Language of document : ECLI:EU:C:2022:954

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

TAMARA ĆAPETA

vom 1. Dezember 2022 (1)

Rechtssache C626/21

Funke Sp. z o.o.,

Beteiligte:

Landespolizeidirektion Wien

(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Angleichung der Rechtsvorschriften – Richtlinie 2001/95/EG – Allgemeine Produktsicherheit – System der Europäischen Union zum raschen Informationsaustausch (RAPEX) über gefährliche Non-Food-Produkte – Durchführungsbeschluss (EU) 2019/417 – RAPEX-Leitlinien – Verordnung (EG) Nr. 765/2008 – Marktüberwachung – Richtlinie 2013/29/EU – Inverkehrbringen von pyrotechnischen Gegenständen – Recht eines Wirtschaftsteilnehmers auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung – Art. 34 AEUV – Freier Warenverkehr – Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung“






I.      Einleitung

1.        Der durch den Binnenmarkt erleichterte Warenverkehr führt dazu, dass unsichere Produkte leicht Verbraucher in mehreren Mitgliedstaaten erreichen können. Um auf solche Fälle zu reagieren, hat die Europäische Union das RAPEX-System(2) eingeführt – ihre Version der „drei Rauchzeichen“(3).

2.        Im Kern geht es beim RAPEX-System darum, dass ein Mitgliedstaat dann, wenn er feststellt, dass ein gefährliches Produkt auf seinem Markt in Verkehr gebracht wurde, dies den anderen Mitgliedstaaten über die Europäische Kommission meldet. In der vorliegenden Rechtssache geht es um dieses System und insbesondere um die Rechte von Wirtschaftsakteuren, an diesem System beteiligt zu werden, wenn die Waren, mit denen sie handeln, Gegenstand einer solchen Meldung sind.

3.        In der vorliegenden Rechtssache handelt es sich bei den in Rede stehenden Waren um Schallstrahler, d. h. um schallerzeugende Feuerwerkskörper, die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens, der Funke Sp. z o.o., aus China in die Europäische Union eingeführt werden. Sie wurden über verschiedene Händler in mehreren Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, verkauft.

II.    Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

4.        Der vorliegenden Rechtssache liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs (Österreich) zugrunde.

5.        Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge wurde bei einer Marktüberwachung durch die Landespolizeidirektion Wien (Österreich, im Folgenden: LPD) nach den geltenden österreichischen Rechtsvorschriften(4) bei einem Händler von pyrotechnischen Gegenständen festgestellt, dass bestimmte Arten bei diesem Händler vorrätiger Feuerwerkskörper für Anwender nicht handhabungssicher waren. Die LPD sprach gegen den Händler durch Bescheid ein Verkaufsverbot für diese Gegenstände aus und ordnete ihren Rückruf vom Markt an (im Folgenden: behördliche Maßnahmen gegen den Händler).

6.        In der Folge wurde von der LPD als in Österreich zuständiger Marktüberwachungsbehörde für diese Art von Waren ein RAPEX-Meldeverfahren eingeleitet. Die LPD übermittelte über die nationale RAPEX-Kontaktstelle drei gesonderte Meldungen (im Folgenden: RAPEX-Meldungen). Diese Meldungen wurden von der Kommission nach Überprüfung an die Mitgliedstaaten weitergeleitet.

7.        Die Funke Sp. z o.o. (im Folgenden: Funke), ein in Polen ansässiges Unternehmen, ist Importeurin der von den RAPEX-Meldungen betroffenen Feuerwerkskörper.

8.        Funke war der Ansicht, dass in diesen über RAPEX übermittelten Meldungen die Produkte, die Gegenstand der behördlichen Maßnahmen gegen den Händler gewesen seien, nicht ordnungsgemäß beschrieben worden seien. Mit Schreiben vom 30. April 2020 beantragte Funke daher bei der LPD, die RAPEX-Meldungen durch Ergänzung der Chargennummern der betroffenen Produkte zu vervollständigen. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof erläutert, wird damit letztlich begehrt, das Herstellungsjahr (2017) der in Rede stehenden Feuerwerkskörper anzugeben(5). Funke beantragte außerdem Einsicht in die Akten des RAPEX-Meldeverfahrens, insbesondere in die Risikoeinstufung der von diesen Meldungen erfassten Produkte.

9.        Die LPD wies die Anträge Funkes am 29. Juni 2020 mit der Begründung als unzulässig zurück, dass Funke nicht als Verfahrenspartei anzusehen sei. Funke legte Beschwerde ein.

10.      Wie im Vorabentscheidungsersuchen erläutert, wurden die Anträge Funkes vom Verwaltungsgericht Wien (Österreich) zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich bei den Meldungen über RAPEX nicht um Verwaltungsakte, sondern um Realakte (schlichtes Verwaltungshandeln). Nach österreichischem Recht könne gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur derjenige wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben, der behaupte, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Wirtschaftsakteuren wie Funke werde in der österreichischen Rechtsordnung kein Antragsrecht auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung bzw. auf Akteneinsicht eingeräumt. Auch das einschlägige Unionsrecht gebe keinen Anhaltspunkt für die Annahme solcher Rechte bzw. einer Parteistellung von Funke im RAPEX-Meldeverfahren.

11.      Die von Funke gegen dieses Erkenntnis beim Verfassungsgerichtshof (Österreich) erhobene Beschwerde wurde an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen, dem vorlegenden Gericht der vorliegenden Rechtssache.

12.      Das vorlegende Gericht möchte geklärt wissen, ob sich aus dem einschlägigen, RAPEX betreffenden Unionsrecht direkt ein Antragsrecht eines Wirtschaftsakteurs auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung und ein Recht auf ausreichenden gerichtlichen Rechtsschutz gegen Beeinträchtigungen aus einer RAPEX-Meldung ergibt. Seiner Auffassung nach komme einem Wirtschaftsakteur kein Antragsrecht auf Vervollständigung einer seiner Ansicht nach unvollständigen RAPEX-Meldung zu, sondern werde das RAPEX-Meldeverfahren ausschließlich zwischen der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten geführt, ohne den Wirtschaftsakteuren dabei eigene Rechte zukommen zu lassen.

13.      Für den Fall jedoch, dass ein solches Recht bestehen sollte, möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Behörde dafür zuständig ist, auf einen Antrag eines Wirtschaftsakteurs auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu reagieren. Einige Bestimmungen des Unionsrechts deuteten darauf hin, dass die Behörde des Mitgliedstaats für die Entscheidung über solche Anträge zuständig sei (da diese Behörde die Verantwortung für die übermittelten Informationen habe), während andere für die Zuständigkeit der Kommission sprächen (da die Kommission die formale Richtigkeit und Vollständigkeit der RAPEX-Meldungen überprüfe).

14.      Das vorlegende Gericht hält weiter für klärungsbedürftig, ob die behördlichen Maßnahmen gegen den Händler (und nicht gegen Funke als Importeur) als Ausgangspunkt des RAPEX-Meldeverfahrens anzusehen seien. Wenn die beiden Verfahren als einheitliches Verfahren betrachtet würden, könne möglicherweise ein Recht des Händlers anerkannt werden, gegen die Meldung vorzugehen. Damit käme indes einem Importeur wie Funke, der nicht Adressat des ursprünglichen Verwaltungsakts gewesen sei, immer noch kein Recht zu. Das vorlegende Gericht hält für fraglich, ob ein solcher Rechtsschutz nach dem Unionsrecht ausreichend sei.

15.      Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind

-      die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. 2002, L 11, S. 4) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 (ABl. 2008, L 218, S. 30) und die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 (ABl. 2009, L 188, S. 14) geänderten Fassung, insbesondere deren Art. 12 und Anhang II,

-      die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. 2008, L 218, S. 30), insbesondere deren Art. 20 und 22, sowie

-      der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/417 der Kommission vom 8. November 2018 zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch „RAPEX“ gemäß Artikel 12 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit und für das dazugehörige Meldesystem (ABl. 2019, L 73, S. 121) dahin auszulegen, dass

1.      sich unmittelbar aus diesen Vorschriften das Recht eines Wirtschaftsakteurs auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung ergibt;

2.      für die Entscheidung über einen solchen Antrag die Kommission) zuständig ist;

oder

3.      für die Entscheidung über einen solchen Antrag die Behörde des jeweiligen Mitgliedstaats zuständig ist;

(bei Bejahung der Frage 3)

4.      der (nationale) gerichtliche Rechtsschutz gegen eine solche Entscheidung ausreichend ist, wenn er nicht jedem, sondern nur dem von der (obligatorischen) Maßnahme betroffenen Wirtschaftsakteur gegen die von der Behörde getroffene (obligatorische) Maßnahme gewährt wird?

16.      Funke, die österreichische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht. Am 21. September 2022 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die vorgenannten Beteiligten mündliche Ausführungen gemacht haben.

