Language of document : ECLI:EU:T:2019:684

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

vom 24. September 2019(*)

„Staatliche Beihilfen – Chemische Industrie – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird – Begriff der staatlichen Beihilfe – Staatliche Mittel – Vorteil – Rückforderung – Wirtschaftliche Kontinuität – Grundsatz der guten Verwaltung – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑121/15,

Fortischem a.s. mit Sitz in Nováky (Slowakei), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Arhold, P. Hodál und M. Staroň,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Armati und G. Conte als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

AlzChem AG mit Sitz in Trostberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst P. Alexiadis, Solicitor, und Rechtsanwälte A. Borsos und I. Georgiopoulos, dann P. Alexiadis, A. Borsos und Rechtsanwalt V. Dolka,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Art. 1 und 3 bis 5 des Beschlusses (EU) 2015/1826 der Kommission vom 15. Oktober 2014 zu der von der Slowakei durchgeführten staatlichen Beihilfe SA.33797 – (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2011/CP) zugunsten von NCHZ (ABl. 2015, L 269, S. 71)

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis, des Richters S. Papasavvas und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2019

folgendes

Urteil

I.      Sachverhalt

1        Die Novácké chemické závody, a.s. v konkurze (im Folgenden: NCHZ) war ein im Eigentum privater Kapitalgeber stehendes Chemieunternehmen, das über drei Sparten verfügte und in der Region Trenčín (Slowakei) eine Chemiefabrik betrieb. Ihr Haupttätigkeitsfeld war die Produktion von Calciumcarbid und technischen Gasen, von Polyvinylchlorid und seinen Verarbeitungserzeugnissen sowie in zunehmendem Maß von Waren der Schwer- und Feinchemie in geringen Mengen.

2        Nachdem die damals der Disor Holdings Ltd angehörende NCHZ am 8. Oktober 2009 erklärt hatte, nicht mehr zur Weiterführung ihres Betriebs in der Lage zu sein, und Insolvenz angemeldet hatte, wurde ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.

3        Am 5. November 2009 erließ die Slowakische Republik den Zákon č. 493/2009 Z.z. o niektorých opatreniach týkajúcich sa strategických spoločností a o zmene a doplnení niektorých zákonov (Gesetz Nr. 493/2009 über Maßnahmen in Bezug auf strategisch wichtige Unternehmen und zur Änderung bestimmter Gesetze, im Folgenden: Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen). Mit diesem am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Gesetz wurde dem Staat ein Vorkaufsrecht für strategisch wichtige Unternehmen in Insolvenz eingeräumt und die Bestellung eines Insolvenzverwalters vorgeschrieben, um die Weiterführung des strategisch wichtigen Unternehmens während des Insolvenzverfahrens zu gewährleisten. Am 2. Dezember 2009 wurde NCHZ von den slowakischen Behörden gemäß diesem Gesetz als strategisch wichtiges Unternehmen eingestuft und behielt diesen Status bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes am 31. Dezember 2010 (im Folgenden: erster Insolvenzzeitraum). NCHZ war das einzige Unternehmen, auf das das genannte Gesetz, das den Insolvenzverwalter zur Weiterführung des Geschäftsbetriebs und zur Verhinderung ungerechtfertigter Massenentlassungen verpflichtete, Anwendung fand.

4        Am 28. Dezember 2009 wurde der zuständige Ausschuss im Sinne von Art. 82 des Zákon č. 7/2005 Z.z. o konkurze a reštrukturalizácii a o zmene a doplnení niektorých zákonov (Gesetz Nr. 7/2005 über Insolvenz und Umstrukturierung sowie zur Änderung bestimmter Gesetze, im Folgenden: Insolvenzgesetz) (im Folgenden: zuständiger Ausschuss) eingesetzt. Dieser Ausschuss umfasste nach Maßgabe des genannten Gesetzes den Gläubigerausschuss, bestehend aus den nicht bevorrechtigten Gläubigern, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber der insolventen Gesellschaft über ungesicherte Forderungen verfügten und diese als „vorinsolvenzliche Forderungen“ angemeldet hatten (im Folgenden: Gläubigerausschuss), den bevorrechtigten Gläubigern, d. h. den Gläubigern, für deren Forderungen bestimmte Sicherheiten bestellt worden waren, und dem Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín, Slowakei).

5        Am 29. Dezember 2009 wurde der erste Verwalter aus persönlichen Gründen durch einen neuen Verwalter ersetzt (im Folgenden: Verwalter).

6        Am 17. Juni 2010 gab der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) dem Verwalter auf, NCHZ als laufendes Unternehmen entsprechend den von ihm festgelegten Verfahrensabschnitten zu verkaufen. Nach Bekanntmachung der Ausschreibung am 12. August 2010 (im Folgenden: Ausschreibung von 2010) wies der zuständige Ausschuss am 24. November 2010 das einzige eingegangene Angebot zurück. Am 3. Dezember 2010 gab der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) dem Verwalter auf, eine detaillierte Analyse der wirtschaftlichen Lage von NCHZ anzufertigen. Anhand der Ergebnisse dieser Analyse sollte der Verwalter das einzige eingegangene Angebot entweder annehmen oder zurückweisen. Die Analyse wurde am 8. Dezember 2010 erstellt, und der Verwalter kündigte an, dass das Angebot zurückgewiesen werde.

7        Nach dem 31. Dezember 2010 fand auf NCHZ das Insolvenzgesetz Anwendung (im Folgenden: zweiter Insolvenzzeitraum). Bei der gemeinsamen Versammlung der im Gläubigerausschuss vertretenen Gläubiger und der bevorrechtigten Gläubiger vom 26. Januar 2011 setzte sie der Verwalter darüber in Kenntnis, dass die Betriebskosten von NCHZ höher als die Betriebseinnahmen waren. Er legte ihnen außerdem seine wirtschaftliche Analyse vom 23. Dezember 2010 vor, die durch eine Präsentation der Geschäftsleitung ergänzt wurde. Die Gläubiger entschieden sich daraufhin für die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ (im Folgenden: Beschluss vom 26. Januar 2011). Nachdem dieser Beschluss am 17. Februar 2011 durch einen Beschluss des Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) gebilligt worden war, führte der Verwalter den Geschäftsbetrieb fort.

8        Am 7. Juni 2011 erließ der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) einen vollstreckbaren Beschluss, mit dem der Verwalter aufgefordert wurde, NCHZ nach Maßgabe des vom Gericht durchgeführten Ausschreibungsverfahrens (im Folgenden: Ausschreibungsverfahren von 2011) zu verkaufen. Nach Bekanntmachung der Ausschreibung am 12. Juli 2011 (im Folgenden: Ausschreibung von 2011) wurden am 29. November 2011 zwei Angebote eingereicht.

9        Am 13. Oktober 2011 ging bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde der AlzChem AG (im Folgenden: AlzChem) ein, in der geltend gemacht wurde, dass die Slowakische Republik NCHZ eine rechtswidrige Beihilfe gewährt habe. AlzChem ist ein Unternehmen mit Gesellschaftssitz in Deutschland, das in einer Reihe von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter die Slowakische Republik, auf mehreren Märkten für Waren der Feinchemie tätig ist. Die Beschwerde wurde am 14. Juni 2012 ergänzt.

10      Am 17. Oktober 2011 übermittelte die Kommission den slowakischen Behörden die eingegangene Beschwerde zusammen mit einem Auskunftsverlangen. Am 22. März und 21. Juni 2012 richtete die Kommission erneut Auskunftsverlangen an die slowakischen Behörden. Diese kamen allen Auskunftsverlangen nach.

11      Am 7. Dezember 2011 informierte der Verwalter den Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) über das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens von 2011 und über die Abstimmung der im zuständigen Ausschuss vertretenen Gläubiger. Am 14. Dezember 2011 forderte das Gericht den Verwalter auf, ein weiteres Angebot zu prüfen. Am 15. Dezember 2011 erstellte der Verwalter eine Analyse, wonach dieses Angebot, da es sich nur auf einen Teil des Vermögens von NCHZ erstrecke, nicht im Interesse der Gläubiger liege. Am 29. Dezember 2011 erließ das Gericht einen vollstreckbaren Beschluss, mit dem der Verwalter aufgefordert wurde, der Via Chem Slovakia a.s. den Zuschlag zu erteilen. Nach Abschluss des Übernahmevertrags zwischen dieser Gesellschaft und NCHZ am 16. Januar 2012 wurde die Veräußerung von der Protimonopolný úrad SR (slowakische Kartellbehörde) am 19. Juli 2012 genehmigt und am 31. Juli 2012 abgeschlossen.

12      Am 1. August 2012 verkaufte Via Chem Slovakia die Chemiesparte von NCHZ mit Ausnahme des unbeweglichen Vermögens (Gebäude und Grundstücke) an die Klägerin, Fortischem a.s., die im Bereich der Herstellung chemischer Erzeugnisse tätig ist. Die Klägerin steht im Eigentum der Energochemica SE und wurde, wie sie in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts erklärt hat, im Mai 2012 gegründet. Die für die Chemieproduktion erforderlichen Immobilien wurden an die Klägerin vermietet.

13      Am 24. Januar 2013 fand ein Treffen zwischen der Kommission und AlzChem statt, das auf deren Bitten zustande kam. AlzChem übermittelte ergänzende Informationen mit E‑Mails vom 8. und 22. März 2013.

14      Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 gab die Kommission den slowakischen Behörden ihren Beschluss bekannt, ein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten (ABl. 2013, C 297, S. 85), und zwar zum einen hinsichtlich der auf dem Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen beruhenden Genehmigung des Staates für den Weiterbetrieb von NCHZ von Dezember 2009 bis Dezember 2010 und zum anderen hinsichtlich des Beschlusses vom 26. Januar 2011, den Geschäftsbetrieb von NCHZ nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen weiterzuführen. Die Kommission äußerte außerdem Zweifel daran, dass die Ausschreibung von 2011, die den Verkauf von NCHZ ermöglicht hatte, bedingungsfrei gewesen sei, und wies darauf hin, dass es deutliche Anzeichen dafür gebe, dass die wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und dem neuen Unternehmen nicht unterbrochen worden sei.

15      Im Anschluss an den Beschluss vom 2. Juli 2013 gingen bei der Kommission Stellungnahmen der slowakischen Behörden sowie von AlzChem und von einem weiteren Beteiligten ein. Die Stellungnahmen dieser beteiligten Dritten wurden zusammen mit weiteren Fragen an die slowakischen Behörden gesandt, die ihre Stellungnahme am 14. Januar 2014 vorlegten.

16      Am 7. Oktober 2013 und 17. Februar 2014 kam es auf Ersuchen der slowakischen Behörden jeweils zu einem Treffen zwischen diesen und der Kommission. Am 20. März 2014 bat die Kommission einen der Beteiligten um eine weitere Klärung; dieser übermittelte seine Antwort am 6. Mai 2014. Am 2. Mai 2014 sandte die Kommission an die slowakischen Behörden weitere Fragen, die am 14. und 30. Mai 2014 beantwortet wurden.

II.    Angefochtener Beschluss

17      Am 15. Oktober 2014 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2015/1826 zu der von der Slowakei durchgeführten staatlichen Beihilfe SA.33797 – (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2011/CP) zugunsten von NCHZ (ABl. 2015, L 269, S. 71, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

18      Die Kommission war der Auffassung, dass NCHZ ein selektiver Vorteil verschafft worden sei, indem sie zu einem strategischen Unternehmen im Sinne des Gesetzes erklärt worden sei (im Folgenden: erste Maßnahme), dass dies dem Staat zuzurechnen sei und dafür staatliche Mittel eingesetzt worden seien und dass der Wettbewerb in einem für die Mitgliedstaaten offenen Markt verfälscht worden sei. Die Kommission schloss daraus, dass diese Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle und diese Beihilfe rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei (Erwägungsgründe 110 und 114 bis 124 des angefochtenen Beschlusses). Sie bezifferte den Betrag der Beihilfe auf 4 783 424,10 Euro. Die Beihilfe sei von NCHZ zurückzufordern, und die Rückforderung müsse sich auf die Klägerin erstrecken, da zwischen dieser und NCHZ wirtschaftliche Kontinuität bestehe (Erwägungsgründe 101 und 174 des angefochtenen Beschlusses).

19      Die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ aufgrund des Beschlusses vom 26. Januar 2011 stelle dagegen keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV dar, da mindestens zwei der kumulativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, nämlich die Zurechenbarkeit zum Staat und das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils, nicht gegeben seien (113. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

20      Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses lautet:

„Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 4 783 424,10 EUR, die die [Slowakische Republik] unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig zugunsten von NCHZ gewährt hat, indem sie dem Unternehmen nach Maßgabe des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen strategische Bedeutung zuerkannt und es damit vor der regulären Anwendung des Insolvenzrechts bewahrt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 3

1.      Die [Slowakische Republik] fordert die in Artikel 1 genannte mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von NCHZ zurück.

2.      In Anbetracht der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und [der Klägerin] erstreckt sich die Rückzahlungsverpflichtung auch auf [die Klägerin].

3.      Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem NCHZ die Beihilfe zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

4.      Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 … und nach der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 … zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 4

1.      Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.

2.      Die [Slowakische Republik] stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

1.      Die [Slowakische Republik] übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)      Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der von den Empfängern zurückzufordern ist;

b)      ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)      Unterlagen, die belegen, dass eine Rückzahlungsanordnung an die Empfänger ergangen ist.

2.      Die [Slowakische Republik] unterrichtet die Kommission über den Fortgang ihrer Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt die Slowakei unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt die Slowakei ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die von den Empfängern bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die [Slowakische Republik] gerichtet.“

III. Verfahren

21      Mit Klageschrift, die am 6. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

22      Mit am 14. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat AlzChem beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu werden.

23      Mit am 6. August 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, bestimmte Angaben in der Klageschrift und ihren Anlagen sowie in der Erwiderung und einer ihrer Anlagen gegenüber AlzChem als vertraulich zu behandeln, falls diese als Streithelferin zugelassen wird. Sie hat ihrem Antrag eine nicht vertrauliche Fassung der genannten Schriftsätze beigefügt.

