Language of document : ECLI:EU:T:2006:253

Rechtssache T-210/02

British Aggregates Association

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Staatliche Beihilfen – Umweltabgabe auf Granulate im Vereinigten Königreich – Entscheidung der Kommission, keine Einwände zu erheben – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Individuell betroffene Person – Selektiver Charakter – Begründungspflicht – Sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung“

Leitsätze des Urteils

1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen

(Artikel 88 Absatz 2 EG und 230 Absatz 4 EG)

2.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen

(Artikel 88 Absätze 2 und 3 EG und 230 Absätze 2 und 4 EG)

3.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme

(Artikel 87 Absatz 1 EG)

4.      Staatliche Beihilfen – Begriff

(Artikel 6 EG, 87 Absatz 1 EG und 88 Absätze 2 und 3 EG)

5.      Staatliche Beihilfen – Begriff

(Artikel 87 Absatz 1 EG)

6.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, im Anschluss an die Vorprüfungsphase keine Einwände gegen eine sektorielle Ökoabgabe zu erheben

(Artikel 88 Absätze 2 und 3 EG und 253 EG)

7.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme

(Artikel 87 Absatz 1 EG und 91 EG)

8.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Vorprüfungsphase und kontradiktorische Phase

(Artikel 88 Absätze 2 und 3 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Artikel 4 Absatz 4 und 13 Absatz 1)

9.      Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Verpflichtungen der Kommission – Sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung der Beschwerden

(Artikel 88 Absatz 3 EG)

1.      Der Umstand, dass ein Unternehmensverband bei der Kommission eine Beschwerde gegen eine angebliche staatliche Beihilfe eingereicht und den Wunsch einer Teilnahme am Verfahren als Beteiligter im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG geäußert hat, reicht nicht, um ihm als solchem Klagebefugnis zu verleihen, aufgrund deren er eine Nichtigkeitsklage gegen die angefochtene Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nicht einzuleiten, einreichen könnte. Insbesondere kann dieser Verband nicht aufgrund des Umstands, dass die betreffende Beschwerde zusammen mit anderen die Kommission zur Prüfung der staatlichen Maßnahme in der angefochtenen Entscheidung veranlasst hat, mit einem Verhandlungsführer gleichgestellt werden, dessen Position von dieser Entscheidung beeinträchtigt worden wäre.

(vgl. Randnr. 46)

2.      Im Rahmen des in Artikel 88 EG vorgesehenen Verfahrens zur Prüfung der staatlichen Beihilfen ist zu unterscheiden zwischen der Vorprüfungsphase nach Artikel 88 Absatz 3 EG, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu ermöglichen, und der in Artikel 88 Absatz 2 EG geregelten Prüfungsphase. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der EG-Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Stellt die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten, durch eine Entscheidung auf der Grundlage des Artikels 88 Absatz 3 EG fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so können diejenigen, denen entsprechende Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor dem Gemeinschaftsrichter anzufechten. Deshalb erklärt dieser eine Klage auf Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung, die von einem Beteiligten im Sinne des Artikels 88 Absatz 2 EG erhoben wird, für zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen. Beteiligte im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG, die nach Artikel 230 Absatz 4 EG Nichtigkeitsklage erheben können, sind die durch die Gewährung einer Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die mit den Beihilfebegünstigten im Wettbewerb stehenden Unternehmen und die Berufsverbände.

Stellt der Kläger dagegen die Begründetheit der Entscheidung selbst, mit der die Beihilfe beurteilt wird, in Frage, so kann der Umstand, dass er als Beteiligter im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG betrachtet werden kann, nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage ausreichen. Er muss daher dartun, dass ihm eine besondere Stellung zukommt, d. h., dass die Entscheidung ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer solchen Entscheidung. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Marktstellung des Klägers durch die Beihilfe, die Gegenstand der streitigen Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt wird.

Deshalb ist die Klage eines Unternehmensverbands zulässig, mit der die Begründetheit einer Entscheidung der Kommission, im Anschluss an das Vorprüfungsverfahren keine Einwände gegen eine staatliche Maßnahme zu erheben, in Frage gestellt wird, wenn diese Maßnahme die Marktstellung zumindest eines seiner Mitglieder spürbar beeinträchtigen kann. In diesem Fall kann sich der Verband auf jeden der in Artikel 230 Absatz 2 EG aufgezählten Rechtwidrigkeitsgründe berufen und nicht nur darauf, dass die Pflicht zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens verletzt worden sei.

