Language of document : ECLI:EU:T:2012:496

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

27. September 2012(*)

„Staatliche Beihilfen – Obst‑ und Gemüsesektor – ‚Krisenpläne‘ zur Unterstützung des Obst- und Gemüsemarkts in Frankreich – Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird – Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ – Staatliche Mittel – Kofinanzierung durch eine öffentliche Einrichtung und durch freiwillige Beiträge der Erzeugerorganisationen – Im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemachte Argumente – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑139/09

Französische Republik, vertreten zunächst durch E. Belliard, G. de Bergues und A.‑L. During, dann durch E. Belliard, G. de Bergues und J. Gstalter als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch B. Stromsky als Bevollmächtigten,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 203 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 über die von Frankreich durchgeführten „Krisenpläne“ (plans de campagne) im Obst- und Gemüsesektor

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter N. Wahl und S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter),

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2012

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

1        Art. 87 Abs. 1 EG lautet:

„Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

 Anwendbares nationales Recht

Office national interprofessionnel des fruits, des légumes et de l’horticulture (Nationales Amt für Obst, Gemüse und Gartenbau)

2        Art. L.621-1 des französischen Code rural (Landwirtschaftsgesetzbuch) in dessen am 1. Januar 2002 geltender Fassung (im Folgenden: Code rural) bestimmt: „Um die im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Ziele zu erreichen und um zur Sicherung und Verbesserung der Einkommen, zur Verminderung von Ungleichheiten, zum optimalen Einsatz der Produktionsfaktoren und zur Regularisierung der Märkte im Interesse der Erzeuger, Verarbeiter, Händler und Kaufleute sowie Verbraucher beizutragen, können durch Dekret nach Stellungnahme des Conseil d’État im Agrar- und im Nahrungsmittelsektor für bestimmte Erzeugnisse oder Erzeugnisgruppen Interventionsstellen geschaffen werden.“

3        Art. L.621-2 des Code rural bestimmt:

„Die Interventionsstellen sind unter staatlicher Aufsicht stehende öffentliche Einrichtungen mit Industrie- und Handelscharakter, die für alle Zweige des Agrar- und des Nahrungsmittelsektors zuständig sind, die den ihrer Zuständigkeit unterliegenden Erzeugnissen entsprechen. Ihnen können mit der Ausübung ihrer Befugnisse zusammenhängende Verwaltungsaufgaben übertragen werden. Ihr Personal untersteht einer durch Dekret festgelegten gemeinsamen Satzung öffentlichen Rechts.“

 Comités économiques agricoles (im Folgenden: landwirtschaftliche Ausschüsse)

–       Aufgaben und Zulassung

4        Art. L.551-1 des Code rural sieht vor:

„In einem bestimmten Gebiet können Sociétés coopératives agricoles [im Folgenden: landwirtschaftliche Genossenschaften] und ihre Vereinigungen, Sociétés d’intérêt collectif agricole [im Folgenden: Gesellschaften mit gemeinsamem landwirtschaftlichem Interesse], Syndicats agricoles [im Folgenden: landwirtschaftliche Verbände], sofern es sich nicht um im IV. Buch des Code du travail [Arbeitsgesetzbuch] geregelte Verbände mit allgemeiner Zweckbestimmung handelt, und dem Gesetz vom 1. Juli 1901 unterstehende Vereinigungen von landwirtschaftlichen Erzeugern, sofern ihr Zweck darin besteht, nachhaltig die Optimierung ihrer Erzeugung zu gewährleisten, die kaufmännische Organisation der Erzeuger zu stärken, in einem bestimmten Gebiet die Erzeugung zu organisieren und deren Fortbestand zu sichern, von der Verwaltungsbehörde als Erzeugerorganisationen anerkannt werden.“

5        Art. L.552-1 des Code rural bestimmt:

„Zur Harmonisierung der Erzeugungs-, Vertriebs- und Preisregelungen sowie zur Anwendung gemeinsamer Vermarktungsregeln können sich die im vorstehenden Artikel aufgezählten anerkannten Einrichtungen und die landwirtschaftlichen Verbände mit allgemeiner oder besonderer Zweckbestimmung zusammenschließen, um in einem bestimmten Gebiet und für einen bestimmten Erzeugnissektor, wie er in Art. L.551‑1 Nr. 2 definiert ist, einen landwirtschaftlichen Ausschuss zu bilden.

Die landwirtschaftlichen Ausschüsse müssen entweder dem IV. Buch des Code du travail unterliegende landwirtschaftliche Verbände oder dem Gesetz vom 1. Juli 1901 unterliegende Vereinigungen sein …

Die landwirtschaftlichen Ausschüsse schreiben ihren Mitgliedern gemeinsame Regeln vor.

Die landwirtschaftlichen Ausschüsse tragen zur Umsetzung der nationalen und gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitiken bei und können zur Ausrichtung der Politik des sie betreffenden Produktionszweigs konsultiert werden.“

6        Art. L.552-2 des Code rural bestimmt:

„Die für die anerkannten Groupements de producteurs [im Folgenden: Erzeugergemeinschaften] geltenden besonderen Vorrechte und Vergünstigungen können landwirtschaftlichen Ausschüssen gewährt werden, sofern diese von der Verwaltungsbehörde zugelassen worden sind.

Die Zulassung wird von der Verwaltungsbehörde nach Stellungnahme des Conseil supérieur d’orientation de l’économie agricole et alimentaire [Oberster Rat für die Ausrichtung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft] gemäß Art. 14 I der Loi modifiée du 8 août 1962 complémentaire à la loi d’orientation agricole [Gesetz vom 8. August 1962 zur Ergänzung des Gesetzes für die landwirtschaftliche Ausrichtung in seiner geänderten Fassung] erteilt, ausgesetzt oder zurückgenommen.“

7        Nach Art. L.554-1 Abs. 1 des Code rural „[können d]ie landwirtschaftlichen Ausschüsse, die hinreichende Erfahrung bei bestimmten Regelungen nachweisen, … bei der zuständigen Verwaltungsbehörde beantragen, die in Art. 15b der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse vorgesehenen und von ihren Mitgliedern genehmigten Vorschriften für die innerhalb ihres Gebets in einem oder mehreren Wirtschaftsbezirken niedergelassenen Erzeuger verbindlich zu machen“.