III. Relevante Rechtsvorschriften

17.      Das vorlegende Gericht ersucht um eine Auslegung der folgenden, RAPEX betreffenden Rechtsakte des Unionsrechts, die ich im Folgenden zusammen als „RAPEX betreffendes Unionsrecht“ bezeichnen werde:

Richtlinie 2001/95 (im Folgenden: Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit)(6);

Verordnung Nr. 765/2008 (im Folgenden: Marktüberwachungsverordnung)(7);

Durchführungsbeschluss 2019/417 (im Folgenden: RAPEX-Leitlinien)(8).

18.      Diese Bestimmungen sind durch die Richtlinie 2013/29/EU über pyrotechnische Gegenstände auf die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Feuerwerkskörper anwendbar geworden(9).

19.      Wie meine Würdigung zeigen wird, sind für die vorliegende Rechtssache auch die Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr relevant.

IV.    Würdigung

20.      Die in der vorliegenden Rechtssache vorgelegten Fragen ergeben sich aus den Besonderheiten des österreichischen Verwaltungsrechts. Wie die österreichische Regierung in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, ist die auf einen von einer Person an eine Verwaltungsbehörde gerichteten Antrag ergehende Reaktion als „Verwaltungsakt“ anzusehen, wenn die Person gegenüber dieser Behörde einen Rechtsanspruch hatte. In diesem Fall hat die betreffende Person auch das Recht, gegen eine auf ihren Antrag hin ergangene Entscheidung der Verwaltungsbehörde vor einem Verwaltungsgericht Klage zu erheben. Hingegen ist in dem Fall, dass die Person keinen Rechtsanspruch hatte, die Reaktion der Verwaltungsbehörde nicht als Verwaltungsakt anzusehen und nicht gerichtlich überprüfbar.

21.      Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht daher im Wesentlichen geklärt wissen, ob ein Wirtschaftsakteur wie Funke nach geltendem Unionsrecht als Partei dieses Verfahrens ein Antragsrecht auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung hat. Mit der zweiten und der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob für die Korrektheit und Genauigkeit der Informationen die Behörde des Mitgliedstaats oder die Kommission verantwortlich ist. Für den Fall, dass festgestellt wird, dass ein Wirtschaftsakteur das Recht hat, bei der mitgliedstaatlichen Behörde die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu beantragen, ist die Zurückweisung des von Funke gestellten Antrags auf Vervollständigung der RAPEX-Meldungen durch die österreichischen Verwaltungsgerichte überprüfbar.

22.      Die vierte Vorlagefrage ist weniger eindeutig. Da das RAPEX-Meldeverfahren in der vorliegenden Rechtssache durch die behördlichen Maßnahmen gegen den Händler in Gang gesetzt wurde, ist das vorlegende Gericht offenbar der Ansicht, dass ein Antragsrecht auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung möglicherweise für den Händler, nicht aber für Funke bestehe. Es hält jedoch für fraglich, ob ein solcher gerichtlicher Rechtsschutz nach dem Unionsrecht ausreichend wäre oder ob anderen beteiligten Wirtschaftsakteuren, einschließlich Importeuren, Zugang zu den Gerichten zu gewähren sei. Um diese Frage für das vorlegende Gericht möglichst sachdienlich zu beantworten(10), werde ich sie in dem Sinne behandeln, dass danach gefragt wird, ob die Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht dazu verpflichtet sind, beteiligten Wirtschaftsakteuren wie Funke gegen eine RAPEX-Meldung Zugang zu den Gerichten zu gewähren(11).

23.      Der Gerichtshof wird vorliegend erstmalig um eine Auslegung der Bestimmungen des RAPEX betreffenden Unionsrechts ersucht. Ich werde daher zunächst einige Vorbemerkungen zu RAPEX und der Funktionsweise seines Meldeverfahrens voranstellen (A). Sodann werde ich die zweite und die dritte Vorlagefrage beantworten und hierzu erläutern, dass das RAPEX betreffende Unionsrecht die Verantwortung für die Korrektheit und Genauigkeit der in RAPEX-Meldungen übermittelten Informationen der Behörde des Mitgliedstaats zuweist (B). Nach diesen Rechtsvorschriften werden Wirtschaftsakteure jedoch nicht als Parteien des RAPEX-Meldeverfahrens betrachtet. Daher kann das Recht eines Wirtschaftsakteurs, die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, meines Erachtens nicht auf das RAPEX betreffende Unionsrecht gestützt werden (C). Dies bedeutet nicht, dass der Wirtschaftsakteur in einer Situation wie derjenigen der vorliegenden Rechtssache gegen eine unvollständige Meldung unionsrechtlich rechtsschutzlos gestellt wird. Ich werde die Ansicht vertreten, dass eine unvollständige RAPEX-Meldung aus Sicht eines Wirtschaftsakteurs ein Hindernis für den Handel im Binnenmarkt darstellen kann. Daher kann das Recht, die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, aus den Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr abgeleitet werden (D). Abschließend werde ich darauf eingehen, welche Folgen sich aus diesem Ergebnis für das vorlegende Gericht ergeben (E).

A.      RAPEX und das Meldeverfahren

24.      Allgemein handelt es sich bei RAPEX, wie der Name schon sagt, um ein durch das Unionsrecht eingeführtes System zum raschen Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten(12) und der Kommission über gefährliche Non-Food-Produkte(13). Es geht auf eine Reihe von Entscheidungen des Rates zurück, die ab den 1980er Jahren erlassen wurden(14). Dieses System wurde anschließend in die Richtlinie 92/59/EG über die allgemeine Produktsicherheit(15)eingegliedert, die die Vorläuferregelung der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit war.

25.      Die Zahl der über RAPEX übermittelten Meldungen ist im Laufe der Jahre stetig angestiegen(16). Im Jahr 2021 wurden 2 142 Meldungen und 4 965 Folgemeldungen über RAPEX verbreitet(17).

26.      Wie bereits erwähnt, gehören zum RAPEX betreffenden Unionsrecht derzeit die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit(18), die Marktüberwachungsverordnung(19) und die RAPEX-Leitlinien(20). Grundlage aller dieser Rechtsakte ist Art. 114 AEUV.

27.      RAPEX zielt im Wesentlichen auf den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission in Fällen ab, die ein rasches Eingreifen in den Markt für ein (Non-Food‑)Produkt erfordern(21). Sein Zweck ist die Verhütung von Unfällen durch Warnung der Durchsetzungsbehörden in anderen Mitgliedstaaten vor potenziell gefährlichen Produkten(22). Das RAPEX-Verfahren spielt eine bedeutsame Rolle im Bereich der Produktsicherheit; insbesondere verhindert oder beschränkt es die Bereitstellung gefährlicher Produkte auf dem Markt, von denen eine ernste Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern ausgeht, und trägt damit dazu bei, das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten(23).

28.      RAPEX selbst besteht aus mehreren Elementen, darunter der rechtliche Rahmen, der regelt, wie das System funktioniert (d. h. die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und die RAPEX-Leitlinien), die RAPEX-Online-Anwendung, die den Mitgliedstaaten und der Kommission einen raschen Informationsaustausch ermöglicht, die nationalen RAPEX-Kontaktstellen, die in den Mitgliedstaaten für RAPEX zuständig sind, und die RAPEX-Website(24), die Zusammenfassungen der RAPEX-Meldungen und wöchentliche Aktualisierungen für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellt(25).

29.      Die Funktionsweise von RAPEX gliedert sich in die folgenden drei Stufen(26). Erstens gibt es die Meldestufe, auf der die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats eine Meldung erstellen, die dann über die nationale RAPEX-Kontaktstelle an die Kommission übermittelt wird. Zweitens gibt es die Validierungs- und Verbreitungsstufe, auf der die Kommission alle Meldungen auf ihre formale Richtigkeit und Vollständigkeit prüft sowie auf der RAPEX-Website veröffentlicht und an die Mitgliedstaaten weiterleitet. Drittens gibt es die Folgemaßnahmenstufe, in der die Mitgliedstaaten nach Erhalt einer RAPEX-Meldung die übermittelten Informationen prüfen und geeignete Maßnahmen ergreifen, die sie auch der Kommission melden(27).

30.      Nach Art. 12 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Art. 22 der Marktüberwachungsverordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission eine RAPEX-Meldung zu übermitteln, wenn die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind(28). Erstens: Das Produkt fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit oder der Marktüberwachungsverordnung. Zweitens: Das Produkt unterliegt Maßnahmen, die seine Bereitstellung auf dem Markt oder seine Verwendung verhindern, beschränken oder besonderen Bedingungen unterwerfen; diese Maßnahmen können entweder auf Betreiben eines Wirtschaftsakteurs ergriffen werden (freiwillige Maßnahmen) oder von einer mitgliedstaatlichen Behörde angeordnet werden, die dafür zuständig ist (obligatorische Maßnahmen), wie in der vorliegenden Rechtssache(29). Drittens: Das Produkt stellt ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher oder, im Fall der Marktüberwachungsverordnung, für andere maßgebliche öffentliche Interessen dar. Viertens: Das ernste Risiko geht über das Hoheitsgebiet des meldenden Mitgliedstaats hinaus und hat somit grenzüberschreitende Auswirkungen(30).

