Language of document : ECLI:EU:T:2022:586

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

28. September 2022(*)

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente, die sich auf die Ermittlungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik aufgrund der missbräuchlichen Verwendung von EU-Mitteln und potenzieller Interessenkonflikte beziehen – Verweigerung des Zugangs – Ausnahmeregelung zum Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten – Teilweiser Wegfall des Rechtsschutzinteresses – Teilweise Erledigung – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑174/21,

Agrofert, a.s., mit Sitz in Prag (Tschechische Republik), vertreten durch Rechtsanwältin S. Sobolová,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch N. Görlitz, J.‑C. Puffer und O. Hrstková Šolcová als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch C. Ehrbar, M. Salyková und J. Hradil als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten G. De Baere (Berichterstatter) sowie der Richterinnen G. Steinfatt und S. Kingston,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage begehrt die Klägerin, die Agrofert, a.s., die Nichtigerklärung des Beschlusses A(2019) 8551 C (D 300153) des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2021 (im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem das Parlament ihr den Zugang zu zwei Dokumenten im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik wegen missbräuchlicher Verwendung von EU-Mitteln und potenzieller Interessenkonflikte verweigert hat.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Klägerin ist eine tschechische Holdinggesellschaft. Sie kontrolliert über 230 Unternehmen, die in verschiedenen Wirtschaftssektoren wie der Landwirtschaft, der Lebensmittelproduktion, der chemischen Industrie oder den Medien tätig sind. Sie wurde ursprünglich von Herrn Andrej Babiš gegründet, der 2017 Ministerpräsident der Tschechischen Republik wurde und dies bis Dezember 2021 blieb.

3        Mit Schreiben vom 31. Juli 2020 stellte die Klägerin beim Parlament einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43).

4        In ihrem Antrag führte die Klägerin aus, dass in der Entschließung 2019/2987(RSP) des Europäischen Parlaments vom 19. Juni 2020 zur Wiederaufnahme der Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik aufgrund der missbräuchlichen Verwendung von EU-Mitteln und potenzieller Interessenkonflikte (ABl. 2021, C 362, S. 37, im Folgenden: Entschließung) behauptet werde, dass Herr Babiš die Agrofert-Gruppe auch nach seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik weiterhin kontrolliere. Da sie diese Behauptung für unzutreffend hielt, erklärte die Klägerin, sie wolle Kenntnis von den Quellen und Informationen nehmen, die dem Parlament zur Verfügung gestanden hätten, bevor die genannte Entschließung vom Parlament angenommen worden sei, mit Ausnahme des Berichts über die Informationsreise des Haushaltskontrollausschusses (CONT) des Parlaments in die Tschechische Republik vom 26. bis 28. Februar 2020 (im Folgenden: Bericht über die Informationsreise), der die gleiche Behauptung enthielt. So beantragte sie erstens Zugang zu allen Dokumenten, die vom Haushaltskontrollausschuss des Parlaments als Belege für die Behauptung, dass der Ministerpräsident der Tschechischen Republik, Herr Babiš, die Agrofert-Gruppe noch immer kontrolliere, und für andere im Bericht über die Informationsreise enthaltene Behauptungen in Bezug auf die Klägerin oder die Agrofert-Gruppe gesammelt oder verwendet worden waren. Zweitens beantragte sie Zugang zu allen Dokumenten, die bei der Vorbereitung des Entschließungsantrags des Parlaments vom 15. Juni 2020 zur Wiederaufnahme der Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik wegen missbräuchlicher Verwendung von EU-Mitteln und potenzieller Interessenkonflikte verwendet worden waren, und drittens Zugang zu allen Dokumenten, die den Mitgliedern des Parlaments oder den Fraktionen des Parlaments zur Verfügung gestellt oder von ihnen im Zusammenhang mit der Entschließung oder dem Entschließungsantrag angefordert worden waren.

5        Mit Beschluss vom 14. September 2020 antwortete das Parlament auf den Antrag der Klägerin. Zum einen identifizierte es eine bestimmte Anzahl von Dokumenten als antragsgegenständlich und teilte der Klägerin mit, dass ein Teil dieser Dokumente öffentlich zugänglich sei. Zum anderen verweigerte das Parlament auf Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich und Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang zu zwei Dokumenten (im Folgenden: angeforderte Dokumente), nämlich erstens zu dem Schreiben Herrn Oettingers, eines Mitglieds der Europäischen Kommission, vom 29. November 2018 mit dem Aktenzeichen ARES (2018) 6120850 an den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik (im Folgenden: Schreiben der Kommission) und zweitens zu dem abschließenden Prüfbericht der Kommission vom 29. November 2019 mit dem Aktenzeichen ARES (2019) 7370050 über eine Prüfung der Funktionsweise der in der Tschechischen Republik vorhandenen Verwaltungs- und Kontrollsysteme zur Vermeidung von Interessenkonflikten gemäß der Art. 72 bis 75 und 125 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 320) (im Folgenden: abschließender Prüfbericht).

6        Mit Schreiben vom 9. Oktober 2020, das vom Parlament am 28. Oktober 2020 registriert wurde, stellte die Klägerin einen Zweitantrag, der darauf abzielte, dass das Parlament seinen Standpunkt revidiere. Nach Ansicht der Klägerin stand die Behandlung ihres Erstantrags nicht im Einklang mit der Verordnung Nr. 1049/2001. Sie vertrat die Auffassung, erstens sei die Liste der vom Parlament ermittelten Dokumente unvollständig und zweitens die Verweigerung des Zugangs zu den beantragten Dokumenten nicht gerechtfertigt gewesen.

7        In dem angefochtenen Beschluss wies das Parlament zunächst darauf hin, dass es sich bei den in seinem Beschluss vom 14. September 2020 ermittelten Dokumenten um alle in seinem Besitz befindlichen Dokumente handele, die dem Antrag der Klägerin entsprächen. Auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, der den Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten betrifft, bestätigte das Parlament sodann seine Verweigerung des Zugangs zu den angeforderten Dokumenten.

8        Das Parlament erinnerte daran, dass es die Kommission, da diese die Urheberin der angeforderten Dokumente sei, gemäß Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 konsultiert habe, um deren Meinung zu einer möglichen Verbreitung dieser Dokumente in Erfahrung zu bringen. Die Kommission habe das Parlament davon in Kenntnis gesetzt, dass durch die Verbreitung der angeforderten Dokumente laufende Untersuchungen und Prüfungen zu den in der Entschließung angesprochenen Themen beeinträchtigt würden und die Integrität ihrer Ergebnisse gefährdet würde.

9        Das Parlament war der Ansicht, dass die angeforderten Dokumente von der Kommission im Rahmen einer laufenden Untersuchung erstellt worden seien, die einen möglichen Verstoß der Tschechischen Republik gegen Vorschriften der Europäischen Union zur Vermeidung von Interessenkonflikten betreffe, und dass ihre Verbreitung das Ziel dieser Untersuchung beeinträchtigen würde.

10      Zum einen hat das Parlament darauf hingewiesen, dass das Ziel der Untersuchungen der Kommission zu potenziellen Verstößen gegen das Unionsrecht darin besteht, dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zu geben, seinen Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nachzukommen und von seinen Verteidigungsrechten gegenüber den Einwänden der Kommission Gebrauch zu machen. Das Parlament vertrat die Ansicht, der betroffene Mitgliedstaat dürfe von der Kommission die Wahrung der Vertraulichkeit erwarten, da es andernfalls noch schwieriger werden könnte, einen Dialog zwischen der Kommission und diesem Mitgliedstaat aufzunehmen, der darauf abziele, den behaupteten Verstoß abzustellen, um die Einhaltung des Unionsrechts zu ermöglichen und Gerichtsverfahren zu vermeiden. Die Vertraulichkeit rechtfertige es, den Zugang zu Dokumenten im Zusammenhang mit Untersuchungen der Kommission zu verweigern, die möglicherweise zu einem Verfahren wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht führen könnten.

11      Zum anderen trug das Parlament vor, dass die Ermittler und die an der Untersuchung Beteiligten, wie in der Entschließung erwähnt, anscheinend einem durch Bedrohungen gekennzeichneten Umfeld ausgesetzt seien. Eine vorzeitige Veröffentlichung der angeforderten Dokumente würde sich daher, so das Parlament, negativ auf die Zusammenarbeit zwischen den Ermittlern und den Beteiligten auswirken; Letztere wären zusätzlichem Druck von dritter Seite aus ausgesetzt, und durch eine vorzeitige Veröffentlichung liefe die Kommission Gefahr, ihre Untersuchung nicht so effizient wie möglich durchführen zu können. Darüber hinaus würde auch die Qualität der Informationen beeinträchtigt werden, die von den Ermittlern gesammelt werden könnten.

