Language of document : ECLI:EU:T:2022:48

URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer)

2. Februar 2022(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Lkw-Bau – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen in Bezug auf die Verkaufspreise von Lkw, den Zeitplan für die Einführung von Abgastechnologien und die Weitergabe der mit diesen Technologien verbundenen Kosten an die Kunden – „Hybrides“, zeitlich gestuftes Verfahren – Unschuldsvermutung – Grundsatz der Unparteilichkeit – Charta der Grundrechte – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Geografischer Umfang der Zuwiderhandlung – Geldbuße – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑799/17,

Scania AB mit Sitz in Södertälje (Schweden),

Scania CV AB mit Sitz in Södertälje,

Scania Deutschland GmbH mit Sitz in Koblenz (Deutschland),

vertreten durch die Rechtsanwälte D. Arts, F. Miotto, C. Pommiès, K. Schillemans, C. Langenius, L. Ulrichs und P. Hammarskiöld, S. Falkner und N. De Backer,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch M. Farley und L. Wildpanner als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 6467 final der Kommission vom 27. September 2017 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39824 – Lkw) oder, hilfsweise, Herabsetzung der in diesem Beschluss gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen

erlässt

DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richter A. Kornezov und E. Buttigieg (Berichterstatter), der Richterin K. Kowalik-Bańczyk und des Richters G. Hesse,

Kanzler: B. Lefebvre, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2020

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreites

1        Die Klägerinnen, die Scania AB, die Scania CV AB und die Scania Deutschland GmbH (im Folgenden: Scania DE), sind drei juristische Personen des Unternehmens Scania (im Folgenden: Scania). Scania ist im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von schweren Lkw (über 16 t) für Langstreckentransporte, Verteilung von Gütern, Bautransporte und Spezialarbeiten tätig.

2        Mit ihrem Beschluss C(2017) 6467 final vom 27. September 2017 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39824 – Lkw) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Europäische Kommission fest, dass die Klägerinnen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten, indem sie sich vom 17. Januar 1997 bis 18. Januar 2011 mit juristischen Personen der Unternehmen [vertraulich](1), [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] an Absprachen über Preise, Erhöhungen der Bruttopreise für mittlere und schwere Lkw im EWR sowie den Zeitplan für die Einführung der aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw sowie die Weitergabe der damit verbundenen Kosten beteiligt hätten (Art. 1 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission verhängte gegen Scania AB und Scania CV AB als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße in Höhe von 880 523 000 Euro, für die Scania DE in Höhe von 440 003 282 gesamtschuldnerisch haftet (Art. 2 des angefochtenen Beschlusses).

A.      Dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegendes Verwaltungsverfahren

3        Am 20. September 2010 stellte [vertraulich] einen Antrag auf Erlass der Geldbuße nach Rn. 14 der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit). Am 17. Dezember 2010 gewährte die Kommission [vertraulich] einen bedingten Erlass der Geldbuße.

4        Vom 18. bis 21. Januar 2011 führte die Kommission in den Geschäftsräumen u. a. der Klägerinnen Nachprüfungen durch.

5        Am 28. Januar 2011 beantragte [vertraulich] den Erlass der Geldbuße nach Rn. 14 der Mitteilung über Zusammenarbeit und hilfsweise eine Ermäßigung der Geldbuße nach Rn. 27 dieser Mitteilung. Dieses Vorgehen wählten in der Folge auch [vertraulich] und [vertraulich].

6        Im Laufe der Untersuchung richtete die Kommission u. a. an die Klägerinnen mehrere Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den [Art. 101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).

7        Am 20. November 2014 leitete die Kommission gegen die Klägerinnen und die juristischen Personen der oben in Rn. 2 genannten Unternehmen das Verfahren nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie allen diesen Personen einschließlich der Klägerinnen zustellte.

8        Nach der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhielten die Adressaten Einsicht in die Untersuchungsakten der Kommission.

9        Im [vertraulich] nahmen die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte informell Kontakt mit der Kommission auf und ersuchten sie, die Sache im Rahmen eines Vergleichsverfahrens nach Art. 10a der Verordnung Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Art. [101 und 102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) weiterzuverfolgen. Die Kommission beschloss, ein Vergleichsverfahren einzuleiten, nachdem jeder Adressat der Mitteilung der Beschwerdepunkte seine Bereitschaft zur Teilnahme an Vergleichsgesprächen bestätigt hatte.

10      Von [vertraulich] bis [vertraulich] fanden Vergleichsgespräche zwischen jedem Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der Kommission statt. Im Anschluss an diese Gespräche stellten einige der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte bei der Kommission jeweils einen förmlichen Antrag auf einen Vergleich nach Art. 10a Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 (im Folgenden: Vergleichsparteien). Die Klägerinnen stellten keinen solchen Antrag.

11      Am 19. Juli 2016 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 7 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens den an die Vergleichsparteien gerichteten Beschluss C(2016) 4673 final (Sache AT.39824 – Lkw) (im Folgenden: Vergleichsbeschluss).

12      Da die Klägerinnen beschlossen hatten, keinen förmlichen Vergleichsantrag zu stellen, setzte die Kommission die gegen sie gerichtete Untersuchung im Rahmen des normalen (nicht auf einen Vergleich gerichteten) Verfahrens fort.

13      Am 23. September 2016 legten die Klägerinnen, nachdem ihnen Akteneinsicht gewährt worden war, ihre schriftliche Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vor.

14      Am 18. Oktober 2016 nahmen die Klägerinnen an einer Anhörung teil.

15      Am 7. April 2017 übermittelte die Kommission an Scania AB ein Tatbestandsschreiben nach Rn. 111 ihrer Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Art. 101 und 102 [AEUV] (ABl. 2011, C 308, S. 6). Am 23. Juni 2017 übermittelte die Kommission dieses Tatbestandsschreiben auch an Scania CV AB und an Scania DE.

16      Am 12. Mai 2017 übermittelte Scania AB der Kommission ihre schriftliche Stellungnahme zu den Beweisen im Anhang des Tatbestandsschreibens, die auch den Standpunkt von Scania CV AB und von Scania DE widerspiegelte.

17      Am 27. September 2017 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss.

B.      Angefochtener Beschluss

1.      Struktur des Lkw-Marktes und Preisfestsetzungsmechanismus in der LkwIndustrie

18      Die Kommission begann den angefochtenen Beschluss in den Erwägungsgründen 22 bis 50 mit einer Darstellung der Struktur des Lkw-Marktes und des Preisfestsetzungsmechanismus in der Lkw‑Industrie, auch in Bezug auf Scania.

a)      Struktur des Lkw-Marktes

19      Zur Struktur des Lkw-Marktes führt die Kommission aus, dass diese durch ein hohes Maß an Transparenz und Konzentration gekennzeichnet sei, wobei die Parteien mehrmals im Jahr die Gelegenheit hätten, zusammenzukommen und die Marktlage zu erörtern. Nach Ansicht der Kommission konnten sich die Parteien durch den gesamten Austausch ein klares Bild von ihrer jeweiligen Wettbewerbssituation machen (Erwägungsgründe 22 und 23 des angefochtenen Beschlusses).

20      Die Kommission weist auch darauf hin, dass die Parteien, einschließlich Scania, auf den wichtigen nationalen Märkten über Tochtergesellschaften verfügten, die als Vertreiber ihrer Waren aufträten. Diese nationalen Vertreiber verfügten über ihr eigenes Händlernetz (25. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellt fest, dass Scania ihre Lkw über nationale Vertreiber verkaufe, die in allen EWR-Staaten mit Ausnahme von [vertraulich] hundertprozentige Tochtergesellschaften von Scania seien. Die nationalen Vertreiber von Scania verkauften die vom Unternehmenssitz erworbenen Lkw an Händler, die entweder hundertprozentige Tochtergesellschaften oder unabhängige Unternehmen seien. Die Kommission weist darauf hin, dass Scania in Deutschland über [vertraulich] Händler verfüge, die hundertprozentige Tochtergesellschaften seien (26. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

b)      Preisfestsetzungsmechanismus in der LkwIndustrie

21      Zum Preisfestsetzungsmechanismus in der Lkw‑Industrie stellt die Kommission fest, dass dieser bei allen Parteien die gleichen Stufen umfasse und im Allgemeinen auf einer ersten Stufe mit der Erstellung einer ersten Bruttopreisliste durch den Unternehmenssitz beginne. Zudem würden auf einer zweiten Stufe für den Verkauf der Lkw auf den verschiedenen nationalen Märkten Verrechnungspreise zwischen dem Unternehmenssitz der Hersteller und den nationalen Vertreibern, die unabhängige Unternehmen oder hundertprozentige Tochterunternehmen des Unternehmenssitzes seien, festgesetzt. Darüber hinaus würden auf einer dritten Stufe die von den Händlern an die Vertreiber gezahlten Preise und auf einer vierten Stufe der von den Verbrauchern gezahlte Nettoendpreis festgesetzt, der von den Händlern oder den Herstellern selbst ausgehandelt werde, wenn sie unmittelbar an Händler oder wichtige Kunden verkauften (38. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

22      Die Kommission stellt fest, dass zwar der von den Verbrauchern gezahlte Nettoendpreis variieren könne (beispielsweise aufgrund der Anwendung unterschiedlicher Rabatte auf verschiedenen Ebenen der Vertriebskette), dass sich jedoch auf allen Stufen der Vertriebskette alle anwendbaren Preise unmittelbar (im Fall von Verrechnungspreisen zwischen dem Unternehmenssitz und dem Vertreiber) oder mittelbar (im Fall des vom Händler an den Vertreiber gezahlten Preises oder im Fall des vom Endkunden gezahlten Preises) aus dem ersten Bruttopreis ergäben. Somit zeigt sich nach Ansicht der Kommission, dass die vom Unternehmenssitz zuerst erstellten Bruttopreislisten einen gemeinsamen und grundlegenden Bestandteil der Preisberechnungen darstellten, die auf jede Stufe der nationalen Vertriebsketten in ganz Europa anwendbar seien (38. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission führt weiter aus, dass alle Parteien mit Ausnahme von [vertraulich] von 2000 bis 2006 Bruttopreislisten mit für den ganzen EWR harmonisierten Bruttopreisen erstellt hätten (40. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

c)      Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania

23      In den Erwägungsgründen 41 bis 50 des angefochtenen Beschlusses beschreibt die Kommission den Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania und die an dieser Festsetzung beteiligten Akteure.

24      Gemäß dieser Beschreibung erstellt der Unternehmenssitz von Scania die Liste der Bruttopreise ab Fabrik (Factory Gross Price List; im Folgenden: FGPL) für alle verfügbaren Komponenten eines Lkw (44. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). [vertraulich].

25      Jeder nationale Vertreiber von Scania (beispielsweise Scania DE) handle mit dem Unternehmenssitz von Scania auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten FGPL einen „Nettopreis für den Vertreiber“ aus (den Preis, den der Vertreiber für jede Komponente an den Unternehmenssitz zahle). Der Nettopreis für den Vertreiber sei in einem Dokument mit der Bezeichnung „RPU“ angeführt, das die Differenz zwischen dem FGPL und dem Nettopreis für den Vertreiber im Hinblick auf Rabatte ausweise. Die dem Vertreiber gewährten Rabatte würden von [vertraulich] am Unternehmenssitz von Scania festgesetzt, jedoch auch im Preisausschuss diskutiert. Die endgültige Entscheidung über den Nettopreis für den Vertreiber von Scania treffe [vertraulich] (45. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

26      Zudem übermittle der nationale Vertreiber von Scania den Scania-Händlern in seinem Gebiet seine eigenen Bruttopreislisten (bestehend aus dem Nettopreis für den Vertreiber zuzüglich Gewinnspanne) für die verschiedenen verfügbaren Komponenten eines Lkw (46. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

27      Der Scania-Händler handle mit dem Vertreiber einen „Nettopreis für den Händler“ aus, der auf der Bruttopreisliste des Vertreibers abzüglich eines erheblichen Preisnachlasses für den Händler beruhe (47. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

28      [vertraulich].

29      Die Kunden, die die Lkw bei den Scania-Händlern kauften, zahlten den „Kundenpreis“. Der „Kundenpreis“ bestehe aus dem Nettopreis für den Händler zuzüglich Gewinnspanne des Händlers und möglicher Kosten aufgrund einer Individualisierung des Lkw und abzüglich der dem Kunden angebotenen Rabatte und Sonderaktionen (48. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellt fest, dass die Änderung des Preises auf irgendeiner Stufe der Vertriebskette einen begrenzten Einfluss oder gar keine Auswirkungen auf den von Verbraucher gezahlten Endpreis habe (48. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

30      Die Kommission stellt fest, dass die FGPL weltweit gelte, während der Nettopreis für den Vertreiber und der Bruttolistenpreis des Vertreibers auf das Gebiet anwendbar seien, in dem der Vertreiber tätig sei. Ebenso gelte der vom Händler ausgehandelte Preis in dem Gebiet, in dem der Händler tätig sei (49. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

31      Der 50. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthält eine Grafik der verschiedenen Stufen des Preisbildungsmechanismus bei Scania, wie oben in den Rn. 24 bis 29 beschrieben. Diese Grafik wurde von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgelegt und stellt sich wie folgt dar:

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d)      Auswirkungen von Preiserhöhungen auf europäischer Ebene auf die Preise auf nationaler Ebene

32      In den Erwägungsgründen 51 und 52 des angefochtenen Beschlusses prüft die Kommission die Auswirkungen von Preiserhöhungen auf europäischer Ebene auf die Preise auf nationaler Ebene. Insoweit stellt die Kommission fest, dass die nationalen Vertreiber der Hersteller, wie Scania DE, bei der Festlegung der Bruttopreise und der Erstellung der Bruttopreislisten nicht unabhängig seien und dass alle auf jeder Stufe der Vertriebskette bis zum Endverbraucher angewandten Preise auf den gesamteuropäischen Bruttopreislisten beruhten, die auf der Ebene des Unternehmenssitzes festgelegt würden (51. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

33      Daraus folgt nach Ansicht der Kommission, dass eine auf Ebene des Unternehmenssitzes beschlossene Erhöhung der Preise auf der gesamteuropäischen Bruttopreisliste die Entwicklung des „Nettopreises für den Vertreiber“, d. h. des Preises, den der Vertreiber an den Unternehmenssitz für den Kauf eines Lkw bezahle, bestimme. Folglich beeinflusse die Erhöhung der genannten Bruttopreise durch den Unternehmenssitz auch das Bruttopreisniveau des Vertreibers, nämlich den Preis, den der Händler an den Vertreiber zahle, auch wenn der Preis des Endverbrauchers nicht notwendigerweise im gleichen Verhältnis oder gar nicht geändert werde (52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

2.      Kollusive Kontakte zwischen Scania und den Vergleichsparteien

34      Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass Scania an kollusiven Treffen und Kontakten mit den Vergleichsparteien in verschiedenen Foren und auf verschiedenen Ebenen teilgenommen habe, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hätten, während die teilnehmenden Unternehmen, die Ziele und die betroffenen Waren gleich geblieben seien (75. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

35      Von der Kommission wurden drei Ebenen von kollusiven Kontakten ermittelt.

36      Erstens stellt die Kommission fest, dass in den ersten Jahren der Zuwiderhandlung die Führungskräfte der Kartellteilnehmer ihre Preisabsichten, zukünftige Bruttopreiserhöhungen, manchmal auch die Entwicklung der Nettoverbraucherpreise diskutiert hätten und sich manchmal auf die Erhöhung ihrer Bruttopreise verständigt hätten. Im angefochtenen Beschluss bezeichnete die Kommission diese Ebene der kollusiven Kontakte als „Führungsebene“ (Top-Management). Die Kommission fügte hinzu, dass sich die Kartellteilnehmer bei Treffen auf Führungsebene außerdem über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von mit den Euro-3- bis Euro-5-Normen konformen Lkw-Modellen geeinigt hätten und dass bei einigen Gelegenheiten vereinbart worden sei, die betreffenden Technologien nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt einzuführen (75. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte fest, dass die Treffen auf Führungsebene von 1997 bis 2004 stattgefunden hätten (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses).

37      Zweitens stellte die Kommission fest, dass während eines begrenzten Zeitraums und parallel zu den Treffen auf Führungsebene mittlere Führungskräfte in den Unternehmenssitzen der Kartellteilnehmer Gespräche geführt hätten, die neben dem Austausch technischer Informationen auch einen Austausch über Preise und Bruttopreiserhöhungen umfasst hätten. Im angefochtenen Beschluss bezeichnete die Kommission diese Ebene der kollusiven Kontakte als „untere Ebene des Unternehmenssitzes“ (lower headquarters level) (75. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte fest, dass die Treffen auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes von 2000 bis 2008 stattgefunden hätten (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses).

38      Drittens stellte die Kommission fest, dass die Kartellteilnehmer nach der Einführung des Euro und der Einführung von Bruttolistenpreisen auf europäischer Ebene durch gleichsam alle Lkw-Hersteller die systematische Koordinierung ihrer künftigen Preisabsichten über ihre deutschen Tochtergesellschaften fortgesetzt hätten. Im angefochtenen Beschluss bezeichnete die Kommission diese Ebene der kollusiven Kontakte als „deutsche Ebene“ (German level meetings). Die Kommission führte zudem aus, dass die Vertreter der deutschen Tochtergesellschaften ebenso wie die Kontakte in den ersten Jahren des Kartells künftige Erhöhungen der Bruttopreise sowie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung der aufgrund der Euro-5- und Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw besprochen hätten. Sie hätten auch andere sensible wirtschaftliche Informationen ausgetauscht (76. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte fest, dass die Treffen auf deutscher Ebene ab 2004 stattgefunden hätten (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses).

3.      Anwendung von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens

a)      Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen

39      Nach Ansicht der Kommission belegten die schriftlichen Beweise in den Akten, dass es bei den genannten Kontakten um Folgendes gegangen sei:

–        die von den Kartellbeteiligten geplanten Änderungen der Bruttopreise, der Bruttopreisliste, des Zeitplans für diese Änderungen sowie gelegentlich um einen Austausch über geplante Änderungen der Nettopreise oder über Änderungen der Kundenrabatte (Erwägungsgrund 212 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses);

–        den Zeitpunkt der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, sowie die Weitergabe der Kosten der Einführung dieser Technologien (Erwägungsgrund 212 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses).

–        den Austausch sonstiger wettbewerbsrelevanter Informationen, wie Informationen über Zielmarktanteile, aktuelle Nettopreise und Rabatte, Bruttolistenpreisen (auch vor deren Inkrafttreten), Lkw-Konfiguratoren, Bestellungen und Lagerbestände (Erwägungsgrund 212 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses).

40      Die Kommission stellte fest, dass die Parteien multilaterale Kontakte auf verschiedenen Ebenen gehabt hätten und dass sie bisweilen gemeinsame Kontakte und Treffen auf verschiedenen Ebenen gehabt hätten. Diese Kontakte seien durch ihren Inhalt, ihren Zeitpunkt, durch offene Bezugnahmen aufeinander und durch die gegenseitige Übermittlung der erhaltenen Informationen miteinander verknüpft gewesen (213. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

41      Die Kommission vertrat die Auffassung, dass diese Tätigkeiten eine Form der Koordinierung und Zusammenarbeit dargestellt hätten, mit der die Parteien bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs hätten treten lassen. Nach Ansicht der Kommission erfolgte das in Rede stehende Verhalten in Form einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise, bei der die konkurrierenden Unternehmen die Geschäftspolitik, die sie auf dem Markt zu betreiben beabsichtigt hätten, nicht eigenständig bestimmt hätten, sondern stattdessen ihr Preisverhalten durch unmittelbare Kontakte koordiniert und die Einführung der Technologien koordiniert verzögert hätten (214. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die systematische Beteiligung an kollusiven Kontakten habe ein Klima gegenseitiger Verständigung über die Preispolitik der Parteien geschaffen (215. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

42      Die Kommission stellte fest, dass Scania während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung regelmäßig an den verschiedenen Formen der Absprachen beteiligt gewesen sei, und kam zu dem Schluss, dass die Zuwiderhandlung, an der Scania beteiligt gewesen sei, in Form einer Vereinbarung und/oder abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens erfolgt sei (229. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

b)      Beschränkung des Wettbewerbs

43      Die Kommission stellte fest, dass das wettbewerbswidrige Verhalten im vorliegenden Fall die Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt habe (236. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

44      Nach Ansicht der Kommission bestand der Hauptaspekt aller Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die als Beschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden könnten, in der Koordinierung von Preisen und Bruttopreiserhöhungen im Rahmen von Preiskontakten, der Koordinierung des Zeitpunkts und der zusätzlichen Kosten aufgrund der Markteinführung neuer, den Abgasnormen entsprechender Lkw und dem Austausch sensibler Wettbewerbsinformationen (237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

45      Die Kommission stellte fest, dass Scania an den oben in Rn. 39 beschriebenen kollusiven Kontakten beteiligt gewesen sei und dass sämtliche Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, an denen sie beteiligt gewesen sei, eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 AEUV bezweckt hätten (Erwägungsgründe 238 und 239 des angefochtenen Beschlusses).

c)      Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

46      Die Kommission vertrat die Ansicht, dass die Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen Scania und den Vergleichsparteien eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV sowie gegen Art. 53 des EWR-Abkommens im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 dargestellt hätten. Die Zuwiderhandlung habe in einer Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen im EWR für mittlere und schwere Lkw sowie hinsichtlich des Zeitplans und der Weitergabe der Kosten der Einführung von aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw bestanden (315. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

47      Im Einzelnen vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Parteien über wettbewerbswidrige Kontakte einen gemeinsamen Plan mit einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel verfolgt hätten und dass Scania von der allgemeinen Reichweite und den wesentlichen Merkmalen des Netzes kollusiver Kontakte Kenntnis gehabt habe oder hätte haben müssen und die Absicht gehabt habe, durch ihre Handlungen zum Kartell beizutragen (316. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

48      Die Kommission stellte fest, dass das einheitliche wettbewerbswidrige Ziel in der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR bestanden habe. Dieses Ziel sei durch Praktiken zur Verringerung der strategischen Ungewissheit zwischen den Parteien hinsichtlich der künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie des Zeitplans und der Weitergabe der Kosten der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw erreicht worden (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

d)      Geografischer Umfang der Zuwiderhandlung

49      Die Kommission vertrat die Ansicht, dass sich der geografische Umfang der Zuwiderhandlung während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung auf den gesamten EWR erstreckt habe (386. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

4.      Adressaten

50      Erstens richtete die Kommission den angefochtenen Beschluss an die Scania CV AB und an Scania DE, die sie in den folgenden Zeiträumen als unmittelbar für die Zuwiderhandlung verantwortlich erachtete:

–        was die Scania CV AB betrifft, für den Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 27. Februar 2009;

–        was Scania DE betrifft, für den Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011 (410. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

51      Zweitens stellte die Kommission auch fest, dass Scania AB im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile an der Scania CV AB gehalten habe, die ihrerseits unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile an Scania DE gehalten habe (411. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Folglich führte die Kommission aus, dass sie den angefochtenen Beschluss auch an die folgenden juristischen Personen richte, die als Muttergesellschaften gesamtschuldnerisch hafteten:

–        an die Scania AB, die zum einen im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 27. Februar 2009 für das Verhalten der Scania CV AB und zum anderen im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011 für das Verhalten von Scania DE hafte;

–        an die Scania CV AB als Verantwortliche für das Verhalten von Scania DE im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011 (412. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

52      Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die Adressaten des angefochtenen Beschlusses die juristischen Personen Scania AB, Scania CV AB und Scania DE seien (413. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

5.      Berechnung der Geldbuße

53      Die Kommission wandte im vorliegenden Fall die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen) an.

a)      Grundbetrag der Geldbuße

54      Was als Erstes den Wert der verkauften Waren betrifft, so wurde er auf der Grundlage der Verkäufe von schweren Lkw durch die Klägerinnen im EWR (angepasst, um der Entwicklung im Gebiet des EWR Rechnung zu tragen) im Jahr 2010 – dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung – berechnet (Erwägungsgründe 429 bis 431 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission berechnete, dass dieser Wert dem Betrag von [vertraulich] Euro entspreche.

55      Die Kommission vertrat die Auffassung, dass angesichts des Ausmaßes des Umsatzes der Klägerinnen die Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 zugrunde liegenden Ziele der Abschreckung und Verhältnismäßigkeit erreicht werden könnten, ohne auf den Gesamtwert der Verkäufe schwerer Lkw durch die Klägerinnen im Jahr 2010 zurückzugreifen. Folglich beschloss die Kommission in Anwendung von Ziff. 37 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, nur einen Teil des Gesamtumsatzes für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehen, nämlich den Betrag von [vertraulich] Euro (Erwägungsgründe 432 und 433 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission wies darauf hin, dass der Prozentsatz des Umsatzes, den sie bei Scania zugrunde gelegt habe, dem Wert entspreche, den sie im Vergleichsbeschluss bei den Vergleichsparteien zugrunde gelegt habe (Erwägungsgrund 432 in fine des angefochtenen Beschlusses).

56      Was als Zweites die Schwere der Zuwiderhandlung betrifft, so vertrat die Kommission die Auffassung, dass der im vorliegenden Fall verwendete Schwerekoeffizient (nämlich der Prozentsatz des zugrunde gelegten Umsatzes) 17 % betrage und begründete dies erstens mit der Tatsache, dass die Vereinbarungen über die Koordinierung von Preisen ihrem Wesen nach zu den schwersten Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens zählten, zweitens mit dem Umstand, dass sich das Kartell auf den ganzen EWR erstreckt habe, und drittens mit dem hohen kumulierten Marktanteil der am Kartell beteiligten Unternehmen (der über 90 % gelegen sei) (Erwägungsgründe 434 bis 437 des angefochtenen Beschlusses).

57      Als Drittes multiplizierte die Kommission unter Berücksichtigung der Dauer der Teilnahme von Scania an der Zuwiderhandlung den sich aus Rn. 56 oben ergebenden Betrag mit 14, wobei diese Zahl der Anzahl der Jahre dieser Teilnahme entsprach (Erwägungsgründe 438 und 439 des angefochtenen Beschlusses).

58      Als Viertes erhöhte die Kommission gemäß Ziff. 25 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen den Grundbetrag um einen Zusatzbetrag (Eintrittsgebühr), der sich auf 17 % des zugrunde gelegten Umsatzes belief (Erwägungsgründe 440 und 441 des angefochtenen Beschlusses).

59      Auf der Grundlage dieser Berechnungen kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass sich der Grundbetrag der Geldbuße auf 880 523 000 Euro belaufe (442. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

b)      Endbetrag der Geldbuße

60      Die Kommission vertrat die Ansicht, dass im vorliegenden Fall keine erschwerenden oder mildernden Umstände vorlägen, die den Grundbetrag der gegen Scania verhängten Geldbuße ändern könnten (444. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Daher kam sie zu dem Ergebnis, dass sich der Endbetrag auf 880 523 000 Euro belaufe und dass dieser Betrag die rechtliche Obergrenze von 10 % des Umsatzes von Scania nicht übersteige (Erwägungsgründe 445 bis 447 des angefochtenen Beschlusses).

6.      Verfügender Teil des angefochtenen Beschlusses

61      Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses lautet:

Artikel 1

Die folgenden juristischen Personen von Scania haben dadurch, dass sie sich über Preise und Bruttopreiserhöhungen im EWR für mittlere und schwere Lkw sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung der aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw abgestimmt haben, in den folgenden Zeiträumen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen:

a)      die Scania AB (publ) im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011;

b)      die Scania CV AB (publ) im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011;

c)      [Scania DE] im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011.

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden die folgenden Geldbußen verhängt:

gegen die Scania AB (publ) und die Scania CV AB (publ) als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße in Höhe von 880 523 000 Euro, für die [Scania DE] in Höhe von 440 003 282 Euro gesamtschuldnerisch haftet.

…“

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

62      Mit Klageschrift, die am 11. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

63      Mit Schreiben vom 20. Februar 2019 hat die Kanzlei des Gerichts den Parteien den Abschluss des schriftlichen Verfahrens bekannt gegeben.

64      Mit Schriftsatz, der am 11. März 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Die Kommission hat sich innerhalb der gesetzten Frist nicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung geäußert.

65      Im Zuge der Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts ist der Berichterstatter der Zehnten Kammer zugeteilt worden, der daher die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist.

66      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Zehnte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

67      Auf Vorschlag der Zehnten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

68      Im Zusammenhang mit der COVID-19-Gesundheitskrise ist die für den 2. April 2020 vorgesehene mündliche Verhandlung verschoben worden.

69      Da ein Mitglied der Zehnten erweiterten Kammer an der Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts den Vizepräsidenten des Gerichts dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen und damit die Funktion des Präsidenten dieser Kammer wahrzunehmen.

70      Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 haben die Klägerinnen auf der Grundlage von Art. 66 der Verfahrensordnung beantragt, bestimmte im Sitzungsbericht enthaltene Angaben gegenüber der Öffentlichkeit wegzulassen. Mit Schreiben vom selben Tag hat die Kommission auf derselben Grundlage beantragt, bestimmte insbesondere im Sitzungsbericht und in dem das Verfahren beendenden Urteil enthaltene Angaben gegenüber der Öffentlichkeit wegzulassen.

71      Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 hat die Kommission auf der Grundlage von Art. 109 Abs. 2 der Verfahrensordnung beantragt, die Öffentlichkeit bei der mündlichen Verhandlung auszuschließen. Die Klägerinnen haben ihre Stellungnahme zu diesem Antrag am 9. Juni 2020 eingereicht.

72      Am 12. Juni 2020 hat das Gericht beschlossen, die Öffentlichkeit bei der mündlichen Verhandlung auszuschließen.

73      Die Parteien haben in der Sitzung vom 18. Juni 2020 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

74      In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Parteien darauf hingewiesen, dass es die Prüfung bestimmter im angefochtenen Beschluss genannter Dokumente für die Entscheidung des Rechtsstreits als erforderlich erachte.

75      Nachdem die Kommission in einem Schreiben vom 23. Juni 2020 Klarstellungen zum Inhalt und zur rechtlichen Regelung der oben in Rn. 74 genannten Dokumente gemacht hatte, hat das Gericht mit Beschluss vom 14. Juli 2020 eine Beweiserhebung angeordnet und eine prozessleitende Maßnahme erlassen, mit der die Kommission aufgefordert wurde, diese Dokumente vorzulegen. Die Kommission ist der Aufforderung des Gerichts fristgerecht nachgekommen.

76      Am 26. Oktober 2020 ist das mündliche Verfahren abgeschlossen worden.

77      Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären, und die gegen sie verhängte Geldbuße gemäß Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 herabzusetzen;

–        die Beurteilung der Kommission hinsichtlich der Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße durch die Beurteilung des Gerichts zu ersetzen und die Geldbuße gemäß Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

78      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Weglassen bestimmter Angaben gegenüber der Öffentlichkeit

79      Die Kommission hat in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2020 (vgl. Rn. 70 oben) u. a. beantragt, bestimmte Angaben gegenüber der Öffentlichkeit wegzulassen, deren Weglassen in der nicht vertraulichen Fassung des angefochtenen Beschlusses die Vergleichsparteien bei ihr beantragt hatten. Die Kommission hat dem Gericht mitgeteilt, dass die Vergleichsparteien, was die letztgenannten Anträge betrifft, auf der Grundlage von Art. 8 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. 2011, L 275, S. 29) den Anhörungsbeauftragten angerufen hätten, und dass der Anhörungsbeauftragte zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die oben genannten Anträge der Vergleichsparteien entschieden habe.

80      Das Gericht muss im Rahmen der Anwendung von Art. 66 der Verfahrensordnung den Grundsatz der Bekanntmachung von Gerichtsentscheidungen mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf Schutz des Berufsgeheimnisses miteinander in Einklang bringen und dabei auch das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Gerichtsentscheidungen nach den Grundsätzen des Art. 15 AEUV berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 5. Oktober 2020, Broughton/Eurojust, T‑87/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:464, Rn. 49).

81      Um diese Grundsätze miteinander in Einklang zu bringen, hat das Gericht im vorliegenden Fall beschlossen, in der nicht vertraulichen Fassung des vorliegenden Urteils die Namen der natürlichen Personen zu anonymisieren und die Bezeichnungen anderer juristischer Personen als der Klägerinnen unkenntlich zu machen. Es hat auch beschlossen, bestimmte Angaben, die insbesondere den Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania und die Berechnung der gegen sie verhängten Geldbuße betreffen, deren Unkenntlichmachung das Verständnis der nicht vertraulichen Fassung des Urteils nicht berührt, unkenntlich zu machen.

82      Dagegen hat das Gericht beschlossen, die Angaben, um die es in den an die Kommission gerichteten Anträgen der Vergleichsparteien geht, in der nicht vertraulichen Fassung des Urteils nicht unkenntlich zu machen (vgl. Rn. 79 oben). Einige dieser Angaben können aus dem Inhalt der auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission veröffentlichten Dokumente abgeleitet werden und sind daher öffentlich zugänglich. Manch andere Angaben stellen lediglich rechtliche Qualifizierungen des Verhaltens der Vergleichsparteien und von Scania dar oder liefern tatsächliche Erläuterungen zu diesem Verhalten. Die Unkenntlichmachung dieser Angaben würde das Verständnis dieses Urteils des Gerichts durch die Öffentlichkeit beeinträchtigen.

83      Der von der Kommission ins Treffen geführte Umstand, dass der Anhörungsbeauftragte über die Anträge der Vergleichsparteien noch nicht entschieden hat, berührt die Beurteilung durch das Gericht nicht. Die Beurteilung des Anhörungsbeauftragten zielt auf die Erstellung der nicht vertraulichen Fassung des angefochtenen Beschlusses ab, während die vom Gericht im Rahmen von Art. 66 der Verfahrensordnung vorgenommene Beurteilung die Erstellung der nicht vertraulichen Fassung des Urteils betrifft. Diese beiden Beurteilungen haben also unterschiedliche Ziele, und daher muss das Gericht unabhängig vom Gang des Verfahrens vor dem Anhörungsbeauftragten vorgehen.

B.      Begründetheit

84      Zur Stützung ihrer Klage machen die Klägerinnen neun Klagegründe geltend.

85      Im Rahmen des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen eine Verletzung der Verteidigungsrechte, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Unschuldsvermutung geltend, die sich insbesondere aus dem Erlass des Vergleichsbeschlusses vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses ergebe. Im Rahmen des zweiten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 48 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt wird, werfen die Klägerinnen der Kommission im Wesentlichen vor, ihnen die Einsicht in sämtliche Erwiderungen von [vertraulich] und von [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verweigert zu haben.

86      Der dritte, der vierte, der fünfte, der sechste und der siebte Klagegrund, mit denen u. a. eine fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens gerügt wird, richten sich im Wesentlichen gegen die Feststellung der Kommission, dass im vorliegenden Fall eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliege, und gegen deren Zurechnung an Scania.

87      Im Rahmen des achten Klagegrundes, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens sowie von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt wird, werfen die Klägerinnen der Kommission vor, gegen sie eine Geldbuße wegen eines verjährten Verhaltens verhängt zu haben, und jedenfalls die Tatsache nicht berücksichtigt zu haben, dass dieses Verhalten nicht fortgesetzt worden sei.

88      Mit dem neunten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in Bezug auf die Höhe der Geldbuße gerügt. Auf der Grundlage dieses Klagegrundes beantragen die Klägerinnen außerdem hilfsweise, das Gericht möge die Geldbuße nach Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 herabsetzen.

1.      Erster Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Unschuldsvermutung

89      Zur Stützung des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, der Vergleichsbeschluss und der angefochtene Beschluss, die auf der Grundlage derselben Beanstandungen erlassen worden seien, die in der sowohl an die Vergleichsparteien als auch an die Klägerinnen gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte erhoben worden seien, beträfen dasselbe mutmaßliche Kartell und stützten sich jeweils auf dieselben Tatsachen und Beweise.

90      Ausgehend von dieser Prämisse machen die Klägerinnen erstens geltend, der angefochtene Beschluss sei unter Verstoß gegen ihre in Art. 48 Abs. 2 der Charta und in Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verankerten Verteidigungsrechte erlassen worden, da die Kommission im Vergleichsbeschluss eine rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts vorgenommen und das Verhalten, an dem Scania beteiligt gewesen sei, als Zuwiderhandlung eingestuft habe, bevor sie die Möglichkeit gehabt habe, ihre Verteidigungsrechte wirksam auszuüben.

91      Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, eine sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung durchzuführen, die sich aus dem in Art. 41 Abs. 1 der Charta verankerten Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ergebe, da sie den Vergleichsbeschluss vor dem angefochtenen Beschluss erlassen habe und nicht mehr in der Lage gewesen sei, unparteiisch zu handeln und die von Scania im Rahmen des Verfahrens, in dem der angefochtene Beschluss erlassen worden sei, vorgebrachten Beweise und Argumente objektiv zu bewerten.

92      Die Klägerinnen fügen hinzu, dass der damit begangene Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 der Charta unter diesen Umständen auch nicht dadurch geheilt werden könne, dass das Gericht die Beweise, auf die sich die Kommission stütze und die in ihrer Akte enthalten seien, vollständig prüfe.

93      Drittens machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen die Unschuldsvermutung, deren Beachtung durch Art. 48 Abs. 1 der Charta gewährleistet sei. Im Speziellen machen sie geltend, der Vergleichsbeschluss lege den endgültigen Standpunkt der Kommission in Bezug auf denselben Sachverhalt wie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte beschriebenen fest und gelange zu dem Ergebnis, dass dieser Sachverhalt, an dessen Verwirklichung auch Scania beteiligt gewesen sein soll, eine Zuwiderhandlung darstelle. Diese Erklärung gehe über einen bloßen Hinweis auf eine mögliche Verantwortung von Scania hinaus und stelle daher eine Verletzung des Rechts auf Unschuldsvermutung dar, das Scania bis zu dem von der Kommission zu erbringenden Beweis des Gegenteils zugutekommen müsse.

94      Die Annahme, dass der Verstoß gegen die Unschuldsvermutung unerheblich sei, solange er die Kommission nicht dazu veranlasse, einen „schlechten“ Beschluss zu erlassen, nämlich einen Beschluss, in dem die Feststellung der Zuwiderhandlung nicht ordnungsgemäß durch Beweise untermauert werde, laufe in der Praxis darauf hinaus, dass diese Vermutung ihres Inhalts oder ihres Zwecks beraubt werde, da die klagende Partei, wenn sie nachweisen könne, dass der Beschluss fehlerhaft sei, keine Beeinträchtigung eines fairen Verfahrens geltend zu machen brauche.