24      Mit Beschluss des Präsidenten der Neunten Kammer vom 22. September 2015 ist AlzChem als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden. Ihr sind von der Klägerin gefertigte nicht vertrauliche Fassungen der Klageschrift, der Erwiderung und ihrer Anlagen übermittelt worden. Mit am 8. Oktober 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat sie Einwände gegen den Antrag auf vertrauliche Behandlung erhoben.

25      Am 8. Oktober 2015 ist die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter der Neunten Kammer zugewiesen worden. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 3. Oktober 2016 ist die vorliegende Rechtssache einer neuen Berichterstatterin zugewiesen worden. Im Zuge der Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts wurde die Berichterstatterin der Sechsten Kammer zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin zugewiesen worden ist.

26      Am 6. Februar 2017 hat das Gericht (Sechste Kammer) der Klägerin schriftliche Fragen zu ihrem Antrag auf vertrauliche Behandlung gestellt. Die Klägerin hat die Fragen innerhalb der gesetzten Frist beantwortet.

27      Mit Beschluss vom 13. September 2017, Fortischem/Kommission (T‑121/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:648), hat der Präsident der Sechsten Kammer dem Antrag auf vertrauliche Behandlung in Bezug auf bestimmte in der Klageschrift enthaltene Informationen sowie bestimmte Daten in mehreren Anlagen zur Klageschrift und zur Erwiderung stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung ist vorbehalten worden. Am 26. Oktober 2017 ist der Streithelferin eine von der Klägerin gefertigte nicht vertrauliche Fassung der in den Nrn. 1 und 2 des Tenors des Beschlusses vom 13. September 2017, Fortischem/Kommission (T‑121/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:648), aufgeführten Dokumente übermittelt worden.

28      Die Streithelferin hat am 5. Januar 2018 den Streithilfeschriftsatz bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

29      Die Kommission und die Klägerin haben am 5. bzw. 7. Februar 2018 ihre Stellungnahmen zu dem Streithilfeschriftsatz bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

30      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Vorschlag der Berichterstatterin beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen im Sinne von Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts zur Beantwortung einiger schriftlicher Fragen sowie zur Vorlage eines Dokuments aufgefordert. Die Fragen wurden innerhalb der gesetzten Frist beantwortet und das Dokument vorgelegt.

31      Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

IV.    Anträge der Parteien

32      Die Klägerin beantragt,

–        die Art. 1 und 3 bis 5 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

33      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

34      Die Streithelferin beantragt im Wesentlichen, die Klage abzuweisen.

V.      Rechtliche Würdigung

35      Die Klägerin stützt ihre Klage auf sechs Klagegründe. Sie rügt erstens einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV und zweitens einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Vornahme einer sorgfältigen und unparteiischen Prüfung und einen Verstoß gegen die Verpflichtung der Kommission zu loyaler Zusammenarbeit. Drittens habe die Kommission gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen, als sie festgestellt habe, dass NCHZ eine staatliche Beihilfe gewährt worden sei. Viertens liege ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) vor, weil die Pflicht zur Rückzahlung der angeblichen staatlichen Beihilfe auf die Klägerin erstreckt worden sei. Fünftens rügt die Klägerin hilfsweise einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, weil ihre Pflicht zur Rückzahlung der angeblichen staatlichen Beihilfe nicht auf 60 % der Beihilfe beschränkt worden sei. Sechstens habe die Kommission gegen Art. 296 AEUV verstoßen, als sie festgestellt habe, dass eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe.

36      Das Gericht hält es für angezeigt, zuerst den dritten Klagegrund, dann den ersten Klagegrund mit seinen beiden ersten Teilen, den zweiten Klagegrund, den dritten Teil des ersten Klagegrundes, den sechsten Klagegrund, den vierten Klagegrund und schließlich den fünften Klagegrund zu prüfen.

A.      Zum dritten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen, als sie festgestellt habe, dass NCHZ eine staatliche Beihilfe gewährt worden sei

37      Die Klägerin ist der Auffassung, die Kommission habe nach der Rechtsprechung in hinreichender Weise darzulegen, aus welchen Gründen die von ihr zusammengetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe belegten. Die Kommission müsse daher auch erläutern, weshalb die vom betreffenden Staat vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Argumente nicht ausreichend gewesen seien, um das Vorliegen einer solchen Beihilfe zu widerlegen. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei in mehrfacher Hinsicht mangelhaft. Erstens weise der Beschluss einen Begründungsmangel hinsichtlich der Feststellung auf, dass das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen NCHZ einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe, den dieses Unternehmen in einem regulären Insolvenzverfahren nicht gehabt hätte. Obwohl die slowakischen Behörden ausführliche tatsächliche Argumente vorgetragen hätten, die gezeigt hätten, dass sich die Gläubiger für eine Weiterführung des Betriebs von NCHZ entschieden hätten, habe sich die Kommission damit nicht inhaltlich befasst und sich stattdessen damit begnügt, allgemeine und willkürliche Zweifel zu äußern. Zweitens sei der angefochtene Beschluss im Hinblick darauf, dass das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen nicht das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers erfülle, mangelhaft begründet.

38      Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

39      Nach ständiger Rechtsprechung muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission, T‑284/15, EU:T:2018:950, Rn. 70 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betroffene Personen an Erläuterungen haben können (Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission, T‑284/15, EU:T:2018:950, Rn. 71 [nicht veröffentlicht]).

41      In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben. Es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission, T‑284/15, EU:T:2018:950, Rn. 72 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Schließlich ist der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV geltend gemacht wird, ein anderer als der, mit dem ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV geltend gemacht wird. Während nämlich der erste, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 263 AEUV enthält und einen Gesichtspunkt darstellt, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen muss, wird mit dem zweiten, der die materielle Rechtmäßigkeit einer Entscheidung betrifft, die Verletzung einer bei der Durchführung des AEU‑Vertrags anzuwendenden Rechtsnorm im Sinne von Art. 263 AEUV gerügt; er darf vom Unionsrichter nur geprüft werden, wenn sich der Kläger darauf beruft. Die Begründungspflicht ist daher eine von der Stichhaltigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses zu unterscheidende Frage (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67).

43      Unter Berücksichtigung der vorstehend in den Rn. 39 bis 42 genannten Erwägungen ist zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss an einer fehlenden oder unzureichenden Begründung im Sinne von Art. 296 AEUV leidet.

44      Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die Verbindlichkeiten von NCHZ gegenüber den verschiedenen staatlichen Stellen wegen ihrer verlustreichen Geschäftstätigkeit entstanden seien. Entgegen der im Rahmen des gewöhnlichen Insolvenzrechts geltenden Praxis habe der Insolvenzverwalter keine Analyse erstellt, und die Gläubigerversammlung habe nicht über die Zukunft von NCHZ entscheiden können. Der Insolvenzverwalter habe festgestellt, dass er nach dem Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen zur Weiterführung des Betriebs von NCHZ verpflichtet sei und keinerlei Möglichkeit habe, andere Lösungen in Betracht zu ziehen (Erwägungsgründe 79 und 80 des angefochtenen Beschlusses).

45      Die Kommission ging insoweit davon aus, dass der Enscheidung, das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ anzuwenden, keine Erwägungen zugrunde gelegen hätten, die bei ihren Gläubigern Berücksichtigung gefunden hätten, sondern andere Erwägungen politischer Natur, da sich die slowakische Regierung in ihrem Beschluss nur auf den Verlust von Arbeitsplätzen und die Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der slowakischen Chemieindustrie und damit der slowakischen Wirtschaft insgesamt bezogen habe. Dass die Regierung das genannte Gesetz auf NCHZ angewandt habe, sei somit ganz eindeutig nicht durch das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Kreditgebers bestimmt gewesen (82. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

46      Auf das Vorbringen der slowakischen Behörden, wonach sich die Gläubiger wahrscheinlich auch dann für eine Weiterführung des Betriebs von NCHZ entschieden hätten, wenn dass Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen nicht auf NCHZ angewandt worden wäre, erwiderte die Kommission u. a., dass die Analyse des ersten Verwalters vom 26. Oktober 2009 (im Folgenden: Analyse vom 26. Oktober 2009), auf die sich die slowakischen Behörden berufen hätten, keine solide Prüfung möglicher Alternativen enthalte, dass keine eingehendere Bewertung durchgeführt worden sei und dass die zu Beginn des zweiten Insolvenzzeitraums ergangene Entscheidung, den Betrieb von NCHZ weiterzuführen, getroffen worden sei, als sich die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gläubger geändert hätten (Erwägungsgründe 82 bis 84 des angefochtenen Beschlusses). Die Analyse des Verwalters von März 2014 (im Folgenden: Analyse von März 2014), die nach der gleichen Methode wie die Analyse im zweiten Insolvenzzeitraum erstellt worden sei, sei sehr knapp und hypothetisch gewesen und erst nachträglich angefertigt worden (87. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass die slowakischen Behörden nicht nachgewiesen hätten, dass, wenn das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen nicht auf NCHZ angewandt worden wäre, die Weiterführung des Betriebs von NCHZ auf der Grundlage einer eingehenden Analyse und Diskussion aller Beteiligten zu Beginn des Insolvenverfahrens bzw. im Lauf des Jahres 2010 tatsächlich beschlossen worden wäre (88. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

47      Die Kommission führte weiter aus, dass die Ungewissheit, von der der Entscheidungsprozess im Rahmen des gewöhnlichen Insolvenzrechts geprägt sei, durch die Anwendung des Gesetzes für strategisch wichtige Unternehmen ausgeräumt worden sei, weil damit sichergestellt gewesen sei, dass der Betrieb von NCHZ zumindest bis zum Außerkrafttreten dieses Gesetzes Ende des Jahres 2010 uneingeschränkt weitergeführt werde. Dies sei ein „starkes Signal“ für einen Sektor – d. h. für die chemische Industrie – gewesen, in dem die Versorgungssicherheit für die Kunden von besonderer Bedeutung sei. NCHZ habe, wie aus der nach Außerkrafttreten des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen erstellten wirtschaftlichen Analyse des Verwalters hervorgehe, 2009 und 2010 eine Reihe von Kunden verloren. Ohne die Anwendung dieses Gesetzes auf NCHZ hätte daher ein sehr viel höheres Risiko bestanden, infolge der durch das Insolvenzverfahren entstandenen Ungewissheit noch mehr Umsatz zu verlieren. Dadurch hätte sich auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Gläubiger in einer Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr gesehen und sich für eine Einstellung des Betriebs von NCHZ ausgesprochen hätten (Erwägungsgründe 85, 86, 88 und 89 des angefochtenen Beschlusses).

48      Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen NCHZ einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt habe, weil sie dadurch vor dem regulären Ablauf eines Insolvenzverfahrens nach dem Insolvenzgesetz bewahrt worden sei und der Insolvenzverwalter, die Gläubiger und das Insolvenzgericht weder zu Beginn des Insolvenzverfahrens noch im Jahr 2010 die Möglichkeit gehabt hätten, angesichts der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation von NCHZ deren Betrieb zu stoppen oder starke Einschnitte der Belegschaft zu beschließen. Mit der ersten Maßnahme sei NCHZ und anderen Beteiligten, insbesondere den Kunden und Lieferanten, die Weiterführung des Betriebs dieses Unternehmens zugesichert worden, die nach dem regulären Insolvenzrecht niemals gewährleistet sei; NCHZ sei damit eine Sonderbehandlung im Vergleich zu seinen Wettbewerbern in ähnlicher Situation zuteil geworden (Erwägungsgründe 78, 85, 89 und 90 des angefochtenen Beschlusses).

49      Aus diesen Erwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss ergibt sich, dass sie entgegen dem Vorbringen der Klägerin angegeben hat, aus welchen Gründen sie der Ansicht war, dass die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ dieser einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffte, den sie im Rahmen des gewöhnlichen Insolvenzrechts nicht erhalten hätte. Die Kommission hat somit ihre Analyse der mit der Anwendung dieses Gesetzes verbundenen Folgen dargelegt, d. h. der automatischen Weiterführung des Betriebs von NCHZ und die Beschränkung von Massenentlassungen unabhängig von der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation von NCHZ und trotz des Umstands, dass sie ihre Schulden insbesondere gegenüber verschiedenen staatlichen Stellen nicht begleichen konnte. Die Kommission hat auch ausgeführt, dass die automatische Weiterführung des Betriebs von NCHZ ihrer Ansicht nach deren Kunden und Lieferanten eine Sicherheit gab, die in einem regulären Insolvenzverfahren nicht bestanden hätte.

50      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Kommission zudem die Gründe angeführt, aus denen sie der Auffassung war, dass die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen nicht das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers erfülle, und „ihre Ausführungen [nicht] auf die Feststellung [beschränkt], dass die Anwendung des [genannten] Gesetzes durch öffentliche Erwägungen begründet war, die ein privater Gläubiger nicht berücksichtigt hätte“. Im Anschluss an diese Ausführungen ist die Kommission, anders als die Klägerin geltend macht, auch auf das Vorbringen der slowakischen Behörden zu den Stellungnahmen des ersten Verwalters und des Verwalters eingegangen. Sie hat insoweit dargelegt, weshalb sie zum einen sowohl die Analyse vom 26. Oktober 2009 als auch die Analyse von März 2014 unberücksichtigt ließ und zum anderen der Auffassung war, dass sie keine Beweise dafür habe, dass sich der zuständige Ausschuss für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ während des ersten Insolvenzzeitraums ausgesprochen hätte. So hat sie darauf hingewiesen, dass die Analyse von März 2014, die nach der gleichen Methode wie die Analyse im zweiten Insolvenzzeitraum erstellt worden sei, sehr knapp und hypothetisch sei und erst nachträglich angefertigt worden sei. In diesem Zusammenhang hat sie auf mehrere Randnummern von drei unionsgerichtlichen Urteilen Bezug genommen, in denen festgestellt wurde, dass für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nur die im Zeitpunkt der staatlichen Entscheidung verfügbaren Belege und vorhersehbaren Entwicklungen relevant sind. Sie hat ferner ausgeführt, dass die slowakischen Behörden ihrer Auffassung nach nicht nachgewiesen hätten, dass die Weiterführung des Betriebs von NCHZ auf der Grundlage einer eingehenden Analyse und Diskussion aller Beteiligten zu Beginn des Insolvenverfahrens bzw. im Lauf des Jahres 2010 tatsächlich beschlossen worden wäre. Schließlich hat sie auf die unterschiedliche wirtschaftliche Situation der Gläubiger bei der Beschlussfassung zu Beginn des zweiten Zeitraums verwiesen.

