URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
19. Februar 1998 (1)
„Nichtigkeitsklage Entscheidungen des European Film Distribution Office
(EFDO) Weisungen der Kommission Der Kommission zuzurechnende
Entscheidungen Aktionsprogramm zur Förderung der Entwicklung der
europäischen audiovisuellen Industrie (MEDIA) Finanzierung des Filmverleihs
Beurteilungskriterien Begründung“
In den verbundenen Rechtssachen T-369/94 und T-85/95
DIR International Film Srl, Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in Rom,
Nostradamus Enterprises Ltd, Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in London,
Union PN Srl, Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in Rom,
United International Pictures BV, Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in
Amsterdam,
United International Pictures AB, Gesellschaft schwedischen Rechts mit Sitz in
Stockholm,
United International Pictures APS, Gesellschaft dänischen Rechts mit Sitz in
Kopenhagen,
United International Pictures A/S, Gesellschaft norwegischen Rechts mit Sitz in
Oslo,
United International Pictures EPE, Gesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in
Athen,
United International Pictures OY, Gesellschaft finnischen Rechts mit Sitz in
Helsinki, und
United International Pictures y Cía SRC, Gesellschaft spanischen Rechts mit Sitz
in Madrid,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Michel Waelbroeck, Brüssel,
Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Ernest Arendt, 8-10, rue Mathias
Hardt, Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Berend Jan
Drijber und Peter Oliver, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre
Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
wegen Nichtigerklärung erstens der Schreiben des European Film Distribution
Office (EFDO) vom 12. September 1994 an die Klägerinnen, mit denen das
Verfahren bezüglich der von ihnen im Rahmen des Aktionsprogramms zur
Förderung der Entwicklung der europäischen audiovisuellen Industrie (MEDIA)
gestellten Anträge auf Gewährung eines Darlehens für den Verleih von zwei
Filmen ausgesetzt wurde, und/oder der Handlung, mit der die Kommission dem
EFDO eine entsprechende Weisung erteilte, sowie zweitens der Handlung des
EFDO vom 5. Dezember 1994, mit der dieses die genannten Darlehensanträge
ablehnte, und/oder der Handlung, mit der die Kommission ihm eine entsprechende
Weisung erteilte,
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. Saggio, der Richterin V. Tiili und des Richters
R. M. Moura Ramos,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1.
Oktober 1997,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt
- 1.
- Der Rat erließ am 21. Dezember 1990 den Beschluß 90/685/EWG über die
Durchführung eines Aktionsprogramms zur Förderung der Entwicklung der
europäischen audiovisuellen Industrie (MEDIA) (19911995) (ABl. L 380, S. 37).
Die Abkürzung MEDIA steht für „mesures pour encourager le développement de
l'industrie audiovisuelle“ (Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung der
audiovisuellen Industrie). Der Rat stellt in diesem Beschluß zunächst fest, daß der
Europäische Rat die Steigerung der audiovisuellen Kapazität Europas als von
höchster Bedeutung angesehen habe (erste Begründungserwägung). Er weist
sodann darauf hin, daß er die Mitteilung der Kommission mit zwei Vorschlägen für
einen Beschluß des Rates über ein Aktionsprogramm zur Förderung der
Entwicklung der audiovisuellen Industrie in Europa „MEDIA“ 19911995 (KOM
[90] 132 endg. vom 4. Mai 1990, nicht im Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften veröffentlicht; im folgenden Mitteilung über die Medienpolitik) zur
Kenntnis genommen habe (8. Begründungserwägung). Er stellt ferner fest, daß die
europäische audiovisuelle Industrie die Segmentierung der Märkte überwinden und
ihre zu engen und zu wenig rentablen Produktions- und Vertriebsstrukturen
anpassen müsse (vierzehnte Begründungserwägung) und daß in diesem
Zusammenhang die kleinen und mittleren Unternehmen besonders zu
berücksichtigen seien (fünfzehnte Begründungserwägung).
- 2.
- In Artikel 2 des Beschlusses 90/685 werden folgende Ziele des MEDIA-Programms
angeführt:
Beitrag zur Schaffung eines günstigen Umfelds, in dem die Unternehmen
der Gemeinschaft neben denen der anderen europäischen Länder eine
maßgebende Rolle spielen;
Stimulierung und Steigerung der wettbewerbsfähigen Angebotskapazität
europäischer audiovisueller Produkte, insbesondere unter Berücksichtigung
der Rolle und des Bedarfs der kleinen und mittleren Unternehmen, der
berechtigten Interessen aller an der Schöpfung audiovisueller Produkte
beteiligten Berufskreise und der Lage der Länder mit geringer
audiovisueller Produktionskapazität und/oder geographisch und sprachlich
begrenztem Bereich in Europa;
verstärkter innereuropäischer Austausch von Filmen und audiovisuellen
Programmen und maximale Nutzung der in Europa bestehenden oder zu
schaffenden Vertriebsmöglichkeiten im Hinblick auf eine höhere
Rentabilität der Investitionen, eine weitere Verbreitung und eine größere
Öffentlichkeitswirkung;
Verbesserung der Stellung der europäischen Produktions- und
Vertriebsfirmen auf den Weltmärkten;
Förderung des Zugangs zu neuen, insbesondere europäischen
Kommunikationstechnologien bei der Produktion und dem Vertrieb
audiovisueller Werke sowie Nutzung dieser Technologien;
Förderung eines globalen Konzepts für den audiovisuellen Bereich, das es
ermöglicht, der Interdependenz seiner einzelnen Sektoren Rechnung zu
tragen;
Sicherstellung der Komplementarität der europäischen gegenüber den
einzelstaatlichen Maßnahmen;
im Zusammenwirken mit den in den Mitgliedstaaten vorhandenen
Einrichtungen Beitrag zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die es den
Unternehmen der Branche ermöglichen, die Möglichkeiten des einheitlichen
Marktes voll zu nutzen, insbesondere durch Verbesserung der Management-
und Marketingkenntnisse der in der Gemeinschaft im Mediensektor Tätigen.
- 3.
- Ferner stellte die Kommission in ihrer Mitteilung über die Medienpolitik (S. 9) fest,
daß das European Film Distribution Office Europäisches Filmbüro e. V. (im
folgenden: EFDO), ein Verein mit Sitz in Hamburg (Deutschland), „zur Schaffung
von Kovertriebsnetzen bei[trägt], indem es die Zusammenarbeit zwischen
Gesellschaften fördert, die vorher isoliert in ihrer Heimat ihre Verleihgeschäfte
betrieben“.
- 4.
- Gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Beschlusses 90/685 ist die Kommission für die
Durchführung des MEDIA-Programms verantwortlich. Nach Punkt 1.1. des
Anhangs des Beschlusses 90/685 besteht einer der Mechanismen, die bei der
Durchführung des MEDIA-Programms anzuwenden sind, in einem signifikanten
Ausbau der Tätigkeit des EFDO zur Förderung des transnationalen Verleihs und
der Vorführung europäischer Filme in Kinos.
- 5.
- In diesem Rahmen schloß die Kommission mit dem EFDO Vereinbarungen über
die finanzielle Durchführung des MEDIA-Programms. Eine Abschrift der für den
vorliegenden Fall maßgeblichen Vereinbarung für 1994 ist zu den Akten gegeben
worden (im folgenden: Vereinbarung von 1994).
- 6.
- In Artikel 3 Absatz 2 dieser Vereinbarung wird auf die Bestimmungen zur
Regelung der Zusammenarbeit in deren Anhang 3 Bezug genommen, die
Bestandteil der Vereinbarung sind. Auch diese Bestimmungen sind von der
Kommission zu den Akten gegeben worden. Sie sehen u. a. vor, daß bei Fragen,
die die Durchführung des MEDIA-Programms betreffen, stets die vorherige
Zustimmung der Kommissionsvertreter einzuholen ist und zwar insbesondere
„grundsätzlich bei allen Verhandlungen, die Auswirkungen auf das Verhältnis
zwischen der Kommission und politischen Stellen und/oder Berufsverbänden haben
können“ (Absatz 1 Buchstabe g).
- 7.
- Die Arbeit des EFDO wird ferner durch Leitlinien geregelt, die von ihm selbst
festgelegt und von der Kommission nach einem nicht näher erläuterten Verfahren
genehmigt werden. Die Fassung dieser Leitlinien vom 15. Februar 1994 ist ebenfalls
vorgelegt worden. Nach diesen Leitlinien verwaltet das EFDO einen Fonds, aus
dem Filmverleihern zinslose Darlehen in Höhe von 50 % der voraussichtlichen
Verleihkosten gewährt werden, die nur zurückgezahlt zu werden brauchen, wenn
der Film in dem Land, für das das Darlehen gewährt wurde, Einnahmen in Höhe
der voraussichtlichen Kosten erbringt. Das Darlehen dient zur Verringerung des mit
dem Filmverleih verbundenen Risikos und fördert die Verbreitung von Filmen, die
ohne eine solche Finanzierung kaum Aussicht auf Vorführung in den Kinos hätten.
Die Entscheidungen über die Darlehensanträge werden vom Selektionsausschuß
des EFDO getroffen.
- 8.