95      Die Klägerinnen kommen zu dem Ergebnis, die Kommission habe den angefochtenen Beschluss gegen Scania, weil der Vergleichsbeschluss vor dem angefochtenen Beschluss erlassen worden sei, nicht völlig unvoreingenommen und ohne eine nicht wiedergutzumachende Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Unschuldsvermutung erlassen können.

96      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen und beantragt, den ersten Klagegrund zurückzuweisen.

97      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen, wie sie in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichts bestätigt haben, im Rahmen des ersten Klagegrundes den „hybriden“ Charakter des Verfahrens vor der Kommission beanstanden, der unter den Umständen des vorliegenden Verfahrens zu den behaupteten Verstößen geführt habe, nämlich zur Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung, der Pflicht zur Unparteilichkeit und der Verteidigungsrechte von Scania, die sich aus dem Vergleichsverfahren zurückgezogen habe. Insbesondere die Tatsache, dass der Vergleichsbeschluss vor dem angefochtenen Beschluss erlassen worden sei, verschärfe diese Verstöße.

98      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 10a („Vergleichsverfahren in Kartellfällen“) der Verordnung Nr. 773/2004 Folgendes vorsieht:

„(1)      Nach Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung … Nr. 1/2003 kann die Kommission eine Frist setzen, innerhalb der die Parteien schriftlich ihre Bereitschaft signalisieren können, Vergleichsgespräche im Hinblick auf die mögliche Vorlage von Vergleichsausführungen aufzunehmen. Die Kommission ist nicht verpflichtet, nach Ablauf dieser Frist eingegangene Antworten zu berücksichtigen.

(2)      Die Kommission kann den Parteien, die an Vergleichsgesprächen teilnehmen, Folgendes offenlegen:

a)      die gegen sie erwogenen Beschwerdepunkte;

b)      die Beweise, anhand derer die erwogenen Beschwerdepunkte festgestellt wurden;

c)      nicht vertrauliche Fassungen sämtlicher in der Akte des Falles aufgeführter Unterlagen, sofern die Partei dies beantragt, damit sie ihre Position bezüglich eines Zeitraums oder anderer Gesichtspunkte des Kartells ermitteln kann, und

d)      die Höhe etwaiger Geldbußen.

Bei Fortschritten in den Vergleichsgesprächen kann die Kommission eine Frist setzen, innerhalb der sich die Parteien verpflichten können, das Vergleichsverfahren durch die Vorlage von Vergleichsausführungen anzunehmen, in denen die Ergebnisse der Vergleichsgespräche wiedergegeben und ihre Teilnahme an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel [101 AEUV] einschließlich ihrer Haftbarkeit anerkannt wird. Die betreffenden Parteien haben Anspruch darauf, dass ihnen die in Unterabsatz 1 genannten Informationen auf Antrag rechtzeitig, bevor die Kommission eine Frist für die Vorlage von Vergleichsausführungen setzt, offengelegt werden. Die Kommission ist nicht verpflichtet, nach Ablauf dieser Frist eingegangene Vergleichsausführungen zu berücksichtigen.

(3)      Wurde der Inhalt der Vergleichsausführungen in der den Parteien zugestellten Mitteilung der Beschwerdepunkte wiedergegeben, haben die Parteien in ihrer schriftlichen Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte innerhalb einer von der Kommission gesetzten Frist zu bestätigen, dass die ihnen zugestellte Mitteilung der Beschwerdepunkte den Inhalt ihrer Vergleichsausführungen wiedergibt. Daraufhin kann die Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen gemäß Artikel 14 der Verordnung … Nr. 1/2003 eine Entscheidung gemäß Artikel 7 und Artikel 23 der genannten Verordnung erlassen.

(4)      Die Kommission kann während des Verfahrens jederzeit beschließen, die Vergleichsgespräche in einem bestimmten Fall insgesamt oder mit einer oder mehreren Parteien zu beenden, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass eine Rationalisierung des Verfahrens voraussichtlich nicht erzielt werden kann.“

99      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschrift der Möglichkeit der Kommission, ein „hybrides“ Verfahren im Rahmen der Anwendung von Art. 101 AEUV zu führen, nicht entgegensteht und sie nicht ausschließt.

100    Im Übrigen hat das Gericht bereits anerkannt, dass die Kommission berechtigt ist, auf ein solches „hybrides“ Verfahren zurückzugreifen und gegen Unternehmen, die Vergleichsausführungen vorlegen, ein Vergleichsverfahren zu führen und gleichzeitig gegen Unternehmen, die keine solchen Vergleichsausführungen unterbreiten möchten, das Verfahren gemäß den allgemeinen Vorschriften der Verordnung Nr. 773/2004 anstelle der Bestimmungen betreffend das Vergleichsverfahren durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2015, Timab Industries und CFPR/Kommission, T‑456/10, EU:T:2015:296, Rn. 70, 71 und 104, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 12. Januar 2017, Timab Industries und CFPR/Kommission, C‑411/15 P, EU:C:2017:11, Rn. 119 und 136).

101    Zudem hat das Gericht auch bestätigt, dass die Kommission die Möglichkeit hat, in einem ersten Schritt gegenüber den Parteien, die sich für einen Vergleich entschieden haben, einen Vergleichsbeschluss zu erlassen, und in einem zweiten Schritt gegenüber den Parteien, die sich gegen einen Vergleich entschieden haben, einen Beschluss nach dem ordentlichen Verfahren zu erlassen, jedoch vorausgesetzt, dass sie die Unschuldsvermutung beachtet, insbesondere, wenn es für den Erlass des Vergleichsbeschlusses nicht erforderlich ist, die Verantwortlichkeit der nicht am Vergleich beteiligten Partei zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 265 bis 268, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 10. Juli 2019, Kommission/Icap u. a., C‑39/18 P, EU:C:2019:584).

102    Wie die Kommission geltend macht, würde eine Verzögerung oder ein Abbruch eines Vergleichsverfahrens, weil sich eines der betroffenen Unternehmen, wie im vorliegenden Fall Scania, aus diesem Verfahren zurückgezogen hat, dem mit dem Vergleichsverfahren verfolgten Ziel, eine schnellere und effizienter Bearbeitung des Falles mit den Unternehmen, die sich für einen Vergleich entschieden haben, sicherzustellen, wie es im vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008 zur Änderung der Verordnung Nr. 773/2004 hinsichtlich der Durchführung von Vergleichsverfahren in Kartellfällen (ABl. 2008, L 171, S. 3) dargelegt ist, zuwiderlaufen. Durch die Beachtung dieses Ziels dürfen jedoch die Erfordernisse, die mit der Beachtung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und der Pflicht zur Unparteilichkeit im Zusammenhang stehen, nicht in Frage gestellt werden.

103    Aus den von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Umständen des vorliegenden Falles, nämlich der Tatsache, dass die vollständige Mitteilung der Beschwerdepunkte an alle Parteien gerichtet gewesen sei und dass diese vollständige Einsicht in die Ermittlungsakte erhalten hätten, lässt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht ableiten, dass der Rückgriff der Kommission auf das zeitlich gestaffelte „hybride“ Verfahren diesem Ziel der Schnelligkeit und Wirksamkeit nicht gerecht werden konnte. Dieses Ziel wird auch durch andere Umstände verfolgt, die für ein Vergleichsverfahren spezifisch sind, wie z. B. das eindeutige Anerkenntnis der Haftung der Parteien für die Zuwiderhandlung, die Akzeptanz der begrenzten Ausübung ihres Rechts auf Verteidigung und die Höhe der Geldbußen (vgl. Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Art. 7 und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 in Kartellfällen [ABl. 2008, C 167, S. 1], Ziff. 20 und 21).

104    Folglich stellen entgegen dem wesentlichen Vorbringen der Klägerinnen die „hybriden“ Verfahren im Rahmen der Anwendung von Art. 101 AEUV, in denen der Erlass des Vergleichsbeschlusses und des Beschlusses nach dem ordentlichen Verfahren zeitlich gestaffelt sind, für sich genommen nicht unter allen Umständen einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, die Verteidigungsrechte oder die Pflicht zur Unparteilichkeit dar und haben nicht unweigerlich zur Folge, dass diese Grundsätze und diese Rechte verletzt wurden, wie sich aus der oben in Rn. 100 und 101 angeführten Rechtsprechung ergibt.

105    Daraus folgt, dass die Kommission berechtigt ist, auf ein solches „hybrides“ Verfahren zurückzugreifen, indem sie den Vergleichsbeschluss vor dem angefochtenen Beschluss erlässt, jedoch unter der Voraussetzung, dass die uneingeschränkte Beachtung dieser Grundsätze und Rechte gewährleistet ist.

106    Somit ist zu prüfen, ob die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falles die Unschuldsvermutung und ihre Pflicht zur Unparteilichkeit gegenüber Scania sowie deren Verteidigungsrechte gewahrt hat.

107    Die Klägerinnen stützen ihre Rügen des ersten Klagegrundes hauptsächlich auf die Prämisse, dass der Vergleichsbeschluss und der angefochtene Beschluss auf demselben Sachverhalt und denselben Beweisen beruhten. Sie verweisen insoweit auf die Tatsachen, die sich auf das Verhalten der Vergleichsparteien beziehen, wie die in Abschnitt 3 des Vergleichsbeschlusses dargelegten, die jedoch „notwendigerweise Scania einbeziehen“, so dass der Kreis der Unternehmen, deren Verhalten im Vergleichsbeschluss rechtlich qualifiziert worden sei, nicht auf die Adressaten dieses Beschlusses beschränkt sei, sondern auch Scania einschließe. Die Klägerinnen machen auch geltend, der Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung ergebe sich daraus, dass der Vergleichsbeschluss und der angefochtene Beschluss auf der Grundlage derselben Beanstandungen erlassen worden seien, die in der sowohl an die Vergleichsparteien als auch an die Klägerinnen gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte erhoben worden seien.

108    Was die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung anlangt, so ist in Erinnerung zu rufen, dass es sich bei diesem Grundsatz um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts handelt, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta niedergelegt und in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, anwendbar ist (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 72 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Art. 48 der Charta entspricht Art. 6 Abs. 2 und 3 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), wie den Erläuterungen zur Charta zu entnehmen ist. Folglich ist Art. 6 Abs. 2 und 3 EMRK nach Art. 52 Abs. 3 der Charta bei der Auslegung ihres Art. 48 als Mindestschutzstandard zu berücksichtigen und es ist angezeigt, sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) zu Art. 6 Abs. 2 EMRK zu orientieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. [Unschuldsvermutung], C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 41 und 42). Nach Art. 52 Abs. 3 der Charta haben die in ihr enthaltenen Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der EMRK verliehen werden (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

110    Hierzu ist außerdem festzustellen, dass der EGMR in seinem Urteil vom 27. September 2011, A. Menarini Diagnostics S.R.L./Italien (CE:ECHR:2011:0927JUD004350908, §§ 39 bis 44), in Bezug auf eine Sanktion, die wegen ähnlicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen wie denen, die den Klägerinnen vorgeworfen wurden, von der italienischen Wettbewerbsbehörde verhängt wurde, ausgeführt hat, dass die Sanktion angesichts der Höhe der verhängten Geldbuße aufgrund ihrer Schwere Strafcharakter hat. Der EGMR hat jedoch auch entschieden, dass sich die Natur eines Verwaltungsverfahrens wie des in diesem Urteil in Rede stehenden in verschiedener Hinsicht von der Natur eines Strafverfahrens im strengen Wortsinn unterscheiden kann. Zwar können diese Unterschiede die Vertragsstaaten nicht von ihrer Pflicht befreien, alle durch den strafrechtlichen Teil von Art. 6 EMRK gebotenen Garantien zu beachten, sie können jedoch die Modalitäten ihrer Anwendung beeinflussen (EGMR, 27. September 2011, A. Menarini Diagnostics S.R.L./Italien, CE:ECHR:2011:0927JUD004350908, § 62; vgl. in diesem Sinne auch EGMR, 23. November 2006, Jussila/Finnland, CE:ECHR:2006:1123JUD007305301, § 43).

111    Der Grundsatz der Unschuldsvermutung bedeutet, dass jede beschuldigte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Dieser Grundsatz verbietet damit jede ausdrückliche Feststellung und selbst jede Anspielung auf die Verantwortlichkeit einer eines bestimmten Verstoßes beschuldigten Person in einer verfahrensbeendenden Entscheidung, wenn diese Person nicht alle im Rahmen eines normalen, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrensablaufs zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte (vgl. Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 257 und die dort angeführte Rechtsprechung, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 10. Juli 2019, Kommission/Icap u. a., C‑39/18 P, EU:C:2019:584).

112    Insoweit hat der EGMR festgestellt, dass eine vorzeitige Meinungsäußerung zur Schuld eines Verdächtigen in einem Urteil gegen getrennt verfolgte Verdächtige theoretisch auch gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen kann (vgl. EGMR, 27. Februar 2014 Karaman/Deutschland, CE:ECHR:2014:0227JUD001710310, § 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    Nach Ansicht des EGMR wird der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt, wenn eine Gerichtsentscheidung oder eine offizielle Erklärung über einen Beschuldigten eine eindeutige Erklärung enthält, dass die betreffende Person eine Straftat begangen habe, ohne dass eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt. In diesem Zusammenhang hat der EGMR die Bedeutung betont, die der Wortwahl der Justizbehörden sowie den besonderen Umständen, unter denen die Äußerung getätigt wurde, und der Art und dem Kontext des fraglichen Verfahrens zukommt (vgl. in diesem Sinne EGMR, 27. Februar 2014, Karaman/Deutschland, CE:ECHR: 2014:0227JUD001710310, § 63).

114    Der EGMR hat anerkannt, dass es so in komplexen Strafverfahren mit mehreren Verdächtigen, die nicht in einem Verfahren gleichzeitig abgeurteilt werden können, für die Bewertung der Schuld der Angeklagten unerlässlich sein kann, dass das zuständige Gericht auf die Teilnahme Dritter Bezug nimmt, gegen die später womöglich ein gesondertes Verfahren geführt wird. Er hat jedoch weiter ausgeführt, dass, wenn Tatsachen in Bezug auf die Beteiligung Dritter eingeführt werden müssen, das betreffende Gericht es vermeiden sollte, mehr Informationen zu geben als für die Bewertung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der in dem betreffenden Verfahren angeklagten Personen nötig. Zudem hat der EGMR betont, dass die Begründung der Gerichtsentscheidungen in einer Art und Weise zu formulieren ist, die eine mögliche vorzeitige Beurteilung der Schuld der betroffenen Dritten vermeidet, die die faire Prüfung der gegen sie in einem gesonderten Verfahren erhobenen Vorwürfe gefährden könnte (vgl. in diesem Sinne EGMR, 27. Februar 2014, Karaman/Deutschland, CE:ECHR:0227JUD001710310, §§ 64 und 65, und EGMR, 23. Februar 2016, Navalnyy und Ofitserov/Russland, CE:ECHR:2016:0223JUD004663213‚ § 99).

115    Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine Verletzung der Unschuldsvermutung nicht nur von einem Richter oder einem Gericht ausgehen, sondern auch von anderen Behörden (vgl. EGMR, 15. März 2011, Begu/Rumänien, CE:ECHR:2011:0315JUD002044802, § 126 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116    Im vorliegenden Fall ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass keine der von den Klägerinnen angeführten Passagen des Vergleichsbeschlusses einen Hinweis oder eine Anspielung auf Scania enthält, aus der sich ergeben würde, dass die Kommission ihre Verantwortlichkeit im Rahmen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV bereits zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses vorweg festgestellt hatte.

117    Insoweit ist erstens auf den Inhalt des vierten Erwägungsgrundes des Vergleichsbeschlusses hinzuweisen, der Folgendes vorsieht:

„Am 20. November 2014 leitete die Kommission gegen die Adressaten des vorliegenden Beschlusses und mehrere Einheiten eines anderen Unternehmens ein Verfahren nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 ein. Dieses Unternehmen legte keine Vergleichsausführungen nach Art. 10a Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 vor. Zum Zeitpunkt dieses [Vergleichs‑]Beschlusses ist das Verwaltungsverfahren, das gegen dieses Unternehmen gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 geführt wird, anhängig. Um Unklarheiten auszuschließen, [wird darauf hingewiesen, dass] dieser [Vergleichs‑]Beschluss keine dieses Unternehmen betreffende Feststellung zu einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union [enthält].“

118    Somit nahm die Kommission im vierten Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses implizit auf Scania Bezug, und zwar zum einen als Unternehmen, gegen das ein Verwaltungsverfahren nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 anhängig war, und zum anderen, indem sie ausführte, dass der Vergleichsbeschluss hinsichtlich einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union keine sie betreffende Schlussfolgerung enthalte. Ein solcher Hinweis ist allenfalls als Ausdruck eines Verdachts in Bezug auf eine noch nachzuweisende Verantwortlichkeit von Scania anzusehen, der keinen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung darstellt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend EGMR, 27. Februar 2014, Karaman/Deutschland, CE:ECHR:2014:0227JUD001710310, § 63, und 31. Oktober 2017, Bauras/Litauen, CE:ECHR:2017:1031JUD005679513, § 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

119    Obwohl zweitens das Vorliegen eines ausdrücklichen Hinweises im Vergleichsbeschluss, dass es zu diesem Zeitpunkt noch kein Ergebnis in Bezug auf die Verantwortlichkeit von Scania nach Art. 101 AEUV gebe, den Willen der Kommission zeigt, ihrer Pflicht nachzukommen, den Grundsatz der Unschuldsvermutung zu wahren, wie er in der Rechtsprechung des EGMR aufgestellt worden ist (vgl. in diesem Sinne EGMR, 27. Februar 2014, Karaman/Deutschland, CE:ECHR:2014:0227JUD001710310, §§ 67, 69 und 70, und 31. Oktober 2017, Bauras/Litauen, CE:ECHR:2017:1031JUD005679513, § 54), nämlich klar anzugeben, dass gegen Scania ein gesondertes Strafverfahren anhängig sei und dass ihre Verantwortlichkeit noch nicht rechtsförmlich festgestellt sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. [Unschuldsvermutung], C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 45), reicht dies jedoch für sich genommen nicht aus, um einen Verstoß gegen diesen Grundsatz auszuschließen, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen eingeräumt hat.

120    Bei der Kontrolle der Beachtung der Unschuldsvermutung ist somit auch die Begründung des Vergleichsbeschlusses in ihrer Gesamtheit im Licht der besonderen Umstände, unter denen er erlassen worden ist, zu prüfen, um sicherzugehen, dass andere Abschnitte dieser Entscheidung, die wie eine vorzeitige Meinungsäußerung zur Verantwortlichkeit von Scania für eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union verstanden werden könnten, dem ausdrücklichen Hinweis auf die fehlende Feststellung ihrer Verantwortlichkeit nicht seinen Sinn nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2019, AH u. a. [Unschuldsvermutung], C‑377/18, EU:C:2019:670, Rn. 46).

121    Insoweit verweisen die Klägerinnen auf Abschnitt 3 des Vergleichsbeschlusses, der der Beschreibung des Verhaltens von dessen Adressaten gewidmet ist, und insbesondere auf bestimmte Passagen, in denen die Kommission das Verhalten beschrieben hat, an dem „unter anderem“ die Adressaten dieses Beschlusses beteiligt waren (Erwägungsgründe 47 und 60 des Vergleichsbeschlusses).

122    Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass diese Bezugnahmen nicht so verstanden werden sollten, dass sie implizit auf Scania abzielten, auch wenn sie in Verbindung mit dem vierten Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses gesehen würden. Die Klägerinnen haben keine Argumente vorgetragen, die diese Auslegung der Erwägungsgründe 47 und 60 des Vergleichsbeschlusses widerlegen könnten.

123    Jedenfalls betrifft eine solche Bezugnahme, selbst wenn man unterstellt, dass die Kommission, indem sie im Vergleichsbeschluss „unter anderem“ auf das Verhalten von dessen Adressaten Bezug nahm, implizit vor allem auf Scania abgezielt hat, nicht Scanias Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Zuwiderhandlung im Sinne der oben in Rn. 111 angeführten Rechtsprechung, sondern allenfalls ihre Teilnahme an bestimmten Verhaltensweisen, die den Vergleichsparteien zur Last gelegt werden. Sie stellt daher keine „eindeutige“ Erklärung dar, dass Scania die in Rede stehende Zuwiderhandlung im Sinne der oben in Rn. 113 angeführten Rechtsprechung begangen hat, ohne dass eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt.

124    Im Vergleichsbeschluss hat die Kommission, wie sie geltend macht, eine rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts vorgenommen, wie er von dessen Adressaten als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV anerkannt worden war, und im vierten Abschnitt des Vergleichsbeschlusses hat sie nur in Bezug auf dessen Adressaten Schlussfolgerungen hinsichtlich der Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung formuliert.

125    Die Klägerinnen machen jedoch geltend, ein Verstoß gegen die Vermutung der Unschuld von Scania ergebe sich daraus, dass der Vergleichsbeschluss den endgültigen Standpunkt der Kommission festlege, was denselben Sachverhalt wie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte beschriebenen betreffe, und dass die Kommission zu dem Ergebnis gelange, dass dieser Sachverhalt, an dessen Verwirklichung auch Scania beteiligt gewesen sein soll, eine Zuwiderhandlung darstelle. Diese Erklärung geht nach Ansicht der Klägerinnen über einen bloßen Hinweis auf eine mögliche Verantwortung von Scania hinaus.

126    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der im Vergleichsbeschluss dargelegte Sachverhalt von den Vergleichsparteien anerkannt wurde, wie sich aus dessen drittem Erwägungsgrund ergibt.

127    Die bloße Tatsache, dass die Adressaten des Vergleichsbeschlusses ihre Teilnahme an der Zuwiderhandlung zugegeben und so ihre Schuld eingestanden haben, kann nicht dazu führen, dass die Haftbarkeit von Scania aufgrund ihrer möglichen Beteiligung an demselben Sachverhalt anerkannt wird, indem somit die in Bezug auf die Vergleichsparteien gezogenen Schlussfolgerungen automatisch de facto und de jure in eine Art „verdecktes Urteil“ der Kommission über Scania verwandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2019, Pometon/Kommission, T‑433/16, EU:T:2019:201, Rn. 68).

128    Ein Schuldanerkenntnis der am Vergleichsverfahren beteiligten Kartellteilnehmer kann sich jedoch auf die Umstände bezüglich einer Beteiligung eines „anderen Unternehmens“, im vorliegenden Fall Scania, auswirken, das der Mitwirkung an demselben Kartell verdächtigt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2019, Pometon/Kommission, T‑433/16, EU:T:2019:201, Rn. 92; vgl. in diesem Sinne und entsprechend EGMR, 23. Februar 2016, Navalnyy und Ofitserov/Russland, CE:ECHR:2016:0223JUD004663213, § 103). Folglich muss die Kommission dafür Sorge tragen, dass die von den Vergleichsparteien zugegebenen Tatsachen nicht in Bezug auf eine nicht an diesem Verfahren teilnehmende Partei wie Scania akzeptiert werden, ohne dass im ordentlichen Verfahren eine vollständige und angemessene Prüfung anhand der von dieser Partei vorgetragenen Argumente und Beweise erfolgt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend EGMR, 23. Februar 2016, Navalnyy und Ofitserov/Russland, CE:ECHR:2016:0223JUD004663213, §§ 103 bis 105, und vom 31. Oktober 2017, Bauras/Litauen, CE:ECHR:2017:1031JUD005679513, § 53).

129    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich das betroffene Unternehmen und die Kommission im Rahmen des ordentlichen Verwaltungsverfahrens gegenüber dem Vergleichsverfahren in einer sogenannten „Tabula rasa“-Situation befinden, in der die Verantwortlichkeiten erst festgestellt werden müssen. Somit war die Kommission bei Erlass des Beschlusses gegenüber Scania nach Abschluss des ordentlichen Verwaltungsverfahrens zum einen nur an die Mitteilung der Beschwerdepunkte gebunden und zum anderen verpflichtet, unter Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens alle maßgeblichen Umstände, einschließlich aller von Scania in Wahrnehmung ihres Rechts auf Anhörung vorgetragenen Informationen und Argumente, zu berücksichtigen, so dass sie verpflichtet war, die Akte in Anbetracht dieser Beweise erneut zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2015, Timab Industries und CFPR/Kommission, T‑456/10, EU:T:2015:296, Rn. 90, 96 und 107, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 12. Januar 2017, Timab Industries und CFPR/Kommission, C‑411/15 P, EU:C:2017:11, Rn. 119 und 136).

130    Im Übrigen erfordert eine rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts, die die Kommission gegenüber den Vergleichsparteien vorgenommen hat, als solche nicht, dass die Kommission gegenüber Scania nach dem speziellen, sie betreffenden Verfahren notwendigerweise die gleiche rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts vornimmt, wie die Kommission im 366. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben und in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichts bestätigt hat. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, hindert die Kommission nichts daran, festzustellen, dass eine Partei einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise nach Art. 101 AEUV haftet, während die andere nicht haftet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2018, ABB/Kommission, T‑445/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:449, Rn. 177 bis 179 und die dort angeführte Rechtsprechung).

131    Was das Vorbringen der Klägerinnen betrifft, der Verstoß gegen die Unschuldsvermutung ergebe sich daraus, dass der Vergleichsbeschluss und der angefochtene Beschluss auf denselben Beweisen beruhten, so räumt die Kommission ein, dass es eine gewisse Überschneidung zwischen den Beweisen gebe, auf die sie sich in den beiden Beschlüssen gestützt habe.

132    Eine solche Überschneidung zwischen den Beweisen lässt jedoch für sich genommen nicht den Schluss zu, dass im vorliegenden Fall die Unschuldsvermutung gegenüber den Klägerinnen nicht beachtet wurde. Die bloße Tatsache, dass sich die Kommission in den beiden Beschlüssen auf dieselben Beweise gestützt hat, nimmt in keiner Weise den Schluss vorweg, den die Kommission daraus hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Scania ziehen konnte.

133    Wie die Kommission im Übrigen zu Recht geltend macht, schließt der Grundsatz der Unschuldsvermutung zwar die ausdrückliche Feststellung einer Zuwiderhandlung oder jegliche Anspielung auf die Verantwortlichkeit der Klägerinnen im Vergleichsbeschluss aus, da sie im Rahmen von dessen Erlass nicht alle im Rahmen der Ausübung der Verfahrensrechte üblichen Garantien in Anspruch nehmen konnten, jedoch schließt dieser Grundsatz nicht die Möglichkeit aus, sich auf gemeinsame Beweise zu stützen, sofern die Klägerinnen die auf der Grundlage dieser Beweise getroffenen Feststellungen vor den Unionsgerichten anfechten können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, T‑474/04, EU:T:2007:306, Rn. 76 und 77), was hier der Fall ist.

134    Ebenso wenig kann das Vorbringen der Klägerinnen Erfolg haben, wonach sich der Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung daraus ergebe, dass der Vergleichsbeschluss und der angefochtene Beschluss auf der Grundlage derselben Beanstandungen erlassen worden seien, die in der sowohl an die Vergleichsparteien als auch an die Klägerinnen gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte erhoben worden seien.

135    Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sowohl an Scania als auch an die letztlich am Vergleichsverfahren beteiligten Parteien geschickt wurde, Schlussfolgerungen betreffend die Rolle und die Verantwortlichkeit von Scania für die in Rede stehende Zuwiderhandlung getroffen hat, dass jedoch entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der Vergleichsbeschluss nicht unmittelbar auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt ist, sondern auf die gemeinsame Auslegung der Beschwerdepunkte durch die Vergleichsparteien und die Kommission nach den Vergleichsgesprächen gemäß Art. 10a Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 und Ziff. 16 und 17 der Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Art. 7 und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 in Kartellfällen, wie die Kommission im 367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgehoben hat.

136    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen durch nichts daran gehindert waren, in dem Verfahren, in dem der angefochtene Beschluss erlassen wurde, unter Wahrung ihrer Verteidigungsrechte die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen sie gerichteten Beschwerdepunkte zu widerlegen.

137    Die Gewährung des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Kommission, den Beteiligten vor Erlass einer Bußgeldentscheidung Gelegenheit zu geben, sich zu den ihnen gegenüber in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten gebührend zu äußern, insbesondere zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung von Art. 101 AEUV herangezogenen Unterlagen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 9 und 11).

138    In einem Verfahren wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln stellt die Mitteilung der Beschwerdepunkte in dieser Hinsicht die wesentliche Verfahrensgarantie dar (vgl. Urteil vom 5. März 2015, Kommission u. a./Versalis u. a., C‑93/13 P und C‑123/13 P, EU:C:2015:150, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

139    Daraus folgt, dass die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen, die Kommission habe gegen die Vermutung der Unschuld von Scania verstoßen, weil der angefochtene Beschluss und der Vergleichsbeschluss auf demselben Sachverhalt und denselben Beweisen sowie auf denselben Beanstandungen beruhten, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte sowohl in Bezug auf die Vergleichsparteien als auch in Bezug auf Scania vorgebracht worden seien, außer Acht lassen, dass sie bei der Ausübung ihres Anspruchs auf Anhörung im Rahmen des ordentlichen Verwaltungsverfahrens berechtigt sind, alle Beweise zur Bestreitung der Tatsachen und Beweise vorzulegen, auf die sich die Kommission stützen möchte und die gegebenenfalls von dieser bei Erlass des Vergleichsbeschlusses berücksichtigt worden waren, und dass die Kommission verpflichtet ist, die Akte im Lichte dieser neuen Beweise erneut zu prüfen.

140    Im vorliegenden Fall bestreiten die Klägerinnen nicht, dass sie die Möglichkeit hatten, ihre Verteidigungsrechte im ordentlichen Verwaltungsverfahren vor Erlass des angefochtenen Beschlusses sowohl schriftlich als auch mündlich wirksam auszuüben und damit die Tatsachen und Beweise zu bestreiten, die die Kommission zur Stützung der gegen sie erhobenen Beschwerdepunkte angeführt hat. Wie insbesondere aus dem 379. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht und von den Klägerinnen nicht bestritten wird, hatten die Klägerinnen vor allem die Möglichkeit, zu den Beweisen Stellung zu nehmen, auf die sich die Kommission gestützt hat, insbesondere auf die, die nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Ermittlungsakte aufgenommen wurden, wie Auszüge aus den Erwiderungen einiger Vergleichsparteien auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder zusätzliches Tatsachenmaterial, das die Kommission im Laufe des ordentlichen Verwaltungsverfahrens ermittelt hatte und das ihre vorläufigen Schlussfolgerungen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte untermauerte, von denen Scania mit Tatbestandsschreiben vom 7. April 2017 in Kenntnis gesetzt wurde.

141    Die Klägerinnen sind jedoch der Ansicht, dass die von ihnen vorgebrachten Argumente und Beweise ins Leere gelaufen seien, da die Kommission bereits eine rechtliche Qualifizierung des Verhaltens, an dem Scania beteiligt gewesen sein soll, als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV vorgenommen habe.

142    Sie machen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission, da sie den Sachverhalt im Vergleichsbeschluss als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV eingestuft habe, nicht mehr in der Lage gewesen sei, diese Beurteilung rückgängig zu machen und die von Scania vorgelegten Beweise und Argumente objektiv zu bewerten oder andere Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen, die diese im Vergleichsbeschluss vorgenommenen Beurteilungen hätten in Frage stellen oder abschwächen können. Somit habe der Vergleichsbeschluss die Untersuchungsstrategie der Kommission und letztlich auch den Inhalt der Beweise, auf die die Kommission den angefochtenen Beschluss gestützt habe, beeinflusst. Insoweit berufen sich die Klägerinnen auf bestimmte Umstände betreffend den Ablauf des Verfahrens, in dem der angefochtene Beschluss erlassen worden sei, aus denen sich die mangelnde Unparteilichkeit der Kommission ergebe.

143    So machen sie im Rahmen einer zweiten Rüge des ersten Klagegrundes geltend, die Kommission habe unter Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 der Charta ihre Pflicht zur Durchführung einer unparteiischen Untersuchung verletzt.

144    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet ist, in einem Verwaltungsverfahren in Kartellsachen den in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerten Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zu beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

145    Nach Art. 41 der Charta hat jede Person u. a. ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden. Dieses Unparteilichkeitsgebot umfasst zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein mit der Sache betrautes Mitglied des betroffenen Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile zum Ausdruck bringen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen (Urteil vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung).

146    Zu den Garantien, die das Unionsrecht für Verwaltungsverfahren vorsieht, die den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung umfassen, gehört die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (vgl. Urteil vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, EU:T:2012:478, Rn. 170 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit entgegen dem Vorbringen der Kommission unter ähnlichen Umständen wie im vorliegenden Fall nicht nur als mögliche Folge eines Verstoßes gegen die Unschuldsvermutung bei Erlass des Vergleichsbeschlusses zu beurteilen ist, sondern sich auch aus anderen Versäumnissen der Kommission ergeben kann, hinreichende Garantien zu bieten, um jeden berechtigten Zweifel im Sinne der oben in Rn. 145 genannten Rechtsprechung an ihrer Unparteilichkeit bei der Durchführung des ordentlichen Verfahrens auszuschließen.

148    Keines der von den Klägerinnen vorgebrachten Argumente erlaubt jedoch die Feststellung, dass die Kommission im vorliegenden Fall nicht alle Garantien geboten hätte, um jeden berechtigten Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bei der Prüfung der Sache in Bezug auf Scania und insbesondere bei der Prüfung der Argumente und Beweise auszuschließen, die Scania im Rahmen der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte im ordentlichen Verwaltungsverfahren vorlegen konnte.

149    Erstens ist hervorzuheben, dass die Kommission, wenn sie im Rahmen des ordentlichen Verfahrens die Beweise prüft, die von den Parteien vorgelegt wurden, die sich entschlossen haben, nicht am Vergleichsverfahren teilzunehmen, in keiner Weise an die Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Bewertungen gebunden ist, die sie im Vergleichsbeschluss gegenüber den Parteien getroffen hat, die sich für einen Vergleich entschieden haben. Somit kann die Kommission in Anwendung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und ihrer Pflicht zur Unparteilichkeit zu anderen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Qualifizierungen kommen als im Vergleichsbeschluss, wenn ihre erneute Prüfung der ihr zur Verfügung stehenden Beweise nach dem „Tabula rasa“-Grundsatz dies rechtfertigt.

150    Zweitens kann das Vorbringen der Klägerinnen keinen Erfolg haben, der Zweifel an der Unparteilichkeit der Kommission ergebe sich daraus, dass das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied anlässlich einer Pressekonferenz den Erlass des Vergleichsbeschlusses angekündigt habe, so dass die Kommission im Rahmen des angefochtenen Beschlusses von ihren Schlussfolgerungen in diesem Beschluss nicht mehr habe abweichen können. In der fraglichen Pressemitteilung wird nämlich ebenso wie im vierten Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses (vgl. Rn. 117 oben) eindeutig darauf hingewiesen, dass das oben genannte Kommissionsmitglied keine Schlussfolgerung in Bezug auf die Verantwortlichkeit von Scania ziehe, gegen die das ordentliche Verfahren noch anhängig sei. Das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied hat sich damit in dieser Mitteilung darauf beschränkt, die Öffentlichkeit mit der zur Wahrung der Unschuldsvermutung gebotenen Diskretion und Zurückhaltung, was die Verantwortlichkeit von Scania für die in Rede stehende Zuwiderhandlung betrifft, über den Erlass des Vergleichsbeschlusses zu unterrichten, und hat daher seine Pflicht zur Unparteilichkeit nicht verletzt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission, T‑691/14, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2018:922, Rn. 132 und 134).

151    Drittens legen die Klägerinnen nicht dar, inwiefern der Umstand, dass dieselben Dienststellen der Kommission, insbesondere die der Generaldirektion „Wettbewerb“, am Erlass sowohl des Vergleichsbeschlusses als auch des angefochtenen Beschlusses beteiligt waren, für sich genommen als Beweis geeignet sein soll, dass keine unparteiische Prüfung der Sache in Bezug auf sie stattgefunden hat. Die Beteiligung derselben Dienststellen am Erlass von zwei Beschlüssen erschwert es zwar, zu gewährleisten, dass die Prüfung der ein Unternehmen betreffenden Tatsachen und Beweise nach Erlass des Vergleichsbeschlusses nach dem von der Rechtsprechung aufgestellten „Tabula rasa“-Grundsatz erfolgt (vgl. Rn. 129 oben), was es rechtfertigen könnte, die Akten zwei verschiedenen Teams zuzuweisen, um die insoweit bestehenden Zweifel auszuräumen.

152    Im vorliegenden Fall legen die Klägerinnen jedoch nicht dar, dass ein am Erlass des angefochtenen Beschlusses beteiligtes Mitglied der Kommission oder eine daran beteiligte Dienststelle unter Verstoß gegen den Grundsatz der subjektiven Unparteilichkeit und insbesondere aufgrund einer Beteiligung am Erlass des Vergleichsbeschlusses eine persönliche Voreingenommenheit oder ein Vorurteil gegenüber Scania geäußert hätte, was die unparteiische Prüfung der Tatsachen und Beweise in Bezug auf Scania beeinträchtigen könnte.

153    Was viertens das Vorbringen der Klägerinnen anlangt, wonach die Kommission nicht bereit gewesen sei, neue Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen, die sie möglicherweise dazu veranlasst hätten, ihren im Vergleichsbeschluss vertretenen Standpunkt in Frage zu stellen, so ist darauf hinzuweisen, dass im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt (vgl. Urteil vom 29. Februar 2016, Schenker/Kommission, T‑265/12, EU:T:2016:111, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Ebenso ist mit der Kommission festzustellen, dass sie über ein Ermessen verfügt, wenn es um die Frage geht, ob Ermittlungsmaßnahmen angemessen sind. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann daher aus dem Vorliegen eines solchen Ermessens hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung der Untersuchung nicht abstrakt eine Parteilichkeit der Kommission gegenüber den Klägerinnen abgeleitet werden. Dass andere Ermittlungsmaßnahmen nicht erlassen wurden, erklärt sich vielmehr vor allem dadurch, dass die Kommission ihr Ermessen in Bezug auf die Angemessenheit des Erlasses solcher Maßnahmen ausgeübt hat. Es war daher Sache der Klägerinnen, Argumente vorzubringen, mit denen konkret dargelegt werden konnte, dass das Unterbleiben zusätzlicher Ermittlungsmaßnahmen nur durch die Parteilichkeit der Kommission und nicht durch ihre rechtmäßige Ausübung ihres Ermessens bei der Durchführung der Untersuchung zu erklären war.