8        Nach Art. R*552-1 des Code rural „[ist d]er von einem landwirtschaftlichen Ausschuss für ein Gebiet oder für einen Sektor bestimmter Erzeugnisse gestellte Zulassungsantrag … über den Präfekten des Departements, in dem der Ausschuss seinen Sitz hat, an den Landwirtschaftsminister zu richten“. Gemäß Art. R*552‑2 müssen diesem Antrag verschiedene Unterlagen beigefügt werden, darunter die „Satzung des Ausschusses“, die Bestimmungen vorsehen muss, wonach „die vom Ausschuss erlassenen Vorschriften erst nach Genehmigung des Landwirtschaftsministers anwendbar sind“, eine „Erklärung, in der Art und Form der Beihilfe angegeben werden müssen, die den Mitgliedern gegebenenfalls vom Ausschuss gewährt werden kann“, und der „Wortlaut der vom Ausschuss gemäß Art. L.552‑1 erlassenen Vorschriften“. Nach Art. R.552‑4 des Code rural schließlich „entscheidet der Landwirtschaftsminister gemäß Art. L.552‑2 über den Zulassungsantrag nach Stellungnahme des Conseil supérieur d’orientation et de coordination de l’économie agricole et alimentaire [Oberster Rat für die Orientierung und Koordinierung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft]“.

–       Arbeitsweise

9        Nach Art. R.552-10 Abs. 1 des Code rural „[kann e]in zugelassener landwirtschaftlicher Ausschuss … nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Landwirtschaftsministers nach Stellungnahme des Obersten Rates für die Orientierung und Koordinierung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft neue Vorschriften erlassen oder bereits genehmigte Vorschriften ändern“.

10      Im Übrigen sieht Art. R.552-11 des Code rural vor, dass „[d]er Landwirtschaftsminister … bei jedem zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschuss einen Delegierten [benennt]“ und dass dieser „Delegierte, der beim Ausschuss die Funktion eines technischen Beraters ausübt, … den Sitzungen des Verwaltungsrats und der Hauptversammlung bei[wohnt] oder … sich bei diesen Sitzungen unter den vom Landwirtschaftsminister festgelegten Voraussetzungen vertreten lassen [kann]“, „alle Unterlagen und Schriftstücke, die die Tätigkeit des Ausschusses oder der zu diesem gehörenden Einrichtungen betreffen, an Ort und Stelle einsehen oder sich übermitteln lassen [kann]“ und „regelmäßig über alle vom Verwaltungsrat getroffenen Entscheidungen und die von der Hauptversammlung angenommenen Entschließungen unterrichtet [wird]“.

11      Art. R.552-14 des Code rural bestimmt schließlich:

„Der Landwirtschaftsminister kann jederzeit nach Einholung der Stellungnahme des Ausschusses und des Obersten Rates für die Orientierung und Koordinierung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft seine Genehmigung für geltende, bereits genehmigte Vorschriften zurücknehmen. Er bestimmt, ab wann die Rücknahme der Genehmigung wirksam wird. Will der Ausschuss diese Vorschriften trotzdem aufrechterhalten, verliert er die Eigenschaft als zugelassener Ausschuss.“

–       Aufnahmegebühren und Beiträge

12      Nach Art. L.553-1 des Code rural „[kann d]en unter den Voraussetzungen der Art. L.551‑1 und L.552‑2 anerkannten oder zugelassenen Einrichtungen … durch Dekret nach Stellungnahme des Conseil d’État gestattet werden, Aufnahmegebühren und Beiträge zu erheben, wobei Letztere nach dem Warenwert oder den Anbauflächen oder einer Kombination beider Kriterien zu bemessen sind“.

13      So bestimmt Art. R*553‑2 des Code rural für anerkannte Erzeugergemeinschaften, dass diese „befugt [sind], bei jedem ihrer Mitglieder eine Aufnahmegebühr, deren Höhe nach Erzeugern einheitlich festzusetzen ist, sowie Beiträge zu erheben, die nach dem Wert derjenigen vermarkteten Erzeugungsmenge zu bemessen sind, im Hinblick auf die [diese Erzeugergemeinschaften] anerkannt worden sind“, und dass „die Aufnahmegebühren und Beitragssätze … nicht die Höchstsätze übersteigen [dürfen], die durch Entscheidung des Landwirtschaftsministers nach Stellungnahme des Obersten Rates für die Orientierung und Koordinierung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft festgesetzt worden sind“.

14      Nach Art. R*553-5 des Code rural, der die Aufnahmegebühren und Beiträge der anerkannten Erzeugergemeinschaften näher regelt, werden „[d]ie Höhe der Aufnahmegebühren und der Beitragssatz sowie die Modalitäten ihrer Entrichtung … von der ordentlichen Hauptversammlung festgesetzt“.

15      Sodann sieht Art. R*553-6 des Code rural vor, dass „[d]ie zugelassenen Wirtschaftsausschüsse … befugt [sind], von jedem ihrer Mitglieder eine Aufnahmegebühr sowie von ihren Mitgliedern, die die Eigenschaft anerkannter landwirtschaftlicher Zusammenschlüsse haben, einen Anteil der von diesen selbst erhobenen Beiträge als Beitrag zu erheben“, und dass „[d]er Landwirtschaftsminister … nach Stellungnahme des Obersten Rates für die Orientierung und Koordinierung der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft den Höchstsatz der von einem Ausschuss erhobenen Beiträge bestimmen [kann]“.

16      Art. R*553-7 Abs. 1 des Code rural bestimmt, dass dann, „[wenn] ein zugelassener landwirtschaftlicher Ausschuss nach Art. L.552-2 die Erstreckung einer oder mehrerer für die ihm angehörenden Erzeuger und Gruppierungen erlassenen Vorschriften auf alle Erzeuger seines Bezirks erwirkt [hat], … die Erzeuger, für die die betreffende Vorschrift wegen dieser Erstreckung verbindlich geworden ist, die nach Art. R.553‑2 festgesetzten Beiträge unter den durch Verordnung des Landwirtschaftsministers festgelegten Voraussetzungen ganz oder teilweise an den Ausschuss zu entrichten [haben]“.

–       Kontrolle durch die Verwaltungsbehörde

17      Art. R*553-10 des Code rural schreibt vor:

„Die Kontrolle des Landwirtschaftsministers über die zugelassenen wirtschaftlichen Ausschüsse und die anerkannten Erzeugergemeinschaften bezieht sich insbesondere auf

–        die Buchführung und die Ordnungsgemäßheit der Geschäfte dieser Einrichtungen;

–        die Verwendung der erhaltenen Beihilfe, insbesondere wenn sie vom Staat oder von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, öffentlichen Einrichtungen oder gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften gewährt wurde;

–        die Anwendung der nach den Art. L.551-1 und L.552-1 erlassenen Vorschriften durch die Erzeugergemeinschaften, die landwirtschaftlichen Ausschüsse und die ihnen angehörenden Einrichtungen und Erzeuger sowie die Anwendung der geltenden Gesetze und Verordnungen insbesondere auf dem Gebiet der Betrugsbekämpfung und Normung.“

18      Dazu bestimmt Art. R*553-13 des Code rural, dass „[d]ie Beamten des Landwirtschaftsministeriums, die von diesem entsprechend bevollmächtigt wurden, … Zutritt zu den Dienststellen der anerkannten Erzeugergemeinschaften und der zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse [haben]“ und „dort alle Schriftstücke, Schreiben, Buchungs- oder Verwaltungsunterlagen einsehen [können]“. Nach Art. R*553‑14 „[nehmen d]ie Beamten und sonstigen Bediensteten des Landwirtschaftsministeriums, insbesondere diejenigen der Dienststelle für Betrugsbekämpfung und Qualitätskontrolle, … gemeinsam mit den Bediensteten der betroffenen Einrichtungen die Kontrolle der Anwendung der von den landwirtschaftlichen Zusammenschlüssen und Ausschüssen erlassenen geltenden Vorschriften durch diese Einrichtungen und landwirtschaftlichen Erzeuger wahr“.