- Gemäß Punkt VI.2 der Leitlinien prüft der Selektionsausschuß des EFDO nach
Ablauf einer in Fachzeitschriften bekanntgebenen Frist die Anträge und gewährt
im Rahmen der verfügbaren Mittel Darlehen für Vorhaben, die die
Voraussetzungen erfüllen.
- 9.
- Die Kommission hat in ihren Antworten auf schriftliche Fragen des Gerichts
ausgeführt, sie sei kurz vor jeder Sitzung des Selektionsausschusses des EFDO von
diesem über alle gestellten Anträge unterrichtet worden und ihre Verantwortlichen
hätten nach Prüfung der Vereinbarkeit dieser Anträge mit „den festgelegten
Voraussetzungen (etwa budgetäre Gesichtspunkte oder Förderungswürdigkeit von
Verleihern in osteuropäischen Staaten) ... dem EFDO ihren Standpunkt im
allgemeinen eher mündlich als schriftlich mitgeteilt“.
- 10.
- Gemäß Punkt III.1. Buchstabe a der Leitlinien müssen Antragsteller für einen
Zuschuß des EFDO u. a. folgende Voraussetzungen erfüllen:
„Mindestens drei verschiedene Verleiher aus wenigstens drei verschiedenen
Ländern der [Europäischen] Union oder aus Ländern, mit denen Verträge über
eine Zusammenarbeit geschlossen wurden, müssen über die Vorführung eines Films
in den Kinos übereinkommen. Alle betroffenen Verleiher müssen ihre Anträge für
denselben Termin einreichen.“
- 11.
- Die Leitlinien legen ferner eine Rangfolge für die Auswahl der Verleihvorhaben
fest (Punkt VI.1.):
„Erste Priorität
Die Verleihvorhaben (Filme) mit der größten Verleiherzahl, die damit einen
Verleih in der größten Zahl von Ländern sichern, sind vorrangig gegenüber
Vorhaben, die weniger Verleiher/Länder zusammenführen.
Zweite Priorität
Vorhaben (Filme) aus Ländern, die hinsichtlich der Ausfuhr als .schwierig' gelten,
sind vorrangig gegenüber Vorhaben aus allen anderen Ländern. Nach den
Ergebnissen der Pilotphase ist entsprechend der Entscheidung des Vorstands die
Ausfuhr aus allen Staaten der Europäischen Union ... mit Ausnahme von
Frankreich, Großbritannien und Deutschland als schwierig anzusehen ...
Dritte Priorität
Sind mehrere Vorhaben nach den vorstehenden Kriterien gleich förderungswürdig,
so werden Filme aus Ländern bevorzugt, die noch keine oder erst weniger Mittel
aus dem Fonds erhalten haben.
Vierte Priorität
Sind zusätzliche Kriterien erforderlich, so werden Vorhaben bevorzugt, die in
Anbetracht ihres Verleihverfahrens voraussichtlich die größten Aussichten auf
Vorführung in den Kinos haben.“
- 12.
- Gemäß Punkt VI.3. der Leitlinien schließlich kann ein Zuschußantrag ohne Angabe
von Gründen abgelehnt werden, wenn das EFDO direkt oder indirekt von einem
Umstand Kenntnis erlangt, der dafür spricht, daß das Darlehen nicht
ordnungsgemäß zurückgezahlt werden wird oder kann.
- 13.
- Die Klägerinnen zu 1 und zu 3, die DIR International Film Srl und die Union PN
Srl, sind die Produzenten des italienischen Films „Maniaci Sentimentali“ und die
Klägerin zu 2, die Nostradamus Enterprises Ltd, ist die Produzentin des Films
„Nostradamus“, einer englisch-deutschen Koproduktion. Die Klägerin zu 4, die
United International Pictures BV (im folgenden: UIP), ist eine gemeinsame
Tochtergesellschaft der amerikanischen Gesellschaft Paramount Communications
Inc., der japanischen Gesellschaft MCA Inc. und der französischen Gesellschaft
Metro-Goldwyn-Mayer Inc., an der diese zum Zeitpunkt der Klageerhebung zu
gleichen Teilen beteiligt waren. Ihre Tätigkeit besteht in erster Linie im Verleih
von Spielfilmen in allen Ländern außer den Vereinigten Staaten, Puerto Ricos und
Kanadas. Die Klägerinnen zu 5 bis zu 10, die United International Pictures AB
(Schweden), die United International Pictures APS (Dänemark), die United
International Pictures A/S (Norwegen), die United International Pictures EPE
(Griechenland), die United International Pictures OY (Finnland) und die United
International Pictures y Cía SRC (Spanien), sind Tochtergesellschaften der UIPund werden in ihren jeweiligen Ländern als örtliche Verleiher tätig (im folgenden:
Tochtergesellschaften).
- 14.
- Auf Ersuchen der Produzenten des Films „Maniaci Sentimentali“ übermittelte die
UIP dem EFDO am 28. Juli 1994 Finanzierungsanträge für den Verleih dieses
Films durch ihre Tochtergesellschaften in Norwegen, Finnland, Schweden,
Dänemark, Griechenland und Spanien (und für Portugal im Namen der nicht mit
ihr verbundenen Gesellschaft Filmes Lusomundo SARL).
- 15.
- Am gleichen Tag stellte die UIP auf Ersuchen des Produzenten des Films
„Nostradamus“ bei der EFDO einen Finanzierungsantrag für den Verleih dieses
Films in Norwegen, Finnland, Schweden und Dänemark durch ihre dortigen
Tochtergesellschaften.
- 16.
- Aus dem auf Bitten des Gerichts vorgelegten Briefwechsel zwischen dem EFDO
und der Kommission ergibt sich, daß sich die Kommission gegenüber dem EFDO
mit Telefax vom 7. September 1994 dagegen aussprach, über die
Finanzierungsanträge der Tochtergesellschaften der UIP zu entscheiden, bevor sie
über den Antrag der UIP auf Verlängerung der Freistellung entschieden habe. Mit
einem weiteren Telefax vom selben Tag forderte sie das EFDO erneut auf, „nicht
[an dem betreffenden Tag] über diese Bewerbungen zu entscheiden, sondern damit
abzuwarten, bis die Kommission in dem von ihr zur Zeit geprüften Fall der UIP
eine endgültige Entscheidung getroffen hat“.
- 17.
- Am 12. September 1994 erhielten die Tochtergesellschaften der UIP per Telefax
Schreiben des EFDO, nach denen der „Ausschuß des EFDO seine Entscheidung
über [ihren] Antrag betreffend die Filme .Nostradamus' und .Maniaci
Sentimentali' ausgesetzt hat ... bis die Europäische Kommission ihre allgemeine
Entscheidung über den Status der [UIP] in Europa getroffen hat“ (im folgenden:
streitige Schreiben). Die genannte allgemeine Entscheidung war nach dem Vortrag
der Parteien die Entscheidung der Kommission über den Antrag der UIP auf
Verlängerung der Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag für die
Vereinbarung zwischen den drei Muttergesellschaften über die Gründung der
gemeinsamen Tochtergesellschaft UIP und die Zusatzvereinbarungen, die
hauptsächlich die Herstellung und den Verleih von Spielfilmen betrafen. Die
Freistellung, die die Kommission mit der Entscheidung 89/467/EWG vom 12. Juli
1989 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/30.566 UIP)
gewährt hatte, galt bis zum 26. Juli 1993 (ABl. L 226, S. 25).
- 18.
- Nach Erhalt der streitigen Schreiben teilten die Klägerinnen zu 1 bis zu 4 dem
EFDO und der Kommission mit, daß sie mit dieser Entscheidung nicht
einverstanden seien, und baten um bestimmte Informationen und Unterlagen sowie
um eine erneute Prüfung der Anträge zu erreichen. Die UIP wendete sich ferner
an das u. a. für Kulturfragen zuständige Mitglied der Kommission J. de Deus
Pinheiro mit der Bitte, auf eine erneute Prüfung der Anträge hinzuwirken.
Nachdem der UIP mitgeteilt worden war, daß das Verfahren an die
Generaldirektion für Wettbewerb abgegeben worden sei, ersuchte ihr Rechtsanwalt
ferner das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied der Kommission K. van
Miert um bestimmte Informationen. Van Miert wies in seiner Antwort darauf hin,
daß kein Zusammenhang zwischen dem Verfahren über den Antrag der UIP auf
Verlängerung ihrer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages und dem
Verfahren über die Gewährung von Subventionen durch das EFDO bestehe. Die
Kommission hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß diese Feststellung
von van Miert nur bedeute, daß sich die UIP für ihren Antrag auf Verlängerung
der Freistellung keinesfalls auf eine Entscheidung des EFDO, ihr ein Darlehen zu
gewähren, berufen könne.
- 19.
- Da die genannten Kontakte nicht zu dem gewünschten Ergebnis führten, haben die
Klägerinnen am 16. November 1994 gegen die streitigen Schreiben Klage erhoben.
- 20.
- Am 5. Dezember 1994 prüfte der Vorstand des EFDO „auf die Beanstandungen
der UIP“ die genannten Finanzierungsanträge und beschloß ihre Ablehnung. Diese
Entscheidung wurde der UIP vom EFDO mit Schreiben vom 10. Januar 1995
mitgeteilt (im folgenden: streitige Entscheidung).
- 21.