155    Die Klägerinnen machen insoweit geltend, die Kommission habe sich bei ihrer Beurteilung der Art und des (zeitlichen und geografischen) Umfangs des behaupteten Verhaltens insbesondere in den Erwägungsgründen 144 und 339 des angefochtenen Beschlusses auf eine Würdigung des Sachverhalts gestützt, die Scania ablehne und substantiiert zurückweise. In der Akte deute nichts darauf hin, dass die Kommission die Untersuchung fortgesetzt habe, um die Schlussfolgerungen von Scania zu überprüfen, beispielsweise durch Übermittlung eines Auskunftsverlangens an Scania mit der Aufforderung, schriftliche Beweise für ihre Erklärungen oder Einwände vorzulegen, oder durch ein an andere Parteien gerichtetes Auskunftsverlangen. Die Kommission habe somit eine „von Eigeninteressen geleitete Unterlassung“ begangen.

156    Dieses Vorbringen der Klägerinnen zeigt jedoch höchstens, dass die Kommission den von Scania vorgeschlagenen Schlussfolgerungen oder Auslegungen des Sachverhalts nicht gefolgt ist, insbesondere, indem sie die Ansicht vertreten hat, dass sie unglaubhaft seien (vgl. insbesondere 301. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und fällt mit der Frage zusammen, ob die im angefochtenen Beschluss getroffenen Tatsachenfeststellungen durch die von der Kommission vorgelegten Beweise gebührend untermauert sind und ob sie bei ihrer Analyse Rechtsfehler begangen hat, was zur Prüfung der Stichhaltigkeit dieser Analyse gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission, T‑691/14, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2018:922, Rn. 137 und die dort angeführte Rechtsprechung). Solche Behauptungen sind nicht für den Nachweis geeignet, dass sich die Kommission als parteiisch erwiesen hat, als sie in Ausübung ihres Ermessens beschlossen hat, die Untersuchung nicht fortzusetzen und insbesondere die Klägerinnen nicht um die Vorlage zusätzlicher Beweise zur Stützung ihres Vorbringens zu ersuchen.

157    Fünftens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe nicht unabhängig gehandelt, da sie hinsichtlich der mutmaßlichen Kartelle die Behörde sei, die zugleich mit der Untersuchung, der Verfolgung und der Entscheidungsfindung betraut sei.

158    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Kumulierung der Funktionen der Ermittlung und der Sanktion von Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV durch die Kommission für sich genommen nicht gegen Art. 6 EMRK in seiner Auslegung durch den EGMR verstößt und keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit darstellt, da ihre Entscheidungen der Kontrolle durch den Unionsrichter unterworfen sind, der die Garantien des Art. 6 EMRK wahrt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 33 bis 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 27. Juni 2012, Bolloré/Kommission, T‑372/10, EU:T:2012:325, Rn. 65 bis 67).

159    Was die Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte anlangt, so ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen der Kommission nicht vorwerfen, sie habe im Verwaltungsverfahren, in dem der angefochtene Beschluss erlassen worden sei, nicht alle Verfahrensgarantien im Zusammenhang mit der wirksamen Ausübung ihrer Verteidigungsrechte, wie sie insbesondere in den allgemeinen Bestimmungen der Verordnung Nr. 773/2004 (vgl. Rn. 140 oben) vorgesehen seien, beachtet, sondern die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte nur hinsichtlich der Tatsache geltend machen, dass die Kommission im Vergleichsbeschluss eine rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts vorgenommen habe, die auf das Verhalten der Vergleichsparteien abstelle, jedoch notwendigerweise auch Scania betreffe, ohne dass diese die Möglichkeit gehabt hätte, ihre Verteidigungsrechte auszuüben.

160    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern, führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs wiederholt bekräftigt worden ist und in Art. 48 Abs. 2 der Charta verankert worden ist (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a., C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Grundsatz muss auch in einem Verwaltungsverfahren ausnahmslos eingehalten werden (vgl. Urteile vom 9. Juli 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑511/06 P, EU:C:2009:433, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 5. März 2015, Kommission u. a./Versalis u. a., C‑93/13 P und C‑123/13 P, EU:C:2015:150, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

161    Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ist Bestandteil der Verteidigungsrechte. Er gilt für jedes Verfahren, das zu einer Entscheidung eines Unionsorgans führen kann, durch die die Interessen eines Dritten spürbar beeinträchtigt werden (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 50 und 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

162    Soweit die Klägerinnen geltend machen, der Vergleichsbeschluss sei erlassen worden, ohne dass sie hätten Stellung nehmen können, ist darauf hinzuweisen, dass der Vergleichsbeschluss, wie sich aus der Prüfung der Rüge eines Verstoßes gegen die Unschuldsvermutung ergibt, die Interessen der Klägerinnen nicht im Sinne der oben in Rn. 161 angeführten Rechtsprechung spürbar beeinträchtigt hat, da die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen im Vergleichsbeschluss keine rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts gegenüber Scania vorgenommen hat und deren Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Zuwiderhandlung keineswegs vorweg festgestellt hat. Folglich verletzt die Tatsache, dass Scania im Rahmen des Verfahrens, in dem der Vergleichsbeschluss erlassen wurde, nicht angehört wurde, ihre Verteidigungsrechte nicht.

163    Schließlich kann auch das Vorbringen der Klägerinnen keinen Erfolg haben, zwischen dem Vergleichsbeschluss und dem angefochtenen Beschluss bestehe ein „offensichtlicher Zusammenhang“, weil die Kommission die Vergleichsparteien im Rahmen der Erstellung der nicht vertraulichen Fassung des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf seine Veröffentlichung konsultiert habe. Zum einen erklären die Klägerinnen nicht, wie ein solcher „offensichtlicher Zusammenhang“ ihre im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgetragenen Behauptungen stützen soll. Zum anderen hat die Kommission, wie sie geltend macht, jedenfalls mit ihrer Vorgehensweise der sich aus dem Urteil vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission (T‑474/04, EU:T:2007:306), ergebenden Rechtsprechung Wirksamkeit verliehen, indem sie den Vergleichsparteien die Möglichkeit gegeben hat, die vertrauliche Behandlung bestimmter sie betreffender Angaben geltend zu machen, da sie zwar nicht Adressaten des angefochtenen Beschlusses waren, aber darin gleichwohl erwähnt wurden.

164    Ebenso wenig können die Klägerinnen mit Erfolg geltend machen, dass ein bloßer technischer Fehler, durch den auf der Website der Kommission in der den angefochtenen Beschluss betreffenden Rubrik ein Link zum Vergleichsbeschluss hergestellt worden sei, die Annahme zulasse, dass zwischen den beiden Beschlüssen ein Zusammenhang bestehe, so dass auf die Haftung von Scania nach Art. 101 AEUV geschlossen werden könne.

165    Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

2.      Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 48 Abs. 2 der Charta und gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003

166    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe unter Verstoß gegen Art. 48 Abs. 2 der Charta und gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie ihnen die Einsicht in sämtliche Erwiderungen von [vertraulich] und von [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte verweigert habe, obwohl es wahrscheinlich sei, dass darin Beweise enthalten seien, die andere Parteien, darunter Scania, entlasteten und die nicht in den Auszügen dieser Erwiderungen aufschienen, zu denen der Anhörungsbeauftragte Scania Zugang gewährt habe.

167    Nach Ansicht der Klägerinnen haben [vertraulich] und [vertraulich] ihre Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dazu verwendet, um die sie betreffenden Behauptungen der Kommission zu bestreiten, wie die Auszüge zeigten, die Scania habe prüfen dürfen. Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Tatsache, dass die Kommission ihre Meinung zur Frage, ob die Erwiderungen von [vertraulich] und [vertraulich] belastend oder entlastend seien, teilweise geändert habe, lasse Zweifel an der Begründetheit der Verweigerung der vollständigen Einsicht in diese Erwiderungen aufkommen.

168    Unter Berufung auf die Rechtsprechung weist die Kommission das Vorbringen der Klägerinnen zurück, da sie nicht darlegten, dass durch die Weigerung, Scania Einsicht in sämtliche Erwiderungen von [vertraulich] und [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu gewähren, die nicht Teil der eigentlichen Ermittlungsakte seien, die wirksame Ausübung ihrer Verteidigungsrechte und insbesondere ihres Rechts auf Einsichtnahme in Dokumente, die sie entlastende Beweise enthalten könnten, beeinträchtigt worden sei.

169    Wie aus der oben in Rn. 160 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, stellt die Wahrung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern, führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Unionsrechts dar, der in Art. 48 Abs. 2 der Charta verankert worden ist. Dieser Grundsatz muss auch in einem Verwaltungsverfahren ausnahmslos eingehalten werden.

170    Nach Art. 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 müssen „[d]ie Verteidigungsrechte der Parteien … während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt werden“ und haben „[d]ie Parteien … Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse“.

171    Es ist darauf hinzuweisen, dass es die Wahrung der Verteidigungsrechte nach ständiger Rechtsprechung erfordert, dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den Schriftstücken, auf die sie den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen den Vertrag stützt, sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

172    Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 68).

173    Insoweit ist daran zu erinnern, dass das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert wird, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten verfügt. Folglich gehört die Antwort anderer am Kartell beteiligter Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können (Urteile vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C‑607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 263, und vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 163).

174    Wenn sich allerdings die Kommission auf eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine Anlage zu einer solchen Antwort stützen will, um in einem Verfahren zur Anwendung von Art. 101 AEUV das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, müssen die anderen Beteiligten dieses Verfahrens in die Lage versetzt werden, sich zu einem solchen Beweis zu äußern. Unter solchen Umständen stellt nämlich die fragliche Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder die Anlage zu dieser Antwort Material dar, das die verschiedenen an der Zuwiderhandlung angeblich beteiligten Unternehmen belastet (Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C‑607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 264; vgl. auch Urteil vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, EU:T:2009:366, Rn. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung).

175    Entsprechend stellt eine Passage in einer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder eine Anlage zu dieser Antwort, wenn sie für die Verteidigung eines Unternehmens von Bedeutung sein kann, da sie es diesem Unternehmen ermöglicht, sich auf Beweisstücke zu berufen, die nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommission in diesem Verfahrensstadium stehen, einen entlastenden Beweis dar. In diesem Fall muss dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben werden, die fragliche Passage oder das fragliche Dokument zu prüfen und sich zu ihm zu äußern (Urteil vom 12. Juli 2011, Mitsubishi Electric/Kommission, T‑133/07, EU:T:2011:345, Rn. 43).

176    Jedoch wird bloß aufgrund der Tatsache, dass sich andere Unternehmen auf dasselbe Vorbringen wie das betroffene Unternehmen gestützt haben und gegebenenfalls ihre Verteidigung aufwendiger gestalteten, dieses Vorbringen noch nicht zu Entlastungsmaterial (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, EU:T:2006:270, Rn. 353 und 355).

177    Was die Folgen anbelangt, wenn bei der Gewährung der Akteneinsicht gegen diese Regeln verstoßen wird, so muss das betroffene Unternehmen, wenn ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt wurde, nachweisen, dass das Unterbleiben seiner Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es das fragliche entlastende Schriftstück zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in der Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf Schwere und Dauer des dem Unternehmen zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 74 und 75).

178    Die Möglichkeit, dass ein nicht übermitteltes Schriftstück Einfluss auf den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission hätte haben können, kann nur nach einer vorläufigen Prüfung bestimmter Beweismittel nachgewiesen werden, die zeigt, dass die nicht übermittelten Schriftstücke eine Bedeutung – für diese Beweismittel – hätten haben können, die nicht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 76).

179    Es liegt jedoch bei der klagenden Partei, einen ersten Hinweis auf den Nutzen der nicht übermittelten Dokumente für ihre Verteidigung zu liefern (vgl. Urteil vom 14. März 2013, Fresh Del Monte Produce/Kommission, T‑587/08, EU:T:2013:129, Rn. 690 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C‑607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 265 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere muss sie die etwaigen entlastenden Beweise benennen oder einen Hinweis liefern, der ihr Vorliegen und somit ihren Nutzen für das Verfahren glaubhaft macht (vgl. Urteil vom 16. Juni 2011, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, T‑240/07, EU:T:2011:284, Rn. 257 und die dort angeführte Rechtsprechung).

180    Anhand dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Weigerung der Kommission, Einsicht in sämtliche Erwiderungen von [vertraulich] und [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu gewähren, die Verteidigungsrechte der Klägerinnen beeinträchtigen konnte, da sie, wie sie behaupten, keine angemessene Einsicht in möglicherweise entlastendes Beweismaterial hatten.

181    Insoweit ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Einsicht in eine Kartellakte der Kommission je nach dem Zeitpunkt, zu dem ein Dokument der Ermittlungsakte hinzugefügt wurde, unterschiedlich zu handhaben ist, was auch aus Ziff. 27 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Art. [101] und [102 AEUV], Art. 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (ABl. 2005, C 325, S. 7). Während die betroffenen Parteien, um ihr Verteidigungsrecht wirksam auszuüben, das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakte, wie sie zum Zeitpunkt der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte besteht, haben, und zwar, um zu den von der Kommission in diesem Stadium vorgebrachten Beschwerdepunkten sinnvoll Stellung nehmen zu können, ist die Einsicht in anschließend hinzugefügtes Aktenmaterial, insbesondere in die Erwiderungen der übrigen Kartellteilnehmer auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, weder automatisch noch unbegrenzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C‑607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 265).

182    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der Anhörungsbeauftragte den Klägerinnen Einsicht in bestimmte Passagen der von [vertraulich] und [vertraulich] vorgelegten Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt hat, wobei er die Ansicht vertreten hat, dass sie entlastendes Material über Scania enthalten könnten, da sie von einem Kronzeugen und einem Unternehmen stammten, an das die Kommission ein Auskunftsverlangen gerichtet habe, so dass sie Änderungen oder Widerrufe der Erklärungen enthalten könnten, auf die sich die Kommission gestützt habe.

183    Die Klägerinnen machen jedoch geltend, es sei „wahrscheinlich“, dass die von [vertraulich] und [vertraulich] vorgelegten Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte auch anderes entlastendes Material enthielten, auf das sie sich im Rahmen der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte mit Erfolg hätten berufen können.

184    Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerinnen, wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, sehr vage bleiben, was die Identifizierung von etwaigen entlastenden Beweisen anlangt, die in den Erwiderungen von [vertraulich] und [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten seien und ihnen nach dem Beschluss des Anhörungsbeauftragten nicht zugänglich gemacht worden seien, und dass sie daher keinen Hinweis liefern, der ihr Vorliegen und somit ihren Nutzen für ihre Verteidigung im Sinne der oben in Rn. 179 angeführten Rechtsprechung glaubhaft macht.

185    Die Klägerinnen legen keineswegs dar, welche Beurteilungen der Kommission im angefochtenen Beschluss hätten beeinflusst werden können, wenn ihnen vollständige Einsicht in die Erwiderungen von [vertraulich] und [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt worden wäre. Insbesondere nennen sie keine Schlussfolgerung in Bezug auf das rechtswidrige Verhalten von Scania, die die Kommission konkret auf einen Beweis gestützt hätte, der unter die Kronzeugenregelung des [vertraulich] oder die Antwort von [vertraulich] auf das Auskunftsersuchen fiel und gegebenenfalls von diesen Beteiligten in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hätte geändert oder widerrufen werden können.

186    Die Klägerinnen stützen sich insoweit auf die besonderen verfahrensrechtlichen Umstände des vorliegenden Falles und konkret auf die Tatsache, dass [vertraulich] und [vertraulich], zwei Vergleichsparteien, der Kommission ihre Erwiderungen auf die Beschwerdepunkte zu dem Zeitpunkt übermittelt hätten, zu dem die Vergleichsgespräche gelaufen seien, nur einige Wochen, bevor sie „vermutlich“ ihre Vergleichsausführungen eingereicht hätten, und vor Erlass des Vergleichsbeschlusses. Daraus leiten die Klägerinnen ab, dass diese Erwiderungen notwendigerweise Einwände gegen die sie betreffenden Behauptungen der Kommission enthalten müssten, was sich auch aus den Auszügen der in Rede stehenden Erwiderungen ergebe, zu denen Scania Zugang gewährt worden sei.

187    Ein solcher sachlicher und zeitlicher Hinweis darauf, dass die Vergleichsparteien im Laufe des Vergleichsverfahrens ihre Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingereicht haben, reicht jedoch für sich genommen nicht aus, um nachzuweisen, dass diese Erwiderungen neue Beweise enthalten, die Scania entlasten.

188    Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass die Auszüge aus den in Rede stehenden Erwiderungen, zu denen ihnen der Anhörungsbeauftragte Zugang gewährte, für die Verteidigung nützliche Beweise enthielten und versuchen nicht einmal, aus diesen Auszügen Hinweise darauf abzuleiten, dass die nicht offengelegten Teile dieser Erwiderungen in der Schlussfolgerung weitere für ihre Verteidigung nützliche Beweise enthalten könnten. Das Vorbringen der Klägerinnen hierzu ist nur allgemein und abstrakt.

189    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen keinen Hinweis geliefert haben, dass die nicht offengelegten Teile der Erwiderungen von [vertraulich] und [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte für ihre Vereidigung sachdienlich waren. Folglich haben sie nicht nachgewiesen, dass die Kommission dadurch, dass sie ihnen nicht die vollständigen Fassungen der in Rede stehenden Erwiderungen übermittelt hat, ihre Verteidigungsrechte verletzt hat.

190    Unter diesen Umständen ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass die von den Klägerinnen beantragte prozessleitende Maßnahme zu erlassen ist, mit der die Kommission aufgefordert werden soll, die vollständigen Fassungen der in Rede stehenden Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorzulegen.

3.      Dritter, vierter, fünfter, sechster und siebter Klagegrund, soweit sie die Schlussfolgerung der Kommission zum Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung und ihre Zurechnung an Scania betreffen

a)      Vorbemerkungen

1)      Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

191    Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Fügen sich die verschiedenen Handlungen der betroffenen Unternehmen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes in einen „Gesamtplan“ ein, ist die Kommission somit berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes auferlegen (vgl. Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

192    Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die unter den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV fielen und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, an einer solchen einheitlichen und komplexen Zuwiderhandlung beteiligt hat, kann somit für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen nachweislich durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

193    Es ist somit möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 43).

194    Hat sich ein Unternehmen dagegen an einer oder mehreren wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bilden, unmittelbar beteiligt, ist aber nicht nachgewiesen, dass es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung sämtlicher von den anderen Kartellbeteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die genannten Kartellbeteiligten in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, so ist die Kommission lediglich berechtigt, dieses Unternehmen für die Verhaltensweisen, an denen es sich unmittelbar beteiligt hat, und die Verhaltensweisen zur Verantwortung zu ziehen, die die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen wie der von ihm verfolgten Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten und für die nachgewiesen ist, dass es von ihnen wusste oder sie vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 44).

195    Schließlich hat der Gerichtshof klargestellt, dass bei der Qualifizierung verschiedener Vorgänge als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht zu prüfen ist, ob sie insofern in einem Komplementaritätsverhältnis stehen, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einheitliches Ziel gerichteten Gesamtplans anstreben. Die den Begriff des einheitlichen Ziels betreffende Voraussetzung bedeutet vielmehr, dass geprüft werden muss, ob nicht Gesichtspunkte, die die verschiedenen die Zuwiderhandlung ausmachenden Verhaltensweisen kennzeichnen, vorliegen, die darauf hindeuten könnten, dass die von anderen beteiligten Unternehmen vorgenommenen Handlungen nicht das gleiche Ziel oder die gleiche wettbewerbswidrige Wirkung haben und sich daher nicht wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen „Gesamtplan“ einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens u. a./Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:866, Rn. 247 und 248).

196    Wie aus der oben in den Rn. 191 und 192 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, sind drei Elemente entscheidend für die Feststellung der Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung. Das erste betrifft das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung selbst. Die verschiedenen in Rede stehenden Verhaltensweisen müssen Teil eines „Gesamtplans“ mit einem einheitlichen Ziel sein. Das zweite und das dritte Element betreffen die Zurechenbarkeit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an ein Unternehmen. Zum einen muss dieses Unternehmen die Absicht gehabt haben, durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Teilnehmern verfolgten gemeinsamen Ziele beizutragen. Zum anderen muss es von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten gewusst haben oder musste es vernünftigerweise vorhersehen können und bereit sein, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil vom 24. September 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission, T‑105/17, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2019:675, Rn. 208; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 16. Juni 2011, Team Relocations u. a./Kommission, T‑204/08 und T‑212/08, EU:T:2011:286, Rn. 37).

2)      Beweislast und Beweisanforderungen

197    Soweit die Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dazu führt, dass einem Unternehmen die Beteiligung an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zugerechnet wird, sei darauf hingewiesen, dass die Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweise beizubringen hat, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegen (vgl. Urteil vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

198    Der Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV setzt voraus, dass die Kommission ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise beibringt. Nicht jeder der von der Kommission beigebrachten Beweise muss jedoch notwendigerweise diesem Kriterium in Bezug auf jedes Element der Zuwiderhandlung genügen. Es genügt, dass das Bündel der von diesem Organ angeführten Indizien bei einer Gesamtbetrachtung dieses Erfordernis erfüllt (vgl. Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

199    Im Übrigen haben die betroffenen Unternehmen, wenn sich die Kommission im Rahmen der Feststellung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht auf Schriftstücke als Beweis stützt, nicht nur eine plausible Alternative zur Darstellung der Kommission darzutun, sondern sie müssen außerdem aufzeigen, dass die im angefochtenen Beschluss angeführten Beweise für den Nachweis der mutmaßlichen Zuwiderhandlung nicht genügen (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 181 und die dort angeführte Rechtsprechung).

200    Außerdem müssen dem Richter verbleibende Zweifel dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen (Urteil vom 16. Februar 2017, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission, C‑90/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:123, Rn. 18). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Unschuldsvermutung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der nunmehr in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte niedergelegt ist. Dieser Grundsatz findet auf Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, Anwendung (vgl. Rn. 108 oben).

3)      Angefochtener Beschluss

201    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass Scania und die Vergleichsparteien einen gemeinsamen Plan mit dem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel, den Wettbewerb auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR zu beschränken, verfolgt hätten. Dieses Ziel sei durch Praktiken zur Verringerung der strategischen Ungewissheit zwischen den Parteien in Bezug auf die künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw erreicht worden (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission hat ausgeführt, dass der Austausch zwischen den Parteien

–        geplante Änderungen der Bruttopreise und der Bruttopreislisten sowie gelegentlich geplante Änderungen der Nettopreise oder Änderungen der Kundenrabatte sowie des Zeitplans dieser Änderungen betroffen habe;

–        den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, betroffen habe;

–        ein Mittel zum Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen, wie Informationen über Lieferfristen, Bestellungen, Lagerbestände, Zielmarktanteile, aktuelle Nettopreise und Rabatte und Bruttopreislisten (auch vor ihrem Inkrafttreten) und über Lkw-Konfiguratoren dargestellt habe.

202    Nach Ansicht der Kommission war das oben beschriebene Verhalten aus den fünf unten in den Rn. 452 bis 462 im Einzelnen dargelegten Gründen Teil eines gemeinsamen Plans mit einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel. Zu diesen Gründen gehörte insbesondere die Tatsache, dass die wettbewerbswidrigen Kontakte die gleichen Waren, nämlich mittlere und schwere Lkw, und dieselbe Gruppe von Lkw-Herstellern betroffen hätten, die Tatsache, dass die Art der geteilten Informationen (Preisinformationen und Informationen über den Zeitplan für die Einführung von speziellen Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen) während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung gleich geblieben sei, die Tatsache, dass die wettbewerbswidrigen Kontakte häufig und systematisch stattgefunden hätten, und die Tatsache, dass die Art, der Umfang und das Ziel dieser Kontakte während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung trotz des Umstandes, dass sich die Ebene und die internen Verantwortlichkeiten der an den Kontakten beteiligten Mitarbeiter im Laufe der Zuwiderhandlung geändert hätten, gleich geblieben seien.

4)      Zum Vorbringen der Klägerinnen, der Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung setze voraus, dass die Kommission mehrere offensichtlich miteinander in Verbindung stehende Zuwiderhandlungen feststelle

203    In der Erwiderung haben die Klägerinnen geltend gemacht, der Rückgriff auf den Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung setze voraus, dass die Kommission mehrere offensichtlich miteinander in Verbindung stehende Zuwiderhandlungen feststelle. Nach Ansicht der Klägerinnen kann eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung keine Verhaltensweisen umfassen, die für sich genommen keine Zuwiderhandlung darstellen.

204    Ausgehend von dieser Prämisse machen die Klägerinnen an erster Stelle geltend, die Kommission hätte die Beweise für jede Ebene der Kontakte separat prüfen müssen, um festzustellen, ob es auf jeder Ebene zu einer Zuwiderhandlung gekommen sei, und bejahendenfalls ihren Umfang und das damit verfolgte wettbewerbswidrige Ziel bestimmen müssen. An zweiter Stelle hätte die Kommission prüfen müssen, ob die betreffenden Zuwiderhandlungen deshalb als eine einheitliche Gesamtzuwiderhandlung anzusehen seien, weil sie einen Gesamtplan verfolgten, der einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel diene. Erst an dritter Stelle hätte die Kommission schließlich den zeitlichen und räumlichen Umfang der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf der Grundlage der Beweise in ihrer Gesamtheit prüfen müssen. Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission die beiden ersten Stufen außer Acht gelassen und die Feststellung einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung damit gerechtfertigt, dass sie den Kontakten auf unterer Ebene des Sitzes und den Kontakten auf deutscher Ebene die gleiche Qualität und Tragweite wie den Kontakten auf Führungsebene beigemessen habe. Dadurch habe die Kommission das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt, wo es keine solche gebe.

205    Diese Argumentation der Klägerinnen, die vor der Prüfung des dritten, vierten, fünften, sechsten und siebten Klagegrundes zu prüfen ist, ist zurückzuweisen.

206    Die Prämisse, auf der diese Argumentation beruht, dass nämlich eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung Verhaltensweisen umfassen müsse, die isoliert betrachtet eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV darstellten müssten, findet in der Rechtsprechung der Unionsgerichte keine Stütze. Wie bereits ausgeführt, kann sich nach der Rechtsprechung ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, „selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten“ (siehe oben Rn. 191).

207    Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zweckes der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes in einen „Gesamtplan“ ein, so ist die Kommission nach Auffassung des Gerichtshofs berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 258).

208    Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die Feststellung des Vorliegens einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht notwendigerweise voraussetzt, dass die Kommission mehrere Zuwiderhandlungen feststellt, die alle unter Art. 101 AEUV fallen, sondern, dass sie nachweisen muss, dass die verschiedenen von ihr festgestellten Handlungen Teil eines Gesamtplans sind, mit dem ein einheitliches wettbewerbswidriges Ziel erreicht werden soll. Es ist daher von besonderer Bedeutung, dass die Kommission das Vorliegen eines solchen Plans und den Zusammenhang zwischen den oben genannten Handlungen und diesem Plan nachweist.

209    Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung eine Situation erfasst, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem dauerhaften Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, verfolgt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2019, Campine und Campine Recycling/Kommission, T‑240/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:778, Rn. 269 und die dort angeführte Rechtsprechung).

210    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht die Handlungen innerhalb jeder der drei Kontaktebenen als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens eingestuft hat. Sie hat jedoch die Ansicht vertreten, dass diese Handlungen zusammen genommen Teil eines Gesamtplans zur Verwirklichung des einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziels, den Wettbewerb auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR zu beschränken, gewesen seien. Die Kommission hat diese Schlussfolgerung im Einklang mit der oben in Rn. 195 angeführten Rechtsprechung auf die fünf Gesichtspunkte gestützt, die für die genannten und oben in Rn. 202 zusammengefassten Handlungen kennzeichnend sind. In Anbetracht der oben in Rn. 206 bis 208 dargelegten Analyse ist dieser Ansatz der Kommission mit keinem Fehler behaftet.

211    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Argumentation der Klägerinnen, soweit sie auf die unzutreffende Prämisse gestützt ist, dass der Rückgriff auf den Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung voraussetze, dass die Kommission mehrere Zuwiderhandlungen feststellen müsse, zurückzuweisen ist. Die nachfolgende Prüfung des dritten, vierten, fünften, sechsten und siebten Klagegrundes ermöglicht es dem Gericht, insbesondere die Begründetheit der Schlussfolgerung der Kommission zu überprüfen, dass die verschiedenen im angefochtenen Beschluss genannten Handlungen Teil eines Gesamtplans zur Verwirklichung eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziels seien, und somit eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellten.

b)      Dritter Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, soweit der Informationsaustausch auf unterer Ebene des Sitzes als Zuwiderhandlung gegen diese Vorschriften angesehen worden sei

212    Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes erheben die Klägerinnen zwei Rügen. Zum einen werfen sie der Kommission vor, davon ausgegangen zu sein, dass die drei Ebenen der kollusiven Kontakte miteinander in Verbindung gestanden hätten, insbesondere die untere Ebene des Unternehmenssitzes mit den beiden anderen Ebenen (erste Rüge). In diesem Zusammenhang tragen sie vor, zwischen diesen Ebenen, die getrennt voneinander gearbeitet hätten, habe weder ein Kontakt noch ein gemeinsames Treffen stattgefunden. Zum anderen werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe, insbesondere gestützt auf die angeblichen Verbindungen zwischen den drei oben genannten Ebenen, die Ansicht vertreten, dass die kollusiven Kontakte auf unterer Ebene des Sitzes eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens darstellten.

213    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

214    Bevor auf die beiden oben genannten Rügen eingegangen wird, ist auf die einschlägigen Passagen des angefochtenen Beschlusses hinzuweisen.

1)      Angefochtener Beschluss

215    Im 213. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission in dem Teil über die Prüfung der Frage des Vorliegens von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen in Sinne von Art. 101 AEUV ausgeführt, dass die Kartellteilnehmer auf verschiedenen Ebenen miteinander in Kontakt gestanden hätten und dass die verschiedenen Ebenen manchmal gemeinsame Treffen gehabt hätten, so beispielsweise die Mitarbeiter der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und die Mitarbeiter auf deutscher Ebene. Die Kommission hat in dem oben genannten 213. Erwägungsgrund weiter ausgeführt, dass diese Kontakte durch ihren Inhalt, ihren Zeitplan, durch offene Bezugnahmen aufeinander und durch die Übermittlung der gesammelten Informationen miteinander verknüpft gewesen seien und insoweit Beispiele für die Übermittlung der auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen an die jeweiligen Unternehmenssitze der Kartellteilnehmer darstellten.

216    In den Erwägungsgründen 315 bis 317 des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliege, und hat festgestellt, dass sämtliche in Abschnitt 6.2 des angefochtenen Beschlusses in chronologischer Reihenfolge dargelegten kollusiven Kontakte (auf den drei Ebenen) einem gemeinsamen Plan mit dem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR dienten. Nach Ansicht der Kommission wurde dieses Ziel durch Praktiken zur Verringerung der strategischen Ungewissheit zwischen den Parteien in Bezug auf die künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw erreicht (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

217    Um ihre Schlussfolgerung zu untermauern, dass die Verlagerung des Austauschs von der Führungsebene auf die deutsche Ebene die fortgesetzte Natur der Zuwiderhandlung nicht berührt habe, hat die Kommission in Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass es zwischen den auf den verschiedenen Ebenen abgehaltenen Treffen beträchtliche zeitliche Überschneidungen gegeben habe. Trotz der Unterbrechung der Kontakte auf Führungsebene im September 2004 seien die Kontakte auf den beiden anderen Ebenen fortgesetzt worden. Insbesondere von 2003 bis 2007 seien Treffen und Kontakte zwischen Wettbewerbern gemeinsam auf unterer Ebene des Sitzes und auf deutscher Ebene organisiert worden, und oft hätten Mitarbeiter des Unternehmenssitzes an Treffen auf deutscher Ebene teilgenommen und umgekehrt. Die Kommission hat auch darauf hingewiesen, dass die Parteien wiederholt auf unterer Ebene des Sitzes erörtert hätten, welche Informationen auf welcher Ebene ausgetauscht werden sollten.

2)      Erste Rüge

218    Was die erste von den Klägerinnen erhobene Rüge anlangt, die die „Verbindungen“ zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte betrifft, so ist festzustellen, dass die Kommission die folgenden Gesichtspunkte als Beleg für das Bestehen solcher Verbindungen angeführt hat: die Tatsache, dass die Teilnehmer auf diesen Ebenen Mitarbeiter derselben Unternehmen gewesen seien, d. h. von Scania und den Vergleichsparteien; die Tatsache, dass der Austausch auf jeder der drei Ebenen den gleichen Inhalt gehabt habe; die Tatsache, dass es zwischen den auf den verschiedenen Ebenen abgehaltenen Treffen eine zeitliche Überschneidung gegeben habe; die Tatsache, dass die unterschiedlichen Ebenen aufeinander Bezug genommen hätten und gesammelte Informationen ausgetauscht hätten; die Tatsache, dass es manchmal gemeinsame Kontakte und Treffen zwischen verschiedenen Ebenen gegeben habe, wobei sich die Kommission im Speziellen auf gemeinsame Kontakte und Treffen zwischen Mitarbeitern auf unterer Ebene des Sitzes und Mitarbeitern auf deutscher Ebene der betreffenden Unternehmen bezieht (vgl. 213. Erwägungsgrund und Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses).

219    Die vorliegende Rüge der Klägerinnen stützt sich insbesondere darauf, dass es keine gemeinsamen Kontakte oder Treffen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte gegeben habe.

220    Insoweit ist erstens anzumerken, dass die Kommission, wie sich aus den Rn. 215 und 217 oben und im Übrigen den Klarstellungen der Kommission in Rn. 122 der Klagebeantwortung ergibt, ihre Feststellung, dass die Ebenen der kollusiven Kontakte miteinander in Verbindung stünden, nicht auf die Tatsache gestützt hat, dass es Kontakte oder gemeinsame Treffen zwischen der Führungsebene und der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und zwischen der Führungsebene und der deutschen Ebene gegeben habe. Die Kommission hat sich nur auf das Vorliegen von Kontakten und gemeinsamen Treffen zwischen der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und der deutschen Ebene gestützt. Daher ist die Argumentation der Klägerinnen, mit der dargetan werden soll, dass es keine Kontakte und gemeinsamen Treffen zwischen der Führungsebene und der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und der Führungsebene und der deutschen Ebene gegeben habe, nicht stichhaltig.

221    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die Ansicht vertreten hat, dass zwischen der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und der deutschen Ebene insbesondere von 2003 bis 2007 gemeinsame Kontakte und gemeinsame Treffen stattgefunden hätten (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses). Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich, dass dieser Gesichtspunkt einer der Gesichtspunkte war, auf die die Kommission ihre Schlussfolgerung gestützt hat, dass die Zuwiderhandlung fortgesetzt gewesen sei.

222    Was diese Feststellung der Kommission anlangt, so geht aus der Akte hervor, dass Treffen auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes und auf deutscher Ebene oft zu derselben Zeit und am selben Ort organisiert wurden, um Handelsmessen vorzubereiten, und dass die Teilnehmer auf unterer Ebene des Sitzes über den Inhalt des Austauschs auf deutscher Ebene informiert waren, dass sie diesen Inhalt an ihre jeweiligen Unternehmen weitergaben und dass sie ganz allgemein mit den Teilnehmern am Austausch auf deutscher Ebene in Kontakt standen.

223    Insoweit verweist das Gericht insbesondere auf die im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweise, die ein Treffen zwischen Wettbewerbern am 24. August 2004 in München (Deutschland) betreffen. Nach den Angaben von [vertraulich] nahmen Mitarbeiter der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und der deutschen Ebene an diesem Treffen teil. Für Scania waren A von der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und B von der deutschen Ebene anwesend. Bei diesem Treffen fand ein Informationsaustausch über künftige Preiserhöhungen auf dem deutschen Markt und über die Zeitpunkte der Markteinführung der den Umweltnormen entsprechenden Lkw statt. Eine von [vertraulich] erstellte Power-Point-Präsentation, die im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnt wird, zeigt, dass die bei dem Treffen vom 24. August 2004 ausgetauschten Informationen an den Unternehmenssitz von [vertraulich] übermittelt wurden.

224    Das Gericht verweist auch auf die im 147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweise, die belegen, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes über den Inhalt des Austausches über die Preise informiert waren, der beim Treffen zwischen den Wettbewerbern in München am 4. und 5. Juli 2005 stattfand. Im Speziellen bezieht sich das Gericht auf die E‑Mail, die von C von der unteren Ebene des Unternehmenssitzes von [vertraulich] an Mitarbeiter der anderen konkurrierenden Unternehmen, die ebenfalls der unteren Ebene des Unternehmenssitzes angehörten, versandt wurde. In dieser E‑Mail führte C unter Bezugnahme auf das Treffen vom 4. und 5. Juli 2005 insbesondere aus, dass [vertraulich] bei diesem Treffen den Wettbewerbern Informationen über die aktuelle Preisliste von [vertraulich] (auf der Grundlage des deutschen Marktes) geliefert habe, und ersuchte die Adressaten dieser E‑Mail u. a., dies ebenfalls zu tun. Der Mitarbeiter des Unternehmenssitzes von [vertraulich], der zu den Adressaten der oben genannten E‑Mail gehörte, antwortete, dass sein Unternehmen den Austausch über die Preise auf Marktebene (und zwar auf deutscher Ebene) aufrechterhalten wolle, und gab die Namen der Mitarbeiter von [vertraulich] an, die im Rahmen dieses Austauschs kontaktiert werden sollten. Die E‑Mail von C war auch an D von der unteren Ebene des Unternehmenssitzes von Scania adressiert, der an dem oben genannten Treffen vom 4. und 5. Juli 2005 teilgenommen hatte. Aus der Akte geht hervor, dass D die oben genannte E‑Mail nicht erhalten hat, weil sein Name falsch geschrieben war (vgl. 147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die E‑Mail von C zeigt jedoch, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes, einschließlich der Mitarbeiter von Scania, über den Informationsaustausch über die Preise, der beim oben genannten Treffen vom 4. und 5. Juli 2005 stattfand, auf dem Laufenden waren.

