen Zeitraum von 18 Monaten, wie der Disziplinarrat es vorgeschlagen hatte, keine ausreichende Strafe darstellte, vor allem nicht im vorliegenden Fall, in dem sie – im Gegensatz zum Disziplinarrat – nicht nur einen Verstoß des Klägers gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts, sondern auch gegen Art. 11 des Statuts festgestellt hat.

125    Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Anstellungsbehörde nach dem Wortlaut von Anhang IX Art. 10 des Statuts keineswegs verpflichtet war, die Tatsache, dass der Kläger sich der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand näherte – wie geschehen –, als einen Umstand anzusehen, der es rechtfertigt, eine mildere Strafe zu verhängen. Da sie bei ihrer Entscheidung einen solchen Gesichtspunkt aus freien Stücken berücksichtigt hat, kann die letztlich verhängte Strafe umso weniger als unverhältnismäßig angesehen werden.

126    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Anstellungsbehörde bei der Festsetzung der letztlich gegen den Kläger verhängten Strafe weder bestimmte mildernde Umstände außer Acht gelassen noch die verschiedenen im Fall des Klägers gegebenen Umstände in unverhältnismäßiger Weise gewichtet hat.

127    Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Begründungsmangel

 Vorbringen der Parteien

128    Zur Stützung seines zweiten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Anstellungsbehörde habe zum einen in der angefochtenen Entscheidung und in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nicht ausreichend dargelegt, warum sie die Fahrlässigkeit des Klägers als „grob“ eingestuft habe, indem sie insbesondere ihre Weigerung, bestimmte Umstände als mildernd anzusehen, nicht oder kaum begründet habe. Zum anderen habe die Anstellungsbehörde nicht ausreichend begründet, warum sie gegen ihn eine schwerere als die vom Disziplinarrat vorgeschlagene Strafe verhängt habe.

129    Die Kommission beantragt, den zweiten Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

130    Die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, die auch in Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Union verankert ist und in Art. 25 Abs. 2 des Statuts wiederholt wird, ist ein wesentlicher Grundsatz des Unionsrechts, der den Zweck hat, zum einen dem Betroffenen ausreichende Hinweise für die Beurteilung zu geben, ob die ihn beschwerende Maßnahme in der Sache begründet ist, und zum anderen deren richterliche Kontrolle zu ermöglichen (vgl. Urteile Michel/Parlament, 195/80, EU:C:1981:284, Rn. 22, Lux/Rechnungshof, 69/83, EU:C:1984:225, Rn. 16, und Camacho-Fernandes/Kommission, F‑16/13, EU:F:2014:51, Rn. 111).

131    Im Disziplinarbereich ist die Frage, ob die Begründung der Entscheidung der Anstellungsbehörde, eine Strafe zu verhängen, diesen Erfordernissen genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insoweit haben der Disziplinarrat und die Anstellungsbehörde zwar alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidungen abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die sie zu ihrem Erlass veranlasst haben; sie brauchen jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die der Betroffene im Verfahren aufgeworfen hat (Urteil Stevens/Kommission, T‑277/01, EU:T:2002:302, Rn. 71). Eine Entscheidung ist jedenfalls hinreichend begründet, wenn sie in einem dem betroffenen Beamten bekannten Kontext ergangen ist, der ihm das Verständnis der Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme ermöglicht (Urteil N/Kommission, T‑198/02, EU:T:2004:101, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

132    Wenn die gegen den Betroffenen verhängte Strafe letztlich schwerer ist als die vom Disziplinarrat vorgeschlagene, muss die Entscheidung der Anstellungsbehörde jedoch eine eingehende Darlegung der Gründe enthalten, aus denen diese Behörde von der Stellungnahme des Disziplinarrats abgewichen ist (Urteile F./Kommission, 228/83, EU:C:1985:28, Rn. 35, und N/Kommission, EU:T:2004:101, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

133    Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Anstellungsbehörde die Umstände des Falles unter jedem einzelnen der in Anhang IX Art. 10 des Statuts angeführten maßgeblichen Gesichtspunkte geprüft hat. Außerdem ist sie in ihrer Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde ausführlich auf die verschiedenen Argumente des Klägers eingegangen.