- Aus dem von der Kommission auf Bitten des Gerichts vorgelegten Briefwechsel
zwischen dem EFDO und der Kommission ergibt sich, daß die Kommission dem
EFDO zu einem nicht genannten Zeitpunkt vorgeschlagen hatte, die Anträge der
Klägerinnen als nicht förderungswürdig abzulehnen, weil mehrere
Tochtergesellschaften derselben Verleihgesellschaft keine „verschiedenen
Verleiher“ im Sinne der Leitlinien des EFDO seien.
- 22.
- Nach der vom EFDO verfaßten streitigen Entscheidung wurden die Anträge
abgelehnt, weil „die Kommission der Europäischen Union noch nicht über den
künftigen Status der UIP in Europa entschieden hatte. Da in den
Darlehensverträgen des EFDO davon ausgegangen wird, daß die geförderten Filme
während eines Zeitraums von fünf Jahren an Kinos verliehen werden, war es nicht
möglich, anders zu entscheiden, ohne dem von der UIP gegen die Kommission der
Europäischen Union angestrengten Gerichtsverfahren vorzugreifen. Der Vorstand
des EFDO ist ferner der Auffassung, daß die UIP nicht in jeder Hinsicht den
nachstehend dargestellten Zielen des MEDIA-Programms entspricht, die gemäß
ihrer Umschreibung in der .Schaffung von Kovertriebsnetzen [bestehen], indem
[das EFDO] die Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften fördert, die vorher
isoliert in ihrer Heimat ihre Verleihgeschäfte betrieben' (Aktionsprogramm zur
Förderung der audiovisuellen Industrie in Europa .MEDIA' 19911995)“.
Verfahren und Anträge der Parteien
Rechtssache T-369/94
- 23.
- Die Klägerinnen haben daher mit Klageschrift, die am 16. November 1994 bei der
Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage erhoben auf Nichtigerklärung der
streitigen Schreiben und/oder der Handlung, mit der die Kommission das EFDO
zum Erlaß dieser Entscheidungen anwies. Diese Klage ist unter dem Aktenzeichen
T-369/94 in das Register eingetragen worden.
- 24.
- Die Kommission hat mit einem am 30. Januar 1995 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangenen Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.
- 25.
- Die Klägerinnen haben ihre Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit am 5.
April 1995 eingereicht.
- 26.
- Sie haben ferner mehrmals den Erlaß bestimmter prozeßleitender Maßnahmen
beantragt.
- 27.
- Am 3. Mai 1995 haben die Klägerinnen, die noch nicht Gelegenheit gehabt hatten,
sich zu Anhang 3 der Vereinbarung von 1994 zu äußern (vgl. Randnr. 6), der von
der Kommission nach Abgabe ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede
eingereicht worden war, beantragt, ihnen die Abgabe zusätzlicher Erklärungen zu
gestatten, die sie in der Anlage zum Antrag eingereicht haben. Der Präsident des
Gerichts hat beschlossen, daß der Schriftsatz zu den Akten zu nehmen und der
Beklagten zu übermitteln ist.
- 28.
- Durch Beschluß des Gerichts vom 7. November 1995 ist die Entscheidung über die
Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten worden.
- 29.
- Das Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen und am 12. Juli 1996 mit der
Einreichung der Gegenerwiderung abgeschlossen worden.
- 30.
- Die Klägerinnen beantragen in ihrer Klageschrift,
die streitigen Schreiben und/oder die Handlung, mit der die Kommission das
EFDO zum Erlaß dieser Entscheidungen anwies, für nichtig zu erklären;
der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
- 31.
- Die Klägerinnen haben in ihrer Antwort auf schriftliche Fragen des Gerichts ihren
Antrag auf Nichtigerklärung der dem EFDO von der Kommission erteilten
Weisungen zurückgenommen.
- 32.
- Die Kommission beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen;
hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;
in beiden Fällen den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.
- 33.
- Die Kommission beantragt schließlich, bei der Kostenentscheidung zu
berücksichtigen, daß die Klägerinnen an ihrer Klage festgehalten hätten, obwohl
diese seit Juni 1995 gegenstandslos sei.
Rechtssache T-85/95
- 34.
- Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 16. März 1995 bei der Kanzlei des
Gerichts eingegangen ist, gegen die streitige Entscheidung und/oder die Handlung,
mit der die Kommission das EFDO zum Erlaß dieser Entscheidung anwies, Klage
erhoben. Diese Klage ist unter dem Aktenzeichen T-85/95 in das Register
eingetragen worden.
- 35.
- Sie haben ferner bestimmte prozeßleitende Maßnahmen beantragt.
- 36.
- Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen und am 21. Dezember
1995 mit der Einreichung der Gegenerwiderung abgeschlossen worden.
- 37.
- Die Klägerinnen beantragen in ihrer Klageschrift,
die streitigen Schreiben und/oder die Handlung, mit der die Kommission das
EFDO zum Erlaß dieser Entscheidungen anwies, für nichtig zu erklären;
der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
- 38.
- Die Klägerinnen haben in ihrer Antwort auf schriftliche Fragen des Gerichts ihren
Antrag auf Nichtigerklärung der dem EFDO von der Kommission erteilten
Weisungen zurückgenommen.
- 39.
- Die Kommission beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen;
den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.
Verbindung der Rechtssachen
- 40.
- Die Kommission hat mit Schreiben vom 22. Juni 1995 mitgeteilt, daß sie die
Zulässigkeit der Klage in der Rechtssache T-85/95 einräume, die Klage in der
Rechtssache T-369/94 aber weiterhin für unzulässig halte und den Klägerinnen ihre
Rücknahme vorschlage.
- 41.
- Die Klägerinnen haben am 13. Juli 1995 zu dem erwähnten Schreiben der
Kommission Stellung genommen. Sie haben die Klage nicht zurückgenommen,
sondern die Verbindung der beiden Rechtssachen beantragt.
- 42.
- Die Kommission hat mit Schreiben vom 25. Juli 1995 erwidert, daß sie die
Aufrechterhaltung der ersten Klage nicht für zweckmäßig halte, dem
Verbindungsantrag aber nicht ausdrücklich entgegentrete.
- 43.
- Mit Beschluß vom 13. Mai 1997 hat der Präsident des Gerichts die Rechtssachen
T-369/94 und T-85/95 zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung und Entscheidung
verbunden.
Mündliche Verhandlung
- 44.
- Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 1. Oktober 1997 mündlich
verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.
Zulässigkeit
Zusammenfassung des Parteivorbringens
- 45.
- Die Kommission räumt ein, daß vom EFDO im Rahmen der finanziellen
Durchführung des MEDIA-Programms getroffene Entscheidungen ihr zuzurechnen
seien. Ihre Beziehungen zu den privaten Einrichtungen, die sie auf vertraglicher
Basis bei der Durchführung des MEDIA-Programms unterstützten, müßten nämlich
so ausgestaltet sein, daß sie für die Entscheidung über die Zuschußanträge
zuständig bleibe. Ferner könnte ein dezentralisiertes System der Entscheidung und
der richterlichen Kontrolle dem gemeinschaftlichen Charakter des MEDIA-Programms abträglich sein.
- 46.
- Die Klage in der Rechtssache T-369/94 sei dennoch unzulässig, weil die streitigen
Schreiben vorläufiger Natur seien. Schon aus dem Wortlaut der streitigen Schreiben
ergebe sich nämlich eindeutig, daß die Entscheidung nur ausgesetzt worden sei.
Diese Schreiben seien daher keine Handlungen, die gemäß Artikel 173 des
Vertrages für nichtig erklärt werden könnten.
- 47.
- Die Ankündigung der Aussetzung der Entscheidung könne auch nicht als eine
stillschweigende Ablehnung angesehen werden, da keine Frist für den Erlaß einer
Entscheidung festgelegt sei.
- 48.
- Die Klägerinnen machen erstens geltend, daß die streitigen Schreiben an sie
gerichtet worden seien und sie damit unmittelbar und individuell beträfen.
- 49.
- Zweitens stellten die streitigen Schreiben tatsächlich eine Ablehnung der
Finanzierungsanträge durch den EFDO dar, da bis zu einer Entscheidung der
Kommission über den Antrag der UIP auf Verlängerung ihrer Freistellung nach
Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages ein erheblicher Zeitraum vergehen könne und
das Aufschieben der Verbreitung der beiden betroffenen Filme bis zu dieserEntscheidung ihnen praktisch ihren gesamten Handelswert nehmen würde. Das
unbefristete Aufschieben der Verbreitung der Filme sowie der Werbung und des
Marketing sei nämlich keine realistische kommerzielle Option.
- 50.
- In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen ausgeführt, die streitigen
Schreiben seien mit einer Klage anfechtbare Handlungen und die danach erlassene
streitige Entscheidung sei nur eine bestätigende Maßnahme.
- 51.
- Die Kommission stellt die Zulässigkeit der Klage in der Rechtssache T-85/95 nicht
in Abrede.
Würdigung durch das Gericht
- 52.
- Gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Beschlusses 90/685 ist die Kommission für die
Durchführung des MEDIA-Programms verantwortlich. Ferner ergibt sich aus dem
Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juni 1958 in der Rechtssache 9/56 (Meroni/Hohe
Behörde, Slg. 1958, 11, 47), daß eine Übertragung von Befugnissen unter
Einräumung eines weiten Ermessens nicht zulässig ist. Im Einklang mit diesen
Grundsätzen bedarf nach der zwischen der Kommission und dem EFDO
geschlossenen Vereinbarung über die finanzielle Durchführung des MEDIA-Programms in der hier anwendbaren Fassung (vgl. Randnrn. 5 und 6) jede
Entscheidung in diesem Rahmen praktisch einer vorherigen Zustimmung der
Kommissionsvertreter. Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin,
daß sie vor jeder Sitzung des Selektionsausschusses des EFDO von diesen über alle
gestellten Anträge unterrichtet worden sei und daß die Verantwortlichen der
Kommission ihm nach Prüfung dieser Anträge ihre Stellungnahme übermittelt
hätten (vgl. Randnr. 9).
- 53.
- Die Entscheidungen des EFDO über im Rahmen des MEDIA-Programms gestellte
Finanzierungsanträge sind demnach der Kommission zuzurechnen, die damit für
ihren Inhalt verantwortlich und insoweit passiv legitimiert ist.
- 54.
- Im vorliegenden Fall hat die Kommission den Inhalt der streitigen Schreiben und
der streitigen Entscheidung im wesentlichen bestimmt, wenn auch deren
Begründung nicht genau dem von der Kommission vorgeschlagenen Wortlaut
entspricht.
- 55.
- Die streitigen Schreiben und die streitige Entscheidung können daher grundsätzlich
Gegenstand einer vor dem Gemeinschaftsrichter gegen die Kommission erhobenen
Klage sein.
- 56.
- Es bleibt noch zu prüfen, ob die Klägerinnen im vorliegenden Fall ein
Rechtschutzinteresse und eine Klagebefugnis haben.
- 57.
- Die Klage in der Rechtssache T-369/94 richtet sich in erster Linie gegen die
streitigen Schreiben. Würden diese Schreiben für nichtig erklärt, so wären die
einzigen Maßnahmen, die gemäß Artikel 176 des Vertrages in Durchführung des
Urteils erlassen werden könnten, endgültige Entscheidungen über die
Finanzierungsanträge der Klägerinnen. Solche Entscheidungen sind jedoch nach
Erhebung dieser Klage erlassen worden und bilden den Gegenstand der Klage in
der Rechtssache T-85/95. Ein Urteil des Gerichts, durch das die streitigen
Schreiben für nichtig erklärt würden, könnte daher nicht zum Erlaß von
Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Artikel 176 des Vertrages führen, so daß
für die Klägerinnen kein Interesse an der Nichtigerklärung dieser Handlungen mehr
besteht.
- 58.
- Die Klage in der Rechtssache T-369/94 ist daher gegenstandslos geworden und
braucht nicht mehr beschieden zu werden.
- 59.
- Die im Rahmen der Klage T-85/95 streitige Entscheidung ist im übrigen an die
Tochtergesellschaften der UIP gerichtet worden, für die die Finanzierungsanträge
gestellt worden waren, d. h. an die Klägerinnen zu 5 bis zu 10. Diese sind also als
Adressaten der streitigen Entscheidung klagebefugt.
- 60.
- Die Klägerinnen zu 1 bis zu 3 schließlich sind die Produzenten der Filme, für die
eine Finanzierung durch das EFDO beantragt wird. Ohne bei der Kommission auf
Widerspruch zu treffen, machen sie geltend, ein Darlehen des EFDO bewirke, daß
sich die Verleihkosten früher amortisieren würden und sich damit früher ein
Gewinn für den Produzenten ergebe. Die Klägerin zu 4, die UIP, erwarb die
Rechte für die Vorführung der betreffenden Filme in Kinos und übertrug sie
sodann auf ihre Tochtergesellschaften in den Ländern, in denen der Verleih dieser
Filme jeweils geplant war. Die UIP übermittelte im übrigen die
Finanzierungsanträge ihrer Tochtergesellschaften für diese und nach ihren Angaben
auf Bitten des betroffenen Produzenten an das EFDO. Daher sind die
Filmproduzenten und die UIP wegen persönlicher Eigenschaften oder besonderer,
sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände in gleicher
Weise wie die Adressaten der streitigen Entscheidung unmittelbar und individuell
betroffen.
- 61.
- Die Klage in der Rechtssache T-85/95 ist daher zulässig.
Begründetheit der Rechtssache T-85/95
- 62.
- Die Klägerinnen führen für ihre Klage drei Klagegründe an: eine Verletzung der
in den Leitlinien des EFDO festgelegten Auswahlkriterien, die Unvereinbarkeit mit
Sinn und Zweck des MEDIA-Programms und unzureichende Begründung.
- 63.
- Der erste und der zweite Klagegrund sind zusammen zu prüfen.
Erster und zweiter Klagegrund: Verletzung der in den Leitlinien des EFDO festgelegten
Auswahlkriterien und Unvereinbarkeit mit dem Sinn und Zweck des MEDIA-Programms
Zusammenfassung des Parteivorbringens
- 64.
- Im Rahmen des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen erstens geltend, die
Finanzierungsanträge erfüllten in jeder Hinsicht alle in den Leitlinien des EFDO
angegebenen Voraussetzungen, und zwar auch die Voraussetzung, daß mindestens
drei Verleiher aus wenigstens drei verschiedenen Ländern der Europäischen Union
über die Vorführung eines Films in den Kinos übereinkommen müßten. Der
Ausdruck „drei verschiedene Verleiher“ bedeute, daß es sich um drei rechtlich
separate Einheiten handeln müsse, die aber miteinander verbunden sein könnten.
Es sei nicht gerechtfertigt, eine Gruppe verbundener Unternehmen als einen
Verleiher anzusehen.
- 65.
- Die Kommission gehe zu Unrecht davon aus, daß ein wesentliches Ziel des
MEDIA-Programms in der Schaffung von Kovertriebsnetzen durch die Förderung
der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften bestehe, die vorher isoliert in ihrer
Heimat ihr Verleihgeschäft betrieben hätten. Dieses Ziel sei in den Leitlinien nicht
erwähnt, vielmehr bestehe deren Hauptziel in einer weiteren Verbreitung
europäischer Filme auf gesamteuropäischer Ebene. Die Leitlinien des Projekts
Europäischer Videoraum, das eine der im Rahmen des MEDIA-Programms
geschaffenen Gruppe von europäischen Programmen sei und dem EFDO in seinen
Zielen und Methoden stark ähnele, förderten ausdrücklich den Vertrieb durch
verbundene Gesellschaften, da sie vorsähen, daß „Gesellschaften, die in mehreren
Staaten tätig sind, besonders berücksichtigt werden“.
- 66.
- Ferner habe das EFDO u. a. für die Filme „De Flat“, „Jack and Sarah“ und
„Carrington“ bereits Darlehen an verbundene Gesellschaften gewährt. Die
Klägerinnen haben ihrer Erwiderung eine Liste von insgesamt 13 Filmen für den
Zeitraum von 19921995 beigefügt, von denen sie behaupten, sie seien von
verbundenen Gesellschaften mit Unterstützung des EFDO vertrieben worden.
- 67.
- Außerdem seien die Zuschußanträge für den Verleih des Films „Nostradamus“ von
vier mit der UIP verbundenen Gesellschaften gemeinsam mit sechs weiteren
Verleihern gestellt worden, die weder untereinander noch mit einer Gesellschaft
der UIP-Gruppe verbunden seien. Nach der Auslegung des Begriffes „verschiedene
Verleiher“ durch die Kommission handele es sich dabei insgesamt um sieben
Antragsteller. Es seien jedoch nur die Anträge der sechs nicht mit der UIP
verbundenen Verleiher für förderungswürdig erklärt worden. Dies stehe im
Widerspruch zu der von der Kommission vertretenen Auffassung.
- 68.
- Zweitens machen die Klägerinnen geltend, das Ermessen des EFDO bei der
Auswahl der Verleihvorhaben unterliege den Auswahlkriterien der Leitlinien. Die
Leitlinien sähen nicht vor, daß Anträge, die die festgelegten Voraussetzungen
erfüllten, abgelehnt werden könnten, es sei denn aus Gründen oder aufgrund von
Kriterien, die dort ausdrücklich genannt seien.
- 69.
- Da die Kommission ihr Ermessen nicht auf abhängige Einrichtungen übertragen
könne (Urteil Meroni u. a./Hohe Behörde, a. a. O.), sei das EFDO nicht berechtigt,
Darlehen aufgrund von in den Leitlinien nicht enthaltenen Kriterien zu verweigern,
und könne hierzu auch nicht ermächtigt werden. Erfülle ein Antrag die
Voraussetzungen für die Förderungswürdigkeit, so habe das EFDO folglich kein
Ermessen hinsichtlich der Anwendung der in den Leitlinien enthaltenen
Auswahlkriterien. Sollte das EFDO ein Ermessen besitzen, aufgrund dessen es
förderungswürdige Anträge ablehnen könne, so sei dieses Ermessen im
vorliegenden Fall überschritten worden, so daß die streitige Entscheidung die
Grundsätze der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit und des
Vertrauensschutzes verletze.
- 70.
