Language of document : ECLI:EU:T:2023:855

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

20. Dezember 2023(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Dienstbezüge – Zugunsten der Union erhobene Steuer – Steuerfreibetrag – Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 260/68 – Freibetrag für unterhaltsberechtigte Kinder – Voraussetzungen für die Gewährung – Begriff ‚unterhaltsberechtigtes Kind‘ – Art. 2 des Anhangs VII des Statuts – Aufhebungsantrag – Fehlerhaftes Vorverfahren – Teilweise Unzulässigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑369/22,

Michael Heßler, wohnhaft in Mannebach (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin I. Steuer,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch T. Bohr und M. Brauhoff als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos sowie der Richterinnen I. Reine (Berichterstatterin) und T. Pynnä,

Kanzler: V. Di Bucci,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage nach Art. 270 AEUV beantragt der Kläger, Herr Michael Heßler, zum einen im Wesentlichen, die Entscheidungen der Europäischen Kommission aufzuheben, mit denen seine Anträge auf einen Steuerfreibetrag für jede seiner beiden Töchter abgelehnt wurden, und zum anderen, die Kommission zu verpflichten, ihm – rückwirkend zum 1. August 2021 und solange die Voraussetzungen vorliegen – den in Rede stehenden Steuerfreibetrag zu gewähren, und sie zur Zahlung von Zinsen auf die nicht gezahlten Beträge zu verurteilen.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Der Kläger ist Beamter der Kommission. Er ist Vater zweier Töchter, die 1993 bzw. 1994 geboren wurden.

3        Der Kläger erhielt die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder für jede seiner Töchter bis zu ihrem 26. Geburtstag 2019 bzw. 2020.

4        Neben der Zahlung der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder erhielt der Kläger bis zum 31. Juli 2021 für jede seiner beiden Töchter, die zu diesem Zeitpunkt noch Studentinnen waren, den Steuerfreibetrag nach Art. 3 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 260/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1968, L 56, S. 8) (im Folgenden: Steuerfreibetrag).

5        Am 28. Juni 2021 übermittelte der Kläger dem Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) eine Studienbescheinigung für seine erste Tochter, um weiterhin den Steuerfreibetrag für diese in Anspruch nehmen zu können.

6        Mit einer ersten E‑Mail vom 29. Juni 2021 antwortete eine Sachbearbeiterin des Referats „Rechte und Pflichten“ des PMO dem Kläger, dass „auf der Grundlage des Urteils vom 12. März 2020[, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90),] jeder Antrag auf Gewährung oder Verlängerung des Steuerfreibetrags ausgesetzt wird, wenn die nach Anhang VII Artikel 2 des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] gezahlte Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nicht gewährt wird“. In Beantwortung einer auf diese E‑Mail folgenden Frage des Klägers fügte die Sachbearbeiterin sodann in einer zweiten E‑Mail vom selben Tag hinzu, dass „[d]er Steuerfreibetrag ... nicht mehr gewährt werden [kann], [da] er ... auf der Grundlage des Urteils T‑484/18 vom 12. März 2020 aufgehoben [wurde]“ (im Folgenden zusammen: E‑Mails des PMO vom 29. Juni 2021). Am Ende jeder dieser E‑Mails war unter der Signatur der Sachbearbeiterin außerdem ein Vermerk enthalten, wonach die in Rede stehende E‑Mail zur Information versandt worden sei und keine Entscheidung der „AIPN/AHCC“ (Anstellungsbehörde/Einstellungsbehörde) darstelle, die Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 90 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) sein könne.

7        Am 15. Juli 2021 richtete der Kläger ein Schreiben an die Leiterin des Referats „Rechte und Pflichten“ des PMO, in dem er die in den E‑Mails vom 29. Juni 2021 enthaltene Information beanstandete und das PMO ersuchte, ihm den Steuerfreibetrag für seine Tochter zu gewähren. Der Kläger erhielt auf dieses Schreiben keine ausdrückliche Antwort.

8        Am 18. August 2021 beantragte der Kläger beim PMO die Verlängerung des Steuerfreibetrags für seine zweite Tochter.

9        Mit E‑Mail vom 27. August 2021 antwortete die Sachbearbeiterin des Referats „Rechte und Pflichten“ des PMO dem Kläger, sie müsse ihm „bedauerlicherweise mitteilen, dass auf der Grundlage von Rn. 103 des Urteils T‑484/18 vom 12. März 2020 ein Antrag auf Gewährung oder Verlängerung des Steuerfreibetrags nicht mehr angenommen werden kann, sofern kein Anspruch auf die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder gemäß Artikel 2 des Anhangs VII des Statuts besteht, da [der Steuerfreibetrag] aufgehoben wurde“ (im Folgenden: E‑Mail des PMO vom 27. August 2021). Wie in den E‑Mails vom 29. Juni 2021 enthielt diese E‑Mail unter der Signatur der Sachbearbeiterin einen Vermerk, wonach die in Rede stehende E‑Mail zur Information versandt worden sei und keine Entscheidung der „AIPN/AHCC“ darstelle, die Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 90 des Statuts sein könne.

10      Am 24. November 2021 legte der Kläger Beschwerde gegen die sich aus der „ausgebliebenen Antwort“ ergebende Weigerung des PMO ein, die beantragte Verlängerung des Steuerfreibetrags für seine beiden Töchter zu gewähren (im Folgenden: Beschwerde).

11      Am 25. März 2022 wies der Direktor der Direktion „Finanz‑, Rechts- und Partnerschaftsangelegenheiten“ der Generaldirektion (GD) „Humanressourcen und Sicherheit“ der Kommission als Anstellungsbehörde (im Folgenden: Anstellungsbehörde) die Beschwerde des Klägers zurück (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde).

II.    Anträge der Parteien

12      Der Kläger beantragt,

–        die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben;

–        die Kommission zu verpflichten, ihm den in Rede stehenden Steuerfreibetrag – „rückwirkend zum 1. August 2021“ und „solange die Voraussetzungen vorliegen“ – zu gewähren;

–        die Kommission zur Zahlung von Zinsen auf die nicht gezahlten Beträge zu verurteilen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zur Beachtung der Anforderungen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts

14      Die Kommission macht geltend, die Klage sei unzulässig, da die in der Klageschrift geltend gemachten Klagegründe nicht den in Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung aufgestellten Erfordernissen der Klarheit genügten. Der Kläger gebe weder klar an, welche konkreten Klagegründe er geltend machen wolle, noch, auf welche Bestimmungen des Statuts sie gestützt seien.

15      Nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung muss die Klageschrift insbesondere den Streitgegenstand sowie die geltend gemachten Klagegründe und Argumente enthalten.

