Language of document : ECLI:EU:T:2010:372

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

9. September 2010(*)

„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Gemeinschaftliches Ausschreibungsverfahren – Informatikdienstleistungen für das Management und die Pflege eines Internetportals – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Zuschlagskriterien – Begründungspflicht – Offenkundiger Ermessensfehler – Gleichbehandlung – Transparenz“

In der Rechtssache T‑300/07

Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Korogiannakis,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch E. Manhaeve als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt J. Stuyck,

Beklagte,

betreffend einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der Kommission vom 21. Mai und 13. Juli 2007, mit der die Angebote der Klägerin, die diese im Rahmen der Ausschreibung ENTR/05/78 für das Management und die Pflege des Portals „Europa für Sie“ (ABl. 2006/S 143-153057) in Bezug auf das Los Nr. 1 (Herausgebertätigkeiten und Übersetzungen) und das Los Nr. 2 (Infrastrukturmanagement) eingereicht hatte, abgelehnt und die betreffenden Aufträge an einen anderen Bieter vergeben wurden, sowie einen Antrag auf Schadensersatz

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richter M. Prek (Berichterstatter) und V. M. Ciucă,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2010

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1.     Haushaltsordnung und Durchführungsbestimmungen

1        Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen durch die Europäische Kommission ist in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1; im Folgenden: Haushaltsordnung) sowie in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1065/2002 über die Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1; im Folgenden: Durchführungsbestimmungen) geregelt.

2        Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung bestimmt:

„Für öffentliche Aufträge, die ganz oder teilweise aus dem Haushalt finanziert werden, gelten die Grundsätze der Transparenz, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung.“

3        Art. 97 der Haushaltsordnung lautet:

„(1)      Die Auswahlkriterien zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter und die Zuschlagskriterien zur Bewertung des Inhalts der Angebote werden vorab festgelegt und in den Verdingungsunterlagen spezifiziert.

(2)      Die Auftragsvergabe erfolgt durch Zuschlag oder im Leistungswettbewerb.“

4        Art. 100 der Haushaltsordnung sieht vor:

„(1)      Der Anweisungsbefugte benennt den Auftragnehmer unter Beachtung der Auswahl- und Zuschlagskriterien, die in den Verdingungsunterlagen und den Vorschriften über die Auftragsvergabe festgelegt sind.

(2)      Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile [des ausgewählten] Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben.

Die Veröffentlichung bestimmter Informationen kann entfallen, wenn sie [den] Gesetzesvollzug behindern, dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, die legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen beeinträchtigen würde oder dem lauteren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern schaden könnte.“

5        Art. 130 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen lautet:

„Die Verdingungsunterlagen enthalten mindestens Folgendes:

a)      die für den Auftrag geltenden Ausschluss- und Auswahlkriterien, außer bei nichtoffenen Verfahren, einschließlich solcher mit vorhergehendem wettbewerblichem Dialog, und Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung gemäß Artikel 127; in diesen Fällen stehen die betreffenden Kriterien lediglich in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessenbekundung;

b)      die Zuschlagskriterien und ihre relative Gewichtung, oder gegebenenfalls eine Rangfolgendarstellung dieser Kriterien, falls diese Information nicht aus der Bekanntmachung hervorgeht;

…“

6        Art. 135 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen sieht vor:

„Der öffentliche Auftraggeber legt klare, nicht diskriminierende Auswahlkriterien fest.“

7        Art. 138 der Durchführungsbestimmungen lautet:

„(1)      Für die Erteilung des Zuschlags bestehen zwei Möglichkeiten:

a)      bei der Vergabe im Preiswettbewerb erhält das unter allen ordnungsgemäßen und anforderungsgerechten Angeboten preisgünstigste Angebot den Zuschlag;

b)      bei der Vergabe im Leistungswettbewerb erhält das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag.

(2)      Das wirtschaftlich günstigste Angebot ist das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis, das anhand von Kriterien wie vorgeschlagener Preis, technischer Wert, Ästhetik und Zweckmäßigkeit, Umweltaspekte, Betriebskosten, Ausführungs- oder Lieferfrist, Kundendienst und technische Unterstützung ermittelt wird.

(3)      Der öffentliche Auftraggeber macht in der Bekanntmachung des Auftrags oder in den Verdingungsunterlagen genaue Angaben zur relativen Gewichtung der Kriterien, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zugrunde gelegt werden.“

8        Art. 149 Abs. 2 und 3 der Durchführungsbestimmungen legt fest:

„(2)      Der öffentliche Auftraggeber übersendet binnen 15 Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags die in Artikel 100 Absatz 2 der Haushaltsordnung genannten Informationen.

(3)      Bei Aufträgen, die die Gemeinschaftsorgane gemäß Artikel 105 der Haushaltsordnung für eigene Rechnung vergeben, teilt der öffentliche Auftraggeber sobald wie möglich nach Ergehen des Beschlusses über die Zuschlagserteilung, spätestens jedoch im Laufe der darauf folgenden Woche, allen abgelehnten Bietern oder Bewerbern in einem Schreiben und per Fax oder E-Mail zeitgleich mit, dass ihr Angebot oder ihre Bewerbung nicht ausgewählt worden ist; die Mitteilung ist an jeden einzelnen Bieter bzw. Bewerber persönlich zu richten und muss die jeweiligen Gründe für die Ablehnung de[s] Angebots bzw. der Bewerbung enthalten.

Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet zeitgleich mit der Übersendung der vorgenannten Mitteilung an die abgelehnten Bieter oder Bewerber den ausgewählten Auftragnehmer von der Erteilung des Zuschlags und weist ihn darauf hin, dass diese Tatsache allein noch keinerlei Verpflichtung seitens des öffentlichen Auftraggebers begründet.

Den abgelehnten Bewerbern oder Bietern, die schriftlich mit Schreiben, Fax oder E-Mail darum ersuchen, werden ergänzende Auskünfte zu den Gründen für die Ablehnung und im Falle der Einreichung eines anforderungsgemäßen Angebots und vorbehaltlich Artikel 100 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Haushaltsordnung auch Informationen über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie die Identität des Zuschlagsempfängers mitgeteilt. Die Antwort des öffentlichen Auftraggebers erfolgt binnen einer Frist von höchstens 15 Kalendertagen nach Eingang des Ersuchens um ergänzende Auskünfte.

…“

2.     Vergabebekanntmachung und Verdingungsunterlagen

9        In der Vergabebekanntmachung und in den Verdingungsunterlagen ist angegeben, dass die Rahmenvereinbarung für das jeweilige Los mit nur einem Anbieter geschlossen werde, nämlich mit demjenigen, der das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien abgebe. In der Vergabebekanntmachung wird weiter ausgeführt, dass die Rahmenvereinbarung zunächst für eine Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen und einmal verlängert werden könne; der geschätzte Gesamtwert des Auftrags für die Gesamtlaufzeit der Rahmenvereinbarung (maximal vier Jahre) belaufe sich auf 6 500 000 Euro.

10      Die Verdingungsunterlagen sehen ein vierstufiges Verfahren vor. Auf der ersten Stufe werden Ausschlusskriterien angewandt (Ziff. 3.1 der Verdingungsunterlagen). Auf der zweiten Stufe kommen Auswahlkriterien zur Anwendung (Ziff. 3.2 der Verdingungsunterlagen), um die finanzielle, wirtschaftliche, technische und fachliche Eignung des Bieters zu prüfen: Es soll zum einen – für alle Lose – die finanzielle und wirtschaftliche Eignung (anhand der geprüften Jahresabschlüsse der Bieter für die letzten drei Jahre und des Umsatzes für Dienstleistungen mit einem Wert von mindestens 180 000 Euro) und zum anderen – getrennt für jedes einzelne der drei Lose, aus denen die Ausschreibung besteht – die technische und fachliche Eignung geprüft werden (für die u. a. gefordert wird, dass ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden ist, eine mindestens dreijährige Erfahrung mit der Erstellung von Websites vorliegt und während der letzten fünf Jahre mindestens dreimal und für mindestens drei verschiedene Kunden Dienstleistungen in dem betreffenden Bereich erbracht worden sind, wobei mindestens ein Projekt eine internationale Dimension aufweisen muss). Auf der dritten Stufe kommen die Zuschlagskriterien zur Anwendung (Prüfung des Inhalts des Angebots) (Ziff. 3.3 der Verdingungsunterlagen).

11      Hinsichtlich der technischen Bewertung werden in den Verdingungsunterlagen vier Zuschlagskriterien genannt. Die Kriterien für die Lose Nrn. 1 und 2 stimmen weitgehend überein und lauten wie folgt:

–        qualitative Zuschlagskriterien für das Los Nr. 1 (Gesamtpunktzahl 100):

–        Kriterium Nr. 1: gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben (30 Punkte);

–        Kriterium Nr. 2: Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des Projektmanagement- und Qualitätssicherungsplans (im Folgenden: PMQP) (10 Punkte);

–        Kriterium Nr. 3: Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 1 (30 Punkte);

–        Kriterium Nr. 4: Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 2 (30 Punkte);

–        qualitative Zuschlagskriterien für das Los Nr. 2 (Gesamtpunktzahl 100):

–        Kriterium Nr. 1: gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben (30 Punkte);

–        Kriterium Nr. 2: Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des PMQP (10 Punkte);

–        Kriterium Nr. 3: Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 1 (30 Punkte);

–        Kriterium Nr. 4: Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 2 (30 Punkte).