12      Aus diesen Gründen war das Parlament der Ansicht, dass ein öffentlicher Zugang zu den angeforderten Dokumenten den Zweck der Untersuchung der Kommission beeinträchtigen würde.

13      Schließlich stellte das Parlament fest, bei den Verteidigungsrechten der Klägerin, auf die sich diese in ihrem Zweitantrag berufen habe, handele es sich um ein privates Interesse und um kein überwiegendes öffentliches Interesse. Es sei, so das Parlament, nicht nachgewiesen, dass vorliegend ein öffentliches Interesse an der Zugänglichkeit der angeforderten Dokumente das Interesse, den Zweck der Untersuchung der Kommission zu schützen, überwiegen würde.

 Zu den nach Erhebung der vorliegenden Klage eingetretenen Tatsachen

14      Am 23. April 2021 veröffentlichte die Kommission auf ihrer Website den abschließenden Prüfbericht in einer Fassung, in der die Angaben über die interne Funktionsweise der Treuhandfonds AB Private Trust I und AB Private Trust II sowie die personenbezogenen Daten der betroffenen Einzelpersonen entfernt worden waren.

15      Auf ihrer Website führt die Kommission aus:

„Seit Ausfertigung des abschließenden Prüfberichts wurden Fortschritte bei der Klärung einiger Feststellungen der Prüfung …, der korrekten Umsetzung von Empfehlungen der Prüfung … oder der teilweisen Beantwortung anderer Empfehlungen gemacht. Die tschechischen Behörden haben auch einige Verbesserungen am Verwaltungs- und Kontrollsystem vorgenommen, um potenzielle Interessenkonflikte von öffentlichen Bediensteten zu verringern.

Angesichts der Vorsichtsmaßnahmen, die auf Ersuchen der Kommission von den für das Programm zuständigen Behörden getroffen wurden, wurde für die von den Prüfungsergebnissen betroffenen Vorgänge keine Ausgabe gemeldet; die Unionsmittel sind weiterhin gegen die im Zuge der Prüfung festgestellten Risiken geschützt.

‚Disclaimer‘: Grundsätzlich veröffentlicht die Kommission ihre Prüfberichte und prüfungsrelevante Informationen nicht. Etwas anderes gilt in Ausnahmefällen, etwa wenn ein erhebliches öffentliches Interesse an der Transparenz der Informationen besteht. Der vorliegende abschließende Prüfbericht wird unter Berücksichtigung der Anforderungen, die für den Schutz bestimmter Informationen wie personenbezogener Daten oder von Geschäftsgeheimnissen gelten, gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 veröffentlicht.“

 Anträge der Parteien

16      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

17      Das Parlament, unterstützt von der Kommission, beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

18      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie im Wesentlichen einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 rügt. Mit dem ersten Klagegrund wird geltend gemacht, das Parlament habe nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für die Verweigerung des Zugangs zu den angeforderten Dokumenten erfüllt gewesen seien. Der zweite Klagegrund stützt sich darauf, das Parlament habe nicht berücksichtigt, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der angeforderten Dokumente bestanden habe.

 Zum Antrag, mehrere Dokumente, die als Anlage zur Klageschrift vorgelegt wurden, aus der Akte zu entfernen

19      Die Kommission beantragt, die Dokumente, die in den Anlagen A.10 bis A.12 der Klageschrift enthalten sind, aus der Akte zu entfernen. Es handelt sich dabei um den Entwurf des Prüfberichts vom 20. Mai 2019, um den abschließenden Prüfbericht und um das Folgeschreiben zur Prüfung vom 22. Oktober 2020 (im Folgenden: Folgeschreiben), zu denen die Kommission angibt, die Verbreitung in ihrer vollständigen Fassung nicht gestattet zu haben.

20      Die Kommission führt aus, dass die Tochtergesellschaften der Klägerin für die Zwecke des nationalen Verwaltungsverfahrens über die Gewährung von Subventionen Zugang zu einem Teil des Folgeschreibens gehabt hätten. Sie habe auf Anregung des Městský soud v Praze (Stadtgericht Prag, Tschechische Republik) am 4. Februar 2021 zugestimmt, dass eines der Unternehmen der Agrofert-Gruppe Zugang zum Entwurf des Prüfberichts und zum abschließenden Prüfbericht erhalte, allerdings nur für die Zwecke des nationalen Gerichtsverfahrens. Am 23. April 2021 habe sie den abschließenden Prüfbericht in einer Fassung veröffentlicht, in der die Angaben über die interne Funktionsweise der Treuhandfonds AB Private Trust I und AB Private Trust II sowie die personenbezogenen Daten der betroffenen Einzelpersonen entfernt worden seien.

21      Die Kommission vertritt daher die Ansicht, das Belassen dieser drei Dokumente in der Akte würde es der Klägerin im vorliegenden Fall erlauben, zum einen die Verpflichtung zur Vertraulichkeit, die sie bei Übermittlung dieser Dokumente im Rahmen der loyalen Zusammenarbeit ausgesprochen habe, und zum anderen das in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Verfahren für den Antrag auf Zugang zu Dokumenten zu umgehen.

22      Die Klägerin macht geltend, die in den Anlagen A.10 bis A.12 der Klageschrift aufgeführten Dokumente seien diejenigen, die in den tschechischen Medien veröffentlicht worden und noch im Internet abrufbar seien. Es handele sich somit nicht um Dokumente, die die Kommission unter der Bedingung der Vertraulichkeit der Klägerin oder einer ihrer Tochtergesellschaften übermittelt habe. Letztere hätten außerdem im Rahmen ihrer beim Gericht unter den Rechtssachennummern T‑101/21 und T‑213/21 eingetragenen Klagen auch den abschließenden Prüfbericht, wie er in der Presse veröffentlicht worden sei, vorgelegt.

23      Im Unionsrecht gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, aus dem folgt, dass die Zulässigkeit eines rechtzeitig vorgelegten Beweismittels vor den Unionsgerichten nur mit der Begründung in Frage gestellt werden kann, dass es unrechtmäßig erlangt worden sei (vgl. Urteil vom 30. September 2021, Rechnungshof/Pinxten, C‑130/19, EU:C:2021:782, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Es ist darauf hinzuweisen, dass weder die etwaige Vertraulichkeit der betreffenden Dokumente noch der Umstand, dass sie möglicherweise nicht auf rechtmäßige Weise erlangt wurden, ein Hinderungsgrund dafür ist, sie in den Akten zu belassen. Denn keine Rechtsvorschrift verbietet ausdrücklich, unrechtmäßig erlangte Beweise zu verwerten (vgl. Urteil vom 8. November 2018, QB/EZB, T‑827/16, EU:T:2018:756, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kommission die Verbreitung der vollständigen Fassungen der Dokumente, die in den Anlagen A.10 bis A.12 der Klageschrift enthalten sind, nicht gestattet hat.

26      Insofern es sich bei den Fassungen dieser Dokumente um diejenigen handelt, die von der tschechischen Presse im Internet veröffentlicht wurden, ist es erstens nicht erwiesen, dass die Klägerin sich diese Dokumente illegal verschafft hat. Die Kommission kann sich daher nicht darauf berufen, dass die Klägerin sie unter Verletzung der Vertraulichkeitsverpflichtung vorlege, die sich daraus ergebe, dass die Dokumente ihr im Rahmen eines nationalen Gerichtsverfahrens übermittelt worden seien.

27      Hierzu ist festzustellen, dass die Vertraulichkeit dieser Dokumente jedenfalls durch die Veröffentlichung im Internet beeinträchtigt wurde, so dass ihre Aufnahme in die Akte des vorliegenden Verfahrens ihrem vertraulichen Charakter nicht weiter Abbruch tut (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2015, Dalli/Kommission, T‑562/12, EU:T:2015:270, Rn. 50).

28      Bei ihrem Vorbringen, das Belassen dieser Dokumente in der Akte des vorliegenden Verfahrens stelle eine Umgehung des in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Verfahrens für einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten dar, beschränkt sich die Kommission zweitens auf die Anführung des Beschlusses vom 14. Mai 2019, Ungarn/Parlament (C‑650/18, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:438, Rn. 14), des Urteils vom 31. Januar 2020, Slowenien/Kroatien (C‑457/18, EU:C:2020:65, Rn. 68), sowie des Beschlusses vom 17. Dezember 2020, Wagenknecht/Kommission (T‑350/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:635, Rn. 19).