16      Nach der Rechtsprechung müssen diese Angaben so klar und genau sein, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglichen, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen. Außerdem müssen sich aus Gründen der Rechtssicherheit und einer geordneten Rechtspflege die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zusammenhängend und verständlich aus dem Text der Klageschrift ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Corporación Empresarial de Materiales de Construcción/Kommission, T‑250/12, EU:T:2015:749, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Im vorliegenden Fall geht, auch wenn die in der Klageschrift vorgebrachten Argumente nicht besonders geordnet dargestellt werden, mit hinreichender Klarheit hervor, dass der Kläger zur Stützung seiner Klage geltend macht, dass die Versagung der Gewährung des Steuerfreibetrags mit einem Begründungsmangel behaftet sei und dass die E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 als Entscheidungen ihn über sein Recht auf Einlegung einer Beschwerde hätten informieren müssen. Er macht außerdem geltend, dass ihm rechtswidrig sein Anspruch auf seine Dienstbezüge genommen worden sei. Insoweit stützt er sich im Wesentlichen auf zwei Rügen, nämlich erstens die Verkennung des Begriffs „unterhaltsberechtigtes Kind“ und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68, der auf einer fehlerhaften Anwendung des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), beruhe, und zweitens die Verkennung des zwingenden Charakters der Schlussfolgerungen der „Verwaltungsleiter“ und der internen Richtlinien der Kommission.

18      Zudem war die Kommission, wie aus der Klagebeantwortung und der Gegenerwiderung hervorgeht, in der Lage, auf das oben in Rn. 17 zusammengefasste Vorbringen des Klägers zu antworten.

19      Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, dass die Klageschrift hinreichend klar und genau ist, um der Beklagten die Vorbereitung ihres Verteidigungsvorbringens und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe zu ermöglichen, da sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, hinreichend aus dem Text der Klageschrift ergeben.

20      Das Vorbringen der Kommission, die Anforderungen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung seien nicht erfüllt, ist daher zurückzuweisen.

B.      Zum Aufhebungsantrag

1.      Zum Gegenstand des Aufhebungsantrags

21      Als Erstes beantragt der Kläger, die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben.

22      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Verwaltungsbeschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung Bestandteil eines komplexen Verfahrens und nur eine Vorbedingung für die Anrufung des Gerichts sind. Unter diesen Umständen bewirkt eine Klageerhebung, selbst wenn sie formal gegen die Zurückweisung der Beschwerde gerichtet ist, dass das Gericht mit der beschwerenden Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet war, es sei denn, die Zurückweisung der Beschwerde hätte eine andere Tragweite als die Maßnahme, gegen die die Beschwerde eingelegt wurde (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2019, Colombani/EAD, T‑372/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:734, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. März 2004, Theodorakis/Rat, T‑310/02, EU:T:2004:90, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Jede – stillschweigende oder ausdrückliche – Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde, die einzig und allein diesen Inhalt hat, bestätigt nämlich nur die vom Beschwerdeführer beanstandete Handlung oder Unterlassung und stellt für sich genommen keine anfechtbare Handlung dar, so dass die gegen diese Entscheidung gerichteten Anträge, die gegenüber der ursprünglichen Entscheidung keinen eigenständigen Gehalt haben, als gegen die ursprüngliche Handlung gerichtet anzusehen sind (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2019, Colombani/EAD, T‑372/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:734, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Beschwerde des Klägers die „ausgebliebene Antwort“ der Kommission auf seine Anträge zum Gegenstand hat. Außerdem wird in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nicht genau angegeben, wann die Entscheidungen über die Versagung des Steuerfreibetrags erlassen wurden, und es wird nicht angegeben, ob diese Entscheidungen ausdrücklich in den E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 oder implizit getroffen wurden.

25      Unter diesen Umständen ist zur Bestimmung des Gegenstands des Aufhebungsantrags der ursprüngliche beschwerende Rechtsakt zu bestimmen, gegen den dieser Antrag gegebenenfalls als gerichtet anzusehen ist, soweit er die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde betrifft.

26      Wie oben aus Rn. 5 hervorgeht, übermittelte der Kläger dem PMO am 28. Juni 2021 eine Studienbescheinigung für seine erste Tochter. Am folgenden Tag teilte ihm eine Sachbearbeiterin des Referats „Rechte und Pflichten“ des PMO mit, dass Anträge auf Gewährung oder Verlängerung des Steuerfreibetrags, sofern keine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder gezahlt werde, ausgesetzt seien und dass dieser Freibetrag „aufgehoben“ worden sei. Am 15. Juli 2021 übersandte der Kläger eine neue auf Gewährung dieses Freibetrags gerichtete E‑Mail, in der er die Gründe darlegte, aus denen er diesen Freibetrag ungeachtet der Verkündung des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), weiterhin erhalten sollte.

27      Außerdem stellte der Kläger, wie oben aus Rn. 8 hervorgeht, am 18. August 2021 einen Antrag auf den Steuerfreibetrag für seine andere Tochter. Am 27. August 2021 teilte ihm die Sachbearbeiterin des Referats „Rechte und Pflichten“ des PMO erneut mit, dass es angesichts des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), nicht möglich sei, den Steuerfreibetrag zu gewähren, wenn kein Anspruch auf die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder bestehe.

28      In den E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 hieß es, dass die Antwort zur Information versandt worden sei, keine beschwerende Entscheidung der Anstellungsbehörde darstelle und daher nicht Gegenstand einer Beschwerde sein könne.

29      Es ist darauf hinzuweisen, dass beschwerend im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts nach ständiger Rechtsprechung nur solche Handlungen oder Maßnahmen sind, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers unmittelbar und sofort beeinträchtigen können, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern (vgl. Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Um festzustellen, ob eine Handlung solche Wirkungen erzeugt, ist auf ihr Wesen abzustellen und sind diese Wirkungen anhand objektiver Kriterien wie z. B. des Inhalts dieser Handlung zu beurteilen, wobei gegebenenfalls der Zusammenhang ihres Erlasses und die Befugnisse des die Handlung vornehmenden Organs zu berücksichtigen sind (Urteil vom 15. Dezember 2022, Picard/Kommission, C‑366/21 P, EU:C:2022:984, Rn. 96).

31      Im vorliegenden Fall streiten die Parteien nicht darüber, dass die E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 – wie die Kommission in Beantwortung einer Frage des Gerichts ausgeführt hat –von der für die Bearbeitung der Anträge auf Verlängerung des in Rede stehenden Steuerfreibetrags zuständigen Dienststelle stammen.

32      Außerdem hat der Gerichtshof im Urteil vom 15. Dezember 2022, Picard/Kommission (C‑366/21 P, EU:C:2022:984, Rn. 100 bis 105), das nach dem Sachverhalt des vorliegenden Falles ergangen ist, im Wesentlichen entschieden, dass der Hinweis in den E‑Mails des PMO, dass die Antwort des PMO eine bloße Information darstelle, der Einstufung der in Rede stehenden E‑Mails als beschwerende Maßnahmen nicht entgegensteht.