225    Das Gericht merkt auch an, dass bestimmte Mitarbeiter der beteiligen Unternehmen, obwohl sie dem Unternehmenssitz angehörten, am Austausch auf deutscher Ebene teilnahmen, was die Schlussfolgerung der Kommission untermauert, dass es Verbindungen zwischen der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und der deutschen Ebene gab. Das Gericht verweist insbesondere auf den Fall von C von [vertraulich] und E von [vertraulich]. Diese Mitarbeiter gehörten zwar dem Unternehmenssitz an, waren jedoch auf deutscher Ebene aktiv und organisierten den Informationsaustausch.

226    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Feststellung der Kommission, wonach zwischen der unteren Ebene des Unternehmenssitzes und der deutschen Ebene Kontakte bestanden hätten, rechtlich hinreichend erwiesen ist.

227    Drittens wenden sich die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes auch gegen die Feststellung der Kommission im 213. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach es auf der Ebene der kollusiven Kontakte offene Bezugnahmen aufeinander gegeben habe, und gegen die Feststellung in Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses, wonach die Kartellteilnehmer wiederholt auf unterer Ebene des Sitzes erörtert hätten, welche Informationen auf welcher Ebene ausgetauscht werden sollten.

228    Diese Feststellungen der Kommission sind rechtlich hinreichend erwiesen. Insbesondere aus den im 116. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Beweisen, die ein Treffen zwischen Wettbewerbern auf unterer Ebene des Sitzes am 3. und 4. Juli 2001 betreffen, geht hervor, dass die Mitarbeiter des Sitzes über den Inhalt des Austausches auf deutscher Ebene auf dem Laufenden waren, dass sie der Auffassung waren, dass dieser Austausch „zu weitgehend“ und „potentiell gefährlich“ sei. Aus den im 117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweisen geht hervor, dass die Wettbewerber bei dem oben genannten Treffen vom 3. und 4. Juli 2001 vereinbart haben, in Zukunft auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes Informationen über Waren und technische Informationen auszutauschen, aber keine Informationen über Preise oder Vergleichsdaten. Ebenso ergibt sich aus den im 147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweisen (vgl. Rn. 224 oben), dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes darüber diskutiert haben, welche Informationen auf welcher Ebene ausgetauscht werden sollten und dass in diesem Zusammenhang manche dieser Mitarbeiter den Wunsch geäußert hatten, dass der Austausch über Preise nur auf deutscher Ebene stattfinden sollte.

229    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es den Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht gelingt, die Feststellungen der Kommission in Frage zu stellen, die insbesondere in den Erwägungsgründen 213 und 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses dargelegt werden und die Verbindungen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte betreffen. Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission eine bestimmte Anzahl von Gesichtspunkten ins Treffen geführt, die das Vorliegen von Verbindungen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte belegen (vgl. Rn. 218 oben), die nicht bestritten worden sind, nämlich die Tatsache, dass die Teilnehmer Mitarbeiter derselben Unternehmen gewesen seien, und die Tatsache, dass es zwischen den Treffen auf den drei Ebenen der kollusiven Kontakte eine zeitliche Überschneidung gegeben habe, oder die bestritten worden sind, ohne im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes in Frage gestellt zu werden, nämlich die Tatsache, dass es zwischen den Mitarbeitern auf unterer Ebene des jeweiligen Sitzes der Kartellteilnehmer und den Mitarbeitern auf deutscher Ebene Kontakte gegeben habe. In Anbetracht dieser Gesichtspunkte ist das Gericht der Ansicht, dass die drei Ebenen der kollusiven Kontakte miteinander in Verbindung standen und dass sie nicht separat und unabhängig voneinander gehandelt haben.

3)      Zweite Rüge

230    Hinsichtlich der zweiten Rüge der Klägerinnen (vgl. Rn. 212 oben) ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die kollusiven Kontakte auf unterer Ebene des Sitzes (und im Übrigen auch die kollusiven Kontakte auf den beiden anderen Ebenen separat gesehen) nicht als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens eingestuft hat, sondern dass sie die Ansicht vertreten hat, dass sämtliche Kontakte auf den drei Ebenen Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewesen seien, da damit ein gemeinsamer Plan mit dem wettbewerbswidrigen Ziel verfolgt worden sei, den Wettbewerb auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR insbesondere durch einen Informationsaustausch zu beschränken, der die strategische Ungewissheit in Bezug auf die künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie in Bezug auf den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, verringert habe (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

231    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet war, den Austausch auf unterer Ebene des Sitzes separat betrachtet als gesonderte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens einzustufen, um auf das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zu schließen (vgl. Rn. 208 oben).

232    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die vorliegende Rüge der Klägerinnen auf der falschen Prämisse beruht, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss den Austausch auf unterer Ebene des Sitzes als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens eingestuft habe. Ungeachtet dieser falschen Prämisse ist angesichts der Erwägungen in den Rn. 208 bis 211 oben und im Lichte der Argumentation der Klägerinnen zu prüfen, inwiefern der Austausch auf unterer Ebene des Sitzes zur Verwirklichung des oben in Rn. 230 dargelegten gemeinsamen Plans beigetragen hat.

233    Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes, wie im Rahmen der Prüfung der ersten Rüge festgestellt worden ist, über den Inhalt des Austausches auf deutscher Ebene informiert waren, dass sie diesen Inhalt an ihre jeweiligen Unternehmen weitergaben und dass sie ganz allgemein mit den Teilnehmern am Austausch auf deutscher Ebene in Kontakt standen (vgl. Rn. 222 oben). Es zeigt sich somit, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes dadurch, dass sie an dem Austausch beteiligt waren, der die strategische Ungewissheit hinsichtlich der zukünftigen Preise und Zeitpunkte der Markteinführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen verringerte, zur Verwirklichung des oben genannten gemeinsamen Plans beitrugen.

234    Zweitens zeigen die im 144. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweise für ein Treffen zwischen Wettbewerbern auf unterer Ebene des Sitzes am 3. und 4. Februar 2005 in Lyon (Frankreich), dass [vertraulich] die anderen Hersteller, darunter Scania, über die zukünftige Preiserhöhung von 5 % eines von ihr gebauten Lkw-Modells in Kenntnis gesetzt hat. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen geltend gemacht haben, dass diese Information zum Zeitpunkt des oben genannten Treffens öffentlich bekannt gewesen sei, und dass sie zur Stützung dieses Vorbringens im Stadium der Erwiderung und einige Tage vor der mündlichen Verhandlung einen Artikel einer Fachzeitschrift vorgelegt haben, dessen elektronische Fassung vom 4. Februar 2005 stammte. Unabhängig von der Zulässigkeit dieses Beweises ist das Gericht der Ansicht, dass der oben genannte Artikel kein Beleg für die Begründetheit des Vorbringens der Klägerinnen ist, da die Tragweite der von [vertraulich] beim Treffen vom 3. und 4. Februar 2005 übermittelten Information größer war als die in dem oben genannten Artikel enthaltene Information, in dem von einer Preiserhöhung des Lkw-Modells von [vertraulich] nur in Bezug auf den Markt des Vereinigten Königreichs die Rede war.

235    Die von [vertraulich] beim Treffen vom 3. und 4. Februar 2005 auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes übermittelte Preisinformation zeigt, dass der Austausch auf dieser Ebene unabhängig von der Frage, ob er eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln darstellt, zur Verwirklichung des oben in Rn. 230 dargelegten gemeinsamen Plans beigetragen hat, da sie zeigt, dass es bei diesem Austausch auch um Fragen der Preisgestaltung von Lkw und nicht nur um technische Fragen ging.

236    Drittens ergibt sich aus einer im 146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten internen E‑Mail von [vertraulich], die von F von der unteren Ebene des Sitzes dieses Unternehmens geschickt wurde und das Treffen der Wettbewerber am 4. und 5. Juli 2005 betrifft, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes, darunter Mitarbeiter des Sitzes von Scania, u. a. Informationen über den Zeitpunkt der Markteinführung von den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Lkw-Modellen austauschten. F informierte seine Kollegen beispielsweise über die beim Treffen von 4. und 5. Juli 2005 bekannt gewordene Tatsache, dass Scania „auf der [vertraulich]-Veranstaltung eine komplette Serie von Motoren vorstellen [wird], die der Euro-4[-Norm] entsprechen (und einige Motoren, die der Euro-5[-Norm] entsprechen“, und darüber, dass 2 000 Bestellungen von der Euro-4-Norm entsprechenden Motoren bereits bei Scania eingegangen seien. F teilte seinen Kollegen beispielsweise auch mit, dass gemäß den von [vertraulich] bei dem oben genannten Treffen gelieferten Informationen die Preiserhöhung im Zusammenhang mit der Einführung der Euro-5-Norm von ihren Kunden nicht bekämpft werde und dass bereits 6 000 dieser Norm entsprechende Lkw verkauft worden seien. Der Inhalt des Informationsaustauschs auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes beim Treffen vom 4. und 5. Juli 2005 zeigt ebenfalls, dass der Austausch auf unterer Ebene des Sitzes zur Verwirklichung des oben in Rn. 230 dargelegten gemeinsamen Plans beigetragen hat, da er zeigt, dass es bei diesem Austausch auch um Fragen des Zeitpunkts der Einführung von Lkw-Modellen ging, die mit den speziellen Umweltnormen vereinbar waren.

237    Viertens ist darauf hinzuweisen, dass die Teilnehmer an den kollusiven Kontakten auf den drei Ebenen Mitarbeiter derselben Unternehmen waren, dass es zeitliche Überschneidungen der Treffen auf unterer Ebene des Sitzes mit den Treffen auf den beiden anderen Ebenen gab, und dass zwischen den Mitarbeitern auf unterer Ebene des Sitzes und den Mitarbeitern auf deutscher Ebene Kontakte bestanden (vgl. Rn. 218 und 229 oben).

238    Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass der Informationsaustausch auf unterer Ebene des Sitzes zur Verwirklichung des oben in Rn. 230 dargelegten gemeinsamen Plans beigetragen hat und dass ihn die Kommission daher zu Recht bei der Feststellung einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung berücksichtigt hat.

239    Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

c)      Vierter Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass die Klägerinnen eine Vereinbarung über den Zeitplan für die Markteinführung von Abgastechnologien geschlossen bzw. ihre Verhaltensweisen insoweit aufeinander abgestimmt hätten

240    Die Argumentation der Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes lässt sich in drei Teile gliedern, die im Folgenden nacheinander geprüft werden.

1)      Erster Teil des vierten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird

241    Die Klägerinnen machen geltend, die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Erwägungen ermöglichten es ihr nicht, die Art und die Tragweite der ihnen zur Last gelegten Zuwiderhandlung nachzuvollziehen. Zum einen gehe aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission die Auffassung vertreten habe, dass die Klägerinnen insbesondere dadurch eine Zuwiderhandlung begangen hätten, dass sie sich über den Zeitplan für die Einführung von Abgastechnologien abgestimmt hätten, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, und dass dieses Verhalten für sich genommen eine Zuwiderhandlung sei. Zum anderen scheine im angefochtenen Beschluss in den Erwägungsgründen 243 und 321 auch vertreten zu werden, dass der die genannte Absprache betreffende Sachverhalt mit dem angeblichen Preis- und Bruttopreiskartell „in Zusammenhang“ stehe und dieses „ergänze“, was vermuten lasse, dass der bloße Informationsaustausch über den Zeitpunkt der Einführung der Technologien für sich genommen keine Zuwiderhandlung darstelle.

242    Die Klägerinnen kommen zu dem Schluss, dass diese Inkohärenz in den Erwägungen der Kommission einen Verstoß gegen Art. 296 AEUV darstelle und dass der angefochtene Beschluss auf dieser Grundlage für nichtig zu erklären sei.

243    Die Klägerinnen werfen der Kommission auch vor, sie habe die Gründe nicht dargelegt, weshalb der Informationsaustausch über den Zeitplan für die Einführung der Abgastechnologien eine bezweckte Zuwiderhandlung darstelle.

244    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

245    Es ist festzustellen, dass es sich bei der in Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht nach ständiger Rechtsprechung um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Unter diesem Blickwinkel muss die vorgeschriebene Begründung dem Wesen des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Was insbesondere die Begründung von Einzelentscheidungen angeht, hat die Pflicht zur Begründung solcher Entscheidungen neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. Urteil vom 7. November 2019, Campine und Campine Recycling/Kommission, T‑240/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:778, Rn. 321 und die dort angeführte Rechtsprechung).

246    Im Übrigen ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 7. November 2019, Campine und Campine Recycling/Kommission, T‑240/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:778, Rn. 322 und die dort angeführte Rechtsprechung).

247    Außerdem verlangt die in Art. 296 AEUV vorgesehene Begründungspflicht, dass die Argumentation, auf die sich eine Entscheidung stützt, eindeutig und unmissverständlich ist. Somit muss die Begründung eines Rechtsakts folgerichtig sein und darf insbesondere keine inneren Widersprüche aufweisen, die das Verständnis der Gründe, die diesem Rechtsakt zugrunde liegen, erschweren (vgl. Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 151 und die dort angeführte Rechtsprechung).

248    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im 236. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Abschnitt 7.2.3 („Beschränkung des Wettbewerbs“) ausgeführt, dass das wettbewerbswidrige Verhalten im vorliegenden Fall die Beschränkung des Wettbewerbs im Gebiet des EWR bezweckt habe.

249    Im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass im vorliegenden Fall der Hauptaspekt aller Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, der als Beschränkung des Wettbewerbs eingestuft werden könne, in der Koordinierung der Preise und Bruttopreiserhöhungen durch [einen Informationsaustausch] über Preise, über den Zeitpunkt und die zusätzlichen Kosten der Markteinführung neuer Lkw-Modelle, die den Abgasnormen entsprächen, und im Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen bestanden habe.

250    In Erwägungsgrund 238 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, dass Scania mit Wettbewerbern Vereinbarungen über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, abgeschlossen und/oder sich mit ihnen abgestimmt habe.

251    Im 239. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass sämtliche Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, an denen Scania teilgenommen habe, die Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV bezweckt und es den Unternehmen ermöglicht hätten, ihre Preisstrategie im Lichte der von den Wettbewerbern erhaltenen Informationen anzupassen.

252    Im 243. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission erklärt, dass die Klägerinnen dadurch, dass sie über den Zeitpunkt der Einführung neuer Umweltnormen und der durch die neue Technologie verursachten zusätzlichen Kosten gesprochen hätten, Informationen über die Absichten ihrer Wettbewerber in Bezug auf das Bruttopreisniveau erhalten hätten. Nach den Erläuterungen der Kommission führte die Weitergabe der Kosten der Einführung der neuen Umwelttechnologie zu Änderungen des Bruttopreises der betreffenden Lkw-Modelle. Die Parteien hätten den Zeitpunkt gekannt, zu dem die neuen Modelle (auf die die zusätzlichen Kosten abgewälzt worden seien) in die Bruttopreisliste der Wettbewerber aufgenommen worden seien, da sie den Zeitpunkt der Markteinführung dieser neuen Modelle gekannt hätten. Daher habe die Art dieser Gespräche und der Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Markteinführung der neuen, mit den Umweltnormen vereinbaren Lkw-Modelle mit der Kollusion zwischen den Parteien hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen im Zusammenhang gestanden und habe diese ergänzt.

253    Im Übrigen ergibt sich aus den Erwägungsgründen 315 bis 350 in Abschnitt 7.2.4 („Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung“) des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission Scania eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens zugerechnet hat, die sie als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft hat, die in kollusiven Kontakten zur Preisgestaltung und Erhöhung der Bruttopreise für mittlere und schwere Lkw im EWR sowie zum Zeitplan und zur Weitergabe der Kosten der Einführung von aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw bestanden habe. Nach Ansicht der Kommission zielten diese kollusiven Kontakte darauf ab, den Wettbewerb durch eine Verringerung des Grads der strategischen Ungewissheit zwischen den Wettbewerbern in Bezug auf die künftigen Preise, die Bruttopreiserhöhungen, den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen zu beschränken (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

254    Im 321. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ihre im 243. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegte Analyse wiederholt, wonach die Art der Gespräche und Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Markteinführung der neuen, mit den Umweltnormen vereinbaren Lkw-Modelle in Zusammenhang mit der Kollusion zwischen den Parteien hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen gestanden und diese ergänzt habe.

255    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Art. 1 des angefochtenen Beschlusses Folgendes bestimmt:

„Die folgenden juristischen Einheiten von Scania haben dadurch, dass sie sich über Preise und Bruttopreiserhöhungen im EWR für mittlere und schwere Lkw sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben sind, abgestimmt haben, in den folgenden Zeiträumen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 [des EWR-Abkommens] verstoßen …“

256    Zum einen ergibt sich aus der vorstehenden Darstellung des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen in diesem Beschluss die Absprache über den Zeitplan für die Einführung der Abgastechnologien nicht separat als gesonderte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV eingestuft hat. Dagegen ist klar, dass die genannte Absprache nach Ansicht der Kommission Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung war, deren einheitliches wettbewerbswidriges Ziel die Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im Gebiet des EWR war.

257    Zum anderen ergibt sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 236, 237, 239, 243 und 321 des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission der Ansicht war, dass der Informationsaustausch über den Zeitplan der Einführung der Abgastechnologien mit dem Informationsaustausch über Preise und Bruttopreiserhöhungen in Zusammenhang stand und diesen ergänzte und dass dieser gesamte Austausch es den betreffenden Unternehmen im Wesentlichen ermöglichte, ihre Preisstrategien nach Maßgabe der von den Wettbewerbern erhaltenen Informationen anzupassen, was eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellte.

258    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die im angefochtenen Beschluss enthaltene Begründung die Überlegungen der Kommission so klar und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass das Gericht seine gerichtliche Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Im Übrigen zeigen der Inhalt und die Ausführlichkeit der Argumentation der Klägerinnen vor dem Gericht, dass es ihnen die Begründung des angefochtenen Beschlusses ermöglicht hat, den Beschluss vor dem Gericht in wirksamer Weise anzufechten.

259    Nach alledem ist der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen.

2)      Zweiter Teil des vierten Klagegrundes, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens gerügt wird, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass die Klägerinnen eine Vereinbarung über den Zeitplan für die Markteinführung der Abgastechnologien geschlossen bzw. ihre Verhaltensweisen insoweit aufeinander abgestimmt hätten

260    Die Klägerinnen wenden sich gegen die Beurteilung der Kommission, wonach sie eine Vereinbarung über den Zeitplan für die Einführung von Abgastechnologien geschlossen bzw. ihre Verhaltensweisen insoweit aufeinander abgestimmt hätten.

261    Insoweit führen die Klägerinnen aus, die Verpflichtung, die Lkw-Motoren an die Euro-Normen anzupassen, ergebe sich aus der europäischen Regelung, die den Lkw-Herstellern bekannt sei, und sei nicht das Ergebnis eines Innovationswettbewerbs.

262    Die Klägerinnen machen auch geltend, Scania habe die verschiedenen Euro-Abgasnormen auch vor Geltung der in der europäischen Regelung vorgeschriebenen Fristen stets respektiert, und ihre Produktion sei im Allgemeinen ungefähr sechs oder sieben Jahre vor der in dieser Regelung vorgesehenen Frist für die Einführung von diesen Normen entsprechenden Technologien geplant worden. Diese Tatsache sei mit der Annahme der Kommission unvereinbar, dass Scania mit ihren Wettbewerbern eine Vereinbarung über den Zeitplan für die Markteinführung von den Euro-Normen entsprechenden Technologien geschlossen habe oder sich insoweit mit ihnen abgestimmt habe.

263    Die Klägerinnen berufen sich auch auf den Umstand, dass die Zeitpunkte der Markteinführung der Abgastechnologien zwischen den Lkw-Herstellern sehr unterschiedlich seien, was das Vorliegen einer Koordinierung dieser Zeitpunkte zwischen ihnen in Frage stelle.

264    Die Klägerinnen bestreiten auch, dass der im angefochtenen Beschluss beschriebene Informationsaustausch zeige, dass sie eine Vereinbarung über die Einführung neuer Abgastechnologien geschlossen bzw. ihre Verhaltensweisen insoweit aufeinander abgestimmt hätten.

265    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

266    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Begriffe „Vereinbarung“, „Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen“ und „abgestimmte Verhaltensweise“ in subjektiver Hinsicht Formen der Kollusion erfassen, die in ihrer Art übereinstimmen, und dass sie sich nur in ihrer Intensität und ihren Ausdrucksformen unterscheiden (vgl. Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

267    In Bezug auf die Definition einer abgestimmten Verhaltensweise hat der Gerichtshof entschieden, dass es sich dabei um eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen handelt, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinn gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (vgl. Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

268    Die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die Voraussetzungen für eine abgestimmte Verhaltensweise sind, verlangen nicht die Ausarbeitung eines eigentlichen „Plans“; sie sind vielmehr im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des [EG‑]Vertrags zu verstehen, wonach jeder Wirtschaftsteilnehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Binnenmarkt betreiben und welche Bedingungen er seiner Kundschaft gewähren will (vgl. Urteile vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission, C‑7/95 P, EU:C:1998:256, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 119 und die dort angeführte Rechtsprechung).

269    Zwar nimmt dieses Selbständigkeitspostulat den Wirtschaftsteilnehmern nicht das Recht, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die geeignet ist, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Verhalten ins Bild zu setzen, das man selbst auf dem betreffenden Markt an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht, wenn diese Kontakte bezwecken oder bewirken, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die im Hinblick auf die Art der Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die Bedeutung und Zahl der beteiligten Unternehmen sowie den Umfang des in Betracht kommenden Marktes nicht den normalen Bedingungen dieses Marktes entsprechen (vgl. Urteile vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission, C‑7/95 P, EU:C:1998:256, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung).

270    So hat der Gerichtshof entschieden, dass der Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen kann, wenn er den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringert oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt (vgl. Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung).

271    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Erwägungsgrund 238 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses bekräftigt, dass Scania mit ihren Wettbewerbern Vereinbarungen über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, abgeschlossen und/oder sich mit ihnen abgestimmt habe. Diese Bekräftigung der Kommission beruht auf mehreren Beweisen, die im angefochtenen Beschluss angeführt werden und seine Stichhaltigkeit belegen.

272    Erstens ist auf das im 103. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Protokoll eines Treffens auf Führungsebene vom 6. April 1998 in Brüssel (Belgien) hinzuweisen. Dieses Protokoll zeigt deutlich, dass die Teilnehmer an diesem Treffen Informationen über Preise sowie über den Zeitplan für die Einführung von Lkw-Modellen, die der Euro-3-Norm entsprechen, ausgetauscht haben und dass sie sich abgesprochen haben, die dieser Norm entsprechende Technologie nicht einzuführen, bevor diese Einführung verpflichtend wird. Das genannte Protokoll zeigt auch, dass die Teilnehmer am Treffen Informationen über die Auswirkungen der Einführung der neuen Technologie auf die Preise ausgetauscht haben. Da in diesem Protokoll auf „alle Mitglieder von [vertraulich]“ Bezug genommen wird, kann der Schluss gezogen werden, dass Scania an dem genannten Treffen vom 6. April 1998 teilgenommen hat.

273    Zweitens verweist das Gericht auf das Treffen auf Führungsebene vom 10. und 11. April 2003 in Göteborg (Schweden), an dem Scania teilgenommen hat, auf das im 127. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eingegangen wird. In diesem Erwägungsgrund angeführte handschriftliche Notizen eines Vertreters von [vertraulich], der an diesem Treffen teilgenommen hat, zeigen, dass die Teilnehmer Informationen über Preise und über die Einführung von der Euro-4-Norm entsprechenden Technologien ausgetauscht haben. In diesen Aufzeichnungen heißt es:

„Verkäufe von [vertraulich] Euro 4 Okt. 2004. [vertraulich]/Scania kann sie früher einführen, wünscht dies aber nicht. Alle vereinbaren die Einführung [vertraulich] ‚Verkaufseinführung‘.“

274    Der Inhalt des oben in Rn. 273 genannten Treffens vom 10. und 11. April 2003 wird in einem Fax wiedergegeben, das [vertraulich] am 8. Mai 2003 an die Wettbewerber, darunter Scania, geschickt hat und das im 128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird. Darin heißt es:

„Bei unserem Treffen in Göteborg haben wir die Markteinführung der Spezifikation Euro 4 besprochen. Ich habe die Initiative übernommen, diese Frage mit unserem Kollegen [G] zu besprechen. Obwohl [vertraulich] bezweifelt, dass wir alle unsere Versprechen halten, akzeptiert sie eine Markteinführung im September 2004 [vertraulich]. Ganz klar dürfen wir sie vor diesem Zeitpunkt nicht zum Verkauf anbieten. Ich gehe davon aus, dass wir uns noch immer einig sind und dass wir uns an dieses Datum halten werden. Wenn Sie das aus irgendeinem Grund nicht können, teilen Sie mir das bitte per Retourfax mit.“

275    Die Klägerinnen haben sich auf die Erklärungen von [vertraulich] im Verwaltungsverfahren berufen, wonach die oben in Rn. 273 genannten Notizen nicht auf das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen den Lkw-Herstellern hindeuteten, sondern nur besagten, dass alle akzeptiert hätten, dass die der Euro-4-Norm entsprechenden Motoren wahrscheinlich nicht vor [vertraulich] im September 2004 auf den Markt gebracht würden. Diese nachträglich gelieferten Erklärungen, die dem klaren Wortlaut der Notizen des Vertreters von [vertraulich] und des Faxes vom 8. Mai 2003 widersprechen, aus denen sich ergibt, dass die Wettbewerber übereingekommen waren, die der Euro-4-Norm entsprechenden Motoren im September 2004 einzuführen, sind jedoch nicht überzeugend.

276    Drittens ist auf die von H, einem Vertreter von [vertraulich], am 16. September 2004 an die Wettbewerber, darunter Scania, geschickte E‑Mail zu verweisen, in der er seine Entscheidung mitteilte, an dem in Hannover (Deutschland) geplanten Treffen auf Führungsebene nicht teilzunehmen. In dieser E‑Mail, die im 138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, heißt es:

„Der Grund für diese Entscheidung ist Enttäuschung. Ich finde, dass das Verhalten mancher unserer Kollegen (vor allem von einem bestimmten) bei der Kommunikation über Euro 4 und 5 sowie die Art und Weise, wie diese Kollegen versucht haben, dem Ansehen der Lkw‑Industrie und insbesondere einiger ihrer Kollegen Schaden zuzufügen, nicht hinnehmbar sind…“

277    [Vertraulich] erläuterte in einer mündlichen Erklärung, die im Verwaltungsverfahren abgegeben wurde und im 138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, dass das Unternehmen die der Euro-4-Norm entsprechende Technologie vor dem mit den Wettbewerbern vereinbarten Zeitpunkt, nämlich dem September 2004, eingeführt habe (siehe oben Rn. 273 und 274) und dass dies der Grund für den Unmut sei, den der Vertreter von [vertraulich] in seiner E‑Mail ausgedrückt habe. Aus der Akte geht hervor, dass der Austausch auf Führungsebene nach diesem Vorfall eingestellt wurde (138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

278    Die oben in Rn. 276 angeführte E‑Mail des Vertreters von [vertraulich] belegt in Zusammenschau mit den oben in den Rn. 273 und 274 dargestellten Beweisen, dass es zwischen den Wettbewerbern, darunter Scania, eine Vereinbarung über den Zeitpunkt der Markteinführung der der Euro-4-Norm entsprechenden Technologien gegeben hat.

279    Die Klägerinnen haben sich auf die eidesstattliche Erklärung des Vertreters von [vertraulich] berufen, der der Verfasser der oben in Rn. 276 angeführten E‑Mail ist, in der er erklärt habe, dass seine E‑Mail aufgrund von Spannungen zwischen [vertraulich] und [vertraulich] geschickt worden sei und dass es keine Vereinbarung zwischen den Lkw-Herstellern über den Zeitpunkt der Einführung von der Euro-4-Norm entsprechenden Motoren gebe. Nach Ansicht der Klägerinnen wird die eidesstattliche Erklärung dadurch untermauert, dass [vertraulich] und ihr Vertreter auf die Ankündigung von Scania auf einer Pressekonferenz vom 31. März 2004, ihren ersten der Euro-4-Norm entsprechenden Motor auf den Markt zu bringen, überhaupt nicht reagiert hätten. Nach Ansicht der Klägerinnen kann davon ausgegangen werden, dass der Vertreter von [vertraulich] in gleicher Weise auf die Ankündigung von Scania reagiert hätte, wenn die Hersteller eine Vereinbarung über den Zeitplan der Einführung der der Euro-4-Norm entsprechenden Technologie geschlossen hätten.

280    Diese Argumentation der Klägerinnen ist nicht überzeugend.

281    Was zum einen die oben genannte eidesstattliche Erklärung betrifft, so wurde sie vom Verfasser der oben in Rn. 276 angeführten E‑Mail mehrere Jahre nach den für das Verwaltungsverfahren relevanten Ereignissen und damit in tempore suspecto abgegeben. Daher kann ihr Inhalt den Beweiswert der aus der Zeit der Ereignisse stammenden und objektiveren Beweise, wie des oben in Rn. 274 angeführten Faxes, sowie den Beweiswert der oben in Rn. 277 angeführten Erklärung von [vertraulich] nicht in Frage stellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, EU:T:2006:272, Rn. 277; vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:255, Rn. 379, und vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 201). All diese Beweise belegen das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen den Lkw-Herstellern über den Zeitpunkt der Einführung der der Euro-4-Norm entsprechenden Technologie.

282    Zum anderen ist hinsichtlich des auf die Pressekonferenz von Scania vom 31. März 2004 gestützten Arguments festzustellen, dass in der von den Klägerinnen vorgelegten Presseerklärung, die ihr Vorbringen keineswegs untermauert, die Einführung von der Euro-4-Norm entsprechenden 420-PS-Motoren im September 2004 angekündigt wurde, also zu einem Zeitpunkt, der mit dem von den Wettbewerbern beim Treffen vom 10. und 11. April 2003 in Göteborg vereinbarten Zeitpunkt übereinstimmt (siehe oben Rn. 273 und 274).

283    Viertens verweist das Gericht auf den Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern, darunter Scania DE, der zwischen dem 2. und dem 8. Dezember 2004 stattfand und bei dem es um Preiserhöhungen im Jahr 2005 ging (140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). In diesem Zusammenhang gab [vertraulich] an, dass sie 5 410 Euro für die Umstellung von „Euro 3 auf Euro 4“ berechne.

284    Wie aus dem 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, schickte B, ein Vertreter von Scania DE, am 2. Dezember 2004 Mitarbeitern von konkurrierenden Unternehmen eine E‑Mail, in der er fragte, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Bruttopreis die den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Motoren geliefert würden. Der Vertreter von [vertraulich] übermittelte in seiner Antwort die verlangten Informationen und wies insbesondere darauf hin, dass sich die zusätzlichen Preise für die den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Motoren auf jeweils 11 500 Euro und 14 800 Euro beliefen. Am 17. Dezember 2004 übermittelte B die erhaltenen Informationen an die Wettbewerber (142. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

285    Fünftens ist auf das Treffen vom 12. September 2005 zu verweisen, das im 149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, bei dem es vor allem um die Themen „Situation Euro 4/5“ und „für 2006 vorgesehene Preiserhöhungen“ ging. Aus den handschriftlichen Notizen geht hervor, dass die Wettbewerber, unter denen sich I, ein Vertreter von Scania DE, befand, bei diesem Treffen Informationen über den Zeitpunkt der Markteinführung der den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Lkw-Modelle und über ihre Preisgestaltung austauschten.

286    Sechstens ist auf eine E‑Mail vom 21. Juli 2009 zu verweisen, die im 180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, in der ein Mitarbeiter von [vertraulich] vorschlug, den folgenden Punkt auf die Tagesordnung des von Scania DE organisierten Treffens der Wettbewerber zu setzen, das am 17. und 18. September 2009 stattfinden sollte: „Euro VI – ich weiß – dürfen und wollen wir darüber sprechen?“

287    Im 181. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wird auf das oben in Rn. 286 angeführte Treffen vom 17. und 18. September 2009 Bezug genommen. Aus den von den Klägerinnen nicht bestrittenen Beweisen, die in dem genannten Erwägungsgrund angeführt werden, geht hervor, dass die Wettbewerber Informationen über den Zeitpunkt der Einführung der der Euro-6-Norm entsprechenden Technologie sowie über die für 2010 vorgesehenen Preiserhöhungen ausgetauscht haben.

288    Aus den oben in den Rn. 272 und 287 dargestelltem Beweisen und Tatsachen geht hervor, dass die Kommission in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen hat, dass Scania mit ihren Wettbewerbern Vereinbarungen über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben waren, abgeschlossen und/oder sich mit ihnen abgestimmt hatte.

289    Diese Schlussfolgerung wird durch die oben in Rn. 261 bis 263 dargestellte Argumentation der Klägerinnen nicht in Frage gestellt. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die europäische Regelung über die Zeitpunkte der Einführung der Euro-Abgasnormen nur auf die Fristen für die Einführung dieser Normen abzielte (vgl. sechster Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und die Lkw-Hersteller nicht verpflichtete, Informationen über den Zeitplan der Markteinführung der diesen Normen entsprechenden Waren auszutauschen. Im Übrigen ist der Umstand, dass Scania ihre Produktion mehrere Jahre vor der in der europäischen Regelung vorgesehenen Frist für die Einführung einer speziellen Euro-Norm geplant hat, kein Beweis dafür, dass sie nicht an der Absprache mit den anderen Lkw-Herstellern teilgenommen hat. Auch die Tatsache, dass die Zeitpunkte der Markteinführung der Abgastechnologien von Lkw-Hersteller zu Lkw-Hersteller unterschiedlich sind, ist kein Beweis dafür, dass zwischen ihnen kein Informationsaustausch stattgefunden hat, der es ihnen ermöglicht hat, die Pläne ihrer Wettbewerber zu kennen.

290    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen.

3)      Dritter Teil des vierten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, dass der Informationsaustausch über den Zeitplan für die Markteinführung der Abgastechnologien keine bezweckte Zuwiderhandlung darstelle

291    Die Klägerinnen machen geltend, die in der Akte enthaltenen Beweise zeigten allenfalls, dass die Parteien ausnahmsweise Informationen über den Zeitplan für die Markteinführung ihrer jeweiligen Abgastechnologien ausgetauscht hätten. Dieser seltene Austausch stelle jedoch keine bezweckte Zuwiderhandlung dar. Nach Ansicht der Klägerinnen wird im angefochtenen Beschluss nicht der Beweis erbracht, dass der Informationsaustausch über den Zeitplan für die Einführung der Abgastechnologien seinem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden könne, ohne dass seine Auswirkungen geprüft werden müssten.

292    Es sei schwer nachvollziehbar, wie der Austausch von Informationen über die Zeitpunkte der Markteinführung auch nur zur geringsten Verzögerung oder Behinderung des Wettbewerbs beim Angebot der fraglichen neuen Technologie führen könnte, da erstens die technische Entwicklung einer neuen Technologie der Emissionskontrolle ungefähr sechs oder sieben Jahre dauere, zweitens alle Hersteller verpflichtet seien, den Euro-Normen entsprechende neue Motoren zu entwickeln, und die in Rede stehenden Technologien vor den durch die europäischen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Fristen auf den Markt gebracht hätten und drittens praktisch keine Nachfrage nach den Euro-Normen entsprechenden Lkw bestanden habe, bevor diese Normen verpflichtend geworden seien.  Nach Ansicht der Klägerinnen bestand das Ziel des Informationsaustausches jedenfalls nicht darin, die Einführung der Abgastechnologien „zu verzögern“.

293    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

294    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Erwägungsgrund 238 Buchst. b und im 239. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass sämtliche Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, an denen Scania beteiligt gewesen sei, zu denen die Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung der Abgastechnologien gehörten, eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV bezweckt und es den Unternehmen ermöglicht hätten, ihre Preisstrategie im Lichte der von den Wettbewerbern erhaltenen Informationen anzupassen. Im Übrigen hat die Kommission in den Erwägungsgründen 243 und 321 des angefochtenen Beschlusses erklärt, dass die Art der Gespräche und der Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Markteinführung der neuen, den Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modelle mit der Kollusion zwischen den Parteien hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen in Zusammenhang gestanden und diese ergänzt habe. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt hat, deren Ziel die Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR gewesen sei und die in Praktiken bestanden habe, die den Grad der strategischen Ungewissheit zwischen den Parteien in Bezug auf die künftigen Preise und die Bruttopreiserhöhungen verringert hätten (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

295    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die oben in den Rn. 291 und 292 dargestellte Argumentation der Klägerinnen auf einer Reihe von falschen Prämissen beruht.

296    Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission den Informationsaustausch über den Zeitplan für die Einführung der Abgastechnologien nicht als eigenständige Zuwiderhandlung eingestuft. Dieser Austausch wurde auch nicht isoliert als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft, sondern zusammen mit anderen kollusiven Praktiken berücksichtigt. Im 239. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wurde „dieser Komplex von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen“ als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft, die es den Teilnehmern ermöglichte, ihre Preisstrategie im Licht der von den Wettbewerbern erhaltenen Informationen anzupassen.

297    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nicht auf die Feststellung gestützt ist, dass die Vereinbarungen oder die abgestimmten Verhaltensweisen über den Zeitplan für die Einführung der Abgastechnologien ein Hindernis für das Angebot der neuen Technologien dargestellt hätten, wie die oben in Rn. 292 angeführte Argumentation der Klägerinnen nahelegt. Die Schlussfolgerung der Kommission beruht auf der Feststellung, dass diese kollusiven Praktiken die abgestimmten Verhaltensweisen in Bezug auf die Preise und Bruttopreiserhöhungen ergänzten. Aus dem Inhalt des im angefochtenen Beschluss angeführten Informationsaustauschs zwischen den Wettbewerbern ergibt sich, dass sich die Einführung der Technologien, die sicherstellten, dass die Lkw-Motoren den Euro-Normen entsprachen, auf die Preise der betreffenden Lkw-Modelle auswirken und zu einer Erhöhung dieser Preise führen konnte. Die Wettbewerber erörterten untereinander nicht nur den Zeitplan, sondern auch die Weitergabe der Kosten der Einführung der neuen Technologie. Die Kommission hat daher in den Erwägungsgründen 243 und 321 des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass die Wettbewerber dadurch, dass sie über den Zeitpunkt der Einführung der neuen Technologien und der dadurch verursachten zusätzlichen Kosten gesprochen hätten, Kenntnis vom geplanten Bruttopreisniveau und vom Zeitplan für die Bruttopreiserhöhung erlangt hätten. Daraus folgt, dass das oben in Rn. 292 dargelegte Vorbringen der Klägerinnen auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Beschlusses beruht und ins Leere geht.