134    Zur Frage, ob die Anstellungsbehörde ausreichend begründet hat, warum sie die Fahrlässigkeit des Klägers als „grob“ bewertet hat, stellt das Gericht fest, dass die Anstellungsbehörde bereits in der angefochtenen Entscheidung den Umfang der den Beamten obliegenden Sorgfaltspflicht eingehend geprüft sowie in rechtlich hinreichender Weise dargelegt hatte, dass ein Verhalten, das darin besteht, durch das Unterlassen einer Anzeige, zu der der Beamte indessen verpflichtet war, eine Kumulierung von nationalen Leistungen und Leistungen nach dem Statut viele Jahre lang fortdauern zu lassen, wie es hier der Fall war, nur auf grober Fahrlässigkeit beruhen kann, sofern es nicht als vorsätzlicher Verstoß gegen die Art. 11 und 67 Abs. 2 des Statuts eingestuft werden muss oder kann. In der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde hat die Anstellungsbehörde diesen Gesichtspunkt in Erwiderung auf das Vorbringen des Klägers erneut ausführlich erläutert, obwohl die angefochtene Entscheidung ebenso wie die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde den Abschluss eines Verfahrens darstellte, dessen Einzelheiten dem Kläger umfassend bekannt waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Daffix, C‑166/95 P, EU:C:1997:73, Rn. 34).

135    Was den Umstand betrifft, dass die Anstellungsbehörde gegen den Kläger eine schwerere als die vom Disziplinarrat empfohlene Strafe verhängt hat, geht insbesondere aus der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde hervor, dass die Anstellungsbehörde erläutert hat, aus welchem wesentlichen Grund sie es für angebracht hielt, die vom Disziplinarrat vorgeschlagene Strafe zu verschärfen, nämlich weil sie es im Gegensatz zum Disziplinarrat ablehnte, die Untätigkeit des PMO als mildernden Umstand anzusehen. Wie bereits bei der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, brauchte die Anstellungsbehörde diesen Aspekt aber zu Recht nicht als mildernden Umstand gelten zu lassen, was wiederum allein schon ausreichte, zu erklären, warum sie eine schwerere als die vom Disziplinarrat empfohlene Strafe verhängt hat.

136    Zur Verschärfung der verhängten Strafe gegenüber dem Vorschlag des Disziplinarrats stellt das Gericht außerdem noch fest, dass die Anstellungsbehörde mit der angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen die Art. 11 und 67 Abs. 2 des Statuts ahnden wollte, während die vom Disziplinarrat vorgeschlagene Strafe sich lediglich auf einen Verstoß gegen die zuletzt genannte Vorschrift bezog.

137    Nach alledem ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt zurückzuweisen ist.

 Kosten

138    Nach Art. 101 der Verfahrensordnung trägt die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten und ist auf Antrag zur Tragung der Kosten der Gegenpartei zu verurteilen. Gemäß Art. 102 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei ihre eigenen Kosten trägt, aber nur zur Tragung eines Teils der Kosten der Gegenpartei oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.

139    Aus den Gründen des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass der Kläger mit seiner Klage unterlegen ist. Die Beklagte hat zudem ausdrücklich beantragt, den Kläger zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Umstände des vorliegenden Falles die Anwendung von Art. 102 Abs. 1 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, hat der Kläger seine eigenen Kosten zu tragen und wird zur Tragung der Kosten der Kommission verurteilt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST

(Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      EH trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die Kosten der Europäischen Kommission zu tragen.

Rofes i Pujol

Bradley

Svenningsen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. November 2014.

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

      K. Bradley


* Verfahrenssprache: Französisch.