19      Nach Art. R*553-16 des Code rural schließlich „[wird d]ie hinsichtlich der Anwendung [des Art.] R.553‑7 über die Aufnahmegebühren und die Beiträge wahrzunehmende Kontrolle … nach Maßgabe des Art. R.553‑14 ausgeübt“.

 Sachverhalt

20      Aufgabe des Office national interprofessionnel des fruits, des légumes et de l’horticulture (Nationales Amt für Obst, Gemüse und Gartenbau, im Folgenden: Oniflhor), einer öffentlichen Einrichtung mit Industrie- und Handelscharakter, die unter der Aufsicht des französischen Staates steht, ist es insbesondere, die wirtschaftliche Effizienz des Produktionszweigs Obst und Gemüse zu erhöhen.

21      In den Comités économiques agricoles (landwirtschaftlichen Ausschüssen) sind auf regionaler Ebene die bis 1999 „Groupements de producteurs agricoles“ (landwirtschaftliche Erzeugergemeinschaften) genannten – landwirtschaftlichen Erzeugerorganisationen eines bestimmten Sektors zusammengeschlossen. Ihr Zweck besteht darin, für ihre Mitglieder gemeinsame Regeln zu erlassen, um Erzeugung, Vertrieb, Preis und Vermarktung der Erzeugnisse zu harmonisieren.

22      Aufgrund einer Beschwerde richtete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 31. Juli 2002 an die Französische Republik ein Ersuchen um Auskunft über nicht angemeldete Beihilfen im Obst- und Gemüsesektor, die im Rahmen von „Krisenplänen“ durch einen von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen verwalteten und durch Oniflhor sowie aus Beiträgen der Erzeugerorganisationen (im Folgenden: Sektoranteile) gespeisten Betriebsfonds an die landwirtschaftlichen Erzeugerorganisationen gezahlt worden waren. Mit diesen „Krisenplänen“ wurde bezweckt, die Auswirkungen zeitweiliger Überschüsse beim Obst- und Gemüseangebot abzumildern, die Marktpreise durch koordiniertes kollektives Vorgehen zu regulieren und Strukturmaßnahmen zur Marktanpassung eines Sektors zu finanzieren.

23      Am 21. Oktober 2002 fand ein Treffen zwischen der Kommission und den französischen Behörden statt, die in der Folge mit Schreiben vom 26. Dezember 2002 Informationen übermittelten, die bestätigten, dass solche Beihilfen von 1992 bis 2002 gewährt worden waren. Mit Schreiben vom 16. April 2003 forderte die Kommission ein vollständiges Verzeichnis dieser Beihilfen an. Die französischen Behörden beantworteten dieses Schreiben am 22. Juli 2003.

24      Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 setzte die Kommission die Französische Republik von ihrer Entscheidung in Kenntnis, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen (im Folgenden: Eröffnungsentscheidung).

25      Die Eröffnungsentscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 22. September 2005 (ABl. C 233, S. 21) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, sich zu den im Rahmen der „Krisenpläne“ getroffenen fraglichen Maßnahmen (im Folgenden: streitige Maßnahmen) zu äußern.

26      Die Kommission erhielt die Äußerungen der französischen Behörden mit deren Schreiben vom 4. Oktober 2005.

27      Weiter ging bei der Kommission ein Schreiben der Drittbeteiligten Fédération de l’organisation économique fruits et légumes (Verband der Wirtschaftsorganisation Obst und Gemüse, im Folgenden: Fedecom) vom 20. Oktober 2005 ein, in dem u. a. die Zusammensetzung, die Finanzierungsmodalitäten und die Rolle der zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse bei der Zuteilung der fraglichen Beihilfen beschrieben wurden und das am 1. Dezember 2005 den französischen Behörden übermittelt wurde. Diese Angaben bestritten die französischen Behörden in ihrem Schreiben vom 28. Dezember 2005 nicht. Im Übrigen stimmten sie in diesem Schreiben der Übermittlung ihrer Schreiben vom 26. Dezember 2002 und 22. Juli 2003 an die Fedecom zu und nahmen eine Berichtigung hinsichtlich der Höhe der 2002 gezahlten Beihilfen vor.

28      Bei Abschluss dieses förmlichen Prüfverfahrens erließ die Kommission die Entscheidung K(2009) 203 endg. vom 28. Januar 2009 über die von Frankreich durchgeführten „Krisenpläne“ (plans de campagne) im Obst- und Gemüsesektor (ABl. L 127, S. 11, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

29      In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die im Rahmen der „Krisenpläne“ zugeteilten und den landwirtschaftlichen Erzeugerorganisationen gezahlten Beihilfen staatliche Beihilfen darstellten sowie rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien. Sie ordnete daher an, dass die Französische Republik diese Beihilfen zuzüglich Zinsen von ihren Empfängern zurückzufordern habe.

 Verfahren und Anträge der Parteien

30      Mit Klageschrift, die am 8. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik die vorliegende Klage erhoben.

31      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

32      Die Parteien haben in der Sitzung vom 23. April 2012 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

33      Die Französische Republik beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie sich auf den Teil der streitigen Maßnahmen bezieht, der durch die Sektoranteile finanziert wurde;

–        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung insgesamt für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

34      Die Kommission beantragt,

–        die Klage der Französischen Republik abzuweisen;

–        der Französischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

35      Zur Stützung ihrer Klage führt die Französische Republik zwei Nichtigkeitsgründe an, mit denen sie zum einen eine Verletzung der Begründungspflicht und zum anderen einen Rechtsfehler geltend macht, soweit die Kommission durch freiwillige Beiträge des betroffenen Sektors finanzierte Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG qualifiziert habe.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

36      Die Französische Republik trägt vor, die angefochtene Entscheidung sei, soweit sie sich auf die durch Sektorbeiträge finanzierten streitigen Maßnahmen beziehe, mit einem Begründungsmangel behaftet, da die Kommission, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, keiner ständigen Entscheidungspraxis folge, ihre Erwägungen hätte explizit darlegen müssen. Insbesondere habe die Kommission nicht die Erstreckung der Einstufung als staatliche Beihilfe auf durch freiwillige Beiträge finanzierte Maßnahmen begründet.

