Language of document : ECLI:EU:T:2018:9

Rechtssache T76/15

(auszugsweise Veröffentlichung)

Kenup Foundation u. a.

gegen

Europäisches Innovations- und Technologieinstitut

„Forschung und technologische Entwicklung – EIT – Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 – Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für die Benennung einer Wissens- und Innovationsgemeinschaft – Ablehnung des Angebots der Kläger – Verordnung (EG) Nr. 294/2008 – Verordnung (EG) Nr. 1290/2013 – Rechtswidrige Übertragung von Befugnissen“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 18. Januar 2018

1.      Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Natürliche oder juristische Personen – Klage, die geeignet ist, dem Kläger einen Vorteil zu verschaffen – Erheblichkeit der Stichhaltigkeit der vom Kläger geltend gemachten Rügen – Fehlen

(Art. 263 AEUV)

2.      Agenturen der Europäischen Union – Europäisches Innovations- und Technologieinstitut (EIT) – Verwaltungsrat – Befugnisse – Auswahl und Benennung der Wissens- und Innovationsgemeinschaften – Teilnahme externer Sachverständiger am Auswahlverfahren – Pflicht des Verwaltungsrats, die Arbeiten dieser Sachverständigen zu bewerten – Umfang – Übertragung eines Teils seiner Befugnisse durch den Verwaltungsrat auf externe Sachverständige, ohne deren Arbeiten zu bewerten – Unzulässigkeit

(Verordnungen Nr. 294/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4, 5 und 7, und Nr. 1290/2013, Art. 15 und 40)

3.      Industrie – Zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie notwendige Maßnahmen – Forschung und technische Entwicklung – Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ – Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für die Benennung einer Wissens- und Innovationsgemeinschaft – Beanstandung durch einen Bieter – Keine Anfechtbarkeit des Aufrufs zur Einreichung von Vorschlägen – Folgen – Zulässigkeit einer Einrede der Rechtswidrigkeit, die im Rahmen einer Klage gegen die den Vorschlag ablehnende Entscheidung erhoben wird

(Art. 263 Abs. 4 AEUV; Verordnung Nr. 1290/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates)

4.      Agenturen der Europäischen Union – Europäisches Innovations- und Technologieinstitut (EIT) – Verwaltungsrat – Befugnisse – Auswahl und Benennung der Wissens- und Innovationsgemeinschaften – Erfordernis der Unparteilichkeit – Bedeutung

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 Abs. 1; Verordnungen Nr. 294/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4, 5 und 7, und Nr. 1290/2013, Art. 15 und 40)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 27, 28, 31, 34)

2.      Aus den Art. 4, 5 und 7 der Verordnung Nr. 294/2008 zur Errichtung des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) und Art. 15 der Verordnung Nr. 1290/2013 über die Regeln für die Beteiligung am Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020) sowie für die Verbreitung der Ergebnisse ergibt sich zum einen, dass die Auswahl und die Benennung der Wissens- und Innovationsgemeinschaften in die Zuständigkeit des Verwaltungsrats fallen, und zum anderen, dass unabhängige Sachverständige an dem Auswahlverfahren teilnehmen und die Vorschläge bewerten, um sie in eine Rangfolge zu bringen. Der Verwaltungsrat wählt die Wissens- und Innovationsgemeinschaften auf der Grundlage dieser Rangfolge aus.

Auch wenn es externe Sachverständige hinzuzieht, ist das EIT jedoch nicht davon befreit, ihre Arbeiten zu bewerten. Insoweit übt der Verwaltungsrat unter Verstoß gegen Art. 4 der Verordnung Nr. 294/2008 seine Befugnisse zur Auswahl der Vorschläge nicht vollständig aus, wenn er einen Teil dieser Befugnisse auf Sachverständige überträgt, ohne ihre Arbeiten bezüglich der nicht unter den ersten drei platzierten Vorschläge zu irgendeinem Zeitpunkt angemessen würdigen zu können. Die Umstände, dass der Verwaltungsrat den Text der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen, die Kriterien für die Auswahl der Wissens- und Innovationsgemeinschaften sowie die Kriterien für die Auswahl der mit der Bewertung der Vorschläge betrauten Sachverständigen erlässt und dass er das ganze Verfahren, das zu ihrer Auswahl führt, verfolgt, können diese Feststellung nicht in Frage stellen.

(vgl. Rn. 55, 56, 67, 68)

3.      Was eine Klage betrifft, die von einem Konsortium gegen eine Entscheidung des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) erhoben wird, mit der dieses den im Rahmen einer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zur Auswahl einer neuen Wissens- und Innovationsgemeinschaft eingereichten Vorschlag abgelehnt hat, kann die Tatsache, dass die Mitglieder dieses Konsortiums die Bedingungen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen vor deren Beendigung nicht beanstandet haben, ihnen nicht die Möglichkeit nehmen, im Rahmen ihrer Klage die Unregelmäßigkeit des durch die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen festgelegten Auswahlverfahrens geltend zu machen. Da Ausschreibungsunterlagen wie die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen insoweit keine Handlung sind, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 4 AEUV sein kann, war der streitige Beschluss demnach die erste vom Kläger anfechtbare Handlung und damit die erste Handlung, die ihn berechtigte, inzident die Rechtmäßigkeit des vom EIT festgelegten Verfahrens zur Auswahl der Wissens- und Innovationsgemeinschaft zu rügen. Daher kann das EIT nicht mit Erfolg geltend machen, dass sich der Ausschluss des Konsortiums aus der strikten Anwendung des vom Verwaltungsrat des EIT festgelegten Verfahrens der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ergebe.

(vgl. Rn. 66)

4.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 69)