12      Den Verdingungsunterlagen zufolge werden Bieter, die weniger als 70 % der maximal vergebenen Gesamtpunktzahl oder weniger als 50 % der Punkte für ein einzelnes Kriterium erreichen, automatisch vom weiteren Verfahren ausgeschlossen.

13      Die Ausschreibungsunterlagen sehen im Anschluss daran eine finanzielle Bewertung vor, die sich auf die in den Angeboten genannten Preise stützt und gemäß dem Formular in Ziff. 5.5 der Verdingungsunterlagen durchgeführt wird.

14      Auf der vierten Stufe wird der Vertrag für jedes Los an das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis vergeben, das anhand des Verhältnisses zwischen den für jedes Los zuerkannten Punkten und dem geforderten Preis ermittelt wird.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

15      Die Klägerin, die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, ist eine Gesellschaft griechischen Rechts, die auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie tätig ist.

16      Mit einer Vergabebekanntmachung vom 29. Juli 2006, die im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. S 143) unter der Nr. 2006/S 143-153057 veröffentlicht wurde, nahm die Kommission eine Ausschreibung für das Management und die Pflege des Portals „Europa für Sie“ im Rahmen des Programms IDABC (Interoperabilität europaweiter elektronischer Behördendienste für öffentliche Verwaltungen, Unternehmen und Bürger) vor.

17      Gegenstand dieser Ausschreibung war der Abschluss von drei Rahmenvereinbarungen für drei verschiedene Lose (Herausgebertätigkeiten und Übersetzung [Los Nr. 1], Infrastrukturmanagement [Los Nr. 2] und Werbedienste [Los Nr. 3]) zur Unterstützung des Managements und zur Fortführung der Pflege des Portals „Europa für Sie“.

18      Die Bieter durften Angebote für ein einzelnes oder für mehrere Lose abgeben. In der Vergabebekanntmachung und in den Verdingungsunterlagen ist angegeben, dass die Rahmenvereinbarung für das jeweilige Los mit nur einem Wirtschaftsteilnehmer geschlossen werde, nämlich demjenigen, der das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die in den Verdingungsunterlagen aufgeführten Kriterien abgebe. In der Vergabebekanntmachung vom 29. Juli 2006 wird weiter ausgeführt, dass die Rahmenvereinbarung zunächst für eine Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen und einmal verlängert werden könne; der geschätzte Gesamtwert des Auftrags für die Gesamtlaufzeit der Rahmenvereinbarung (maximal vier Jahre) belaufe sich auf 6 500 000 Euro. Der geschätzte Wert pro Los sei 2 250 000 Euro für das Los Nr. 1, 1 650 000 Euro für das Los Nr. 2 und 2 600 000 Euro für das Los Nr. 3.

1.     Zum Los Nr. 1

19      Am 4. August 2006 ersuchte die Klägerin die Generaldirektion (GD) „Unternehmen und Industrie“ der Kommission um Mitteilung des aktuellen Quellcodes des Portals „Europa für Sie“. Die GD „Unternehmen und Industrie“ lehnte dieses Ersuchen zunächst als nicht sachdienlich ab. Am 14. August 2006 erklärte sie sich schließlich bereit, der Klägerin den Quellcode zu übermitteln.

20      Am 14. September 2006 bat die Klägerin um weitere Erläuterungen zu den wirtschaftlichen und finanziellen Fragen der Ausschreibung. Die GD „Unternehmen und Industrie“ teilte die Antwort auf die Fragen allen Bietern in einem Schreiben vom 14. September 2006 mit. Ferner richtete die Kommission ein auf den 21. September 2006 datiertes separates Schreiben an die Klägerin.

21      Am 19. September 2006 reichte die Klägerin ihr Angebot für das Los Nr. 1 der oben genannten Ausschreibung ein.

22      Die GD „Unternehmen und Industrie“ ersuchte die Klägerin zweimal um weiter gehende Klarstellungen. Die Klägerin beantwortete diese Ersuchen am 23. und 28. November 2006.

23      Im Januar 2007 übernahm die GD „Informatik“ während des laufenden Ausschreibungsverfahrens alle Ausschreibungen der GD „Unternehmen und Industrie“ und setzte den Schriftverkehr mit der Klägerin fort.

24      Mit Schreiben der GD „Informatik“ vom 21. Mai 2007 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr Angebot für das Los Nr. 1 abgelehnt worden sei, weil es nicht die in Ziff. 3.3 der Verdingungsunterlagen genannten Mindestpunktwerte hinsichtlich der technischen Bewertung erreicht habe.

25      Am 22. Mai 2007 bat die Klägerin die Kommission um Erläuterungen des Schreibens, mit dem ihr Angebot abgelehnt worden war. Dieses Auskunftsersuchen betraf den Namen des ausgewählten Bieters, die Ergebnisse, die die Klägerin und der ausgewählte Bieter bei den einzelnen Kriterien für die technische Bewertung erzielt hatten, und den Vergleich der Angebote in finanzieller Hinsicht. Die Klägerin bat außerdem um eine Kopie des Berichts des Bewertungsausschusses.

26      Mit Schreiben vom 29. Mai 2007 übermittelte die Kommission der Klägerin den Namen des ausgewählten Bieters (ASCII‑Sword Technologies) sowie zwei Auszüge aus dem Bewertungsbericht, die zum einen die Begründung für die an die Klägerin vergebenen Punkte und zum anderen den Vergleich der für die beiden Angebote vergebenen Punkte enthielten.

27      Mit Schreiben vom 29. Mai 2007 beanstandete die Klägerin die Art und Weise, in der das Bewertungsverfahren verlaufen war. Sie beanstandete insbesondere, dass das IDABC‑Projekt „Europa für Sie“ von der GD „Unternehmen und Industrie“ auf die GD „Informatik“ übergegangen sei. Sie forderte die GD „Informatik“ zudem auf, den Vertrag mit dem ausgewählten Bieter nicht zu unterzeichnen, bis sie den detaillierten Bericht erhalten habe.

28      Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 antwortete die Kommission der Klägerin, dass der Übergang der Ausschreibung von der GD „Unternehmen und Industrie“ auf die GD „Informatik“ keine Auswirkung auf das Bewertungsverfahren gehabt habe und die bereits mitgeteilten Informationen ausreichten, um die Bewertung ihres Angebots nachzuvollziehen.

29      Am 31. Mai 2007 wiederholte die Klägerin ihr Auskunftsersuchen und begründete dieses am 4. Juni 2007 mittels Vorlage weiterer Unterlagen, in denen jedes ihrer Argumente aufgegriffen wurde, weitergehend.

30      Am 13. Juni 2007 antwortete die Kommission auf die Bemerkungen der Klägerin, dass keine Information vorenthalten worden sei und der Bewertungsausschuss keinen Fehler begangen habe.

2.     Zum Los Nr. 2

31      Die Klägerin legte am 19. September 2006 ein Angebot für das Los Nr. 2 vor.

32      Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Angebot abgelehnt worden sei, da es nicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufgewiesen habe.

33      Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 ersuchte die Klägerin die GD „Informatik“ um Erläuterung der Gründe für die Ablehnung ihres Angebots und trug hierbei das Gleiche vor wie in Bezug auf das Los Nr. 1.

34      Mit Schreiben vom 16. Juli 2007 antwortete die Kommission der Klägerin, dass der Vertrag an das Konsortium ASCII‑Sword Technologies vergeben worden sei, und übermittelte ihr Auszüge aus dem Bewertungsbericht, die zum einen die Begründung für die an die Klägerin vergebenen Punkte und zum anderen den Vergleich der für die beiden Angebote vergebenen Punkte enthielten.

35      Mit Schreiben vom 25. Juli 2007 forderte die Klägerin die Kommission auf, den Vertrag mit dem ausgewählten Bieter nicht zu unterzeichnen, bis ihr Auskunftsersuchen behandelt worden sei.

 Verfahren und Anträge der Parteien

36      Mit am 31. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, die sich gegen die Entscheidungen der Kommission vom 21. Mai 2007 (im Folgenden: Entscheidung vom 21. Mai 2007) und vom 13. Juli 2007 (im Folgenden: Entscheidung vom 13. Juli 2007) richtet, ihr Angebot für das Los Nr. 1 sowie das Los Nr. 2 zurückzuweisen und den Auftrag an den ausgewählten Bieter zu vergeben.

37      Die Klägerin beantragt,

–        die Entscheidungen vom 21. Mai und 13. Juli 2007, ihre Angebote nicht zu berücksichtigen und die Aufträge an den ausgewählten Bieter zu vergeben, für nichtig zu erklären;

–        die Kommission zum Ersatz des infolge der Vergabe der Aufträge an andere Bieter entstandenen Schadens in Höhe von 1 125 000 Euro für das Los Nr. 1 und 825 000 für das Los Nr. 2 zu verurteilen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen, auch wenn die Klage abgewiesen werden sollte.

38      Die Kommission beantragt,

–        die Nichtigkeitsklage abzuweisen;

–        den Schadensersatzantrag für unzulässig, hilfsweise, für unbegründet zu erklären;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

39      In ihrer Erwiderung hat die Klägerin den mit ihrem Schadensersatzantrag geforderten Betrag auf 750 000 Euro für das Los Nr. 1 und auf 400 000 Euro für das Los Nr. 2 reduziert.