37      Nach ständiger Rechtsprechung hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, ab. Die Begründung muss die Überlegungen des Organs, das den Akt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass zum einen der Unionsrichter die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und es zum anderen den Betroffenen möglich ist, die Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, damit sie ihre Rechte verteidigen und prüfen können, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Aspekte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63, und Urteil des Gerichts vom 30. November 2011, Sniace/Kommission, T‑238/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37).

38      Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben. Es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, Slg. 2008, I‑4777, Randnr. 96, und Urteil des Gerichts vom 3. März 2010, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, T‑102/07 und T‑120/07, Slg. 2010, II‑585, Randnr. 180).

39      Schließlich ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine Entscheidung der Kommission, die sich in eine ständige Entscheidungspraxis einfügt, summarisch, insbesondere unter Bezugnahme auf diese Praxis, begründet sein kann; geht sie jedoch über die früheren Entscheidungen merklich hinaus, hat die Kommission ihre Erwägungen explizit darzulegen (Urteile des Gerichtshofs vom 26. November 1975, Groupement des fabricants de papiers peints de Belgique u. a./Kommission, 73/74, Slg. 1975, 1491, Randnr. 31, vom 11. Dezember 2008, Kommission/Département du Loiret, C‑295/07 P, Slg. 2008, I‑9363, Randnr. 44, und vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Randnr. 155).

40      Im Licht dieser Grundsätze ist der Klagegrund der unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung zu prüfen.

41      Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission erstmals die Frage zu prüfen hatte, ob Maßnahmen, die durch Beiträge des Staates und zugleich durch freiwillige Beiträge von Angehörigen der Berufe eines Sektors finanziert werden, staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG sein können. Die Kommission hatte daher auf die von der Französischen Republik im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente, die sich auf die Qualifikation der Sektoranteile als staatliche Mittel bezogen, ausführlich einzugehen.

42      Zunächst hat die Kommission in den Erwägungsgründen 24 bis 28 der angefochtenen Entscheidung den Finanzierungsmechanismus der streitigen Maßnahmen im Einzelnen geprüft. So hat sie festgestellt, dass diese Maßnahmen über einen von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen verwalteten Fonds finanziert würden, der nach den gleichen Grundsätzen wie denen gespeist worden sei, die für Gemeinschaftsbeihilfen nach Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28. Oktober 1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. L 297, S. 1) gälten, nämlich zugleich aus einer staatlichen Beihilfe und aus Finanzbeiträgen der Erzeuger, die nach den vermarkteten Obst- und Gemüsemengen oder dem Wert dieser Mengen bemessen worden seien, wobei die genannten Beiträge insgesamt 30 % bis 50 % der Beträge dieses Fonds ausgemacht hätten. Die von den Erzeugerorganisationen gezahlten Beiträge seien jedoch nur auf freiwilliger Basis geleistet und von der Verwaltungsbehörde nicht zu Zwangsbeiträgen gemacht worden. Die Nichtzahlung dieser Beiträge habe zur Folge gehabt, dass die betreffenden Erzeugerorganisationen keine öffentliche Beihilfe erhalten hätten.

43      Im Übrigen ist dem 40. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen, dass die Französische Republik in ihrem Schreiben vom 4. Oktober 2005, in dem sie zur Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens Stellung genommen hat, darauf hingewiesen hatte, dass die von den Angehörigen der Berufe gezahlten, zur Finanzierung der „Krisenpläne“ bestimmten Beiträge nicht staatlichen Mitteln gleichgestellt werden könnten, da sie freiwillig geleistet worden seien, nicht von den staatlichen Stellen auf alle betroffenen Erzeugerorganisationen erstreckt worden seien und die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse über sie hätten frei verfügen können.

44      In den Erwägungsgründen 43 bis 62 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission geprüft, ob die streitigen Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG anzusehen seien. So hat sie in den Erwägungsgründen 52 bis 56 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig, 78/76, Slg. 1977, 595, und vom 11. November 1987, Frankreich/Kommission, 259/85, Slg. 1987, 4393, Randnr. 23) verpflichtet sei, sich bei der Beantwortung der Frage, ob eine Beihilferegelung eine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstelle, nach deren Ausgestaltung und Wirkungen zu richten, und dass es für die Anwendung dieses Grundsatzes nicht darauf ankomme, ob die fraglichen Beiträge obligatorischen oder freiwilligen Charakter hätten. In den Erwägungsgründen 57 bis 61 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission weiter die Rechtsprechung zum Begriff der staatlichen Mittel geprüft (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 2004, Pearle u. a., C‑345/02, Slg. 2004, I‑7139, und Urteil des Gerichts vom 20. September 2007, Salvat père & fils u. a./Kommission, T‑136/05, Slg. 2007, II‑4063) und befunden, dass darin dieser Grundsatz nicht in Frage gestellt werde. Schließlich hat sie im 61. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben, dass im vorliegenden Fall, auch wenn die Beiträge freiwillig geleistet worden seien, ein starker öffentlicher Anreiz zum Beitritt zu dieser Beitragsregelung bestanden habe. Demgemäß ist sie im 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die streitigen Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG darstellten.

45      Der Umstand allein, dass sich die Rechtsprechung, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung berufen hat, nur auf Zwangsbeiträge bezieht, genügt nicht für den Nachweis, dass die Begründung dieser Entscheidung unzureichend war. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter noch nie die Frage geprüft hatte, ob Maßnahmen, die sowohl durch Beiträge des Staates als auch durch freiwillige Beiträge von Angehörigen der Berufe eines Sektors finanziert werden, staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG sein können. Zudem hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung klargestellt, dass die Rechtsprechung zu Zwangsbeiträgen ihrer Ansicht nach auf die hier streitigen Maßnahmen übertragbar sei, da im vorliegenden Fall die Freiwilligkeit der Beiträge im Wesentlichen einer Formalität entsprochen habe, weil es für die Erzeuger einen starken Anreiz zur Teilnahme am Mechanismus gegeben habe. Dass die Kommission zudem diese Klarstellung im 61. Erwägungsgrund und nicht im Anschluss an den 55. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gegeben hat, kann die Deutlichkeit der von ihr dargelegten Erwägungen entgegen der Auffassung der Französischen Republik nicht schmälern.

46      Die angefochtene Entscheidung lässt daher hinreichend klar, explizit und eindeutig die Begründung erkennen, mit der die Kommission die Frage beantwortet hat, ob ihrer Ansicht nach Maßnahmen, die durch Beiträge des Staates und zugleich durch freiwillige Beiträge von Angehörigen der Berufe eines Sektors finanziert werden, staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG sein können, so dass das Gericht die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und es den Betroffenen möglich ist, die Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, damit sie ihre Rechte verteidigen und prüfen können, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist.