29      In der von der Kommission angeführten Rechtsprechung haben der Gerichtshof und das Gericht allerdings die Auffassung vertreten, dass ein Kläger dadurch, dass er sich im Rahmen einer Klage auf ein Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes eines Unionsorgans beruft, das eine rechtliche Beurteilung der im Hinblick auf den Gegenstand der Klage relevanten Rechtsfragen enthält, und dieses Gutachten vorlegt, das Organ im Verfahren mit dem Gutachten zu konfrontieren beabsichtigt. Würde es, so der Gerichtshof und das Gericht, dem Kläger gestattet, dieses Rechtsgutachten in den Akten der Rechtssache zu belassen, obwohl seine Verbreitung von dem betreffenden Organ nicht genehmigt wurde, dann würde es dem Kläger damit erlaubt, das mit der Verordnung Nr. 1049/2001 eingeführte Verfahren zu umgehen, wonach der Zugang zu einem solchen Dokument beantragt werden muss.

30      Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die oben in Rn. 28 angeführten Entscheidungen die Vorlage eines Gutachtens des Juristischen Dienstes eines Unionsorgans, d. h. eines zum internen Gebrauch bestimmten Dokuments, im Rahmen eines Gerichtsverfahrens betrafen. Zum anderen beruhte in diesen Entscheidungen die Rechtfertigung für die Weigerung, das Dokument zu den Akten zu nehmen, auf der Tatsache, dass das betreffende Organ im Rahmen einer Klage öffentlich zum Inhalt dieses Dokuments Stellung nehmen müsste, was das Interesse der Organe an der Einholung von Rechtsrat und an unverblümten, objektiven und vollständigen Stellungnahmen beeinträchtigen könnte.

31      Es ist festzustellen, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist.

32      Denn es handelt sich im vorliegenden Fall bei den in den Anlagen A.10 bis A.12 der Klageschrift vorgelegten Dokumenten nicht um interne Dokumente des Parlaments oder der Kommission. Da außerdem der Gegenstand der vorliegenden Klage die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Parlaments betrifft, mit dem der Zugang zu bestimmten Dokumenten verweigert wurde, geht es im vorliegenden Fall nicht darum, das Parlament oder die Kommission aufzufordern, zum Inhalt der in den Anlagen A.10 bis A.12 der Klageschrift vorgelegten Dokumente Stellung zu nehmen, d. h. zu der von der Kommission durchgeführten Prüfung oder zum Bestehen von Interessenkonflikten in der Tschechischen Republik.

33      Folglich ist dem Antrag der Kommission, die von der Klägerin als Anlagen A.10 bis A.12 der Klageschrift vorgelegten Dokumente aus der Akte zu entfernen, nicht stattzugeben.

 Zum teilweisen Verlust des Rechtsschutzinteresses der Klägerin

34      Die Klägerin macht geltend, dass ihr auch nach der teilweisen Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts ein Rechtsschutzinteresse verbleibe, da dieser Umstand keinen Einfluss auf die Frage habe, ob das Parlament den angefochtenen Beschluss in Übereinstimmung mit der anwendbaren Regelung erlassen habe. Gemäß der Rechtsprechung könne nicht davon ausgegangen werden, dass das betreffende Organ seiner Verpflichtung, Zugang zu einem Dokument zu gewähren, schon allein deshalb nachgekommen sei, weil dieses Dokument von einem Dritten verbreitet worden sei. Die Klägerin weist außerdem darauf hin, dass die Kommission nur einen Teil des abschließenden Prüfberichts und nicht dessen vollständige Fassung veröffentlicht habe.

35      Das Parlament stellt fest, nach Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts durch die Kommission stelle sich die Frage, ob die Klägerin noch insoweit ein Rechtsschutzinteresse habe, als sich ihr Antrag auf Nichtigerklärung auf die Verweigerung des Zugangs zu diesem Bericht beziehe. Das Parlament erklärt, diese Frage der Entscheidung des Gerichts anheimzustellen. Es fügt hinzu, die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung sei nicht relevant, da im vorliegenden Fall der abschließende Prüfbericht von seinem Urheber, der Kommission, veröffentlicht worden sei.

36      Die Kommission macht geltend, die teilweise Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts entspreche den Zielen der Verordnung Nr. 1049/2001 und führe dazu, dass der Gegenstand des ersten Klagegrundes in Bezug auf diesen Bericht entfalle.

37      Es wird in der Sache nicht bestritten, dass die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse hatte, als sie am 31. März 2021 die vorliegende Klage einreichte.

38      Jedoch veröffentlichte die Kommission am 23. April 2021 nach Erhebung der vorliegenden Klage auf ihrer Website den abschließenden Prüfbericht in einer Fassung, in der die Angaben über die interne Funktionsweise der Treuhandfonds AB Private Trust I und AB Private Trust II sowie die personenbezogenen Daten der betroffenen Einzelpersonen entfernt worden waren.

39      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss das Rechtsschutzinteresse eines Klägers im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein, andernfalls ist die Klage unzulässig. Das Rechtsschutzinteresse wie auch der Streitgegenstand müssen bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen – andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt –, was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteile vom 30. April 2020, Izba Gospodarcza Producentów i Operatorów Urządzeń Rozrywkowych/Kommission, C‑560/18 P, EU:C:2020:330, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Es ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss, obwohl der abschließende Prüfbericht von der Kommission in einer bereinigten Fassung veröffentlicht wurde, vom Parlament nicht ausdrücklich zurückgenommen worden ist und daher der Gegenstand des Rechtsstreits entgegen der Ansicht der Kommission nicht weggefallen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund dieser Veröffentlichung ihr Interesse daran verloren hat, die Nichtigerklärung der auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gestützten Verweigerung des Zugangs zu diesem Dokument durch das Parlament zu beantragen.

42      Die Kommission hat nämlich durch die Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts im Internet dieses Dokument der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

43      Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Verordnung Nr. 1049/2001 gemäß ihrem ersten Erwägungsgrund dem Willen zur Verwirklichung einer Union folgt, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden. Wie im zweiten Erwägungsgrund dieser Verordnung ausgeführt, knüpft das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten der Organe an deren demokratischen Charakter an (vgl. Urteil vom 22. März 2018, De Capitani/Parlament, T‑540/15, EU:T:2018:167, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Verordnung Nr. 1049/2001 soll jedermann ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe eröffnen und nicht Regeln zum Schutz des besonderen Interesses festlegen, das eine Person am Zugang zu einem dieser Dokumente haben könnte (Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 43).

44      Wie vom Gerichtshof festgestellt, ergibt sich dies insbesondere aus Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 sowie aus ihrem Titel und ihren Erwägungsgründen 4 und 11. Art. 2 Abs. 1 garantiert das Recht auf Zugang nämlich unterschiedslos jedem Unionsbürger sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat, wobei Art. 6 Abs. 1 insoweit klarstellt, dass der Antragsteller nicht verpflichtet ist, Gründe für seinen Antrag anzugeben. Nach Art. 12 Abs. 1 dieser Verordnung machen die Organe, soweit möglich, die Dokumente „direkt“ in elektronischer Form oder über ein Register öffentlich zugänglich. Der Titel der Verordnung Nr. 1049/2001 sowie ihre Erwägungsgründe 4 und 11 unterstreichen ebenfalls, dass mit der Verordnung die Dokumente der Organe der „Öffentlichkeit“ zugänglich gemacht werden sollen (Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 44).

45      Zu berücksichtigen ist weiter, dass nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 „[j]eder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat“ das Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe hat. Daraus folgt, dass diese Verordnung den Zugang aller zu den Dokumenten gewährleisten soll und nicht nur den Zugang des jeweiligen Antragstellers zu den ihn betreffenden Dokumenten (Urteile vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 136, und vom 12. Mai 2015, Technion und Technion Research & Development Foundation/Kommission, T‑480/11, EU:T:2015:272, Rn. 74).

46      Daraus ergibt sich, dass nach der Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts die Verweigerung des Zugangs des Parlaments zu diesem Dokument auf Grundlage von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 insofern keine Wirkung mehr zeitigt, als der Urheber des Dokuments, die Kommission, beschlossen hat, dieses der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

47      Es ist festzustellen, dass im Fall der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, insoweit das Parlament den Zugang zum abschließenden Prüfbericht verweigert hat, das Parlament mit einem neuen Beschluss, der über den Antrag der Klägerin auf Zugang befindet, nur feststellen könnte, dass dieses Dokument aufgrund seiner Veröffentlichung durch die Kommission zu einem öffentlichen geworden ist. Die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit mit ihm der Klägerin den Zugang zum abschließenden Prüfbericht verweigert wurde, zöge mithin keine zusätzlichen Folgen in Bezug auf die Verbreitung dieses Dokuments nach sich und könnte der Klägerin keinen Vorteil verschaffen.