33      Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass sich die E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 auf den allgemeinen Hinweis beschränken, dass nach dem Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), eine Verlängerung des Steuerfreibetrags nicht mehr gewährt werde, wenn kein Anspruch auf die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder bestehe. Im Gegensatz zu den Entscheidungen, um die es im Urteil vom 15. Dezember 2022, Picard/Kommission (C‑366/21 P, EU:C:2022:984, Rn. 101 und 102), ging und mit denen dem Rechtsmittelführer in jener Rechtssache eindeutig mitgeteilt wurde, dass sich seine Ruhegehaltsansprüche aufgrund der Vertragsänderung geändert hätten und welche Bestimmungen nunmehr konkret auf seinen Fall anwendbar seien, enthalten die E‑Mails des PMO im vorliegenden Fall keinen Hinweis auf die persönliche Situation des Klägers. Sie legen nicht dar, inwiefern das Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), auf die Situation des Klägers anwendbar sein soll, geben nicht an, dass dieser keinen Anspruch mehr auf Familienzulagen habe, und kommen nicht zu dem Ergebnis, dass er aus diesem Grund wegen seiner eigenen Situation nicht mehr in den Genuss des Steuerfreibetrags kommen könne. Somit führt die vage und allgemeine Formulierung in diesen E‑Mails in Verbindung mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass diese E‑Mails eine bloße Information darstellten, zu dem Schluss, dass diese E‑Mails als bloße Angaben zur allgemeinen Position des PMO im Bereich der Steuerfreibeträge nach dem Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), und nicht als den Kläger beschwerende Entscheidungen zu verstehen sind.

34      Hinzuzufügen ist, dass der Kläger in seiner Beschwerde vom 24. November 2021 den Hinweis am Ende der E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 hervorgehoben hat. Er hat dabei darauf hingewiesen, dass er diese E‑Mails daher als eine Information angesehen habe, mit der er aufgefordert worden sei, vor dem Erlass einer endgültigen Entscheidung sein Recht auf Anhörung geltend zu machen. Diese Auslegung des Klägers kann ihm nicht vorgeworfen werden, da das Urteil vom 15. Dezember 2022, Picard/Kommission (C‑366/21 P, EU:C:2022:984), damals noch nicht ergangen war. Im Übrigen hat die Anstellungsbehörde in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde keineswegs die Auffassung vertreten, dass die Beschwerde gegen Entscheidungen eingelegt worden sei, die in diesen E‑Mails enthalten gewesen seien, sondern lediglich erwähnt, dass die Beschwerde gegen „die Entscheidung“ des PMO – ohne nähere Angaben – eingelegt worden sei.

35      Daher können die E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht als endgültige Entscheidungen der Anstellungsbehörde aufgefasst werden, mit denen diese es abgelehnt hat, dem Kläger den in Rede stehenden Steuerfreibetrag zu gewähren. Sie stellen daher nicht die den Kläger beschwerenden ursprünglichen Handlungen im Sinne der oben in Rn. 29 angeführten Rechtsprechung dar.

36      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Anstellungsbehörde nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts, wenn sie mit einem Antrag auf Erlass einer Entscheidung befasst wird, über eine Frist von vier Monaten ab dem Tag der Antragstellung verfügt, um dem Antragsteller ihre Entscheidung mitzuteilen. Ergeht innerhalb dieser Frist kein Bescheid, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts zulässig ist.

37      Da die Anstellungsbehörde auf die in seinen E‑Mails vom 28. Juni und vom 18. August 2021 enthaltenen Anträge des Klägers nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten antwortete, ist davon auszugehen, dass diese Anträge am 28. Oktober bzw. am 18. Dezember 2021 stillschweigend abgelehnt wurden (im Folgenden: stillschweigende ablehnende Entscheidungen).

38      Hinzuzufügen ist, dass die E‑Mail des Klägers vom 15. Juli 2021 gegenüber dem Antrag in der E‑Mail vom 28. Juni 2021 keine neuen Aspekte enthält. Vielmehr wollte der Kläger, wie oben aus Rn. 34 hervorgeht, dort lediglich zu den von der Sachbearbeiterin des PMO in den E‑Mails des PMO vom 29. Juni 2021 übermittelten Informationen Stellung nehmen. Es handelt sich somit nicht um einen neuen Antrag, der eine neue Antwortfrist von vier Monaten im Sinne von Art. 90 Abs. 1 des Statuts in Lauf setzt.

39      Folglich stellen die stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen vom 28. Oktober bzw. vom 18. Dezember 2021 die den Kläger beschwerenden ursprünglichen Handlungen dar.

40      Nach dieser Klarstellung ist festzustellen, dass die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nur die stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen bestätigt und keine Überprüfung der Lage des Klägers aufgrund neuer rechtlicher oder tatsächlicher Umstände enthält.

41      Unter diesen Umständen bewirkt der Aufhebungsantrag, selbst wenn er formal allein gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde gerichtet ist, dass das Gericht mit den stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen vom 28. Oktober und vom 18. Dezember 2021 befasst wird, deren Rechtmäßigkeit unter Berücksichtigung der Begründung in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zu prüfen ist.

2.      Zur Einhaltung der Fristen des Vorverfahrens

42      Die Art. 90 und 91 des Statuts machen die Zulässigkeit einer von einem Beamten beim Gericht erhobenen Klage von der ordnungsgemäßen Durchführung des in diesen Vorschriften vorgesehenen Vorverfahrens abhängig (vgl. Urteil vom 16. Juni 2021, Lucaccioni/Kommission, T‑316/19, EU:T:2021:367, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). Möchte ein Beamter erreichen, dass die Anstellungsbehörde eine ihn betreffende Entscheidung erlässt, muss er gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts bei ihr das Verwaltungsverfahren durch einen Antrag auf Erlass der erbetenen Entscheidung einleiten. Erst gegen die Ablehnung dieses Antrags kann er nach Abs. 2 dieses Artikels innerhalb einer neuen Frist von drei Monaten Beschwerde bei der Anstellungsbehörde einlegen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. Dezember 1999, Reggimenti/Parlament, T‑108/99, EU:T:1999:310, Rn. 19).

43      Im vorliegenden Fall lief die Frist von drei Monaten für die Einlegung einer Beschwerde gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts hinsichtlich der ersten stillschweigenden ablehnenden Entscheidung vom 28. Oktober 2021 am 28. Januar 2022 ab. Da der Kläger seine Beschwerde gegen die „ablehnenden Entscheidungen“ der Kommission am 24. November 2021 einlegte, wurde die in dieser Bestimmung vorgesehene Beschwerdefrist in Bezug auf diese erste Entscheidung eingehalten.