47      Daraus folgt, dass der auf eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung gestützte erste Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler, soweit die Kommission durch freiwillige Beiträge des betreffenden Sektors finanzierte Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG qualifiziert habe

48      Nach Ansicht der Französischen Republik hat die Kommission einen Rechtsfehler begangen, indem sie durch freiwillige Beiträge des betreffenden Sektors finanzierte Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG angesehen habe.

 Zulässigkeit des Vorbringens zu tatsächlichen Angaben, die im Verwaltungsverfahren nicht beanstandet wurden.

49      Die Kommission trägt zunächst vor, die Französische Republik könne vor dem Gericht nicht die Ausführungen der Fedecom beanstanden, die diese in ihrer Stellungnahme vom 20. Oktober 2005 zur jeweiligen Rolle der Angehörigen der Berufe und von Oniflhor bei der Bestimmung der Höhe des Sektoranteils und der Festlegung der streitigen Maßnahmen sowie bei der Durchführung dieser Maßnahmen gemacht habe.

50      Erstens vertritt sie die Auffassung, die Französische Republik hätte diesen Klagegrund, der sich auf einen tatsächlichen Fehler oder sogar einen offensichtlichen Beurteilungsfehler beziehe, als eigenständigen Klagegrund unabhängig vom Klagegrund eines Rechtsfehlers geltend machen müssen. Aus den Schriftsätzen der Französischen Republik geht jedoch hervor, dass diese dieses Vorbringen als Argumente zur Begründung ihres Klagegrundes verwenden wollte, den sie auf einen Rechtsfehler gestützt hat, der dadurch von der Kommission begangen worden sei, dass diese durch freiwillige Beiträge des betroffenen Sektors finanzierte Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG angesehen habe.

51      Zweitens hält die Kommission diese Argumente für unzulässig, da die Französische Republik die von der Fedecom in ihrer Stellungnahme vom 20. Oktober 2005 im förmlichen Prüfverfahren gemachten Ausführungen in keiner Weise beanstandet habe.

52      Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Mitgliedstaat, der abweichend von den Regeln des Vertrags Beihilfen gewährt hat oder gewähren möchte, im Rahmen des Verfahrens, an dem er beteiligt ist, zur Zusammenarbeit mit der Kommission verpflichtet; aufgrund dieser Verpflichtung hat er insbesondere alle Angaben zu machen, die der Kommission die Prüfung erlauben, ob die Voraussetzungen für die beantragte Ausnahme vorliegen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C‑364/90, Slg. 1993, I‑2097, Randnr. 20; Urteile des Gerichts vom 15. Dezember 1999, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, T‑132/96 und T‑143/96, Slg. 1999, II‑3663, Randnr. 140, sowie Iride und Iride Energia/Kommission, T‑25/07, Slg. 2009, II‑245, Randnr. 100). Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen ist daher aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte (Urteil des Gerichtshofs vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C‑197/99 P, Slg. 2003, I‑8461, Randnr. 86; vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Randnr. 16). Insbesondere ist der Rechtsprechung zu entnehmen, dass, da der Begriff der staatlichen Beihilfe einem objektiven Sachverhalt entspricht, der zu dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem die Kommission ihre Entscheidung trifft, für diese gerichtliche Kontrolle die zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen Beurteilungen zu berücksichtigen sind (Urteil Chronopost und La Poste/UFEX u. a., Randnr. 144). So darf sich die Kommission, wenn die betreffenden Beteiligten keine gegenteiligen Informationen vorlegen, auf die – auch unzutreffenden – Tatsachen stützen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der abschließenden Entscheidung vorliegen, sofern die fraglichen Tatsachen Gegenstand einer an den Mitgliedstaat gerichteten Anordnung der Kommission waren, ihr die erforderlichen Informationen vorzulegen (Urteil des Gerichts vom 19. Oktober 2005, Freistaat Thüringen/Kommission, T‑318/00, Slg. 2005, II‑4179, Randnr. 88).

53      Entsprechend geht aus Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) hervor, dass bei Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens hinsichtlich einer rechtswidrigen Beihilfe die Entscheidung der Kommission auf der Grundlage der verfügbaren Informationen ergeht, insbesondere derjenigen, die vom Mitgliedstaat in Beantwortung ihrer Auskunftsersuchen erteilt wurden.

54      Im vorliegenden Fall ist der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen, dass die Fedecom als Drittbeteiligte am 20. Oktober 2005 ihre Stellungnahme abgab, in der sie u. a. die Zusammensetzung, die Finanzierungsmodalitäten und die Rolle der zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse bei der Zuteilung der fraglichen Beihilfen beschrieb und die am 1. Dezember 2005 den französischen Behörden übermittelt wurde, die darauf hingewiesen wurden, dass sie innerhalb eines Monats Stellung nehmen könnten. Die französischen Behörden bestritten diese Informationen in ihrem Schreiben vom 28. Dezember 2005 nicht, in dem sie im Übrigen der Übermittlung ihrer Schreiben vom 26. Dezember 2002 und 22. Juli 2003 an die Fedecom zustimmten und eine Berichtigung hinsichtlich der Höhe der 2002 gezahlten Beihilfen vornahmen.

55      Aus den in den Randnrn. 52 und 53 des vorliegenden Urteils aufgeführten Grundsätzen ergibt sich jedoch, dass die Französische Republik den Inhalt einer tatsächliche Angaben enthaltenden Stellungnahme, die von einem Drittbeteiligten im Verwaltungsverfahren abgegeben wurde, dann nicht erstmals im gerichtlichen Stadium bestreiten kann, wenn ihr die Stellungnahme vorher übermittelt worden war. Die Behauptung allein, dass sie auf diese tatsächlichen Angaben deshalb nicht reagiert habe, weil sie die Schlussfolgerungen der Fedecom geteilt habe, berechtigt nicht zu einer Ausschaltung des Grundsatzes der praktischen Wirksamkeit des Verwaltungsverfahrens.

56      Das Vorbringen, mit dem die Französische Republik die Ausführungen der Fedecom beanstandet, die diese in ihrer Stellungnahme vom 20. Oktober 2005 zur jeweiligen Rolle der Angehörigen der Berufe und von Oniflhor bei der Bestimmung der Höhe des Sektoranteils und der Festlegung der streitigen Maßnahmen sowie bei der Durchführung dieser Maßnahmen gemacht hat, ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

 Allgemeine Grundsätze zum Begriff der staatlichen Mittel

57      Art. 87 Abs. 1 EG erklärt staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

58      Um als Beihilfen im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden zu können, müssen Vergünstigungen zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sein (Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C‑303/88, Slg. 1991, I‑1433, Randnr. 11, vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C‑482/99, Slg. 2002, I‑4397, Randnr. 24, und vom 20. November 2003, GEMO, C‑126/01, Slg. 2003, I‑13769, Randnr. 24).