31.      Was konkret die vorliegende Rechtssache angeht, lassen sich mehrere Aspekte des RAPEX-Meldeverfahrens voneinander unterscheiden. Erstens muss dann, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats sich im Rahmen der Marktüberwachung mit einem Produkt konfrontiert sehen, das eine ernste Gefahr darstellt, die ein rasches Eingreifen erforderlich macht, dieses Produkt zurückgerufen oder vom Markt genommen werden bzw. auf dem Markt untersagt werden(31).

32.      Zweitens muss ein Mitgliedstaat, wenn er eine solche Maßnahme ergreift oder zu ergreifen beabsichtigt, prüfen, ob die Gründe für die Maßnahme oder die Auswirkungen der Maßnahme über sein Hoheitsgebiet hinausgehen(32). Der Mitgliedstaat muss auch beurteilen, ob das Produkt ein ernstes Risiko darstellt, was bedeutet, dass er eine Risikobewertung vornehmen muss, bevor er beschließt, eine RAPEX-Meldung zu übermitteln(33).

33.      Drittens ist ein Mitgliedstaat, wenn die Voraussetzungen für eine RAPEX-Meldung erfüllt sind, verpflichtet, der Kommission „unverzüglich“ eine Meldung zu übermitteln(34). Der meldende Mitgliedstaat erteilt alle verfügbaren Informationen, insbesondere Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen(35). Eine von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats erstellte RAPEX-Meldung(36) wird unter Verwendung des vorgegebenen Standardmeldeformulars im Einklang mit den RAPEX-Leitlinien übermittelt(37). Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, eine zentrale RAPEX-Kontaktstelle einzurichten, die RAPEX auf nationaler Ebene verwaltet(38). Die nationale RAPEX-Kontaktstelle prüft und validiert die von den zuständigen Behörden eingegangenen Informationen auf Vollständigkeit, bevor eine RAPEX-Meldung an die Kommission weitergeleitet wird(39).

34.      RAPEX-Meldungen sollen insoweit mehrere Arten von Daten enthalten, u. a. Angaben, die eine Identifizierung des Produkts ermöglichen. Dem liegt folgender Gedanke zugrunde: „Eine ausführliche und genaue Beschreibung des Produkts ist für die Marktüberwachung und für Durchsetzungsmaßnahmen von zentraler Bedeutung; anhand einer solchen Beschreibung können die nationalen Behörden das gemeldete Produkt identifizieren und es von anderen auf dem Markt befindlichen Produkten der gleichen Art oder Kategorie unterscheiden, können es auf dem Markt finden und geeignete Maßnahmen ergreifen oder vereinbaren.“(40) Deshalb sollten, wie in den RAPEX-Leitlinien betont, die Meldungen möglichst vollständig sein und in alle Felder des Meldebogens die erforderlichen Daten eingetragen werden. Falls diese Informationen zum Zeitpunkt der Übermittlung der Meldung nicht vorliegen, ist dies deutlich anzugeben und zu erklären; sobald die Daten verfügbar sind, hat der meldende Mitgliedstaat seine Meldung zu aktualisieren(41). Nach dem in den RAPEX-Leitlinien enthaltenen Meldebogen sind bestimmte Angaben zum Produkt – u. a. Typ/Modellnummer, Losnummer/Strichcode und Beschreibung des Produkts und der Verpackung – als Pflichtfelder gekennzeichnet, so dass sie grundsätzlich ausgefüllt werden müssen(42).

35.      Nach der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit ist der meldende Mitgliedstaat für die mitgeteilten Informationen verantwortlich(43). Daher schreiben die RAPEX-Leitlinien vor, dass „der meldende Mitgliedstaat und die zuständige nationale Behörde [sicherstellen], dass sämtliche über die RAPEX-Anwendung bereitgestellten Daten korrekt sind, damit es keine Verwechslungen mit ähnlichen Produkten der gleichen Kategorie oder Art gibt, die auf dem EU-Markt erhältlich sind“(44).

36.      Viertens ist die Kommission im Rahmen des RAPEX-Meldeverfahrens im Wesentlichen die „zentrale Drehscheibe“(45) oder der „Verteiler von Nachrichten“(46) zwischen den Mitgliedstaaten. Sie muss alle RAPEX-Meldungen „so schnell wie möglich“ auf ihre formale Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen, bevor sie sie an die anderen Mitgliedstaaten weiterleitet(47). Was die Vollständigkeit angeht, gilt die besondere Aufmerksamkeit dabei den Teilen der RAPEX-Meldung, die die Produktbeschreibung betreffen(48). Die Kommission veröffentlicht außerdem Zusammenfassungen von RAPEX-Meldungen auf der RAPEX-Website, um die Öffentlichkeit über Produkte zu informieren, von denen eine ernste Gefahr ausgeht(49). In den RAPEX-Leitlinien heißt es jedoch, dass mit der Bearbeitung der RAPEX-Meldungen, also u. a. deren Validierung oder Verbreitung oder deren Veröffentlichung auf der RAPEX-Website, von der Kommission keinerlei Verantwortung für die übermittelten Informationen übernommen wird; diese liegt weiterhin beim meldenden Mitgliedstaat(50).

37.      Schließlich sind die anderen Mitgliedstaaten nach Erhalt einer RAPEX-Meldung verpflichtet, eine angemessene Reaktion zu gewährleisten(51). Sie müssen die in einer RAPEX-Meldung übermittelten Informationen prüfen und geeignete Maßnahme ergreifen, um festzustellen, ob das Produkt in ihrem Hoheitsgebiet auf dem Markt bereitgestellt worden ist, beurteilen, welche präventiven oder restriktiven Maßnahmen ergriffen werden sollten, das Produkt bei Bedarf einer zusätzlichen Risikobewertung und zusätzlichen Tests zu unterziehen, und eventuell ergänzende Informationen einholen, die für andere Mitgliedstaaten relevant sein können (z. B. Informationen über die Vertriebswege des Produkts)(52). Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission dann ihre sich aus diesen Maßnahmen ergebenden Ergebnisse und Maßnahmen in Form von Folgemeldungen mit(53).

38.      Vor diesem Hintergrund werden die in der vorliegenden Rechtssache vorgelegten Fragen geprüft.

B.      Verantwortlichkeit für die Korrektheit und Genauigkeit der in RAPEX-Meldungen enthaltenen Informationen

39.      Nach dem RAPEX betreffenden Unionsrecht ist der meldende Mitgliedstaat für die in einer RAPEX-Meldung enthaltenen Informationen verantwortlich und stellt ihre Korrektheit und Genauigkeit sicher (vgl. Nrn. 33 bis 36 der vorliegenden Schlussanträge).

40.      Zugleich wird in Anhang II Ziff. 5 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit eine gewisse Verantwortung auch der Kommission zugewiesen, indem sie verpflichtet wird, alle RAPEX-Meldungen „so schnell wie möglich“ auf ihre formale Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen (siehe Nr. 36 der vorliegenden Schlussanträge). Wie von der österreichischen Regierung und der Kommission vorgetragen, handelt es sich dabei jedoch offenbar im Wesentlichen um eine formale Prüfung, die nicht an die Stelle der primären Verantwortlichkeit des meldenden Mitgliedstaats tritt, die Vollständigkeit einer RAPEX-Meldung zu gewährleisten(54).

41.      Der meldende Mitgliedstaat bleibt für die gemeldeten Daten verantwortlich, solange die RAPEX-Meldung für bestimmte Produkte im System vorhanden ist, und muss die Kommission über alle Entwicklungen unterrichten, die Änderungen an einer RAPEX-Meldung erfordern(55). Da der meldende Mitgliedstaat die volle Verantwortung für die über RAPEX übermittelten Informationen trägt, kann ein dauerhaftes oder vorübergehendes Zurückziehen einer RAPEX-Meldung ferner nur auf Antrag dieses Staats erfolgen(56).

42.      All dies zeigt, dass der Unionsgesetzgeber die primäre Verantwortlichkeit für die Korrektheit und Genauigkeit der über RAPEX gemeldeten Informationen, einschließlich der Verantwortlichkeit für die Vollständigkeit der Informationen über das betroffene Produkt, dem meldenden Mitgliedstaat übertragen wollte. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die zweite und die dritte Vorlagefrage in diesem Sinne zu beantworten.

C.      Anspruch auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung aus dem RAPEX betreffenden Unionsrecht

43.      Wenn der meldende Mitgliedstaat für die Korrektheit und Genauigkeit der gemeldeten Informationen verantwortlich ist, stellt sich die Frage, ob die betroffenen Wirtschaftsakteure im Rahmen des RAPEX-Meldeverfahrens das Recht haben, von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen.

44.      Nach der von Funke vorgetragenen Ansicht soll sich ein solcher Anspruch aus dem RAPEX betreffenden Unionsrecht ableiten lassen. Die österreichische Regierung und die Kommission sind anderer Ansicht.

45.      Es ist unstreitig, dass es keine Bestimmungen des RAPEX betreffenden Unionsrechts gibt, die einen solchen Anspruch ausdrücklich vorsehen.