48      Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf das Argument der Klägerin, die Kommission habe nicht die vollständige Fassung des abschließenden Prüfberichts veröffentlicht.

49      Denn ein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 gestellter Antrag auf Zugang zu einem Dokument hat zur Folge, dass dieses Dokument der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, und kann somit nur darauf hinauslaufen, dass die öffentliche Fassung dieses Dokuments verbreitet wird.

50      Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission bei der Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts auf ihrer Website darauf hingewiesen hat, dass „dieser abschließende Prüfbericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an den Schutz bestimmter Informationen wie personenbezogener Daten oder Geschäftsgeheimnisse gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 veröffentlicht wird“.

51      Daraus ergibt sich, dass die Entscheidung der Kommission, bestimmte im abschließenden Prüfbericht enthaltene Daten nicht der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, nicht auf die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten gestützt wird.

52      Daher kann die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, insoweit das Parlament den Zugang zum abschließenden Prüfbericht auf Grundlage von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigert hat, nicht dazu führen, dass diese Daten öffentlich zugänglich gemacht würden. Da das Parlament nicht Urheber des abschließenden Prüfberichts ist, konnte es keine weiter gehende Verbreitung vornehmen als die von der Kommission gewährte, die das Dokument verfasst hat.

53      Somit hat die Klägerin durch die Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts den einzigen Vorteil erlangt, den ihre Klage, soweit sie sich gegen die Verweigerung des Zugangs zu diesem Dokument auf Grundlage von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 richtet, ihr hätte verschaffen können.

54      Um das Fortbestehen ihres Interesses an der Nichtigerklärung der Verweigerung des Zugangs zum abschließenden Prüfbericht nachzuweisen, kann sich die Klägerin außerdem nicht mit Erfolg auf Rn. 45 des Urteils vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament (C‑761/18 P, EU:C:2021:52), berufen, wonach „nicht davon ausgegangen werden [kann], dass das betreffende Organ seiner Verpflichtung, Zugang zu einem Dokument zu gewähren, allein dadurch nachgekommen ist, dass dieses Dokument durch einen Dritten verbreitet wurde und der Antragsteller Einblick darin genommen hat“.

55      Diese Rechtsprechung ist nämlich vorliegend insofern nicht einschlägig, als sich die Verbreitung des abschließenden Prüfberichts aus seiner Veröffentlichung im Internet durch die Kommission ergibt, also durch das Organ, das ihn verfasst hat.

56      Dass die Klägerin sich dafür entschieden hat, den Zugang zum abschließenden Prüfbericht beim Parlament und nicht bei dem Organ, das ihn verfasst hat, zu beantragen, kann nicht zu der Annahme führen, die Veröffentlichung dieses Dokuments durch die Kommission stelle eine Verbreitung durch einen „Dritten“ dar.

57      In Rn. 46 des Urteils vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament (C‑761/18 P, EU:C:2021:52), auf das sich die Klägerin beruft, hat der Gerichtshof festgestellt, dass im Gegensatz zu dem Fall, dass das betreffende Organ selbst ein Dokument verbreitet hat und es dem Antragsteller damit ermöglicht, Einblick darin zu nehmen und es rechtmäßig zu verwenden, wobei er auf die Vollständigkeit und die Unverfälschtheit des Dokuments vertrauen kann, ein durch einen Dritten verbreitetes Dokument nicht als offizielles Dokument oder als Ausdruck der offiziellen Position eines Organs angesehen werden kann, wenn dieses nicht eindeutig bestätigt, dass das Dokument tatsächlich von ihm stammt und seine offizielle Position zum Ausdruck bringt.

58      Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass in einem Fall, in dem die Rechtsmittelführerin lediglich Zugang zu dem durch einen Dritten verbreiteten streitigen Dokument erhalten hat und das Parlament ihr den Zugang zu dem angeforderten Dokument weiterhin verweigert, weder davon ausgegangen werden kann, dass sie Zugang zu letzterem Dokument im Sinne der Verordnung Nr. 1049/2001 erhalten hat, noch dass ihr Interesse an der Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses folglich allein aufgrund dieser Verbreitung erloschen ist. In einem solchen Fall blieb vielmehr ein tatsächliches Interesse der Rechtsmittelführerin daran bestehen, Zugang zu einer Fassung des angeforderten Dokuments im Sinne von Art. 10 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung zu erhalten, deren Echtheit feststeht, wodurch sichergestellt wird, dass dieses Organ Urheber des Dokuments ist und dass dieses Dokument die offizielle Position des Organs zum Ausdruck bringt (Urteil vom 21. Januar 2021, Leino-Sandberg/Parlament, C‑761/18 P, EU:C:2021:52, Rn. 48).

59      So verhält es sich im vorliegenden Fall aber nicht. Die Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts durch die Kommission, die ihn verfasst hat, stellt sicher, dass die Klägerin Zugang zu einer Fassung des Dokuments hatte, dessen Echtheit feststeht.

60      Daraus folgt, dass für die Klägerin in Bezug auf den Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit das Parlament den Zugang zum abschließenden Prüfbericht verweigert hat, kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht und sich dieser Antrag daher erledigt hat.

61      Die vorliegende Klage ist somit als Antrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses aufzufassen, insoweit das Parlament der Klägerin den Zugang zu dem Schreiben der Kommission verweigert hat.

 Zum ersten Klagegrund, wonach unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 das Parlament nicht nachgewiesen habe, dass die Voraussetzungen für die Verweigerung des Zugangs zum Schreiben der Kommission erfüllt gewesen seien

62      Die Klägerin macht geltend, das Parlament könne seine Verweigerung des Zugangs zu dem Schreiben der Kommission nicht auf Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 stützen und sich dabei darauf berufen, dass dessen Verbreitung das Ziel der laufenden Untersuchung beeinträchtigen würde, da erstens das Ziel der Untersuchung bereits erreicht gewesen sei und zweitens das Parlament jedenfalls nicht nachgewiesen habe, dass die Verbreitung des Schreibens diese Untersuchung beeinträchtigen könnte.

63      Nach dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ermöglicht Transparenz, den Unionsorganen eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung gegenüber den Unionsbürgern in einem demokratischen System zu verleihen. Zu diesem Zweck sieht ihr Art. 1 vor, dass diese Verordnung der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Unionsorgane gewähren soll. Außerdem ergibt sich aus Art. 4 der Verordnung, der insoweit Ausnahmeregelungen vorsieht, dass das betreffende Zugangsrecht jedoch bestimmten Schranken aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses unterliegt (vgl. Urteile vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 50 bis 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 28. Mai 2020, Campbell/Kommission, T‑701/18, EU:T:2020:224, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, sind diese Ausnahmen eng auszulegen und anzuwenden (vgl. Urteile vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 28. Mai 2020, Campbell/Kommission, T‑701/18, EU:T:2020:224, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Zu den Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten zählt die Ausnahme aus Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, aufgrund derer die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung der Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten beeinträchtigt würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

66      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass für die Würdigung, ob eine der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen vorliegt, auf den Sachverhalt abgestellt werden muss, der zu dem Zeitpunkt gegeben war, zu dem der Beschluss erlassen wurde, der auf Grundlage dieser Ausnahme die Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten ausgesprochen hat. Nach stetiger Rechtsprechung ist die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union nämlich anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen (vgl. Urteile vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission, C‑562/14 P, EU:C:2017:356, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 6. Februar 2020, Compañía de Tranvías de la Coruña/Kommission, T‑485/18, EU:T:2020:35, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67      Im vorliegenden Fall ist das Datum des 15. Januar 2021, an dem der angefochtene Beschluss erlassen worden ist, allein relevant für die Frage, ob die auf Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gestützte Ausnahme einschlägig war. Daher ist die Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts auf der Website der Kommission, da sie am 23. April 2021 erfolgte, nachdem der angefochtene Beschluss erlassen worden war, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses ohne Belang.

68      Daher ist das in der Erwiderung vorgebrachte Argument der Klägerin als ins Leere gehend zurückzuweisen, wonach die Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts durch die Kommission deswegen die Begründetheit ihrer Klage bestätige, weil die Kommission durch die Veröffentlichung des abschließenden Prüfberichts eingeräumt habe, dass es nicht mehr möglich sei, den Zweck ihrer Untersuchungs- und Audittätigkeit zu beeinträchtigen.

 Zum ersten Teil, wonach die Untersuchung bereits ihren Zweck erfüllt habe

69      Die Klägerin macht geltend, das Parlament habe ihr den Zugang zum Schreiben der Kommission nicht mit der Begründung verweigern dürfen, dass die Verbreitung des Schreibens die Ziele der laufenden Untersuchung beeinträchtigen könnte. Denn die Untersuchung habe ihr Ziel bereits erreicht gehabt.