59      Nach dem Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 EG gelten im Übrigen nur unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährte Vorteile als Beihilfen. Die in dieser Bestimmung vorgenommene Unterscheidung zwischen „staatlichen“ und „aus staatlichen Mitteln gewährten“ Beihilfen bedeutet nämlich nicht, dass alle von einem Staat gewährten Vorteile unabhängig davon Beihilfen darstellen, ob sie aus staatlichen Mitteln finanziert werden oder nicht, sondern dient nur dazu, in den Beihilfebegriff die unmittelbar vom Staat gewährten Vorteile sowie diejenigen, die über eine vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtung gewährt werden, einzubeziehen (Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2001, PreussenElektra, C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 58).

60      Auch ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 87 Abs. 1 EG sämtliche Geldmittel erfasst, die die öffentlichen Stellen tatsächlich zur Unterstützung von Wirtschaftsteilnehmern verwenden können, ohne dass es darauf ankommt, dass diese Mittel dauerhaft zum Vermögen dieser öffentlichen Stellen gehören. Auch wenn die der fraglichen Maßnahme entsprechenden Beträge nicht dauerhaft im Besitz der öffentlichen Stellen sind, genügt daher der Umstand, dass sie unter ständiger öffentlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Stellen zur Verfügung stehen, um als staatliche Mittel eingestuft zu werden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 2000, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission, C‑83/98 P, Slg. 2000, I‑3271, Randnr. 50, und vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, Randnr. 37). Ebenso wenig steht eine ursprünglich private Natur der Mittel deren Einstufung als staatliche Mittel im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996, Air France/Kommission, T‑358/94, Slg. 1996, II‑2109, Randnrn. 63 bis 65).

61      Nach der Rechtsprechung genügt der Umstand allein, dass eine Subventionsregelung, die einigen Wirtschaftsteilnehmern eines bestimmten Sektors zugutekommt, ganz oder teilweise durch Beiträge finanziert wird, die von Staats wegen von den betreffenden Unternehmen erhoben werden, nicht, um dieser Regelung den Charakter einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG zu nehmen (Urteile des Gerichtshofs Steinike & Weinlig, Randnr. 22, und vom 11. November 1987, Frankreich/Kommission, Randnr. 23; vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, Slg. 1974, 709, Randnrn. 27 und 35).

62      Dagegen hat es der Gerichtshof abgelehnt, Mittel, die von einer öffentlichen Einrichtung durch Beiträge beschafft wurden, die ausschließlich von den Wirtschaftsteilnehmern, denen die Maßnahme zugutekam, erhoben wurden, jedoch nie den nationalen Behörden zu freier Verfügung überlassen wurden und der Finanzierung von Maßnahmen dienten, die ausschließlich von den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern festgelegt wurden, als staatliche Mittel zu qualifizieren (vgl. in diesem Sinne Urteil Pearle u. a., Randnrn. 36 bis 39).

63      Somit kommt es für die Beurteilung der Frage des Vorliegens öffentlicher Mittel unabhängig von deren ursprünglicher Herkunft auf den Umfang der Beteiligung der öffentlichen Stellen bei der Festlegung der betreffenden Maßnahmen und ihrer Finanzierungsmodalitäten an.

64      Dieser Grundsatz kann nicht schon dadurch in Frage gestellt werden, dass die der teilweisen Finanzierung der betreffenden Maßnahmen dienenden Beiträge der betreffenden Wirtschaftsteilnehmer nur fakultativer und nicht obligatorischer Natur sind. Die Beteiligung der öffentlichen Stellen an diesen Beiträgen kann nämlich auch dann von erheblichem Gewicht sein, wenn es sich bei diesen nicht um Zwangsbeiträge handelt.

65      Aus alledem folgt, dass zur Beantwortung der Frage, ob die Kommission mit ihrer Qualifikation der streitigen Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG einen Rechtsfehler begangen hat, die Rolle der öffentlichen Stelle bei der Festlegung dieser Maßnahmen und ihrer Finanzierungsmodalitäten zu prüfen ist.

66      Die Rolle der öffentlichen Stelle bei der Festlegung der streitigen Maßnahmen hat das Gericht global zu beurteilen, ohne dass nach der Art ihrer Finanzierung unterschieden werden kann, da die öffentlichen und die privaten Beiträge zu einem einheitlichen Betriebsfonds verschmolzen wurden.

 Prüfung der Modalitäten der Regelung für Krisenpläne

67      Zu prüfen sind in erster Linie die Modalitäten der Regelung der streitigen Maßnahmen und insbesondere die Frage, wie die Höhe der zu ihrer Finanzierung bestimmten öffentlichen und privaten Beiträge ermittelt und die Voraussetzungen für deren Verwendung festgelegt wurden.

68      Was als Erstes die Ermittlung der Höhe der zur Finanzierung der streitigen Maßnahmen bestimmten öffentlichen und privaten Beiträge angeht, ist den Akten, insbesondere dem Schreiben der Fedecom vom 20. Oktober 2005, zu entnehmen, dass Oniflhor, eine unter staatlicher Aufsicht stehende öffentliche Einrichtung mit Industrie- und Handelscharakter, einseitig über die den „Krisenplänen“ zugeteilten Beträge und die Höhe der Beiträge entschied, die von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen für die „Krisenpläne“ zu entrichten waren. Diese Beiträge wurden von Oniflhor unter Bestimmung eines Prozentsatzes der Menge oder des Werts des von den begünstigten Erzeugern tatsächlich vermarkteten Obsts und Gemüses festgesetzt und von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen bei den für jedes Erzeugnis zuständigen nationalen Sektionen eingefordert, die sie sodann an Oniflhor zahlten. Oniflhor stockte dann diese Beträge um eine öffentliche Beihilfe auf, die 50 % bis 70 % der gesamten Beihilfe entsprach. Im Fall der Nichtzahlung der Sektoranteile durch die Erzeuger wurden die von Oniflhor zugeteilten Beihilfen nicht an Letztere ausgezahlt und verblieben bei den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen, die sie an Oniflhor zurückzuzahlen hatten.

69      Bei diesen Beiträgen handelte es sich im Gegensatz zu anderen von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen erhobenen Beiträgen nicht um Zwangsbeiträge, wovon die Tatsache zeugt, dass bestimmte Erzeugerorganisationen ihre Zahlung ablehnten. Daher galt für diese Beiträge nicht die Regelung des Code rural über Zwangsbeiträge.

70      Aus den Art. R*553-2 und R*553-6 des Code rural geht nämlich hervor, dass sich diese Bestimmungen nur auf die Aufnahmegebühren und die von den Erzeugern an die anerkannten Erzeugergemeinschaften und die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse gezahlten obligatorischen Betriebsbeiträge beziehen. Die Französische Republik kann sich daher nicht auf die Vorschriften über die Festsetzung dieser Aufnahmegebühren und Beiträge durch die anerkannten Erzeugergemeinschaften berufen, wie sie in Art. R*553‑5 des Code rural niedergelegt sind.