51      Im Übrigen betrifft das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe nicht erläutert, weshalb sich der zuständige Ausschuss gegen die Weiterführung des Betriebs von NCHZ ausgesprochen hätte, nicht die Frage der ausreichenden Begründung des angefochtenen Beschlusses, sondern zeigt, dass die Klägerin die Überlegungen, die der Analyse und den Schlussfolgerungen der Kommission zugrunde liegen, insofern für nicht stichhaltig hält, als sie bestreitet, dass nicht nachgewiesen sei, wie die Entscheidung des zuständigen Ausschusses ausgefallen wäre. Ob die Begründungspflicht beachtet wurde und ob die Begründung des angefochtenen Beschlusses stichhaltig ist, sind jedoch Fragen, die nach der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung auseinanderzuhalten sind.

52      Es kann somit nicht der Schluss gezogen werden, dass der angefochtene Beschluss bezüglich der Feststellung der Kommission, dass NCHZ eine staatliche Beihilfe gewährt worden sei, unzureichend begründet ist, so dass der dritte Klagegrund zurückzuweisen ist.

B.      Zum ersten und zweiten Teil des ersten Klagegrundes, mit denen geltend gemacht wird, dass keine staatlichen Mittel übertragen worden seien bzw. NCHZ kein wirtschaftlicher Vorteil verschafft worden sei

53      Der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV gerügt wird, gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten Teil macht die Klägerin geltend, dass die Einstufung von NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ nicht zu einer Übertragung staatlicher Mittel geführt habe. Mit dem zweiten Teil macht sie geltend, dass diese Maßnahme NCHZ keinen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe. Mit dem dritten Teil trägt sie vor, dass die Kommission, selbst wenn sie hätte annehmen dürfen, dass NCHZ mit der ersten Maßnahme eine staatliche Beihilfe gewährt worden sei, bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

54      Das Gericht hält es für angebracht, zunächst die ersten beiden Teile des ersten Klagegrundes zu prüfen, die die Einstufung der betreffenden Maßnahme als staatliche Beihilfe betreffen, während der dritte Teil des Klagegrundes, der sich auf die Berechnung der Höhe dieser Beihilfe bezieht, nach der Würdigung des zweiten Klagegrundes geprüft wird.

55      Mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 75 bis 77 des angefochtenen Beschlusses belegten nicht, dass mit der Einstufung von NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ eine Übertragung staatlicher Mittel verbunden gewesen sei. Erstens habe die Einstufung von NCHZ als strategisch wichtiges Unternehmen zu keiner solchen Übertragung geführt, da der slowakische Staat – gemessen an den Kosten, die zu tragen gewesen wären, wenn das gewöhnliche Insolvenzverfahren durchgeführt worden wäre – keine zusätzlichen Kosten zu tragen gehabt habe. Aus der Rechtsprechung ergebe sich, dass es für die Annahme einer Übertragung staatlicher Mittel mehr bedürfe als das abstrakte Risiko einer Erhöhung der öffentlichen Passiva, das aufgrund der Fortführung der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens im Insolvenzverfahren eintrete, da die Erhöhung der öffentlichen Passiva eine untrennbar mit der Anwendung des betreffenden Insolvenzgesetzes verbundene Folge sei. Die Klägerin verweist insoweit auf das Urteil vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579, Rn. 36, 41 und 43). In der Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz trägt sie zweitens vor, es sei unmöglich, die natürlichen Folgen einer Weiterführung des Betriebs während des Insolvenzverfahrens als einen „Verzicht auf öffentliche Forderungen“ zu betrachten. Wollte man diesem Argument folgen, ließe sich jede Weiterführung eines Betriebs, die mit einer zunehmenden Verschuldung gegenüber öffentlichen Gläubigern im Laufe eines Insolvenzverfahrens einherginge, als eine Übertragung staatlicher Mittel ansehen. In der Erwiderung führt sie drittens aus, sie räume ein, dass das Kriterium, das im Urteil vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579), für die Feststellung entwickelt worden sei, ob staatliche Mittel übertragen worden seien, sehr stark dem Kriterium gleiche, anhand dessen festgestellt werden könne, ob ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt worden sei.

56      Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes rügt die Klägerin einen offenkundigen Beurteilungsfehler der Kommission in Bezug auf das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils, der NCHZ aufgrund ihrer Einstufung als „strategisch wichtiges Unternehmen“ gewährt worden sei. Erstens habe NCHZ keinen Vorteil erlangt, den sie bei Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts nicht erhalten hätte, da ihre Gläubiger sich in jedem Fall für eine Weiterführung ihres Betriebs entschieden hätten und das zeitweilige Verbot von Massenentlassungen nur den slowakischen Staat, nicht aber NCHZ begünstigt habe. Zweitens habe die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers erfüllt, da diese Anwendung für die öffentlichen Gläubiger wirtschaftlich vorteilhaft gewesen sei.

57      Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

1.      Hinweis auf die Rechtsprechung

58      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Einstufung als staatliche Beihilfe voraussetzt, dass alle in Art. 107 Abs. 1 AEUV aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. So muss erstens ein Eingreifen des Staates oder mit Hilfe staatlicher Mittel vorliegen. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Empfänger durch sie ein selektiver Vorteil verschafft werden. Viertens muss die Maßnahme den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission, T‑284/15, EU:T:2018:950, Rn. 59 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Nach ständiger Rechtsprechung sind nur solche Vorteile als Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden oder eine zusätzliche Belastung für den Staat darstellen. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung wie auch die in Art. 108 AEUV enthaltenen Verfahrensvorschriften zeigen nämlich, dass die aus anderen als staatlichen Mitteln gewährten Vorteile nicht in den Anwendungsbereich der fraglichen Vorschrift fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. März 1993, Sloman Neptun, C‑72/91 und C‑73/91, EU:C:1993:97, Rn. 19, vom 1. Dezember 1998, Ecotrade, C‑200/97, EU:C:1998:579, Rn. 35, und vom 13. März 2001, PreussenElektra, C‑379/98, EU:C:2001:160, Rn. 58).

60      Allerdings muss nach ständiger Rechtsprechung nicht in jedem Fall festgestellt werden, dass eine Übertragung staatlicher Mittel stattgefunden hat, damit der einem oder mehreren Unternehmen gewährte Vorteil als eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden kann (Urteil vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 55, vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C‑387/92, EU:C:1994:100, Rn. 14, und vom 19. Mai 1999, Italien/Kommission, C‑6/97, EU:C:1999:251, Rn. 16).

61      Der Begriff „Beihilfe“ umfasst daher nicht nur positive Leistungen wie etwa Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, ihnen aber nach Art und Wirkungen gleichstehen (vgl. Urteil vom 21. März 2013, Kommission/Buczek Automotive, C‑405/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:186, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Ferner ist der Begriff der staatlichen Beihilfe, wie er im Vertrag definiert ist, nach der Rechtsprechung ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen. Deshalb hat der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 111).

63      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter im Rahmen der Kontrolle, die er in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen ausübt, nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen darf (Urteile vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 75, und vom 21. März 2013, Kommission/Buczek Automotive, C‑405/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:186, Rn. 49).

64      Der Unionsrichter muss jedoch nicht nur die sachliche Richtigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kohärenz der angeführten Beweise prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteile vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 76, und vom 21. März 2013, Kommission/Buczek Automotive, C‑405/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:186, Rn. 50).

2.      Angefochtener Beschluss

65      Die Erwägungen der Kommission in dem angefochtenen Beschluss zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils, der NCHZ aufgrund ihrer Einstufung als „strategisch wichtiges Unternehmen“ gewährt wurde, sind oben in den Rn. 44 bis 48 dargelegt worden.

66      Zum Einsatz staatlicher Mittel als Folge der ersten Maßnahme stellte die Kommission fest, dass, „[n]achdem NCHZ strategische Bedeutung zuerkannt worden war, … der Betrieb weitergeführt [wurde], obwohl ganz eindeutig das Risiko bestand (und dann auch tatsächlich eintrat), dass die Einnahmen nicht ausreichen würden, um die Betriebskosten während des Insolvenzverfahrens einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge und anderer Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand zu decken“ (74. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie führte weiter aus, dass „es durch die Fortführung der Geschäftstätigkeit und den weiteren Anstieg der Verbindlichkeiten infolge der Anwendung des Gesetzes [über strategisch wichtige Unternehmen] für die öffentlichen Gläubiger noch schwieriger [wurde], ihre Forderungen geltend zu machen“ (76. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie gelangte zu dem Schluss, dass durch die Erklärung von NCHZ zu einem strategisch wichtigen Unternehmen eine Übertragung staatlicher Mittel stattgefunden habe, die in entgangenen Einnahmen aus öffentlichen Forderungen bestanden habe, die NCHZ während des ersten Insolvenzzeitraums nicht beglichen habe (77. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

3.      Zur Einstufung der ersten Maßnahme als staatliche Beihilfe durch die Kommission

67      Zunächst ist zu den Voraussetzungen, die nach der oben in Rn. 58 angeführten Rechtsprechung für die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe erfüllt sein müssen, festzustellen, dass die Klägerin weder bestreitet, dass die erste Maßnahme selektiver Natur ist, noch, dass sie geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

68      Ferner stellt die Klägerin mit ihren Ausführungen zur Begründung des vorliegenden Teils des ersten Klagegrundes zwar nicht in Abrede, dass die erste Maßnahme auf den Staat zurückzuführen ist, will damit aber bestreiten, dass die genannten Maßnahmen staatliche Mittel im Sinne einer zusätzlichen Belastung für den Staat oder für öffentliche Stellen beinhalteten, und dartun, dass NCHZ sich in keiner anderen Situation befunden hätte, wenn diese sich nach den Vorschriften des Insolvenzgesetzes bestimmt hätte. Damit stellt sie jedoch im Kern das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils in Frage. In ihrer Klageschrift verweist sie bei ihrer Analyse der Voraussetzung des Bestehens eines Vorteils im Übrigen auf die „vorstehend darlegten Umstände“, d. h. die zum Begriff der Übertragung staatlicher Mittel dargelegten Umstände, und macht geltend, dass sich daraus eindeutig ergebe, dass NCHZ keinen Vorteil erhalten habe, den das Unternehmen bei Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts nicht erhalten hätte. Folglich ist dieses Vorbringen der Klägerin der Prüfung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes zuzuordnen, und die ersten beiden Teile dieses Klagegrundes sind gemeinsam zu prüfen.

69      Für die Beurteilung der Frage, ob NCHZ durch die erste Maßnahme einen wirtschaftlichen Vorteil erlangte und ob der angefochtene Beschlusss in diesem Punkt rechtmäßig ist, ist festzustellen, dass die Klägerin und die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, zwar darüber einig sind, dass das Urteil vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579), im vorliegenden Fall einschlägig ist, aus ihm jedoch unterschiedliche Schlüsse ziehen.

70      Die Klägerin ist der Auffassung, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen NCHZ einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe, eine Prüfung in zwei Schritten vorzunehmen sei. Als Erstes sei zu ermitteln, ob NCHZ aufgrund dieses Gesetzes in den Genuss eines wirtschaftlichen Vorteils gelangt sei, den sie nicht erhalten hätte, wenn das Insolvenzgesetz angewandt worden wäre, und das „Alternativszenario“ zu untersuchen, was eine nachträgliche hypothetische Analyse erfordere. Sei diese erste Frage zu verneinen, könne das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils ausgeschlossen werden, da NCHZ tatsächlich nicht besser gestellt worden sei als bei Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts. Als Zweites könne, wenn die erste Frage zu bejahen sei, das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils dann ausgeschlossen werden, wenn der slowakische Staat bei Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Wirtschaftsteilnehmer gehandelt und die Anwendung dieses Gesetzes somit im Einklang mit seinen wirtschaftlichen Interessen gestanden habe.

71      Die Kommission ist demgegenüber der Ansicht, dass der von der Klägerin vertretene Standpunkt die Rechtsprechung zum Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers ins Leere laufen lasse.

72      Nach den Urteilen vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579, Rn. 45), und vom 17. Juni 1999, Piaggio (C‑295/97, EU:C:1999:313, Rn. 43), stellt sich die Anwendung einer von den allgemeinen konkursrechtlichen Vorschriften abweichenden Regelung auf ein Unternehmen in zwei Fällen als staatliche Beihilfe dar. Im ersten Fall steht im Wesentlichen fest, dass dem Unternehmen erlaubt wurde, seine wirtschaftliche Tätigkeit unter Umständen fortzusetzen, unter denen dies bei Anwendung der allgemeinen konkursrechtlichen Vorschriften ausgeschlossen gewesen wäre. Im zweiten Fall steht im Wesentlichen fest, dass dem Unternehmen eine oder mehrere Vergünstigungen wie eine staatliche Bürgschaft, ein verringerter Abgabensatz, ein Erlass von Geldbußen und anderen Zwangsgeldern oder ein völliger oder teilweiser tatsächlicher Verzicht auf öffentliche Forderungen gewährt worden sind, die ein anderes zahlungsunfähiges Unternehmen bei Anwendung der allgemeinen konkursrechtlichen Vorschriften nicht hätte beanspruchen können.

73      Im Licht dieser Erwägungen ist die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommene Beurteilung der ersten Maßnahme zu überprüfen, um zu bestimmen, ob die Kommission fehlerfrei festgestellt hat, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe für NCHZ beinhaltete.