70      Sie ist der Ansicht, es handele sich bei der vom Parlament erwähnten Untersuchung um eine Prüfung, die von der Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung und der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration der Kommission eingeleitet worden sei und deren Ziel es sei, zu überprüfen, ob die in der Tschechischen Republik eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme mit dem rechtlichen Rahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten in Einklang stünden.

71      Die Klägerin macht geltend, zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission das Folgeschreiben angenommen habe, sei das Untersuchungsverfahren abgeschlossen gewesen, die Erreichung der Ziele der Prüfung habe nicht mehr beeinträchtigt werden können und die Ausnahme sei nicht mehr einschlägig gewesen. Laut diesem Folgeschreiben hätten die Schlussfolgerungen der Prüfung festgestanden, einige Empfehlungen der Prüfung seien umgesetzt gewesen und andere hätten noch ausgestanden. Die Kommission habe sich zu diesem Zeitpunkt gemäß Art. 75 Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 1303/2013 davon überzeugt gehabt, wie die von der Tschechischen Republik eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme funktionierten. Sie habe auch die tschechischen Behörden aufgefordert, die von ihr als notwendig erachteten Maßnahmen zu ergreifen.

72      Die Prüfung habe somit ihren Zweck erfüllt, da der Kommission die Möglichkeit gegeben worden sei, ihre Schlussfolgerungen vorzulegen und ihre Empfehlungen zu formulieren. Sie habe in einem Schreiben an die Klägerin vom 22. Oktober 2020 erklärt, dass „in diesem Stadium des Verfahrens es nach der Annahme des abschließenden Prüfberichts den betreffenden für das [Zuschuss‑]Programm zuständigen Behörden [obliege], die Empfehlungen umzusetzen“. Nach Ansicht der Klägerin kann die Umsetzung der Empfehlungen, die im Rahmen der Prüfung ausgesprochen wurden, jedoch nicht als eine „laufende Untersuchung“ angesehen werden. Eine enge Auslegung der in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme erlaube es nicht, darunter auch eine einfache Kontrolle der Umsetzung bereits angenommener Empfehlungen zu subsumieren.

73      Es ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme, die wie jede Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Dokumenten eng auszulegen und anzuwenden ist, nicht dem Schutz der Untersuchungstätigkeiten als solchen, sondern dem Schutz des Zwecks dieser Tätigkeiten dient (vgl. Urteil vom 5. April 2017, Frankreich/Kommission, T‑344/15, EU:T:2017:250, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Vorschrift ist daher nur dann anwendbar, wenn bei Verbreitung der betreffenden Dokumente die Gefahr bestünde, dass die Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten nicht abgeschlossen werden können (Urteile vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 109, und vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 43).

74      Zwar können die verschiedenen Untersuchungs‑ oder Inspektionshandlungen auch weiter unter die Ausnahme zum Schutz von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten fallen, solange die Untersuchungs‑ oder Inspektionstätigkeiten noch im Gange sind, selbst wenn die konkrete Untersuchung oder Inspektion, die Grundlage des Berichts ist, zu dem Zugang begehrt wird, beendet ist (vgl. Urteile vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Nähme man jedoch an, dass die verschiedenen mit Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten im Zusammenhang stehenden Dokumente so lange unter die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahmen fallen, wie die in diesen Verfahren zu ergreifenden Folgemaßnahmen nicht bestimmt wurden, so würde man den Zugang zu diesen Dokumenten je nach Schnelligkeit und Sorgfalt der befassten Verwaltungsstellen von einem zufälligen, künftigen und vielleicht in der Ferne liegenden Ereignis abhängig machen. Ein solches Ergebnis stünde im Widerspruch zu dem Ziel, den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten über eventuelle Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung der finanziellen Interessen zu gewährleisten, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, die Ausübung öffentlicher Gewalt wirksamer auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu kontrollieren (vgl. Urteile vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 111 und 112 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Daher ist zu prüfen, ob zu dem Zeitpunkt, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen wurde, noch Inspektions‑ und Untersuchungstätigkeiten im Gange waren, die durch die Verbreitung des Schreibens der Kommission hätten gefährdet werden können, und ob diese Tätigkeiten in einer angemessenen Frist fortgeführt wurden (Urteil vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 113, vgl. auch Urteil vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Daraus ergibt sich, dass die Ausnahme vom Zugangsrecht gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 auf einen Prüfbericht für anwendbar erklärt werden kann, dessen Verbreitung die Inspektions- oder Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigen würde, die auf der Grundlage seines Inhalts binnen einer angemessenen Frist fortgeführt werden (Urteil vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 47).

78      Das Parlament hat in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass, „solange die Untersuchung fortgesetzt wird, verschiedene Untersuchungshandlungen wie eine bestimmte Prüfung, anlässlich deren ein Prüfbericht erstellt wurde, weiterhin unter diese Ausnahme fallen können“. Das Parlament vertrat die Ansicht, dass „die fraglichen Dokumente von der Kommission im Rahmen einer laufenden Untersuchung über einen möglichen Verstoß der Tschechischen Republik gegen das EU-Recht zur Vermeidung von Interessenkonflikten erstellt wurden“ und dass „die öffentliche Verbreitung dieser Dokumente das Ziel dieser Untersuchung gefährden würde“.

79      Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Prüfung der Funktionsweise der in der Tschechischen Republik zur Vermeidung von Interessenkonflikten eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme u. a. auf der Grundlage von Art. 75 der Verordnung Nr. 1303/2013 durchgeführt.

80      In diesem Zusammenhang sieht Art. 75 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1303/2013 vor, dass sich die Kommission auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen, einschließlich Prüfungen durch Stellen der Union, vergewissert, dass die Mitgliedstaaten Verwaltungs- und Kontrollsysteme eingerichtet haben, die dieser Verordnung und den spezifischen Vorschriften für die einzelnen Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (im Folgenden: ESI‑Fonds) entsprechen, und dass diese Systeme während der Programmdurchführung wirksam funktionieren. Nach Art. 75 Abs. 2 dieser Verordnung können Bedienstete der Kommission oder deren bevollmächtigte Vertreter Prüfungen durchführen, die insbesondere Überprüfungen des wirksamen Funktionierens der Verwaltungs- und Kontrollsysteme in einem Programm oder einem Programmteil, in Vorhaben und eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Vorhaben oder Programme umfassen. Gemäß Art. 75 Abs. 3 derselben Verordnung kann die Kommission einen Mitgliedstaat dazu auffordern, Maßnahmen zu ergreifen, um das wirksame Funktionieren seines Verwaltungs- und Kontrollsystems sicherzustellen oder um die Richtigkeit der Ausgaben im Einklang mit den spezifischen Regelungen der ESI‑Fonds zu gewährleisten.

81      Darüber hinaus sieht Art. 144 der Verordnung Nr. 1303/2013, in dem die Kriterien für finanzielle Berichtigungen festgelegt sind, vor, dass die Kommission finanzielle Berichtigungen vornehmen kann, indem sie den Unionsbeitrag zu einem operationellen Programm ganz oder teilweise streicht, wenn sie nach der notwendigen Untersuchung u. a. zu dem Schluss gelangt, dass ein gravierender Mangel bei der wirksamen Funktionsweise des Verwaltungs- und Kontrollsystems für das operationelle Programm vorliegt, der ein Risiko für den bereits für das Programm gezahlten Unionsbeitrag darstellt. Nach dem in Art. 145 der Verordnung Nr. 1303/2013 vorgesehenen Verfahren eröffnet die Kommission, bevor sie eine finanzielle Berichtigung beschließt, das Verfahren, indem sie den Mitgliedstaat über ihre vorläufigen Schlussfolgerungen in Kenntnis setzt und ihn auffordert, sich binnen zwei Monaten zu äußern. Der Artikel beschreibt das Dialogverfahren zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat und sieht insbesondere in Abs. 4 vor, dass die Kommission, wenn der Mitgliedstaat gegen die vorläufigen Schlussfolgerungen der Kommission Einwände erhebt, den Mitgliedstaat zu einer Anhörung einlädt, damit gewährleistet ist, dass alle relevanten Informationen und Bemerkungen vorliegen, auf deren Grundlage sie Schlussfolgerungen bezüglich der Vornahme der finanziellen Berichtigung treffen kann. Art. 145 Abs. 6 dieser Verordnung sieht außerdem vor, dass die Kommission zur Vornahme der finanziellen Berichtigung mittels Durchführungsrechtsakten einen Beschluss erlässt, und zwar binnen sechs Monaten nach dem Datum der Anhörung oder nach Eingang der zusätzlichen Informationen, falls der Mitgliedstaat sich während der Anhörung bereit erklärt hatte, solche vorzulegen, und dass sie alle Informationen und Anmerkungen berücksichtigt, die ihr im Zuge des Verfahrens vorgelegt wurden. Im Übrigen sieht Art. 145 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1303/2013 unter anderem Folgendes vor: Deckt die Kommission in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten nach Art. 75 der Verordnung Unregelmäßigkeiten auf, die gravierende Mängel in der effektiven Funktionsweise der Verwaltungs- und Kontrollsysteme erkennen lassen, wird die sich daraus ergebende finanzielle Berichtigung durch eine entsprechende Kürzung der Unterstützung aus den ESI‑Fonds für das operationelle Programm vorgenommen.