- Nach den Leitlinien sei das EFDO nur dann berechtigt, einen förderungswürdigen
Antrag eines Antragstellers, der die Voraussetzungen für die Gewährung eines
Zuschusses erfülle, ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn der spezielle Fall
vorliege, daß es „direkt oder indirekt von einem Umstand Kenntnis erlangt, der
dafür spricht, daß das Darlehen nicht ordnungsgemäß zurückgezahlt werden wird
oder kann“.
- 71.
- In der streitigen Entscheidung werde nicht auf Bedenken hinsichtlich der
Zahlungsfähigkeit der UIP verwiesen. Solche Bedenken wären auch völlig
ungerechtfertigt gewesen, da die Muttergesellschaften der UIP oder ihre Banken
eine Sicherheit für die Darlehen hätten leisten können und dies auch in einem
Schreiben an die Direktorin für das MEDIA-Programm in der zuständigen
Generaldirektion Information, Kommunikation, Kultur und Audiovisuelle Medien
(GD X) der Kommission vorgeschlagen hätten.
- 72.
- Im Rahmen des zweiten Klagegrundes machen die Klägerinnen zunächst geltend,
eine mit Sinn und Zweck des MEDIA-Programms unvereinbare Handlung verletze
den Beschluß 90/685.
- 73.
- Mit dem MEDIA-Programm werde ein verstärkter innereuropäischer Austausch
von Filmen und maximale Nutzung der in Europa bestehenden oder zu schaffenden
Vertriebsmöglichkeiten im Hinblick auf eine höhere Rentabilität der Investitionen,
eine weitere Verbreitung und eine größere Öffentlichkeitswirkung angestrebt. Wäre
das EFDO berechtigt, Anträge aus Gründen der im vorliegenden Fall angeführten
Art abzulehnen, so könnte die UIP nicht nur für die beiden in Rede stehenden
Filme, sondern auch für alle anderen europäischen Filme, deren Verleih sie
möglicherweise in absehbarer Zukunft plane, keine Zuschüsse vom EFDO erhalten,
solange die Kommission nicht über die Verlängerung der Freistellung der UIP nach
Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages entschieden habe. Ob ein Verleiher zinslose
Darlehen im Rahmen der vom EFDO durchgeführten Aktion erhalte, könne jedoch
für den Produzenten von wesentlicher Bedeutung sein, da ein Darlehen die
Amortisation der Verleihkosten beschleunige und damit der Produzent früher eine
Vergütung erhalte. Die Auffassung der Kommission würde dazu führen, daß der
Filmverleih in Europa weniger effizient würde, da die Produzenten „zweitrangige“
Verleiher wählten, die zufällig Mittel vom EFDO erhielten.
- 74.
- Die von der Kommission im vorliegenden Fall vertretene Auffassung stelle ferner
eine offenkundige Diskriminierung der UIP gegenüber den anderen Verleihern dar.
- 75.
- Die Kommission weist zur Entgegnung auf den ersten Klagegrund darauf hin, daß
das EFDO nicht verpflichtet sei, für förderungswürdige Vorhaben Mittel zu
gewähren. Das EFDO verfüge nämlich nicht über genügend Mittel, um allen
Anträgen stattzugeben, und müsse folglich eine Auswahl anhand der erwähnten
Prioritätenliste treffen. Da jedoch die Anträge der Klägerinnen im vorliegenden
Fall nicht einmal förderungswürdig gewesen seien, habe sich die Frage, wie die
Prioritätenliste anzuwenden sei, nicht gestellt.
- 76.
- Die Anträge der Klägerinnen seien nicht förderungswürdig gewesen, denn der
Begriff „verschiedene Verleiher“ in den Leitlinien der EFDO sei so aufzufassen,
daß damit unabhängige oder nicht miteinander verbundene Gesellschaften gemeint
seien. Würden Anträge von zur selben Gruppe gehörenden Gesellschaften als
förderungswürdig angesehen, so würden Unternehmen womöglich zu dem bloßen
Zweck separate Gesellschaften gründen, ihre Anträge förderungswürdig zu machen.
Solche Praktiken könnten zu Mißbräuchen führen, die dem Ziel des MEDIA-Programms, eine echte grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Verleihern
zu fördern, sehr abträglich sein könnten.
- 77.
- Ferner seien die von den Klägerinnen angeführten im Rahmen des ProjektsEuropäischer Videoraum geltenden Regeln im vorliegenden Fall nicht anwendbar,
weil dieses Projekt gegenüber dem EFDO völlig selbständig sei.
- 78.
- Die Kommission führt in der Gegenerwiderung aus, daß das EFDO zwar bisweilen
verbundenen Gesellschaften Darlehen gewährt habe, daß diese Gesellschaften
jedoch niemals so zahlreich wie im vorliegenden Fall oder in der Mehrheit gewesen
seien. Auf eine vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage zu
dem Verzeichnis der vom EFDO seit seiner Errichtung genehmigten
Finanzierungsanträge hat die Kommission eingeräumt, daß 1992 zweimal drei
Gesellschaften, von denen zwei miteinander verbunden gewesen seien, ein
Darlehen für den Verleih eines Films gewährt worden sei. Dieser bedauerliche
Umstand nehme jedoch der in Randnummer 76 erläuterten Auslegung des Begriffs
„drei verschiedene Verleiher“ nichts von der ihr von der Kommission
beigemessenen Bedeutung.
- 79.
- Zur Ablehnung der Anträge wegen des unsicheren Status der UIP und wegen
Bedenken hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Rückzahlung eines Darlehens führt die
Kommission aus, da nur die Tochtergesellschaften der UIP und nicht ihre
Muttergesellschaften Empfänger der Darlehen des EFDO gewesen wären, habe
einige Unsicherheit über die Fähigkeit dieser Tochtergesellschaften bestanden,
erforderlichenfalls die Rückzahlungen zu leisten. Die Beteiligung der UIP an einem
Verfahren zur Verlängerung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des
Vertrages habe das EFDO als solche nicht zur Ablehnung der Anträge veranlaßt.
- 80.
- Der erste Klagegrund sei damit nicht begründet.
- 81.
- Der zweite Klagegrund sei als zu unbestimmt zurückzuweisen. Die Klägerinnen
hätten erst in der Erwiderung angegeben, welche Rechtsvorschrift ihrer Ansicht
nach verletzt worden sei. Ferner hätten sie für ihr Vorbringen keine Beweise
angeführt. Auch entspreche die Entscheidung einem der wesentlichen Ziele des
MEDIA-Programms, die Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften zu fördern, die
vorher isoliert in ihrer Heimat ihre Verleihgeschäfte betrieben hätten. Der
Klagegrund sei daher auf jeden Fall zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
- 82.
- Es ist unstreitig, daß die Leitlinien des EFDO von der Kommission im Rahmen der
Durchführung des durch den Beschluß 90/685 geregelten MEDIA-Programms
genehmigt wurden. In Anbetracht der Bedeutung dieser Leitlinien innerhalb des
Systems des MEDIA-Programms und der Tatsache, daß die Kommission die
Leitlinien, auf die sie sich zur Rechtfertigung der streitigen Entscheidung beruft,
als verbindlich und als eine Rechtsquelle für die Durchführung dieses Programms
ansieht, stellen sie ebenso wie der Beschluß 90/685 Rechtsnormen dar, deren
Beachtung der Gemeinschaftsrichter sicherzustellen hat.
- 83.
- Die Leitlinien des EFDO sind ferner mit Rücksicht auf die Rangordnung der
Rechtsnormen im Licht des Zweckes des Beschlusses 90/685 auszulegen.
- 84.
- Erstens ist zu prüfen, ob die in den Leitlinien des EFDO (Punkt III.1, Buchstabe
a) enthaltene Voraussetzung der Förderungswürdigkeit, nach der „[m]indestens drei
verschiedene Verleiher aus wenigstens drei verschiedenen Ländern der
[Europäischen] Union oder aus Ländern, mit denen Verträge über eine
Zusammenarbeit geschlossen worden sind, ... über die Vorführung eines Films in
den Kinos übereinkommen“ müssen, im vorliegenden Fall zutreffend ausgelegt und
angewendet worden ist.
- 85.
- Nach Auffassung der Klägerinnen bedeutet der Begriff „drei verschiedene
Verleiher“, daß es sich um drei rechtlich separate Einheiten handeln müsse, die
aber miteinander verbunden sein könnten. Nach Ansicht der Kommission ist der
Begriff dahin auszulegen, daß die verschiedenen Verleiher unabhängige
Gesellschaften sein müssen, zwischen denen keine Verbindung besteht. Diese
Auslegung sei mit Rücksicht auf das wesentliche Ziel des MEDIA-Programms
zwingend, „Kovertriebsnetze [durch Förderung der] Zusammenarbeit zwischen
Gesellschaften [zu schaffen], die vorher isoliert in ihrer Heimat ihre
Verleihgeschäfte betrieben“.
- 86.