44      Was hingegen die zweite stillschweigende ablehnende Entscheidung betrifft, ist festzustellen, dass der Kläger seine Beschwerde einlegte, bevor diese Entscheidung am 18. Dezember 2021 erging. Der Kläger legte auch nach diesem Zeitpunkt keine Beschwerde gegen diese stillschweigende Entscheidung ein, auf die die Anstellungsbehörde in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde geantwortet hätte. Somit wurde das Vorverfahren in Bezug auf diese zweite stillschweigende Entscheidung nicht ordnungsgemäß durchgeführt.

45      Folglich ist der Aufhebungsantrag für unzulässig zu erklären, soweit er in der Sache die zweite stillschweigende ablehnende Entscheidung vom 18. Dezember 2021 betrifft.

3.      Zur Begründetheit

46      Wie sich aus Rn. 17 oben ergibt, macht der Kläger zur Stützung seiner Klage im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend, mit denen er erstens das Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung mit einer Belehrung über sein Recht auf Einlegung einer Beschwerde und die Verletzung der Begründungspflicht sowie zweitens die Verletzung seines in Art. 62 des Statuts vorgesehenen Anspruchs auf Erhalt seiner Dienstbezüge rügt.

a)      Zum ersten Klagegrund: Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung mit einer Belehrung des Klägers über sein Recht auf Einlegung einer Beschwerde und fehlende Begründung

47      Der Kläger macht geltend, das PMO hätte die E‑Mails vom 29. Juni 2021 als „Entscheidung“ einstufen und ihn über sein Recht informieren müssen, eine Beschwerde gegen diese Entscheidung einzulegen, anstatt ihm ein solches Recht zu verweigern. Außerdem habe das PMO die Entscheidung über die Versagung des in Rede stehenden Steuerfreibetrags nicht hinreichend begründet. Insoweit sei mit dem in den E‑Mails des PMO vom 29. Juni 2021 angeführten Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), keine anwendbare Bestimmung für nichtig erklärt worden, so dass seine bloße Erwähnung in diesen E‑Mails keine Begründung für die Versagung des in Rede stehenden Steuerfreibetrags sein könne.

48      Im vorliegenden Fall trifft es erstens zu, dass das PMO seine E‑Mails vom 29. Juni 2021 ausdrücklich als „bloße Information“ bezeichnet und angegeben hat, dass sie nicht Gegenstand einer Beschwerde sein könnten, obwohl es durch den Erlass einer Entscheidung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 des Statuts eine klare Antwort auf den Antrag des Klägers hätte geben können. Eine solche Praxis ist zu kritisieren, da ein solcher Hinweis je nach Einzelfall als irrelevant für die Einstufung einer E‑Mail als beschwerende Maßnahme angesehen werden kann (Urteil vom 15. Dezember 2022, Picard/Kommission, C‑366/21 P, EU:C:2022:984, Rn. 100 bis 105). Somit ist diese Praxis geeignet, den Empfänger einer solchen E‑Mail in eine Situation der Ungewissheit hinsichtlich der Möglichkeit der Einlegung einer Beschwerde gegen die in ihr enthaltene Antwort und hinsichtlich der Berechnung der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen für das Vorverfahren zu versetzen.

49      Allerdings wäre das Vorbringen des Klägers zur Verpflichtung der Kommission, die E‑Mails des PMO vom 29. Juni 2021 als „Entscheidung“ einzustufen, mit der er über sein Recht auf Einlegung einer Beschwerde zu informieren sei, selbst wenn es begründet sein sollte, nicht geeignet, die Weigerung der Kommission in der stillschweigenden ablehnenden Entscheidung vom 28. Oktober 2021, ihm den Steuerfreibetrag zu gewähren, in Frage zu stellen und somit zur Aufhebung dieser Entscheidung, wie sie durch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestätigt wurde, zu führen. Das genannte Vorbringen ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

50      In jedem Fall geht zum einen aus Art. 90 des Statuts keineswegs hervor, dass die Verwaltung auf Antrag eines Beamten oder sonstigen Bediensteten nach Abs. 1 dieses Artikels verpflichtet wäre, eine ausdrückliche Entscheidung zu erlassen. Wie sich aus dieser Bestimmung ergibt, kann die Verwaltung nämlich davon absehen, eine ausdrückliche Antwort zu erteilen, wobei ein solches Ausbleiben einer Antwort mit Ablauf einer Frist von vier Monaten ab dem Tag der Antragstellung als stillschweigende Ablehnung gilt.

51      Was zum anderen die Pflicht betrifft, die Rechtsbehelfe anzugeben und dem Kläger die Einlegung einer Beschwerde zu ermöglichen, ist darauf hinzuweisen, dass die E‑Mails des PMO vom 29. Juni 2021, wie sich aus Rn. 35 oben ergibt, in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles keine den Kläger beschwerende Handlung darstellen. Solche E‑Mails konnten daher jedenfalls nicht Gegenstand einer Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts sein.

52      Folglich ist das Vorbringen des Klägers, mit dem er das Fehlen einer ausdrücklichen ablehnenden Entscheidung und die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung in den E‑Mails des PMO vom 29. Juni 2021 geltend macht, zurückzuweisen.

53      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 296 AEUV aufgestellte und in Art. 25 Abs. 2 des Statuts wiederholte Begründungspflicht dem Zweck dient, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. November 2018, Hebberecht/EAD, T‑315/17, EU:T:2018:842, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 29).

54      Im vorliegenden Fall trifft es zwar zu, dass die erste stillschweigende ablehnende Entscheidung naturgemäß keine Begründung enthält. Diese Feststellung allein reicht jedoch nicht aus, um auf eine Verletzung der Begründungspflicht zu schließen.

55      In Anbetracht des Zwecks von Art. 90 Abs. 2 des Statuts, wonach die Entscheidung über die Beschwerde selbst begründet wird, kann die Behörde, die über die Beschwerde zu entscheiden hat, nicht allein durch die gegebenenfalls unzureichende oder im Fall einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung sogar fehlende Begründung der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung gebunden sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2017, LP/Europol, T‑719/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:7, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist die Begründung einer Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde auch für die Entscheidung maßgebend, gegen die die Beschwerde gerichtet war (Urteil vom 17. Januar 2017, LP/Europol, T‑719/15 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:7, Rn. 20).