74      Insoweit sind an erster Stelle die Voraussetzungen zu prüfen, unter denen die Weiterführung des Betriebs von NCHZ aufgrund der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen erlaubt wurde, sowie die mit dieser Anwendung verbundenen Folgen. An zweiter Stelle ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, wonach die Entscheidung der slowakischen Regierung, auf NCHZ das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen anzuwenden, das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers erfüllt habe. An dritter Stelle ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, wonach die Lage dieselbe gewesen wäre, wenn NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht ausgesetzt gewesen wäre.

a)      Zu den Voraussetzungen für die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ aufgrund deren Einstufung als „strategisch wichtiges Unternehmen“ und den mit dieser Anwendung verbundenen Folgen

75      Es steht fest, dass der erste Verwalter aufgrund der Einstufung von NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ im vorliegenden Fall keine andere Wahl hatte, als den Betrieb von NCHZ weiterzuführen, wozu er aufgrund der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen verpflichtet war (80. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Während des ersten Insolvenzzeitraums, in dem NCHZ diesem Gesetz unterlag, musste das Unternehmen daher seinen Betrieb weiterführen, und zwar unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage und ohne jede Rücksicht auf das Interesse seiner Gläubiger und somit trotz des Umstands, dass seine Schulden wuchsen und höher waren als die Einnahmen (Erwägungsgründe 78, 80 und 81 des angefochtenen Beschlusses).

76      Obwohl der Betrieb von NCHZ gegen Ende des Jahres 2009 defizitär war, wie in der Analyse vom 26. Oktober 2009 ausgeführt, wurden die vorinsolvenzlichen öffentlichen Gläubiger, die Inhaber von nachinsolvenzlichen Forderungen waren, daher einer Situation ausgesetzt, in der sie während eines nicht beschränkbaren Zeitraums ein sehr wahrscheinliches Anwachsen der Zahlungsrückstände zu ihren Lasten hinnehmen mussten.

77      Dass die automatische Weiterführung des Betriebs von NCHZ im Rahmen der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen an eine Beschränkung von Massenentlassungen geknüpft war, erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden Verschuldung von NCHZ, insbesondere gegenüber den öffentlichen Gläubigern, darunter die Sociálna poisťovňa, a.s. (Sozialversicherungsgesellschaft, Slowakei) und die Všeobecná zdravotná poisťovňa, a.s. (Krankenversicherungsgesellschaft, Slowakei), weiter. Wegen dieser Beschränkung konnten die Betriebskosten von NCHZ nicht durch einen Personalabbau gesenkt werden. NCHZ musste aber in der Lage sein, im Zuge der automatischen Weiterführung des Geschäftsbetriebs ihre Zulieferer zu bezahlen, und konnte angesichts ihrer finanziellen Lage nicht zugleich gegenüber den beiden genannten öffentlichen Gläubigern in vollem Umfang für die Sozialkosten aufkommen. Andererseits konnte NCHZ aufgrund dieser Beschränkung das Personal behalten, um ihren Betrieb weiterzuführen.

78      Ferner gab die erste Maßnahme, wie von der Kommission im angefochtenen Beschluss ausgeführt (Erwägungsgründe 85 und 86 des angefochtenen Beschlusses), den Kunden die Sicherheit, dass der Betrieb von NCHZ während des gesamten ersten Insolvenzzeitraums aufrechterhalten würde.

79      Folglich hat die Kommission die sich aus der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ ergebenden Folgen fehlerfrei festgestellt.

b)      Zum Vorbringen der Klägerin, wonach die Entscheidung des slowakischen Staates, NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ einzustufen, das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers erfüllt habe

80      Die Klägerin ist der Auffassung, die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen habe das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers erfüllt, weil sie für die öffentlichen Gläubiger wirtschaftlich von Vorteil gewesen sei. Zum einen finde das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers nicht nur auf Maßnahmen Anwendung, die theoretisch von privaten Wirtschaftsteilnehmern getroffen werden könnten, sondern auch auf Maßnahmen, die – wie Rechtsakte – hoheitlicher Art seien und daher nur vom Staat erlassen werden könnten. Politische Erwägungen schlössen eine Erfüllung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers nicht aus, da Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht zwischen den verschiedenen Zielen von oder Gründen für Maßnahmen unterscheide, sondern sie nur anhand ihrer Wirkungen bestimme.

81      Zum anderen sei das Kriterium des privaten Gläubigers nicht nur in Bezug auf die privatrechtlichen Forderungen des Staates, sondern auch in Bezug auf dessen öffentlich-rechtliche Forderungen wie etwa diejenigen, die sich auf die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge bezögen, anwendbar. Im vorliegenden Fall sei dieses Kriterium erfüllt, da die Weiterführung des Betriebs von NCHZ als das für die öffentlichen Gläubiger wirtschaftlich bei weitem günstigste Szenario anzusehen sei. Um diesen Vergleich anzustellen, seien sämtliche einschlägigen Daten zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt des Erlasses der ersten Maßnahme bekannt gewesen seien.

82      Erstens hätten die bevorrechtigten und die nicht bevorrechtigten vorinsolvenzlichen öffentlichen Gläubiger ein deutliches Interesse an der Weiterführung des Betriebs von NCHZ gehabt, da die Weiterführung das einzige Mittel gewesen sei, eine zumindest teilweise Begleichung ihrer vorinsolvenzlichen Forderungen zu erreichen, und sie nicht Gefahr liefen, eine größere finanzielle Belastung tragen zu müssen. Aus der Entscheidung des slowakischen Staates, NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ einzustufen, gehe klar hervor, dass er gewusst habe, dass sich diese Gläubiger im Fall einer Liquidation des Unternehmens in einer schlechteren Lage befinden würden.

83      Zweitens hätten die slowakischen Behörden im förmlichen Prüfverfahren ausführliche Informationen vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der ersten Maßnahme die Weiterführung des Betriebs von NCHZ auch unter Berücksichtigung einer möglichen Erhöhung offenstehender Verbindlichkeiten die wirtschaftlich beste Option gewesen sei. Es sei z. B. nachgewiesen worden, dass die Lage der Sozialversicherungsgesellschaft, die der wichtigste nachinsolvenzliche öffentliche Gläubiger gewesen sei, eindeutig schlechter gewesen wäre, wenn NCHZ sofort liquidiert worden wäre. Im angefochtenen Beschluss habe die Kommission auf diese Argumente aber nicht einmal Bezug genommen. In der Erwiderung führt die Klägerin weiter aus, eine Unterscheidung der Kosten, die die Sozialversicherungsgesellschaft bei einer Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu tragen gehabt hätte, von den Kosten, die ihr bei einer sofortigen Liquidierung von NCHZ entstanden wären, beinhalte eine nicht gerechtfertigte Einschränkung.

84      Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission weder im angefochtenen Beschluss noch vor dem Gericht bestritten habe, dass die Zahlen zutreffend seien.

85      Nach der Rechtsprechung setzt das Kriterium des privaten Gläubigers voraus, dass das Verhalten eines öffentlichen Gläubigers mit dem eines privaten Gläubigers verglichen wird, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet. Hierbei kann es auf Tatsachen ankommen, die belegen, dass die Entscheidung des Staates auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein privater Gläubiger hätte vornehmen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Mai 2017, Fondul Proprietatea, C‑150/16, EU:C:2017:388, Rn. 25 und 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Das Kriterium des privaten Gläubigers ist vorliegend jedoch nicht anwendbar. Der slowakische Staat hat im Verwaltungsverfahren nämlich nichts vorgetragen, was belegen würde, dass er die Entscheidung über die Einstufung von NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ im Rahmen einer wirtschaftlich orientierten Maßnahme in seiner Eigenschaft als Gläubiger, nicht aber in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt getroffen habe (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 81 und 82).

87      In jedem Fall hat die Kommission, wenn sie einen Zweifel an der Anwendbarkeit des genannten Kriteriums hat, nach der Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den vom betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im konkreten Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob der Mitgliedstaat die in Rede stehende Maßnahme als Wirtschaftsteilnehmer oder als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat. Hierbei sind insbesondere Art und Gegenstand der Maßnahme, ihr Kontext sowie das verfolgte Ziel und die Regeln, denen sie unterliegt, von Bedeutung. Demgegenüber reichen nach Erlass der Maßnahme erstellte wirtschaftliche Bewertungen, eine rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom Mitgliedstaat getroffenen Maßnahme oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise nicht für den Nachweis aus, dass der Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dem Erlass der Maßnahme eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer getroffen hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 85 und 86).

88      Aus dem Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen und der Entscheidung der slowakischen Regierung über die Zuerkennung des Status als strategisch wichtiges Unternehmen an NCHZ ergibt sich aber, dass die slowakische Regierung damit allein bezweckte, die nachteiligen Auswirkungen einer Betriebseinstellung von NCHZ auf das Funktionieren und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten chemischen Industrie in der Slowakei sowie auf die Beschäftigungslage in der betreffenden Region, die die slowakische Wirtschaft gefährden würden, zu verhindern. Demgegenüber ergibt sich aus der Entscheidung des slowakischen Staates, NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ einzustufen, entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass dieser wusste, dass die Lage der vorinsolvenzlichen öffentlichen Gläubiger bei einer Liquidation des Unternehmens schlechter wäre.

89      Wie die Kommission ausführt, steht die Beschränkung von Massenentlassungen im Einklang mit der hauptsächlichen Zielsetzung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen, die darin bestand, die Tätigkeiten solcher Unternehmen aufrechtzuerhalten, was zweifellos zumindest erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht worden wäre, wenn die vom amtierenden Verwalter in Bezug auf NCHZ getroffenen Maßnahmen zu einem erheblichen Personalabbau hätten führen können.

90      Erstens würde der Vortrag der Klägerin voraussetzen, dass der Staat als ein einheitlicher öffentlicher Gläubiger angesehen werden kann. Diese Auffassung ist jedoch im Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission (T‑284/15, EU:T:2018:950, Rn. 184 bis 196 [nicht veröffentlicht]), zurückgewiesen worden.

91      Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss (Erwägungsgründe 81, 83, 87 und 88 des angefochtenen Beschlusses) im Wesentlichen ausgeführt hat, gibt es zudem keine ausreichende und aktuelle Studie über die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ, mit der die Weiterführung des Betriebs von NCHZ unter Berücksichtigung der Interessen der öffentlichen Gläubiger untersucht worden wäre. Für die Anwendbarkeit und die Anwendung des Kriteriums des privaten Gläubigers sind jedoch nur die im Zeitpunkt der betreffenden Entscheidung verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen relevant (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 105). Die Klägerin führt ferner aus, dass sie „nicht überprüfen [kann], ob diese umfassenden Untersuchungen [der Frage, ob die Lage der vorinsolvenzlichen öffentlichen Gläubiger bei einer Liquidation von NCHZ schlechter gewesen wäre,] vor dem Erlass der Entscheidung [über die Einstufung von NCHZ als ‚strategisch wichtiges Unternehmen‘] vorgenommen wurden“. Sie trägt auch vor, dass der amtierende Verwalter aufgrund dieser Einstufung seinerzeit deswegen keine abschließende Analyse hätte erstellen können, weil die Durchführung dieser Analyse, wie die Klägerin auf eine Frage des Gerichts erläutert hat, wegen der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen nicht erforderlich gewesen sei.

92      Zweitens kann der Vortrag der Klägerin selbst bei Berücksichtigung nur der Lage der Sozialversicherungsgesellschaft, worauf auch die slowakischen Behörden in ihrer zweiten Antwort an die Kommission vom 29. November 2013 abstellten, keinen Erfolg haben. Die Klägerin macht zwar geltend, dass diese Gesellschaft, die die wichtigste nachinsolvenzliche Gläubigerin gewesen sei, bei einer sofortigen Liquidation Inhaberin einer Forderung von mehr als 3 Mio. Euro gewesen wäre, sie nennt jedoch nicht die Höhe der Forderung der Gesellschaft bei Weiterführung des Betriebs von NCHZ, die, wie es die oben in Rn. 91 angeführte Rechtsprechung verlangt, zu dem Zeitpunkt hätte bewertet werden müssen, zu dem die Gesellschaft als „strategisch wichtiges Unternehmen“ eingestuft wurde.

93      Auch das in der Erwiderung vorgebrachte Argument der Klägerin, wonach der slowakische Staat berücksichtigt habe, dass er bei einer Liquidation von NCHZ über die Sozialversicherungsgesellschaft Arbeitslosengeld hätte zahlen müssen, ist zurückzuweisen. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass an die ehemaligen Arbeitnehmer von NCHZ sowie an die ehemaligen Arbeitnehmer der sonstigen von der Liquidation unmittelbar betroffenen Unternehmen Arbeitslosengeld zu zahlen gewesen wäre und dass der Gesamtbetrag dieser Zahlungen weit höher gewesen wäre als die angebliche Beihilfe. Wenn aber dieses Arbeitslosengeld zu zahlen gewesen wäre, so wäre es nicht an NCHZ, sondern an Arbeitnehmer gezahlt worden, von denen einige bei anderen Unternehmen beschäftigt waren. Folglich darf der Umstand, dass der slowakische Staat zum Schuldner ehemaliger Arbeitnehmer von NCHZ oder anderer Unternehmen werden kann, nicht berücksichtigt werden, wenn es darum geht, sein Verhalten als Gläubiger von NCHZ zu untersuchen. Wie die Kommission ausführt, räumt die Klägerin ein, dass der slowakische Staat in seiner Eigenschaft als der für Leistungen bei Arbeitslosigkeit an ehemalige Arbeitnehmer zuständige Träger hoheitlicher Gewalt, nicht aber in seiner Eigenschaft als Gläubiger von NCHZ möglicherweise begünstigt wurde, was die von der Klägerin vorgetragenen Zahlen, selbst wenn sie zuträfen, unerheblich sein lässt. Insoweit ist nämlich festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin sowohl zur Anzahl der Arbeitnehmer, die hätten betroffen sein können, als auch hinsichtlich der erfolgten zahlenmäßigen Bewertung auf Vermutungen beruht.

94      Daher ist, selbst wenn man unterstellt, dass das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers im vorliegenden Fall anwendbar ist, das Vorbringen der Klägerin, wonach die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ dieses Kriterium erüllt habe, zurückzuweisen.

c)      Zum Vorbringen der Klägerin, dass die Lage dieselbe gewesen wäre, wenn NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht unterworfen gewesen wäre

95      Die Klägerin macht unter Berufung auf eine Reihe tatsächlicher Gesichtspunkte geltend, dass die Lage, die durch die Anwendung des Insolvenzgesetzes auf NCHZ herbeigeführt worden wäre, dieselbe wäre wie die, die durch die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ entstanden sei. NCHZ habe daher im Rahmen der Weiterführung des vom Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen vorgegebenen Betriebs keinen zusätzlichen Vorteil erlangt.