- Wie die Klägerinnen bemerkt haben, gehört dieses Ziel als solches nicht zu den in
Artikel 2 des Beschlusses 90/685 aufgeführten Zielen. Doch findet sich dieser
Gedanke in der Mitteilung über die Medienpolitik, auf die der Rat in der achten
Begründungserwägung dieses Beschlusses Bezug nimmt. Die Kommission stellt in
dieser Mitteilung u. a. fest, daß das EFDO ein erstes Pilotvorhaben zur Förderung
der Zusammenarbeit der europäischen Verleiher durchführe; hierdurch könnten
sie ihre Filme grenzübergreifend vertreiben und so versuchen, den großen
Binnenmarkt für Filmproduktionen zu schaffen. Die Kommission stellt dort ferner
fest, daß das EFDO „zur Schaffung von Kovertriebsnetzen bei[trägt], indem es die
Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften fördert, die vorher isoliert in ihrer
Heimat ihre Verleihgeschäfte betrieben“.
- 87.
- Der Rat hat seine Unterstützung für die während der Pilotphase des
MEDIA-Programms eingeleiteten Vorhaben eindeutig zum Ausdruck gebracht
(neunte und zehnte Begründungserwägung des Beschlusses 90/685), und zwar auch
für das vom EFDO eingeleitete Vorhaben, das der Rat im Anhang I des
Beschlusses 90/685 als einen Vertriebsmechanismus bezeichnet, dessen
„signifikanter Ausbau“ zu betreiben sei.
- 88.
- Ferner liegt das Ziel einer Förderung der Kontakte und der Zusammenarbeit
zwischen den Verleihern in den verschiedenen europäischen Ländern dem
Beschluß 90/685 in mehrfacher Hinsicht zugrunde. So weist der Rat darauf hin, daß
die Segmentierung der Märkte überwunden werden müsse (vierzehnte
Begründungserwägung). Ferner seien die kleinen und mittleren Unternehmen bei
der Anpassung der Marktstrukturen besonders zu berücksichtigen (fünfzehnte
Begründungserwägung). Auch Artikel 2 dritter Gedankenstrich nennt als Ziel eine
maximale Nutzung der in Europa bestehenden oder zu schaffenden
Vertriebsmöglichkeiten.
- 89.
- Damit steht fest, daß der Rat davon ausging, daß das MEDIA-Programm neue
Entwicklungen des europäischen Marktes für Filmproduktionen und insbesondere
die Schaffung neuer Formen der Zusammenarbeit zwischen den europäischen
Marktbeteiligten fördern sollte, um die audiovisuelle Kapazität Europas zu steigern.
- 90.
- Auch aus den Leitlinien des EFDO ergibt sich das Ziel, die Schaffung neuer
Kooperationsnetze zu fördern, da danach „[m]indestens drei verschiedene Verleiher
aus wenigstens drei verschiedenen Ländern der Union oder aus Ländern, mit denen
Verträge über eine Zusammenarbeit geschlossen worden sind, über die Vorführung
eines Films in den Kinos übereinkommen“ müssen.
- 91.
- Die Kommission und das EFDO haben daher unter den Umständen des
vorliegenden Falles ihr Ermessen nicht überschritten, indem sie annahmen, daß die
Mittelgewährung durch die Gemeinschaft für den Verleih von Filmen die Schaffung
zuvor nicht bestehender Verleihnetze in Europa fördern müsse. Sie konnten also
davon ausgehen, daß das EFDO nur Darlehen gewähren durfte, wenn dadurch
neue Kontakte und die Zusammenarbeit u. a. zwischen kleinen und mittleren
Verleihern in verschiedenen europäischen Ländern gefördert wurden, die ohne ein
solches finanzielle Vorteile bietendes Programm wahrscheinlich wenig Anlaß zur
Anknüpfung von Kontakten gehabt hätten. Sie schlossen hieraus zu Recht, daß ein
Darlehen nur für Verleihvorhaben gewährt werden dürfe, die zu diesem Ziel des
MEDIA-Programms beitrügen.
- 92.
- Es läßt sich im übrigen nicht in Abrede stellen, daß sich Unternehmen veranlaßt
fühlen könnten, zu dem bloßen Zweck, eine finanzielle Unterstützung erhalten zu
können, separate Gesellschaften zu gründen, wenn jedem Netz unabhängig von
seiner Struktur Darlehen im Rahmen des MEDIA-Programms gewährt werden
könnten.
- 93.
- Zu dem im Rahmen des MEDIA-Programms durchgeführten Projekt Europäischer
Videoraum, das nach Ansicht der Klägerinnen in mehreren Staaten tätige
Gesellschaften begünstigt, ist zunächst ohne daß auf die Bedeutung des
genannten in den Auswahlkriterien enthaltenen Satzes eingegangen zu werden
braucht festzustellen, daß die im vorliegenden Fall streitige Entscheidung im
Rahmen einer von dem Projekt Europäischer Videoraum verschiedenen Aktion
erlassen wurde und daß für sie insbesondere die im Licht der Ziele des MEDIA-Programms ausgelegten Leitlinien des EFDO gelten. Ferner lag es in diesem
rechtlichen Rahmen im Ermessen der Kommission, es im vorliegenden Fall als
zweckmäßig anzusehen, die Schaffung von Netzen voneinander unabhängiger
Verleiher zu unterstützen.
- 94.
- Aus den vorstehenden Gründen waren die Kommission und das EFDO berechtigt,
im Rahmen des MEDIA-Programms nur Finanzierungsanträge für den Verleih von
Filmen als förderungswürdig anzusehen, die von mindestens drei Verleihern gestellt
wurden, die vorher nicht dauernd in erheblichem Umfang zusammengearbeitet
hatten.
- 95.
- Wie die Kommission in ihrer Entscheidung 89/467 (siebte Begründungserwägung)
festgestellt hat, wurde die in den Niederlanden ansässige UIP zunächst von drei
amerikanischen Gesellschaften für den Verleih von Filmen in Europa gegründet,
die von ihren Muttergesellschaften, einer ihrer Muttergesellschaften,
Tochtergesellschaften, verbundenen Unternehmen, Lizenznehmern,
Franchisenehmern oder Inhabern von Unterlizenzen hergestellt oder vertrieben
werden. Wie sich aus der genannten Entscheidung (u. a. einundvierzigste
Begründungserwägung) ergibt, wird die Tätigkeit der UIP von ihren
Muttergesellschaften genau überwacht. UIP unterhält in der Gemeinschaft
Verleihgesellschaften (achte Begründungserwägung der Entscheidung 89/467),
deren Selbständigkeit nach den Akten stark eingeschränkt ist. In diesem
Zusammenhang entsprechen die Zusammenarbeit und das allein von
Tochtergesellschaften der UIP ohne Beteiligung anderer Gesellschaften errichtete
Verleihnetz wegen dieser Struktur und der geringen Selbständigkeit der
Tochtergesellschaften nicht den durch den Beschluß 90/685 angestrebten Formen
der Zusammenarbeit.
- 96.
- Die Kommission und das EFDO haben daher die Tochtergesellschaften der UIP
im Rahmen der Prüfung der Förderungswürdigkeit der an das EFDO gerichteten
Darlehensanträge zu Recht als einen einzigen Verleiher angesehen.
- 97.
- Was erstens die Darlehensanträge für den Film „Maniaci Sentimentali“ anlangt, so
haben die Tochtergesellschaften der UIP keine Vereinbarungen mit anderen
unabhängigen Verleihern geschlossen. Da sie für die Prüfung der
Förderungswürdigkeit der Anträge als ein einziger Verleiher anzusehen sind, war
die Voraussetzung der Antragstellung durch drei verschiedene Verleiher nicht
erfüllt. Die Darlehensanträge der Tochtergesellschaften der UIP waren nicht
förderungswürdig, weil durch das Vorhaben kein neues Netz der Zusammenarbeit
im Filmverleih geschaffen wurde.
- 98.
- Gegen dieses Ergebnis, das, wie ausgeführt, im Einklang mit den Zielen des
MEDIA-Programms steht, spricht auch nicht, daß das EFDO 1992 zweimal drei
Gesellschaften, von denen zwei miteinander verbunden waren, Darlehen für den
Filmverleih gewährte und daß es sich folglich, wie die Kommission in der
mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, nicht um drei verschiedene Verleiher
handelte. Die Klägerinnen machen geltend, von 1992 bis 1995 seien dreizehn
Filmen Unterstützung durch das EFDO von verbundenen Gesellschaften verliehen
worden. Nach den Angaben im Verzeichnis der vom EFDO seit seiner Gründung
genehmigten Verleihvorhaben wurde nur bei zwei der dreizehn von den
Klägerinnen angeführten Filmen ein Darlehensantrag, wie die Kommission
eingeräumt hat, von weniger als drei verschiedenen Verleihern gestellt. Da das
EFDO von 1992 bis 1995 insgesamt 196 Verleihvorhaben unterstützte, bestand
keine feste Praxis der Gewährung von Darlehen für Verleihvorhaben, die von
weniger als drei verschiedenen Verleihern im Sinne der obigen Definition
eingereicht wurden. Die Anwendung der Regel kann daher nicht als willkürlich
angesehen werden.
- 99.
- Was zweitens den Verleih des Films „Nostradamus“ anlangt, wurde unstreitig sechs
Verleihern, die weder untereinander noch mit einer Gesellschaft der UIP-Gruppe
verbunden waren, auf der Grundlage ihrer für denselben Termin wie die Anträge
der vier Tochtergesellschaften der UIP gestellten Anträge vom EFDO eine
Finanzierung gewährt. Die betroffenen Klägerinnen nannten auch in ihren
Anträgen an der Stelle, wo andere Antragsteller anzugeben sind, soweit bekannt
vier der sechs Verleiher, denen eine Finanzierung gewährt wurde, und eine nicht
zu den berücksichtigten Antragstellern gehörende Gesellschaft.