298    Was die Frage anlangt, ob der Informationsaustausch zwischen den Lkw-Herstellern, der es ihnen ermöglichte, das geplante Niveau der Bruttopreise ihrer Wettbewerber und den Zeitplan für die Bruttopreiserhöhung zu erfahren, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt, so ist diese nicht Gegenstand des Vorbringens der Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes, das, wie bereits ausgeführt, auf einem falschen Verständnis beruht, wonach die Kommission diesen Herstellern vorwerfe, das Angebot der neuen Technologien zu behindern (vgl. Rn. 297 oben). Für alle Fälle ist darauf hinzuweisen, dass der Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen kann, wenn er den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringert oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt (vgl. Rn. 270 oben). Insbesondere ist davon auszugehen, dass ein Informationsaustausch, der geeignet ist, die Unsicherheiten unter den Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts, des Ausmaßes und der Modalitäten der von dem betreffenden Unternehmen vorzunehmenden Anpassung des Marktverhaltens auszuräumen, einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (vgl. Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 122 und die dort angeführte Rechtsprechung).

299    Im vorliegenden Fall ist angesichts der oben in Rn. 298 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass ein Informationsaustausch zwischen den Wettbewerbern, der es ihnen ermöglicht, Informationen über das geplante Bruttopreisniveau und über den Zeitplan für die Bruttopreiserhöhung zu erlangen, wodurch die Ungewissheit über ihr künftiges Verhalten beseitigt wird, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2013, Mamoli Robinetteria/Kommission, T‑376/10, EU:T:2013:442, Rn. 72).

300    Nach alledem ist der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen. Folglich ist dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

d)      Fünfter Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, soweit die Kommission den Informationsaustausch auf deutscher Ebene als „bezweckte“ Zuwiderhandlung eingestuft habe

1)      Vorbemerkungen

301    Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe keine aussagekräftigen und übereinstimmenden Beweise beigebracht, die die These bestätigten, dass der Informationsaustausch auf deutscher Ebene eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs darstelle, um als „bezweckte“ Beschränkung im Sinne des Urteils vom 11. September 2014, CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:2204), eingestuft zu werden.

302    Die Klägerinnen tragen vor, dass eine Analyse des Inhalts, der Ziele und des wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmens der auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen zeige, dass die von der Kommission vorgenommene Bewertung [der Zuwiderhandlung] als „bezweckt“ mit einem Rechtsfehler oder einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet sei.

303    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

304    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 238. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erstens festgestellt hat, dass Scania mit den Vergleichsparteien Vereinbarungen über geplante Änderungen der Bruttopreise und Bruttopreislisten und über den Zeitplan für diese Änderungen und gelegentlich über die geplanten Änderungen der Nettopreise oder Kundenrabatte abgeschlossen und/oder sich mit ihnen abgestimmt habe, zweitens, dass Scania mit den Vergleichsparteien Vereinbarungen über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, abgeschlossen und/oder sich mit ihnen abgestimmt habe, und drittens, dass Scania und die Vergleichsparteien andere geschäftlich sensible Informationen, nämlich Informationen über Lieferfristen, Bestellungen und Lagerbestände, angestrebte Marktanteile, aktuelle Nettopreise und Rabatte, Bruttopreislisten (auch vor deren Inkrafttreten) und Lkw-Konfiguratoren ausgetauscht hätten.

305    Nach dem 212. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fanden die von der Kommission im 238. Erwägungsgrund dieses Beschlusses angeführten kollusiven Praktiken auf den drei oben in den Rn. 35 bis 38 beschriebenen Ebenen und insbesondere auf deutscher Ebene statt.

306    Die Kommission hat im 239. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der im 238. Erwägungsgrund dargelegte Komplex von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen die Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV bezweckt und es den Unternehmen ermöglicht habe, ihre Preisstrategie im Lichte der von den Wettbewerbern erhaltenen Informationen anzupassen.

307    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission all diese kollusiven Verhaltensweisen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, die von 1997 bis 2011 gedauert habe, eingestuft hat. Nach Ansicht der Kommission verfolgten Scania und die Vergleichsparteien einen Gesamtplan mit dem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR. Dieses Ziel sei durch Praktiken erreicht worden, die den Grad der strategischen Ungewissheit zwischen den Wettbewerbern in Bezug auf die künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen, den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw verringert hätten (317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

308    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission, auch wenn sie im vorliegenden Fall die kollusiven Kontakte auf deutscher Ebene nicht für sich genommen als Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV eingestuft hat, gleichwohl die Ansicht vertreten hat, dass diese Kontakte bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen darstellten und Teil einer Scania zurechenbaren einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung seien und zu deren Verwirklichung beitrügen. Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ist zu prüfen, ob die Beurteilung der Kommission zutrifft, wonach die kollusiven Kontakte auf deutscher Ebene eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellten.

309    Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass bestimmte Arten der Koordination zwischen Unternehmen den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 49, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 113; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 34).

310    Die Unterscheidung zwischen „bezweckten Verstößen“ und „bewirkten Verstößen“ liegt darin begründet, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 50, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 114; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a.., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 35).

311    So steht fest, dass bestimmte kollusive Verhaltensweisen, wie z. B. diejenigen, die zur horizontalen Festsetzung der Preise durch Kartelle führen, als derart geeignet angesehen werden können, negative Auswirkungen auf insbesondere den Preis, die Menge oder die Qualität der Waren und Dienstleistungen zu haben, dass für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der Nachweis, dass sie konkrete Auswirkungen auf den Markt haben, als überflüssig erachtet werden kann. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 115).

312    Lässt jedoch die Prüfung einer Art von Koordinierung zwischen Unternehmen keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie vom Verbot erfasst wird, Merkmale vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 34, vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 52, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 116).

313    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, um als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgefasst zu werden, auf den Inhalt ihrer bzw. seiner Bestimmungen und die mit ihr bzw. ihm verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie bzw. er steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 117; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 36).

314    Ferner ist es den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Union nicht verwehrt, die Absicht der Beteiligten zu berücksichtigen, auch wenn sie kein notwendiges Element ist, um festzustellen, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen wettbewerbsbeschränkenden Charakter hat (Urteile vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, EU:C:2013:160, Rn. 37; vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 54, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 118).

315    Was insbesondere den Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern betrifft, sind die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die Voraussetzungen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen sind, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Binnenmarkt betreiben will (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 32, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 119).

316    Zwar nimmt dieses Selbständigkeitspostulat den Wirtschaftsteilnehmern nicht das Recht, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die geeignet ist, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Verhalten ins Bild zu setzen, das man selbst auf dem betreffenden Markt an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht, wenn diese Kontakte bezwecken oder bewirken, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die im Hinblick auf die Art der Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die Bedeutung und Zahl der beteiligten Unternehmen sowie den Umfang des in Betracht kommenden Marktes nicht den normalen Bedingungen dieses Marktes entsprechen (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 33, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 120).

317    So hat der Gerichtshof entschieden, dass der Austausch von Informationen zwischen Wettbewerbern gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen kann, wenn er den Grad der Ungewissheit über das fragliche Marktgeschehen verringert oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führt (Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 81, vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 35, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 121).

318    Insbesondere ist davon auszugehen, dass ein Informationsaustausch, der geeignet ist, die Unsicherheiten unter den Beteiligten hinsichtlich des Zeitpunkts, des Ausmaßes und der Modalitäten der von dem betreffenden Unternehmen vorzunehmenden Anpassung des Marktverhaltens auszuräumen, einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 122; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 41).

319    Im Übrigen kann eine abgestimmte Verhaltensweise, auch wenn sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen steht, als Verhaltensweise angesehen werden, die einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt. Der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV lässt nämlich nicht den Schluss zu, dass nur abgestimmte Verhaltensweisen verboten wären, die sich unmittelbar auf die von den Endverbrauchern zu zahlenden Preise auswirken (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 123; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 36).

320    Aus Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV geht im Gegenteil hervor, dass aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der „unmittelbare[n] oder mittelbare[n] Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen“ bestehen, geeignet sind, einen wettbewerbswidrigen Zweck zu verfolgen (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 37, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 124).

321    Jedenfalls ist Art. 101 AEUV, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln des Vertrags, nicht nur dazu bestimmt, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern auch die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen. Die Feststellung, dass mit einer abgestimmten Verhaltensweise ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, setzt daher nicht voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen festgestellt wird (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 38 und 39, sowie vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 125).

322    Schließlich ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV, dass der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise über die Abstimmung zwischen den Unternehmen hinaus ein dieser entsprechendes Marktverhalten und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beiden voraussetzt (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 126).

323    Insoweit ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung gilt, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Insbesondere hat der Gerichtshof entschieden, dass eine abgestimmte Verhaltensweise selbst dann unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, wenn auf diesem Markt keine wettbewerbswidrigen Wirkungen eintreten (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51, und vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 127).

2)      Inhalt der ausgetauschten Informationen

i)      Zu den in Erwägungsgrund 238 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses genannten geplanten Änderungen der Bruttopreise und Bruttopreislisten und zum Zeitplan dieser Änderungen

324    Die Klägerinnen machen geltend, die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreise seien nicht geeignet gewesen, die „strategische“ Ungewissheit zwischen den Wettbewerbern zu verringern.

325    Insoweit machen die Klägerinnen erstens geltend, die auf deutscher Ebene ausgetauschten Preisinformationen hätten die geltenden Preise, die von den Vertreibern gegenüber den Händlern in Deutschland angewandt worden seien, und keine zukünftigen Preise oder Preisabsichten betroffen. Die Klägerinnen tragen zweitens vor, der Austausch auf deutscher Ebene habe Preise betroffen, die bereits öffentlich bekannt gewesen seien, und machen drittens geltend, die ausgetauschten Bruttopreise hätten keine Aussagekraft in Bezug auf die dem Endverbraucher tatsächlich in Rechnung gestellten Preise gehabt.

–       Vorbringen der Klägerinnen zur Frage, ob sich die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen auf die Gegenwart oder auf die Zukunft bezogen haben

326    Im 240. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Wettbewerber untereinander mehrere Faktoren in Bezug auf die künftige Preisgestaltung und die künftige Entwicklung der Bruttopreise erörtert hätten.

327    Die Klägerinnen wenden sich gegen die Schlussfolgerung der Kommission im angefochtenen Beschluss, wonach die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreise künftige Bruttopreise und Preisabsichten betroffen hätten. Sie machen im Wesentlichen geltend, der Austausch dieser Informationen habe geltende Bruttopreise betroffen und sei daher nicht von so großer strategischer Bedeutung gewesen, dass er als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden könne. Bei den ausgetauschten Bruttopreisen habe es sich um geltende (aktuelle) Preise gehandelt, da sie vor dem Austausch bereits an die Händlernetze weitergegeben worden seien oder bereits auf Lieferungen oder Bestellungen von Kunden angewandt worden seien.

328    Insoweit ist festzustellen, dass die Akte zahlreiche Beweise enthält, die belegen, dass die Gespräche auf deutscher Ebene über die Erhöhungen der Bruttopreise eindeutig zukunftsbezogen waren und darauf abzielten, die Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Preispolitik der Wettbewerber zu beseitigen. Gegenstand des im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Informationsaustauschs vom 2. bis 8. Dezember 2004 waren die für das Jahr 2005 geplanten Preiserhöhungen, Gegenstand des im 149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Informationsaustauschs vom 12. September 2005 waren die für das Jahr 2006 geplanten Preiserhöhungen, Gegenstand des im 158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Informationsaustauschs im Juni und Juli 2007 waren die für das Jahr 2008 geplanten Preiserhöhungen, Gegenstand des im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Informationsaustauschs vom 12. und 13. März 2008 waren die für die Jahre 2008 und 2009 geplanten Preiserhöhungen, Gegenstand des im 179. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Informationsaustauschs vom Juli 2009 waren die für das Jahr 2010 geplanten Preiserhöhungen, und die im 190. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene E‑Mail vom 14. Oktober 2010 belegt einen Informationsaustausch über die Preiserhöhungen im Jahr 2011. An all diesen Gesprächen nahmen Mitarbeiter von Scania DE teil.

329    Im Übrigen geht aus der Akte hervor, dass sowohl Scania als auch die anderen Wettbewerber einander gegenseitig die von ihnen geplanten Preiserhöhungen mitteilten, nachdem sie von einem der Wettbewerber dazu aufgefordert wurden. So ersuchte ein Mitarbeiter von [vertraulich] auf deutscher Ebene in einer im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebenen E‑Mail vom 2. Dezember 2004 Wettbewerber um Informationen über die für das Jahr 2005 geplanten Preiserhöhungen. Er schrieb: „Preiserhöhungen 2005: Wie jedes Jahr will der Chef wissen, ob und wann Sie im nächsten Jahr Ihre Preise erhöhen werden.“ Er fügte hinzu: „Aus diesem Grund ersuche ich Sie, diese Informationen an alle weiterzugeben, damit wir nicht mit einzelnen Anfragen Zeit verlieren.“ Ebenso heißt es in der im 179. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten E‑Mail vom 20. Juli 2009 in Bezug auf ein Auskunftsverlangen u. a. über Preiserhöhungen im Jahr 2010: „[W]ie jedes Jahr muss intern die Vorausplanung vorgenommen werden und [sind] damit verbundene Fragen [zu behandeln].“

330    Die Klägerinnen bestreiten, dass sich der Austausch über die Bruttopreise auf die Zukunft bezog und machen geltend, die auf deutscher Ebene ausgetauschten Preisinformationen hätten die Bruttopreislisten für den Verkauf vom Verteiler an den Händler betroffen, die den Händlern bereits übermittelt worden seien und bereits als Grundlage für die Bestellungen der Endkunden gedient hätten. Zur Stützung dieses Vorbringens berufen sich die Klägerinnen auf zwei von einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft erstellte Berichte, wobei der erste vom 20. September 2016 der Kommission im Verwaltungsverfahren vorgelegt wurde (im Folgenden: Wirtschaftsbericht vom 20. September 2016) und der zweite vom 9. Dezember 2017 erstmals dem Gericht vorgelegt wurde (im Folgenden: Wirtschaftsbericht vom 9. Dezember 2017). In diesen Berichten wird der Informationsaustausch zwischen den Wettbewerbern untersucht, an dem Scania DE teilgenommen hat (und der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss erwähnt ist), und unter Bezugnahme auf von Scania gelieferte Daten angeblich nachgewiesen, dass es bei jedem dieser Treffen um Bruttopreislisten ging, die vor ihrer Übermittlung an die Wettbewerber von Scania DE bereits den Händlern von Scania in Deutschland mitgeteilt worden waren oder als Referenz für die Bestellungen der Endverbraucher gedient hatten.

331    Dieses Vorbringen der Klägerinnen überzeugt das Gericht nicht.

332    Unabhängig von der Verlässlichkeit und Genauigkeit der Daten, die in den beiden oben in Rn. 330 angeführten Berichten verwendet wurden, die von den Klägerinnen zu ihrer Verteidigung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und vor dem Gericht in Auftrag gegeben worden waren, ist festzustellen, dass sich aus dem im angefochtenen Beschluss mehrmals dargestellten Informationsaustausch ergibt, dass die bei diesem Austausch besprochenen Preiserhöhungen auf die nach diesem Austausch vorgenommenen Bestellungen angewandt wurden. Folglich ist auch unter Zugrundelegung der von den Klägerinnen herangezogenen Analyse erwiesen, dass die ausgetauschten Informationen zukunftsbezogen waren. Insoweit verweist das Gericht beispielsweise auf den Informationsaustausch auf deutscher Ebene, der in den Erwägungsgründen 140, 149, 166, 171 und 190 des angefochtenen Beschlusses dargestellt wird. So teilte [vertraulich] bei dem im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Treffen seinen Wettbewerbern mit, dass die Preislisten für die Fahrzeuge und die Optionen für Bestellungen nach dem 1. April 2005 um 3 % erhöht würden; im Rahmen einer Präsentation von [vertraulich] bei einem im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Treffen der Wettbewerber auf deutscher Ebene am 12. und 13. März 2008 setzte [vertraulich] seine Wettbewerber über die Erhöhung der Preise bestimmter Lkw-Modelle in Kenntnis, die auf Bestellungen ab April 2008, Oktober 2008 und April 2009 anwendbar seien; in der im 171. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten E‑Mail vom 7. November 2008 werden die Wettbewerber über die von [vertraulich] vorgenommenen Preiserhöhungen für Bestellungen ab April 2009 und über die von [vertraulich] vorgenommenen Preiserhöhungen für Bestellungen ab Februar 2009 in Kenntnis gesetzt.

333    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass auch dann, wenn die Lkw-Hersteller vor dem Austausch der Informationen über die Bruttopreiserhöhungen auf deutscher Ebene ihre Absicht, die Bruttopreise zu erhöhen, „intern“, d. h. mit ihren Händlern, besprochen haben sollten, und selbst wenn sie bereits Aufträge auf der Grundlage dieser Bruttopreise erhalten haben sollten, dies nicht bedeutet, dass die ausgetauschten Informationen für ihre Wettbewerber nicht nützlich waren, da diese Informationen nicht öffentlich waren und die künftige Preisstrategie der Lkw-Hersteller, die die Informationen lieferten, offenlegten.

334    Um ihre Behauptung zu untermauern, dass der Informationsaustausch zwischen den Herstellern auf deutscher Ebene die geltenden Bruttopreise betroffen habe und nicht die künftigen Preise, machen die Klägerinnen auch geltend, Scania DE habe ihre Preise nach den Informationen (über die Preise), die sie von ihren Wettbewerbern habe erhalten können, nicht geändert. Zur Stützung dieser Behauptung haben sich die Klägerinnen den Wirtschaftsbericht vom 9. Dezember 2017 gestützt, der angeblich zeige, dass auf der Grundlage der Preislisten erhebliche Umsätze erzielt worden seien, nachdem Scania DE sie den anderen Teilnehmern auf deutscher Ebene übermittelt habe.

335    Diesem Vorbringen, das im Licht der oben in den Rn. 322 und 323 dargelegten Grundsätze zu erörtern ist, kann auch nicht gefolgt werden, da es in keiner Weise belegt, dass Scania die im Rahmen des Austausches auf deutscher Ebene erhaltenen Informationen nicht berücksichtigt hat, um ihre Preisstrategie zu bestimmen. Der Umstand, dass Scania an dem Austausch mit ihren Wettbewerbern 14 Jahre lang und regelmäßig teilgenommen hat, zeigt den strategischen Wert, den diese Informationen für Scania hatten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 51).

336    Um zu bestreiten, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten [Informationen über die] Bruttopreise zukunftsbezogen waren, tragen die Klägerinnen zwei Argumente vor. Zum einen nehmen sie auf die in der Akte enthaltenen Erklärungen anderer Lkw-Hersteller Bezug, die bestätigen sollen, dass es beim Informationsaustausch auf deutscher Ebene nicht um zukünftige Preisgestaltungsabsichten gegangen sei. Zum anderen machen sie geltend, die an dem Austausch auf deutscher Ebene beteiligten Mitarbeiter von Scania DE hätten nicht die Aufgabe gehabt, die Preise festzusetzen, und sie seien überzeugt gewesen, dass „zukunftsbezogene“ Informationen über Preise nicht in ihrem Kontaktnetz ausgetauscht würden. Die Mitarbeiter von Scania DE hätten bestätigt, dass die den Mitarbeitern anderer Hersteller übermittelten Informationen stets bereits im Händlernetz von Scania weit verbreitet gewesen seien, und angenommen, dass die von den anderen Herstellern gelieferten Preisinformationen „aktuelle“ und nicht zukünftige Preise beträfen.

337    Dem oben in Rn. 336 dargelegten Vorbringen der Klägerinnen kann auch nicht gefolgt werden.

338    Zunächst haben die Lkw-Hersteller in den von den Klägerinnen ins Treffen geführten Erklärungen im Wesentlichen angegeben, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreise den Händlern bereits (d. h. vor dem Austausch) mitgeteilt worden seien und daher nach Ansicht dieser Hersteller öffentlich seien. Die Frage, ob die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen „öffentlich“ waren, wird unten in den Rn. 342 bis 350 behandelt. In diesem Stadium der Prüfung ist anzumerken, dass die Akte Beweise enthält, die zeigen, dass der Austausch auf deutscher Ebene insbesondere künftige Bruttopreiserhöhungen zum Gegenstand hatte, und das wird auch durch die Erklärungen der Hersteller selbst belegt. Wie die Kommission in den Erwägungsgründen 89 und 91 des angefochtenen Beschlusses ausführt, hat die Mehrheit der Hersteller bestätigt, dass zu den Gesprächsthemen auf deutscher Ebene die zukünftigen Bruttopreiserhöhungen gehörten und dass dieser Austausch systematisch und regelmäßig erfolgte.

339    Sodann beruhen die Erklärungen der Mitarbeiter von Scania DE auf der falschen Prämisse, dass es sich bei den auf deutscher Ebene ausgetauschten [Informationen über] Bruttopreise um „aktuelle“ Preise gehandelt habe, da sie bereits den Händlernetzen mitgeteilt worden seien. Was die Wahrnehmung des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene durch die Mitarbeiter von Scania DE anlangt, so ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung keiner Kenntnis der Mitarbeiter des betreffenden Unternehmens von der Zuwiderhandlung bedarf, um einem Unternehmen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV zurechnen zu können, sondern dass die Handlung einer Person genügt, die berechtigt ist, für das Unternehmen tätig zu werden (vgl. Urteil vom 14. März 2013, Dole Food und Dole Germany/Kommission, T‑588/08, EU:T:2013:130, Rn. 581 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall bestreiten die Klägerinnen, wie die Kommission ausführt, nicht, dass die am Informationsaustausch beteiligten Mitarbeiter von Scania DE hierzu berechtigt waren. Daher ist das Vorbringen der Klägerinnen, das sich auf die genannte Wahrnehmung der Mitarbeiter von Scania DE und ihre Verantwortung für die Preisfestsetzung stützt, nicht stichhaltig und zurückzuweisen.

340    Schließlich ist die Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen, wonach die Kommission den oben in Rn. 330 genannten Wirtschaftsbericht vom 20. September 2016 nicht beachtet habe. Aus der Akte geht die Stichhaltigkeit dieser Rüge nicht hervor, und aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass dieser Bericht von begrenztem Nutzen war, da damit eine falsche Annahme untermauert werden sollte, und zwar, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen „aktuell“ gewesen seien, da sie bereits den Händlernetzen übermittelt worden seien.

341    Nach alledem ist das gesamte Vorbringen der Klägerinnen zur Frage, ob die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen „gegenwartsbezogen“ waren, zurückzuweisen.

–       Vorbringen der Klägerinnen zur Frage, ob die auf deutscher Ebene ausgetauschten Bruttopreise öffentlich bekannt waren

342    Die Klägerinnen machen geltend, die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreise seien angesichts des recht langen Zeitraums zwischen der Bestellung eines Lkw und seiner Lieferung von den Lkw-Herstellern bereits an ihre Händlernetze übermittelt und bereits bei den Verhandlungen zwischen den Händlern und den Kunden angesprochen wurden, so dass die öffentlich zugänglich gewesen seien. Daher hätten diese Informationen keinen strategischen Wert für die Wettbewerber gehabt. Die Klägerinnen machen geltend, ihre Analyse werde in gewissem Umfang durch Fn. 4 zu Rn. 74 der Leitlinien der Kommission zur Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. 2011, C 11, S. 1) untermauert.

343    Dieses Vorbringen der Klägerinnen überzeugt das Gericht nicht.

344    Erstens ist allgemein festzustellen, dass der Informationsaustausch über Preise auf deutscher Ebene über mehrere Jahre hinweg häufig stattfand. Aus der Akte ergibt sich auch, dass dieser Austausch strukturiert und gut organisiert war und dass die Teilnehmer oft aufgefordert wurden, eine Excel-Tabelle mit Informationen auszufüllen, die u. a. die geplanten Erhöhungen der Bruttopreise betrafen, und das Gericht verweist insoweit beispielsweise auf die Erwägungsgründe 150, 166, 171, 172, 175, 179 und 188 des angefochtenen Beschlusses sowie auf die Erklärungen einiger Hersteller im Verwaltungsverfahren, die im 91. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt sind. Angesichts dessen ist die Annahme, dass der Austausch auf deutscher Ebene für die Wettbewerber keinen Wert für die Planung ihrer Preisstrategie gehabt habe, nicht plausibel.

345    Zweitens weisen die Klägerinnen nicht nach, dass die Lkw-Hersteller die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen anders als über unmittelbare Kontakte zwischen den Wettbewerbern erlangen konnten, und räumen ein, dass sie nicht in der Lage sind, Beispiele für die Ankündigung von Preiserhöhungen durch eine allgemein zugängliche Quelle zu liefern. Die Klägerinnen bestreiten auch nicht die in den Erwägungsgründen 269 und 270 des angefochtenen Beschlusses angeführten Erklärungen einiger Wettbewerber im Verwaltungsverfahren, wonach die Bruttopreise und die Absichten, die Bruttopreise zu erhöhen, die Gegenstand des Austausches auf deutscher Ebene gewesen seien, im Allgemeinen nicht öffentlich zugänglich gewesen seien und nur teilweise aus öffentlich zugänglichen Quellen hätten erschlossen werden können, und dass die Informationen über die Bruttopreise, die öffentlich zugänglich gewesen seien, nicht so detailliert und genau gewesen seien wie die unmittelbar von den Wettbewerbern erhaltenen.

346    In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht nachweisen, dass die von den Händlern und Endkunden eines Lkw-Herstellers erlangten Informationen über künftige Bruttopreiserhöhungen andere Lkw-Hersteller auf einfache, direkte und systematische Weise erreichen. Insoweit hat ein Lkw-Hersteller im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die Kunden im Allgemeinen die Informationen über geplante Bruttopreiserhöhungen der Wettbewerber im Rahmen ihrer Verhandlungen mit den Händlern nicht teilten, da diese Informationen ihre Verhandlungsposition gegenüber diesen Händlern nicht stärkten (vgl. 279. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

347    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Informationen über Erhöhungen der Bruttopreise durch ihre Weitergabe an die Händlernetze nicht „öffentlich zugänglich“ wurden, wobei öffentlich zugängliche Informationen offenkundige objektive Marktgegebenheiten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, EU:T:2008:254, Rn. 236).

348    Daraus ergibt sich auch, dass der Austausch auf deutscher Ebene über die auf die Bruttopreislisten anwendbaren Erhöhungen das einzige Mittel war, das es den Wettbewerbern ermöglichte, diese Informationen einfach, schnell und genau zu erhalten und ein Klima der gegenseitigen Gewissheit hinsichtlich ihrer künftigen Preispolitik zu schaffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, EU:T:2008:254, Rn. 236).

349    Daher ist die von der Kommission im angefochtenen Beschluss gezogene Schlussfolgerung zu bestätigen, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen nicht öffentlich zugänglich waren (vgl. insbesondere 242. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Diese Schlussfolgerung der Kommission steht entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (vgl. Rn. 342 oben) auch im Einklang mit den Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit. In Ziff. 74 dieser Leitlinien führt die Kommission aus, dass der Austausch unternehmensspezifischer Daten über geplantes künftiges Preis- oder Mengenverhalten unter Wettbewerbern als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung betrachtet werden sollte. Die Kommission stellt zwar in Fn. 4 zu dieser Rn. 74 klar, dass in besonderen Fällen, wenn Unternehmen sich verpflichten, ihr Angebot künftig zu Preisen zu verkaufen, die sie vorab öffentlich bekannt gemacht haben (und folglich nicht mehr ändern können), solche öffentlichen Bekanntmachungen künftiger individueller Preise oder Mengen nicht als Absichten und somit normalerweise nicht als geeignet angesehen würden, Wettbewerbsbeschränkungen zu bezwecken. Der Inhalt dieser Fußnote ist jedoch im vorliegenden Fall nicht relevant, da die Lkw-Hersteller, einschließlich Scania, die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Preise nicht öffentlich bekannt gemacht, sondern nur ihren Händlernetzen übermittelt haben.

350    Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerinnen zur Frage, ob die auf deutscher Ebene ausgetauschten Preisinformationen öffentlich zugänglich waren, zurückzuweisen.

–       Vorbringen der Klägerinnen zum fehlenden Informationswert der auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreise für die bei den Geschäften auf dem Markt tatsächlich angewandten Preise

351    Die Klägerinnen machen geltend, die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreise gäben keinen Aufschluss über das künftige Preisverhalten der Wettbewerber. Sie erklären, die Bruttopreise und die Bruttopreislisten hätten entgegen der Beurteilung der Kommission im angefochtenen Beschluss aufgrund der Komplexität und der Anzahl der Faktoren bei der Preisgestaltung für Lkw keinen Informationswert für die bei den Geschäften auf dem Markt tatsächlich angewandten Preise.

352    Dieses Vorbringen der Klägerinnen wird im Rahmen ihrer Argumentation zum wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene wiederholt und näher ausgeführt. Daher wird es im Rahmen der Beurteilung dieser Argumentation erörtert werden.

ii)    Zu den in Erwägungsgrund 238 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses genannten geplanten Änderungen der Nettopreise und Kundenrabatte

353    Die Kommission hat in Erwägungsgrund 238 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Scania und die Vergleichsparteien gelegentlich Informationen zu geplanten Änderungen der Nettopreise und Änderungen der Kundenrabatte ausgetauscht hätten. Aus Erwägungsgrund 212 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass ein solcher Austausch mehrmals auf deutscher Ebene stattgefunden habe.

354    Die Klägerinnen bestreiten, dass ein solcher Austausch stattgefunden habe und machen geltend, die von der Kommission ins Treffen geführten schriftlichen Beweise seien kein Beleg dafür.

355    Aus der Akte ergibt sich, dass die Kommission in rechtlich hinreichender Weise das Vorliegen der oben in Rn. 353 genannten Praktiken nachgewiesen hat.

356    Der Informationsaustausch über Rabatte wird durch die handschriftlichen Notizen eines Mitarbeiters von [vertraulich] über ein Treffen von Wettbewerbern am 3. und 4. Mai 2004 in den Räumlichkeiten von Scania DE belegt, die im 134. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt werden. In diesen Notizen heißt es: „Durchschnitt der Preise +5, 6, 7,5 %! Keine Änderung der Bruttopreise, gleich bleibende Rabatte.“ Im Übrigen geht aus den im 156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweisen hervor, dass am 7. September 2006 ein Mitarbeiter von [vertraulich] Mitarbeiter der anderen Wettbewerber auf deutscher Ebene, darunter einen Mitarbeiter von Scania DE, über eine von [vertraulich] vorgenommene Bruttopreiserhöhung in Kenntnis gesetzt und ausgeführt hat, dass „es … eine Preiserhöhung (nur [vertraulich]) ab 1. Oktober geben [wird]: 2 % für alle [vertraulich]-Modelle“ und dass „die Bruttopreislisten … nicht geändert [werden], sehr wohl aber der Verkäuferrabatt“. Ebenso geht aus dem im 158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor, dass am 10. Juli 2007 ein Mitarbeiter von [vertraulich] in Beantwortung eines Auskunftsverlangens eines Mitarbeiters von [vertraulich], das an Mitarbeiter der Wettbewerber auf deutscher Ebene gerichtet war, eine von [vertraulich] vorgenommene Änderung der Rabatte mitteilte. Mitarbeiter von Scania DE nahmen an dem oben genannten Informationsaustausch teil.

357    Was den Informationsaustausch über die Nettopreise betrifft, geht aus dem im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor, dass [vertraulich] in Beantwortung eines Auskunftsverlangens eines Mitarbeiters von [vertraulich] vom 2. Dezember 2004 betreffend die geplanten Preiserhöhungen für das Jahr 2005 seine Wettbewerber u. a. darüber informiert hat, dass die Nettopreise ab 1. Januar 2005 für Optionen und ab 1. Februar 2005 für alle Serien um 1 % steigen würden. [vertraulich] führte weiter aus, die Preiserhöhung werde durch den Abbau von Rabatten erfolgen. Ebenso geht aus dem im 149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor, dass [vertraulich] im Rahmen eines Treffens von Wettbewerbern am 12. September 2005 auf deutscher Ebene, an dem Scania teilgenommen hatte, seine Wettbewerber über eine Preiserhöhung von 8 bis 10 % für das Lkw-Modell [vertraulich] informierte. Im Übrigen geht aus dem im 179. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor, dass [vertraulich] in Beantwortung eines Auskunftsverlangens vom 20. Juli 2009 eines Mitarbeiters von [vertraulich] betreffend u. a. Preiserhöhungen für das Jahr 2010 seine Wettbewerber über eine Erhöhung der Nettopreise um 1,5 % für Bestellungen ab Oktober 2009 informierte. Der Austausch von Informationen über Nettopreise geht auch aus dem in den Erwägungsgründen 184 und 188 des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor. Mitarbeiter von Scania DE nahmen an dem oben genannten Informationsaustausch teil.

358    Hinsichtlich des oben in den Rn. 356 und 357 genannten wiederholten Austauschs (beispielsweise des in den Erwägungsgründen 140, 149, 156 und 158 des angefochtenen Beschlusses genannten Austauschs), machen die Klägerinnen unter Bezugnahme auf die oben in den Rn. 327 und 342 angeführte Argumentation den Umstand geltend, dass die ausgetauschten Informationen „gegenwartsbezogene“ (und keine zukunftsbezogenen) Informationen gewesen seien, die öffentlich zugänglich gewesen seien. Da diese Argumentation vom Gericht bereits zurückgewiesen worden ist, stellt das Vorbringen der Klägerinnen die oben in Rn. 355 dargestellte Schlussfolgerung nicht in Frage.

iii) Zu der in Rn. 238 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses genannten Weitergabe der Kosten der Einführung der Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben waren

359    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Erwägungsgrund 238 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass Scania und die Vergleichsparteien Vereinbarungen über die Weitergabe der Kosten der Einführung der Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, geschlossen und/oder sich abgestimmt hätten. Aus Erwägungsgrund 212 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass nach Ansicht der Kommission mehrere dieser kollusiven Praktiken auf deutscher Ebene stattfanden.

360    Die Klägerinnen bestreiten, sich auf deutscher Ebene hinsichtlich der Weitergabe der mit der Einführung der Abgastechnologien verbundenen Kosten (Bruttopreiserhöhung) abgestimmt zu haben. Während sie im Übrigen nicht in Frage stellen, dass auf deutscher Ebene Preisinformationen ausgetauscht worden seien, bestreiten sie, dass es sich bei den Preisen im Zusammenhang mit der Einführung der Technologien, um die es bei dem Informationsaustausch gegangen sei, um künftige oder geplante Preise gehandelt habe.

361    Aus der Akte geht hervor, dass die Kommission das Vorliegen der oben in Rn. 359 genannten kollusiven Praktiken und die Teilnahme von Scania an diesen Praktiken rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

362    Beispielsweise geht aus den im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweisen hervor, dass [vertraulich] im Rahmen eines Informationsaustauschs auf deutscher Ebene, der vom 2. bis 8. Dezember 2004 stattfand und an dem ein Mitarbeiter von Scana DE teilnahm, seine Wettbewerber über seine Absicht in Kenntnis setzte, die Preise für die neuen, der Euro-4-Norm entsprechenden Modelle um 5 410 Euro zu erhöhen. Desgleichen geht aus den im 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweisen hervor, dass in Beantwortung einer an die Wettbewerber gerichteten E‑Mail von B, einem Mitarbeiter von Scania DE, in der um Informationen über Preise und Lieferzeitpunkte von Motoren, die den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprachen, gebeten worden war, J von der deutschen Tochtergesellschaft [vertraulich] antwortete, dass dieser Hersteller ab April oder Mai 2005 diesen Normen entsprechende Lkw liefern werde und dass die Mehrpreise für die den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Motoren jeweils 11 500 und 14 800 Euro betragen würden. Im Übrigen geht aus den im 149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweisen hervor, dass bei einem Treffen der Wettbewerber auf deutscher Ebene am 12. September 2005 ein Informationsaustausch über die Preise stattfand. Zu den Diskussionsthemen gehörten die für das Jahr 2006 geplanten Preiserhöhungen. I von Scania DE war bei dem Treffen anwesend. Aus den handschriftlichen Notizen eines Teilnehmers des Treffens geht hervor, dass [vertraulich] seine Wettbewerber über die Zuschläge in Kenntnis setzte, die dieser Hersteller aufgrund der Einführung der den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Technologien anwenden würde. Aus den Beweisen in der Akte ergibt sich auch, dass I von Scania DE bei dem oben genannten Treffen vom 12. September 2005 detaillierte Ausführungen über die von Scania angewandten Preiserhöhungen aufgrund der Einführung der den Euro-4- und Euro-5-Normen entsprechenden Technologien machte. Aus den im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweisen, die ein Treffen der Wettbewerber auf deutscher Ebene am 12. und 13. März 2008 betreffen, geht auch hervor, dass ein Informationsaustausch über geplante Preiserhöhungen stattfand. In einer Präsentation von [vertraulich] war von einer Erhöhung um 2 350 Euro für der Euro-5-Norm entsprechende Motoren ab Mai 2008 die Rede.

363    Hinsichtlich des oben in Rn. 362 genannten wiederholten Austauschs (des in den Erwägungsgründen 141, 149 und 166 des angefochtenen Beschlusses genannten Austauschs) machen die Klägerinnen unter Bezugnahme auf die oben in den Rn. 327 und 342 angeführte Argumentation geltend, dass die ausgetauschten Informationen gegenwartsbezogen und nicht zukunftsbezogen gewesen seien und dass sie öffentlich zugänglich gewesen seien. Da diese Argumentation vom Gericht bereits zurückgewiesen worden ist, stellt das Vorbringen der Klägerinnen die oben in Rn. 361 dargestellte Schlussfolgerung nicht in Frage.

iv)    Zum Austausch anderer geschäftlich sensibler Informationen, um den es in Erwägungsgrund 238 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses geht

364    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Erwägungsgrund 238 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass Scania und die Vergleichsparteien andere geschäftlich sensible Informationen, nämlich Informationen über Lieferfristen, Bestellungen und Lagerbestände, angestrebte Marktanteile, aktuelle Nettopreise und Rabatte, Bruttopreislisten (auch vor deren Inkrafttreten) und Lkw-Konfiguratoren ausgetauscht hätten.