46.      Meines Erachtens lässt sich ein derartiger Anspruch auf Beteiligung am RAPEX-Meldeverfahren, wonach ein Wirtschaftsakteur die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung verlangen könnte, aus dem RAPEX betreffenden Unionsrecht, einschließlich der vom vorlegenden Gericht in seinen Fragen genannten Bestimmungen, nicht ableiten.

47.      Aus dem RAPEX betreffenden Unionsrecht ergibt sich, dass, wie von der österreichischen Regierung und der Kommission vorgetragen, das RAPEX-Meldeverfahren auf eine Beteiligung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Kommission ausgelegt ist. Nach der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit (Art. 12) und der Marktüberwachungsverordnung (Art. 22) ist ein Mitgliedstaat verpflichtet, der Kommission unverzüglich mit Hilfe von RAPEX zu melden, wenn er freiwillige oder obligatorische Maßnahmen trifft oder zu treffen beschließt, welche die Vermarktung von Produkten unterbinden, einschränken oder Bedingungen unterwerfen, die eine ernste Gefahr darstellen (siehe Nrn. 30 und 33 der vorliegenden Schlussanträge).

48.      Für Wirtschaftsakteure besteht die Möglichkeit, Informationen über Produkte, die eine Gefahr darstellen, über ein spezielles Hilfsmittel (das Product Safety Business Alert Gateway) an die RAPEX-Website zu übermitteln. Risikobewertungen von Wirtschaftsakteuren sind jedoch für die nationalen Behörden, die für die Durchführung ihrer eigenen Risikobewertung zuständig sind und somit zu einem anderen Ergebnis kommen können, nicht bindend(57). In den RAPEX-Leitlinien ist insoweit eindeutig geregelt, dass Wirtschaftsakteure an der Einreichung von RAPEX-Meldungen nicht unmittelbar beteiligt sind(58), wenngleich sie mittelbar in gewissem Maße beteiligt sein mögen. Wirtschaftsakteure sind verpflichtet, die zuständigen Behörden sämtlicher Mitgliedstaaten, auf deren Märkten das Produkt in Verkehr gebracht wird, unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen, wenn sie feststellen, dass dieses Produkt eine Gefahr darstellt. Die RAPEX-Meldung über diese Informationen, die sämtliche Mitgliedstaaten zu einer Reaktion verpflichtet, wird jedoch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission ausgetauscht.

49.      Folglich dürfte das RAPEX betreffende Unionsrecht, ob in der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit, der Marktüberwachungsverordnung oder den RAPEX-Leitlinien (oder anderen Quellen(59)), meines Erachtens nicht darauf ausgelegt sein, Wirtschaftsakteure als Parteien zu behandeln, die im Rahmen des RAPEX-Meldeverfahrens mit bestimmten Rechten ausgestattet wären.

50.      Hinzuweisen ist darauf, dass es, wie im Schrifttum angeführt, durchaus EU-Systeme für den Informationsaustausch gibt, in deren Rahmen Betroffenen nach den einschlägigen Rechtsvorschriften ausdrücklich ein Anspruch auf Berichtigung von Informationen eingeräumt wird(60). Zu diesen gehört RAPEX meines Erachtens jedoch derzeit nicht.

51.      Die erste Vorlagefrage ist meines Erachtens daher dahin zu beantworten, dass sich das Recht eines Wirtschaftsakteurs, von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, nicht aus dem RAPEX betreffenden Unionsrecht ableiten lässt.

52.      Allerdings sind Wirtschaftsakteure, die durch eine unvollständige RAPEX-Meldung beeinträchtigt werden, innerhalb der Unionsrechtsordnung meines Erachtens nicht rechtsschutzlos gestellt. Ihr Recht, die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, ergibt sich aus den Vertragsbestimmungen, wonach den Mitgliedstaaten verboten ist, unverhältnismäßige Handelshindernisse vorzusehen.

D.      Anspruch auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung aus den Verträgen

1.      Unvollständige RAPEX-Meldung als Handelshemmnis

53.      Meines Erachtens kann eine unvollständige RAPEX-Meldung aus der Perspektive eines Wirtschaftsakteurs wie Funke eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung (im Folgenden: Maßnahme gleicher Wirkung) darstellen, wenn sie die Möglichkeit dieses Wirtschaftsakteurs einschränkt, sichere Produkte, mit denen er handelt, auf den Märkten anderer Mitgliedstaaten in den Verkehr zu bringen.

54.      Der freie Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten ist ein elementarer Grundsatz des AEU-Vertrags, der u. a. in dem in Art. 34 (bzw. Art. 35) AEUV niedergelegten Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen (bzw. Ausfuhrbeschränkungen) zwischen den Mitgliedstaaten sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung seinen Ausdruck gefunden hat(61).

55.      Nach ständiger Rechtsprechung haben die Art. 34 und 35 AEUV unmittelbare Wirkung in dem Sinne, dass sie Wirtschaftsakteuren einklagbare Rechte gegenüber den Mitgliedstaaten verleihen(62).

56.      Wenn also eine unvollständige RAPEX-Meldung als Maßnahme gleicher Wirkung angesehen werden kann, entsteht einem Wirtschaftsakteur wie Funke unmittelbar aus den Verträgen ein einklagbares Recht, zu verlangen, dass eine solche Maßnahme auf sein Handelsgewerbe nicht angewendet wird. Eine unvollständige RAPEX-Meldung kann durch ihre Vervollständigung ihre Eigenschaft als Maßnahme gleicher Wirkung verlieren. Folglich könnte der Anspruch auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung einem Wirtschaftsakteur unmittelbar aus den Verträgen entstehen.

57.      Auf Nachfrage hierzu in der mündlichen Verhandlung haben die österreichische Regierung und die Kommission die Ansicht vertreten, dass eine RAPEX-Meldung nicht als Maßnahme gleicher Wirkung angesehen werden könne. Funke hat die gegenteilige Ansicht vertreten und vorgebracht, dass gerade die RAPEX-Meldungen zu der unmittelbaren Beeinträchtigung seines Rechts als Wirtschaftsakteur geführt hätten, seine Produkte auf den Märkten anderer Mitgliedstaaten abzusetzen. Insoweit hat Funke näher ausgeführt, es könne die Produkte, die von den RAPEX-Meldungen zu Unrecht erfasst würden, nicht verkaufen und Verbraucher würden durch die Veröffentlichung auf der RAPEX-Website dahin beeinflusst, diese Produkte nicht zu kaufen.

58.      Nach ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil Dassonville(63) erfasst das Verbot von Maßnahmen gleicher Wirkung jede Maßnahme der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern.

59.      Daher sind nicht nur Maßnahmen eines Mitgliedstaats, mit denen bezweckt oder bewirkt wird, Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten weniger günstig zu behandeln, sondern auch jede sonstige Maßnahme, die den Zugang zum Markt eines Mitgliedstaats für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten behindert, als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Art. 34 AEUV anzusehen(64).

60.      Eine unvollständige RAPEX-Meldung kann den Handel mit sicheren Produkten behindern, die unberechtigt von ihr erfasst werden. Eben deshalb verlangen die einschlägigen Rechtsvorschriften des Unionsrechts, dass die gemeldeten Daten so genau und vollständig wie möglich sein müssen (siehe Nrn. 33 und 34 der vorliegenden Schlussanträge). Diese den nationalen Behörden auferlegte Verpflichtung ermöglicht es den Behörden anderer Mitgliedstaaten sowie Wirtschaftsakteuren und Verbrauchern, das Produkt, von dem mutmaßlich eine Gefahr ausgeht, zu identifizieren und von anderen ähnlichen Produkten auf dem Markt zu unterscheiden, um Behinderungen des Handels mit sicheren Produkten zu vermeiden.

61.      Auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet, stellt die bloße Möglichkeit, dass ein Wirtschaftsakteur in einem anderen Mitgliedstaat durch eine von den österreichischen Behörden über RAPEX übermittelte unvollständige Meldung davon abgehalten werden könnte, die irrtümlich in den RAPEX-Meldungen aufgeführten Produkte einzuführen oder zu vertreiben, meines Erachtens für einen Wirtschaftsakteur wie Funke bereits eine Behinderung des freien Warenverkehrs dar(65).

62.      Zwar ist eine RAPEX-Meldung keine Maßnahme, um die es in Art. 34 AEUV betreffenden Fällen typischerweise geht. In der Regel ist der Gerichtshof mit Maßnahmen des einführenden Mitgliedstaats befasst. Im Licht des Sachverhalts der vorliegenden Rechtssache könnte dies beispielsweise eine Maßnahme der deutschen Behörden sein, die nach Erhalt der RAPEX-Meldungen der Verkauf aller von Funke eingeführten Feuerwerkskörper auf dem deutschen Markt verbieten würden. Funke gab nämlich an, dass die deutschen Behörden bestimmte Maßnahmen getroffen hätten, ohne Einzelheiten zu erläutern.