- 100.
- Daraus ergibt sich, daß sie über den Verleih dieses Films übereingekommen waren,
soweit dies nach den Leitlinien erforderlich ist. Es war daher nicht gerechtfertigt,
die Anträge der betroffenen Tochtergesellschaften der UIP mit der Begründung
abzulehnen, es sei kein neues Netz von mindestens drei verschiedenen Verleihern
geschaffen worden. Die Anträge der betroffenen Klägerinnen für den Verleih des
Films „Nostradamus“ erfüllten daher insoweit die Voraussetzungen für die
Gewährung eines Darlehens.
- 101.
- Hauptgrund für die Ablehnung der Anträge war jedoch, daß die Kommission noch
nicht „über den künftigen Status der UIP in Europa entschieden hatte ... [und] es
nicht möglich war, anders zu entscheiden, ohne dem [die Freistellung betreffenden]
Gerichtsverfahren vorzugreifen“. Wenngleich die Kommission während des
Verfahrens erklärt hat, daß die Beteiligung der UIP an einem Verfahren zur
Verlängerung einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages das EFDO
als solche nicht zur Ablehnung der Anträge veranlaßt habe und daß eine gewisse
mit dem unsicheren Status der UIP zusammenhängende Unsicherheit darüber, ob
die Tochtergesellschaften der UIP die erforderlichen Rückzahlungen würden leisten
können, die Ablehnung gerechtfertigt habe, war nach Ansicht des Gerichts in der
Tat der unsichere Status der UIP und ihrer Tochtergesellschaften für die
Ablehnung der Darlehensanträge ausschlaggebend.
- 102.
- Zwar wies das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied der Kommission van
Miert in seinem Schreiben an die UIP darauf hin, daß kein Zusammenhang
zwischen dem Verfahren über den Antrag der UIP auf Verlängerung ihrer
Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages und dem Verfahren über die
Gewährung von Subventionen durch das EFDO bestehe. Wie die Kommission in
der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, läßt sich diese Antwort jedoch
durchaus dahin auffassen, daß speziell unter dem Aspekt des gemeinschaftlichen
Wettbewerbsrechts das seinerzeitige Fehlen einer Entscheidung über den Antrag
der UIP auf Verlängerung der Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages
einer Gewährung der beantragten Subvention nicht entgegengestanden habe, da
diese für die Anwendung der Wettbewerbsregeln keine Bedeutung gehabt hätte.
- 103.
- An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß die Freistellung der
Grundvereinbarung zwischen den drei Muttergesellschaften der UIP über die
Gründung der gemeinsamen Tochtergesellschaft und der Vereinbarungen über die
Zusammenarbeit der Gesellschaften der Gruppe am 26. Juli 1993 außer Kraft trat.
Als das EFDO 1994 seine Entscheidung erließ, war für die UIP unsicher, ob die
Freistellung verlängert werden würde. Es steht jedoch fest, daß die Zukunft der
Tochtergesellschaften der UIP von der ihrer Muttergesellschaft abhing, die ohne
eine Verlängerung der Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages nicht
weiterbestehen konnte. Unter diesen Umständen war klar, daß diese
Tochtergesellschaften nicht zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit in der Lage sein würden,
wenn die Kommission die Freistellung der UIP nicht verlängerte.
- 104.
- Die Lage der UIP und ihrer Tochtergesellschaften war zu diesem Zeitpunkt völlig
unsicher, weil eine Freistellung erforderlich war, um eine gegen Artikel 85 Absatz
1 des Vertrages verstoßende Vereinbarung zulässig zu machen.
- 105.
- Aufgrund dessen konnten die Anträge der Tochtergesellschaften der UIP für den
Verleih des Films „Nostradamus“ trotz ihrer Förderungswürdigkeit abgelehnt
werden, weil die Rechtslage der UIP und ihrer Tochtergesellschaften unsicher
blieb, solange die Kommission nicht über die Verlängerung der Freistellung der
UIP nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages entschieden hatte. Insbesondere
konnten die Kommission und das EFDO in Ausübung ihres Ermessens davon
ausgehen, daß diese Gesellschaften wegen der genannten Unsicherheit auch dann
nicht als zu unterstützende Strukturen anerkannt werden konnten, wenn sie,
speziell für den Fall der Ablehnung der Freistellungsverlängerung, umfassende
Sicherheiten für die Erstattung der beantragten Darlehen angeboten hatten. Wären
nämlich den Klägerinnen die Darlehen gewährt worden, obwohl es möglich war,
daß die Kommission deren Tätigkeit in der damaligen Form nicht genehmigen und
damit ihre Auflösung herbeiführen würde, so wäre die Gewährung des Darlehens
kaum vereinbar gewesen mit der durchaus sinnvollen Voraussetzung, daß die
Kommission keine möglicherweise mit den Wettbewerbsregeln unvereinbaren
Strukturen unterstützen darf, und mit dem wesentlichen Ziel des MEDIA-Programms, die Entwicklung einer leistungsfähigen, allen Anforderungen
gewachsenen europäischen audiovisuellen Industrie zu fördern. Die Gewährung der
Darlehen an die Klägerinnen hätte im vorliegenden Fall ferner dazu geführt, daß
andere Unternehmen, deren Tätigkeit zweifellos mit den Wettbewerbsregeln
vereinbar war und die bestrebt und fähig waren, ein Verleihnetz einzurichten oder
auszubauen, keine Gemeinschaftsfinanzierung erhalten hätten.
- 106.
- Die streitige Entscheidung erfüllt daher die Anforderungen des Beschlusses 90/685
und entspricht in jeder Hinsicht den Zielen des MEDIA-Programms, die u. a.
darauf gerichtet sind, die Schaffung und den Ausbau von Kovertriebsnetzen im
Gebiet der Gemeinschaft zu fördern.
- 107.
- Auch kann das Ziel eines verstärkten innereuropäischen Austauschs von Filmen
und einer maximalen Nutzung der in Europa bestehenden oder zu schaffenden
Vertriebsmöglichkeiten sowie einer weiteren Verbreitung der Filme in Europa
(Artikel 2 dritter Gedankenstrich des Beschlusses 90/685) nur verfolgt werden,
soweit es mit dem von der Kommission im vorliegenden Fall als wesentlich
angesehenen Ziel vereinbar ist, die Schaffung neuer Kovertriebsnetze zu fördern.
Ferner konnten die Mittel, die den Klägerinnen nicht gewährt wurden, anderen
Verleihern zur Verfügung gestellt werden und damit dieses Ziel fördern.
- 108.
- Schließlich kann dem Vorbringen nicht gefolgt werden, daß es eine offenkundige
Diskriminierung der UIP gegenüber den anderen Verleihern darstelle, wenn zur
UIP-Gruppe gehörenden Gesellschaften kein Darlehen gewährt würde, solange die
Kommission nicht über die Verlängerung der Freistellung der UIP nach Artikel 85
Absatz 3 des Vertrages entschieden habe. Es besteht nämlich kein Grund zu der
Annahme, daß das EFDO und die Kommission einen anderen Standpunkt
vertreten hätten, wenn es sich um Anträge einer anderen Unternehmensgruppe in
gleicher Lage gehandelt hätte.
- 109.
- Die ersten beiden Klagegründe, mit denen im wesentlichen die Unvereinbarkeit der
streitigen Entscheidung mit den Leitlinien des EFDO und den Zielen des MEDIA-Programms geltend gemacht worden ist, sind daher als unbegründet
zurückzuweisen.
Dritter Klagegrund: Unzureichende Begründung
Zusammenfassung des Parteivorbringens
- 110.
- Die Klägerinnen machen geltend, die in der streitigen Entscheidung enthaltenen
Gründe seien weder die wirklichen Gründe noch seien sie stichhaltig.
- 111.
- Sie nehmen zunächst auf die erwähnte Antwort von van Miert Bezug, wonach kein
Zusammenhang zwischen dem Verfahren über den Antrag der UIP auf
Verlängerung ihrer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages und dem
Verfahren über die Gewährung von Subventionen durch das EFDO bestehe. Die
Feststellung sei völlig unverständlich, daß es unmöglich gewesen sei, anders zu
entscheiden, ohne dem „von der UIP gegen die Kommission angestrengten
Gerichtsverfahren vorzugreifen“, weil in den Darlehensverträgen des EFDO davon
ausgegangen werde, daß die geförderten Filme während eines Zeitraums von fünf
Jahren an Kinos verliehen würden.
- 112.
- Der Hinweis auf das Ziel einer Schaffung von Kovertriebsnetzen durch die
Förderung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die vorher isoliert in ihrer
Heimat ihre Verleihgeschäfte betrieben hätten, gehe fehl, weil es sich nicht um ein
Ziel des MEDIA-Programms, sondern lediglich um eine Beschreibung einer
erhofften Auswirkung der Tätigkeiten des EFDO auf den Markt handele.
- 113.