56      Im vorliegenden Fall hat die Anstellungsbehörde in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde das Vorbringen des Klägers eingehend geprüft und die Gründe für die Zurückweisung dieses Vorbringens dargelegt. Sie hat sich insoweit im Wesentlichen auf das Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), das es ihr nicht mehr erlaubt habe, den Steuerfreibetrag zu gewähren, wenn keine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder gezahlt werde, sowie auf das Fehlen eines unterhaltsberechtigten Kindes des Klägers im Sinne von Art. 2 des Anhangs VII des Statuts gestützt.

57      Somit war es dem Kläger möglich, die Gründe für die Versagung des Steuerfreibetrags zu erfahren, und das Gericht ist in der Lage, seine Rechtmäßigkeitsprüfung hinsichtlich dieser Versagung durchzuführen.

58      Im Übrigen soll mit dem Vorbringen des Klägers, mit dem er geltend macht, dass im Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), keine im Bereich der Steuerfreibeträge anwendbare Bestimmung für nichtig erklärt worden sei, die Stichhaltigkeit der Heranziehung dieses Urteils durch die Kommission in Frage gestellt werden. Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Begründungspflicht aber um ein wesentliches Formerfordernis, das von der sachlichen Richtigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (vgl. Urteil vom 27. November 2018, Hebberecht/EAD, T‑315/17, EU:T:2018:842, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher kann aus einem solchen Vorbringen nicht auf die vom Kläger geltend gemachte Verletzung der Begründungspflicht geschlossen werden.

59      Demnach ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Rechts des Beamten, seine Dienstbezüge zu erhalten

60      Wie oben aus Rn. 17 hervorgeht, stützt sich der Kläger im Rahmen seines zweiten Klagegrundes im Wesentlichen auf zwei Rügen, nämlich erstens die Verkennung des Begriffs „unterhaltsberechtigtes Kind“ und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68, der auf einer fehlerhaften Anwendung des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), beruhe, und zweitens die Verkennung des zwingenden Charakters der Schlussfolgerungen der „Verwaltungsleiter“ und der internen Richtlinien der Kommission.

1)      Zur ersten Rüge des zweiten Klagegrundes: Verkennung des Begriffs „unterhaltsberechtigtes Kind“ und Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68

61      Der Kläger macht geltend, dass seine Töchter entgegen den Ausführungen in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde immer noch „unterhaltsberechtigt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Anhangs VII des Statuts seien. Der Begriff „unterhaltsberechtigtes Kind“ stelle einen eigenen Begriff dar, der keineswegs von der Einhaltung der in Art. 2 Abs. 3 bis 5 des Anhangs VII des Statuts vorgesehenen Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage für ein unterhaltsberechtigtes Kind abhänge. Er beruft sich insoweit auf das Urteil vom 14. Dezember 1990, Brems/Rat (T‑75/89, EU:T:1990:88).

62      Außerdem gehe es fehl, wenn auf der Grundlage von Rn. 103 des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), behauptet werde, dass der in Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 vorgesehene Steuerfreibetrag für die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder als Ergänzung zu dieser Zulage gewährt werde.

63      Zum einen habe der Gerichtshof im Urteil vom 27. November 1980, Sorasio-Allo u. a./Kommission (81/79, 82/79 und 146/79, EU:C:1980:270), auf das das Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), verweise, bei der Auslegung von Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 nicht alle verschiedenen Sprachfassungen dieser Bestimmung berücksichtigt, insbesondere nicht ihre deutsche und ihre niederländische Fassung.

64      Zum anderen unterschieden sich die Umstände der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), ergangen sei, von denen des vorliegenden Falles. Zudem zeige eine genaue Lektüre des Urteils vom 27. November 1980, Sorasio-Allo u. a./Kommission (81/79, 82/79 und 146/79, EU:C:1980:270), auf das das Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), verweise, dass der vom Gerichtshof hergestellte Zusammenhang zwischen dem Steuerfreibetrag und der Gewährung der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder darauf beschränkt sei, dass der Steuerfreibetrag ebenso wie die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nur einmal je Kind gewährt werden könne. Diese beiden Urteile seien daher im vorliegenden Fall nicht relevant.

65      Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

66      Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 260/68 Folgendes vorsieht:

„(1)      Die Steuer wird monatlich fällig; ihr unterliegen die Gehälter, Löhne und anderen Bezüge jeder Art, die jedem Steuerpflichtigen von [der Europäischen Union] gezahlt werden.

(3)      Die nachstehend aufgeführten Leistungen und Zulagen, die mit Rücksicht auf die Familie gewährt werden oder die sozialer Art sind, werden von der Besteuerungsgrundlage abgezogen:

a)      die Familienzulagen:

–        …

–        die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder,

–        …

Der abzugsfähige Betrag wird gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 5 [der Verordnung] berechnet.

(4) …

Für jedes unterhaltsberechtigte Kind des Steuerpflichtigen sowie für jede Person, die im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 des Anhangs VII des Statuts … einem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestellt ist, wird außerdem ein Betrag abgesetzt, der der doppelten Höhe der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder entspricht. …“

67      Aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 260/68 ergibt sich, dass bei der Berechnung der von einem Beamten wie dem Kläger auf seine monatlichen Dienstbezüge geschuldeten Steuer von der Besteuerungsgrundlage insbesondere die Familienzulagen abzuziehen sind, zu denen die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder gehört.

68      Außerdem wird dem Steuerpflichtigen bei der Berechnung der von einem Beamten auf seine monatlichen Dienstbezüge geschuldeten Steuer gemäß Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 für jedes unterhaltsberechtigte Kind sowie für jede einem unterhaltsberechtigten Kind im Sinne von Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Statuts gleichgestellte Person ein zusätzlicher Freibetrag gewährt. Der Freibetrag entspricht der doppelten Höhe der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder.

69      Um in den Genuss des in Rede stehenden Steuerfreibetrags kommen zu können, muss der Steuerpflichtige daher ein oder mehrere unterhaltsberechtigte Kinder oder eine oder mehrere einem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestellte Personen im Sinne von Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Statuts haben.

70      Der Begriff „unterhaltsberechtigtes Kind“ ist in Art. 2 des Anhangs VII des Statuts definiert. Diese Bestimmung sieht in ihrer auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung Folgendes vor:

„(1)      Der Beamte erhält nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 für jedes unterhaltsberechtigte Kind eine Kinderzulage von monatlich …

(2)      Als unterhaltsberechtigtes Kind gilt das eheliche, das uneheliche oder das an Kindes Statt angenommene Kind des Beamten oder seines Ehegatten, wenn es von dem Beamten tatsächlich unterhalten wird.

Das Gleiche gilt für das Kind, für das ein Adoptionsantrag gestellt und für das das Adoptionsverfahren eingeleitet worden ist.

Ein Kind, zu dessen Unterhalt ein Beamter aufgrund einer gerichtlichen Verfügung verpflichtet ist, die auf den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zum Schutz von Minderjährigen beruht, wird dem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestellt.