1)      Zu dem Vorbringen, dass sich der erste Verwalter vor dem Erlass des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ ausgesprochen habe

96      Als Erstes macht die Klägerin geltend, der erste Verwalter habe sich am 14. Oktober 2009 und somit vor dem Erlass des Gesetzes über strategisch wichige Unternehmen für eine Weiterführung des Betriebs von NCHZ ausgesprochen. Sie beruft sich dafür auf eine von einer Presseagentur wiedergegebenen Erklärung. Es ist indessen festzustellen, dass es sich dabei eher um eine Absichtserklärung gehandelt hat als um eine Entscheidung, die den ersten Verwalter hätte binden können, da dieser erklärte, er „werde alles tun, um den Betrieb des Unternehmens weiterzuführen“. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass der Verwalter dem betreffenden slowakischen Minister noch eine Wirtschaftsanalyse bezüglich der Weiterführung des Betriebs von NCHZ vorlegen müsse, die am 26. Oktober 2009 überreicht wurde.

97      Als Zweites macht die Klägerin geltend, der erste Verwalter sei der Auffassung gewesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ erfüllt seien, wie er in seiner Rede vor den Arbeitnehmern von NCHZ auf einer Versammlung am 20. Oktober 2009 erläutert habe. Die Klägerin führt jedoch nur einen Teil der Rede an. In dieser Rede hat der erste Verwalter zwar ausgeführt, dass die ursprüngliche Bewertung ihn zu dem Schluss geführt habe, dass der Wert von NCHZ als laufendes Unternehmen erheblich höher sei, als wenn das Vermögen auf andere Weise veräußert würde. Er hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass ein weiterer, nicht weniger wichtiger Grund für seine Entscheidung, den Betrieb weiterzuführen, die wirtschaftliche und soziale Bedeutung des insolventen Unternehmens für die gesamte betroffene Region sei, und zwar nicht nur für die „geringe Zahl“ der Arbeitnehmer von NCHZ, sondern auch für deren Familien. Diese beiden Gründe, d. h. der wirtschaftliche Wert von NCHZ und die sozialen Auswirkungen, werden darüber hinaus in seiner Rede später wieder aufgegriffen. Der zweite Grund entspricht überdies dem Grund, der im Rahmen des Erlasses des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen geltend gemacht wurde. Es kann infolgedessen nicht angenommen werden, dass die Entscheidung des ersten Verwalters nur mit der Analyse der wirtschaftlichen Lage von NCHZ zusammenhing.

98      Als Drittes beruft sich die Klägerin auf die Analayse vom 26. Oktober 2009. Zunächst ist festzustellen, dass das, was die Klägerin als Analyse einstuft, eine Vorlage ist, die Grafiken, Listen summarischer Überlegungen zu den wirtschaftlichen Ergebnissen für die Zeit von Januar bis November 2009, die wirtschaftlichen Maßnahmen des ersten Verwalters für das vierte Quartal 2009, den Wirtschaftsplan für 2010 sowie einen abschließenden Teil in drei Punkten enthält.

99      Erstens behauptet die Klägerin zwar, dass die meisten Maßnahmen, die in der Analyse vom 26. Oktober 2009 erwähnt würden, auf Marktentwicklungen oder Verhandlungen mit privaten Wirtschaftsteilnehmern beruht hätten, doch geht dies aus dem vorgelegten Dokument nicht hervor. Wie die Kommission vorträgt, ist zudem darauf hinzuweisen, dass bestimmte Maßnahmen wie Steuererleichterungen ein staatliches Eingreifen vorausgesetzt hätten.

100    Zweitens ist der erste Verwalter in der Analyse vom 26. Oktober 2009 zwar, wie die Klägerin vorträgt, zu dem Ergebnis gelangt, dass NCHZ fortgeführt werden müsse, um es als laufendes Unternehmen zu veräußern und ihren Gläubigern eine bestmögliche Befriedigung zu verschaffen. Er hat jedoch hinzugefügt, dass er „ausschließlich so vorgehen [wird], dass gewährleistet ist, dass aus dem Betrieb des Unternehmens keine offenen Verbindlichkeiten entstehen“. Selbst wenn daher der erste Verwalter im Oktober 2009 der Meinung war, dass die Entscheidung über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ damals die beste Lösung war, bedeutet dies nicht, dass diese Entscheidung bei Berücksichtigung der Entwicklung der wirtschaftlichen Lage von NCHZ im Jahr 2010 unverändert geblieben wäre.

101    Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Analyse vom 26. Oktober 2009 durch die Produktionszahlen und die zwischen September und November 2009 eingegangenen Aufträge bestätigt worden sei, die ein Beweis dafür gewesen seien, dass NCHZ weiterhin betriebsfähig gewesen sei. Diese Ergebnisse seien nämlich mit den in den acht vorangegangenen Monaten des Jahres 2009 erzielten vergleichbar gewesen, und es habe Grund zu der Annahme bestanden, dass die Tätigkeit des Unternehmens für Kapitalanleger attraktiv sein könne. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zum einen die Bedeutung, die dem gleichbleibenden Stand der Auftragseingänge zukommt, angesichts der Ankündigung des Erlasses eines Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen im Oktober 2009 begrenzt ist. Darüber hinaus ergibt sich aus der zweiten Antwort der slowakischen Behörden an die Kommission vom 29. November 2013, dass die Erlöse aus Veräußerungen und neuen Aufträgen zu jener Zeit eher rückläufig waren. Zum anderen beruht das Vorbringen der Klägerin auf reinen Vermutungen über das Vorhandensein möglicher Kapitalanleger.

102    Selbst wenn daher davon auszugehen wäre, dass sich der erste Verwalter vor dem Erlass des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen über eine bloße Absichtserklärung hinaus für eine Weiterführung des Betriebs von NCHZ ausgesprochen hat, was die Kommission wohl bereit ist einzuräumen, so könnte dies jedenfalls weder bedeuten, dass er während des gesamten ersten Insolvenzzeitraums zwangsläufig bei dieser Auffassung geblieben wäre, noch dass der Verwalter dieser Auffassung gefolgt wäre.

2)      Zum Vorbringen, dass die ursprüngliche Entscheidung des ersten Verwalters vom zuständigen Ausschuss bestätigt worden wäre

103    Die Klägerin trägt vor, es gebe keinen Grund anzunehmen, dass der zuständige Ausschuss die ursprüngliche Entscheidung des ersten Verwalters nicht bestätigt hätte. Es sei bereits klar gewesen, dass die vorinsolvenzlichen Gläubiger im Fall einer Liquidation nicht befriedigt werden würden und deshalb durch eine Abstimmung für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ nichts zu verlieren gehabt hätten und dass sowohl die bevorrechtigten Gläubiger als auch der Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht sich für diese Weiterführung ausgesprochen hätten. Sie beruft sich dafür auf die Analyse von März 2014, die nach der ausdrücklichen Aufforderung der Kommission erstellt worden sei. Es sei offenkundig gewesen, dass sich die Kosten für die Entgiftung des Geländes auf mehrere Millionen Euro belaufen und den vorinsolvenzlichen Forderungen vorgehen würden. Sie trägt ferner vor, dass die Wirtschaftsindikatoren für 2009 mit Sicherheit besser gewesen seien als die für 2010 und dass zwar die reale Entwicklung von NCHZ durch besimmte Marktentwicklungen im Jahr 2010 negativ beeinflust worden sei, diese Entwicklungen jedoch Ende des Jahres 2009 nicht vorhersehbar gewesen seien. Im Übrigen hätten sich die nicht bevorrechtigten nachinsolvenzlichen Gläubiger selbst dann, wenn die Weiterführung des Betriebs von NCHZ nicht in ihrem Interesse gelegen hätte, nicht dagegen wehren können.

104    Insoweit ist als Erstes festzustellen, dass der Vortrag der Klägerin auf Vermutungen und Behauptungen beruht, soweit sie sich auf die Analyse vom 26. Oktober 2009 stützt, die nicht als ausreichend angesehen werden kann (siehe oben, Rn. 98 bis 101). Sie führt keine Analyse an, die während des ersten Insolvenzzeitraums erstellt worden wäre, wobei das Fehlen einer solchen Analyse nicht überrascht, da, wie die Klägerin selbst dargelegt hat (siehe oben, Rn. 91), der Betrieb von NCHZ unabhängig davon, wie eine Analyse nach Inhalt und Schlussfolgerungen zur damaligen Zeit ausgefallen wäre, weiterzuführen war (80. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hatten die slowakischen Behörden in ihrer dritten Antwort an die Kommission vom 13. Januar 2014 erklärt, dass sie zwar davon ausgingen, dass die später getroffenen Enscheidungen ein deutlicher Hinweis dafür sein könnten, dass sich der zuständige Ausschuss zugunsten der Weiterführung des Betriebs von NCHZ ausgeprochen hätte, sie aber nicht wüssten, was der Ausschuss im Dezember 2009 möglicherweise letztlich beschlossen hätte.

105    Als Zweites ist der Umstand, dass sich das Preisniveau für wesentliche Rohstoffe und für bestimmte Erzeugnisse ungünstig entwickeln konnte, wie es der Fall war und von der Klägerin in der Erwiderung angeführt wurde, ein Faktor, den der amtierende Verwalter und der zuständige Ausschuss hätten berücksichtigen müssen. Zwar macht die Klägerin geltend, dass diese Entwicklungen nicht vorhersehbar gewesen seien, als der erste Verwalter über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ entschieden habe, und auch Ende des Jahres 2009 nicht hätten bekannt sein können. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Preiserhöhung für Energie und die Preissenkung für Erzeugnisse in der Analyse vom 26. Oktober 2009 als Begründung für die negativen Ergebnisse zwischen Juni und Juli 2009 angeführt wurden und dass zumindest die Preise für strategisch wichtige Rohstoffe als ein Risikofaktor bezüglich des Finanzmanagements für das vierte Quartal 2009 genannt wurden.

106    Als Drittes ging es, auch wenn man annimmt, dass bekannt war, dass die Kosten für die Entgiftung im Fall einer Einstellung des Betriebs von NCHZ erheblich gewesen wären, gleichwohl um die Frage, ob der amtierende Verwalter und der zuständige Ausschuss einschließlich des Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) tatsächlich der Auffassung gewesen wären, dass sie sich für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ entscheiden mussten. Das Vorbringen der Klägerin beruht insoweit nur auf Vermutungen.

107    Erstens sind die Entscheidungen der Mitglieder des zuständigen Ausschusses nicht bekannt, die nach Maßgabe des Insolvenzgesetzes dem Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) zur Entscheidung hätten vorgelegt werden müssen, d. h. die Entscheidungen der bevorrechtigten Gläubiger und des Gläubigerausschusses.

108    Unerheblich ist nämlich, dass nach Darlegung der Klägerin der Fond národného majetku Slovenskej Republiky (Fonds des Staatseigentums der Slowakischen Republik), der zugleich bevorrechtigter und nicht bevorrechtigter vorinsolvenzlicher öffentlicher Gläubiger war, in einer der ersten Antwort der slowakischen Behörden an die Kommission vom 2. September 2013 beigefügten Erklärung angegeben hat, dass er für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ gestimmt hätte. Diese Erklärung datiert von Juli 2013 und damit aus der Zeit nach dem ersten Insolvenzzeitraum.

109    Zudem behauptet die Klägerin zwar, dass für die vorinsolvenzlichen Gläubiger kein Risiko bestanden habe, lässt jedoch außer Betracht, dass sich nach den Akten die Forderungen bevorrechtigter Gläubiger während des ersten Insolvenzzeitraums erhöhten. Sie nennt im Übrigen die Beträge, um die sich die Forderungen der Gemeinde Nováky (Slowakei) und des Environmentálny fond (Umweltfonds, Slowakei) bereits Ende des Jahres 2009 erhöht hatten, wobei sich diese Beträge auch aus den Akten ergeben. Es wäre folglich nicht richtig, ohne nähere Analyse davon auszugehen, dass die Lage dieser Gläubiger so eindeutig war, dass sie damals nur für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ stimmen konnten.

110    Die Klägerin macht ferner geltend, der Gläubigerausschuss habe sich aus fünf privaten, sämtlich nicht bevorrechtigten Gläubigern zusammengesetzt, die damals alle private Unternehmen gewesen seien und am 11. Januar 2010 für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ gestimmt hätten. Es ist indessen festzustellen, dass diese Entscheidung vom 11. Januar 2010 nicht erheblich sein kann, da NCHZ damals bereits den Vorschriften des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen unterlag. Diese Abstimmung konnte daher nur einen symbolischen Wert haben und darüber hinaus davon beeinflusst sein, dass dieses Gesetz Anwendung fand. Überdies gibt es keinerlei Sicherheit oder auch nur Anzeichen dafür, dass diese Abstimmung in der gleichen Weise wiederholt worden wäre, als sich die wirtschaftliche Situation während des ersten Insolvenzzeitraums 2010 verschlechterte.

111    Soweit zweitens der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) nach dem Gläubigerausschuss und den bevorrechtigten Gläubigern Stellung nehmen musste, besteht bezüglich seiner Entscheidung keine Sicherheit; die Klägerin trägt in Erwiderung auf ein Argument der Kommission lediglich vor, dass er, wie im Jahr 2011 geschehen, die Weiterführung des Betriebs angeordnet hätte.

112    Drittens macht die Klägerin geltend, dass die nachinsolvenzlichen öffentlichen Gläubiger, darunter die Sozialversicherungsgesellschaft und die Krankenversicherungsgesellschaft, die etwa 83 % aller offenen, nach der Insolvenzeröffnung entstandenen Forderungen der öffentlichen Gläubiger hielten, selbst dann der Weiterführung des Betriebs von NCHZ nicht hätten widersprechen können, wenn sie nicht in ihrem Interesse gelegen hätte. Selbst wenn alle diese Gläubiger berechtigt gewesen wären, ihre Auffassung zur Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu äußern – was nicht der Fall gewesen sei –, hätte ihr Widerspruch keinen Einfluss auf die abschließende Entscheidung haben können, da sich der Gesamtbetrag der nach der Insolvenzeröffnung entstandenen Verbindlichkeiten Ende des Jahres 2009 auf 8,5 Mio. Euro belaufen habe und die Forderungen der öffentlichen Gläubiger weniger als 9 % dieses Betrags ausgemacht hätten.