71      Desgleichen war auf die zur Finanzierung der „Krisenpläne“ bestimmten Beiträge auch Art. R*553‑7 des Code rural nicht anwendbar, wonach dann, wenn ein zugelassener landwirtschaftlicher Ausschuss die Erstreckung einer für die ihm angehörenden Erzeuger und Gruppierungen erlassenen Vorschrift auf alle Erzeuger seines Bezirks erwirkt hat, die Erzeuger, für die diese Vorschrift verbindlich wurde, aufgrund einer Ministerialverordnung die nach dem Wert der vermarkteten Erzeugungsmenge bemessenen Beiträge ganz oder teilweise zu entrichten haben. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass eine Verpflichtung der nicht angeschlossenen Erzeuger, sich an der Finanzierung der durch eine Erzeugerorganisation geschaffenen Fonds zu beteiligen, in der Rechtsprechung insoweit als rechtswidrig angesehen wird, als sie zur Finanzierung von Tätigkeiten dient, die selbst als gemeinschaftsrechtswidrig anzusehen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 25. November 1986, Cerafel, 218/85, Slg. 1986, 3513, Randnr. 22).

72      Ebenso ist es der Französischen Republik versagt, sich auf Art. 15 der Verordnung Nr. 2200/96 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse zu berufen. Den im Rahmen dieser Bestimmung durchgeführten operationellen Programmen war nämlich nur gemeinsam, dass sie durch eine öffentliche Stelle und durch nach den Mengen oder dem Wert des vermarkteten Obstes und Gemüses bemessene Beiträge der zusammengeschlossenen Erzeuger kofinanziert wurden; dagegen waren diese Bestimmungen unstreitig nicht auf die streitigen Maßnahmen, sondern nur auf Maßnahmen anwendbar, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse festgelegt wurden.

73      Jedenfalls hat die Französische Republik keine weiteren Beweismittel dafür vorgelegt, dass die Höhe des von den Erzeugern entrichteten Beitrags von diesen selbst festgelegt worden war.

74      Aus alledem folgt, dass die Höhe der von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen entrichteten Beiträge und der für die „Krisenpläne“ bereitgestellten Gesamtbeträge einseitig von Oniflhor festgelegt wurde.

75      Was als Zweites die Bestimmung des Inhalts der streitigen Maßnahmen und der Modalitäten ihrer Durchführung betrifft, ist den Akten, insbesondere den von der Fedecom am 20. Oktober 2005 übermittelten Angaben, zu entnehmen, dass die streitigen Maßnahmen von Oniflhor im Wege von Entscheidungen festgelegt wurden, die mit dem Stempel seines Direktors und des staatlichen Kontrolleurs versehen waren, und dass die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse an ihrer Festlegung nicht beteiligt waren und über keinerlei Handlungsspielraum bei ihrer Anwendung verfügten.

76      Nach Ansicht der Französischen Republik hatten die Entscheidungen von Oniflhor indessen nur den Zweck, zur Kenntnis zu nehmen, zur Zahlung welcher Anteile sich die Angehörigen der Berufe und die öffentlichen Stellen verpflichteten.

77      So trägt sie vor, die streitigen Maßnahmen seien allein von den Angehörigen der Berufe festgelegt und durchgeführt worden, und die Beteiligung von Oniflhor habe nur darin bestanden, die von Letzteren getroffenen Entscheidungen anzuwenden und sich an deren Finanzierung zu beteiligen. Die Französische Republik stützt ihr Vorbringen auf zwei erstmals im Stadium der Erwiderung vorgelegte Schriftstücke, mit denen die Initiativrolle der landwirtschaftlichen Ausschüsse im Rahmen der „Krisenpläne“ belegt werden soll. Aus Randnr. 55 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass die Französische Republik die Richtigkeit von Angaben, die von einem Drittbeteiligten im Verwaltungsverfahren gemacht wurden, dann nicht erstmals im gerichtlichen Stadium bestreiten kann, wenn ihr diese Angaben vorher übermittelt worden waren und sie ihren Inhalt nicht bestritten hatte.

78      Jedenfalls lassen diese Schreiben, die von nationalen Erzeugnissektionen zweier zugelassener landwirtschaftlicher Ausschüsse im Jahr 2001 an Oniflhor gerichtet wurden, nur den Schluss zu, dass zugelassene landwirtschaftliche Ausschüsse zweimal während des Zuwiderhandlungszeitraums Oniflhor Vorschläge für Maßnahmen unterbreiteten, die im Rahmen der „Krisenpläne“ beschlossen werden sollten. Diese Schreiben allein können jedoch nicht die von der Fedecom am 20. Oktober 2005 übermittelten Angaben in Frage stellen, wonach die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse für die Festlegung der im Rahmen der „Krisenpläne“ beschlossenen Maßnahmen nicht zuständig waren; dies war nämlich ausschließlich Sache von Oniflhor.

79      Zudem ist zu beachten, dass die Französische Republik in ihren Schriftsätzen eingeräumt hat, dass die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse verpflichtet gewesen seien, die im Rahmen der „Krisenpläne“ vorgesehenen Maßnahmen in der Form anzuwenden, in der sie in der Entscheidung des Direktors von Oniflhor festgelegt worden seien. Dass dies mit der Beteiligung von Oniflhor an der Finanzierung dieser Maßnahmen zu erklären sein soll, lässt die Beurteilung des Umfangs der Kontrolle der Durchführung dieser Maßnahmen durch die staatliche Stelle unberührt.

80      Schließlich weist die Französische Republik darauf hin, dass Oniflhor entgegen dem dem Urteil Air France/Kommission (Randnr. 65) zugrunde liegenden Sachverhalt über die von den Angehörigen der Berufe eingezahlten Mittel nicht habe frei verfügen dürfen, da diese von den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen verwaltet worden seien. Nach der in Randnr. 60 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs genügt es jedoch für eine Einstufung von Beträgen als staatliche Mittel, dass diese Beträge unter ständiger öffentlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Stellen zur Verfügung stehen, auch wenn sie nicht dauerhaft im Besitz der öffentlichen Stellen sind.

81      Im vorliegenden Fall war der Staat jedoch durch Ausübung seines beherrschenden Einflusses auf die Festlegung und Durchführung der streitigen Maßnahmen durchaus in der Lage, die Verwendung der den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen zugeteilten Mittel gegebenenfalls auf eine Finanzierung spezifischer Vorteile zugunsten bestimmter Erzeuger zu lenken.

82      Erwiesenermaßen verfügten nämlich die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse nicht über einen Handlungsspielraum bei der Anwendung der von Oniflhor festgelegten Maßnahmen.