(3)      Die Zulage wird gewährt:

a)      ohne weiteres für ein Kind unter achtzehn Jahren;

b)      auf begründeten Antrag des Beamten für ein Kind von achtzehn bis sechsundzwanzig Jahren, das sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet.

(4)      Dem unterhaltsberechtigten Kind kann ausnahmsweise durch besondere mit Gründen versehene und auf beweiskräftige Unterlagen gestützte Verfügung der Anstellungsbehörde jede Person gleichgestellt werden, der gegenüber der Beamte gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist und deren Unterhalt ihn mit erheblichen Ausgaben belastet.

(5)      Diese Zulage wird ohne Rücksicht auf das Alter des Kindes weitergezahlt, wenn es dauernd gebrechlich ist oder an einer schweren Krankheit leidet, die es ihm unmöglich macht, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten; dies gilt für die gesamte Dauer der Krankheit oder des Gebrechens.

(6)      Für ein unterhaltsberechtigtes Kind im Sinne dieses Artikels wird die Kinderzulage nur einmal gewährt, auch dann, wenn die Eltern zwei verschiedenen Organen der Europäischen Union angehören.

(7)      Wird das Sorgerecht für ein im Sinne der Absätze 2 und 3 unterhaltsberechtigtes Kind aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder durch Beschluss eines Gerichts bzw. der zuständigen Verwaltungsbehörde einer anderen Person übertragen, so wird die Zulage für Rechnung und im Namen des Beamten an diese Person gezahlt.“

71      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts ein Beamter, der für ein oder mehrere Kinder unterhaltspflichtig ist, die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nur unter den in den Abs. 2 und 3 dieses Artikels genannten Voraussetzungen erhalten kann, so dass nicht jeder Absatz dieser Bestimmung isoliert betrachtet werden kann. Zweitens trifft es zwar zu, dass Art. 2 Abs. 2 des Anhangs VII des Statuts für die Definition des Begriffs „unterhaltsberechtigtes Kind“ keine Altersgrenze nennt. Gleichwohl kann diese Bestimmung nicht isoliert betrachtet werden, ohne Abs. 3 dieses Artikels zu berücksichtigen. Diese Zusammenschau wird durch die Abs. 6 und 7 dieses Artikels bestätigt. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich nämlich eindeutig, dass der Begriff „unterhaltsberechtigtes Kind“ nicht im Sinne von Art. 2 Abs. 2 allein zu verstehen ist. Art. 2 Abs. 6 des Anhangs VII des Statuts nimmt nämlich ausdrücklich auf ein „unterhaltsberechtigtes Kind im Sinne dieses Artikels“ und Art. 2 Abs. 7 auf „ein im Sinne der Absätze 2 und 3 unterhaltsberechtigtes Kind“ Bezug (Urteil vom 20. Januar 2009, Klein/Kommission, F‑32/08, EU:F:2009:3, Rn. 41).

72      Außerdem eröffnet die Eigenschaft als unterhaltsberechtigtes Kind einen Anspruch auf verschiedene im Statut vorgesehene Geldleistungen, die sich von der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder unterscheiden. Dies trifft auf die Zahlungen im Todesfall nach Art. 70 des Statuts und das Waisengeld nach Art. 80 des Statuts zu. Eine Auslegung des Begriffs „unterhaltsberechtigtes Kind“ allein im Licht von Art. 2 Abs. 2 des Anhangs VII des Statuts hätte aber zur Folge, dass jedes von einem Beamten unterhaltene Kind bei seinem Tod Leistungen nach den Art. 70 und 80 des Statuts in Anspruch nehmen könnte, auch wenn sein Unterhalt nicht auf besonderen Umständen beruht, und dies unabhängig von seinem Alter.

73      Insoweit ist der Gesetzgeber im Rahmen seines Ermessens von der Prämisse ausgegangen, dass Kinder ab einem bestimmten Alter selbst in der Lage sein müssen, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, und in Bezug auf die Gewährung der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, die Zahlungen im Todesfall oder Waisengeld den Unionshaushalt nicht belasten dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juni 2023, OP/Parlament, T‑143/22, EU:T:2023:313, Rn. 87).

74      Was das vom Kläger angeführte Urteil vom 14. Dezember 1990, Brems/Rat (T‑75/89, EU:T:1990:88, Rn. 23), betrifft, stellte sich in jener Rechtssache die Frage, ob die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder für ein Kind gezahlt werden konnte, das das 18. Lebensjahr vollendet hatte, sich nicht in einer Schul- oder Berufsausbildung befand und nicht an einer schweren Krankheit oder einem Gebrechen litt, die es daran gehindert hätten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es ging daher um die Auslegung von Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Statuts. In diesem Zusammenhang entschied das Gericht, dass ein unterhaltsberechtigtes Kind im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Anhangs VII des Statuts einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage begründet, sofern es tatsächlich von dem Beamten unterhalten wird und darüber hinaus eine der in den Abs. 3 und 5 des genannten Art. 2 aufgeführten Bedingungen erfüllt. Das Gericht kam jedoch keineswegs zu dem Schluss, dass der Begriff „unterhaltsberechtigtes Kind“ allein auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 2 des Anhangs VII des Statuts und unabhängig von den anderen Absätzen dieses Artikels auszulegen ist.

75      Folglich ist der Begriff „unterhaltsberechtigtes Kind“ in Art. 2 des Anhangs VII des Statuts entgegen dem Vorbringen des Klägers unter Berücksichtigung der in Abs. 3 dieses Artikels vorgesehenen Altersgrenzen auszulegen.

76      Im vorliegenden Fall ist aber zwischen den Parteien unstreitig, dass die erste Tochter des Klägers älter als 26 Jahre war, als am 28. Juni 2021 der Steuerfreibetrag für sie beantragt wurde, so dass sie die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 2 und 3 des Anhangs VII des Statuts nicht mehr erfüllte.

77      Im Übrigen wird auch weder geltend gemacht, dass diese erste Tochter des Klägers durch besondere Verfügung der Anstellungsbehörde im Sinne von Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Statuts ausnahmsweise einem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestellt worden wäre, noch, dass sie an einer schweren Krankheit oder einem Gebrechen leide, die sie im Sinne von Abs. 5 dieses Artikels daran hinderte, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

78      Zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags des Klägers auf Verlängerung des in Rede stehenden Steuerfreibetrags für seine erste Tochter am 28. Juni 2021 konnte diese daher nicht mehr als unterhaltsberechtigtes Kind oder einem solchen Kind gleichgestellte Person angesehen werden. Folglich waren die in Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 vorgesehenen Voraussetzungen für eine solche Verlängerung nicht mehr erfüllt.