113    Aus den Vorschriften des Insolvenzgesetzes, insbesondere aus Art. 83 Abs. 4 des Gesetzes, ergibt sich zwar nicht, dass die Sozialversicherungsgesellschaft unter den Umständen des vorliegenden Falles im Verfahren zur Entscheidung über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ vor dem Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) hätte eingreifen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission, T‑284/15, EU:T:2018:950, Rn. 151 [nicht veröffentlicht]).

114    Es ist jedoch, selbst unter der Annahme, sämtliche von der Klägerin vorgetragenen Zahlen wären erwiesen, festzustellen, dass der amtierende Verwalter für die Begleichung der nachinsolvenzlichen Forderungen verantwortlich war. Dass ein Anwachsen der Schulden von NCHZ während des ersten Insolvenzzeitraums zugelassen wurde, verstieß gegen diese Verpflichtung. Mit der Kommission ist darauf hinzuweisen, dass ein in der Insolvenz befindliches Unternehmen zwar auch dann tatsächlich weiterbetrieben werden kann, wenn es Verluste erwirtschaftet. Der erste Verwalter hatte jedoch ausdrücklich erklärt, er werde gewährleisten, dass sich eine derartige Situation nicht einstellen werde (siehe oben, Rn. 100).

115    Überdies beruht das Vorbringen der Klägerin auf der Vermutung, dass der zuständige Ausschuss die Ende des Jahres 2009 denkbare Möglichkeit, dass sich die öffentlichen Forderungen im Laufe des Jahres 2010 bei einer Entscheidung für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ erhöhen würden, nicht geprüft oder nicht als erheblich angesehen hätte. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts eingeräumt, dass, wenn die nachinsolvenzlichen Schulden bei der Weiterführung des Betriebs einen sehr hohen Stand erreicht hätten, die vorinsolvenzlichen Gläubiger die ersten gewesen wären, die sich an den Verwalter mit der Bitte um Einstellung der Tätigkeit gewandt hätten, um sich jede Möglichkeit einer Realisierung ihrer Forderungen zu erhalten.

116    Als Viertes kann dem Vortrag der Klägerin nicht gefolgt werden, mit dem sie rügt, dass die Kommission zwar die Richtigkeit der Analyse von März 2014, die sie selbst von den slowakischen Behörden angefordert habe, nicht in Frage gestellt habe, diese Analyse aber mit der Behauptung, sie sei sehr knapp, hypothetisch und erst nachträglich angefertigt, nicht als Beweismittel anerkannt habe (87. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

117    Zum einen ist die Analyse von März 2014 entgegen dem Vorbringen der Klägerin zumindest unvollständig. Für die vorinsolvenzlichen Gläubiger, die auch nachinsolvenzliche Forderungen haben konnten, war es nämlich von Bedeutung, die möglichen Kosten der Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu kennen (siehe oben, Rn. 109). Die Analyse enthält jedoch insoweit keinen Hinweis.

118    Zum anderen kann dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt werden, mit dem sie die Bewertung der Kommission, dass die Analyse von März 2014 hypothetisch und dass eine nachträglich angefertigte Analyse irrelevant sei, in Frage stellt.

119    Die Klägerin rügt insoweit, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die Beweismittel unter Hinweis darauf, dass sie nachträglich hergestellt worden seien, ohne besondere Begründung – abgesehen von einem Rechtsprechungshinweis in einer einzelnen Fußnote, obwohl diese Rechtsprechung das Vorbringen der Kommission zur mangelnden Relevanz der nachträglich angefertigten Analyse nicht stütze – außer Betracht gelassen habe. Die Analyse von März 2014 sei in besonderem Maße verlässlich gewesen, da die wesentlichen Kostenfaktoren, die auf die Liquidation von NCHZ zurückzuführen gewesen wären, auf die Art der Tätigkeit dieses Unternehmens sowie auf die Verpflichtungen der chemischen Industrie bezogen gewesen seien und durch keinerlei wirtschaftliche Veränderungen auf Seiten von NCHZ während der Insolvenz hätten beeinflusst werden können. Die Kommission habe die betreffenden Tatsachen und Zahlen nicht bestritten. Außerdem sei bei einer solchen Konstellation die Ex-post-Analyse zulässig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2007, Scott/Kommission, T‑366/00, EU:T:2007:99, Rn. 136 bis 138). Aufgrund der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen habe der amtierende Verwalter zur damaligen Zeit keine abschließende Analyse anfertigen können, was die Lage von NCHZ von den Situationen unterscheide, die zu der von der Kommission in Fn. 13 des angefochtenen Beschlusses angeführten Rechtsprechung geführt hätten. Das im Urteil vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579), aufgestellte Kriterium sei von dem Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers genau zu unterscheiden. Während im Zusammenhang mit dem Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers die Relevanz einer Ex-post-Analyse unter bestimmten Umständen in Frage gestellt werden könne, erfordere die in dem genannten Urteil verlangte Analyse, die darin bestehe zu klären, ob NCHZ auch dann ihren Betrieb weitergeführt hätte, wenn das gewöhnliche Insolvenzrecht auf sie angewandt worden wäre, definitionsgemäß eine hypothetische Ex-post-Analyse. Nach dem in diesem Urteil aufgestellten Kriterium sei zu beurteilen, was sich aller Wahrscheinlichkeit nach ereignet hätte, wenn das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen nicht existiert hätte.

120    Es ist darauf hinzuweisen, dass in Rn. 36 des Urteils vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579), entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Anforderung bezüglich einer „hypothetischen kontrafaktischen Analyse“ festgelegt wird, sondern auf das von der Kommission in der zu diesem Urteil führenden Rechtssache vorgebrachte Argument eingegangen werden soll, wonach die Verringerung der Gewinne aufgrund der streitigen Maßnahme für den Staat zu einer Einbuße an Steuererträgen führen könne, was eine Übertragung staatlicher Mittel aufgrund dieser Maßnahme bewirke. Auch in keiner sonstigen Randnummer dieses Urteils wird ein Erfordernis einer „hypothetischen kontrafaktischen Analyse“ aufgestellt.

121    Was die Beurteilung der Kommission hinsichtlich der nachträglichen Erstellung der Analyse von März 2014 und deren mangelnder Relevanz betrifft, so ist unbestreitbar, dass ohne die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ zum einen die Beschränkung von Massenentlassungen nicht durchgesetzt worden wäre und zum anderen die Weiterführung des Betriebs von NCHZ vom zuständigen Ausschuss hätte beschlossen werden müssen und nicht automatisch erfolgt wäre. Insoweit kann entgegen den Ausführungen der Klägerin der Vergleich der Situation, die aufgrund der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ eintrat, mit der Situation, die eingetreten wäre, wenn NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht unterlegen hätte, nur auf einer Analyse beruhen, der die Kenntnis der Situation und der Daten zugrunde liegt, die zu dem Zeitpunkt vorlagen, zu dem der Beschluss über die etwaige Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu fassen war und NCHZ als „strategisches Unternehmen“ eingestuft wurde (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache Ecotrade, C‑200/97, EU:C:1998:378, Nr. 31).

122    Die Klägerin trägt aber nicht vor, dass die Analyse von März 2014 auf der Grundlage von Daten vorgenommen worden sei, die aus der Zeit der Einstufung von NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ stammten. Aus der – von der Klägerin vorgelegten – Analyse ergibt sich im Übrigen, dass der Verwalter diese Analyse nicht ausgehend von Daten erstellte, die 2009 verfügbar waren, sondern dass er Daten aus dem Monat Dezember 2010 verwendete, um zu ermitteln, ob diese Daten für Dezember 2009 Geltung haben konnten, wobei er seine Prüfung auf die Feststellung beschränkte, dass einige dieser Daten nicht zeitgebunden seien. Er wies ferner darauf hin, dass die Erhebung von Daten, die aus dem relevanten Zeitraum stammten, mit Schwierigkeiten verbunden sei.

123    Es kann demgemäß nicht als sicher angesehen werden, dass die Analyse von März 2014 der Situation von NCHZ enspricht, die sich hätte einstellen können, wenn das genannte Unternehmen nicht als „strategisch wichtiges Unternehmen“ eingestuft worden wäre. Die Bewertung der Kommission im angefochtenen Beschluss, die Analyse von März 2014 sei irrelevant gewesen, da sie hypothetisch und erst nachträglich angefertigt worden sei, ist daher als nicht fehlerhaft anzusehen.

124    Als Fünftes macht die Klägerin geltend, es gebe keinen Beleg dafür, dass an einer sofortigen Liquidation von NCHZ Interesse bestanden hätte. Die Kommission habe im angefochtenen Beschluss die im förmlichen Prüfverfahren vorgelegten Nachweise inhaltlich nicht geprüft und nur allgemeine und willkürliche Skepsis gegenüber diesen Nachweisen gezeigt (Erwägungsgründe 83, 84 und 87 des angefochtenen Beschlusses), ohne auch nur einen Beweis für ihre Auffassung, dass der zuständige Ausschuss der Weiterführung des Betriebs von NCHZ nicht zugestimmt hätte, beizubringen. Die Kommission habe die von den slowakischen Behörden vorgelegten Zahlen und Daten nicht in Frage gestellt und damit deren Richtigkeit offensichtlich zugestanden.

125    Insoweit ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin davon auszugehen, dass es Sache des betreffenden Mitgliedstaats, im vorliegenden Fall der Slowakischen Republik, und nicht der Kommission war, nachzuweisen, dass die Situation die gleiche gewesen wäre, wenn nicht das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen, sondern das gewöhnliche Insolvenzrecht auf NCHZ angewandt worden wäre. Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission dargelegt, weshalb sie die insoweit vorgelegten Informationen nicht berücksichtigt hatte (siehe oben, Rn. 98 bis 101 und 116 bis 123), und, anders als die Klägerin vorträgt, nicht eingeräumt, dass die von der slowakischen Regierung vorgelegten Zahlen und Daten zutreffend waren. Das Vorbringen der Klägerin, wonach es keinen Beleg dafür gebe, dass an einer sofortigen Liquidation Interesse bestanden hätte, ist somit zurückzuweisen.

126    Nach der oben in Rn. 91 angeführten Rechtsprechung ist es in Anbetracht des Fehlens einer hinreichenden und aktuellen Studie zur Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ, die die Weiterführung des Betriebs von NCHZ unter Berücksichtigung der Interessen der öffentlichen Gläubiger untersucht hätte, gerechtfertigt, dass die Kommission, anders als die Klägerin meint, im angefochtenen Beschluss nicht zu den auf die Analyse von März 2014 gestützten Argumenten des slowakischen Staates bezüglich der Kosten, die der Sozialversicherungsgesellschaft durch die Liquidation von NCHZ entstanden wären, Stellung zu nehmen brauchte.

127    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann somit nicht der Schluss gezogen werden, dass nichts darauf hinweise, dass der zuständige Ausschuss den ursprünglichen Beschluss des ersten Verwalters nicht bestätigt hätte.

128    Überdies sind die Ausführungen der Klägerin zu einem Argument der Kommission zurückzuweisen, denen zufolge die Entscheidung über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ auf jeden Fall getroffen worden wäre und nicht im Widerspruch zur Entscheidung der slowakischen Regierung stehe, das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ anzuwenden. Für das Verständnis dieser Entscheidung sei zu berücksichtigen, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise damals ihren Höhepunkt erreicht habe und dass die slowakische Regierung aus Furcht und vielleicht unter dem Eindruck der bevorstehenden Wahlen im Jahr 2010 proaktiv gehandelt habe, ohne über konkrete Informationen zur tatsächlichen Situation von NCHZ zu verfügen und ohne dass der erste Verwalter irgendeine Intervention des slowakischen Staates beantragt habe.

129    Diese Ausführungen der Klägerin sind nicht überzeugend, da sie auf der Prämisse beruhen, dass der slowakische Staat ein Gesetz erließ und beschloss, dieses Gesetz auf ein einziges Unternehmen anzuwenden, ohne über konkrete Informationen über dessen Situation zu verfügen. Es ist jedoch daran zu erinnern, dass der erste Verwalter den slowakischen Behörden Auskunft geben musste, was er mit der Analyse vom 26. Oktober 2009 auch tat (siehe oben, Rn. 96). Wenn der Inhalt der Entscheidung, die der zuständige Ausschuss treffen würde, damals so klar gewesen wäre, wie die Klägerin behauptet, hätte es für die slowkischen Behörden keinen Grund gegeben, an der Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu zweifeln. Die von der Klägerin angeführten Befürchtungen im Hinblick auf die Wahlen zeigen vielmehr, dass der zuständige Ausschuss angesichts der wirtschaftlichen Situation von NCHZ und ihrer voraussichtlichen Entwicklung eine andere Entscheidung, nämlich die Liquidation von NCHZ, hätte treffen können.

130    Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Entscheidung des amtierenden Verwalters, wenn NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht unterlegen hätte, vom zuständigen Ausschuss bestätigt worden wäre, der dann die Weiterführung des Betriebs von NCHZ beschlossen hätte.

3)      Zum Vorbringen, dass eine Entscheidung des zuständigen Ausschusses den Kunden und Lieferanten die gleiche Sicherheit gegeben hätte wie das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen

131    Erstens macht die Klägerin geltend, eine Entscheidung des zuständigen Ausschusses hätte den Kunden und Lieferanten entgegen den Behauptungen der Kommission (88. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) die gleiche Sicherheit gegeben wie das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen. Selbst wenn aber die Behauptungen der Kommission zuträfen – was nicht der Fall sei –, hätte sich diese Sicherheit auf die Wahrscheinlichkeit und den Umfang der (teilweisen) Regulierung der Schulden von NCHZ nur dann ausgewirkt, wenn der Betrieb von NCHZ weitergeführt worden wäre, nicht aber, wenn NCHZ sofort liquidiert worden wäre. Die Klägerin widerspricht außerdem der Beurteilung der Kommission, dass die den Kunden und Lieferanten durch die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen gegebene Garantie, dass NCHZ ihren Betrieb zumindest bis zum Außerkrafttreten dieses Gesetzes fortsetzen würde, besser gewesen sei, dadurch belegt werde, dass NCHZ trotz der Anwendung des Gesetzes in den Jahren 2009 und 2010 Kunden verloren habe (Erwägungsgründe 85 und 86 des angefochtenen Beschlusses).