40      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin drei neue Schriftstücke vorgelegt, nämlich einen finanziellen Prüfungsbericht, eine an sie gerichtete E-Mail der Kommission und ein Schriftstück mit einer anderen Ausschreibung. Die Kommission hat sich zur Zulässigkeit der Vorlage des ersten Schriftstücks und zur Erheblichkeit aller dieser Schriftstücke für die Entscheidung des Rechtsstreits geäußert.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung

41      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen vom 21. Mai 2007 und vom 13. Juli 2007 im Wesentlichen auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt. Mit dem zweiten Klagegrund werden offenkundige Ermessensfehler bei der Bewertung ihres Angebots geltend gemacht. Mit dem dritten Klagegrund wird die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenzpflicht beanstandet.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht

 Vorbringen der Parteien

42      Der Klägerin zufolge hat die Kommission die Begründungspflicht verletzt, da sie ihr keine Auskunft zu den Vorzügen des Angebots des ausgewählten Bieters erteilt habe.

43      Die Kommission meint, dass die Begründung im Einklang mit der Rechtsprechung sowie der Haushaltsordnung stehe. Sie habe sowohl für das Los Nr. 1 als auch für das Los Nr. 2 einen Auszug des Bewertungsberichts übermittelt, in dem die Vorteile des Angebots der Klägerin mit denen des Angebots des ausgewählten Bieters verglichen worden seien. Sie habe ihrer Begründungspflicht genügt, und das Gericht verfüge über genügend Informationen, um eine Entscheidung erlassen zu können.

 Würdigung durch das Gericht

44      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission hinsichtlich der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind, über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügt. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich daher auf die Prüfung, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteile des Gerichts vom 27. September 2002, Tideland Signal/Kommission, T‑211/02, Slg. 2002, II‑3781, Randnr. 33, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45).

45      Allerdings kommt der Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, in den Fällen, in denen der Kommission ein weites Ermessen eingeräumt ist, eine besonders fundamentale Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, seine Entscheidungen hinreichend zu begründen. Nur so ist der Gemeinschaftsrichter in der Lage, zu überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14, Urteile des Gerichts Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 54, und vom 20. Mai 2009, VIP Car Solutions/Parlament, T‑89/07, Slg. 2009, II‑1403, Randnr. 61).

46      Das Begründungserfordernis ist zudem anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere anhand des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Ferner handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, Slg. 2001, I‑2481, Randnr. 35, Urteile des Gerichts vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑406/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47, und VIP Car Solutions/Parlament, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 63).

48      Schließlich enthalten Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen für die Begründung von Entscheidungen, mit denen die von Bietern im Rahmen einer Ausschreibung vorgelegten Angebote abgelehnt werden, spezielle Vorschriften, die im vorliegenden Fall anwendbar sind.

49      Aus diesen Artikeln und aus der Rechtsprechung des Gerichts ergibt sich, dass die Kommission ihrer Begründungspflicht genügt, wenn sie zunächst die unterlegenen Bieter unverzüglich über die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots unterrichtet und anschließend den Bietern, die ein anforderungsgemäßes Angebot vorgelegt haben und dies ausdrücklich beantragen, innerhalb einer Frist von 15 Kalendertagen ab Eingang eines schriftlichen Antrags die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des erfolgreichen Bieters mitteilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 47).

50      Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der in Art. 253 EG verankerten Begründungspflicht, wonach die Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass ihr die Betroffenen im Hinblick auf die Geltendmachung ihrer Rechte die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Richter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 48).

51      Im Licht dieser Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen.

–       Zur in der Entscheidung vom 21. Mai 2007 und dem Schreiben vom 29. Mai 2007 enthaltenen Begründung (Los Nr. 1)

52      Um festzustellen, ob im vorliegenden Fall dem in der Haushaltsordnung sowie den Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Begründungserfordernis Genüge getan ist, muss nicht nur die Entscheidung vom 21. Mai 2007, sondern auch das Schreiben vom 29. Mai 2007 geprüft werden, das der Klägerin als Antwort auf ihr ausdrückliches Ersuchen vom 22. Mai 2007 um ergänzende Auskünfte zur Ablehnung ihres Angebots zugesandt worden war.

53      Im Schreiben vom 21. Mai 2007 gab die Kommission an, dass das Angebot der Klägerin nicht die in Ziff. 3.3 der Verdingungsunterlagen festgelegten Mindestpunktwerte erreicht habe. Sie teilte der Klägerin außerdem mit, dass es möglich sei, zusätzliche Auskünfte zu den Gründen für die Ablehnung ihres Angebots zu erhalten.

54      Das schriftliche Ersuchen der Klägerin vom 22. Mai 2007 beantwortete die Kommission mit Schreiben vom 29. Mai 2007, das mehrere Angaben zu den von der Klägerin verlangten Erläuterungen enthielt. Die Kommission nannte den Namen des ausgewählten Bieters und gab an, dass dieser für die Qualität seines Angebots 72 von 100 Punkten erhalten und ein Endergebnis von 1,170 erzielt habe.

55      Die Kommission fügte dem Schreiben vom 29. Mai 2007 zwei Auszüge aus dem Bewertungsbericht bei; einer davon enthielt Anmerkungen zur Begründung der Ergebnisse, die das Angebot der Klägerin bei den vier Kriterien für die technische Bewertung erhalten hatte; der andere enthielt folgende Tabelle:

Kriterium

Beschreibung

European Dynamics

ASCII Sword Technologies

Maximale Punktzahl

1

Gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben

16

26,667

30

2

Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des PMQP (s. Abschnitt 4.3.8.3)

7

8,333

10

3

Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben des Szenarios (s. Abschnitt 4.4.3.1)

21,667

18

30

4

Qualität und Vollständigkeit des spezifischen Ansatzes für die Durchführung aller Aufgaben des Szenarios (s. Abschnitt 4.4.3.1)

14

19

30

Summe

 

58,667

72

100


56      Zwar stimmt die Formulierung der qualitativen Zuschlagskriterien Nr. 3 und Nr. 4, die in der dem Schreiben vom 29. Mai 2007 beigefügten Tabelle genannt werden, mit dem in den Verdingungsunterlagen angegebenen Wortlaut nicht vollständig überein. Aus dem Schreiben vom 29. Mai 2007 geht jedoch eindeutig hervor, dass sich die Kommission auf die qualitativen Zuschlagskriterien Nr. 3 und Nr. 4 von Los Nr. 1 bezog – was die Klägerin im Übrigen nie bestritten hat – und dass der Fehler bei der Formulierung der betreffenden in der Tabelle genannten Kriterien auf einem offensichtlichen Schreibfehler beruht, der keine Auswirkung auf die angefochtene Entscheidung hat.

57      Die Entscheidung vom 21. Mai 2007 stützt sich zudem nicht auf einen Vergleich der Leistungen der Klägerin und des ausgewählten Bieters, sondern auf den Umstand, dass das Angebot der Klägerin nicht die für die technischen Bewertungskriterien erforderliche Mindestpunktzahl erhalten hat.

58      Nach dem Wortlaut der Ausschreibung wurden nur Angebote, die mindestens 70 % der Gesamtpunktzahl für die technischen Bewertungskriterien und mindestens 50 % der Punkte für jedes einzelne technische Bewertungskriterium erreicht hatten, als im Hinblick auf diese Kriterien ausreichend angesehen und anschließend zur Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots geprüft.

59      Das Angebot der Klägerin wurde somit nicht infolge eines Vergleichs mit den anderen Angeboten, insbesondere mit dem des ausgewählten Bieters, ausgeschlossen, sondern deshalb, weil die jeweils erforderliche Mindestpunktzahl für eines der Kriterien und die Mindestpunktzahl für alle Kriterien nicht erreicht worden waren.

60      Die von der Kommission gegebenen Auskünfte genügten daher im vorliegenden Fall den insoweit geltenden Anforderungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnrn. 106 bis 108).

61      In Anbetracht dessen wurde nach Ansicht des Gerichts die in Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und in Art. 149 der Durchführungsbestimmungen vorgesehene Verpflichtung zur Mitteilung der Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots im vorliegenden Fall eingehalten.

62      Aus allen diesen Gründen ist der Klagegrund, mit dem in Bezug auf die Entscheidung vom 21. Mai 2007 ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird, zurückzuweisen.

–       Zur in der Entscheidung vom 13. Juli 2007 und dem Schreiben vom 16. Juli 2007 enthaltenen Begründung (Los Nr. 2)

63      Um festzustellen, ob im vorliegenden Fall dem in der Haushaltsordnung sowie den Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Begründungserfordernis Genüge getan ist, müssen das Schreiben vom 13. Juli 2007 und das Schreiben vom 16. Juli 2007 geprüft werden, das der Klägerin als Antwort auf ihr ausdrückliches Ersuchen vom 13. Juli 2007 um ergänzende Auskünfte zur Ablehnung ihres Angebots zugesandt worden war.

64      Im Schreiben vom 13. Juli 2007 gab die Kommission an, dass das Angebot der Klägerin zurückgewiesen worden sei, da es nicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufgewiesen habe.

65      Das schriftliche Ersuchen der Klägerin vom 13. Juli 2007 beantwortete die Kommission mit Schreiben vom 16. Juli 2007, das mehrere Angaben zu den von der Klägerin verlangten Erläuterungen enthielt. Die Kommission nannte den Namen des ausgewählten Bieters und gab an, dass dieser für die Qualität seines Angebots 83,33 von 100 Punkten erhalten und ein Endergebnis von 0,5911 erzielt habe, während die Klägerin für die Qualität ihres Angebots lediglich 70,33 von 100 Punkten erhalten und ein Endergebnis von nur 0,5725 erzielt habe.