79      Im Übrigen ist der Begriff „unterhaltsberechtigtes Kind“, wie sich aus den vorstehenden Rn. 71 bis 75 ergibt, unter Berücksichtigung von Art. 2 des Anhangs VII des Statuts in seiner Gesamtheit auszulegen, so dass nur ein Kind, das die in Abs. 2, aber auch die, je nach Fall, in den Abs. 3 und 5 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, als unterhaltsberechtigt gegenüber einem Beamten angesehen werden kann. Erfüllt ein Kind diese Voraussetzungen jedoch, so begründet dies zwangsläufig einen Anspruch auf eine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, da die Verwaltung insoweit über kein Ermessen verfügt. Gleiches gilt für ein einem unterhaltsberechtigten Kind gleichgestelltes Kind im Sinne von Art. 2 Abs. 4 des Anhangs VII des Statuts.

80      Da Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 einen Steuerfreibetrag für die unterhaltsberechtigten Kinder des Beamten vorsieht, findet er somit nur in Fällen Anwendung, in denen diese Kinder aufgrund ihrer Eigenschaft als unterhaltsberechtigte Kinder auch einen Anspruch auf eine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nach Art. 2 des Anhangs VII des Statuts eröffnen.

81      Dies ist im Wesentlichen die Schlussfolgerung in Rn. 103 des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90). Das Gericht hat dort nämlich eindeutig entschieden, dass der in Rede stehende Steuerfreibetrag die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder ergänzt und dass nur die von den Unionsorganen tatsächlich gezahlte Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder einen Anspruch auf diesen Freibetrag begründen kann.

82      Im Übrigen steht, wie das Gericht in Rn. 104 des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), hervorgehoben hat, die Feststellung eines Zusammenhangs zwischen dem in Rede stehenden Steuerfreibetrag und dem Anspruch auf die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder auch im Einklang mit dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 260/68, da die Berechnung des Freibetrags nur unter Berücksichtigung der Höhe der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder erfolgen kann. Deren Höhe ist aber im Fall des Klägers nicht bekannt, da er sie nicht erhält.

83      Der Kläger kann daher nicht geltend machen, dass alle unterhaltsberechtigten Kinder, auch wenn sie nicht zwangsläufig Anspruch auf eine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder eröffnen, dennoch einen Anspruch auf den in Rede stehenden Steuerfreibetrag begründen können.

84      Das Vorbringen des Klägers zur Unanwendbarkeit des Urteils vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), im vorliegenden Fall sowie zur fehlenden Berücksichtigung der verschiedenen Sprachfassungen von Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 im Urteil vom 27. November 1980, Sorasio-Allo u. a./Kommission (81/79, 82/79 und 146/79, EU:C:1980:270), auf das sich das Gericht im erstgenannten Urteil gestützt hat, sind offensichtlich nicht geeignet, die oben in Rn. 83 gezogene Schlussfolgerung in Frage zu stellen, die auf der nunmehr gefestigten Auslegung von Art. 2 des Anhangs VII des Statuts beruht.

85      Jedenfalls konnte der Kläger im Urteil vom 12. März 2020, XB/EZB (T‑484/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:90), wie im vorliegenden Fall, keine Familienzulagen für seine Kinder erhalten, so dass ihm der in Rede stehende Steuerfreibetrag versagt wurde. Außerdem hat sich das Gericht, wie die Kommission zu Recht ausführt, in jenem Urteil auf den Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf die Familienzulagen und dem Steuerfreibetrag konzentriert und nicht auf die Art des in Rede stehenden Beschäftigungsverhältnisses, wie der Verweis auf das Urteil vom 27. November 1980, Sorasio-Allo u. a./Kommission (81/79, 82/79 und 146/79, EU:C:1980:270), zeigt, das eine andere Art von dienstrechtlichem Verhältnis betraf.

86      Im Übrigen hat der Gerichtshof in Rn. 15 des Urteils vom 27. November 1980, Sorasio-Allo u. a./Kommission (81/79, 82/79 und 146/79, EU:C:1980:270), in Verbindung mit Rn. 17 jenes Urteils einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen der Gewährung des in Rede stehenden Steuerfreibetrags und der Gewährung einer Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder hergestellt, ohne dass dieser Zusammenhang auf Fälle beschränkt wäre, in denen beide Elternteile Beamte der Union sind und eine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder beanspruchen können. Selbst wenn der Gerichtshof in diesem Zusammenhang bestimmte Sprachfassungen von Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 außer Acht gelassen haben sollte, hätte dies keinen Einfluss auf die Stichhaltigkeit seiner Schlussfolgerung, die sich aus der Gesamtanwendung und der oben in Rn. 79 wiedergegebenen Auslegung von Art. 2 des Anhangs VII des Statuts ergibt.

87      Folglich ist die erste Rüge zurückzuweisen.

2)      Zur zweiten Rüge des zweiten Klagegrundes: Verkennung des zwingenden Charakters der Schlussfolgerungen der „Verwaltungsleiter“ und der internen Richtlinien der Kommission

88      Der Kläger macht geltend, die Kommission habe mit ihrer Weigerung, ihm den Steuerfreibetrag zu gewähren, die Schlussfolgerungen Nr. 222/04 (SEC[2004]411) der Verwaltungsleiter vom 7. April 2004 (im Folgenden: Schlussfolgerungen 222/04 der Verwaltungsleiter), die mit der internen Richtlinie Nr. 36-2004 der Kommission vom 24. Mai 2004 umgesetzt worden seien und ihm nach wie vor einen Anspruch auf den fraglichen Steuerfreibetrag einräumten, verkannt. Die Kommission habe dann, wenn sie eine Einzelfallentscheidung treffe, die Umstände des Einzelfalls zu untersuchen und ihr Ermessen auszuüben, statt sich auf eine vorherige generelle Weigerung zu stützen.

89      Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

90      Vorliegend setzt die interne Richtlinie Nr. 36-2004 der Kommission vom 24. Mai 2004 die Schlussfolgerungen 222/04 der Verwaltungsleiter um. Diese sehen vor, den Steuerfreibetrag nach Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 für unterhaltsberechtigte Kinder über 26 Jahre nur noch dann zu gewähren, wenn das Kind eine Ausbildung zum normalen Alter für die betreffende Ausbildung vor Erreichen des 26. Lebensjahrs aufgenommen hat und sie regelmäßig fortsetzt. Dort ist auch vorgesehen, dass der Steuerfreibetrag auf jeden Fall von dem Zeitpunkt ab wegfällt, an dem das Kind ein Einkommen erhält, das 40 % des Gehalts eines Beamten der Besoldungsgruppe 1 Dienstaltersstufe 1 übersteigt, oder aber dann, wenn das Kind das Alter von 30 Jahren erreicht.