132    Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass NCHZ und Dritten, insbesondere ihren Kunden und Lieferanten, durch die erste Maßnahme die Weiterführung des Betriebs von NCHZ zugesichert worden sei, während eine Weiterführung des Betriebs eines insolventen Unternehmens unter den normalen Bedingungen einer Insolvenz niemals gewährleistet sei, und damit NCHZ eine Sonderbehandlung im Vergleich zu ihren Wettbewerbern in ähnlicher Situation zuteil geworden sei (Erwägungsgründe 78, 85, 89 und 90 des angefochtenen Beschlusses). Obwohl NCHZ durch die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen abgesichert gewesen sei, habe sie in den Jahren 2009 und 2010 mehrere Kunden verloren, wie aus der nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes erstellten Wirtschaftsanalyse des Verwalters hervorgehe (86. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission war der Ansicht, dass, „[w]enn das Gesetz nicht auf NCHZ angewandt worden wäre, … sich noch mehr negative Konsequenzen für das Unternehmen ergeben [hätten] (beispielsweise wären Kunden zu verlässlicheren Lieferanten gewechselt). Dadurch wäre es sehr viel wahrscheinlicher gewesen, dass sich die Gläubiger für eine Einstellung des Betriebs ausgesprochen hätten“ (88. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

133    Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich somit deutlich, dass die Kommission nicht nur die Situation berücksichtigt hat, die zu der Zeit bestand, als NCHZ der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen unterstellt wurde, sondern dass sie auch aufzeigen wollte, dass die Entscheidung, den Betrieb von NCHZ einzustellen, im Laufe des Jahres 2010 hätte getroffen werden können, wohingegen das Gesetz seine Wirkungen während des gesamten ersten Insolvenzzeitraums entfaltete, d. h. etwas länger als ein Jahr, und damit die Situation während dieser gesamten Zeit bestimmte. Die Klägerin trägt selbst vor, dass der zuständige Ausschuss nach Art. 88 Abs. 2 des Insolvenzgesetzes einberufen werden müsse, wenn sich das Scheitern der Strategie des Insolvenzverwalters zeige.

134    Das Vorbringen der Klägerin berücksichtigt nicht, dass vorinsolvenzliche – vor allem öffentliche – Gläubiger sehen konnten, wie sich ihre nachinsolvenzlichen Forderungen im Laufe des ersten Insolvenzzeitraums mit der Weiterführung des Betriebs von NCHZ erhöhten, und dass sie daher bei einer Weiterführung dieses Betriebs ein Interesse daran hatten, dass NCHZ in der Lage sein würde, Gewinn zu erwirtschaften, damit ihre nachinsolvenzlichen Forderungen beglichen würden, da sich andernfalls ein weiterer Verlust ergeben würde, der zur vorinsolvenzlichen Forderung hinzutreten würde. Wie die Kommission ausgeführt hat (86. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), hätten diese Gläubiger in einer Situation, in der Kunden oder Lieferanten ausbleiben, im Laufe des Jahres 2010 ihren Standpunkt überdenken können, wenn NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht unterstellt worden wäre. Zudem hätten selbst die Gläubiger mit ausschließlich vorinsolvenzlichen Forderungen sich veranlasst sehen können, die Einstellung des Betriebs von NCHZ zu befürworten (siehe oben, Rn. 115).

135    Zwar war, wie die Klägerin vorträgt, durch die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen nicht garantiert, dass die Lieferungen tatsächlich ausgeführt wurden, doch war garantiert, dass wegen der Beschränkung von Massenentlassungen das Personal erhalten blieb, und insbesondere für die Kunden und Lieferanten sichergestellt, dass der Betrieb von NCHZ zumindest bis zum Außerkrafttreten des genannten Gesetzes weitergeführt wurde, und zwar unabhängig von den offenen – insbesondere öffentlichen – Forderungen.

136    Die Klägerin trägt nichts vor, um aufzuzeigen, wie eine Entscheidung des zuständigen Ausschusses dadurch, dass die Weiterführung des Betriebs von NCHZ für eine Zeit angeordnet wird, die der Dauer der Anwendung des Gesetzes über die strategisch wichtigen Unternehmen entspricht, Dritten die gleiche Sicherheit gegeben hätte. Insbesondere wird nicht behauptet, dass der zuständige Ausschuss nach den Bestimmungen des Insolvenzgesetzes in der Lage gewesen wäre oder auch nur in Betracht gezogen hätte, für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ eine solche bestimmte Dauer festzulegen. Die Klägerin trägt nämlich nur vor, dass unter Berücksichtigung der Dauer der Weiterführung des Betriebs von NCHZ während des zweiten Insolvenzzeitraums angenommen werden könne, dass die Dauer, die in einer Entscheidung des zuständigen Ausschusses über die Weiterführung des Betriebs während des vierten Quartals des Jahres 2009 festgelegt worden wäre, gleich lang hätte sein können.

137    Was ferner den von der Kommission im 86. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Verlust von Kunden in den Jahren 2009 und 2010 betrifft, so beruft sich die Klägerin lediglich auf die stabile Lage Ende des Jahres 2009. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass die Erlöse aus Veräußerungen und neuen Aufträgen zu jener Zeit eher rückläufig waren (siehe oben, Rn. 101). Es war daher nicht sicher, dass die von der Klägerin geltend gemachte stabile Lage bei einer Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts während des ersten Insolvenzzeitraums andauern würde.

138    Zweitens geht die Klägerin auf das Argument der Kommission ein, wonach die Situation von NCHZ in der Zeit zwischen der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit und dem Erlass des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen und dessen anschließender Anwendung auf NCHZ durch öffentlich zugängliche Informationen, in denen es ausdrücklich geheißen habe, dass eine gesetzgeberische Lösung ausgearbeitet werde, etwas verzerrt wiedergegeben worden sei. Sie trägt vor, dass die Kommission zwar auf mehrere Erklärungen verweise, diese jedoch alle am selben Tag, dem 26. Oktober 2009, bei dem Besuch des slowakischen Wirtschaftsministers auf dem Werksgelände von NCHZ abgegeben worden seien. Da die öffentlichen Erklärungen lediglich zehn Tage vor dem Erlass des Gesetztes über strategisch wichtige Unternehmen abgegeben worden seien, sei ihre Wirkung auf die Zeit vor dem Erlass beschränkt gewesen, während die beiden ersten Monate, nachdem NCHZ Insolvenz angemeldet habe, enscheidend gewesen seien, um den Erfolg der Weiterführung ihres Betriebs während des Insolvenzverfahrens sicherzustellen, da die Geschäftsleitung von NCHZ und der erste Verwalter zahlreiche Verhandlungen mit den wichtigsten Kunden und Lieferanten hätten führen müssen. Die genannten Erklärungen seien vielmehr ein eindeutiger Beweis für die finanzielle Solidität von NCHZ während des Insolvenzverfahrens.

139    Insoweit ist mit der Kommission zunächst festzustellen, dass, auch wenn NCHZ eine geeignete Kommunikationsstrategie umgesetzt hätte, dies dennoch nicht die Fortführung der Handelsbeziehungen des Unternehmens hätte garantieren können. Sodann ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der erste Verwalter seine Absicht geäußert hatte, sein Möglichstes zu tun, um den Betrieb von NCHZ weiterzuführen. Schließlich geht, wie die Kommission ausführt, aus dem ersten von der Kommission angeführten Artikel, der am 26. Oktober 2009 veröffentlicht wurde, hervor, dass der Sprecher des slowakischen Wirtschaftsministers vor der Presse erklärte, dass ein Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen ausgearbeitet werde und dass allein dies die Gläubiger von NCHZ bereits beruhigt habe. In diesem Artikel hieß es weiter, dass der slowakische Wirtschaftsminister in seinen öffentlichen Verlautbarungen betont habe, dass das genannte Gesetz den Lieferanten eine gewisse Garantie bieten solle, dass sie ihre Forderungen nicht verlieren würden. Ferner ergibt sich aus dem zweiten von der Kommission angeführten Artikel, der am 26. Oktober 2009 veröffentlicht wurde, dass der slowakische Wirtschaftsminister am selben Tag bei seinem Besuch bei NCHZ ein Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen vorgestellt habe, das ausgearbeitet werde und das diesem Unternehmen helfen und Garantien für seine Gläubiger schaffen solle.

140    Das Vorbringen der Klägerin, wonach eine Entscheidung des zuständigen Ausschusses den Kunden und Lieferanten die gleiche Sicherheit gegeben hätte wie das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen, ist somit zurückzuweisen.

4)      Zum Vorbringen, dass NCHZ durch die Weiterführung ihres Betriebs gemäß dem Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen keinen zusätzlichen Vorteil erlangt habe

141    In ihrer Erwiderung geht die Klägerin auf das Argument der Kommission ein, wonach die nicht kostendeckende Weiterführung des Betriebs von NCHZ wahrscheinlich Auswirkungen auf den Vorrang der Gläubigerforderungen gehabt und möglicherweise dazu geführt habe, dass der Staat faktisch auf seine Forderungen verzichtet habe. Sie macht geltend, dass der amtierende Verwalter während des ersten Insolvenzzeitraums auch die gewöhnlichen Insolvenzvorschriften habe anwenden müssen und, wenn ein insolventes Unternehmen mit Blick auf seinen Verkauf nach dem Prinzip der Betriebsfortführung bewirtschaftet werde, die Gläubiger mit vorinsolvenzlichen Forderungen zu bevorzugen seien, und zwar unabhängig von ihrem öffentlichen oder privaten Status. NCHZ habe folglich im Zusammenhang mit der im Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen vorgesehenen Weiterführung des Betriebs keinen zusätzlichen Vorteil erlangt.

142    Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen.

143    Erstens kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, die nicht beglichenen Schulden seien nicht das Ergebnis der Durchführung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen gewesen, sondern im Wesentlichen das Ergebnis eines normalen Betriebs während der Insolvenz. Eine solche Argumentation setzt nämlich voraus, dass ein insolventes Unternehmen zwangsläufig mit Verlust betrieben wird. Nach Art. 88 Abs. 2 des Insolvenzgesetzes aber wäre der amtierende Verwalter in diesem Fall verpflichtet gewesen, sich zu Beginn des ersten Insolvenzzeitraums oder in dessen Verlauf an den zuständigen Ausschuss zu wenden, um für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ Weisungen zu erhalten, da das Insolvenzgesetz zunächst die Interessen der Gläubiger berücksichtigt. Die vorinsolvenzlichen Gläubiger hätten ebenfalls insoweit den Insolvenzverwalter alarmieren können (siehe oben, Rn. 115). Folglich gab es im Rahmen der Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts Möglichkeiten, einen verlustbringenden Betrieb zu begrenzen, was die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen aber ausschloss.

144    Zweitens musste NCHZ aufgrund der durch das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen vorgeschriebenen Weiterführung des Betriebs ihre mit der Produktion verbundenen Verbindlichkeiten tilgen, was angesichts ihrer finanziellen Situation nur negative Folgen haben konnte, vor allem für die Begleichung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber den beiden staatlichen Stellen, der Sozialversicherungsgesellschaft und der Krankenversicherungsgesellschaft.

145    Vor diesem Hintergrund verschärfte die vom Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen ebenfalls vorgeschriebene Beschränkung von Massenentlassungen die Situation. Wenn nämlich, wie die Klägerin ausführt, NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht unterlegen hätte, wären die Massenentlassungen zu Beginn der Insolvenz beschlossen worden, und nicht, wie es tatsächlich der Fall war, im Jahr 2011. Die Klägerin macht zwar geltend, dass die Kosten für NCHZ damit bedeutend geringer gewesen wären als sie es in Wirklichkeit waren, weil NCHZ diese Möglichkeit nämlich nicht zur Verfügung gestanden habe und sie deshalb zusätzliche Kosten habe tragen müssen, die praktisch überflüssig gewesen seien, weil ein erheblicher Teil dieser Kosten Zahlungen an die Sozialversicherungs- und die Krankenversicherungsgesellschaft gewesen seien. Die Klägerin unterlässt es jedoch, darauf hinzuweisen, dass NCHZ nicht alle diese Verbindlichkeiten begleichen konnte und dass sich die Verbindlichkeiten gegenüber den beiden genannten staatlichen Stellen erhöhten, während NCHZ zugleich in der vorteilhaften Position verblieb, für die Weiterführung des Betriebs über ihre Arbeitnehmer verfügen zu können. Folglich kann das Vorbringen der Klägerin, das Verbot der Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen habe für NCHZ keinen wirtschaftlichen Vorteil dargestellt, keinen Erfolg haben. Diese Beschränkung führte, anders als die Klägerin vorträgt, für die öffentlichen Gläubiger zu einer zusätzlichen Belastung im Vergleich zu dem, was sich aus der Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts ergeben hätte.

146    Zum Argument der Klägerin, das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen habe nur dem slowakischen Staat einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, da dieser Staat, wenn NCHZ die Arbeitnehmer früher entlassen hätte, den Hauptanteil der Kosten in Form von Arbeitslosengeld und anderer Sozialleistungen hätte tragen müssen, ist bereits Stellung genommen worden (siehe oben, Rn. 93).

147    Demnach kann das Vorbringen, NCHZ habe durch die vom Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen vorgeschriebene Weiterführung ihres Betriebs keinen zusätzlichen Vorteil erlangt, keinen Erfolg haben.