(vgl. Randnrn. 49-54, 68)

3.      Voraussetzung dafür, dass eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG darstellt, ist u. a., dass sie so geartet ist, dass sie einen selektiven Vorteil gewährt, der ausschließlich bestimmten Unternehmen oder bestimmten Tätigkeitssektoren vorbehalten ist. Diese Bestimmung stellt nämlich auf die Beihilfen ab, die „durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Insoweit unterscheidet die genannte Bestimmung nicht nach den Gründen oder Zielen einer Maßnahme, mit der die normale Belastung eines Unternehmens erleichtert wird, sondern beschreibt diese Maßnahme nach ihren Wirkungen. Folglich genügen weder der Abgabencharakter noch die wirtschaftliche oder soziale Zielsetzung oder die Ziele des Umweltschutzes oder der Sicherheit von Personen, die eine solche Maßnahme haben mag, dafür, dass diese von vornherein aus dem Anwendungsbereich des vorgenannten Artikels ausscheidet.

Bei der Prüfung der Selektivität einer Maßnahme überprüft der Gemeinschaftsrichter, ob die Kommission zu Recht zu der Ansicht gelangt ist, dass die durch die betreffende Maßnahme eingeführte Unterscheidung zwischen Unternehmen bei Vorteilen oder Belastungen in der Natur oder im Aufbau des geltenden allgemeinen Systems angelegt ist. Ist diese Unterscheidung auf andere als die mit dem allgemeinen System verfolgten Ziele zurückzuführen, wird grundsätzlich angenommen, dass die fragliche Maßnahme das in Artikel 87 Absatz 1 EG vorgesehene Merkmal der Selektivität erfüllt.

(vgl. Randnrn. 105-107)

4.      Eine Umwelt- oder Ökoabgabe ist eine eigenständige Steuermaßnahme, die durch ihre Umweltziele und ihre spezifische Bemessungsgrundlage gekennzeichnet ist. Sie sieht die Abgabenerhebung auf bestimmte Gegenstände oder Dienstleistungen vor, damit die Umweltkosten in deren Preis einfließen und/oder die aufbereiteten Erzeugnisse wettbewerbsfähiger werden und damit die Hersteller und die Verbraucher zu umweltfreundlicherem Verhalten hingeführt werden. Den Mitgliedstaaten, die beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts mangels einer Koordination auf diesem Gebiet nach wie vor für die Umweltpolitik zuständig sind, steht es frei, sektorielle Ökoabgaben einzuführen, um bestimmte Umweltziele zu erreichen. Insbesondere können sie bei der Abwägung der verschiedenen bestehenden Interessen ihre Prioritäten im Umweltschutz definieren und entsprechend die Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmen, die sie einer Ökoabgabe zu unterwerfen beschließen.

Der bloße Umstand, dass eine Ökoabgabe eine punktuelle Maßnahme darstellt, die bestimmte Gegenstände oder spezifische Dienstleistungen betrifft und nicht auf ein allgemeines Abgabensystem zurückgeführt werden kann, das für sämtliche ähnliche Tätigkeiten mit vergleichbarer Umweltauswirkung gilt, lässt daher grundsätzlich nicht die Annahme zu, dass ähnliche, dieser Ökoabgabe nicht unterliegende Tätigkeiten von einem selektiven Vorteil profitieren. Insbesondere kann der Umstand, dass solche ähnlichen Tätigkeiten einer Ökoabgabe, die auf einige spezifische Erzeugnisse erhoben wird, nicht unterworfen sind, nicht mit einer von dem System der normalerweise auf den Unternehmen lastenden Kosten abweichenden Entlastungsmaßnahme gleichgestellt werden, da eine Ökoabgabe gerade durch den ihr eigenen Anwendungsbereich und die ihr eigene Zielsetzung gekennzeichnet ist und deshalb grundsätzlich nicht auf ein allgemeines System zurückgeführt werden kann.

Da die Ökoabgaben naturgemäß spezifische Maßnahmen darstellen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Umweltpolitik ergreifen, für die sie zuständig bleiben, solange es keine Harmonisierungsmaßnahmen gibt, hat die Kommission in diesem rechtlichen Rahmen bei der Beurteilung einer Ökoabgabe anhand der Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen die in Artikel 6 EG genannten Erfordernisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen. Denn nach diesem Artikel müssen diese Erfordernisse bei der Festlegung und Durchführung u. a. eines Systems einbezogen werden, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt.