82      Insoweit macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass das Ziel von Art. 75 der Verordnung Nr. 1303/2013 mit der Ausfertigung des Folgeschreibens deshalb erreicht worden sei, weil sich die Kommission davon überzeugt habe, wie die Kontroll- und Verwaltungssysteme in der Tschechischen Republik funktionierten, und sie die tschechischen Behörden aufgefordert habe, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dieses Funktionieren zu gewährleisten. Das Ziel der fraglichen, auf der Grundlage dieses Artikels durchgeführten Prüfung besteht nämlich für die Kommission darin, sich zu vergewissern, dass die in der Tschechischen Republik bestehenden Kontroll- und Verwaltungssysteme mit dem Unionsrecht vereinbar sind, und zu diesem Zweck kann sie die tschechischen Behörden auffordern, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

83      Wie vom Parlament vorgetragen, kann das Ziel der Untersuchungstätigkeit der Kommission nicht auf die bloße Analyse der von der Tschechischen Republik eingeführten Systeme durch die Kommission beschränkt werden. Denn die Umsetzung der von der Kommission im Rahmen der Prüfung formulierten Empfehlungen durch den Staat stellt einen Zwischenschritt zur Erreichung des Ziels der Untersuchung dar, das darauf abzielt, die Übereinstimmung der Kontroll- und Verwaltungssysteme eines Mitgliedstaats mit dem Unionsrecht zu gewährleisten.

84      Aus den oben in den Rn. 80 und 81 genannten Bestimmungen und der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 1303/2013 ergibt sich, dass die Erstellung eines abschließenden Prüfberichts und die Übermittlung dieses Berichts, der Empfehlungen für zu ergreifende Maßnahmen enthält, lediglich einen Verfahrensabschnitt, nämlich die Prüfungsphase, beenden und eine Phase des Austauschs mit dem betreffenden Mitgliedstaat über die fraglichen Maßnahmen eröffnen (Beschluss vom 16. September 2019, Polen/Kommission, T‑703/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:628, Rn. 53).

85      Diese Austauschphase soll dem betreffenden Mitgliedstaat die Möglichkeit geben, zusätzliche Informationen beizubringen, die die im abschließenden Prüfbericht enthaltenen Beurteilungen ändern könnten, gegebenenfalls die von der Kommission empfohlenen Maßnahmen zu ergreifen oder auch alternative Maßnahmen vorzuschlagen (Beschluss vom 16. September 2019, Polen/Kommission, T‑703/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:628, Rn. 54).

86      Diese Auslegung gilt auch für das Folgeschreiben, in dem die Kommission die in dem abschließenden Prüfbericht ausgesprochenen Empfehlungen weiterverfolgt und das ebenfalls eine Austauschphase mit dem Mitgliedstaat einleitet.

87      Vorliegend räumt die Klägerin jedoch ein, dass in dem Folgeschreiben einige Empfehlungen offengeblieben sind. Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Folgeschreibens konnten die tschechischen Behörden somit zu den noch offenen Empfehlungen des abschließenden Prüfberichts noch Stellungnahmen abgeben, um auf diese Empfehlungen zu reagieren.

88      Gemäß der oben in den Rn. 73 und 74 angeführten Rechtsprechung endet der Schutz der Ziele der Untersuchungstätigkeiten, der durch die Ausnahme aus Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gewährleistet wird, nicht mit der Annahme des abschließenden Prüfberichts und auch nicht mit der Ausfertigung des Folgeschreibens durch die Kommission. Die Austauschphase mit dem Mitgliedstaat über die noch offenen Empfehlungen der Kommission ist Teil der Untersuchungstätigkeiten, die unter diese Ausnahme fallen.

89      Zu Unrecht macht die Klägerin somit geltend, dass zum einen die Prüfung ihren Zweck deshalb erfüllt habe, weil die Kommission ihre Schlussfolgerungen und Empfehlungen im Folgeschreiben dargelegt habe, und dass zum anderen die Umsetzung der im abschließenden Prüfbericht und im Folgeschreiben enthaltenen Empfehlungen durch die tschechischen Behörden sowie die Überwachung dieser Umsetzung durch die Kommission nicht Teil der laufenden Untersuchung seien.

90      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerin nicht geltend machen kann, dass die Prüfung nach Ausfertigung des Folgeschreibens durch die Kommission ihr Ziel erreicht habe und keine laufende Untersuchung mehr darstelle.

91      Die Klägerin macht weiter geltend, die Annahme, dass das in Art. 75 der Verordnung Nr. 1303/2013 vorgesehene Prüfverfahren eine im Vorfeld unbestimmte Anzahl von Schriftwechseln zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat umfasse, die so lange fortgesetzt würden, wie die im Prüfbericht enthaltenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen geändert werden könnten, hätte zur Folge, dass die Verbreitung des Schreibens der Kommission je nach der Sorgfalt der befassten Verwaltungsstellen vom Vorliegen eines zufälligen, künftigen und potenziell sehr in der Ferne liegenden Ereignis abhängig wäre. Der Abschluss des Dialogs zwischen dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission wäre durch die Verordnung Nr. 1303/2013 nicht förmlich festgelegt und vom Willen der Kommission abhängig. In Anwendung der oben in Rn. 75 erwähnten Rechtsprechung liefe eine derart konturenlose Auslegung des Begriffs des Audits dem Ziel der Verordnung Nr. 1049/2001 zuwider.

92      Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass sich das Parlament zur Verweigerung der Verbreitung von Dokumenten, die im Zusammenhang mit einer Untersuchung stehen, auf die allgemeine Vermutung der Beeinträchtigung der Ziele von Untersuchungs‑, Inspektions- und Audittätigkeiten berufen kann, wenn die Untersuchung noch läuft oder gerade abgeschlossen wurde und im letzteren Fall die zuständigen nationalen Behörden noch nicht innerhalb einer angemessenen Frist über das weitere Vorgehen in Bezug auf den Untersuchungsbericht entschieden haben (vgl. entsprechend Urteil vom 1. September 2021, Homoki/Kommission, T‑517/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:529, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Es genügt die Feststellung, dass die Kommission im vorliegenden Fall das Folgeschreiben in seiner englischen Fassung am 22. Oktober 2020 und in seiner tschechischen Fassung am 18. Dezember 2020 an die Tschechische Republik übermittelt hat. Wie das Parlament feststellt und wie aus dem Folgeschreiben hervorgeht, begann die dreimonatige Frist, die den tschechischen Behörden für die Beantwortung des Folgeschreibens zur Verfügung stand, mit der Übersendung der tschechischen Fassung und war daher zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung am 15. Januar 2021 noch nicht abgelaufen.

94      Daher ist davon auszugehen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen wurde, also am 15. Januar 2021, das Ziel der Untersuchungstätigkeiten noch nicht erreicht war, da die tschechischen Behörden noch nicht zu dem Folgeschreiben Stellung genommen hatten.

95      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerin zu Unrecht geltend macht, das Parlament habe sich zu dem Zeitpunkt, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen wurde, auf die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 genannte Ausnahme nicht habe berufen können.

96      Daher ist der erste Teil zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil, wonach das Parlament nicht nachgewiesen habe, dass die Verbreitung des Schreibens der Kommission die Untersuchung beeinträchtigen konnte

97      Die Klägerin trägt vor, auch wenn man unterstelle, dass die Untersuchung noch „im Gange“ gewesen sei, habe das Parlament nicht nachgewiesen, dass die Verbreitung des Schreibens der Kommission diese Untersuchung hätte beeinträchtigen können. Allein der Umstand, dass ein Dokument eine Untersuchungstätigkeit betreffe, genüge nach der Rechtsprechung nicht, um die Anwendung der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu rechtfertigen. Das Organ müsse vielmehr erläutern, wie der Zugang zu diesem Dokument bei vernünftiger Betrachtung ein absehbares Risiko einer konkreten und tatsächlichen Beeinträchtigung des geschützten Interesses mit sich bringe.