83      Zudem ist mehreren Bestimmungen des Code rural zu entnehmen, dass die Verwaltungsbehörde über eine Befugnis zur eingehenden und ständigen Kontrolle der fraglichen Beträge verfügte. Nach Art. R*553‑10 des Code rural bezieht sich nämlich die über die zugelassenen wirtschaftlichen Ausschüsse und die anerkannten Erzeugergemeinschaften ausgeübte Kontrolle des Landwirtschaftsministers insbesondere auf die Buchführung und die Ordnungsgemäßheit der Geschäfte dieser Einrichtungen sowie die Verwendung der erhaltenen Beihilfen. Dazu bestimmt Art. R*553‑13, dass die durch das Landwirtschaftsministerium bevollmächtigten Beamten Zutritt zu allen Dienststellen der zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse haben und dort alle Schriftstücke, Schreiben, Buchungs- oder Verwaltungsunterlagen einsehen können.

84      Hervorzuheben ist schließlich die maßgebliche Rolle des Staates bei den zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüssen, in denen er durch den Präfekten der Region vertreten wird. Aus den Bestimmungen des Code rural ergibt sich nämlich, dass dem nach dessen Art. R*552‑1 beim Landwirtschaftsminister zum Zweck des Bezugs öffentlicher Beihilfen gestellten Zulassungsantrag eines landwirtschaftlichen Ausschusses gemäß Art. R*552‑2 verschiedene Unterlagen beigefügt werden müssen, darunter die „Satzung des Ausschusses“, die Bestimmungen vorsehen muss, wonach „die vom Ausschuss erlassenen Vorschriften erst nach Genehmigung des Landwirtschaftsministers anwendbar sind“, eine „Erklärung, in der Art und Form der Beihilfe angegeben werden müssen, die den Mitgliedern gegebenenfalls vom Ausschuss gewährt werden kann“, und der „Wortlaut der vom Ausschuss gemäß Art. L.552‑1 erlassenen Vorschriften“. Nach Art. R.552‑10 des Code rural kann ein zugelassener landwirtschaftlicher Ausschuss nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Landwirtschaftsministers neue Vorschriften erlassen oder bereits genehmigte Vorschriften ändern. Außerdem sieht Art. R.552‑11 des Code rural vor, dass der Landwirtschaftsminister bei jedem zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschuss einen Delegierten benennt, der beim Ausschuss die Funktion eines technischen Beraters ausübt, den Sitzungen des Verwaltungsrats und der Hauptversammlung beiwohnt oder sich bei diesen Sitzungen vertreten lassen kann, alle Unterlagen und Schriftstücke, die die Tätigkeit des Ausschusses oder der zu diesem gehörenden Einrichtungen betreffen, an Ort und Stelle einsehen oder sich übermitteln lassen kann und regelmäßig über alle vom Verwaltungsrat getroffenen Entscheidungen und die von der Hauptversammlung angenommenen Entschließungen unterrichtet wird. Entsprechend sieht Art. 1 des Arrêté du ministre de l’Agriculture du 30 octobre 2000 relatif aux modalités de la représentation de l’État auprès des comités économiques agricoles dans le secteur des fruits et légumes (Verordnung des Landwirtschaftsministers vom 30. Oktober 2000 über die Modalitäten der Vertretung des Staates bei den landwirtschaftlichen Ausschüssen des Sektors Obst und Gemüse, JORF vom 15. November 2000, S. 18079) vor, dass der Präfekt der betreffenden Region oder sein Vertreter von Rechts wegen allen Sitzungen der leitenden Organe der zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse, in denen Entscheidungen getroffen werden, beiwohnt und dass ihm alle in diesem Rahmen niedergelegten Beschlüsse und Protokolle zu übermitteln sind. Art. 2 dieses Beschlusses überträgt zudem dem Vertreter des Staates – wenn notwendig, mit Unterstützung von Oniflhor – die Aufgabe, sicherzustellen, dass die Tätigkeiten, mit denen diese Ausschüsse betraut wurden, in Übereinstimmung mit den in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegten Leitlinien ausgeübt werden; dazu hat der Vertreter des Staates nach dieser Bestimmung die Beschlüsse der leitenden Organe der Ausschüsse, nämlich der Hauptversammlung oder des Verwaltungsrats, ebenso mit seinem Sichtvermerk zu versehen wie die geschlossenen Verträge, wenn in ihnen den Mitgliedern des Ausschusses Verpflichtungen auferlegt werden sollen oder wenn sie Modalitäten für die Verwendung der nationalen – soweit es um die Arbeitsweise oder um Investitionen im betreffenden Erzeugungssektor geht – oder gemeinschaftlichen öffentlichen Finanzierungen festlegen. Die betreffenden Beschlüsse sind nur durchführbar, wenn sie diesen Sichtvermerk tragen.

85      Die Französische Republik hat diese wichtige Rolle des Staates bei der Arbeitsweise der zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse eingeräumt. Dass diese Rolle durch die Möglichkeit dieser Ausschüsse zu erklären sein könnte, ihre Vorschriften für alle Erzeuger der Region verbindlich zu machen, hat keinen Einfluss auf die Beurteilung des Umstands, dass der Staat in ihnen vertreten ist.

86      Weiter trägt die Französische Republik vor, zwar wohne der Vertreter des Präfekten der betreffenden Region den Sitzungen der leitenden Organe des landwirtschaftlichen Ausschusses bei, doch nehme er nicht an der Beschlussfassung dieser Organe teil. Aus den genannten Bestimmungen des Art. 2 der Verordnung des Landwirtschaftsministers vom 30. Oktober 2000 geht aber hervor, dass die Beschlüsse der leitenden Organe der Ausschüsse sowie die Verträge über Modalitäten der Verwendung öffentlicher Finanzierungen nur durchführbar waren, wenn sie mit dem Sichtvermerk des Präfekten der Region oder seines Vertreters versehen waren.

87      Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass Oniflhor einseitig über die durch die „Krisenpläne“ finanzierten Maßnahmen und die Modalitäten ihrer Durchführung entschied und dass die zugelassenen landwirtschaftlichen Ausschüsse zwar die operativen Mittel für die Finanzierung dieser Maßnahmen zu verwalten hatten, jedoch über keinen Handlungsspielraum bei deren Anwendung verfügten.

88      Als Ergebnis ist festzustellen, dass die Festlegung der streitigen Maßnahmen und ihrer Finanzierungsmodalitäten der unter staatlicher Aufsicht stehenden öffentlichen Einrichtung mit Industrie- und Handelscharakter Oniflhor oblag. Demgegenüber stand den durch die Maßnahmen Begünstigten allein die Befugnis zu, sich an dem in dieser Weise von Oniflhor festgelegten System zu beteiligen oder nicht, indem sie die Zahlung der von Oniflhor festgesetzten Sektoranteile entweder akzeptierten oder ablehnten. Es ist daher festzustellen, dass die streitigen Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellten.

89      Demgemäß ist der zweite Klagegrund, der auf einen Rechtsfehler hinsichtlich des Begriffs staatliche Mittel gestützt wird, zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

90      Nach Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

91      Da die Französische Republik unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Französische Republik trägt die Kosten.

Kanninen

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. September 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.