Im Übrigen muss sich das Gericht bei seiner Überprüfung einer Entscheidung der Kommission über die Nichteinleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG in Anbetracht des weiten Ermessens der Kommission bei der Anwendung des Artikels 88 Absatz 3 EG auf die Prüfung beschränken, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalts oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt.

(vgl. Randnrn. 114-118)

5.      Geht es darum, eine von einem Mitgliedstaat eingeführte Ökoabgabe, die im Prinzip auf die gewerbliche Verwertung von Virgin-Granulat – also körnige, im Hoch- und Tiefbau verwendete Materialien aus erstem Abbau – erhoben wird und auf die Maximierung der Verwendung von aufbereitetem Granulat oder anderen Ersatzmaterialien für Virgin-Granulat, auf die Förderung einer effizienten Verwendung von Virgin-Granulat und nach dem Verursacherprinzip auf die Sicherstellung der Internalisierung der Umweltkosten der Granulatgewinnung, denen mit der Abgabe entgegengewirkt werden soll, abzielt, anhand der Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen zu beurteilen, so liegt darin, dass diejenigen Materialien, die nicht zur Verwendung als Granulat in den Verkehr gebracht werden, nicht zu dem dieser Abgabe unterliegenden Sektor gehören, kein Beihilfeelement. Denn die Befreiung dieser Materialien hat keinen Ausnahmecharakter im Verhältnis zum System der betreffenden Ökoabgabe. Insbesondere fällt die Entscheidung, eine Ökoabgabe allein im Granulatsektor einzuführen – und nicht allgemein in allen Sektoren, in denen Steinbrüche und Minen betrieben werden, die die gleichen Umweltauswirkungen wie die Granulatgewinnung haben –, in die Befugnis des betreffenden Mitgliedstaats, seine Prioritäten in den Bereichen Wirtschafts-, Finanz- und Umweltpolitik festzulegen. Eine solche Wahl ist deshalb, auch wenn sie vom Bemühen um die Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bestimmter Sektoren geleitet sein mag, kein Grund, die Kohärenz zwischen der Ökoabgabe und den verfolgten Umweltzielen in Frage zu stellen.

Außerdem darf der betreffende Mitgliedstaat im Rahmen seiner Umweltpolitik die zur Verwendung als Granulat dienenden Materialien, deren Besteuerung er für angebracht hält, frei bestimmen und unter Berücksichtigung der verfolgten Umweltziele bestimmte Materialien selbst dann vom Anwendungsbereich der Ökoabgabe ausnehmen, wenn sie nach ihrer Gewinnung als Granulat verwendet werden, soweit die Befreiung dieser Materialien im Hinblick auf die verfolgten Umweltziele ihre Verwendung als Substitut für von der Ökoabgabe erfasstes Virgin-Granulat gestattet und damit zu einer Rationalisierung der Gewinnung und Verwendung von Virgin-Granulat beitragen kann.

Schließlich kann die Erhebung der Ökoabgabe auf bestimmte Materialien, für die es keine Ersatzerzeugnisse gibt, nachvollziehbar dem Ziel der Ökoabgabe, die mit der Herstellung von Virgin-Granulat verbundenen Umweltkosten zu internalisieren, Rechnung tragen, wenn ihr Betrag annähernd den mit der Gewinnung von Granulat verbundenen durchschnittlichen Umweltkosten entspricht.

Die Abgabeerhebung auf die Nebenerzeugnisse der Gewinnung von Materialien, für die es keine Ersatzerzeugnisse gibt, lässt sich auch durch das Verursacherprinzip sowie das Ziel der Ökoabgabe rechtfertigen, eine wirtschaftlichere Granulatgewinnung und -bearbeitung zu fördern, damit der Anteil von Granulat minderer Güte zurückgeht.

(vgl. Randnrn. 124, 127-128, 130, 135-137, 139)

6.      Das Erfordernis, eine Entscheidung über staatliche Beihilfen zu begründen, kann sich nicht nur nach dem Informationsinteresse bestimmen, das der Mitgliedstaat hat, an den diese Entscheidung gerichtet ist. Insbesondere obliegt es der Kommission, wenn sie eine Maßnahme im Anschluss an die Vorprüfungsphase des Artikels 88 Absatz 3 EG billigt, einen Überblick über die wesentlichen Gründe für diese Billigung zu geben, damit die betroffenen Dritten wissen können, warum die Entscheidung getroffen wurde, und damit sie beurteilen können, ob es angebracht ist, Klage dagegen einzureichen, um die Verletzung der ihnen durch Artikel 88 Absatz 2 EG verliehenen Verfahrensrechte zu rügen.

Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission über den Abschluss des Vorprüfungsverfahrens anbelangt, mit der das Vorliegen einer von einem Beschwerdeführer gerügten staatlichen Beihilfe verneint wird, so hat die Kommission dem Beschwerdeführer jedenfalls in hinreichender Weise die Gründe darzulegen, aus denen die in der Beschwerde angeführten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe genügt haben. Sie braucht jedoch nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben.

Werden in einer Entscheidung der Kommission, im Anschluss an die Vorprüfungsphase keine Einwände gegen eine sektorielle Ökoabgabe zu erheben, die wesentlichen der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen knapp ausgeführt, so kann die Entscheidung unter Berücksichtigung der Freiheit der Mitgliedstaaten, ihre Steuer- und Umweltpolitik unter Rückgriff auf die Einführung einer Ökoabgabe zu gestalten, nicht als mit einem Begründungsmangel gegenüber einem klagenden Verband, in dem erfahrene Wirtschaftsteilnehmer zusammengeschlossen sind, behaftet angesehen werden.

(vgl. Randnrn. 142-143, 146)

7.      Da eine Ökoabgabe auf die gewerbliche Verwertung von Granulat eine die Erzeugnisse und nicht die Einnahmen der Erzeuger belastende indirekte Abgabe ist, für die als solche im Sinne des Artikels 91 EG der Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsland gilt, ist die Befreiung, in deren Genuss die Ausführer kommen, durch die innere Logik des Steuersystems gerechtfertigt, so dass sie nicht als selektive Vorteilsgewährung für die Ausführer gelten kann und der Anwendung von Artikel 87 Absatz 1 EG entzogen ist.

Mit der Gewährung einer solchen Befreiung macht der betreffende Mitgliedstaat von der ihm zustehenden Möglichkeit Gebrauch, den Überlegungen im Zusammenhang mit der Struktur der fraglichen Abgaberegelung Vorrang gegenüber den verfolgten Umweltzielen einzuräumen, und es kommt nicht darauf an, dass andere Mitgliedstaaten andere Entscheidungen treffen.

(vgl. Randnrn. 151-153)

8.      Die Verpflichtung der Kommission, eine etwaige rechtswidrige Beihilfe vorab unter Einbeziehung des betreffenden Mitgliedstaats, gegebenenfalls durch die Einholung von Informationen bei ihm, zu prüfen, kann ihre Verpflichtung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens namentlich dann nicht entfallen lassen, wenn sie im Licht der erhaltenen Auskünfte weiterhin ernsthaften Schwierigkeiten bei der Beurteilung der betreffenden Maßnahme gegenübersteht. Eine solche Verpflichtung ergibt sich nämlich unmittelbar aus Artikel 88 Absatz 3 EG und findet im Übrigen, wenn die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung feststellt, dass die betreffende Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit gibt, ausdrückliche Bestätigung in Artikel 4 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG].

Denn das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG ist unerlässlich, sobald die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt auf ernsthafte Schwierigkeiten stößt. Die Kommission darf sich also für den Erlass einer positiven Entscheidung über eine staatliche Maßnahme nur dann auf die Vorprüfungsphase des Artikels 88 Absatz 3 EG beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnt, dass diese Maßnahme entweder keine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG darstellt oder, falls sie als Beihilfe eingestuft wird, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Gelangt die Kommission dagegen aufgrund dieser ersten Prüfung zur gegenteiligen Überzeugung oder hat sie damit nicht alle Schwierigkeiten ausräumen können, die sich bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt ergeben haben, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG einzuleiten.

Der Umstand, dass die Kommission dem Interesse des betroffenen Mitgliedstaats an einer raschen Entscheidung Rechnung getragen hat, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme, dass sich die Kommission bei der Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nicht einzuleiten, auf andere Kriterien gestützt hätte als auf dasjenige des Fehlens ernsthafter Beurteilungsschwierigkeiten.

(vgl. Randnrn. 165-166, 168)

9.      Die Kommission hat, wenn betroffene Dritte bei ihr Beschwerden eingereicht haben, die sich auf staatliche Maßnahmen beziehen, die nicht gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG angemeldet wurden, im Rahmen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Vorprüfungsphase die Beschwerden im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen.

In Ermangelung sonstiger Hinweise lässt der bloße Umstand, dass die angefochtene Entscheidung rasch erlassen wurde, nicht auf eine unzureichende Prüfung schließen.

(vgl. Randnrn. 177-178)