365    Die Klägerinnen machen insbesondere geltend, die „anderen geschäftlich sensiblen Informationen“, die manchmal auf deutscher Ebene ausgetauscht worden seien, seien technischer Natur gewesen und hätten die strategische Ungewissheit zwischen den Teilnehmern hinsichtlich ihres Marktverhaltens nicht beseitigen können. Nach Ansicht der Klägerinnen konnten diese Informationen für sich betrachtet oder in Verbindung mit den anderen im 238. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten Informationen nicht als Teil einer „bezweckten“ Zuwiderhandlung angesehen werden.

366    Insoweit ist anzumerken, dass sich aus dem 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, dass der oben in Rn. 364 beschriebene Austausch von geschäftlich sensiblen Informationen nach Ansicht der Kommission eines der Mittel darstellte, die von den Wettbewerbern zur Koordinierung der Preise und Bruttopreiserhöhungen eingesetzt worden seien, wobei es sich bei den anderen Mitteln um kollusive Kontakte in Bezug auf die Preisgestaltung, den Zeitplan und die zusätzlichen Kosten aufgrund der Markteinführung neuer, den Abgasnormen entsprechender Lkw-Modelle gehandelt habe (in Erwägungsgrund 238 Buchst. a und b des angefochtenen Beschlusses genannt).

367    Ferner geht aus dem 317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass nach Ansicht der Kommission der oben in Rn. 364 genannte Austausch geschäftlich sensibler Informationen eines der Mittel darstellte, die von den Wettbewerbern zur Verringerung der zwischen ihnen bestehenden strategischen Ungewissheit in Bezug auf die künftigen Preise, die Bruttopreiserhöhungen, den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen eingesetzt worden seien.

368    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass Art. 1 des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses nicht auf den in Erwägungsgrund 238 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses genannten Austausch von „anderen geschäftlich sensiblen Informationen“ Bezug nimmt.

369    Im Übrigen hat die Kommission in der Klagebeantwortung ausgeführt, dass die Bezugnahme auf „andere geschäftlich sensible Informationen“ ein Beispiel dafür gebe, wie die Kartellmitglieder ihre Abstimmung über die künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie über den Zeitplan für die Einführung der Technologien und die Weitergabe der damit verbundenen Kosten durchgeführt hätten, und dass diese Bezugnahme die Tragweite der Zuwiderhandlung nicht vergrößere.

370    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Prüfung der Stichhaltigkeit der Beurteilungen der Kommission betreffend den Austausch der „anderen geschäftlich sensiblen Informationen“ überflüssig wird, wenn es der Kommission gelingt, das Vorliegen der anderen kollusiven Praktiken, die in Erwägungsgrund 238 Buchst. a und b und in Erwägungsgrund 317 Buchst. a und b des angefochtenen Beschlusses bezeichnet werden, und die „bezweckte“ Beschränkung des Wettbewerbs aufgrund dieser Praktiken nachzuweisen. Das Gericht entscheidet über diese Frage unten in Rn. 394.

371    Insoweit berücksichtigt das Gericht auch den Umstand, dass die Schlussfolgerungen der Kommission über den Austausch von „anderen geschäftlich sensiblen Informationen“ keine Auswirkung auf die Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung und daher auf die Höhe der Geldbuße hat, da diese durch die in Erwägungsgrund 238 Buchst. a und b und in Erwägungsgrund 317 Buchst. a und b des angefochtenen Beschlusses genannten kollusiven Praktiken bestimmt werden.

3)      Zweck des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene

372    Die Klägerinnen machen geltend, beim Informationsaustausch auf deutscher Ebene sei es um technische Produktinformationen gegangen. Die Teilnehmer hätten das Ziel verfolgt, über die technische Entwicklung der Lkw auf dem Laufenden zu bleiben, um den Kunden besser zu dienen. Die im Namen von Scania DE am Informationsaustausch auf deutscher Ebene beteiligten Personen seien Verkaufstrainer gewesen und hätten nicht an den Preisentscheidungen von Scania DE mitgewirkt. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Klägerinnen eidesstattliche Erklärungen von Mitarbeitern von Scania DE vorgelegt, die am Informationsaustausch auf deutscher Ebene teilgenommen haben.  Sie haben sich auch auf eine Erwiderung von [vertraulich] auf die Mitteilung der Beschwerdepunkt berufen.

373    Nach Ansicht der Kommission entbehrt das Vorbringen der Klägerinnen einer Grundlage.

374    Es ist darauf hinzuweisen, dass der Inhalt der Akte die Behauptung der Klägerinnen nicht stützt, dass es beim Austausch auf deutscher Ebene vor allem um technische Fragen gegangen sein soll. Dagegen belegen die in der Akte enthaltenen Beweise, dass es bei einem erheblichen Teil dieses Informationsaustauschs um Preisinformationen ging, die entgegen der Auffassung der Klägerinnen zukunftsbezogen und nicht öffentlich zugänglich waren. Das wettbewerbswidrige Ziel des Informationsaustausches auf deutscher Ebene wird auch dadurch belegt, dass mehrere dieser Treffen aufgrund von Auskunftsersuchen von Mitarbeitern verschiedener Hersteller betreffend die geplanten künftigen Preiserhöhungen der Wettbewerber stattfanden. So schreibt K von [vertraulich] in der E‑Mail vom 2. Dezember 2004, die im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, zu einer „Preiserhöhung 2005“, dass „der Chef … wie jedes Jahr wissen [will], ob und wann Sie im nächsten Jahr die Preise erhöhen werden“, und führt weiter aus: „Aus diesem Grund ersuche ich Sie, diese Informationen an alle weiterzugeben, damit wir einzelne Anfragen [vermeiden und dadurch] Zeit gewinnen.“ In der E‑Mail vom 21. Juli 2009, die im 180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, formulierte L, ein Mitarbeiter von [vertraulich], in Beantwortung einer E‑Mail von I von Scania DE, der die Diskussionsthemen für das Treffen der Wettbewerber auf deutscher Ebene am 17. und 18. September 2009 anfragte, „Spontane Themenvorschläge“ und führte aus: „Euro VI? Ich weiß – kann und will man über dieses Thema reden? – Wie können wir alle das Preisniveau in diesem Jahr erneut anheben?“

375    In ihren eidesstattlichen Erklärungen haben die Mitarbeiter von Scania DE bekräftigt, dass sie an der Entscheidungsfindung hinsichtlich der Preisgestaltung in dieser Gesellschaft nicht beteiligt gewesen seien, doch bestätigen diese Erklärungen weder die Behauptung, dass es beim Informationsaustausch auf deutscher Ebene um technische Informationen gegangen sei, noch die Behauptung, dass die genannten Mitarbeiter durch ihre Teilnahme an diesem Informationsaustausch beabsichtigt hätten, sich über die technischen Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

376    Auch die von den Klägerinnen ins Treffen geführte Behauptung von [vertraulich], wonach die Preisinformationen nicht der Hauptgrund für die Teilnahme ihrer Mitarbeiter am Informationsaustausch auf deutscher Ebene gewesen seien, und ihre Behauptung, dass sich diese Gesellschaft hauptsächlich deshalb für die Preislisten der anderen Hersteller interessiert habe, weil sie die einzigen Dokumente mit einer vollständigen Übersicht über die verschiedenen Lkw-Modelle und ‑Varianten gewesen seien, überzeugen das Gericht nicht. Wie die Kommission zu Recht anmerkt, erklären die oben genannten Behauptungen von [vertraulich] nicht, warum es zur Beschaffung der Liste der verschiedenen Lkw-Modelle und -Varianten erforderlich war, auch Informationen über künftige Preise auszutauschen. Außerdem geht aus der Akte hervor, dass dieser Hersteller im Verwaltungsverfahren (in seinen Antworten auf ein Auskunftsverlangen der Kommission) eindeutig angegeben hat, dass es beim Austausch auf deutscher Ebene auch um Informationen über geplante Erhöhungen der Listenpreise gegangen sei und dass dieser Austausch systematisch und regelmäßig erfolgt sei.

377    Nach alledem ist das Gericht nicht von dem oben in Rn. 372 dargestellten Vorbringen der Klägerinnen überzeugt. Hingegen belegt die Akte die Stichhaltigkeit der Schlussfolgerung der Kommission im 307. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach der Austausch über die Erhöhung der Bruttopreise der Lkw über einen öffentlich zugänglichen Informationsaustausch hinausgegangen sei und bezweckt habe, die Transparenz zwischen den Parteien zu erhöhen und folglich die mit dem normalen Funktionieren des Marktes verbundenen Unsicherheiten zu verringern.

378    Selbst wenn man im Übrigen davon ausginge, dass mit dem Informationsaustausch auf deutscher Ebene zulässige Zwecke wie die von den Klägerinnen angeführten verfolgt wurden, die neben dem festgestellten wettbewerbswidrigen Ziel bestanden haben, würde dies die Schlussfolgerung der Kommission hinsichtlich des Vorliegens einer „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung nicht in Frage stellen. Wie der Gerichtshof entschieden hat, kann bei einem kollusiven Verhalten auch dann ein wettbewerbsbeschränkender Zweck angenommen werden, wenn es nicht ausschließlich auf eine Beschränkung des Wettbewerbs abzielt, sondern auch andere, zulässige Zwecke verfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, EU:C:2008:643, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

379    Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerinnen zum Ziel des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene zurückzuweisen.

4)      Kontext des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene

380    Die Klägerinnen machen geltend, eine Analyse des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts, insbesondere der Natur und der Struktur des Lkw-Marktes sowie der Voraussetzungen für sein Funktionieren, stelle die Feststellung der Kommission in Frage, dass die Zuwiderhandlung „bezweckt“ gewesen sei.

381    Die Klägerinnen erklären, dass Lkw in einer Vielzahl von Formen und Varianten nach den Bedürfnissen der Kunden hergestellt und vermarktet würden und dass ihr Endpreis von ihren Eigenschaften und den Besonderheiten des nationalen Marktes, in dem sie verkauft würden, abhänge. Die Klägerinnen merken auch an, dass die Käufer der Lkw Gewerbetreibende seien, die über eine erhebliche Verhandlungsmacht verfügten.

382    Die Klägerinnen kommen somit zu dem Ergebnis, dass die zwischen den Wettbewerbern ausgetauschten [Informationen über] Bruttopreise und Bruttopreislisten aufgrund der Komplexität der Lkw und der Vielzahl von Faktoren, die den dem Kunden in Rechnung gestellten Endpreis beeinflussten, der zu einem individualisierten Preis werde, keinen Informationswert in Bezug auf die Wettbewerbsparameter (d. h. in Bezug auf die bei Geschäften auf dem Markt zu berechnenden oder tatsächlich angewandten Preise) hätten, und dass die Kommission diesen Kontext zum Zeitpunkt der Bestimmung der Natur des Informationsaustausches nicht hinreichend berücksichtigt habe.

383    Die Klägerinnen machen auch geltend, Scania wende einen Preisfestsetzungsmechanismus an, der komplex sei und in dem die Preisentscheidungen auf mehreren voneinander unabhängigen Geschäftsebenen und auf der Grundlage freier Verhandlungen zwischen dem Sitz von Scania, den nationalen Vertreibern, den lokalen Händlern und den Endkunden getroffen würden. Schwankungen der Preise entlang der Lieferkette, die durch die Unabhängigkeit der Verhandlungen auf allen Ebenen hervorgerufen würden, führten daher zu einer Entkoppelung der Fabriks- und Verteilerpreise und Bruttopreislisten für den Verkauf vom Verteiler an den Händler vom tatsächlichen Transaktionspreis, der von den unabhängigen Händlern auf die Endkunden angewandt werde. Zur Stützung ihres Vorbringens berufen sich die Klägerinnen auf den Wirtschaftsbericht vom 9. Dezember 2017, der in Bezug auf Scania den großen Unterschied zwischen den Bruttopreisen für den Verkauf vom Verteiler an den Händler und den entsprechenden Transaktionspreisen sowie das Fehlen einer gemeinsamen Tendenz zu Bruttopreislisten und tatsächlichen Transaktionspreisen zeige. Daraus folge, dass ein Wettbewerber aus einer Änderung der Bruttopreisliste nicht auf die ungefähre Änderung des tatsächlichen Transaktionspreises habe schließen können.

384    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 22 bis 40 des angefochtenen Beschlusses die Struktur des Lkw-Marktes und den Preisfestsetzungsmechanismus in der Lkw‑Industrie dargelegt hat (siehe oben Rn. 19 bis 22).

385    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 51 und 52 des angefochtenen Beschlusses die Auswirkungen der Preiserhöhungen auf europäischer Ebene auf die Preise auf nationaler Ebene untersucht (vgl. Rn. 32 und 33 oben). Insoweit stellt die Kommission fest, dass die nationalen Vertreiber der Hersteller, wie beispielsweise Scania DE, bei der Festlegung der Bruttopreise und Erstellung der Bruttopreislisten nicht unabhängig seien und dass alle auf jeder Stufe der Vertriebskette bis zum Verbraucher angewandten Preise auf gesamteuropäischen Bruttopreislisten beruhten, die auf der Ebene des Unternehmenssitzes festgelegt würden (51. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

386    Daraus folgt nach Ansicht der Kommission, dass eine Erhöhung der Preise auf der gesamteuropäischen Bruttopreisliste, die auf Ebene des Unternehmenssitzes beschlossen werde, die Entwicklung des Nettopreises des Vertreibers, d. h. des Preises, den der Vertreiber an den Unternehmenssitz für den Kauf des Lkw zahle, bestimme. Folglich beeinflusse die Erhöhung der genannten Bruttopreise durch den Unternehmenssitz auch das Bruttopreisniveau des Vertreibers, nämlich den Preis, den der Händler an den Vertreiber zahle, auch wenn der Endkundenpreis nicht notwendigerweise im gleichen Verhältnis oder gar nicht geändert werde (52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

387    Daher stellt die Kommission unter Berücksichtigung dieses tatsächlichen Kontexts im Rahmen der Beurteilung des wettbewerbswidrigen Charakters des Informationsaustauschs über künftige Bruttopreiserhöhungen im 284. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass aufgrund der erhöhten Transparenz des Lkw-Marktes und seiner großen Konzentration die einzige Ungewissheit für die Parteien darin bestanden habe, ob die offizielle Preispolitik ihrer Wettbewerber geändert werde, und, wenn dies der Fall sei, warum und wann. Die Kommission stellt fest, dass Scania und die Vergleichsparteien einen gut strukturierten und systematischen Austausch strategischer Informationen über die künftigen Preisentwicklungen aufgebaut hätten, um diese Ungewissheit zu beseitigen. Nach Ansicht der Kommission stellten die zukünftigen Bruttopreiserhöhungen einen Preisfestsetzungsfaktor dar, der auf die gesamteuropäischen Bruttopreislisten angewandt worden sei (über die alle Parteien verfügt hätten, außer [vertraulich]), wobei diese Listen die Grundlage für alle auf nationaler Ebene angewandten Preise, einschließlich der endgültigen Transaktionspreise, gewesen seien (284. Erwägungsgrund es angefochtenen Beschlusses).

388    Die Kommission stellt auch fest, dass der Umstand, dass es nicht möglich gewesen sei, die Endpreise der an die Verbraucher verkauften Lkw auf der Grundlage des Informationsaustauschs genau zu berechnen, irrelevant sei. Nach Ansicht der Kommission ermöglichte es der Informationsaustausch, der die Tendenz der zukünftigen Entwicklung der Bruttopreise habe erkennen lassen, den Wettbewerbern, nachzuvollziehen, wann und wie sich die Preise in Europa ändern würden. Im Übrigen habe es der Austausch der detaillierten Bruttopreislisten den Herstellern ermöglicht, durch die Kombination verschiedener Arten von Informationen, die sie erhalten hätten, Rückschlüsse auf die ungefähren aktuellen und/oder künftigen Nettopreise zu ziehen (285. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

389    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 41 bis 50 des angefochtenen Beschlusses den Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania und die an dieser Festsetzung beteiligten Akteure beschreibt (vgl. Rn. 23 bis 31 oben).

390    Aus den Rn. 384 bis 389 oben geht hervor, dass die Kommission entgegen der Behauptung der Klägerinnen den Kontext hinreichend berücksichtigt hat, in dem der Informationsaustausch stattgefunden hat, an dem Scania beteiligt war, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass er eine „bezweckten“ Wettbewerbswidrigkeit darstelle. Insbesondere hat die Kommission die Merkmale des Lkw-Marktes und der Preisbildungsmechanismen für diese Lkw berücksichtigt, um festzustellen, dass der Austausch zukunftsbezogener Informationen insbesondere auf deutscher Ebene eine „bezweckte“ Wettbewerbswidrigkeit gewesen sei.

391    Drittens ist in Bezug auf das oben in Rn. 383 dargestellte Vorbringen der Klägerinnen erstens darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung mit einer abgestimmten Verhaltensweise ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgt werden kann, auch wenn sie nicht unmittelbar mit den Verbraucherpreisen in Verbindung steht (vgl. Rn. 319 bis 321 oben). Dass eine Erhöhung der Bruttopreise, die auf irgendeiner Stufe der Vertriebskette von Scania beschlossen wird, möglicherweise keine Auswirkungen auf die vom Endverbraucher gezahlten Preise hat, genügt folglich nicht, um die Schlussfolgerung der Kommission in Frage zu stellen, dass der vor allem auf deutscher Ebene erfolgte Informationsaustausch über die künftigen Änderungen der Bruttopreise aufgrund des Nutzens der ausgetauschten Informationen für die Festlegung der Preisstrategie der Wettbewerber eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung dargestellt habe.

392    Zweitens belegt die oben in Rn. 383 dargestellte Argumentation der Klägerinnen nicht, dass die von den Mitarbeitern von Scania DE beim Informationsaustausch auf deutscher Ebene gelieferten Informationen über künftige Änderungen der Bruttopreise nicht strategisch waren. Wie aus der Darstellung des Preisfestsetzungsmechanismus von Scania (vgl. insbesondere Rn. 26, 27 und 31 oben) hervorgeht, stellten die von Scania DE angewandten Bruttopreise, auf die es Rabatte gab, die Grundlage für den Verkaufspreis von Lkw an die Händler auf dem deutschen Markt dar. Daraus folgt, dass die oben genannten künftigen Änderungen der Bruttopreise einen Faktor darstellen, der den Verrechnungspreis des Lkw von Scania DE an die deutschen Händler beeinflusst, und dass der Informationsaustausch über diese Änderungen somit strategischer Natur ist.

393    Viertens und ganz allgemein wird der strategische Charakter der auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die künftige Änderung der Bruttopreise auch durch die Häufigkeit, die Regelmäßigkeit und Systematik des Austauschs sowie durch die im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte und nicht bestrittene Tatsache belegt, dass diese Informationen bei den meisten Herstellern häufig an ihre jeweiligen Unternehmenssitze weitergeleitet und im Rahmen der Festlegung ihrer Preisstrategien berücksichtigt wurden.

394    Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerinnen zum Kontext des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene zurückzuweisen. Es ist auch festzustellen, dass die Einstufung des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung durch die Kommission nicht fehlerhaft ist. Daher ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

e)      Sechster Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass sich der geografische Umfang der Zuwiderhandlung auf deutscher Ebene auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe

395    Die Klägerinnen wenden sich gegen die Feststellung der Kommission im 386. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach sich der geografische Umfang der Zuwiderhandlung während ihrer gesamten Dauer auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe und somit auch das Verhalten der Wettbewerber auf deutscher Ebene umfasst habe.

396    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall festgestellt hat, dass zwischen dem 17. Januar 1997 und dem 18. Januar 2011 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens vorgelegen habe.

397    Zum geografischen Umfang der Zuwiderhandlung hat die Kommission festgestellt, dass sich dieser während des gesamten Zeitraums vom 17. Januar 1997 bis 18. Januar 2011 auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe (386. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

398    Die Argumentation der Kommission, die der Schlussfolgerung im 386. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegt, wird in den Erwägungsgründen 388 und 389 des angefochtenen Beschlusses wie folgt dargelegt:

„(388)      Scania und die Vergleichsparteien verfügen über europaweit geltende Bruttopreise und Bruttopreislisten. Die Beweise zeigen, dass die Wettbewerber vor und nach der Einführung der europa- oder weltweiten Bruttopreislisten wettbewerbswidrige Gespräche führten, die sich auf das Gebiet der Vertragsstaaten des EWR-Abkommens erstreckten und dass sie sich über die Erhöhungen der Bruttopreise abstimmten, um die Preise für mittlere und schwere Lkw im EWR anzugleichen. Aus den Beweisen geht hervor, dass es vor der Einführung der europäischen Preislisten bei den Gesprächen nicht nur um bestimmte Länder ging, sondern dass sie ausdrücklich eine europäische Tragweite hatten (vgl. Erwägungsgründe 103 und 104). Nach der Einführung der europäischen Bruttopreislisten, die im gesamten Gebiet des EWR anwendbar waren, konnten die Wettbewerber die europäische Preisstrategie einschätzen, indem sie Informationen über Erhöhungen der Bruttopreise in Deutschland austauschten (175. Erwägungsgrund), da diese die von den Unternehmenssitzen auf ihre jeweiligen europäischen Bruttopreislisten angewandten Bruttopreiserhöhungen widerspiegelten.

(389)      Darüber hinaus vereinbarten und/oder koordinierten sie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung der Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis [Euro]-6-Normen vorgeschrieben und im gesamten Gebiet des EWR anwendbar waren. Der Austausch über den Zeitpunkt der Einführung der neuen technischen Normen (z. B. der Euro-3-Norm) und über die damit verbundenen Preiserhöhungen war nicht auf bestimmte Länder beschränkt, sondern umfasste den gesamten EWR (vgl. Erwägungsgründe 100 und 103).“

399    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt hat, dass der Austausch zwischen den Wettbewerbern auf Führungsebene im September 2004 eingestellt worden sei und dass danach der Austausch zwischen den Wettbewerbern auf deutscher Ebene fortgesetzt worden sei (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses).

400    Zu den Adressaten des angefochtenen Beschlusses gehörte Scania DE, wobei die Kommission davon ausging, dass dieses Unternehmen für den wettbewerbswidrigen Austausch im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis 18. Januar 2011 unmittelbar verantwortlich gewesen sei (Erwägungsgrund 410 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses).

401    Die Klägerinnen bringen zur Stützung ihrer Behauptung, dass der Informationsaustausch zwischen den Wettbewerbern auf deutscher Ebene keine über das deutsche Staatsgebiet hinausgehende Tragweite gehabt habe, im Wesentlichen zwei Gruppen von Argumenten vor.

402    Zum einen machen sie geltend, die Informationen, die Scania DE von ihren Wettbewerbern erhalten habe, seien nicht über den deutschen Markt hinaus von Interesse gewesen. Außerdem sei Scania DE nie davon ausgegangen, dass diese Informationen von solchem Interesse seien und dass sie die Ungewissheit in Bezug auf die europäische Preisstrategie ihrer Wettbewerber hätten verringern können.

403    Zum anderen machten die Klägerinnen geltend, Scania DE habe ihren Wettbewerbern keine Informationen geliefert, die über den deutschen Markt hinaus von Interesse gewesen wären und so ihre Ungewissheit in Bezug auf die Preisstrategie von Scania außerhalb von Deutschland verringert hätten. Außerdem habe Scania DE ihren Wettbewerbern gegenüber nicht den „Eindruck“ erweckt, Informationen zu liefern, die für den gesamten EWR von Interesse seien.

404    Diese beiden Gruppen von Argumenten werden im Folgenden geprüft.

1)      Geografischer Umfang der Informationen, die Scania DE erhalten hat

405    Erstens ergibt sich aus der Akte, dass die Lkw-Hersteller ab dem Jahr 2000 begonnen haben, schrittweise europäische Bruttopreislisten anzuwenden, und dass im Jahr 2006 die meisten Hersteller über solche Listen verfügten, nämlich [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich]. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass dies auch bei Scania der Fall war, wie unten in den Rn. 426 bis 428 erläutert werden wird. Nur [vertraulich] besaß keine europäischen Bruttopreislisten.

406    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in Bezug auf die anderen Parteien die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 51 und 52 des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage stellen, wonach die europäischen Bruttopreislisten am Sitz der Hersteller erstellt würden und die in diesen Listen angegebenen Preiserhöhungen das Preisniveau auf Ebene der Vertreiber und der Händler beeinflussten.

407    Zweitens enthält die Akte der vorliegenden Rechtssache Anhaltspunkte dafür, dass die Wettbewerber eine mehr oder weniger genaue Kenntnis von der Existenz solcher Listen hatten. So geht aus einer im 151. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten internen Präsentation von [vertraulich] vom 30. März 2006 hervor, dass dieser Hersteller Informationen über Preiserhöhungen der Wettbewerber hatte, die aus den europäischen Bruttopreislisten von [vertraulich] und von [vertraulich], von Scania und von [vertraulich], der italienischen Preisliste von [vertraulich] und der deutschen Preisliste von [vertraulich] stammten. Wie aus dem 160. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hatten gemäß einer Umfrage unter Mitarbeitern der in Spanien niedergelassenen Wettbewerber über die „Preisstruktur“, deren Ergebnisse in einer Tabelle aufgeführt waren, [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] „gemeinsame Preise“ in der Union, während dies auf [vertraulich] und Scania nicht zutraf. Die Tabelle mit den Ergebnissen der Umfrage wurden den Mitarbeitern der in Spanien niedergelassenen Wettbewerber, einschließlich der Mitarbeiter von Scania Spanien, übermittelt.

408    Was die Bezugnahme der Klägerinnen auf eine interne Präsentation von [vertraulich] vom April 2008 anlangt, die nahelegen konnte, dass dieses Unternehmen im Jahr 2008 nicht davon ausging, dass seine Wettbewerber europäische Bruttopreislisten verwendeten, so erachtet sie das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung der Beweise für nicht entscheidend. Im Übrigen bekräftigte dieses Unternehmen im Jahr 2010 im Rahmen seines Antrags auf Erlass der Geldbuße, dass es über eine europäische Bruttopreisliste verfüge und dass „dies … auch bei den Wettbewerbern der Fall sein [konnte]“, und deutete somit der Kommission gegenüber an, dass sich der geografische Umfang des Austauschs möglicherweise auf ganz Europa erstreckte.

409    Drittens haben manche Hersteller, die über europäische Bruttopreislisten verfügten ([vertraulich]) im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die Preiserhöhungen, die sie auf deutscher Ebene mitgeteilt hätten, im Wesentlichen die Erhöhungen gewesen seien, die auf diesen europäischen Listen vorgenommen worden seien, da diese Listen die nationalen Listen ersetzt hätten. Das Gericht verweist insoweit auf die Antworten von [vertraulich] und von [vertraulich] auf das Auskunftsverlangen der Kommission vom 27. November 2012, die der Klagebeantwortung beigefügt sind, und auf die Antwort von [vertraulich] auf das Auskunftsverlangen der Kommission vom 19. September 2013, die von der Kommission nach einer vom Gericht erlassenen prozessleitenden Maßnahme vorgelegt wurde (vgl. Rn. 75 oben). Aus diesen Beweisen ergibt sich, dass der Umfang der wettbewerbswidrigen Informationen, die von zumindest einigen Wettbewerbern von Scania während des Austauschs auf deutscher Ebene geliefert wurden, an dem unstreitig auch Mitarbeiter von Scania DE teilnahmen, über den deutschen Markt hinausging.

410    Viertens geht, wie in Erwägungsgrund 327 Buchst. c des angefochtenen Beschlusses ausgeführt wird, aus der Akte hervor, dass die Mitarbeiter der Hersteller, die am Austausch auf deutscher Ebene teilnahmen, diese Informationen mehrfach an den Unternehmenssitz weitergaben, was ein zusätzlicher Anhaltspunkt dafür ist, dass der Umfang dieses Austauschs über den deutschen Markt hinausging (vgl. 213. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, in dem Beispiele für die Übermittlung von auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen an den Sitz genannt werden). Insoweit ist insbesondere auf den Inhalt des 175. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses hinzuweisen, der nicht nur die Übermittlung der auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen an den Sitz von [vertraulich] belegt, sondern auch die im 388. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegte Behauptung der Kommission untermauert, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über die Bruttopreiserhöhungen den Herstellern geholfen hätten, die Preisstrategie ihrer Wettbewerber auf europäischer Ebene nachzuvollziehen. So schreibt der Manager von [vertraulich] am Sitz der Gesellschaft ausweislich des im 175. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen schriftlichen Beweises seinen Kollegen über den Informationsaustausch auf deutscher Ebene Folgendes: „Hiermit möchte ich Ihnen einen Überblick über den deutschen Markt hinsichtlich der Produktionsfristen und Preiserhöhungen unserer Wettbewerber geben. … Zumindest ist die Preisstrategie stark auf das gesamteuropäische Konzept der Wettbewerber abgestimmt.“

411    Auch der im Rahmen der Prüfung des dritten Klagegrundes festgestellte Umstand, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes über den Informationsaustausch auf deutscher Ebene auf dem Laufenden waren (vgl. Rn. 221 und 229 oben), untermauert die Behauptung der Kommission über den geografischen Umfang des Austauschs auf deutscher Ebene.

412    Fünftens ergibt sich aus der Akte, dass, wie die Kommission in Erwägungsgrund 327 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses ausführt, angesichts der Tatsache, dass die deutschen Tochtergesellschaften der Parteien keine Lkw herstellten und nicht mit der Entwicklung von Technologien befasst waren, da diese Verantwortlichkeit ausschließlich in die Zuständigkeit des Unternehmenssitzes fiel, davon auszugehen war, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen über den Zeitplan und die zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Einhaltung der Euro-5- und Euro-6-Normen vom Unternehmenssitz stammten und den gesamten EWR betrafen.

413    Die Feststellung oben in Rn. 412 wird durch den im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis veranschaulicht, der Scania betrifft. In einer E‑Mail vom 26. Juli 2005 übermittelte I, ein Mitarbeiter von Scania DE, der am Austausch auf deutscher Ebene teilnahm, an E vom Unternehmenssitz von [vertraulich] Informationen über den Zeitpunkt, zu dem Scania ihr gesamtes Sortiment von Motoren vorstellen werde, die der Euro-4-Norm entsprachen, und über die Einführung von Lkw-Modellen, die der Euro-5-Norm entsprachen, und führte aus, dass er die genauen Zeitpunkte und Preise „nach dem Urlaub [der Mitarbeiter] im Werk Södertälje [Schweden]“ kennen werde. Da Södertälje die Stadt ist, in der Scania ihren Sitz hat, kann man aus dieser Angabe, die der Mitarbeiter von Scania DE gegenüber dem Mitarbeiter von [vertraulich] machte, schließen, dass die Informationen, auf die sich der Mitarbeiter von Scania DE bezog, vom Unternehmenssitz stammten und daher eine über den deutschen Markt hinausgehende Tragweite hatten. Der im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte schriftliche Beweis belegt auch den Einfluss des Sitzes von Scania bei der Festsetzung der auf den deutschen Markt angewandten Preise, eine Problematik, auf die unten in den Rn. 422 bis 438 eingegangen wird.

414    Nach einer Zusammenschau der Erwägungen in den Rn. 405 bis 413 ist festzustellen, dass die Tragweite der Informationen, die Scania DE im Rahmen des Austauschs auf deutscher Ebene erhalten hat, über den deutschen Markt hinausging.

415    Insoweit überzeugt die Behauptung der Klägerinnen das Gericht nicht, wonach die Mitarbeiter von Scania DE, die am Austausch auf deutscher Ebene teilgenommen hätten, niemals davon ausgegangen seien, dass sich die Informationen, die sie von den Vertretern der Tochtergesellschaften anderer Lkw-Hersteller erhalten hätten, auf europäische Preise bezogen hätten oder die Ungewissheit hinsichtlich der europäischen Preisstrategie der anderen Hersteller hätten verringern können.

416    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Akte der vorliegenden Rechtssache Anhaltspunkte dafür enthält, dass die Verwendung der europäischen Bruttopreislisten durch die Mehrheit der Hersteller kein Geheimnis war (vgl. Rn. 407 oben). Es kann daher durchaus davon ausgegangen werden, dass die Mitarbeiter von Scania DE und der Sitz in Schweden vom Vorliegen dieser Listen wussten und daher auf der Grundlage von Informationen, die sie auf deutscher Ebene erhielten, beispielsweise auf der Grundlage der Informationen über Bruttopreiserhöhungen, die auf die europäischen Preislisten der Wettbewerber angewandt wurden, Rückschlüsse auf die Preisstrategie ihrer Wettbewerber ziehen konnten (vgl. Rn. 409 oben).

417    Zweitens überzeugt das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen nicht, dass Scania DE im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern am Informationsaustausch auf deutscher Ebene die auf deutscher Ebene erhaltenen Informationen nie an ihren Unternehmenssitz übermittelt habe. Zwar enthält die Akte keinen Beweis dafür, dass eine solche Übermittlung tatsächlich stattgefunden hat. Aus dem im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis geht jedoch hervor, dass I von Scania DE, Organisator und Teilnehmer eines Treffens auf deutscher Ebene, das am 12. und 13. Mai 2008 in Koblenz (Deutschland) stattfand, seinen Kollegen von Scania DE Informationen über Preiserhöhungen übermittelte, die bei diesem Treffen ausgetauscht wurden, wobei er darauf hinwies, dass diese Informationen „noch“ nicht an den Unternehmenssitz in Schweden geschickt worden seien. Die Verwendung des Wortes „noch“ deutet darauf hin, dass die Absicht des genannten Mitarbeiters von Scania DE darin bestand, die Information an den Unternehmenssitz zu übermitteln, und dass diese Mitteilung an den Unternehmenssitz nicht außergewöhnlich war.

418    Jedenfalls ist es aufgrund der Tatsache, dass die Akte Beweise dafür enthält, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes von Scania über den Austausch wettbewerbswidriger Preisinformationen auf deutscher Ebene auf dem Laufenden waren (vgl. Rn. 228 oben), und dass die Treffen auf beiden Ebenen oft zur selben Zeit und am selben Ort stattfanden, nicht entscheidend, dass ein unmittelbarer Nachweis für die Übermittlung der auf deutscher Ebene ausgetauschten Informationen durch die Mitarbeiter von Scania DE an den Unternehmenssitz von Scania fehlt. Aus den beiden genannten Umständen kann nämlich geschlossen werden, dass der Inhalt dieser Informationen am Sitz von Scania bekannt war.

419    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass Mitarbeiter des Sitzes einiger Hersteller auch am Austausch auf deutscher Ebene teilnahmen. Dies war häufig bei [vertraulich] der Fall. Im Übrigen stellte C in einer im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten E‑Mail vom 11. November 2004, die C vom Unternehmenssitz von [vertraulich] abgeschickt und an Mitarbeiter der Wettbewerber sowohl am Sitz als auch auf deutscher Ebene, darunter A vom Sitz von Scania und B von Scania DE, gerichtet hatte, zwei neue Mitarbeiter des Sitzes von [vertraulich] vor, die für die zentrale Preisbildung bei diesem Hersteller verantwortlich sein würden. Diese Umstände, die die Teilnahme der Mitarbeiter des Sitzes an dem auf deutscher Ebene stattfindenden Austausch betreffen, stellen ein Indiz dafür dar, dass die Mitarbeiter von Scania DE nicht umhin kamen, davon auszugehen, dass der Informationsaustausch auf deutscher Ebene für die Preisstrategie der Wettbewerber auf europäischer Ebene von Interesse war.

420    Viertens sind die eidesstattlichen Erklärungen der am Austausch auf deutscher Ebene beteiligten Mitarbeiter von Scania DE, die die oben in Rn. 415 dargelegte Behauptung stützen, angesichts der oben dargelegten Beweise für das Gericht nicht überzeugend. Im Übrigen besitzen diese Erklärungen, die nach Beendigung der Zuwiderhandlung und speziell zur Stützung der Position von Scania abgegeben wurden, aus den oben in Rn. 281 dargelegten Gründen einen beschränkten Beweiswert.

421    Aufgrund einer Gesamtbeurteilung der vorstehenden Gesichtspunkte (vgl. Rn. 198 oben) ist der Schluss zu ziehen, dass Scania DE durch die Teilnahme ihrer Mitarbeiter am Informationsaustausch auf deutscher Ebene Informationen von über den deutschen Markt hinausgehender Tragweite erhalten hat. Aufgrund dieser Feststellung ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen, und zwar unabhängig von der Frage, ob Scania DE auch Informationen geliefert hat, deren Tragweite über den deutschen Markt hinausging (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T‑202/98, T‑204/98 und T‑207/98, EU:T:2001:185, Rn. 58). Das Gericht erachtet es hingegen für sachgerecht, letztere Frage für die Zwecke der Beurteilung der Schwere des von Scania begangenen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und gegebenenfalls der Festsetzung der Höhe der Geldbuße zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

2)      Geografischer Umfang der von Scania DE gelieferten Informationen

422    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 388. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Ansicht vertreten hat, dass die Lkw-Hersteller nach der Einführung der europäischen Bruttopreislisten in der Lage gewesen seien, die europäische Preisstrategie ihrer Wettbewerber nachzuvollziehen, indem sie Informationen über Erhöhungen der Bruttopreise auf dem deutschen Markt ausgetauscht hätten, da diese Erhöhungen die Erhöhungen widergespiegelt hätten, die von den Unternehmenssitzen der Hersteller auf ihren europäischen Bruttopreislisten vorgenommen worden seien.

423    Die Klägerinnen machten im Wesentlichen geltend, die Informationen über die Bruttopreislisten, die beim Austausch auf deutscher Ebene geliefert worden seien, hätten nicht die Preise von Scania auf europäischer Ebene widergespiegelt und daher nicht dazu beigetragen, die Ungewissheit der Wettbewerber von Scania hinsichtlich ihrer Preisstrategie außerhalb Deutschlands zu verringern.