98      Gemäß der oben in Rn. 60 gezogenen Folgerung ist über dasjenige Vorbringen der Klägerin, das sich auf die Verweigerung des Zugangs zum abschließenden Prüfbericht bezieht, nicht mehr zu entscheiden.

99      Im Hinblick auf die Verweigerung des Zugangs zum Schreiben der Kommission macht die Klägerin geltend, die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei unzureichend.

100    Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und den Gedankengang des Organs oder der Einrichtung, das bzw. die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung müssen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt werden, da die Frage, ob die Begründung den Erfordernissen von Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 26. März 2020, Bonnafous/Kommission, T‑646/18, EU:T:2020:120, Rn. 22 und 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Wenn ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union, bei dem bzw. der der Zugang zu einem Dokument beantragt wurde, beschließt, diesen Antrag auf der Grundlage einer der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 abzulehnen, muss es bzw. sie nach ständiger Rechtsprechung auch grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch diese Ausnahme geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte, wobei die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung bei vernünftiger Betrachtung absehbar sein muss und nicht rein hypothetisch sein darf (vgl. Urteile vom 29. Oktober 2020, Intercept Pharma und Intercept Pharmaceuticals/EMA, C‑576/19 P, EU:C:2020:873, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. September 2021, AlzChem Group/Kommission, T‑569/19, EU:T:2021:628, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102    Es obliegt folglich dem Organ, das den Zugang zu einem Dokument verweigert hat, eine Begründung zu geben, der sich entnehmen und anhand deren sich überprüfen lässt, ob das angeforderte Dokument tatsächlich in den der angeführten Ausnahme unterliegenden Bereich fällt und ob tatsächlich ein Schutzbedarf im Hinblick auf diese Ausnahme besteht (Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 61, siehe auch Urteil vom 26. März 2020, Bonnafous/Kommission, T‑646/18, EU:T:2020:120, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Zwar hat das Organ die Gründe darzulegen, die im Einzelfall die Anwendung einer der Ausnahmen vom Recht auf Zugang nach der Verordnung Nr. 1049/2001 rechtfertigen, doch es ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, die über das hinausgehen, was für den Antragsteller zum Verständnis der Gründe seiner Beschlüsse und für das Gericht zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Beschlusses erforderlich ist (vgl. Urteil vom 26. März 2020, Bonnafous/Kommission, T‑646/18, EU:T:2020:120, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Wird außerdem wie im vorliegenden Fall mit einer Antwort die Ablehnung eines Antrags aus denselben Gründen bestätigt, auf denen die Ablehnung des Erstantrags beruhte, so ist die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, anhand des Schriftwechsels zwischen dem Organ und dem Antragsteller zu prüfen, wobei die Informationen zu berücksichtigen sind, über die der Antragsteller hinsichtlich der Natur und des Inhalts der angeforderten Dokumente verfügte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. April 2000, Kuijer/Rat, T‑188/98, EU:T:2000:101, Rn. 44).

105    Die Klägerin macht als Erstes geltend, das Parlament habe nicht nachgewiesen, dass ein relevanter Zusammenhang zwischen dem Schreiben der Kommission und der Untersuchung bestehe. Angesichts der Tatsache, dass weder der Entwurf des Prüfberichts noch der abschließende Prüfbericht noch das Folgeschreiben auf das Schreiben der Kommission Bezug nähmen, habe das Parlament nicht nachgewiesen, dass die Ergebnisse der in der Prüfung bestehenden Untersuchung von diesem Schreiben abhingen. Es bestehe die Möglichkeit, dass dieses Schreiben in keinerlei Zusammenhang mit der Untersuchung stehe.

106    Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem angeforderten Schreiben um ein Schreiben des Kommissionsmitglieds Oettinger, der u. a. für den Haushalt zuständig war, an den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik handelt. In ihrer Antwort auf den Zugangsantrag der Klägerin hat das Parlament dieses Schreiben als eines der Dokumente identifiziert, die sich auf die Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik wegen missbräuchlicher Verwendung von EU-Mitteln und potenzieller Interessenkonflikte bezogen.

107    Zweitens ist festzustellen, dass das Parlament in dem Beschluss vom 14. September 2020 in Beantwortung des Erstantrags der Klägerin nach inhaltlicher Prüfung des Schreibens darauf hingewiesen hat, dieses betreffe eine Untersuchung der wirtschaftlichen Interessen im Sinne von Art. 61 Abs. 3 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Finanzvorschriften für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1), die die Definition des Interessenkonflikts enthält.

108    Drittens hat das Parlament in dem angefochtenen Beschluss festgestellt, die Kommission habe es darüber informiert, dass die Verbreitung des Schreibens der Kommission die laufenden Untersuchungen und Prüfungen im Zusammenhang mit den in der Entschließung aufgeworfenen Fragen beeinträchtigen würde. Das Parlament vertrat die Ansicht, solange die Untersuchung andauere, könnten verschiedene Untersuchungshandlungen wie etwa eine bestimmte Prüfung, die zu einem Prüfbericht geführt habe, weiterhin unter die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fallen. Das Schreiben der Kommission sei von dieser im Rahmen einer laufenden Untersuchung über einen möglichen Verstoß der Tschechischen Republik gegen das Unionsrecht zur Vermeidung von Interessenkonflikten abgefasst worden.

109    Wie vom Parlament festgestellt, geht daraus hervor, dass das Schreiben der Kommission denselben Gegenstand wie den der in der Prüfung bestehenden Untersuchung betraf.

110    Wie auch die Kommission festgestellt hat, sprechen viertens der abschließende Prüfbericht und das Folgeschreiben aus, dass sich die Korrespondenz mit dem Kommissionsmitglied Oettinger auf die Tätigkeiten des tschechischen Ministerpräsidenten Babiš im tschechischen Radě (Rat) für die ESI‑Fonds bezieht.

111    Wie die Klägerin jedoch geltend macht, wurden der abschließende Prüfbericht und das Folgeschreiben in der tschechischen Presse veröffentlicht und waren ihr bekannt, bevor der angefochtene Beschluss erlassen worden ist. Sie kann daher nicht geltend machen, das Schreiben der Kommission sei nicht im abschließenden Prüfbericht und im Folgeschreiben erwähnt worden; es handelt sich im Übrigen um Dokumente, die sie selbst als Anlage zur Klageschrift eingereicht hat.

112    Daraus folgt, dass diese Umstände in ihrer Gesamtheit es der Klägerin hinreichend ermöglichten, zu verstehen, dass das Schreiben der Kommission ein Dokument darstellte, das sich auf die Untersuchung wegen eines möglichen Verstoßes des tschechischen Ministerpräsidenten gegen das Unionsrecht zur Vermeidung von Interessenkonflikten bezog. Die Klägerin kann sich in dieser Hinsicht somit nicht auf eine unzureichende Begründung berufen.

113    Im Übrigen kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, das Parlament habe das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen dem Schreiben der Kommission und der in der Prüfung bestehenden Untersuchung deswegen nicht nachgewiesen, weil es keinen Beleg dafür geliefert habe, dass die Ergebnisse der Untersuchung von diesem Schreiben abhingen. Um diesen Zusammenhang zu belegen, musste das Parlament nämlich lediglich aufzeigen, dass dieser Brief zu den Dokumenten gehörte, die sich auf die laufenden Untersuchungstätigkeiten bezogen.

114    Als Zweites macht die Klägerin geltend, da das Parlament keinen Zusammenhang zwischen dem Schreiben der Kommission und der in der Prüfung bestehenden Untersuchung hergestellt habe, habe es nicht nachgewiesen, dass durch die Verbreitung dieses Schreibens bei vernünftiger Betrachtung ein absehbares Risiko einer konkreten und tatsächlichen Beeinträchtigung der Untersuchung bestehe. Das Parlament habe nicht erläutert, auf welche Weise die Verbreitung des Schreibens der Kommission geeignet sei, die Prüfung zu beeinträchtigen.

115    Es ist erstens daran zu erinnern, dass das Parlament in dem angefochtenen Beschluss die Verweigerung des Zugangs zum Schreiben der Kommission u. a. damit begründet hat, dass der Zweck der Untersuchung der Kommission darin bestehe, dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zu geben, seinen Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nachzukommen und von seinen Verteidigungsrechten gegen die Einwände der Kommission Gebrauch zu machen, und dass der Mitgliedstaat von der Kommission zu Recht die Wahrung der Vertraulichkeit erwarten dürfe, da es sich andernfalls als noch schwieriger erweisen könnte, einen Dialog zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat herzustellen, der auf die Beendigung des behaupteten Verstoßes abziele.