66      Die Kommission fügte dem Schreiben vom 16. Juli 2007 zwei Auszüge aus dem Bewertungsbericht bei; einer davon enthielt Anmerkungen zur Begründung der Ergebnisse, die das Angebot der Klägerin bei den vier Kriterien für die technische Bewertung erhalten hatte; der andere enthielt folgende Tabelle:

Kriterium

Beschreibung

European Dynamics

ASCII Sword Technologies

Maximale Punktzahl

1

Gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben

24,67

25,67

30

2

Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des PMQP

6,67

7,67

10

3

Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 1

17

25

30

4

Qualität und Vollständigkeit des spezifischen Ansatzes für die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 2

22

25

30

Summe

 

70,33

83,33

100


67      In diesem Fall lag das Ergebnis, das das Angebot der Klägerin erhalten hat, über der Mindestpunktzahl, die zum einen für die Gesamtheit der Vergabekriterien und zum anderen für jedes einzelne Vergabekriterium erforderlich war. Anschließend prüfte die Kommission zur Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots die finanziellen Vorschläge der Bieter, die ein Angebot vorgelegt hatten, das die erforderlichen Mindestpunktzahlen erreicht hatte, einschließlich des Angebots der Klägerin. Die Kommission entschied daher nach einem Vergleich mit den anderen Angeboten und insbesondere mit dem des ausgewählten Bieters, das Angebot der Klägerin nicht zu berücksichtigen.

68      Diese Umstände und – wie in der vorstehenden Randnr. 45 ausgeführt – das der Kommission in diesem Bereich zustehende weite Ermessen sowie das sich daraus ergebende besonders fundamentale Erfordernis, ihre Entscheidungen hinreichend zu begründen, sind daher für die Entscheidung zu berücksichtigen, ob die Begründung, die in der Entscheidung vom 13. Juli 2007 und dem Schreiben vom 16. Juli 2007 enthalten ist, ausreicht.

69      Das Schreiben vom 16. Juli 2007 enthält Auszüge aus dem Bewertungsbericht mit Kommentaren zur Begründung der Ergebnisse, die das Angebot der Klägerin für jedes Zuschlagskriterium erhalten hatte. Hinsichtlich des Vergleichs der Leistungen der Klägerin und des ausgewählten Bieters enthält dieses Schreibens nur eine Tabelle, in der zum einen die Noten enthalten sind, die die Klägerin und der ausgewählte Bieter für die genannten Zuschlagskriterien erhalten hatten, und zum anderen das nach der Formel in Ziff. 3.3 der Verdingungsunterlagen errechnete Endergebnis, nämlich das Verhältnis zwischen der für die vier technischen Bewertungskriterien erreichten Gesamtpunktzahl und dem für das betreffende Los geforderten Preis, um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bestimmen. Das Schreiben vom 16. Juli 2007 enthält somit noch nicht einmal einen kurzen Kommentar zum Angebot des ausgewählten Bieters.

70      Unter diesen Umständen stellen sich die in der Entscheidung vom 13. Juli 2007 und im Schreiben vom 16. Juli 2007 enthaltenen Informationen als nicht ausreichend dar. Denn diese Angaben ermöglichen es weder der Klägerin, von den Merkmalen und Vorteilen des ausgewählten Angebots Kenntnis zu nehmen, noch dem Gericht, seine Kontrolle des von der Kommission vorgenommenen Vergleichs zwischen den Angeboten auszuüben.

71      Darüber hinaus war das Angebot der Klägerin finanziell günstiger als das des ausgewählten Bieters. Die Kommission hat den vom ausgewählten Bieter geforderten Gesamtpreis nicht ausdrücklich angegeben und sich insoweit auf die Angabe des Endergebnisses beschränkt, das dessen Angebot erzielt hatte; sie hat diesen Preis erst in der Klagebeantwortung in einer Tabelle genannt.

72      Obwohl der ausgewählte Bieter einen höheren Preis gefordert hat als die Klägerin, hat die Kommission angenommen, dass das Angebot des ausgewählten Bieters das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis aufweise und daher wirtschaftlich günstiger sei. Ausschlaggebend war also die Bewertung der Qualität des Angebots im Hinblick auf die qualitativen Zuschlagskriterien. Unter den vorliegenden Umständen bedurfte es somit der Angaben zu den Zuschlagskriterien umso mehr, als der von der Klägerin geforderte Preis niedriger war als der, den der ausgewählte Bieter verlangt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil VIP Car Solutions/Parlament, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 71).

73      Infolgedessen ist festzustellen, dass die Kommission ihrer Begründungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, da die Entscheidung vom 13. Juli 2007 und das Schreiben vom 16. Juli 2007 inhaltlich nicht den durch Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 der Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Anforderungen genügen.

74      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Entscheidung vom 13. Juli 2007, das Angebot der Klägerin abzulehnen und den Auftrag an den ausgewählten Bieter zu vergeben, mit einem Begründungsmangel behaftet ist.

75      Die Entscheidung vom 13. Juli 2007 ist daher für nichtig zu erklären, ohne dass es einer Entscheidung über die anderen von der Klägerin in Bezug auf das Los Nr. 2 angeführten Klagegründe sowie darüber bedarf, ob es erforderlich ist, von der Kommission die Vorlage des Berichts des Bewertungsausschusses zu verlangen.

 Zum Klagegrund offenkundiger Ermessensfehler (Los Nr. 1)

76      Da die Klage hinsichtlich der Entscheidung vom 13. Juli 2007 begründet ist, ist die Prüfung des Klagegrundes, mit dem offenkundige Ermessensfehler gerügt werden, auf die Entscheidung vom 21. Mai 2007 zu beschränken.

77      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission hinsichtlich der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind, über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügt. Die Kontrolle durch das Gericht muss sich auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 24. Februar 2000, ADT Projekt/Kommission, T‑145/98, Slg. 2000, II‑387, Randnr. 147, vom 6. Juli 2005, TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, T‑148/04, Slg. 2005, II‑2627, Randnr. 47, und vom 9. September 2009, Brink’s Security Luxembourg/Kommission, T‑437/05, Slg. 2009, II‑0000, Randnr. 193).

78      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Verdingungsunterlagen, dass der Auftrag gemäß Art. 97 Abs. 2 der Haushaltsordnung an das wirtschaftlich günstigste Angebot vergeben worden ist.

79      Somit ist innerhalb der Grenzen, die durch die vorstehend angeführte Rechtsprechung festgelegt worden sind, zu prüfen, ob der Kommission bei der Bewertung des Angebots im Hinblick auf die einzelnen Zuschlagskriterien offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen sind.

 Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 1: „gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben“

80      Das Angebot der Klägerin erhielt 16 von 30 möglichen Punkten für das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 1. Im Schreiben vom 29. Mai 2007 begründet die Kommission diese Note damit, dass der methodische Ansatz für die im Zusammenhang mit Herausgebertätigkeiten stehenden Dienstleistungen unspezifisch sei und die Klägerin weder den angestrebten Inhalt noch das Zielpublikum des Portals „Europa für Sie“ vollständig erfasst habe, da sie die Einrichtung eines „News Desk“ vorgeschlagen habe, das nicht zur Aufgabenstellung des Projekts passe, und als Zielgruppe potenzielle Investoren mit Interesse an der vom Portal „Europa für Sie“ lancierten und geförderten Art von Innovationen nenne. Außerdem stütze sich die Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung auf die „XPR-Methode“, die überhaupt nicht der in den Verdingungsunterlagen enthaltenen Aufgabenbeschreibung für das Los Nr. 1 entspreche. Schließlich sei unklar, ob die Übersetzungen mittels sogenannter Relaissprachen angefertigt oder aber unmittelbar erstellt würden.

81      Die Klägerin bemerkt zunächst, dass die im Bewertungsbericht enthaltenen positiven Aussagen im Widerspruch zu der Benotung (16 von 30 Punkten) stünden, die sie für dieses Zuschlagskriterium erhalten habe. Als einzigen negativen Gesichtspunkt führe der Bericht an, dass im Angebot angegeben worden sei, dass die Europäische Union elf Amtssprachen habe; hierbei handele es sich jedoch lediglich um einen offensichtlichen Schreibfehler.

82      Ferner habe sie alle Inhaltsarten des derzeitigen Portals und alle mit Herausgebertätigkeiten in Zusammenhang stehenden Gesichtspunkte angesprochen sowie ein vertieftes Verständnis der zu erledigenden Aufgaben gezeigt. Sie habe absichtlich Inhaltsarten genannt, die nicht Bestandteil des derzeitigen Portals seien, u. a. den Inhalt „flash“, um ihre allgemeine Fähigkeit zu belegen, alle Inhaltsarten eines modernen Portals zu bearbeiten und sich somit während der Vertragsdurchführung neuen Inhalten anpassen zu können.

83      Die Klägerin wendet sich – unter Hinweis auf ein Dokument – gegen die Einschätzung der Kommission, dass der methodische Ansatz für die im Zusammenhang mit Herausgebertätigkeiten stehenden Dienstleistungen unspezifisch sei. Im Hinblick auf „Qualitätssicherung“ und „Qualitätskontrolle“ sei ihr Angebot als „positiv“ und „gut ausgearbeitet“ bewertet worden, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb es von der Kommission sehr schlechte technische Noten erhalten habe. Die Klägerin beanstandet die Wertung der Kommission, dass ihre Entscheidung, die angeführte „XPR-Methode“ vorzuschlagen, nicht der Art und Weise entspreche, in der die Aufgaben für das Los Nr. 1 in den Verdingungsunterlagen beschrieben seien. Insoweit habe sie einen Überblick über die „allgemeine Philosophie“ des Bieters in Sachen Qualität geben wollen.