424    Insoweit führen die Klägerinnen aus, es sei nicht richtig, dass die FGPL eine Bruttopreisliste auf Ebene des EWR darstelle und als Grundlage für die Verhandlungen im Rahmen des Preisgestaltungsprozesses diene. Zur Stützung ihres Vorbringens berufen sich die Klägerinnen auf den Wirtschaftsbericht von 9. Dezember 2017, der belege, dass es keine Korrelation zwischen der FGPL und dem Bruttopreis zwischen Vertreibern und Händlern in Deutschland gebe. Die FGPL sei ein internes Referenzinstrument, das der Sitz von Scania verwende, um das allgemeine Preisniveau der verschiedenen Teile eines Lkw im Herstellungsprozess von Scania zu verfolgen. Trotz ihres Namens sei die FGPL keine „Preisliste“, da sie den Verrechnungspreis für die Teile auf keiner Ebene des Vertriebsnetzes festlege. Die auf Augenhöhe stattfindenden Verhandlungen zwischen den Vertreibern und dem Sitz würden auf der Grundlage länderspezifischer, für den Verkauf vom Werk an den Vertreiber geltender Nettopreislisten geführt, und diese Listen würden jedes Mal ausgehandelt, wenn die Marktbedingungen eine Erhöhung oder Senkung der Preise rechtfertigten. Zur Stützung ihres Vorbringens zur Natur der FGPL haben die Klägerinnen eidesstattliche Erklärungen von Mitarbeitern des Unternehmenssitzes von Scania und von Scania DE vorgelegt. Zur Stützung ihrer Behauptung, dass die Verhandlungen zwischen den Vertreibern von Scania und dem Sitz auf Augenhöhe geführt würden und dass sie Verhandlungen zwischen Parteien, die als unabhängige Geschäftspartner und konkurrierende Profitzentren handelten, gleichkämen, berufen sich die Klägerinnen auf einen internen Bericht von Scania aus dem Jahr 2010, das „Verrechnungspreis-Masterfile“.

425    Das oben in Rn. 424 wiedergegebene Vorbringen der Klägerinnen offenbart eine Diskrepanz zwischen der Beschreibung des Preisgestaltungssystems von Scania, die im Rahmen der Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission im Verwaltungsverfahren geliefert wurde, und der Beschreibung dieses Systems in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und vor dem Gericht.

426    Die Beschreibung des Preisgestaltungssystems von Scania im angefochtenen Beschluss (vgl. Rn. 23 bis 31 oben) war auf die Informationen gestützt, die Scania im Rahmen der Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission u. a. vom 16. April und 5. Juli 2012 geliefert hatte. Die Grafik im 50. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (vgl. Rn. 31 oben), die den Einfluss der FGPL auf die Preise zeigt, die in den verschiedenen Stufen der Vertriebskette angewandt wurden, wurde ebenfalls von Scania im Rahmen der genannten Antworten vorgelegt. Ebenso hatte Scania im Rahmen der Antwort von 5. Juli 2012 u. a. die Rolle des Preisausschusses und des Executive Vice President of Sales [vertraulich] beschrieben.

427    Hingegen spiegelt die oben in Rn. 424 dargelegte Argumentation die Position von Scania wider, die dieses Unternehmen in tempore suspecto, nämlich in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und vor dem Gericht vertreten hat.

428    Unter diesen Umständen ist das Gericht mit der Kommission der Ansicht, dass den Antworten der Klägerinnen auf die Auskunftsersuchen der Kommission nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ein höherer Beweiswert zuzuschreiben ist als den von den Klägerinnen später, als Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gelieferten Erklärungen. Nach Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr.1/2003 können gegen Unternehmen, die bei der Erteilung einer nach Art. 18 Abs. 2 verlangten Auskunft unrichtige oder irreführende Angaben machen, Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 1 % ihres jährlichen Gesamtumsatzes verhängt werden.

429    Im Übrigen ist festzustellen, dass die Klägerinnen kein Dokument vorgelegt haben, das ihr Vorbringen zur Natur der FGPL untermauert. Wie die Kommission in Erwägungsgrund 299 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses feststellt, wäre es logisch, von Scania zu erwarten, dass sie in der Lage ist, Unterlagen zur Untermauerung ihrer Beurteilung der FGPL vorzulegen. Scania hat dies nicht getan und sich darauf beschränkt, eidesstattliche Erklärungen einiger ihrer Mitarbeiter vorzulegen, die eine beschränkte Beweiskraft haben und das Gericht nicht überzeugen (vgl. Rn. 420 oben).

430    Was den Verweis der Klägerinnen auf den Wirtschaftsbericht vom 9. Dezember 2017 anlangt, aus dem eine fehlende Korrelation zwischen der FGPL und den Bruttopreisen für den Verkauf vom Verteiler an den Händler in Deutschland hervorgeht (vgl. Rn. 424 oben), so wird in diesem Bericht festgestellt, dass die spezifischen Änderungen in der FGPL nicht mit identischen Änderungen der in Deutschland geltenden Bruttopreisliste für den Verkauf vom Verteiler an den Händler einhergehen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Analyse der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht auf einer solchen Korrelation beruht, da sie keineswegs behauptet hat, dass eine Preiserhöhung in der FGPL zu einer identischen Erhöhung der Bruttopreise für den Verkauf vom Verteiler an den Händler in Deutschland führe. Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass eine Erhöhung der Preise in der FGPL die Nettopreise für den Verteiler (d. h. den Preis, den der Verteiler an den Sitz zahlt) und den Bruttopreis des Verteilers (d. h. den Preis, den der Händler an den Verteiler zahlt) beeinflusse, auch wenn sich der Preis für den Endverbraucher nicht notwendigerweise in demselben Verhältnis oder gar nicht ändere (52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Der angefochtene Beschluss stützt sich somit nicht auf die im Wirtschaftsbericht vom 9. Dezember 2017 genannte Korrelation.

431    Aus den Rn. 423 bis 430 oben ergibt sich, dass die Auffassung der Kommission, dass die FGPL eine europäische Bruttopreisliste sei, die die Preisgestaltung der Lkw auf Ebene der nationalen Verteiler (und daher auf Ebene von Scania DE) beeinflusse, rechtlich hinreichend nachgewiesen ist.

432    Allgemeiner ausgedrückt zeigen die in der Akte enthaltenen Beweise, dass die nationalen Verteiler von Scania (und damit Scania DE) bei der Festlegung ihrer Preispolitik gegenüber den Händlern nicht unabhängig vom Sitz sind.

433    Insoweit ist erstens die Tatsache zu berücksichtigen, dass die FGPL auf der Ebene des Sitzes erstellt wird. Aus der oben in Rn. 31 wiedergegebenen Grafik geht hervor, dass die FGPL einen wichtigen Bestandteil der Preisgestaltung darstellt, da alle in den nachgelagerten Stufen der Vertriebskette von Scania angewandten Preise auf diese FGPL und auf die den verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern gewährten Rabatte und Gewinnspannen zurückzuführen sind.

434    Zweitens ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Vertreiber von Scania ganz überwiegend Tochtergesellschaften waren, die zu 100 % vom Unternehmenssitz kontrolliert wurden (vgl. Rn. 20 oben), was im Übrigen bei Scania DE der Fall war. In Anbetracht dieses Umstands überzeugt das Vorbringen der Klägerinnen, die Preisverhandlungen zwischen diesen Vertreibern und dem Sitz seien Verhandlungen zwischen Parteien, die als unabhängige Geschäftspartner und konkurrierende Profitzentren handelten, das Gericht nicht.

435    Insoweit ist anzumerken, dass die in den Erwägungsgründen 249 und 250 des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweise, die aus internen Dokumenten des Preisausschusses bestehen (vgl. Rn. 24 oben), belegen, dass dieses (dem Sitz von Scania angehörende) Gremium eine mächtige Stellung bei der Festlegung der Höhe der Rabatte hatte, die auf die nationalen Vertreiber angewandt wurden. Die Klägerinnen machen unter Berufung auf eine eidesstattliche Erklärung eines Mitglieds des Preisausschusses lediglich geltend, dass sich die genannten internen Dokumente auf ein außergewöhnliches Ereignis bezögen, nämlich die Markteinführung eines neuen Motors, der für Scania von großer strategischer Bedeutung sei, und keine übliche Situation widerspiegelten. Diese eidesstattliche Erklärung hat jedoch keinen hinreichenden Beweiswert, um den Beweiswert und den klaren Inhalt der in den Erwägungsgründen 249 und 250 des angefochtenen Beschlusses dargelegten Beweise in Frage zu stellen, und überzeugt das Gericht nicht.

436    Was im Übrigen die Berufung von Scania auf ihr „Verrechnungspreis-Masterfile“ des Jahres 2010 (vgl. Rn. 424 oben) anlangt, so ist darauf hinzuweisen, dass der Zweck dieses Dokuments darin besteht, im Falle einer Steuerprüfung nachzuweisen, dass Scania bei der Festsetzung der Verrechnungspreise innerhalb der Gruppe den Fremdvergleichsgrundsatz (arm’s length principle) beachtet hat. Das Gericht vertritt ebenso wie die Kommission (vgl. 296. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) die Auffassung, dass die Tatsache, dass der Unternehmenssitz von Scania Verrechnungspreise anwendet, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, nicht die Unabhängigkeit der Vertreiber von Scania bei den Preisverhandlungen beweist, sondern vielmehr zeigt, dass diese Verrechnungspreise auf einem Niveau festgelegt werden, das es ermöglicht, dass diese Preise von den zuständigen Finanzbehörden nicht beanstandet werden.

437    Drittens wird der Umstand, dass Scania DE bei der Festlegung ihrer Preispolitik nicht unabhängig ist, durch den im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegten schriftlichen Beweis veranschaulicht (vgl. Rn. 413 oben). Er wird auch durch die in den Erwägungsgründen 134 und 135 des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweise veranschaulicht, die die Kohärenz der Informationen über Bruttopreiserhöhungen erkennen lassen, die den Wettbewerbern jeweils von den Mitarbeitern von Scania DE und von den Mitarbeitern von Scania auf Führungsebene geliefert wurden. Somit geht aus dem im 134. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor, dass der Mitarbeiter von Scania DE beim Treffen vom 3. und 4. Mai 2004 auf deutscher Ebene die Wettbewerber darüber informierte, dass die Preise der neuen Lkw-Serie [vertraulich] durchschnittlich um 6 % höher sein würden als die der derzeitigen Serie [vertraulich]. Aus dem im 135. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegten schriftlichen Beweis geht hervor, dass der Vertreter von Scania, der am Treffen vom 27. und 28. Mai 2004 auf Führungsebene teilnahm, die Wettbewerber informierte, dass die Preise der Lkw-Serie [vertraulich] um 5 bis 6 % höher sein würden als die Preise der Serie [vertraulich]. Diese Kohärenz der Informationen, die während des Austauschs auf beiden Ebenen der genannten kollusiven Kontakte geliefert wurden, ist auch ein Beweis dafür, dass die von den Mitarbeitern von Scania DE bei den Treffen auf deutscher Ebene gelieferten Informationen eine über den deutschen Markt hinausgehende Tragweite hatten.

438    Angesichts der Rolle, die der Sitz von Scania bei der Festlegung der Preispolitik von Scania DE spielte, wie sie oben in den Rn. 433 bis 437 dargestellt worden ist, durfte die Kommission zu Recht davon ausgehen, dass die von den Mitarbeitern von Scania DE bei den Treffen auf deutscher Ebene an die Wettbewerber gelieferten wettbewerbswidrigen Preisinformationen eine auf der Ebene des Unternehmenssitzes festgelegte Preisstrategie widerspiegelten und daher eine über den deutschen Markt hinausgehende Tragweite hatten.

439    Diese Schlussfolgerung des Gerichts wird durch den Inhalt der von den Klägerinnen ins Treffen geführten Wirtschaftsberichte vom 20. September 2016 und vom 9. Dezember 2017 nicht in Frage gestellt.

440    Nach Ansicht der Klägerinnen zeigen die genannten Wirtschaftsberichte, dass die Bruttopreise für den Verkauf vom Vertreiber an den Händler von Scania DE nicht für die Preise in anderen europäischen Ländern repräsentativ seien und daher die Ungewissheit hinsichtlich der Preisstrategie von Scania im EWR nicht verringern könnten. Es ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss, was Scania betrifft, nicht auf die Annahme gestützt ist, dass es irgendeine Parallelität zwischen den in den verschiedenen europäischen Ländern angewandten Bruttopreisen für den Verkauf vom Verteiler an den Händler gibt, da, wie aus der in Rn. 31 oben dargestellten Grafik hervorgeht, der Bruttopreis des nationalen Vertreibers nach Maßgabe der auf die FGPL angewandten Rabatte und ihrer Gewinnspanne berechnet wird. Der angefochtene Beschluss beruht auf der Erwägung, dass jede auf die FGPL angewandte und daher vom Sitz beschlossene Erhöhung in unterschiedlichem Umfang (je nach den angewandten Rabatten) den Bruttopreis des nationalen Vertreibers beeinflusst (vgl. Erwägungsgründe 51 und 52 des angefochtenen Beschlusses).

441    Jedenfalls ist das Gericht der Ansicht, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Akte rechtlich hinreichend belegt, dass Scania DE unabhängig vom tatsächlichen geografischen Umfang der von ihr gelieferten Informationen bei ihren Wettbewerbern den Eindruck erweckte, dass die Informationen, die sie ihnen lieferte, eine über den deutschen Markt hinausgehende Tragweite hatten und über diesen Markt hinaus von Interesse waren, und dass Scania DE somit zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele beigetragen hat, die mit dem Austausch von wettbewerbswidrigen Informationen auf deutscher Ebene verfolgt wurden.

442    Insoweit nimmt das Gericht auf den im 148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargestellten Austausch Bezug (vgl. Rn. 413 oben). Angesichts der Andeutung eines Mitarbeiters von Scania DE, wonach die Information über die Zeitpunkte der Einführung der Lkw-Modelle und über die Preise, die er dem Mitarbeiter von [vertraulich] mitteilen werde, vom Unternehmenssitz von Scania stammen soll, kann man vernünftigerweise davon ausgehen, dass dieser Mitarbeiter von [vertraulich] diese Information so verstanden hat, dass sie über den deutschen Markt hinaus von Interesse war. Ferner ist auf die im 185. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte E‑Mail vom 28. Oktober 2009 hinzuweisen, die belegt, dass der Sitz von [vertraulich] beim Austausch auf deutscher Ebene von Scania die Information bekommen hatte, dass zum 1. Januar 2010 eine mit einem „Facelift“ der Lkw in Zusammenhang stehende Erhöhung der Preise um 3 % geplant war. Da die Preiserhöhung, über die Scania ihren Wettbewerber in Kenntnis setzte, mit den Herstellungskosten der Lkw zusammenhing und da Scania DE keine Lkw herstellt, kann der Schluss gezogen werden, dass [vertraulich] die genannte Information über die Preiserhöhung so verstanden hatte, dass ihre Tragweite über den deutschen Markt hinausging.

443    Nach alledem ist der sechste Klagegrund zurückzuweisen.

f)      Siebter Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, soweit die Kommission die Ansicht vertreten habe, dass das festgestellte Verhalten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstelle und die Klägerinnen hierfür haftbar seien

444    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Ansicht vertreten hat, dass die Vereinbarungen zwischen Scania und den Vergleichsparteien und/oder die zwischen ihnen abgestimmten Verhaltensweisen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vom 17. Januar 1997 bis 18. Januar 2011 dargestellt hätten. Die Zuwiderhandlung habe in einer Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen im EWR für mittlere und schwere Lkw sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, bestanden (315. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

445    Im Einzelnen hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass die Parteien über wettbewerbswidrige Kontakte einen gemeinsamen Plan mit einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel verfolgt hätten und dass Scania vom allgemeinen Anwendungsbereich und den wesentlichen Merkmalen des Netzes kollusiver Kontakte Kenntnis gehabt habe oder hätte haben müssen und die Absicht gehabt habe, durch ihre Handlungen zum Kartell beizutragen, so dass sie für die Zuwiderhandlung insgesamt zur Verantwortung gezogen werden könne (Erwägungsgründe 316 und 350 des angefochtenen Beschlusses).

446    Die Klägerinnen bestreiten im Wesentlichen das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall und wenden sich dagegen, dass ihnen diese gesamte Zuwiderhandlung zugerechnet wird.

1)      Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

i)      Vorbemerkungen

447    Um das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachzuweisen, muss die Kommission darlegen, dass die verschiedenen in Rede stehenden Verhaltensweisen Teil eines „Gesamtplans“ mit einem einheitlichen Ziel sind (vgl. Rn. 196 oben).

448    In der Rechtsprechung sind mehrere Kriterien als für die Beurteilung der Frage maßgeblich herausgearbeitet worden, ob eine Zuwiderhandlung einheitlichen Charakter hat, nämlich die Identität der Ziele der betreffenden Praktiken, die Identität der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die Identität der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und die Identität der Modalitäten ihrer Durchführung (vgl. Urteil vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens u. a./Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:866, Rn. 243). Weitere Kriterien, die bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können, sind die Identität der natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und die Identität des räumlichen Anwendungsbereichs der betreffenden Praktiken (Urteil vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 60).

449    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der Begriff des einheitlichen Ziels nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt bestimmt werden kann, da die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Verhalten eigen ist. Eine solche Definition des Begriffs des einheitlichen Ziels könnte dem Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilweise seinen Sinn nehmen, da sie zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die nach der genannten Vorschrift verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einheitlichen Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten (Urteil vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, EU:T:2007:380, Rn. 180).

450    Wie bereits angeführt (vgl. Rn. 195 oben), bedeutet im Übrigen die den Begriff „einheitliches Ziel“ betreffende Voraussetzung, dass geprüft werden muss, ob es nicht die verschiedenen Verhaltensweisen, die Bestandteil der Zuwiderhandlung sind, kennzeichnende Gesichtspunkte gibt, die darauf hindeuten könnten, dass die von anderen beteiligten Unternehmen vorgenommenen Handlungen nicht das gleiche Ziel oder die gleiche wettbewerbswidrige Wirkung haben und sich daher nicht wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt in einen „Gesamtplan“ einfügen.

ii)    Angefochtener Beschluss

451    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die Ansicht vertreten hat, dass die in dessen 317. Erwägungsgrund beschriebenen kollusiven Kontakte auf drei Ebenen aus folgenden Gründen Teil eines Gesamtplans mit einem wettbewerbswidrigen Ziel seien.

452    Erstens beträfen alle Kontakte die gleichen Waren, nämlich mittlere und schwere Lkw (319. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

453    Zweitens sei die Art der geteilten Informationen – Informationen über Preise, Preiserhöhungen, die Zeitpunkte der Markteinführung von Lkw, die den neuen Umweltnormen entsprächen, und die Absicht der Wettbewerber, die damit verbundenen Kosten an die Kunden weiterzugeben – während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung gleich geblieben (320. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission hat festgestellt, dass die Art der Gespräche und der Vereinbarungen über den Zeitplan für die Einführung von neuen, bestimmten Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen mit der Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen im Zusammenhang gestanden und diese ergänzt habe (321. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

454    In diesem Zusammenhang hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die Parteien, wenngleich sie ab September 2004 nicht mehr wie zuvor aktiv versucht hätten, eine bestimmte Vereinbarung über künftige gemeinsame Bruttopreiserhöhungen oder über konkrete Termine für die Markteinführung der den neuen Umweltnormen entsprechenden Lkw oder die Höhe der von den Parteien an die Verbraucher weitergegebenen Kosten dieser Lkw abzuschließen, dennoch weiterhin Absprachen getroffen hätten, indem sie die gleiche Art von Informationen ausgetauscht und das gleiche Ziel, nämlich den Wettbewerb durch die Verringerung des Grades der zwischen ihnen bestehenden strategischen Ungewissheit zu beschränken, verfolgt hätten (322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

455    Drittens hätten die wettbewerbswidrigen Kontakte häufig stattgefunden und dieselbe Gruppe von Lkw-Herstellern, nämlich Scania und die Vergleichsparteien, betroffen. Die an den Kontakten beteiligten Personen hätten denselben Herstellern angehört und den Austausch in kleinen Gruppen von Mitarbeitern der Hersteller organisiert (323. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

456    Viertens hat die Kommission festgestellt, dass sich zwar die Ebene und die internen Verantwortlichkeiten der an dem Verhalten beteiligten Mitarbeiter während des Kartells geändert hätten, dass jedoch die Art, das Ziel und der Umfang der Kontakte und Treffen während der gesamten Dauer des Kartells gleich geblieben seien (325. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Insoweit hat die Kommission ausgeführt, dass mit allen kollusiven Kontakten, die auf den drei Ebenen stattgefunden hätten, das wettbewerbswidrige Ziel verfolgt worden sei, den Wettbewerb auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR im Hinblick auf künftige Preise und Bruttopreiserhöhungen und den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten im Zusammenhang mit der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw zu beschränken (326. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

457    Im 327. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission drei Gesichtspunkte angeführt, die ihre Schlussfolgerung untermauern sollen, dass die Verlagerung des Austauschs (the shift in the exchanges) von der Führungsebene auf die deutsche Ebene die fortgesetzte Natur der Zuwiderhandlung nicht berührt habe.

458    Erstens hat die Kommission festgestellt, dass es zwischen den auf den verschiedenen Ebenen abgehaltenen Treffen beträchtliche zeitliche Überschneidungen gegeben habe, wobei die Treffen auf der Führungsebene von 1997 bis 2004, die Treffen auf unterer Ebene des Sitzes von 2000 bis 2008 und die Gespräche auf deutscher Ebene ab 2004 stattgefunden hätten. Dies hat nach Ansicht der Kommission dazu geführt, dass die Kontakte auf den beiden anderen Ebenen ohne Unterbrechung fortgesetzt worden seien, obwohl die Treffen auf der Führungsebene nach dem 16. September 2004 nicht mehr fortgesetzt worden seien (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses). In diesem Zusammenhang hat die Kommission auch festgestellt, dass zum einen während des Zeitraums von 2003 bis 2007 Kontakte zwischen den Mitarbeitern auf unterer Ebene des Sitzes und den Mitarbeitern auf deutscher Ebene stattgefunden hätten und gemeinsame Treffen organisiert worden seien, und dass die Parteien zum anderen wiederholt auf unterer Ebene des Sitzes erörtert hätten, welche Informationen auf welcher Ebene ausgetauscht werden sollten (Erwägungsgrund 327 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses).

459    Zweitens hat die Kommission festgestellt, dass die deutschen Tochtergesellschaften der Parteien keine Lkw hergestellt hätten und nicht mit der Entwicklung von Technologien befasst gewesen seien, da diese Verantwortlichkeit ausschließlich in die Zuständigkeit des Sitzes gefallen sei. Sofern also Mitarbeiter auf deutscher Ebene Informationen über den Zeitplan und die zusätzlichen Kosten der Einführung der den Euro-5- und Euro-6-Normen entsprechenden Technologien ausgetauscht hätten, tauschten sie nach Ansicht der Kommission vom Unternehmenssitz stammende Informationen aus, die den gesamten EWR betroffen hätten (Erwägungsgrund 327 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses).

460    Drittens hat die Kommission festgestellt, dass es in Bezug auf mehrere Kartellteilnehmer Beweise dafür gebe, dass die deutschen Tochtergesellschaften ihre Preisabsichten systematisch an den Sitz und vor allem an die am Informationsaustausch über die Preise beteiligten Personen im Bereich der zentralen Verwaltung weitergeleitet hätten. In diesem Zusammenhang hat die Kommission auch festgestellt, dass der Gesellschaftssitz von Scania die Befugnis gehabt habe, die Brutto-Werkpreise und die auf die Verteiler (bei denen es sich um hundertprozentige Tochtergesellschaften der Muttergesellschaft gehandelt habe) angewandten Rabatte zu bestimmen, und dass Scania über ein strukturiertes Sitzungsmuster verfügt habe, um eine rasche Umsetzung der strategischen Entscheidungen des Sitzes zu gewährleisten, was bedeute, dass der Sitz von Scania vernünftigerweise nicht in Unkenntnis dieser Informationen habe sein können.

461    Die Kommission ist im 328. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gekommen, dass die Änderung des Kartells (the change in the cartel) mit dem Ziel, die Fortdauer des Austausches zu gewährleisten, gemeinschaftlich geleitet und zwischen den verschiedenen Parteien koordiniert worden sei.

462    Fünftens hat sich nach Ansicht der Kommission zwar die Art, wie die Informationen ausgetauscht worden seien, in den 14 Jahren, in denen die Zuwiderhandlung angedauert habe, natürlich verändert, doch sei dies schrittweise geschehen und der Grundcharakter des Austauschs gleich geblieben: die Kontakte hätten sich von einem multilateralen Informationsaustausch, Treffen oder Präsentationen auf persönlicher Ebene zu einem multilateralen E‑Mail-Austausch in Form von Zusammenstellungen künftiger Preisinformationen, die über E‑Mail organisiert und in einem Tabellenkalkulationsprogramm dargestellt worden seien, entwickelt (329. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

463    Auf der Grundlage dieser fünf Gesichtspunkte ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass die kollusiven Kontakte miteinander in Verbindung gestanden und einander ergänzt hätten (330. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

iii) Würdigung

464    Erstens steht fest, dass die in Rede stehenden kollusiven Kontakte während ihrer gesamten Dauer die gleichen Waren betrafen, d. h. mittlere und schwere Lkw, und dass sie von derselben Gruppe von Lkw-Herstellern, nämlich Scania und den Vergleichsparteien, abgehalten wurden. Im Übrigen ergibt sich aus der Akte, dass an den Kontakten eine kleine Gruppe von Mitarbeitern auf jeder Ebene beteiligt war, deren Zusammensetzung relativ stabil blieb, und dass sie regelmäßig und häufig stattfanden.

465    Zweitens ist auf das Vorliegen von Verbindungen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte hinzuweisen, nämlich darauf, dass die Teilnehmer auf diesen Ebenen Mitarbeiter derselben Unternehmen waren, d. h. von Scania und den Vergleichsparteien, dass der Austausch auf jeder Ebene den gleichen Inhalt hatte, dass es zwischen den auf verschiedenen Ebenen abgehaltenen Treffen eine zeitliche Überschneidung gab, dass die Ebenen aufeinander Bezug nahmen und gesammelte Informationen austauschten und dass es gemeinsame Kontakte zwischen den Ebenen gab (vgl. Rn. 218 oben). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass es den Klägerinnen nicht gelungen ist, im Rahmen des dritten Klagegrundes die Feststellungen der Kommission zum Vorliegen von Verbindungen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte in Frage zu stellen (vgl. Rn. 229 oben).

466    Drittens stellt das Gericht mit der Kommission fest (vgl. Rn. 453 und 454 oben), dass der Inhalt des Austauschs zwischen den Parteien sowie das Ziel dieses Austauschs, die Ungewissheit zwischen den Parteien, die im Wesentlichen ihre künftigen Preisstrategien betraf, zu verringern, gleich geblieben sind. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Kommission nach Ansicht des Gerichts in den Erwägungsgründen 243 und 321 des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat, dass die Art der Gespräche und der Vereinbarungen über den Zeitplan für die Einführung von neuen, bestimmten Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen mit der Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen in Verbindung gestanden und diese ergänzt habe (vgl. Rn. 297 oben).

467    Viertens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zu Recht die Ansicht vertreten hat, dass sich der geografische Umfang des wettbewerbswidrigen Austauschs auf deutscher Ebene auf den gesamten EWR erstreckt habe, ebenso wie der des wettbewerbswidrigen Austauschs auf der Führungsebene.

468    Auf der Grundlage der vorstehenden Gesichtspunkte ist der Feststellung der Kommission zuzustimmen, dass der im 317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene Austausch zwischen den Parteien Teil eines Gesamtplans mit einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel gewesen sei.

469    Das Vorbringen der Klägerinnen stellt die Schlussfolgerung des Gerichts nicht in Frage. Dieses Vorbringen lässt sich in drei Gruppen unterteilen. Erstens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie die drei Ebenen der Kontakte zwischen den Parteien gemeinsam bewertet habe, einen Fehler begangen. Zweitens wenden sie sich gegen die im 320. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltene Feststellung der Kommission, die auf den drei Ebenen ausgetauschten Informationen seien gleichartig gewesen. Drittens wenden sich die Klägerinnen gegen die im 327. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vertretene Auffassung der Kommission, die „Verlagerung“ des Austauschs von der Führungsebene auf die deutsche Ebene habe die fortgesetzte Natur der Zuwiderhandlung nicht berührt.

–       Gesamtbewertung der drei Kontaktebenen

470    Um das Vorliegen eines Gesamtplans im vorliegenden Fall zu bestreiten, machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die drei Ebenen der Kontakte müssten entgegen dem von der Kommission im angefochtenen Beschluss verfolgten Ansatz getrennt und nicht gemeinsam bewertet werden.

471    Zur Begründung dieser Auffassung machen die Klägerinnen erstens geltend, die Kommission habe keinen relevanten tatsächlichen Zusammenhang zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte nachgewiesen. Aus den oben in Rn. 465 aufgeführten Gründen ist diese Rüge zurückzuwiesen.

472    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, der Umfang der Zuwiderhandlung müsse auf der Grundlage tatsächlicher Umstände bestimmt werden, die unmittelbar mit den Mitarbeitern verbunden seien, die an dem angeblichen kollusiven Verhalten beteiligt gewesen seien. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Mitarbeiter der Unternehmen, die an den kollusiven Kontakten auf den verschiedenen Ebenen beteiligt gewesen seien, eine gemeinsame Kenntnis und ein gemeinsames Verständnis von der Tragweite des kollusiven Verhaltens gehabt hätten. In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen vor, die Unternehmen seien auf den verschiedenen Kontaktebenen von verschiedenen Mitarbeitern vertreten worden.

473    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die in Rede stehenden kollusiven Kontakte während ihrer gesamten Dauer von derselben Gruppe von Lkw-Herstellern, nämlich von Scania und den Vergleichsparteien, gehalten wurden. Im Übrigen war an diesen Kontakten eine kleine Gruppe von Mitarbeitern auf jeder Ebene beteiligt, deren Zusammensetzung relativ stabil blieb, und sie fanden regelmäßig und häufig statt. Es ist auch auf die Verbindungen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte hinzuweisen. In Anbetracht dieser Faktoren stellt der Umstand, dass nicht dieselben Mitarbeiter an den kollusiven Kontakten beteiligt waren, die Schlussfolgerung nicht in Frage, dass im vorliegenden Fall ein gemeinsamer Plan vorlag.

474    Was das oben in Rn. 472 wiedergegebene Vorbringen der Klägerinnen anlangt, wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die Mitarbeiter der Unternehmen, die an den kollusiven Kontakten auf den verschiedenen Ebenen beteiligt gewesen seien, eine gemeinsame Kenntnis und ein gemeinsames Verständnis von der Tragweite des kollusiven Verhaltens gehabt hätten, so zielt dieses Vorbringen auf die Frage ab, ob das Bewusstsein über den Gesamtplan auf Ebene des Unternehmens oder auf Ebene seiner Mitarbeiter zu beurteilen ist. Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, dieses Bewusstsein auf Ebene des Unternehmens beurteilt zu haben und es unterlassen zu haben, das Bewusstsein auf Ebene der Mitarbeiter zu prüfen.

475    Diese Rüge der Klägerinnen ist unbegründet.

476    Es ist darauf hinzuweisen, dass das Wettbewerbsrecht der Union die Tätigkeit von „Unternehmen“ betrifft, wobei unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, EU:C:2009:536, Rn. 54 und 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

477    Ferner ergibt sich in Bezug auf die Frage, ob Unternehmen Zuwiderhandlungen ihrer Mitarbeiter zugerechnet werden können, aus der Rechtsprechung, dass die Befugnis der Kommission, ein Unternehmen mit einer Sanktion zu belegen, nur die rechtswidrige Handlung einer Person voraussetzt, die im Allgemeinen berechtigt ist, für das Unternehmen tätig zu werden (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2014, H & R ChemPharm/Kommission, T‑551/08, EU:T:2014:1081, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

478    Aus der oben in den Rn. 476 und 477 angeführten Rechtsprechung ergibt sich, dass die Frage, ob man sich bewusst war, dass ein Gesamtplan vorlag, zwangsläufig auf Ebene der beteiligten Unternehmen und nicht auf Ebene ihrer Mitarbeiter zu beurteilen ist. Wie die Kommission zutreffend anmerkt, wäre es ihr unmöglich, das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachzuweisen, wenn sie verpflichtet wäre, zu beweisen, dass jeder Mitarbeiter eines am Kartell beteiligten Unternehmens eine genaue Kenntnis vom Verhalten der anderen Mitarbeiter im Kartell hatte, zumal da Kartelle im Allgemeinen geheim sind und es in Kartellfällen oftmals nur lückenhafte und vereinzelte Beweise gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2011, Trade-Stomil/Kommission, T‑53/07, EU:T:2011:360, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall kann aus dem Vorliegen von Verbindungen zwischen den drei Ebenen der kollusiven Kontakte und insbesondere aus der Tatsache, dass die natürlichen Personen, die auf den drei Ebenen der kollusiven Kontakte beteiligt waren, Mitarbeiter derselben Unternehmen waren, abgeleitet werden, dass diese Unternehmen eine gemeinsame Kenntnis und ein gemeinsames Verständnis des Gesamtplans und damit des rechtswidrigen Verhaltens hatten.

479    Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission hätte die drei Ebenen der kollusiven Kontakte getrennt bewerten müssen, zurückzuweisen.

–       Art der auf den drei Kontaktebenen ausgetauschten Informationen

480    Die Klägerinnen wenden sich gegen die insbesondere in den Erwägungsgründen 320 und 322 des angefochtenen Beschlusses geäußerte Erwägung, dass die auf den verschiedenen Kontaktebenen ausgetauschten Informationen gleicher Art gewesen seien und das gleiche wettbewerbswidrige Ziel verfolgt hätten.

481    Insoweit führen die Klägerinnen erstens den 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses an, der auf eine grundlegende Änderung der Art der Kontakte hinweise, da es dort heiße, dass die Parteien ab September 2004 nicht mehr aktiv versucht hätten, zu einer genauen Vereinbarung über die künftigen Bruttopreiserhöhungen zu kommen, wie sie es vor diesem Zeitpunkt getan hätten.

482    Dieses Vorbringen der Klägerinnen kann keinen Erfolg haben. Zwar heißt es im 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Parteien nach September 2004 nicht mehr versucht hätten, ausdrückliche Vereinbarungen abzuschießen, sondern sich im Wesentlichen mit dem Austausch von Informationen mit dem Ziel der Wettbewerbsbeschränkung begnügt hätten. Wie jedoch die Kommission zu Recht feststellt, betrifft diese Änderung, obwohl sie die Einstufung des in Rede stehenden Verhaltens als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise beeinflussen kann, nicht die „Art“ der ausgetauschten Informationen, die nach dem 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gleich geblieben ist und darauf abzielte, den Grad der strategischen Ungewissheit der Parteien in Bezug auf die künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von den neuen Umweltstandards entsprechenden Lkw zu verringern.

483    Zweitens verweisen die Klägerinnen auf die Erwägungsgründe 116 und 117 des angefochtenen Beschlusses, in denen ein Treffen auf unterer Ebene des Sitzes vom 3. und 4. Juli 2001 beschrieben wird, in dessen Rahmen die Mitarbeiter des Unternehmenssitzes der Parteien ihre Besorgnis über den ihrer Ansicht nach zu weit gehenden Austausch auf deutscher Ebene zum Ausdruck brachten und vereinbarten, in Zukunft nur noch technische Informationen und keine Preisinformationen auszutauschen. Nach Ansicht der Klägerinnen zeigen diese Erwägungsgründe, dass der Informationsaustausch auf unterer Ebene des Sitzes und auf deutscher Ebene nicht gleichartig gewesen sei und nicht dasselbe Ziel verfolgt habe.

484    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht bereits im Rahmen der Prüfung des dritten und fünften Klagegrundes festgestellt hat, dass der Austausch auf unterer Ebene des Sitzes und auf deutscher Ebene zur Verwirklichung des gemeinsamen Plans beigetragen hat und dass diese beiden Ebenen der kollusiven Kontakte sachlich miteinander in Verbindung standen, und zwar vor allem deshalb, weil die Beteiligten auf diesen Ebenen Mitarbeiter derselben Unternehmen waren, weil es zeitliche Überschneidungen zwischen den Treffen auf den beiden Ebenen gab, weil es zwischen den Mitarbeitern auf unterer Ebene des Sitzes und den Mitarbeitern auf deutscher Ebene Kontakte gab, und weil die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes über den Inhalt des Austauschs auf deutscher Ebene informiert waren (vgl. oben Rn. 224 und 228). Im Übrigen ergibt sich aus der Akte, dass trotz der Vereinbarung zwischen den Teilnehmern auf unterer Ebene des Sitzes im Jahr 2001, in Zukunft keine Preisinformationen mehr auszutauschen (vgl. oben Rn. 478), ein solcher Austausch stattfand (vgl. oben Rn. 229). Unter diesen Umständen ist das oben in Rn. 483 wiedergegebene Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass nach den im angefochtenen Beschluss angeführten und von den Klägerinnen nicht in Frage gestellten Beweisen die Treffen auf Führungsebene der Parteien, die bis September 2004, also parallel zu den Treffen auf unterer Ebene des Sitzes, stattfanden, eindeutig denselben wettbewerbswidrigen Zweck verfolgten wie der Austausch auf deutscher Ebene, der nach 2004 und bis zum Ende der Zuwiderhandlung im Jahr 2011 fortgesetzt wurde.

485    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie festgestellt hat, dass im vorliegenden Fall ein Gesamtplan vorlag.

–       Fortgesetzter Charakter der Zuwiderhandlung

486    Erstens ist festzustellen, dass die Unterbrechung der kollusiven Kontakte auf Führungsebene der Parteien im September 2004 zu keiner Unterbrechung der kollusiven Kontakte auf den beiden anderen Ebenen geführt hat.

487    So schrieb ausweislich des im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweises C vom Unternehmenssitz von [vertraulich] am 11. November 2004 Mitarbeiter der anderen Hersteller an, die der unteren Ebene des Sitzes und der deutschen Ebene angehörten, um ihnen zwei neue Kontaktpersonen am Sitz von [vertraulich] vorzustellen, die für die zentrale Preisgestaltung der Waren am Sitz von [vertraulich] in [vertraulich] verantwortlich waren. C ersuchte die Wettbewerber, ihm Kontaktpersonen in ihren Organisationen zu nennen. Die E‑Mail von C war u. a. an A und an B gerichtet, die jeweils der unteren Ebene des Sitzes und der deutschen Ebene von Scania angehörten. Wie im 140. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschrieben, tauschten die Wettbewerber auch ab 2. Dezember 2004 auf deutscher Ebene Informationen über die für das Jahr 2005 geplanten Preiserhöhungen aus. Im Rahmen dieses Austauschs lieferte I, ein Mitarbeiter von Scania DE, die folgenden Informationen an K, einen Organisator dieses Informationsaustauschs und Mitarbeiter der deutschen Tochtergesellschaft von [vertraulich]: „[A]b März 2005 werden wir [die Preise von] alle[n] unsere[n] Serien [vertraulich] um 1,5 % erhöhen.“ Somit zeigt sich, dass der Austausch der Kartellteilnehmer auf deutscher Ebene den gleichen Inhalt hatte wie der Austausch auf Führungsebene und dass er mit Letzterem abgestimmt war.