91      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es der Anstellungsbehörde grundsätzlich nicht untersagt ist, in einem allgemeinen internen Beschluss Regeln für die Ausübung des ihr durch das Statut eingeräumten weiten Ermessens aufzustellen. Für eine Heranziehung solcher innerdienstlicher Richtlinien gelten jedoch bestimmte Grenzen, insbesondere die Verpflichtung, den Grundsatz der Normenhierarchie zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2008, Strack/Kommission, T‑85/04, EU:T:2008:18, Rn. 38 und 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

92      In dieser Hinsicht geht eine innerdienstliche Richtlinie dem Statut und, allgemeiner, einer Verordnung im Rang nach. Folglich können die von den Unionsorganen erlassenen internen Richtlinien von Rechts wegen keine Regeln aufstellen, die von den Bestimmungen solcher Rechtsakte abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2008, Strack/Kommission, T‑85/04, EU:T:2008:18, Rn. 40 und 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Wie sich aus den Rn. 79 und 80 oben ergibt, ergänzt der in Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 vorgesehene Steuerfreibetrag indessen die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, und nur die von den Unionsorganen tatsächlich gezahlte Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder kann einen Anspruch auf diesen Freibetrag begründen. Außerdem kann die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nur für unterhaltsberechtigte Kinder im Sinne von Art. 2 des Anhangs VII des Statuts gezahlt werden, d. h. für Kinder, die sämtliche in diesem Artikel vorgesehenen Kriterien, insbesondere hinsichtlich der in Abs. 3 dieses Artikels vorgesehenen Altersgrenzen, erfüllen.

94      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die interne Richtlinie vom 24. Mai 2004 keine Anwendung finden kann, mit der die Schlussfolgerungen 222/04 der Verwaltungsleiter dahin gehend umgesetzt wurden, dass sie die Möglichkeit vorsieht, für Kinder, die nicht die Kriterien des Statuts erfüllen, um als unterhaltsberechtigt angesehen zu werden, einen Steuerfreibetrag zu gewähren und damit einen Anspruch auf eine Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder zu begründen, da diese Richtlinie gegen Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 260/68 in Verbindung mit Art. 2 des Anhangs VII des Statuts verstößt.

95      Folglich sind die zweite Rüge des zweiten Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

96      Demzufolge ist der Aufhebungsantrag als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

C.      Zum zweiten und zum dritten Klageantrag, die im Wesentlichen darauf gerichtet sind, die Kommission zu verpflichten, dem Kläger den Steuerfreibetrag zu gewähren, und sie zur Zahlung von Zinsen auf die nicht gezahlten Beträge zu verurteilen

97      Mit seinem zweiten und seinem dritten Klageantrag beantragt der Kläger, die Kommission zu verpflichten, ihm rückwirkend den Steuerfreibetrag zu gewähren, solange die Voraussetzungen vorliegen, und ihm Zinsen auf die ihm geschuldeten Beträge zu zahlen.

98      Vorliegend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des Statuts dem Unionsrichter in Streitsachen vermögensrechtlicher Art die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung verleiht und ihm u. a. die Aufgabe überträgt, die bei ihm anhängig gemachten Streitsachen abschließend zu entscheiden und die praktische Wirksamkeit der von ihm erlassenen Aufhebungsurteile in dienstrechtlichen Streitigkeiten sicherzustellen (vgl. Urteil vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 49 und 50 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

99      Nach der Rechtsprechung sind „Streitsachen vermögensrechtlicher Art“ im Sinne dieser Bestimmung nicht nur Haftungsklagen von Beamten gegen ein Organ oder eine Einrichtung der Union, sondern auch sämtliche Klagen, die darauf gerichtet sind, dass ein solches Organ oder eine solche Einrichtung einem Beamten oder seinen Rechtsnachfolgern einen Betrag zahlt, den dieser gemäß dem Statut oder einem anderen, sein Arbeitsverhältnis regelnden Rechtsakt beanspruchen zu können glaubt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. März 2022, WV/EAD, C‑162/20 P, EU:C:2022:153, Rn. 123 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger mit seinem zweiten und seinem dritten Klageantrag im Wesentlichen die Erstattung der Beträge, die seiner Ansicht nach von der Besteuerungsgrundlage seiner Dienstbezüge hätten abgezogen werden müssen, zuzüglich Zinsen. Solche Anträge, die auf Ersatz des dem Kläger durch den im Rahmen seines Aufhebungsantrags geltend gemachten Rechtsverstoß entstandenen Schadens gerichtet sind, fallen unter den Begriff „Streitsache vermögensrechtlicher Art“ im Sinne der oben in Rn. 99 angeführten Rechtsprechung.

101    Das Gericht ist daher nach Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des Statuts für die Entscheidung über diese Anträge, wie sie im zweiten und im dritten Klageantrag formuliert sind, zuständig.

102    Allerdings führt nach ständiger Rechtsprechung die Zurückweisung eines Aufhebungsantrags als unzulässig oder als unbegründet in Fällen, in denen der von einem Kläger geltend gemachte Schaden auf dem Erlass einer Entscheidung beruht, gegen die sich der betreffende Aufhebungsantrag richtet, grundsätzlich zur Zurückweisung des Schadensersatzantrags, wenn dieser eng mit dem Aufhebungsantrag verbunden ist (vgl. Urteil vom 7. Februar 2019, Arango Jaramillo u. a./EIB, T‑487/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:66, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Im vorliegenden Fall stehen die im zweiten und im dritten Klageantrag gestellten Anträge indessen in engem Zusammenhang mit dem Aufhebungsantrag, wie sich oben aus Rn. 100 ergibt.

104    Was darüber hinaus den Antrag des Klägers betrifft, ihm den Steuerfreibetrag zu gewähren, solange die Voraussetzungen vorliegen, so hat die Prüfung der Klagegründe nichts ergeben, was im vorliegenden Fall die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung rechtfertigen würde.

105    Folglich sind der zweite und der dritte Klageantrag zurückzuweisen, und die Klage ist insgesamt abzuweisen.

IV.    Kosten

106    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 135 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht indessen aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei neben ihren eigenen Kosten nur einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist. Außerdem kann das Gericht nach Art. 135 Abs. 2 der Verfahrensordnung auch eine obsiegende Partei zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilen, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint.

107    Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht des Verhaltens der Kommission, auf die Fragen des Klägers in den E‑Mails des PMO vom 29. Juni und vom 27. August 2021 vage zu antworten und diese als „bloße Information“ einzustufen, die nicht Gegenstand einer Beschwerde sein könne, und den Kläger somit in eine Situation der Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder Nichtvorliegens beschwerender Maßnahmen und der Berechnung der Rechtsbehelfsfristen zu versetzen, zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Michael Heßler und die Europäische Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

da Silva Passos

Reine

Pynnä

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Dezember 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.