63.      Aber selbst ohne dass von den deutschen Behörden eine Maßnahme (wie im obigen Beispiel) ergriffen würde, könnten meines Erachtens die betroffenen Wirtschaftsakteure in Deutschland (z. B. die Händler, mit denen Funke Geschäftsbeziehungen unterhielt) möglicherweise entscheiden, seine Produkte allein aufgrund der RAPEX-Meldungen der österreichischen Behörden nicht nach Deutschland einzuführen. Ebenso könnten sich, da die RAPEX-Meldungen auf der RAPEX-Website öffentlich zugänglich sind, eine Reihe von Verbrauchern möglicherweise dafür entscheiden, von Funke in die Märkte verschiedener Mitgliedstaaten eingeführte und dort vertriebene Produkte nicht zu kaufen, was wiederum zu einem Rückgang der Einfuhren führen könnte.

64.      Nach Ansicht der österreichischen Regierung und der Kommission soll jedoch die bloße Möglichkeit, dass es durch eine unvollständige RAPEX-Meldung zu einer Beeinträchtigung von Einfuhren kommen könnte, zu fernliegend sein, um sie als Maßnahme gleicher Wirkung ansehen zu können.

65.      Insoweit möchte ich auf die ständige Rechtsprechung hinweisen, wonach die bloße Möglichkeit, dass infolge einer staatlichen Maßnahme (oder Handlung) eine geringere Zahl von Erzeugnissen verkauft wird, ausreicht, um sie als Maßnahme gleicher Wirkung anzusehen. Um ein klassisches Beispiel zu wählen, hat der Gerichtshof in der Rechtssache Kommission/Irland (Kampagne „Kauft irisch“)(66) festgestellt, dass eine von der irischen Regierung unterstützte Marketingkampagne, mit der die irischen Bürger zum Kauf irischer Waren aufgefordert wurden, den freien Warenverkehr behinderte, da die mögliche Wirkung der Kampagne auf die Einfuhren durch die Beeinflussung des Verhaltens von Händlern und Verbrauchern in diesem Mitgliedstaat mit der Wirkung von Maßnahmen mit zwingendem Charakter vergleichbar war. Ferner wurden in der Rechtssache AGM-COS.MET(67) einem Mitgliedstaat zurechenbare Äußerungen eines Beamten, wonach bestimmte Produkte gefährlich seien und gegen die Anforderungen der geltenden harmonisierten Gemeinschaftsvorschriften verstießen, als geeignet angesehen, zumindest mittelbar und potenziell das Inverkehrbringen der Produkte zu behindern, so dass sie als Handelshindernis im Sinne von Art. 34 AEUV angesehen wurden.

66.      Folglich kann eine unvollständige RAPEX-Meldung als Maßnahme gleicher Wirkung angesehen werden.

2.      Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz gegen angebliche Maßnahmen gleicher Wirkung

67.       Nicht alle Handelshemmnisse sind verboten. Sie sind zulässig, wenn es ein legitimes Ziel gibt, das das Hindernis rechtfertigt, und die Maßnahme im Hinblick auf dieses Ziel nicht unverhältnismäßig ist.

68.      Auch wenn der Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher sicherlich ein legitimes Ziel ist, das RAPEX-Meldungen rechtfertigt, rechtfertigt es deshalb nicht notwendigerweise unvollständige Meldungen. Während eine korrekte und genaue RAPEX-Meldung eine Beeinträchtigung der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher verhindert, könnte eine nicht korrekte und nicht genaue RAPEX-Meldung das Inverkehrbringen von Produkten behindern, die keine ernste Gefahr darstellen. Eine unvollständige RAPEX-Meldung kann daher meines Erachtens eine verbotene Maßnahme gleicher Wirkung darstellen, wenn sie den Handel mit sicheren Produkten, die fälschlicherweise darin genannt sind, unverhältnismäßig behindert.

69.      Angesichts dieser Möglichkeit muss ein Wirtschaftsakteur Zugang zu einem Gericht erhalten, das befugt ist, zu prüfen, ob eine unvollständige RAPEX-Meldung gerechtfertigt ist.

70.      Der Vertreter der österreichischen RAPEX-Kontaktstelle hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass das Herstellungsjahr, das nach Ansicht von Funke in den RAPEX-Meldungen fehlt, auf den in Rede stehenden Produkten nicht zu finden gewesen sei. Es habe daher in diesen Meldungen nicht angegeben werden können. Außerdem sei diese Information für die Bestimmung des Risikograds der von den in Rede stehenden Feuerwerkskörpern ausgehenden Gefahr unerheblich. Der Fehler des Produkts (in der vorliegenden Rechtssache eine zu kurze Zündschnur) sei ein Indiz für unzureichende Kontrollen im Herstellungsland, wodurch diese Produkte unabhängig vom Herstellungsjahr allgemein gefährlich würden.

71.      Das mag durchaus der Fall sein. Derartige Fragen müssen jedoch von den jeweils zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten bewertet und entschieden werden, wozu notwendigerweise auch ein Gericht gehört, das zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen der nationalen Verwaltungsbehörden befugt ist. Es kann entgegen der Ansicht der Kommission nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitgliedstaaten stets nur genaue und vollständige Informationen übermitteln und dass dies durch das mit RAPEX eingerichtete System sichergestellt werde.

72.      Der Zugang zu einem Gericht, das mit hinreichenden Befugnissen ausgestattet ist, um über mutmaßliche Verletzungen der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Rechte von Wirtschaftsakteuren zu entscheiden, folgt aus dem Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes, der heute in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankert ist. Er bildet den Kern der Rechtsstaatlichkeit im Sinne ihres Verständnisses in der Unionsrechtsordnung.

73.      Nach Ansicht der Kommission soll jedoch eine Klage, die es einem Wirtschaftsakteur ermöglicht, die Vervollständigung einer unvollständigen RAPEX-Meldung zu verlangen, zur Erfüllung des Erfordernisses eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht erforderlich sein. Vielmehr soll nach Ansicht der Kommission ausreichen, dass der durch eine unrichtige RAPEX-Meldung geschädigte Akteur gegen den meldenden Mitgliedstaat eine Schadensersatzklage erheben kann.

74.      Dieser Ansicht bin ich nicht. Eine Schadensersatzklage dürfte meines Erachtens in dieser Situation kein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne von Art. 47 der Charta sein(68).

75.      Erstens würde die Entscheidung des Gerichts, wie von Funke vorgetragen, wahrscheinlich erst Jahre später ergehen. Vor allem aber hätte eine Entscheidung über die Zuerkennung von Schadensersatz keine unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf die in Rede stehende fehlerhafte RAPEX-Meldung. Mit anderen Worten würde das ungerechtfertigte Handelshemmnis dadurch nicht beseitigt. Ein Wirtschaftsakteur könnte in der Zwischenzeit sein Geschäft verloren haben. Da eine solche Schadensersatzklage auf einen mutmaßlichen Verstoß gegen das Unionsrecht durch einen Mitgliedstaat gestützt werden müsste (Grundsatz der Staatshaftung), wäre sie an strenge Voraussetzungen geknüpft (nämlich das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Bestimmung des Unionsrechts, die dem Einzelnen Rechte verleiht, und eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zu dem entstandenen Schaden(69)), womit man wieder bei der Frage verliehener Rechte zurückgelangt wäre.

76.      Da das Unionsrecht vorschreibt, dass ein unmittelbarer Zugang zu einem Gericht gegeben sein muss, um gegen eine Maßnahme vorzugehen, die mutmaßlich ein ungerechtfertigtes Handelshindernis eines Mitgliedstaats darstellt, kann eine Schadensersatzklage hierfür nicht als wirksamer Ersatz angesehen werden.

77.      Schließlich steht entgegen dem Vorbringen der österreichischen Regierung die Anerkennung eines Anspruchs eines Wirtschaftsakteurs auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung meines Erachtens zu dem mit RAPEX verfolgten Ziel eines zügigen Informationsaustauschs zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über gefährliche Non-Food-Produkte nicht im Widerspruch.

78.      Die von mir vorgeschlagene Lösung gibt einem Wirtschaftsakteur nicht die Möglichkeit, sich als Partei am RAPEX-Meldeverfahren zu beteiligen oder die Meldung durch einen Antrag auf ihre Vervollständigung zu verhindern. Sie erkennt lediglich das für alle Wirtschaftsakteure auf der Grundlage der Verträge bestehende Recht an, dass die Mitgliedstaaten ihre gewerbliche Tätigkeit nicht ungerechtfertigt beschränken dürfen. Diese Verpflichtung wird durch die RAPEX betreffenden Rechtsvorschriften in Form des Erfordernisses konkretisiert, dass die über das System übermittelten Informationen so genau und vollständig wie möglich sein müssen. Wenn eine Beschwerde eines Wirtschaftsakteurs über die Unvollständigkeit der übermittelten Informationen berücksichtigt wird, kann dies zu einer Entscheidung der zuständigen Behörden führen, die Meldung zu vervollständigen oder dies abzulehnen, was einer nachvollziehbaren Begründung bedarf. Die Entscheidung, die Meldung zu vervollständigen, bleibt den mitgliedstaatlichen Behörden vorbehalten.