84      Die Klägerin wendet sich gegen die Wertung der Kommission, ihr Ansatz in Bezug auf Übersetzungen sei nicht eindeutig hinsichtlich der Frage, ob für diese Relaissprachen verwendet würden. Dies sei eine Frage, die nicht zum Zeitpunkt des Angebots, sondern während der Durchführung des Projekts im Hinblick auf dessen Laufzeitparameter beantwortet werden müsse. Bei den Übersetzern handele es sich in jedem Fall um Personen, deren Muttersprache die Zielsprache sei, und in ihrem Angebot habe sie angegeben, dass unmittelbare Übersetzungen vom Bieter „bevorzugt“ würden. Ihre Hinweise auf die Relaissprachen seien daher klar.

85      Nach Auffassung des Gerichts beruft sich die Klägerin erstens zu Unrecht darauf, dass die Benotung ihres Angebots in Bezug auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 1 mit 16 von 30 Punkten auf einen offensichtlichen Ermessensfehler zurückzuführen sei. Zum einen trifft die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe sie für einen offensichtlichen Schreibfehler, nämlich den Hinweis auf elf Amtssprachen der Union, bestraft, in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Denn aus der Entscheidung vom 21. Mai 2007 geht hervor, dass die Kommission das Vorliegen dieses offensichtlichen Schreibfehlers lediglich festgestellt hat, ohne daran negative Folgerungen für die Klägerin zu knüpfen. Zum anderen hat die Kommission – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – mehrere negative Bestandteile von deren Angebot angeführt, wie einen unspezifischen methodischen Ansatz sowie eine unzureichende Bestimmung des angestrebten Inhalts und des Zielpublikums, da die Einrichtung eines „News Desk“ vorgeschlagen worden sei, was nicht zur Aufgabenstellung des Projekts „Europa für Sie“ passe. Diese Gesichtspunkte lassen erkennen, dass die Kommission keinen offensichtlichen Ermessensfehler begangen hat, als sie das Angebot der Klägerin im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 1 mit 16 von 30 möglichen Punkten benotet hat.

86      Zweitens meint die Klägerin, dass ihr zu Unrecht vorgeworfen werde, einen unspezifischen methodischen Ansatz vorgelegt und weder den angestrebten Inhalt des Portals noch dessen Zielpublikum zutreffend bestimmt zu haben. Sie habe nämlich alle Inhaltsarten des derzeitigen Portals und alle mit Herausgebertätigkeiten in Zusammenhang stehenden Gesichtspunkte angesprochen, was sich aus den Abschnitten 2 bis 5 (S. 634 bis 644) sowie den Abschnitten 1 bis 8 (S. 818 bis 865) ihres Angebots ergebe.

87      Diese Argumente greifen nach Auffassung des Gerichts nicht durch. Zunächst tut die Klägerin, indem sie sich auf die Erwähnung der vorgenannten Abschnitte ihres Angebots beschränkt, nicht dar, dass die Wertung der Kommission, der in ihrem Angebot dargestellte methodische Ansatz sei unspezifisch, offensichtlich fehlerhaft ist. Insbesondere beziehen sich einige dieser Abschnitte des Angebots auf die thematischen Bereiche des Portals (S. 634 bis 636 des Angebots). Andere Abschnitte des Angebots (S. 637 und 638) betreffen die erleichterte Nutzung des Portals, was die Kommission im Übrigen als interessant gewertet hat, oder beschreiben das derzeitige Portal, indem sie sich auf eine Wiedergabe der Verdingungsunterlagen beschränken. Die letzten Abschnitte des Angebots (S. 822 bis 855), auf die sich die Klägerin beruft, beschreiben den methodischen Ansatz für die Erbringungen der Dienstleistungen des „Work Package 1.1“.

88      Die Kommission hat ferner keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie darauf hinwies, dass der Inhalt des Portals nicht zutreffend bestimmt worden sei, da sich das Angebot auf neue Dienstleistungen beziehe. Denn der Inhalt „flash“, auf den die Klägerin in ihrem Angebot verwiesen hat, passte nicht zu den Zielen des Portals. Wie aus den Verdingungsunterlagen hervorgeht, soll das Portal eine permanente Datenbank zur Verfügung stellen, deren Inhalt sich selten ändert und höchstens zweimal im Jahr angepasst wird. Folglich ist der Inhalt „flash“, der eine fortlaufende Anpassung des Inhalts ermöglicht, offensichtlich nicht von Nutzen und war im Übrigen in den Verdingungsunterlagen nicht vorgesehen.

89      Ebenfalls zu Recht hat die Kommission festgestellt, dass die Klägerin in Anbetracht der in ihrem Angebot enthaltenen Hinweise auf die Einrichtung eines „News Desk“, das nicht zur Aufgabenstellung des Projekts „Europa für Sie“ passe, sowie auf ein „spezifisches Zielpublikum, das aus potenziellen Investoren … mit Interesse an der vom Portal ‚Europa für Sie‘ lancierten und geförderten Art von Innovationen besteht“, weder den angestrebten Inhalt noch das Zielpublikum des Portals „Europa für Sie“ vollständig erfasst habe. Das Vorbringen der Klägerin, dass die Hinzufügung neuer Inhalte zum Portal ein positiver Gesichtspunkt sei, kann insoweit keinen Erfolg haben. Denn wie die Kommission zutreffend und von der Klägerin unwidersprochen vorträgt, hat diese in ihrem Angebot nicht eindeutig angegeben, dass sie anbiete, in das Portal einen Inhalt aufzunehmen, der über die Vorgaben in den Verdingungsunterlagen hinausgehe.

90      Schließlich besteht kein Widerspruch zwischen der Aussage, dass „[d]as allgemeine Verständnis des Kontextes des Angebots … zutreffend“ sei, und der Aussage, dass „[d]er methodische Ansatz … unspezifisch“ sei, da diese beiden Aussagen lediglich bedeuten, dass die Klägerin den Zweck der Ausschreibung im Allgemeinen gut verstanden hat, der von ihr vorgeschlagene Ansatz aber nicht hinreichend präzise oder ausreichend detailliert war.

91      Was drittens die „Qualitätssicherung“, die „Qualitätskontrolle“ und die verwendete Methodik betrifft, beanstandet die Klägerin die Wertung der Kommission, dass die Entscheidung, die angeführte „XPR-Methode“, d. h. eine Methode, die sich auf ein Entwicklungsprogramm für Internetdienste stütze, vorzuschlagen, nicht der Art und Weise entspreche, in der die Aufgaben für das Los Nr. 1 in den Verdingungsunterlagen beschrieben seien. Sie verweist insoweit auf mehrere Abschnitte ihres Angebots (Abschnitte 3.4.2 bis 3.4.6, S. 837 bis 842, Abschnitte 2 bis 4, S. 1 bis 33 [S. 495 bis 526] und Abschnitt V., S. V-1 bis V-77 [S. 534 bis 610]), in denen sie die Methodik zur „Qualitätssicherung“ und „Qualitätskontrolle“ in Bezug auf Herausgebertätigkeiten im Einzelnen darstelle. Die „XPR-Methode“ werde lediglich im einleitenden Abschnitt ihres Angebots erwähnt, der einen Überblick über die „allgemeine Philosophie“ des Bieters in Sachen Qualität (S. 836 des Angebots) gebe.

92      Vor dem Gericht hat die Kommission zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beschreibung der Grundsätze zur „Qualitätssicherung“ unspezifisch war und die Abschnitte, auf die sich die Klägerin beruft, den Anforderungen der Verdingungsunterlagen zu „WP 1.1 Task 4“ („Durchführung der Qualitätssicherung und ‑kontrolle in Bezug auf die geschaffenen, aktualisierten und entgegengenommenen Inhalte vor ihrer Veröffentlichung auf dem Portal“) nicht in ausreichendem Maße entsprachen. Denn die bloße Lektüre der Seiten des Angebots der Klägerin, auf die diese verweist, rechtfertigt die Annahme, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese lediglich unspezifische Aussagen enthielten. Insoweit verweist die Klägerin lediglich allgemein auf die vorerwähnten Abschnitte ihres Angebots, trägt aber keine konkreten Argumente vor, die einen offensichtlichen Fehler belegen, der die Wertung der Kommission zu dieser Frage beeinflussen könnte.

93      Zudem vermag das Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission nicht verstanden habe, dass die „XPR-Methode“ in einem einleitenden Abschnitt vorgestellt worden sei, der einen Überblick über die „allgemeine Philosophie“ des Bieters in Sachen „Qualitätskontrolle“ gebe, und in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den die Herausgebertätigkeiten betreffenden Aspekten von Los Nr. 1 stehe, nichts daran zu ändern, dass das Angebot im Hinblick auf die „Qualitätskontrolle“ unspezifisch war. Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass sich die Kommission insoweit nicht an das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 1 gehalten hat. Die Kommission durfte sich im Gegenteil berechtigterweise auf den Genauigkeitsgrad des Angebots der Klägerin stützen, der ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Beurteilung der Qualität dieses Angebots ist.

94      Viertens bestreitet die Klägerin nicht, dass sie nicht klar angegeben hat, ob die Übersetzungen mittels sogenannter Relaissprachen angefertigt oder aber unmittelbar erstellt würden. Sie vertritt die Auffassung, dass sie die Frage der Verwendung einer Relaissprache nicht zum Zeitpunkt der Einreichung des Angebots beantworten müsse, sondern dass diese während der Projektdurchführung zu prüfen sei. Sie betont, dass die Übersetzer jedenfalls Personen seien, deren Muttersprache die Zielsprache sei, und dass in dem Angebot angegeben werde, dass unmittelbare Übersetzungen „bevorzugt“ würden.