- Im Hinblick auf die vor dem Gericht angeführten Gründe stellen die Klägerinnen
zunächst fest, daß das Fehlen einer angemessenen Begründung nicht dadurch
geheilt werden könne, daß der Betroffene die Gründe der Entscheidung während
des gerichtlichen Verfahrens erfahre (Urteil des Gerichtshofes vom 26. November
1981 in der Rechtssache 195/80, Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861). Ferner lege
die Kommission den Begriff „drei verschiedene Verleiher“ falsch aus. Zudem
hätten keine echten Zweifel daran bestehen können, daß die UIP zur Rückzahlung
eines Darlehens in der Lage sei, auch wenn ihre Freistellung nicht verlängert
werde. Wäre diese Sorge begründet, so hätte sie nämlich bereits bestanden, als das
EFDO entschieden habe, der deutschen Tochtergesellschaft der UIP ein Darlehen
für den Film „Fuglekrigen i Kanofleskoven“ („War of the birds“) zu gewähren,
ohne irgendeine Sicherheit zu verlangen. Der letztgenannte Grund sei daher nicht
wirklich Anlaß für Bedenken gewesen.
- 114.
- Das in Artikel 190 des Vertrages verankerte Erfordernis einer angemessenen,
klaren und schlüssigen Begründung gelte sowohl für die ermächtigte Stelle, das
EFDO, als auch für die ermächtigende Stelle, die Kommission (Urteil Meroni und
Urteil vom 4. Juli 1963 in der Rechtssache 24/62, Deutschland/Kommission, Slg.
1963, 143). Werde durch die Entscheidung von einer früheren Praxis abgewichen,
so müsse das Organ seinen Gedankengang ausdrücklich darlegen (Urteil des
Gerichtshofes vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74, Papier peints
u. a./Kommission, Slg. 1975, 1491). Die für die Ablehnung der Anträge der
Klägerinnen angeführten Gründe seien jedoch völlig unzureichend. Selbst wenn das
EFDO nach den Leitlinien berechtigt gewesen sein sollte, Anträge in bestimmten
Fällen ohne jede Begründung abzulehnen, müßten diese Leitlinien doch mit dem
Vertrag vereinbar sein.
- 115.
- Die Kommission führt aus, der dritte Klagegrund sei ebenfalls zurückzuweisen. Die
in der streitigen Entscheidung gegebene Begründung sei korrekt. Sie lasse nämlich
zweifellos die beiden Teile der Begründung erkennen, von denen sich der erste
darauf beziehe, daß der Status der UIP und ihre Fähigkeit zur Rückzahlung eines
Darlehens unsicher seien, und der zweite die allgemeine Voraussetzung einer
Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften betreffe, die vorher isoliert tätig gewesen
seien, wobei dieser Grundsatz dem Erfordernis von drei verschiedenen Verleihern
zugrunde liege.
Würdigung durch das Gericht
- 116.
- Eine fehlende oder unzureichende Begründung stellt einen Klagegrund dar, mit
dem eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend gemacht wird. Er ist
als solcher von dem Klagegrund zu unterscheiden, mit dem die Fehlerhaftigkeit der
Gründe der streitigen Entscheidung beanstandet wird und der im Gegensatz dazu
im Rahmen der Prüfung der Begründetheit dieser Entscheidung zu untersuchen ist.
- 117.
- Nach ständiger Rechtsprechung muß die Begründung die Überlegungen der
Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und
unzweideutig wiedergeben, daß es den Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung
ihrer Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme zu erfahren, und daß der
Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann. Ob die Begründung einer
Entscheidung den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages genügt, ist nach
ebenfalls ständiger Rechtsprechung nicht nur nach ihrem Wortlaut zu beurteilen,
sondern auch aufgrund ihres Zusammenhangs sowie sämtlicher Rechtsvorschriften
auf dem betreffenden Gebiet (Urteil des Gerichts vom 28. September 1995 in der
Rechtssache T-95/94, Sytraval und Brink's France/Kommission, Slg. 1995, II-2651,
Randnr. 52, und die angeführte Rechtsprechung).
- 118.
- Die streitige Entscheidung ist wie folgt begründet:
„Der Vorstand des EFDO hat die Anträge der UIP für die Filme .Maniaci
Sentimentali' und .Nostradamus' abgelehnt, weil die Kommission der
Europäischen Union noch nicht über den künftigen Status der UIP in Europa
entschieden hat. Da in den Darlehensverträgen davon ausgegangen wird, daß die
geförderten Filme während eines Zeitraums von fünf Jahren an Kinos verliehen
werden, war es nicht möglich anders zu entscheiden, ohne dem von der UIP gegen
die Kommission der Europäischen Union angestrengten Gerichtsverfahren
vorzugreifen.“
Der Vorstand des EFDO ist ferner der Auffassung, daß die UIP nicht in jeder
Hinsicht den nachstehend dargestellten Zielen des MEDIA-Programms entspricht:
„...Schaffung von Kovertriebsnetzen [durch Förderung der] Zusammenarbeit
zwischen Gesellschaften ..., die vorher isoliert in ihrer Heimat ihre Verleihgeschäfte
betrieben (Aktionsprogramm zur Förderung der audiovisuellen Industrie in Europa
.MEDIA' 19911995).“
- 119.
- Im ersten Teil der Begründung wird hinreichend klar auf das bei der Kommission
anhängige Freistellungsverfahren als Grund für die Ablehnung Bezug genommen.
Obwohl der Wortlaut wenig präzise ist, konnten die Klägerinnen über seine
Bedeutung keine Zweifel haben. Ohne jeden Zweifel war der gesamten
Filmindustrie und sicherlich den Tochtergesellschaften der UIP bekannt, daß die
UIP die Verlängerung ihrer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages
beantragt hatte. Aus der Erklärung des EFDO, es könne diesem Verfahren nicht
„vorgreifen“, mußten die Klägerinnen entnehmen, daß eine Einheit wie die UIP,
die in einem Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln Partei ist, weder
unmittelbar noch mittelbar über ihre Tochtergesellschaften ein Darlehen im
Rahmen des MEDIA-Programms erhalten kann.
- 120.
- Was den zweiten Teil der Begründung anlangt, so mußte die Feststellung, daß „die
UIP nicht in jeder Hinsicht den ... Zielen des MEDIA-Programms entspricht, die
[u. a. in der Förderung der] Zusammenarbeit zwischen Gesellschaften [bestehen],die vorher isoliert in ihrer Heimat ihre Verleihgeschäfte betrieben“, sinnvollerweise
als Bezugnahme auf die Regel aufgefaßt werden, nach der mindestens drei
verschiedene Verleiher über die Schaffung eines neuen Verleihnetzes
übereinkommen müssen, und auf den Umstand, daß das Verleihnetz der
Tochtergesellschaften der UIP ohne Beteiligung anderer Gesellschaften dieser
Voraussetzung nicht entsprach.
- 121.
- Im Hinblick darauf, daß dieses Ziel nicht ausdrücklich im Beschluß 90/685 genannt
ist, ist zunächst daran zu erinnern, daß das Ziel, neue Kontakte und die
Zusammenarbeit zwischen Verleihern in verschiedenen europäischen Ländern zu
fördern, dem Beschluß 90/685 in mehrfacher Hinsicht zugrunde liegt (vgl. Randnrn.
86 und 88). Zu dem Umstand, daß die Mitteilung der Kommission über die
Medienpolitik nicht im Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften veröffentlicht
worden ist, ist festzustellen, daß diese Mitteilung nicht vertraulich war und ohne
Schwierigkeiten bei der Kommission erlangt werden konnte. Die Klägerinnen
verfügten zweifellos über eine Kopie dieser Mitteilung, weil sie für besonnene
Marktbeteiligte dieses klar umgrenzten Sektors von besonderem Interesse war und
sie in ihrer Klageschrift selbst darauf hingewiesen haben, daß der in der streitigen
Entscheidung enthaltene Satz aus eben dieser Mitteilung stamme. Die Begründung
der streitigen Entscheidung ist also, wenn man sie im Lichte dieser offiziellen
Dokumente auslegt, noch klarer und genügt den Anforderungen des Vertrages und
der Rechtsprechung zur Begründung beschwerender Handlungen.
- 122.
- Die Begründung der streitigen Entscheidung ist daher als hinreichend anzusehen.
- 123.
- Auch der dritte Klagegrund greift demnach nicht durch.
- 124.
- Die Klage in der Rechtssache T-85/95 ist folglich insgesamt abzuweisen.
Kosten
- 125.
- Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf
Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihren
Anträgen in der Rechtssache T-85/95 unterlegen sind und die Kommission einen
entsprechenden Antrag gestellt hat, sind ihnen sämtliche im Rahmen der
Rechtssache T-85/95 angefallenen Kosten aufzuerlegen.
- 126.
- Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es gemäß Artikel
87 § 6 der Verfahrensordnung über die Kosten nach freiem Ermessen. Hier hat das
Gericht in der Rechtssache T-369/94 die Hauptsache für erledigt erklärt. Dieses
Ergebnis muß im vorliegenden Fall für die Kostenentscheidung einer
Klageabweisung gleichgestellt werden. Daher sind auch die im Rahmen der
Rechtssache T-369/94 angefallenen Kosten den Klägerinnen aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. In der Rechtssache T-369/94 ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
2. In der Rechtssache T-85/95 wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerinnen tragen sämtliche Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Februar 1998.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. Saggio