79.      Von den Behörden zu verlangen, das Begehren eines Wirtschaftsakteurs um die Vervollständigung der Meldung zu berücksichtigen und darauf zu reagieren, kann nicht als mit dem Ziel, das mit RAPEX verfolgt wird, unvereinbar angesehen werden. Im Gegenteil dürfte sich dann, wenn anerkannt wird, dass Wirtschaftsakteure (post festum) ein Recht darauf haben, die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, die Wirksamkeit dieses Systems meines Erachtens eher erhöhen. Damit würde ein Beitrag dazu geleistet, dass sichergestellt wird, dass die richtigen Produkte identifiziert und in allen Mitgliedstaaten zurückverfolgt werden können, die dann geeignete Maßnahmen ergreifen können.

80.      Aus den oben dargelegten Gründen lässt sich der Anspruch eines Wirtschaftsakteurs, die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, meines Erachtens aus den Vertragsbestimmungen ableiten, wonach den Mitgliedstaaten verboten ist, ungerechtfertigte Handelshindernisse vorzusehen. Ein Wirtschaftsakteur, dessen Antrag auf Vervollständigung von der zuständigen Behörde abgelehnt wurde, muss Zugang zu einem Gericht erhalten, um diese Ablehnung anfechten und geltend machen zu können, dass die unvollständige Meldung ein ungerechtfertigtes Handelshindernis darstellt. Das wirksamste Mittel zur Beseitigung eines solchen Hindernisses ist die Vervollständigung der Meldung.

E.      Folgen

81.      Zu klären bleibt, welche Folgen sich für das vorlegende Gericht aus der Anerkennung des auf der Grundlage des Unionsrechts bestehenden Rechts eines Wirtschaftsakteurs, die Vervollständigung einer RAPEX-Meldung zu verlangen, unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache ergeben.

82.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel im Einklang steht(70)

83.      Insoweit hat die österreichische Regierung vorgetragen, dass nach österreichischem Verwaltungsverfahrensrecht eine Behörde dann, wenn einer Person aufgrund einer unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Unionsrechts das Recht zukomme, von ihr eine bestimmte Maßnahme zu verlangen, im Fall der Versagung dieses Ersuchens verpflichtet sei, hierüber durch Bescheid zu entscheiden. Die Anerkennung eines aufgrund der Verträge bestehenden Anspruchs eines Wirtschaftsakteurs auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung würde folglich dazu führen, dass mögliche Rechtsbehelfe im österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht anders zu beurteilen wären. Die Ablehnung der Berücksichtigung des von Funke gestellten Antrags durch die zuständige Behörde könnte daher als Verwaltungsakt einzustufen sein, was wiederum seine gerichtliche Überprüfung nach österreichischem Recht ermöglichen würde.

84.      Unter diesen Umständen erscheint mir eine mit den Anforderungen des Unionsrechts im Einklang stehende Auslegung möglich. Hierüber zu entscheiden, ist im Rahmen der Aufgabenteilung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren jedoch Sache des vorlegenden Gerichts.

V.      Ergebnis

85.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

Die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit, insbesondere deren Art. 12 und Anhang II, die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates, insbesondere deren Art. 20 und 22, sowie der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/417 der Kommission vom 8. November 2018 zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch „RAPEX“ gemäß Artikel 12 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit und für das dazugehörige Meldesystem

sind dahin auszulegen,

dass die primäre Verantwortlichkeit für die Korrektheit und Genauigkeit der über das RAPEX-Meldeverfahren gemeldeten Informationen beim meldenden Mitgliedstaat liegt, dass sich aber das Recht eines Wirtschaftsteilnehmers auf Vervollständigung einer RAPEX-Meldung nicht unmittelbar aus diesen Vorschriften ergibt.

Ein solches Recht lässt sich jedoch aus dem in Art. 34 AEUV verankerten Verbot von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung ableiten.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, allen Wirtschaftsteilnehmern gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, die geltend machen, dass eine unvollständige RAPEX-Meldung ihnen gegenüber ein ungerechtfertigtes Handelshindernis darstellt.


1      Originalsprache: Englisch.


2      RAPEX steht für System der Europäischen Union zum raschen Informationsaustausch. Seine Merkmale werden unten näher erläutert (vgl. Nrn. 24 bis 37 der vorliegenden Schlussanträge).


3      Die amerikanischen Ureinwohner verwendeten Rauchzeichen, um Informationen über große Entfernungen zu übermitteln. Drei Zeichen bedeuteten, dass eine wie auch immer geartete Gefahr für den Absender des Zeichens bestand.


4      Bundesgesetz, mit dem polizeiliche Bestimmungen betreffend pyrotechnische Gegenstände und Sätze sowie das Böllerschießen erlassen werden (Pyrotechnikgesetz 2010 – PyroTG von 2010).


5      Funke hat in seinen schriftlichen Erklärungen weiter vorgetragen, dass die LPD im Rahmen ihrer Pflicht, das Feld „Beschreibung des Produkts und der Verpackung“ auszufüllen, auch die äußere Verpackung der Produkte Peng 1 und Peng 2 in die RAPEX-Meldungen über die Produkte hätte mitaufnehmen müssen und dass die LPD übersehen habe, dass die richtige Kennzeichnung bzw. Typbezeichnung des Produkts „Schallerzeuger“ gelautet habe.


6      Es liegt ein Legislativvorschlag zur Ersetzung dieser Richtlinie vor. Siehe auch Fn. 18 der vorliegenden Schlussanträge.


7      Diese Verordnung wurde durch die Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/2011 (ABl. 2019, L 169, S. 1) wesentlich geändert. Siehe auch Fn. 19 der vorliegenden Schlussanträge.


8      Siehe auch Fn. 20 der vorliegenden Schlussanträge.


9      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt (ABl. 2013, L 178, S. 27).


10      In der mündlichen Verhandlung wurde die mögliche Relevanz von Art. 18 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und von Art. 21 der Marktüberwachungsverordnung erörtert, die beide staatliche Maßnahmen zur Beschränkung des Inverkehrbringens von Produkten betreffen. Für solche Maßnahmen sehen die genannten Bestimmungen das Recht auf Anhörung und geeignete Rechtsbehelfe vor. Die österreichische Regierung hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass nach österreichischem Recht dem Händler, der von solchen Maßnahmen betroffen sei, gegen die RAPEX-Meldungen keinerlei Rechte zuständen. Selbst wenn daher eine weite Auslegung von Art. 18 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Art. 21 der Marktüberwachungsverordnung möglich wäre und die Einbeziehung eines Importeurs zuließe, der nicht Adressat der Maßnahmen war, wäre dies für die in der vorliegenden Rechtssache aufgeworfene Frage, nämlich ob einem Importeur wie Funke gegen eine RAPEX-Meldung Rechte zustehen, nicht relevant.


11      Im Blick zu behalten ist, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen nicht nur gegebenenfalls umzuformulieren, sondern auch unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat. Vgl. z. B. Urteile vom 15. Juli 2021, Ministrstvo za obrambo (C‑742/19, EU:C:2021:597, Rn. 31), und vom 24. Februar 2022, Eulex Kosovo (C‑283/20, EU:C:2022:126, Rn. 33).


12      An RAPEX sind auch die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Island, Liechtenstein und Norwegen) beteiligt. Darüber hinaus wird auch Drittländern und internationalen Organisationen nach den einschlägigen internationalen Abkommen mit der Europäischen Union Zugang zu RAPEX gewährt. Vgl. Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit.


13      Vgl. hierzu Urteil vom 26. Januar 2017, GGP Italy/Kommission (T‑474/15, EU:T:2017:36, Rn. 12).


14      Vgl. Entscheidung 84/133/EWG des Rates vom 2. März 1984 zur Einführung eines gemeinschaftlichen Systems zum raschen Austausch von Informationen über die Gefahren bei der Verwendung von Konsumgütern (ABl. 1984, L 70, S. 16; Berichtigung ABl. 1984, L 96, S. 44); Entscheidung 89/45/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über ein gemeinschaftliches System zum raschen Austausch von Informationen über die Gefahren bei der Verwendung von Konsumgütern (ABl. 1989, L 17, S. 51); Entscheidung 90/352/EWG des Rates vom 29. Juni 1990 zur Änderung der Entscheidung 89/45/EWG über ein gemeinschaftliches System zum raschen Austausch von Informationen über die Gefahren bei der Verwendung von Konsumgütern (ABl. 1990, L 173, S. 49). Vgl. ferner z. B. Falke, J., „The Community System for the Rapid Exchange of Information on Dangers Arising from the Use of Consumer Products“ in Micklitz, H.-W., Roethe, T., und Weatherill, S., (Hrsg.), Federalism and Responsibility: A Study on Product Safety Law and Practice in the European Community, Graham & Trotman, London, 1994, S. 215 bis 232; Howells, G., und Wilhelmsson, T., EC Consumer Law, Ashgate, Oxford, 1997, S. 75 bis 79.