95      Die Kommission hatte in ihrem Schreiben vom 29. Mai 2007 eine Unklarheit, wenn nicht sogar einen Widerspruch im Angebot der Klägerin festgestellt, da diese auf S. 873 ihres Angebots angegeben hatte, dass die Übersetzer in ihrer Muttersprache arbeiteten, während auf S. 644 des Angebots ausgeführt wird, dass „unmittelbare Übersetzungen … bevorzugt [werden], auch wenn mittelbare Übersetzungen unvermeidlich sein [werden]“. Das Vorbringen der Klägerin vor dem Gericht stellt diese Feststellung der Kommission nicht in Frage. Im Angebot der Klägerin war nämlich nicht klar definiert, was diese mit dem Hinweis auf Übersetzer, die in ihrer Muttersprache arbeiten würden, meinte. Erst vor dem Gericht hat die Klägerin klargestellt, dass dieser Hinweis so zu verstehen gewesen sei, dass die betreffenden Übersetzer in ihre Muttersprache übersetzen würden, und zwar entweder aus dem Originaltext oder aus der Übersetzung dieses Textes in eine Relaissprache. In Anbetracht der unklaren, um nicht zu sagen widersprüchlichen Aussagen, die das Angebot der Klägerin insoweit enthält, hat die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie feststellte, dass nicht eindeutig angegeben worden sei, „ob [Relaissprachen] für die Übersetzungen verwendet werden oder ob diese ohne Zwischenschritte angefertigt würden, da diese Frage im Angebot nicht ausgeführt wird“.

96      Nach alledem ist der Kommission bei der Bewertung des Angebots im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 1 kein offenkundiger Ermessensfehler unterlaufen.

 Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 2: „Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des PMQP und insbesondere der vorgeschlagenen Verfahren zur Qualitätssicherung und ‑kontrolle“

97      Das Angebot der Klägerin wurde in Bezug auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 2 mit 7 von 10 Punkten benotet. Diese Benotung wurde damit begründet, dass der im Angebot enthaltene Entwurf des PMQP zwar im Hinblick auf seine Struktur vollständig gewesen sei; das Angebot sei jedoch nicht spezifisch genug gewesen, und die von der Klägerin im Leistungsangebot genannte Hard- und Software sei für Herausgebertätigkeiten (Los Nr. 1) ohne Bedeutung.

98      Die Klägerin ist zum einen der Auffassung, dass die Angabe von Hard- und Software im Einklang mit den Verdingungsunterlagen stehe. In den Verdingungsunterlagen seien die Bieter aufgefordert worden, im PMQP u. a. „die Liefergegenstände und die Dokumentation (seien es Erzeugnisse, Werkstoffe, Hardware, Software, Berichte, Kontrollinstrumente usw.)“ anzugeben.

99      Wie jedoch die Kommission vorgetragen hat, ist die in den Verdingungsunterlagen enthaltene Beschreibung des PMQP allen drei Losen gemeinsam. Vernünftigerweise ist daher anzunehmen, dass in den Verdingungsunterlagen zwar verschiedene mögliche Liefergegenstände genannt werden, die Geeignetheit dieser Liefergegenstände jedoch von dem jeweiligen Los abhängt, auf das sich das Angebot bezieht.

100    Die Kommission stellt daher im Schreiben vom 29. Mai 2007 zu Recht fest, dass „[e]ine genauere Spezifizierung des PMQP … erwartet worden [wäre], da dort zu liefernde Hard- und Softwareprodukte angegeben werden (vgl. z. B. S. 933 des ‚Handover file‘), obwohl diese für das Los Nr. 1 ohne jede Bedeutung sind“.

101    Die Klägerin ist des Weiteren der Auffassung, dass ihr zu Unrecht vorgeworfen werde, keine Beschreibung der Aufgaben ausgearbeitet zu haben, sondern diese lediglich aus den Verdingungsunterlagen abgeschrieben zu haben. Für den Entwurf des PMQP habe sie eine anerkannte Methode und ein im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission befolgtes Modell verwendet, da die spezifischen Bedingungen der entsprechenden Verträge zur Zeit der Erstellung des Angebots nicht bekannt gewesen seien.

102    In Ziff. 4.3.8.3 der Verdingungsunterlagen wird jedoch festgelegt, dass der PMQP der erste Liefergegenstand des Projekts und für jedes Projekt spezifisch ist. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Kommission mit der Annahme, dass die Klägerin keine Beschreibung der Aufgaben ausgearbeitet habe, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.

103    Die Kommission hat demzufolge bei der Bewertung des Angebots der Klägerin im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 2 für das Los Nr. 1 keinen offenkundigen Ermessensfehler begangen.

 Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 3: „Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 1“

104    Das Angebot der Klägerin wurde im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 3 mit 21,667 von 30 möglichen Punkten benotet. Im Schreiben vom 29. Mai 2007 hat die Kommission ausgeführt, dass der Vorschlag für die Ausführung der Aufgaben im Zusammenhang mit Szenario 1 nicht sehr detailliert gewesen sei und im Angebot hinsichtlich der „Qualitätskontrolle“ des Inhalts aus Litauen nicht klar angegeben worden sei, welche Art der Kontrolle vorgenommen und nach welchen Herausgabeleitlinien diese durchgeführt werde. Im Schreiben vom 29. Mai 2007 wird zudem festgestellt, dass die Frist von sechs Monaten für die Übersendung des Abschlussberichts zutreffend sei und die Angabe von 52 Tagen für dieselbe Frist daher wahrscheinlich lediglich auf einen Schreibfehler zurückzuführen sei.

105    Die Klägerin bestreitet erstens, dass ihr Vorschlag für die Ausführung der Aufgaben im Zusammenhang mit Szenario 1 nicht sehr detailliert gewesen sei. Auch der Kommentar, in Bezug auf die verlangten Qualitätskontrollen des Inhalts aus Litauen sei der Hinweis auf die Herausgabeleitlinien nicht klar und die Art der durchgeführten „Qualitätskontrolle“ nicht angegeben gewesen, sei nicht gerechtfertigt. Sie habe sich strikt an die Verdingungsunterlagen gehalten. In diesen sei angegeben gewesen, dass die Bieter ein allgemeines Angebot einzureichen hätten, in dem eine Lösung für das Szenario 1 beschrieben werde und dem ein Dokument mit einem Umfang von höchstens vier Seiten beigefügt sei, in dem die verschiedenen vorgesehenen Aufgaben und die Vorgehensweise für jede Aufgabe sowie eine kurze Beschreibung dieser Vorgehensweise aufgeführt seien. Es sei speziell darauf hingewiesen worden, dass den Endergebnissen besondere Beachtung geschenkt werde. Die Verdingungsunterlagen hätten daher keine „sehr detaillierten Ausführungen“ verlangt. Die Klägerin ist außerdem der Auffassung, ihren Ansatz zum „Qualitätssicherungsmanagement“ in verschiedenen Abschnitten ihres Angebots, insbesondere auf den Seiten 830 und 831, dargestellt zu haben.

106    Aus den Ausführungen der Klägerin geht jedoch nicht hervor, dass die Kommission irgendeinen offensichtlichen Fehler begangen hat. Denn die Klägerin hat auf andere Auszüge aus dem Angebot, insbesondere die Seiten 830 und 831, Bezug genommen, um zu beweisen, dass sie sich an die Verdingungsunterlagen gehalten hat. Sie hat jedoch keinen konkreten Anhaltspunkt genannt, der das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers, mit dem die Bewertung der Kommission behaftet wäre, belegen könnte.

107    Wie die Kommission betont, geht aus der Bewertung des Angebots der Klägerin im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 1 hervor, dass der methodische Ansatz, den die Klägerin für im Zusammenhang mit Herausgebertätigkeiten stehende Dienstleistungen vorgeschlagen hat, als unspezifisch eingestuft wurde. Unter diesen Umständen durfte die Kommission vernünftigerweise annehmen, dass sich der unspezifische Charakter des methodischen Ansatzes, der für im Zusammenhang mit Herausgebertätigkeiten stehende Dienstleistungen vorgeschlagen wurde, in dem Ansatz zur Ausführung der im Zusammenhang mit dem Szenario 1 stehenden Aufgaben widerspiegelt. Die Kommission durfte daher, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, annehmen, dass das Szenario 1 gemessen am qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 3 nicht sehr detailliert war.

108    Zweitens ist die Klägerin der Auffassung, dass die in ihrem Angebot enthaltene Angabe, die Übersendungsfrist betrage 52 Tage, mit einem Schreibfehler behaftet sei, der sich auf die Benotung des qualitativen Zuschlagskriteriums nicht hätte auswirken dürfen.

109    Wie jedoch aus der Entscheidung vom 21. Mai 2007 hervorgeht, hat die Kommission erkannt, dass die Angabe der Übersendungsfrist mit 52 Tagen wahrscheinlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen war. Nichts erlaubt die Annahme, dass die Klägerin dafür bestraft wurde. Folglich ist insoweit kein offenkundiger Ermessensfehler dargetan worden.

110    Aus allen vorgenannten Gründen ist die Rüge der Klägerin zurückzuweisen, der zufolge der Kommission bei der Bewertung des Angebots der Klägerin im Hinblick auf das Zuschlagskriterium Nr. 3 offensichtliche Fehler unterlaufen sein sollen.

 Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 4: „Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 2“

111    Das Angebot der Klägerin wurde im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 4 mit 14 von 30 möglichen Punkten benotet. Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass der Ansatz der Klägerin zur Ausführung der Aufgaben, die im Zusammenhang mit dem Szenario für das „Work Package 1.2“ (im Folgenden: Szenario 2) stehen, als elementar angesehen wurde. In der angefochtenen Entscheidung wird außerdem ausgeführt, dass in den Verdingungsunterlagen die „Wechselbeziehung“ zwischen dem Szenario für das „Work Package 1.1“ (im Folgenden: Szenario 1) und dem Szenario 2 festgelegt sei, dass sich dieser Gesichtspunkt im Angebot jedoch nicht widerspiegele. Hervorgehoben wird in der angefochtenen Entscheidung, dass die Klägerin von der irrigen Annahme ausgehe, dass alle Dokumente zu einem bestimmten Zeitpunkt entgegengenommen würden; diese Annahme stimme jedoch nicht mit dem Szenario 1 überein und berücksichtige nicht die für die Übersetzungen erforderliche Zeit.

112    Den Verdingungsunterlagen zufolge besteht das Szenario 1 aus Herausgebertätigkeiten. Die für das Szenario vorgesehenen Aufgaben beinhalten hauptsächlich die Vervollständigung, die Aktualisierung und die Verbesserung verschiedener Datenblätter und aller Links für den Inhalt auf europäischer Ebene (Aufgabe 1) und verschiedener Datenblätter und aller Links, die von den Mitgliedstaaten übersandt werden (Aufgabe 2). Szenario 2 besteht in der Übersetzung der bei Szenario 1 beschriebenen Inhalte. Szenario 2 sieht speziell die beiden folgenden Aufgaben vor: Übersetzung der erwähnten verschiedenen Datenblätter und Links hinsichtlich zum einen des Inhalts auf europäischer Ebene und zum anderen der von den Mitgliedstaaten übersandten Inhalte.

113    Die Klägerin beanstandet erstens die Wertung, dass der Projektstrukturplan (Zeitplan) unspezifisch sei. Der Projektstrukturplan umreiße die auszuführenden Aufgaben nur, und diese seien im Detail bereits in den Abschnitten 2 (S. 1047 und 1048) und 3 (S. 1049 und 1050) ihres Angebots dargestellt worden. Diese Aufgaben seien zudem vollständig in dem entsprechenden Abschnitt des Dokuments über den methodischen Ansatz beim qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 1 dargestellt worden (S. 886 bis 890 des Angebots).

114    Es ist nicht ersichtlich, dass es bei der Bewertung des Angebots im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 4 zu einem offensichtlichen Fehler gekommen ist. Das Angebot wurde nämlich, wie die Kommission hervorhebt, im Hinblick auf das Zuschlagskriterium Nr. 4 geprüft. Die Bewertung bezieht sich somit nicht auf den Inhalt der Aufgaben, sondern auf deren Planung. Die Klägerin trägt nichts vor, um den Umstand zu entkräften, dass die im Angebot enthaltenen Angaben in Bezug auf die Planung der durchzuführenden Aufgaben unspezifisch waren.

115    Die Klägerin macht zweitens geltend, dass sie in ihrem Angebot nicht ausdrücklich angenommen habe, dass alle Dokumente gleichzeitig versandt würden. Der Zeitplan für die Vorlage der Dokumente sei in den Verdingungsunterlagen nicht genannt worden.

116    Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass die Klägerin in Anbetracht der Angaben in den Verdingungsunterlagen (siehe oben, Randnr. 112) nicht ernsthaft in Frage stellen kann, dass das Szenario 1 den zu schaffenden oder zu aktualisierenden Inhalt beschreibt und das Szenario 2 die Übersetzung dieses Inhalts betrifft. Die Verbindung zwischen diesen beiden Szenarios ist offensichtlich und gründet sich logisch auf die Anforderungen von Szenario 2. Die Erwägungen hinsichtlich des Zeitpunkts des Erhalts der Inhalte und der für deren Übersetzung erforderlichen Zeit sind daher im Kontext der Verbindung zwischen Szenario 1 und Szenario 2 zu bewerten.

117    Was den Zeitpunkt des Erhalts der Dokumente betrifft, unterscheidet das Angebot der Klägerin in keiner Weise zwischen den beiden Arten von zu übersetzenden Inhalten (nämlich den in Aufgabe 1 festgelegten einerseits und den in Aufgabe 2 beschriebenen andererseits).

118    Insoweit betont die Kommission zu Recht, dass die Unterscheidung zwischen den beiden Arten von Inhalten – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nicht auf einem unbekannten Bewertungskriterium beruht, sondern es sich vielmehr um eine in Ziff. 4.4.1.2 der Verdingungsunterlagen enthaltene Vorgabe handelt.

119    Hinsichtlich der für die Übersetzung der Inhalte erforderlichen Zeit stimmt – wie die Kommission hervorhebt – die von der Klägerin in Abschnitt 2.3 ihres Angebots (S. 1040) angegebene Lieferfrist „T0 + 51 Werktage“ nicht mit dem Szenario 1 überein, bei dem die Gesamtzahl der von der Klägerin für die Übersetzung vorgesehenen Tage 55 beträgt, nämlich 30 Tage für die Übersetzung der Inhalte auf europäischer Ebene („WU 4.1“) und 25 Tage für die Übersetzung der Inhalte aus den Mitgliedstaaten („WU 4.2“) (S. 1032).

120    Die Kommission hat demzufolge bei der Bewertung des Angebots der Klägerin im Hinblick auf das qualitative Zuschlagskriterium Nr. 4 keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

121    Nach alledem ist es bei der Bewertung des Angebots im Hinblick auf die vier qualitativen Zuschlagskriterien nicht zu einem Ermessensfehler gekommen. Der vorliegende Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenzpflicht

122    Da die Klage hinsichtlich der Entscheidung vom 13. Juli 2007 begründet ist, ist die Prüfung des Klagegrundes, mit dem die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenzpflicht gerügt wird, auf die Entscheidung vom 21. Mai 2007 zu beschränken.

 Vorbringen der Parteien

123    Die Beklagte meint, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Transparenzpflicht verletzt worden seien.

124    Ihrer Ansicht nach hätte ihr eine Kopie des Berichts des Bewertungsausschusses sowie eine Kopie des Angebots des ausgewählten Bieters übermittelt werden müssen, um es ihr zu ermöglichen, die Entscheidung vom 21. Mai 2007 nachzuvollziehen. Sie habe die Kommission ausdrücklich um Übermittlung dieser Unterlagen gebeten, und dies sei ihr verweigert worden. Die Kommission habe ferner das Angebot nicht ordnungsgemäß geprüft, da sie es aufgrund einer falschen Auslegung abgelehnt habe. Die Klägerin ist zudem der Ansicht, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Gesamtheit der Bewertungskriterien zu kennen, die die Kommission angewandt habe. Schließlich habe die Kommission auf Kriterien zurückgegriffen, die in den Verdingungsunterlagen nicht angegeben gewesen seien.

125    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

126    Die Rügen, mit denen die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenzpflicht geltend gemacht werden, sind zurückzuweisen.

127    Die Klägerin beruft sich zunächst zu Unrecht auf den Umstand, dass sie weder den Bericht des Bewertungsausschusses noch eine Kopie des Angebots des ausgewählten Bieters erhalten hat. Denn die die Kommission treffende Begründungspflicht schließt nicht die Übermittlung dieser Unterlagen ein. Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung sieht lediglich vor, dass der öffentliche Auftraggeber auf einen entsprechenden schriftlichen Antrag hin binnen 15 Kalendertagen nach dessen Eingang die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers mitteilt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑250/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 113; vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 8. Mai 1996, Adia interim/Kommission, T‑19/95, Slg. 1996, II‑321, Randnr. 31).

128    Die Klägerin behauptet ferner zu Unrecht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Transparenzpflicht verletzt seien, weil die Kommission das Angebot nicht ordnungsgemäß geprüft habe, da sie es aufgrund einer falschen Auslegung abgelehnt habe. Dieses Vorbringen deckt sich im Wesentlichen mit dem Vorbringen der Klägerin im Rahmen des Klagegrundes, mit dem diese der Kommission offenkundige Ermessensfehler vorgeworfen hat, und ist für den vorliegenden Klagegrund ohne Bedeutung. Die Klägerin nennt keine konkrete Diskriminierung zu ihren Lasten. Die Kommission hingegen hat für ihre Entscheidung, den Auftrag nicht an die Klägerin zu vergeben, zahlreiche sachliche Gründe angeführt.

129    Darüber hinaus ist das Vorbringen der Klägerin, sie sei nicht imstande gewesen, von allen Bewertungskriterien Kenntnis zu erlangen, allgemein und ungenau. Zudem ist dem Auszug aus dem Bewertungsbericht, der dem Schreiben der Kommission vom 29. Mai 2007 beigefügt war, zu entnehmen, dass das Angebot der Klägerin ausschließlich anhand der in den Verdingungsunterlagen genannten qualitativen Zuschlagskriterien bewertet wurde. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

130    Schließlich ist aus demselben Grund das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Kommission auf Kriterien zurückgegriffen habe, die in den Verdingungsunterlagen nicht angegeben gewesen seien.

131    Da keiner der Klagegründe durchgreift, ist die vorliegende Klage abzuweisen, soweit mit ihr beantragt wird, die Entscheidung vom 21. Mai 2007, das Angebot der Klägerin für das Los Nr. 1 nicht zu berücksichtigen und den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, für nichtig zu erklären.

