Language of document : ECLI:EU:T:2011:220

Rechtssache T‑341/09

Consejo Regulador de la Denominación de Origen Txakoli de Álava u. a.

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung des Wortzeichens TXAKOLI als Gemeinschaftskollektivmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 66 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009“

Leitsätze des Urteils

1.      Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Wein – Bezeichnung und Aufmachung der Weine – Verordnungen Nrn. 1493/1999 und 753/2002 – Unterscheidung zwischen geografischen Angaben und ergänzenden traditionellen Begriffen

(Verordnung Nr. 1493/1999 des Rates, Art. 47 Abs. 2 Buchst. e; Verordnung Nr. 753/2002 der Kommission, Art. 23)

2.      Gemeinschaftsmarke – Gemeinschaftskollektivmarken – Zeichen oder Angaben, die die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen bezeichnen können – Ausnahme – Enge Auslegung

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Art. 66 Abs. 2, und Verordnung Nr. 1234/2007 des Rates)

1.      Die Verordnung Nr. 1493/1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein – die als Grundverordnung vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1234/2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) galt und auf die die Verordnung Nr. 753/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1493/1999 hinsichtlich der Beschreibung, der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse gestützt war – unterschied klar zwischen geografischen Angaben im weiten Sinne und ergänzenden traditionellen Begriffen, da nach ihrem Art. 47 Abs. 2 Buchst. e die Regeln für die Beschreibung, Bezeichnung und Aufmachung bestimmter unter diese Verordnung fallender Erzeugnisse sowie für den Schutz bestimmter Angaben, Hinweise und Begriffe insbesondere Bestimmungen über die Verwendung der geografischen Angaben und traditionellen Bezeichnungen umfassten.

Als eine der letztgenannten Bestimmungen definierte Art. 23 der Verordnung Nr. 753/2002 – die durch die Verordnung Nr. 607/2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 479/2008 hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen Begriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter Weinbauerzeugnisse aufgehoben wurde – den ergänzenden traditionellen Begriff als „ein[en] für [Tafelweine mit geografischer Angabe und Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete] in den Erzeugermitgliedstaaten herkömmlicherweise verwendete[n] Begriff, der sich insbesondere auf ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung bzw. auf Qualität, Farbe oder Art des Weins oder einen Ort oder ein historisches Ereignis im Zusammenhang mit der Geschichte dieses Weins bezieht und in den Rechtsvorschriften der Erzeugermitgliedstaaten über die Bezeichnung und Aufmachung von Qualitätsweinen [bestimmter Anbaugebiete] in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet definiert ist“. Ergänzende traditionelle Begriffe im Sinne der Verordnung Nr. 753/2002 waren daher Begriffe, die bestimmte charakteristische Merkmale des Weins, des Erzeugungsorts oder seiner Geschichte und nicht seine geografische Herkunft bezeichneten.

(vgl. Randnrn. 27-28)

2.      Gemäß Art. 66 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke können Gemeinschaftskollektivmarken im Sinne des Abs. 1 dieses Artikels abweichend von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren oder der Dienstleistungen dienen können. Da Art. 66 Abs. 2 der Verordnung eine Ausnahme vom Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung vorsieht, ist er nicht dahin weit auszulegen, dass von ihm Zeichen erfasst sind, die nur im Grunde eine geografische Angabe darstellen.

Würde, was den sehr speziellen Markt für Wein anbelangt, im Rahmen der Prüfung einer beim HABM eingereichten Anmeldung festgestellt, dass im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise der angemeldete Begriff ein Land als geografische Herkunft des fraglichen Weins bezeichnete oder bezeichnen könnte, liefe dies außerdem auf einen Eingriff in die Zuständigkeit jener Behörden hinaus, die an den Verfahren zur Schaffung neuer geschützter Ursprungsbezeichnungen oder geografischer Angaben, die diesen Begriff enthalten, oder an den Verfahren zur Erhöhung der Zahl der mit diesen Begriffen verknüpften Bezeichnungen beteiligt sind.

Es ist jedoch Sache dieser Behörden, im Rahmen ihres Ermessensspielraums und nach Prüfung aller relevanten Umstände zu entscheiden, ob ein Begriff als Bezeichnung der geografischen Herkunft eines Erzeugnisses im dafür von der Verordnung Nr. 1234/2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) vorgesehenen besonderen Verfahren geschützt werden muss, nach dem insbesondere die Beteiligten spezielle Rechte haben und die hierzu ergehende endgültige Entscheidung der Kommission vor dem Unionsrichter angefochten werden kann.

(vgl. Randnrn. 35-37)