488    Zweitens ist festzustellen, dass die Erwägungen der Kommission im 327. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (siehe oben Rn. 457 bis 461) fehlerfrei sind. So steht fest, dass es zeitliche Überschneidungen zwischen den Treffen auf den verschiedenen Ebenen gab. Im Übrigen ist das Gericht im Rahmen des dritten Klagegrundes zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kommission das Vorliegen von Kontakten zwischen den Mitarbeitern der unteren Ebene des Sitzes und der deutschen Ebene und die Tatsache, dass die Mitarbeiter auf unterer Ebene des Sitzes über den Inhalt des Austauschs auf deutscher Ebene auf dem Laufenden waren, nachgewiesen hat. Zudem ist das Gericht im Rahmen des sechsten Klagegrundes zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kommission nachgewiesen hat, dass die auf deutscher Ebene ausgetauschten Preisinformationen vom Unternehmenssitz der Parteien stammten und dass die Mitarbeiter auf deutscher Ebene im Rahmen ihres Austauschs erhaltene Preisinformationen an den Sitz weitergaben.

489    Auf der Grundlage dieser Feststellungen gelangt das Gericht zu dem Schluss, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass dasselbe Kartell (mit dem gleichen Inhalt und der gleichen Tragweite) trotz des Umstands, dass die kollusiven Kontakte auf Führungsebene im September 2004 unterbrochen wurden, nach diesem Zeitpunkt fortgesetzt wurde, mit dem einzigen Unterschied, dass die beteiligten Mitarbeiter aus verschiedenen Organisationsebenen der beteiligten Unternehmen und nicht aus der Führungsebene stammten.

490    Das Vorbringen der Klägerinnen stellt diese Schlussfolgerung nicht in Frage.

491    Zum einen werfen die Klägerinnen der Kommission vor, nicht erklärt zu haben, wie die „Verlagerung“ der kollusiven Kontakte von der Führungsebene auf die deutsche Ebene erfolgt sei. Damit eine „Verlagerung“ als Fortsetzung früherer Praktiken angesehen werden könne, hätte ihrer Meinung nach ein Kontrollmechanismus eingerichtet werden müssen, um die Kontinuität zu gewährleisten. Sie berufen sich auch auf das Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission (T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 223), in dem das Gericht darauf hingewiesen habe, dass in Fällen, in denen die Fortsetzung einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise besonderer Durchführungsmaßnahmen bedürfe, die Kommission bei Fehlen eines Beweises für das Ergreifen dieser Maßnahmen nicht von der Fortsetzung des Kartells ausgehen dürfe.

492    Diesem Vorbringen der Klägerinnen kann nicht gefolgt werden. Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich, dass die Kommission die Begriffe „Verlagerung“ oder „Umstellung“ des Austauschs von der Führungsebene auf die deutsche Ebene verwendet hat, um auszudrücken, dass es auf der Ebene der Mitarbeiter, die an den kollusiven Kontakten beteiligt waren, eine Änderung gegeben hat, und nicht, um auszudrücken, dass es irgendeine Unterbrechung des Kartells gegeben hätte. Im Übrigen hat die Kommission im 327. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die tatsächlichen Umstände dargelegt, die die Fortsetzung des Kartells nach September 2004 belegen (siehe oben Rn. 458 bis 460); angesichts dieser Umstände zeigt sich, dass keine „besondere Durchführungsmaßnahme“ im Sinne des Urteils vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission (T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 223), erforderlich war.

493    Zum anderen werfen die Klägerinnen der Kommission vor, im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen zu haben, dass die Mitarbeiter von Scania DE, die an den Treffen auf deutscher Ebene teilgenommen hätten, gewusst hätten, dass sie an der Fortsetzung von Praktiken beteiligt gewesen seien, die auf den beiden anderen Ebenen stattgefunden hätten, oder dass die Mitarbeiter von Scania, die an den Treffen auf unterer Ebene des Sitzes teilgenommen hätten, Kenntnis von den Treffen auf Führungsebene gehabt hätten.

494    Dieses Vorbringen der Klägerinnen beruht auf der Annahme, dass das Bewusstsein über das Vorliegen des Gesamtplans auf der Ebene der Mitarbeiter des Unternehmens und nicht auf der Ebene des Unternehmens selbst zu beurteilen ist. Wie bereits festgestellt, ist diese Annahme jedoch falsch (siehe oben Rn. 474 bis 478).

495    Zur Frage, ob sich Scania als Unternehmen trotz der „Verlagerung“ des Austauschs von der Führungsebene auf die deutsche Ebene des fortgesetzten Charakters der Zuwiderhandlung bewusst war, ist Folgendes anzumerken.

496    Erstens ist auf die wichtige Rolle hinzuweisen, die der Unternehmenssitz von Scania bei der Festsetzung der Preise auf der Ebene der nationalen Verteiler des Unternehmens und damit auf der Ebene von Scania DE spielt, die eine hundertprozentige Tochtergesellschaft ist. Der Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania ist im Rahmen des sechsten Klagegrundes geprüft worden.

497    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die in der Akte enthaltenen Beweise zeigen, dass die Mitarbeiter am Unternehmenssitz von Scania (untere Ebene des Sitzes) vom Inhalt des Austauschs auf deutscher Ebene Kenntnis hatten (siehe oben Rn. 418). Es ist nicht plausibel, dass die leitenden Organe dieses Unternehmens davon keine Kenntnis haben sollten.

498    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die in der Akte enthaltenen Beweise nahelegen, dass die Mitarbeiter von Scania DE auf deutscher Ebene Informationen, die vom Sitz von Scania stammten, austauschten (siehe oben Rn. 413, 437, 438 und 442).

499    Diese drei Faktoren zeigen, dass das Unternehmen Scania und sein Sitz ungeachtet des Umstands, dass der Austausch auf Führungsebene im September 2004 beendet wurde, Kenntnis davon hatten, dass die gleiche Zuwiderhandlung nach September 2004 fortgesetzt wurde, mit dem einzigen Unterschied, dass die Mitarbeiter der Führungsebene nicht mehr an den kollusiven Kontakten beteiligt waren. Insoweit ist der von den Klägerinnen angeführte Umstand, dass die Mitarbeiter von Scania DE keine Kenntnis von den kollusiven Kontakten auf Führungsebene hatten, irrelevant.

500    Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Schlussfolgerung der Kommission, dass im vorliegenden Fall eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliege, nicht fehlerhaft ist.

2)      Zurechenbarkeit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an Scania

501    Die Kommission hat im 332. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Scania unmittelbar an allen relevanten Aspekten des Kartells beteiligt gewesen sei.

502    Außerdem hat die Kommission im 333. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angemerkt, dass Scania, obwohl sie nur schwere Lkw hergestellt und verkauft habe, gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass die anderen Kartellteilnehmer auch mittlere Lkw herstellten und dass es bei den kollusiven Kontakten um diese beiden Lkw-Typen (mittlere und schwere) gegangen sei. Die Kommission hat daher festgestellt, dass Scania wusste oder hätte wissen müssen, dass die wettbewerbswidrigen Praktiken mittlere und schwere Lkw betroffen hätten.

503    Auf der Grundlage dieser Erwägungen hat die Kommission im 334. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Schluss gezogen, dass Scania die Absicht gehabt habe, zur Zuwiderhandlung beizutragen, und dass sie von ihrem Vorliegen gewusst habe oder hätte wissen müssen.

504    Die Klägerinnen bestreiten die Zurechenbarkeit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an Scania mit dem Argument, dass die Kommission das Vorliegen der erforderlichen „mentalen Komponente“ nicht nachgewiesen habe. Mit anderen Worten werfen sie ihr vor, im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen zu haben, dass die im Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 87), aufgestellten kumulativen Kriterien des Interesses, des Wissens und der Bereitschaft, die Gefahr auf sich zu nehmen, im vorliegenden Fall in Bezug auf die an den drei Kontaktebenen beteiligten Mitarbeiter von Scania erfüllt seien.

505    Da das Bewusstsein über das Vorliegen eines Gesamtplans auf der Ebene der beteiligten Unternehmen und nicht auf der Ebene ihrer Mitarbeiter zu prüfen ist (siehe oben Rn. 478), ist insoweit festzustellen, dass demgemäß die Faktoren, die die Zurechenbarkeit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bestimmen, auch auf der Ebene des Unternehmens beurteilt werden müssen.

506    Was zudem die Faktoren betrifft, die für die Zurechenbarkeit der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an ein Unternehmen maßgeblich sind, so ergibt sich aus dem Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens (C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 43 bis 45), dass die Kommission, wenn sich das in Rede stehende Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, berechtigt ist, ihm die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zuzurechnen, ohne dass sie nachweisen muss, dass die Kriterien des Interesses, des Wissens und der Bereitschaft, die Gefahr auf sich zu nehmen, erfüllt sind.

507    Im vorliegenden Fall kann festgestellt werden, dass das Unternehmen Scania gemäß den Feststellungen im 332. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unmittelbar an sämtlichen relevanten Aspekten des Kartells beteiligt war. Seine Mitarbeiter waren an den kollusiven Kontakten beteiligt, die auf drei Ebenen stattfanden. Das Unternehmen Scania tauschte mit seinen Wettbewerbern Informationen über Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung der den Euro-3- bis Euro-6-Normen entsprechenden Technologien aus. Scania nahm aktiv am Kartell teil, organisierte Treffen und nahm am Austausch von E‑Mails teil (vgl. 332. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

508    Scania stellt zwar keine schweren Lkw her. Allerdings ergibt sich aus der Akte, dass die kollusiven Kontakte, an denen die Mitarbeiter von Scania beteiligt waren, unterschiedslos mittlere und schwere Lkw betrafen (vgl. 333. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Folglich war die Kommission berechtigt, dem Unternehmen Scania die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auch in Bezug auf mittlere Lkw zuzurechnen, da dieses Unternehmen notwendigerweise Kenntnis von diesem Aspekt des Kartells hatte.

509    Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass die Zurechnung der gesamten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung an Scania nicht fehlerhaft ist. Demzufolge ist der siebte Klagegrund zurückzuweisen.

4.      Achter Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens sowie von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003, soweit die Kommission eine Geldbuße wegen eines verjährten Verhaltens verhängt habe und jedenfalls nicht berücksichtigt habe, dass dieses Verhalten nicht fortgesetzt worden sei

510    Erstens machen die Klägerinnen geltend, der Sachverhalt, der die Führungsebene betreffe und die Verhängung einer Geldbuße rechtfertige, sei nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 verjährt, da die Treffen auf dieser Ebene im September 2004, d. h. mehr als fünf Jahre vor Beginn der Untersuchung der Kommission, geendet hätten. Die Klägerinnen fügen hinzu, die Kommission habe unter diesen Umständen kein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Verhalten auf Führungsebene festzustellen.

511    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, selbst wenn das Gericht den in Rede stehenden Sachverhalt als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ansehen sollte (wovon nicht auszugehen sei), müsse der angefochtene Beschluss insoweit abgeändert werden, als er die Unterbrechungen der angeblichen Zuwiderhandlung in Bezug auf die die Führungsebene nicht berücksichtige. In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen vor, der angefochtene Beschluss enthalte keine hinreichenden Beweise dafür, dass im Jahr 1999 Treffen auf Führungsebene stattgefunden hätten.

512    Außerdem sei im angefochtenen Beschluss in Anbetracht des Fehlens von Beweisen für die Teilnahme von Scania an den Treffen auf Führungsebene im Jahr 1999 und im Jahr 2002 zu Unrecht festgestellt worden, dass Scania zwischen dem 17. Januar 1997 und dem 24. September 2004 fortgesetzt an den Treffen auf Führungsebene teilgenommen habe. Vielmehr hätte festgestellt werden müssen, dass diese Treffen, zumindest was Scania betreffe, zwischen dem 3. September 1998 und dem 3. Februar 2000 (17 Monate Unterbrechung) und zwischen dem 20. November 2001 und dem 10. April 2003 (weitere 17 Monate Unterbrechung) unterbrochen worden seien.

513    Die Klägerinnen kommen zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären sei und dass jedenfalls für alle Zuwiderhandlungen vor dem 10. April 2003 wegen Verjährung keine Geldbuße verhängt werden könne. Hilfsweise machen die Klägerinnen geltend, für alle Zuwiderhandlungen vor dem 3. Februar 2000 könne wegen Verjährung keine Geldbuße verhängt werden. Die Klägerinnen tragen außerdem vor, bei der Berechnung einer Geldbuße im Zusammenhang mit der Führungsebene müssten jedenfalls die langen Zeiträume geringerer Intensität der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden.

514    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

515    Zunächst ist hinsichtlich des Vorbringens der Klägerinnen in Bezug auf die Verjährung der Befugnis zur Festsetzung einer Geldbuße durch die Kommission darauf hinzuweisen, dass nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung die Befugnis der Kommission, gegen Unternehmen Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen u. a. gegen Art. 101 AEUV festzusetzen, in fünf Jahren verjährt. Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht vor, dass die Verjährung bei dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen erst mit dem Tag beginnt, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist. Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht u. a. vor, dass die Verjährung der Befugnis zur Festsetzung von Geldbußen durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission unterbrochen wird.

516    Im vorliegenden Fall hat die Kommission fehlerfrei festgestellt, dass das Verhalten auf Führungsebene Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewesen sei, die am 18. Januar 2011 geendet habe. Folglich beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist erst ab dem letztgenannten Zeitpunkt zu laufen, was bedeutet, dass im vorliegenden Fall die Befugnis der Kommission, eine Geldbuße festzusetzen, nicht verjährt ist.

517    Sodann ist zum Vorbringen der Klägerinnen zum angeblichen Fehlen von Beweisen für die Treffen auf Führungsebene im Jahr 1999 Folgendes festzustellen.

518    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Beschluss genügend Beweise für das Vorliegen von Treffen auf Führungsebene in den Jahren 1998 und 2000 enthält. Genauer gesagt, wird im 105. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ein schriftlicher Beweis für ein Treffen auf Führungsebene vom 3. September 1998 angeführt, bei dem die Vertreter der Parteien Marktprognosen für das Jahr 1999 austauschten. Nach diesem schriftlichen Beweis nahm N, ein Vertreter des Unternehmenssitzes von Scania, an diesem Treffen teil. Wie aus den Erwägungsgründen 109 bis 112 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, fanden ähnliche Treffen während des Jahres 2000 statt, an denen N vom Sitz von Scania ebenfalls teilnahm.

519    Zweitens geht aus dem im 106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten schriftlichen Beweis hervor, dass das nächste Treffen auf Führungsebene nach dem Treffen, das am 3. September 1998 stattfand (siehe oben Rn. 518), für den Januar 1999 vorgesehen war.

520    Drittens nimmt die Kommission im 106. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf eine Kronzeugenerklärung von [vertraulich] Bezug, wonach im Zeitraum von 1998 bis 2001 zwischen den Wettbewerbern zumindest einmal pro Jahr Treffen stattgefunden haben sollen. Nach dieser Erklärung tauschten die Teilnehmer an diesen Treffen, die nicht zur Führungsebene gehört hätten, insbesondere Informationen über künftige Preiserhöhungen aus. Zu den Teilnehmern an diesen Treffen gehörte O, der Generaldirektor von Scania DE.

521    Viertens ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Treffen auf Führungsebene Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung waren und dass daher alle Treffen zwischen den Wettbewerbern auf jeder organisatorischen Ebene bei der Beurteilung, ob die Zuwiderhandlung im Jahr 1999 fortgesetzt wurde, zu berücksichtigen waren.

522    Fünftens ist auch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs insbesondere bei einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Zuwiderhandlung das Fehlen eines unmittelbaren Beweises für die Beteiligung einer Gesellschaft an der Zuwiderhandlung während eines bestimmten Zeitraums nicht der Feststellung entgegensteht, dass sich die Gesellschaft auch während dieses Zeitraums daran beteiligt hat, sofern die Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht. Das Fehlen einer offenen Distanzierung der Gesellschaft kann als ein solches Indiz herangezogen werden (vgl. Urteil vom 26. Januar 2017, Villeroy & Boch/Kommission, C‑625/13 P, EU:C:2017:52, Rn. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung).

523    In Anbetracht der oben in den Rn. 518 bis 521 dargelegten Gesichtspunkte und der oben in Rn. 522 angeführten Rechtsprechung ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission fehlerfrei festgestellt hat, dass die einheitliche Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall im Jahr 1999 nicht unterbrochen worden sei und dass Scania auch in diesem Jahr an dieser Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei.

524    Ferner ist zu dem Vorbringen der Klägerinnen, dass die Teilnahme von Scania an den Treffen auf Führungsebene im Jahr 2002 nicht erwiesen sei, Folgendes festzustellen.

525    Erstens ergibt sich aus dem 119. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass ein Einladungsschreiben für ein Treffen auf Führungsebene, das am 7. Februar 2002 stattfand, an M vom Unternehmenssitz von Scania geschickt worden war.

526    Zweitens ergibt sich aus den im 123. Erwägungsgrund der im angefochtenen Beschluss dargelegten handschriftlichen Notizen eines Vertreters von [vertraulich] über ein Treffen auf Führungsebene vom 27. und 28. Juni 2002, dass Scania mehreren Ländern Verkaufszahlen für das Jahr 2002 übermittelt hat.

527    Drittens zeigt ein im 126. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannter interner Bericht von [vertraulich], in dem die bei einem Treffen auf Führungsebene vom 18. September 2002 ausgetauschten Informationen zusammengefasst wurden, dass Scania Informationen über ihre Preiserhöhungen im Jahr 2002 und über eine Klage, mit der sie im Vereinigten Königreich konfrontiert war, mitteilte.

528    In Anbetracht der oben in den Rn. 525 bis 527 dargestellten Beweise ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission die Teilnahme von Scania an den Treffen auf Führungsebene im Jahr 2002 rechtlich hinreichend nachgewiesen hat.

529    Diese Schlussfolgerung wird durch die eidesstattliche Erklärung von M, einem Vertreter von Scania bei den Treffen auf Führungsebene, nicht in Frage gestellt, wonach er im Jahr 2002 „nach seinen Erinnerungen“ an keinem Treffen dieser Art teilgenommen habe. Diese Erklärung ist recht vage und überzeugt das Gericht nicht. Im Übrigen ist bereits festgestellt worden, dass in tempore non suspecto erstellte Dokumente, wie während einem Treffen angefertigte handschriftlichen Notizen, einen viel größeren Beweiswert haben als Dokumente, die nicht aus der Zeit des Sachverhalts stammen, wie eidesstattliche Erklärungen.

530    Schließlich weist das Gericht darauf hin, dass die Klägerinnen in Fn. 554 der Klageschrift geltend machen, dass die Teilnahme von Scania an bestimmten Treffen auf Führungsebene, die im angefochtenen Beschluss angeführt seien, nicht erwiesen sei. Es handelt sich um die Treffen in Brüssel am 17. Januar 1997 (98. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und vom 6. April 1998 (103. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), in Amsterdam (Niederlande) am 3. Februar 2000 (Erwägungsgründe 108 bis 110) und in Eindhoven (Niederlande) am 6. September 2000 (111. Erwägungsgrund). Zur Stützung dieser Behauptung berufen sie sich auf die eidesstattliche Erklärung von N, der behauptet, sich nicht daran zu erinnern, daran teilgenommen zu haben.

531    Das Gericht stellt fest, dass die oben in Rn. 530 genannten Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses schriftliche Beweise für die Teilnahme von Scania an den in Rede stehenden Treffen enthalten. Was den Inhalt der eidesstattlichen Erklärung von N und ihre Beweiskraft anlangt, so verweist das Gericht auf die Erwägungen oben in Rn. 529. Das Gericht stellt fest, dass das oben in Rn. 530 wiedergegebene Vorbringen der Klägerinnen nicht stichhaltig ist.

532    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen weist das Gericht den vorliegenden Klagegrund zurück, wobei es darauf hinweist, dass die von den Klägerinnen angeführten Gründe für die Abänderung des angefochtenen Beschlusses (vgl. Rn. 511 und 513) nicht stichhaltig sind, da sich aus der dem Gericht vorliegenden Akte weder eine Unterbrechung der festgestellten einheitlichen Zuwiderhandlung noch ein Vorliegen von weniger intensiven Zeiträumen dieser Zuwiderhandlung ergibt.

5.      Neunter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße und jedenfalls Erforderlichkeit einer Herabsetzung der Geldbuße nach Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003

533    Die Klägerinnen machen geltend, der angefochtene Beschluss müsse abgeändert werden, da die verhängte Geldbuße nicht mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung im Einklang stehe. Im Übrigen fordern sie das Gericht jedenfalls auf, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und die Geldbuße herabzusetzen.

534    Das Gericht versteht die Verwendung des Verbs „abändern“ durch die Klägerinnen dahin, dass sie das Gericht auffordern, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, die dem Unionsrichter durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 nach Art. 261 AEUV eingeräumt wird.

535    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das System der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe auf der Grundlage von Art. 263 AEUV besteht, die gemäß Art. 261 AEUV und auf Antrag der klagenden Parteien um die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht hinsichtlich der in diesem Bereich von der Kommission verhängten Zwangsmaßnahmen ergänzt werden kann (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

536    Wenn die Unionsgerichte ihre in Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben, sind sie über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus befugt, die Beurteilung der Kommission, der Urheberin des Rechtsakts, in dem der Betrag dieser Zwangsmaßnahme ursprünglich festgelegt wurde, im Hinblick auf die Festsetzung dieses Betrags durch ihre eigene Beurteilung zu ersetzen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

537    Der Umfang dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ist allerdings – im Gegensatz zu der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle – strikt auf die Festsetzung des Betrags der Geldbuße beschränkt (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

538    Daraus ergibt sich, dass die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, über die das Gericht auf der Grundlage von Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 verfügt, allein die Beurteilung der von der Kommission verhängten Geldbuße durch das Gericht betrifft, unter Ausschluss jeder Änderung der Tatbestandsmerkmale der Zuwiderhandlung, die die Kommission in der Entscheidung, über die das Gericht zu befinden hat, rechtmäßig festgestellt hat (Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 77).

539    Um die Höhe der zu verhängenden Geldbuße festzusetzen, hat das Gericht die Umstände des Einzelfalls und die Art der fraglichen Zuwiderhandlung selbst zu beurteilen. Dies setzt nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 für jedes sanktionierte Unternehmen die Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der betreffenden Zuwiderhandlung unter Wahrung der Grundsätze u. a. der Begründungspflicht, der Verhältnismäßigkeit, der individuellen Sanktionsfestsetzung und der Gleichbehandlung voraus, ohne dass das Gericht durch die von der Kommission in ihren Leitlinien definierten Richtlinien gebunden wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 89 und 90).

a)      Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

540    Erstens machen die Klägerinnen geltend, im angefochtenen Beschluss sei die Schwere der Zuwiderhandlung nicht verhältnismäßig bewertet worden, da nicht berücksichtigt worden sei, dass die Mitarbeiter von Scania DE nicht hätten wissen können, dass die Informationen, die sie von den Wettbewerbern erhielten, eine europaweite Tragweite haben könnten. Selbst wenn die Mitarbeiter von Scania DE den Wettbewerb auf dem geografischen Markt (Deutschland), für den sie verantwortlich gewesen seien, hätten beeinträchtigen wollen (was nicht der Fall gewesen sei), stünde die durch den angefochtenen Beschluss verhängte Geldbuße folglich außer Verhältnis zur Schwere der beabsichtigten Zuwiderhandlung, da sie den Wert der Verkäufe auf Ebene des EWR berücksichtige.

541    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Tatsache nicht berücksichtige, dass sich die Kontakte zwischen den Lkw-Herstellern im berücksichtigten Zeitraum ihrer Art und Intensität nach geändert hätten, wie im 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt worden sei.

542    Drittens machen die Klägerinnen geltend, die in den Erwägungsgründen des angefochtenen Beschlusses beschriebene Zuwiderhandlung sei weiter gefasst als diejenige, die im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses mit einer Geldbuße belegt werde. Insoweit vergleichen sie den 317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der auf den Austausch sensibler Wettbewerbsinformationen Bezug nehme, mit Art. 1 seines verfügenden Teils, der auf diesen Austausch keinen Bezug nehme. Nach Ansicht der Klägerinnen wirkt sich diese Darstellung auf die Berechnung der Höhe der Geldbuße aus, weshalb die im angefochtenen Beschluss festgelegte Geldbuße nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der Zuwiderhandlung stehe, wie sie die Kommission vorgeblich beschrieben habe.

543    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

544    Was das oben in Rn. 540 dargestellte Vorbringen der Klägerinnen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes die Behauptung der Klägerinnen zurückgewiesen hat, wonach die Mitarbeiter von Scania, die am Austausch auf deutscher Ebene beteiligt gewesen seien, niemals davon ausgegangen seien, dass sich die Informationen, die sie bei diesem Austausch erhalten hätten, auf europäische Preise bezogen hätten oder die Ungewissheit hinsichtlich der europäischen Preisstrategie der anderen Herstellen hätten verringern können (siehe oben Rn. 415). Daraus folgt, dass das oben in Rn. 540 dargestellte Vorbringen nicht belegt, dass die Geldbuße unverhältnismäßig ist.

545    Was das oben in Rn. 541 dargestellte Vorbringen der Klägerinnen anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klargestellt hat, dass die Parteien, wenngleich sie ab September 2004 nicht mehr wie zuvor aktiv versucht hätten, eine bestimmte Vereinbarung über künftige gemeinsame Bruttopreiserhöhungen oder über konkrete Termine für die Markteinführung der den neuen Umweltnormen entsprechenden Lkw oder die Höhe der von den Parteien an die Verbraucher weitergegebenen Kosten dieser Lkw abzuschließen, dennoch weiterhin Absprachen getroffen hätten, indem sie die gleiche Art von Informationen ausgetauscht und das gleiche Ziel verfolgt hätten, den Wettbewerb durch die Verringerung des Grades der zwischen ihnen bestehenden strategischen Ungewissheit zu beschränken.

546    Es ist auch auf die Feststellung des Gerichts hinzuweisen, wonach die ab September 2004 vorgenommene Änderung, obwohl sie die Einstufung des in Rede stehenden Verhaltens als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise beeinflussen kann, nicht die „Art“ der ausgetauschten Informationen beeinflusst, die nach dem 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gleich geblieben ist (siehe oben Rn. 482).

547    Somit zeigt sich, dass der einzige Unterschied zwischen dem Verhalten der Parteien vor September 2004 und nach September 2004 in den Versuchen besteht, die sie vor September 2004 unternommen haben, um spezielle Preisvereinbarungen abzuschließen, die nach diesem Zeitpunkt eingestellt wurden. Wie die Kommission zu Recht anmerkt, ist das oben in Rn. 541 dargestellte Vorbringen der Klägerinnen in Anbetracht zum einen des Grundsatzes, dass abgestimmte Verhaltensweisen den Wettbewerb ebenso schädigen können wie Vereinbarungen, und zum anderen der Tatsache, dass die Kommission den maßgeblichen Schweregrad wegen der Versuche der Parteien, Preisvereinbarungen abzuschließen, nicht erhöht hat, kein Beleg für die Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße.

548    Was das oben in Rn. 542 dargestellte Vorbringen der Klägerinnen anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf das Vorliegen von Praktiken hingewiesen hat, die den Grad der strategischen Ungewissheit zwischen den Parteien in Bezug auf künftige Preise, Bruttopreiserhöhungen, den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten der Einführung von den Umweltnormen entsprechenden Lkw-Modellen verringert haben. In Erwägungsgrund 317 Buchst. a bis c und wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks „[i]nsoweit“ ergibt, hat die Kommission erläutert, worin die genannten Praktiken bestanden. In Erwägungsgrund 317 Buchst. c hat die Kommission darauf hingewiesen, dass „andere sensible Wettbewerbsinformationen“ geteilt worden seien.

549    In Art. 1 des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie des Zeitplans und der Weitergabe der Kosten der Einführung der Abgastechnologien genannt.

550    Aus dem Vergleich des 317. Erwägungsgrundes mit Art. 1 des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass zwischen den beiden Bestimmungen bei der Beschreibung der Zuwiderhandlung keine Divergenz besteht, da die Bezugnahme der Kommission auf das Teilen „anderer sensibler Wettbewerbsinformationen“ nur ein Beispiel für die Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie des Zeitplans und der Weitergabe der Kosten der Einführung der Abgastechnologien ist.

551    Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass keines der Argumente der Klägerinnen die Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße belegt.

b)      Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

552    Die Klägerinnen stützen ihre Behauptung, dass die Höhe der Geldbuße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, auf drei Argumente.

553    Erstens machen die Klägerinnen geltend, der Wortlaut des angefochtenen Beschlusses unterstreiche ihre Rolle bei der Zuwiderhandlung in übertriebener Weise und lasse im Wesentlichen die Rolle der anderen Lkw-Hersteller außer Acht, wodurch die Realität verzerrt werde. Nach Ansicht der Klägerinnen ist es aufgrund dieses Wortlauts des angefochtenen Beschlusses unmöglich, ihre Rolle bei der Zuwiderhandlung mit der der anderen Lkw-Hersteller zu vergleichen, und aufgrund dieser Unmöglichkeit eines Vergleichs verstießen mehrere von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommene Bewertungen in Bezug auf die Höhe der Geldbuße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Klägerinnen nehmen auf den 444. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Bezug, in dem die Kommission das Vorliegen erschwerender oder mildernder Umstände im vorliegenden Fall verneint habe. Die Klägerinnen nehmen auch auf den 432. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Bezug, in dem die Kommission klargestellt habe, dass sie bei der Berechnung des Grundbetrags der gegen Scania verhängten Geldbuße denselben Anteil am Umsatz wie für die Vergleichsparteien im Vergleichsbeschluss zugrunde gelegt habe.

554    Die Klägerinnen machen auch geltend, der Umstand, dass der angefochtene Beschluss ihre Rolle bei dem in Rede stehenden Verhalten im Vergleich zur Beschreibung der Rolle der anderen Wettbewerber im Vergleichsbeschuss genauer und gezielter beschreibe, benachteilige sie im Rahmen von Schadensersatzklagen, denen sie ausgesetzt seien.

555    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da er auf alle Hersteller dieselbe Methode für die Berechnung der Geldbuße anwende, ohne zu berücksichtigen, dass ihr Marktanteil auf europäischer Ebene geringer gewesen sei als der der anderen Hersteller und dass der Abstand zu den Marktführern, vor allem in Deutschland, sehr groß gewesen sei.

556    Die Klägerinnen machen auch geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da er die Tatsache nicht berücksichtige, dass die Mitarbeiter von Scania DE eine passive Rolle gespielt hätten bzw. dass sie zumindest im Vergleich zu den beiden großen Herstellern auf dem Markt keine führende Rolle bei dem in Rede stehenden Verhalten gespielt hätten.

557    Drittens machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluss verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die von der Kommission zur Berechnung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße befolgte Methode dieselbe sei wie die auf die anderen Lkw-Hersteller angewandte, obwohl die Klägerinnen im Unterschied zu den Letztgenannten keine mittleren Lkw herstellten.

558    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

559    Bevor auf jedes der genannten Argumente eingegangen wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung ein in den Art. 20 und 21 der Charta verankerter allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt er, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 132, und vom 26. Januar 2017, Zucchetti Rubinetteria/Kommission, C‑618/13 P, EU:C:2017:48, Rn. 38). Zudem dürfen ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung die Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden (Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 133; vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 62, und vom 26. Januar 2017, Zucchetti Rubinetteria/Kommission, C‑618/13 P, EU:C:2017:48, Rn. 38).

560    Was das oben in Rn. 553 wiedergegebene Argument der Klägerinnen anlangt, ist mit der Kommission erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 296 AEUV verpflichtet war, den angefochtenen Beschluss rechtlich hinreichend zu begründen, was sie getan hat. Da Scania die einzige Adressatin des angefochtenen Beschlusses war, war es normal, dass sich die Beurteilung auf ihre Rolle im Kartell konzentrierte. Die anderen Kartellteilnehmer waren bereits Gegenstand des Vergleichsbeschlusses, in dem ihre Verantwortlichkeit für ihre Rolle im Kartell festgestellt wurde.

561    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut des angefochtenen Beschlusses entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Rolle der anderen Lkw-Hersteller im Kartell nicht „außer Acht lässt“. Ihr Verhalten geht klar aus der in Abschnitt 6.2 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen zeitlichen Abfolge der Ereignisse hervor, in dem auf die Art und den Inhalt des Austauschs sowie auf die am Austausch Beteiligten detailliert eingegangen wird. Daraus folgt, dass die Behauptung der Klägerinnen, dass es unmöglich sei, ihre Rolle im Kartell mit der der anderen Parteien zu vergleichen, unbegründet ist.

562    Drittens stellt das Gericht auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses und der ihm vorliegenden Akte fest, dass die Rolle von Scania im Kartell nicht anders war als die der anderen Parteien und dass die Klägerinnen keine Argumente und keinen Beweis für das Gegenteil beigebracht haben. Wie die Kommission zu Recht anmerkt, wurde außerdem jeder der Faktoren, die berücksichtigt wurden, um im Rahmen der Berechnung der Höhe der Geldbuße die Schwere der Zuwiderhandlung und die „Eintrittsgebühr“ zu bestimmen, nämlich die Art der Zuwiderhandlung, der kumulierte Marktanteil der beteiligten Unternehmen, der geografische Umfang der Zuwiderhandlung und ihre Durchführung, auf Scania und die anderen Parteien in gleicher Weise angewandt.

563    Nach alledem kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kommission mit ihrer Entscheidung, bei Scania den gleichen Anteil am Umsatz zugrunde zu legen wie bei den anderen Herstellern und denselben Schwerekoeffizienten (17 %) und dieselbe „Eintrittsgebühr“ (17 %) anzuwenden wie auf die anderen Hersteller, keinen Fehler begangen hat.

564    Daher ist das oben in Rn. 553 wiedergegebene Argument zurückzuweisen.

565    Was das oben in Rn. 554 wiedergegebene Argument anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass im angefochtenen Beschluss das rechtswidrige Verhalten von Scania entsprechend den Anforderungen der Begründungspflicht der Kommission detailliert dargestellt wird, darauf zurückzuführen ist, dass der einzige Adressat dieses Beschlusses Scania ist, wobei dieses Unternehmen seine Verantwortlichkeit für das Kartell im Gegensatz zu den anderen Parteien, die einen förmlichen Vergleichsantrag gestellt haben, nicht anerkannt hat. Daraus folgt, dass sich die Klägerinnen nicht in der gleichen Lage wie die Vergleichsparteien befinden, so dass ihr oben in Rn. 554 wiedergegebenes Vorbringen einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht belegt.

566    Was das oben in Rn. 555 wiedergegebene Argument der Klägerinnen anlangt, ist anzumerken, dass die Kommission sowohl im angefochtenen Beschluss als auch im Vergleichsbeschluss bei der Berechnung der Geldbußen insbesondere auf den Wert der verkauften Waren, mit denen die Zuwiderhandlung der beteiligten Unternehmen im EWR in Zusammenhang stand, abgestellt hat, was im Übrigen ihren Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen entspricht. In Ziff. 6 dieser Leitlinien hat die Kommission erläutert, dass die Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer eine Formel darstellt, die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt.

567    Im vorliegenden Fall hat das Gericht keinen Grund, die Entscheidung der Kommission in Frage zu stellen, bei allen beteiligten Unternehmen auf den Wert der verkauften Waren, mit denen die Zuwiderhandlung im EWR im Zusammenhang stand, abzustellen. Es handelt sich um eine Entscheidung, die das relative Gewicht jedes an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt, von der alle am Kartell beteiligten Unternehmen und nicht nur Scania betroffen waren.

568    Außerdem hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Unionsrecht keinen allgemein anwendbaren Grundsatz enthält, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des Unternehmens auf dem Markt der Erzeugnisse stehen muss, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind (Urteil vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, EU:C:2006:328, Rn. 101).

569    Aufgrund dieser Erwägungen ist festzustellen, dass das oben in Rn. 555 dargestellte Argument der Klägerinnen keinen Verstoß der Kommission gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz belegt und zurückzuweisen ist.

570    Das oben in Rn. 556 dargestellte Argument der Klägerinnen ist zurückzuweisen, da sich aus der Akte nicht ergibt, dass die Mitarbeiter von Scania DE bei dem im vorliegenden Fall festgestellten rechtswidrigen Verhalten eine passive oder untergeordnete Rolle gespielt haben. Daher ist die Geldbuße nicht auf dieser Grundlage herabzusetzen.

571    Zu dem oben in Rn. 557 wiedergegebenen Argument der Klägerinnen ist festzustellen, dass die Kommission, wie aus dem 429. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, bei der Berechnung der Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße den Wert ihrer Verkäufe von schweren Lkw im EWR berücksichtigt hat, anders als bei der Berechnung der Höhe der gegen die Vergleichsparteien im Vergleichsbeschluss verhängten Geldbußen, bei der sie den Wert der Verkäufe von mittleren und schweren Lkw im EWR berücksichtigt hat (109. Erwägungsgrund des Vergleichsbeschlusses). Daraus folgt, dass die Rüge der Klägerinnen, wonach die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass Scania keine mittleren Lkw hergestellt habe, unbegründet ist.

572    Nach alledem ist festzustellen, dass mit keinem der Argumente der Klägerinnen zum Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dargetan ist, dass die Geldbuße herabzusetzen ist.

c)      Höhe der Geldbuße

573    Im Hinblick auf die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, über die das Gericht im Bereich der Geldbußen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verfügt, lässt nichts in den Rügen, Argumenten und rechtlichen sowie tatsächlichen Umständen, die von den Klägerinnen im Rahmen aller oben geprüfter Klagegründe vorgetragen werden, den Schluss zu, dass die Höhe der durch den angefochtenen Beschluss verhängten Geldbuße abzuändern ist.

IV.    Kosten

574    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

575    Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen entsprechend dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Scania AB, die Scania CV AB und die Scania Deutschland GmbH tragen ihre eigenen Kosten sowie die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.

Papasavvas

Kornezov

Buttigieg

Kowalik-Bańczyk

 

      Hesse

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. Februar 2022.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.


1      Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.