116    Das Ziel der in der Prüfung bestehenden Untersuchung und insbesondere des Dialogs zwischen der Kommission und den tschechischen Behörden über die im abschließenden Prüfbericht enthaltenen Empfehlungen besteht darin, die Tschechische Republik in die Lage zu versetzen, ihre Verwaltungs- und Kontrollsysteme mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Da sich jedoch aus der Analyse des ersten Teils des Klagegrundes ergibt, dass dieser Dialog zu dem Zeitpunkt, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen wurde, noch im Gange war und das Schreiben der Kommission einen Bestandteil dieser Untersuchung darstellt, genügt die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Begründung, um zu erläutern, warum die Verbreitung dieses Schreibens geeignet war, den Zweck der in der Prüfung bestehenden Untersuchungstätigkeiten zu beeinträchtigen.

117    Darüber hinaus war es, wie vom Parlament festgestellt, angesichts der direkten Involviertheit des tschechischen Ministerpräsidenten, der im Verdacht stand, sich in einem Interessenkonflikt zu befinden, umso wichtiger, die Vertraulichkeit des Dialogs zwischen ihm und dem Kommissionsmitglied zu wahren, um einen offenen Dialog im Geiste der Zusammenarbeit zu gewährleisten.

118    Zweitens hat das Parlament in dem angefochtenen Beschluss auch festgestellt, dass sich die Ermittler und die an der Untersuchung Beteiligten anscheinend einem Klima der Bedrohung ausgesetzt gesehen hätten und dass sich eine rasche Verbreitung des Schreibens der Kommission negativ auf die Qualität ihrer Zusammenarbeit auswirken und die Fähigkeit der Kommission, ihre Untersuchungsaufgaben so effizient wie möglich zu erfüllen, beeinträchtigen würde.

119    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Interesse, das die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Audittätigkeiten schützen soll, darin besteht, dass Prüfverfahren unabhängig und ohne Druck – sei es seitens der geprüften Einrichtung, anderer interessierter Einrichtungen oder der Öffentlichkeit – durchgeführt werden können (Urteil vom 12. Mai 2015, Technion und Technion Research & Development Foundation/Kommission, T‑480/11, EU:T:2015:272, Rn. 63).

120    Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, das Parlament habe in dem angefochtenen Beschluss nicht hinreichend dargelegt, aus welchem Grund die Verbreitung des Schreibens der Kommission geeignet sei, die Ziele der in der Prüfung bestehenden Untersuchung konkret und tatsächlich zu beeinträchtigen.

121    Die Klägerin macht außerdem geltend, die Verbreitung des Schreibens der Kommission führe nicht zu einer konkreten und tatsächlichen Bedrohung der Untersuchung, da der Entwurf des Prüfberichts, der endgültige Prüfbericht und das Folgeschreiben im Juni 2019, im November 2019 bzw. im Dezember 2020 in den tschechischen Medien verbreitet worden seien.

122    Die Klägerin räumt jedoch ein, dass das Schreiben der Kommission nicht einmal teilweise veröffentlicht wurde und sich der Inhalt dieses Schreibens auch nicht in den Dokumenten wiederfindet, die in den tschechischen Medien veröffentlicht wurden. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass dieses Argument für die Frage, ob das Schreiben unter die in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme fällt, insbesondere in Ansehung dessen ohne Belang ist, dass die Vertraulichkeit des Dialogs zwischen dem tschechischen Ministerpräsidenten und der Kommission gewahrt werden muss.

123    Aus alledem ist ersichtlich, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses ausreicht, um nachvollziehbar zu machen, dass das Schreiben der Kommission der in der Prüfung bestehenden Untersuchung zuzuordnen daher von der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst war und dass, da diese Untersuchung zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses noch im Gange war, das Schutzbedürfnis in Bezug auf diese Ausnahme tatsächlich bestand.

124    Daraus folgt, dass der zweite Teil und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Klagegrund, wonach das Parlament unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des Schreibens der Kommission berücksichtigt habe

125    Die Klägerin macht geltend, dass das Parlament, selbst angenommen, die Prüfung habe eine laufende Untersuchung dargestellt, die durch die Verbreitung des Schreibens der Kommission hätte beeinträchtigt werden können, ihr den Zugang zu diesem Dokument nicht hätte verweigern dürfen, da ein überwiegendes öffentliches Interesse an seiner Verbreitung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 bestanden habe.

126    Die Klägerin weist darauf hin, dass die Union auf der Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Verteidigungsrechte, beruhe. In Anbetracht der Tatsache, dass das Parlament im Bericht über die Informationsreise und in der Entschließung schwere Vorwürfe zu der Art und Weise erhoben habe, wie die Agrofert-Gruppe geleitet werde, hätte die Klägerin in die Lage versetzt werden müssen, die Dokumente, auf die sich diese Behauptungen stützten, zu analysieren und ihnen entgegenzutreten. Das Parlament sei gehalten gewesen, das überwiegende öffentliche Interesse an der Verbreitung des Schreibens der Kommission zu berücksichtigen, das im Schutz der Grundrechte und ‑freiheiten der Klägerin als einer von diesen Behauptungen unmittelbar und individuell betroffenen Person bestehe. Der Rechtsstaat, der auf dem Schutz der Grundrechte und ‑freiheiten beruhe, könne nur durch die Achtung dieser Rechte und Freiheiten in jedem Einzelfall aufrechterhalten werden. Aus diesem Grund stelle das Interesse der Klägerin ein öffentliches Interesse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 dar.

127    Nach ständiger Rechtsprechung muss derjenige, der das Bestehen eines überwiegenden öffentlichen Interesses geltend macht, konkret die Umstände anführen, die eine Verbreitung der betroffenen Dokumente rechtfertigen (vgl. Urteile vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission, C‑562/14 P, EU:C:2017:356, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. September 2021, AlzChem Group/Kommission, T‑569/19, EU:T:2021:628, Rn. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung).

128    Es ist daran zu erinnern, dass nach der oben in Rn. 45 angeführten Rechtsprechung die Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang aller zu den Dokumenten gewährleisten soll und nicht nur den Zugang des jeweiligen Antragstellers zu den ihn betreffenden Dokumenten.

129    Daher ist das besondere Interesse, das ein Antragsteller am Zugang zu einem Dokument geltend machen kann, das ihn persönlich betrifft, im Rahmen der Prüfung, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 letzter Satzteil der Verordnung Nr. 1049/2001 besteht, nicht zu berücksichtigen (Urteil vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 137, vgl. auch Urteil vom 12. Mai 2015, Technion und Technion Research & Development Foundation/Kommission, T‑480/11, EU:T:2015:272, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

130    Das von der Klägerin geltend gemachte allgemeine Interesse liegt in den Verfahrensrechten. Zwar stellt das Bestehen der Verfahrensrechte an sich ein allgemeines Interesse dar. Da diese Rechte im vorliegenden Fall jedoch in dem subjektiven Interesse der Klägerin an ihrer Verteidigung zum Ausdruck kommen, ist das von der Klägerin geltend gemachte Interesse kein allgemeines, sondern ein privates Interesse (Urteil vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 138).

131    Daraus folgt, dass das Parlament in dem angefochtenen Beschluss auf Grundlage der oben in den Rn. 128 bis 130 angeführten Rechtsprechung zu Recht festgestellt hat, dass die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensrechte kein überwiegendes öffentliches Interesse darstellten, das die Verbreitung des Schreibens der Kommission rechtfertigte.

132    Daher ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und folglich der verbleibende Teil der Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

133    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Parlaments die Kosten aufzuerlegen.

134    Außerdem entscheidet das Gericht gemäß Art. 137 der Verfahrensordnung, wenn es die Hauptsache für erledigt erklärt, nach freiem Ermessen über die Kosten. Im vorliegenden Fall wird unter Berücksichtigung der Erwägungen, die das Gericht veranlasst haben, die Hauptsache teilweise für erledigt zu erklären, nach billigem Ermessen entschieden, dass die Klägerin auch die hierauf entfallenden Kosten trägt.

135    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Demnach ist zu entscheiden, dass die Kommission ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses A(2019) 8551 C (D 300153) des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2021 hat sich erledigt, soweit er den Zugang zum abschließenden Prüfbericht der Kommission vom 29. November 2019 mit dem Aktenzeichen ARES (2019) 7370050 verweigert hat, der die Prüfung der Funktionsweise der Verwaltungs- und Kontrollsysteme in der Tschechischen Republik betraf, mit denen Interessenkonflikte vermieden werden sollen.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Agrofert a.s. trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Parlaments.

4.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

De Baere

Steinfatt

Kingston

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. September 2022.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Tschechisch.