15      Richtlinie des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. 1992, L 228, S. 24). Vgl. insbesondere deren 15. Erwägungsgrund, Art. 8 und Anhang („Detaillierte Verfahrensregeln zur Durchführung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Austausch von Informationen gemäß Artikel 8“).


16      Vgl. Europäische Kommission, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit, COM(2021) 342 final, vom 30. Juni 2021, Nrn. 2.4 und 3.


17      Vgl. Europäische Kommission, „Safety Gate“: Ergebnisse 2021: Die Zusammenarbeit für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher in der Europäischen Union gestalten, 2022, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/safety-gate/, S. 9 und 13.


18      Es liegt ein Legislativvorschlag zur Ersetzung der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit vor, vgl. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die allgemeine Produktsicherheit, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 87/357/EWG des Rates und der Richtlinie 2001/95 des Europäischen Parlaments und des Rates, COM(2021) 346 final, vom 30. Juni 2021. Nach diesem Vorschlag soll zwar der Name RAPEX in Safety Gate geändert werden (vgl. 50. Erwägungsgrund des Entwurfs), die Merkmale von RAPEX jedoch unverändert bleiben (vgl. Begründung, Nr. 5, S. 19).


19      Die Marktüberwachungsverordnung wurde durch die Verordnung 2019/1020, die Teil des „Warenpakets“ der Kommission ist, wesentlich geändert (Mitteilung der Kommission, Das Warenpaket: das Vertrauen in den Binnenmarkt stärken, (COM[2017] 787 final, vom 19. Dezember 2017). Durch die Verordnung 2019/1020 werden insbesondere die Art. 15 bis 29 der Marktüberwachungsverordnung ersetzt (vgl. siebter Erwägungsgrund und Art. 39 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung). Nach Art. 44 der Verordnung 2019/1020 gilt sie jedoch ab dem 16. Juli 2021. Sie ist, wie von der österreichischen Regierung vorgetragen, auf die vorliegende Rechtssache zeitlich nicht anwendbar. Wie in der mündlichen Verhandlung von der österreichischen Regierung und der Kommission vorgetragen, ergeben sich aus ihr im Rahmen der vorliegenden Rechtssache jedenfalls keine wesentlichen Änderungen.


20      Bei diesen handelt es sich um die dritte Version dieser Leitlinien der Kommission, die diese im Anschluss erstens an die Entscheidung 2004/418/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch (RAPEX) und für Meldungen gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2001/95 (ABl. 2004, L 151, S. 83) und zweitens an die Entscheidung 2010/15/EU der Kommission vom 16. Dezember 2009 zur Festlegung von Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch „RAPEX“ gemäß Artikel 12 und des Meldeverfahrens gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2001/95 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. 2010, L 22, S. 1) herausgegeben hat. Diese Richtlinien haben nach dem 28. Erwägungsgrund der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit keinen zwingenden Charakter.


21      Vgl. hierzu 27. Erwägungsgrund und Anhang II Ziff. 2 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit, 30. Erwägungsgrund der Marktüberwachungsverordnung und Anhang Teil II Abschnitt 3.5.1 Buchst. a der RAPEX-Leitlinien.


22      Vgl. Howells und Wilhelmsson, angeführt in Fn. 14 der vorliegenden Schlussanträge, S. 78.


23      Vgl. vierter Erwägungsgrund der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit sowie Erwägungsgründe 12 und 13, Anhang Teil II Abschnitt 1.1 der RAPEX-Leitlinien.


24      Diese Website mit dem Titel Safety Gate: Schnellwarnsystem der EU für gefährliche Non-Food-Produkte steht zur Verfügung unter https://ec.europa.eu/safety-gate/.


25      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 1.2 der RAPEX-Leitlinien.


26      Vgl. z. B. Bekanntmachung der Kommission, Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2022 („Blue Guide“) (ABl. 2022, C 247, S. 1), Abschnitt 7.6.4.


27      Vgl. Anhang Teil II Abschnitte 3.4. und 4 der RAPEX-Leitlinien.


28      RAPEX-Meldungen sind daher im Fall von „Meldungen gemäß Artikel 12“ und „Meldungen gemäß Artikel 22“ nach dem Unionsrecht verpflichtend. Die vorliegende Rechtssache betrifft eine solche verpflichtende Meldung (nach Art. 22 der Marktüberwachungsverordnung). Es gibt noch andere Arten von Meldungen (vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.1 der RAPEX-Leitlinien), um die es in der vorliegenden Rechtssache nicht geht.


29      Vgl. Art. 12 Abs. 1 und 2 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil I Abschnitt 4.1 der RAPEX-Leitlinien.


30      Vgl. Art. 12 Abs. 1 und 2 sowie Anhang II Ziff. 2 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil I Abschnitte 3 bis 6 sowie Anhang Teil II Abschnitt 2.1 der RAPEX-Leitlinien. Sind diese Voraussetzungen erfüllt und liegen zusätzlich schwerwiegende Umstände vor (z. B. wenn das Produkt ein lebensbedrohliches Risiko darstellt), wird die Meldung als eine Meldung eingestuft, die Sofortmaßnahmen erfordert, für die somit noch kürzere Fristen gelten, vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.1.1 der RAPEX-Leitlinien.


31      Vgl. Art. 20 der Marktüberwachungsverordnung.


32      Vgl. Art. 12 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit; Art. 22 der Marktüberwachungsverordnung; vgl. auch Anhang Teil I Abschnitt 6.1 der RAPEX-Leitlinien, wonach „die nationalen Behörden gebeten [sind], das Kriterium der grenzüberschreitenden Auswirkungen recht weit auszulegen“.


33      Vgl. Art. 12 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit; Art. 22 der Marktüberwachungsverordnung; vgl. auch Anhang Teil I Abschnitte 5.1 und 5.3 der RAPEX-Leitlinien, wonach in Teil III Anlage 6 eine Risikobewertungsmethode beschrieben wird, die von den Mitgliedstaaten hierzu angewendet werden kann, und zur Erleichterung von Risikobewertungen ein spezielles Hilfsmittel (Leitlinien für die Risikobewertung oder „RAG“) zur Verfügung steht, zusammen mit Abschnitt 5.4 dieser Leitlinien, wonach die Risikobewertung von der zuständigen mitgliedstaatlichen Behörde vorzunehmen oder zu überprüfen ist, die u. a. die geeigneten Maßnahmen ergriffen hat.


34      Vgl. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Art. 22 Abs. 1 der Marktüberwachungsverordnung. Die Mitgliedstaaten müssen eine RAPEX-Meldung binnen zehn Tagen nach dem Ergreifen der geeigneten Maßnahmen (und bei Notfallmeldungen binnen drei Tagen) übermitteln und die Maßnahmen binnen 45 Tagen nach Übermittlung der Meldung nachträglich bestätigen, wenn die Meldung vor dem Beschluss, Maßnahmen zu ergreifen, übermittelt worden war. Vgl. Anhang II Ziff. 4 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil III Anlage 4 der RAPEX-Leitlinien.


35      Vgl. Anhang II Ziff. 3 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil II Abschnitt 3.2.1 der RAPEX-Leitlinien.


36      Vgl. Anhang Teil II Abschnitte 3.4.1 und 3.4.1.1 der RAPEX-Leitlinien.


37      Vgl. Anhang II Ziff. 3 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil III Anlage 1 der RAPEX-Leitlinien.


38      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 5.1 der RAPEX-Leitlinien.


39      Vgl. Anhang Teil II Abschnitte 3.4.2 und 5.1.2 Buchst. e der RAPEX-Leitlinien.


40      Anhang Teil II Abschnitt 3.2.1 Buchst. a der RAPEX-Leitlinien.


41      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.2.2 der RAPEX-Leitlinien.


42      Vgl. Anhang Teil III Anlage 1 der RAPEX-Leitlinien.


43      Vgl. Anhang II Ziff. 10 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit.


44      Anhang Teil II Abschnitt 3.2.4 der RAPEX-Leitlinien.


45      Falke, angeführt in Fn. 14 der vorliegenden Schlussanträge, S. 220.


46      Howells und Wilhelmsson, angeführt in Fn. 14 der vorliegenden Schlussanträge, S. 79.


47      Vgl. Anhang II Ziff. 5 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil II Abschnitt 3.4.3 der RAPEX-Leitlinien. Die Kommission ist grundsätzlich verpflichtet, alle RAPEX-Meldungen fünf Tage (bei Meldungen, die Sofortmaßnahmen erfordern, drei Tage) nach Erhalt zu validieren und zu verbreiten. Vgl. Anhang Teil III Anlage 5 der RAPEX-Leitlinien.


48      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.4.3.2 der RAPEX-Leitlinien.


49      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.4.5.1 der RAPEX-Leitlinien. Es gibt Ausnahmen von der Weitergabe an die Öffentlichkeit, und der meldende Mitgliedstaat kann die vertrauliche Behandlung von Meldungen beantragen, vgl. Anhang Teil II Abschnitte 3.4.5.2 bis 3.4.5.5 der RAPEX-Leitlinien.