2.     Zum Antrag auf Entschädigung

 Vorbringen der Parteien

132    Die Klägerin beantragt, die Kommission zu verurteilen, ihr eine Entschädigung in Höhe von 750 000 Euro für den durch die Entscheidung vom 21. Mai 2007 verursachten Schaden sowie in Höhe von 400 000 Euro für den durch die Entscheidung vom 13. Juli 2007 verursachten Schaden zu zahlen. Sie stützt sich insoweit auf die Art. 235 EG und 288 EG.

133    Der Klägerin zufolge entsprechen die geforderten Beträge dem jeweiligen Gewinn, den sie aus den beiden Aufträgen erzielt hätte, wenn die Verträge an sie vergeben worden wären. Im Rahmen ihres Antrags auf Nichtigerklärung habe sie dargetan, dass die Kommission eine schwere und hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm zum Schutz der Einzelnen begangen habe.

134    Die Kommission beantragt in erster Linie, die Klage wegen außervertraglicher Haftung für unzulässig zu erklären, hilfsweise, sie als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

135    Zunächst ist der Umfang des Schadens zu bestimmen, den die Klägerin in ihren Schriftsätzen geltend macht. Die Klägerin nennt zuerst als Schaden den Umstand, dass ihr die Rahmenvereinbarungen entgangen sind. Anschließend verweist sie in Randnr. 99 der Klageschrift auf Erwägungen im Urteil des Gerichts vom 17. März 2005, AFCon Management Consultants u. a./Kommission (T‑160/03, Slg. 2005, II‑981, Randnr. 102), die sich auf den Ersatz eines Schadens in Gestalt der Kosten für die Teilnahme an einer Ausschreibung beziehen. In Randnr. 52 der Erwiderung hat sie jedoch unzweideutig klargestellt, dass sie keineswegs Schadensersatz wegen der Kosten für ihre Teilnahme an der Ausschreibung verlangt.

136    Demzufolge ist davon auszugehen, dass der einzige Schaden, den die Klägerin geltend macht und für den sie Ersatz verlangt, darin bestehen soll, dass ihr die Rahmenvereinbarungen entgangen sind.

137    Nach gefestigter Rechtsprechung hängt die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG wegen rechtswidrigen Verhaltens ihrer Organe von einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich der Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens und dem Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteile des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T‑175/94, Slg. 1996, II‑729, Randnr. 44, vom 16. Oktober 1996, Efisol/Kommission, T‑336/94, Slg. 1996, II‑1343, Randnr. 30, und vom 11. Juli 1997, Oleifici Italiani/Kommission, T‑267/94, Slg. 1997, II‑1239, Randnr. 20). Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, Slg. 1994, I‑4199, Randnr. 81).

138    Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Kommission erfüllt sind.

139    Was erstens den Antrag auf Ersatz des angeblich aufgrund der Entscheidung vom 21. Mai 2007 entstandenen Schadens betrifft, ergibt sich aus den Ausführungen zum Antrag auf Nichtigerklärung, dass die Klägerin keinen Beweis für ein rechtswidriges Verhalten der Kommission erbracht hat. Denn das gesamte Vorbringen, mit dem die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Entscheidung vom 21. Mai 2007 belegen wollte, ist geprüft und zurückgewiesen worden.

140    Nach der oben angeführten Rechtsprechung (siehe die vorstehende Randnr. 137) reicht es aus, dass lediglich eine der Voraussetzungen für die Begründung der außervertraglichen Haftung der Kommission fehlt, um diese Haftung auszuschließen.

141    Der Antrag auf Ersatz des angeblich aufgrund der Entscheidung vom 21. Mai 2007 entstandenen Schadens ist daher als unbegründet abzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung über seine Zulässigkeit bedarf.

142    Zweitens ist der Schadensersatzantrag zu prüfen, der sich auf die außervertragliche Haftung der Kommission infolge der Entscheidung vom 13. Juli 2007 gründet.

143    Dieser Schadensersatzantrag stützt sich auf die gleichen Gründe, die zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 13. Juli 2007 geltend gemacht worden sind. Im Rahmen der Prüfung des letztgenannten Antrags ist bereits festgestellt worden, dass die Entscheidung vom 13. Juli 2007 an einem Begründungsmangel leidet und daher für nichtig zu erklären ist.

144    Es ist jedoch festzustellen, dass auch wenn die Kommission die Entscheidung vom 13. Juli 2007 nicht hinreichend begründet hat, dies noch nicht belegt, dass die Vergabe des Auftrags an den ausgewählten Bieter eine Pflichtverletzung darstellt und dass zwischen diesem Umstand und dem von der Klägerin geltend gemachten Verlust ein Kausalitätszusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Februar 2003, Renco/Rat, T‑4/01, Slg. 2003, II‑171, Randnr. 89). Denn nichts erlaubt die Annahme, dass die Kommission den Auftrag an die Klägerin vergeben hätte, wenn die Entscheidung vom 13. Juli 2007 hinreichend begründet gewesen wäre.

145    Der Antrag auf Ersatz des angeblich aufgrund der Entscheidung vom 13. Juli 2007 entstandenen Schadens ist daher, soweit er sich auf die fehlende Begründung dieser Entscheidung stützt, als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung über seine Zulässigkeit bedarf.

146    Soweit sich der letztgenannte Antrag auf andere Gründe stützt, die im Rahmen des Antrags auf Nichtigerklärung nicht geprüft worden sind, ist er verfrüht und aus diesem Grund zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 18. Mai 1995, Wafer Zoo/Kommission, T‑478/93, Slg. 1995, II‑1479, Randnrn. 49 und 50, und vom 15. Dezember 1999, Latino/Kommission, T‑300/97, Slg. ÖD 1999, I‑A‑259 und II‑1263, Randnrn. 95 und 101). Denn mangels einer Begründung der Entscheidung vom 13. Juli 2007 ist das Gericht nicht in der Lage, zu prüfen, ob diese Entscheidung auf einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenzpflicht beruht, wie die Klägerin geltend macht. Ein auf diese Gründe gestützter Antrag auf Nichtigerklärung kann gegebenenfalls nur anhand der Begründung der Entscheidung geprüft werden, die nach der Nichtigerklärung der Entscheidung vom 13. Juli 2007 durch das Gericht an deren Stelle tritt.

147    Der Antrag auf Schadensersatz ist demzufolge in vollem Umfang zurückzuweisen.

148    Über die Einrede der Unzulässigkeit, die die Kommission gegenüber dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten finanziellen Prüfungsbericht erhoben hat, und über die Erheblichkeit dieses Schriftstücks sowie über die Erheblichkeit einer E-Mail der Kommission an die Klägerin und eines Schriftstücks mit einer anderen Ausschreibung, die die Klägerin ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, braucht nicht entschieden zu werden; diese Unterlagen sind nach allem für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Sie sind daher vom Gericht nicht für die Zwecke des vorliegenden Urteils berücksichtigt worden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. Oktober 1998, TEAM/Kommission, T‑13/96, Slg. 1998, II‑4073, Randnr. 79).

 Kosten

149    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts kann dieses die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

150    Da der Klage teilweise stattgegeben worden ist, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, dass die Klägerin 50 % ihrer eigenen Kosten und 50 % der Kosten der Kommission trägt, während diese 50 % ihrer eigenen Kosten und 50 % der Kosten der Klägerin trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Kommission vom 13. Juli 2007, mit der das Angebot der Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, das diese im Rahmen der Ausschreibung ENTR/05/78 für das Management und die Pflege des Portals „Europa für Sie“ in Bezug auf das Los Nr. 2 (Infrastrukturmanagement) eingereicht hatte, abgelehnt und der betreffende Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wurde, wird für nichtig erklärt.

2.      Im Übrigen wird der Antrag auf Nichtigerklärung zurückgewiesen.

3.      Der Antrag auf Schadensersatz wird zurückgewiesen.

4.      Die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis trägt 50 % ihrer eigenen Kosten und 50 % der Kosten der Europäischen Kommission; diese trägt 50 % ihrer eigenen Kosten und 50 % der Kosten der Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis.

Vilaras

Prek

Ciucă

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. September 2010.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

1.  Haushaltsordnung und Durchführungsbestimmungen

2.  Vergabebekanntmachung und Verdingungsunterlagen

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1.  Zum Los Nr. 1

2.  Zum Los Nr. 2

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

1.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

–  Zur in der Entscheidung vom 21. Mai 2007 und dem Schreiben vom 29. Mai 2007 enthaltenen Begründung (Los Nr. 1)

–  Zur in der Entscheidung vom 13. Juli 2007 und dem Schreiben vom 16. Juli 2007 enthaltenen Begründung (Los Nr. 2)

Zum Klagegrund offenkundiger Ermessensfehler (Los Nr. 1)

Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 1: „gutes Verständnis der zu erledigenden Arbeit und Eignung der vorgeschlagenen Methodik für die Durchführung der Aufgaben“

Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 2: „Qualität und Vollständigkeit des Entwurfs des PMQP und insbesondere der vorgeschlagenen Verfahren zur Qualitätssicherung und ‑kontrolle“

Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 3: „Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 1“

Zum qualitativen Zuschlagskriterium Nr. 4: „Qualität der vorgeschlagenen Projektplanung und der vorgeschlagenen Mittelzuteilung im Hinblick auf die Durchführung aller Aufgaben von Szenario 2“

Zum Klagegrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Transparenzpflicht

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

2.  Zum Antrag auf Entschädigung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten



* Verfahrenssprache: Englisch.