50      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.2.4 der RAPEX-Leitlinien.


51      Vgl. Anhang II Ziff. 6 der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und Anhang Teil II Abschnitt 4.1 der RAPEX-Leitlinien.


52      Vgl. Anhang Teil II Abschnitte 3.4.6.1 und 3.4.6.2 der RAPEX-Leitlinien.


53      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 4.2 der RAPEX-Leitlinien. Für Folgemeldungen gilt ein ähnliches Verfahren wie für ursprüngliche RAPEX-Meldungen. Beispielsweise wird die Folgemeldung von der zuständigen nationalen Behörde erstellt, die nationale RAPEX-Kontaktstelle prüft und validiert die Folgemeldung, bevor sie sie an die Kommission weiterleitet, und die Kommission überprüft alle Folgemeldungen auf ihre formale Richtigkeit und Vollständigkeit, bevor sie sie an die Mitgliedstaaten weiterleitet. Vgl. Anhang Teil II Abschnitte 4.2.4 und 4.4 der RAPEX-Leitlinien.


54      Diese Ansicht wird offenbar durch die Rechtsprechung in gewissem Maße bestätigt. Vgl. hierzu Urteil vom 4. Juli 1989, Francesconi u. a./Kommission (326/86 und 66/88, EU:C:1989:282, insbesondere Rn. 10 bis 12 und 23), und Schlussanträge des Generalanwalts Lenz in den verbundenen Rechtssachen Francesconi u. a./Kommission  (326/86 und 66/88, EU:C:1989:211, Nrn. 7, 21, 22 und 25). In jenem Urteil wies der Gerichtshof eine Schadensersatzklage ab, die sich auf das angebliche Versäumnis der Kommission stützte, Informationen über verfälschten Wein weiterzugeben, und wies darauf hin, dass gemäß den frühen Unionsvorschriften zur Einführung von RAPEX (vgl. Fn. 14 der vorliegenden Schlussanträge) die Mitgliedstaaten die Sofortmaßnahmen beschließen, um die Vermarktung eines Erzeugnisses zu unterbinden, das eine ernste und unmittelbare Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher darstellt, und dass die Kommission diese Informationen weitergibt. Es gab auch Fälle, in denen es um Schadensersatzklagen gegen die Europäische Union im Zusammenhang mit einem ähnlichen EU-Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (SWS) ging und in denen in diesem Zusammenhang bestätigt wurde, dass die Verantwortung für die Korrektheit und Genauigkeit der übermittelten Informationen bei den Mitgliedstaaten und nicht bei der Kommission liegt. Vgl. hierzu Urteile vom 10. März 2004, Malagutti-Vezinhet/Kommission (T‑177/02, EU:T:2004:72, Rn. 43 bis 67, insbesondere Rn. 51 und 52) (Abweisung der Klage einer Klägerin, deren Produkte Gegenstand einer fehlerhaften Meldung gewesen waren), und vom 29. Oktober 2009, Bowland Dairy Products/Kommission (T‑212/06, EU:T:2009:419, Rn. 34 bis 46, insbesondere Rn. 40 und 41) (Abweisung einer Klage wegen der angeblichen Weigerung der Kommission, eine zusätzliche Meldung zu verbreiten).


55      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.2.3 der RAPEX-Leitlinien.


56      Vgl. Anhang Teil II Abschnitte 3.4.7.1.2 und 3.4.7.2.2 der RAPEX-Leitlinien.


57      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.3.1 der RAPEX-Leitlinien.


58      Vgl. Anhang Teil II Abschnitt 3.3.1 der RAPEX-Leitlinien.


59      Hingewiesen sei darauf, dass sich an diesem Ergebnis auch unter Berücksichtigung des Legislativvorschlags zur Ersetzung der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit oder der Änderungen der Marktüberwachungsverordnung durch die Verordnung 2019/1020 nichts ändern würde, vgl. Fn. 18 und 19 der vorliegenden Schlussanträge.


60      Vgl. hierzu Eliantonio, M., „Information Exchange in European Administrative Law: A Threat to Effective Judicial Protection?“, Maastricht Journal of European and Comparative Law, Vol. 23, 2016, S. 531, und European Public Law, Special Issue, Bd. 20, 2014, S. 65. Angeführt wird dort z. B. Art. 43 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. 2006, L 381, S. 4) und Art. 59 des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. 2007, L 205, S. 63); in diesen beiden Vorschriften heißt es: „Jeder hat das Recht, einen Rechtsbehelf wegen einer seine Person betreffenden Ausschreibung auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Information oder Schadensersatz bei dem Gericht oder der Behörde einzulegen, das bzw. die nach dem Recht eines Mitgliedstaats zuständig ist.“ Vgl. auch Forschungsnetz für das EU-Verwaltungsrecht [Research Network on EU Administrative Law] (ReNEUAL), Art. VI-19 des Musterentwurfs für ein EU-Verwaltungsverfahrensrecht [Model Rules on EU Administrative Procedure]: „Pflichten zur Aktualisierung, Berichtigung oder Löschung von Daten [Obligations to update, correct or delete data]“, 2014, abrufbar unter http://reneual.eu.


61      Vgl. z. B. Urteile vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 65), und vom 18. Juni 2019, Österreich/Deutschland (C‑591/17, EU:C:2019:504, Rn. 119).


62      Vgl. zu Art. 34 AEUV Urteile vom 22. März 1977, Iannelli & Volpi (74/76, EU:C:1977:51, Rn. 13), und vom 29. November 1978, Redmond (83/78, EU:C:1978:214, Rn. 66 und 67). Das letztgenannte Urteil bestätigt auch die unmittelbare Wirkung von Art. 35 AEUV. Vgl. hierzu auch Urteil vom 3. März 2011, Kakavetsos-Fragkopoulos (C‑161/09, EU:C:2011:110, Rn. 22).


63      Vgl. Urteil vom 11. Juli 1974 (8/74, EU:C:1974:82, Rn. 5). Vgl. z. B. auch Urteile vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien (C‑110/05, EU:C:2009:66, Rn. 33), und vom 15. Juli 2021, DocMorris (C‑190/20, EU:C:2021:609, Rn. 34).


64      Vgl. z. B. Urteile vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien (C‑110/05, EU:C:2009:66, Rn. 37), und vom 18. Juni 2019, Österreich/Deutschland (C‑591/17, EU:C:2019:504, Rn. 121).


65      Vgl. z. B. Urteile vom 20. September 2007, Kommission/Niederlande (C‑297/05, EU:C:2007:531, Rn. 53), und vom 12. Juli 2012, Fra.bo (C‑171/11, EU:C:2012:453, Rn. 22).


66      Vgl. Urteil vom 24. November 1982 (249/81, EU:C:1982:402, insbesondere Rn. 27 bis 30).


67      Vgl. Urteil vom 17. April 2007 (C‑470/03, EU:C:2007:213, insbesondere Rn. 56 bis 60 und 65).


68      Vgl. hierzu Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in den verbundenen Rechtssachen Luxemburgischer Staat (Rechtsbehelf gegen ein Auskunftsersuchen in Steuersachen) (C‑245/19 und C‑246/19, EU:C:2020:516, Rn. 102), nach deren Ansicht ein inzidenter Rechtsbehelf im Rahmen eines späteren Staatshaftungsprozesses kein wirksamer Rechtsbehelf im Sinne des Art. 47 der Charta ist, da dieser Rechtsbehelf, der zudem an weitere Voraussetzungen gebunden ist, eine Verletzung der Rechte der betreffenden Rechtsbehelfsführer nicht verhindern, sondern allenfalls einen erlittenen Schaden ausgleichen kann und sekundäre Schadensersatzmöglichkeiten allein keinen wirksamen Rechtsbehelf darstellen. Zwar stellte der Gerichtshof in seinem Urteil fest, dass in jener konkreten Rechtssache die Möglichkeit für einen Bürger, Klage zu erheben, um die Verletzung seiner durch das Unionsrecht garantierten Rechte feststellen zu lassen und Ersatz des ihm durch diese Verletzung entstandenen Schadens zu erlangen, das Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes erfüllte. Vgl. Urteil vom 6. Oktober 2020, Luxemburgischer Staat (Rechtsbehelf gegen ein Auskunftsersuchen in Steuersachen) (C‑245/19 und C‑246/19, EU:C:2020:795, Rn. 101). Meines Erachtens ist jedoch in der vorliegenden Rechtssache ein solcher Rechtsbehelf nicht als wirksam anzusehen.


69      Vgl. z. B. Urteile vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame (C‑46/93 und C‑48/93, EU:C:1996:79, Rn. 51), und vom 28. Juni 2022, Kommission/Spanien (Verstoß des Gesetzgebers gegen das Unionsrecht) (C‑278/20, EU:C:2022:503, Rn. 31).


70      Vgl. z. B. Urteile vom 24. Januar 2012, Dominguez (C‑282/10, EU:C:2012:33, Rn. 27), und vom 13. Juli 2016, Pöpperl (C‑187/15, EU:C:2016:550, Rn. 43).