148    Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerin, wonach die Lage, die durch die Anwendung des gewöhnlichen Insolvenzrechts auf NCHZ herbeigeführt worden wäre, dieselbe wäre wie die, die durch die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ entstanden sei, zurückzuweisen.

d)      Schlussfolgerung

149    Mit ihrer Einstufung als „strategisch wichtiges Unternehmen“ durch die slowakischen Behörden wurde NCHZ verpflichtet, zum einen ihren Betrieb unabhängig von einer Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Situation und der Fähigkeit zur Tilgung ihrer – insbesondere öffentlichen – Schulden fortzuführen sowie zum anderen ihr Personal aufgrund der Beschränkung von Massenentlassungen zu behalten, so dass sie ihre Tätigkeit mit der Zusicherung an ihre Kunden und Lieferanten weiterführen konnte, dass der Betrieb bis Ende des Jahres 2010 fortgeführt werde. Gleichzeitig bestand aufgrund der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ für eine Reihe ihrer vor allem öffentlichen Gläubiger die – angesichts der finanziellen Situation von NCHZ im Zeitpunkt der Einstufung als „strategisch wichtiges Unternehmen“ unvermeidbare – Gefahr, dass sich ihre Forderungen während des ersten Insolvenzzeitraums erhöhen würden. Diese Gefahr realisierte sich im Übrigen während des ersten Insolvenzzeitraums sowohl für die öffentlichen Gläubiger mit vorinsolvenzlichen Forderungen als auch für die Gläubiger mit nachinsolvenzlichen Forderungen.

150    Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass NCHZ unter den normalen Marktbedingungen entsprechenden Umständen denselben Vorteil hätte erlangen können wie den, der ihr aus staatlichen Mitteln im Sinne der oben in den Rn. 59 bis 61 angeführten Rechtsprechung zur Verfügung gestellt wurde. Zum einen war das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, und es ist jedenfalls nicht nachgewiesen, dass die erste Maßnahme dieses Kriterium erfüllte. Zum anderen kann nicht angenommen werden, dass die Situation die gleiche gewesen wäre, wenn NCHZ dem gewöhnlichen Insolvenzrecht unterlegen hätte und den öffentlichen Gläubigern keine zusätzliche Belastung auferlegt worden wäre (siehe oben, Rn. 94 und 148). Was den letztgenannten Punkt betrifft, kann das Vorbringen der Klägerin zum Urteil vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579, Rn. 36), diese Beurteilung nicht in Frage stellen. In Rn. 36 dieses Urteils hat der Gerichtshof im Wesentlichen entschieden, dass der Umstand, dass die in dieser Rechtssache streitige Maßnahme zu einer Verringerung der Gewinne der privaten Gläubiger und damit zu einem etwaigen Verlust von Steuereinnahmen führen kann, nicht den Schluss zulässt, dass diese Maßnahme als staatliche Beihilfe einzustufen ist. Der Zusammenhang zwischen der Maßnahme und der etwaigen Einbuße an staatlichen Steuererträgen war zu mittelbar (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly in der Rechtssache Ecotrade, C‑200/97, EU:C:1998:378, Nr. 24). Im Hinblick auf die erste Maßnahme beruhen die Erwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss jedoch nicht auf vergleichbaren Erwägungen oder einem derartigen mittelbaren Zusammenhang.

151    Somit fällt die erste Maßnahme, die die Verpflichtung zur Weiterführung des Betriebs von NCHZ mit der Beschränkung von Massenentlassungen kombiniert, in den Rahmen sowohl der ersten als auch der zweiten Situation, die in den Urteilen vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579, Rn. 45), und vom 17. Juni 1999, Piaggio (C‑295/97, EU:C:1999:313, Rn. 43), in Betracht gezogen werden (siehe oben, Rn. 72).

152    Folglich hat die Kommission aus der Einstufung von NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ fehlerfrei den Schluss gezogen, dass diesem Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil aus staatlichen Mitteln verschafft wurde.

153    Nach alledem sind der erste und der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

C.      Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Verpflichtung zur Vornahme einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung und Verstoß gegen die Verpflichtung der Kommission zu loyaler Zusammenarbeit

154    Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission gegen ihre Pflicht, die Maßnahme, die die staatliche Beihilfe darstellen solle, sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, verstoßen habe, da sie im Wesentlichen vor Erlass des angefochtenen Beschlusses weitere Informationen hätte verlangen müssen.

155    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

156    Erstens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission, wenn sie der Meinung gewesen sei, dass eine detailliertere Ex-post-Analyse erforderlich sei, diese hätte anfordern müssen, was sie jedoch nicht getan habe. Ferner sei die Analyse von März 2014 zu Unrecht allein deswegen unberücksichtigt geblieben, weil sie nachträglich verfasst worden sei, obwohl die Kommission die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der darin enthaltenen Informationen, die nicht zeitgebunden gewesen seien, nicht in Frage gestellt habe.

157    Nach der Rechtsprechung zu den Grundsätzen der Beweiserhebung auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen hat die Kommission das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass einer endgültigen Entscheidung, in der das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 90, und vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 63).

158    Die Kommission ist berechtigt, eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen, wenn sich der Mitgliedstaat entgegen seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV weigert, ihr die Informationen zu liefern, die sie verlangt hat, um entweder die Einstufung und die Vereinbarkeit einer neuen oder geänderten Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu prüfen oder um die ordnungsgemäße Anwendung einer zuvor genehmigten Beihilfe nachzuprüfen. Vor dem Erlass einer solchen Entscheidung muss die Kommission den Mitgliedstaat allerdings auffordern, ihr innerhalb der von ihr gesetzten Frist alle Unterlagen und Informationen zu übermitteln, die für ihre Kontrolle erforderlich sind. Erst wenn der Mitgliedstaat trotz ihrer Anordnung die verlangten Auskünfte nicht erteilt, ist sie befugt, das Verfahren zu beenden und auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen eine Entscheidung zu treffen (Urteil vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission, T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386‚ Rn. 226).

159    Es ist festzustellen, dass die slowakischen Behörden die Analyse vom 21. März 2014 als Anlage zu ihrer vierten Antwort an die Kommission vom 14. Mai 2014 übermittelten.

160    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, was im Dezember 2009 geschehen wäre, wenn NCHZ nicht als „strategisch wichtiges Unternehmen“ eingestuft worden wäre, von den slowakischen Behörden selbst wiederholt erörtet wurde. Diese Frage hatten die slowakischen Behörden nämlich bereits in ihrer zweiten Antwort an die Kommission vom 29. November 2013 und in ihrer dritten Antwort an die Kommission vom 13. Januar 2014 behandelt. Daher kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe von den slowakischen Behörden keine neue Analyse angefordert, um nach der vierten Antwort neue Informationen zu erhalten. Insoweit ist festzustellen, dass in der Rechtssache, die dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission (T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386), zugrunde lag, die Sachlage eine andere war. In jener Rechtssache enthielt die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens keine vorläufige Würdigung der streitigen Maßnahmen im Hinblick darauf, ob sie ein Beihilfeelement aufwiesen, und im Verwaltungsverfahren wurden weder diese Maßnahmen ausdrücklich in Frage gestellt noch wurde ein Auskunftsverlangen in Bezug auf die Übereinstimmung dieser Maßnahmen mit den Marktbedingungen gestellt. Unter diesen Umständen war der Unionsrichter der Überzeugung, dass nicht gerügt werden kann, der betreffende Mitgliedstaat habe der Kommission keine ausreichenden Informationen vorgelegt, um ihr die Beurteilung der streitigen Maßnahmen in Kenntnis der Sache zu ermöglichen, und dass es der Kommission gemäß ihrer Pflicht zu einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der Vorschriften des Vertrags über staatliche Beihilfen oblag, ihre Ermittlungen fortzusetzen und ihre Untersuchung zu erweitern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission, T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386, Rn. 240, 246 und 249).

161    Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass es entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht „eindeutig“ sein konnte, dass die beim Verwalter einzuholenden Informationen durch eine Ex-post-Analyse zu erlangen waren. In ihrer ersten Antwort an die Kommission vom 2. September 2013 führten die slowakischen Behörden nämlich aus, dass das Kriterium des privaten Gläubigers auf die Sozialversicherungsgesellschaft und die Krankenversicherungsgesellschaft angewandt werden müsse. In ihrer zweiten Antwort an die Kommission vom 29. November 2013 erklärten sie dann, dass „[d]er [slowakische] Staat das getan hat, was die Kommission gemäß dem Kriterium des privaten Gläubigers von ihm verlangt hat“. Sie führten außerdem aus, dass sich alle Gläubiger für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ entschieden hätten und dass das Kriterium des privaten Gläubigers unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, der wirtschaftlichen Apekte von NCHZ und des Grundsatzes der guten Verwaltung nur auf die Sozialversicherungsgesellschaft anzuwenden sei. Im Übrigen trägt die Klägerin vor, dass die Ex-post-Analyse „sich mit den für die ‚Übertragung staatlicher Mittel‘ relevanten Fragen und mit dem ‚Kriterium des privaten Gläubigers‘ befasst hat“.

162    Selbst wenn das Kriterium des privaten Gläubigers nach der Rechtsprechung anwendbar gewesen wäre, hätte eine Ex-post-Analyse jedoch nicht relevant sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C‑482/99, EU:C:2002:294, R. 71, vgl. in diesem Sinne entsprechend auch Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 105). Entgegen dem Vorbringen der Klägerin stellt eine solche Analyse außerdem nicht „offensichtlich das geeignete Werkzeug“ für die Zwecke des im Urteil vom 1. Dezember 1998, Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579), aufgestellten Kriteriums dar. Die Analyse der wahrscheinlichen Entwicklung unter der Geltung des Insolvenzgesetzes, d. h. – mit den Worten der Klägerin – die Prüfung dessen, „was die privaten Gläubiger im Rahmen des zuständigen Ausschusses beschlossen hätten“, müsste sich auf die Daten aus der Zeit stützen, als NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ eingestuft und das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen auf sie angewandt wurde (siehe oben, Rn. 121).

163    In diesem Kontext ist, da von den slowakischen Behörden als Anlage zu ihrer vierten Antwort an die Kommission vom 14. Mai 2014 unstreitig lediglich eine Analyse unter Verwendung nachträglich ermittelter Daten mit einer Erläuterung der angewanden Methodik übermittelt wurde, mit der Kommission davon auszugehen, dass diese insoweit keine weiteren Informationen anzufordern brauchte.

164    Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission den Beschluss über die Rückforderung der angeblichen staatlichen Beihilfe auf der Grundlage vorläufiger Zahlen erlassen habe, ohne zuvor eine Bestätigung der endgültigen Zahlen zu verlangen, was einen offensichtlichen Verstoß sowohl gegen ihre Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit als auch gegen ihre Pflicht darstelle, Entscheidungen auf der Grundlage verlässlicher Informationen zu erlassen. Die Anforderung zweckdienlicher Informationen nach Abschluss der förmlichen Prüfung könne den Verstoß gegen ihre Verpflichtung, die Übermittlung relevanter Informationen anzufordern, nicht heilen.

165    Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die Beihilfe der Höhe nach den nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand entspreche, die in dem Zeitraum entstanden seien, in dem das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ angewandt worden sei. Den von den slowakischen Behörden vorgelegten Informationen zufolge hätten sich die Forderungen der öffentlichen Gläubiger am 31. Dezember 2009 auf 735 817,44 Euro und am 31. Dezember 2010 auf 5 519 241,54 Euro belaufen. Dies seien die genauesten verfügbaren – und eher konservativen – Schätzungen der Höhe der Verbindlichkeiten zu den genannten Zeitpunkten gewesen. Die slowakischen Behörden hätten bestätigt, dass genaue Angaben zur Höhe der offenen Forderungen der öffentlichen Gläubiger weder für den Zeitpunkt vorlägen, zu dem NCHZ als „strategisch wichtiges Unternehmen“ eingestuft worden sei, noch für den Zeitpunkt, als die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ beendet worden sei. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass sich die Beihilfe auf 4 783 424,10 Euro belaufe (101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

166    Nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 ist die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe vom Empfänger durch eine zuständige nationale Behörde nach den im nationalen Recht vorgesehenen Modalitäten vorzunehmen (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014, Mediaset, C‑69/13, EU:C:2014:71, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Unionsrecht verlangt nicht, dass die Rückforderung einer solchen Beihilfe allein auf der Grundlage der Rückforderungsentscheidung der Kommission erfolgt (Urteil vom 11. September 2014, Kommission/Deutschland, C‑527/12, EU:C:2014:2193, Rn. 39).

167    Hieraus folgt, dass auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen keine Bestimmung des Unionsrechts von der Kommission verlangt, bei der Anordnung der Rückzahlung einer für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärten Beihilfe den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festzusetzen. Es genügt, dass die Entscheidung der Kommission Angaben enthält, die es ihrem Adressaten ermöglichen, diesen Betrag ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen (Urteile vom 12. Oktober 2000, Spanien/Kommission, C‑480/98, EU:C:2000:559, Rn. 25, und vom 12. Mai 2005, Kommission/Griechenland, C‑415/03, EU:C:2005:287, Rn. 39).

168    Nach der Rechtsprechung darf sich die Kommission somit darauf beschränken, die Verpflichtung zur Rückzahlung der fraglichen Beihilfen festzustellen und es den nationalen Behörden zu überlassen, die genaue Höhe der zurückzuzahlenden Beträge zu errechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2005, Kommission/Griechenland, C‑415/03, EU:C:2005:287, Rn. 40). Zudem gehört die Pflicht eines Mitgliedstaats, den genauen Betrag der zurückzufordernden Beihilfen zu berechnen, zu der in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten allgemeineren Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit, die die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der beihilferechtlichen Bestimmungen des Vertrags wechselseitig bindet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, EU:C:2002:363, Rn. 91). Die genaue Bezifferung des Beihilfebetrags kann später im Stadium der Rückforderung der Beihilfe, d. h. nach Erlass der angefochtenen Entscheidung, erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 203).

169    Im vorliegenden Fall wurde die Frage der Höhe der Forderungen im Verwaltungsverfahren erörtert, und zwar insbesondere in der vierten Antwort der slowakischen Behörden vom 14. Mai 2014. Wie die Kommission geltend macht, verlangte sie, wie auch die Antwort der slowakischen Behörden zeigt, ausdrücklich „die Einzelheiten der Schulden (öffentliche und private, bevorrechtigte und nicht bevorrechtigte Gläubiger von NCHZ [und] geschuldete Beträge) zu fünf verschiedenen Zeitpunkten: i) zu Beginn des Insolvenzzeitraums, ii) im Dezember 2009 (Erklärung von NCHZ zu einem strategisch wichtigen Unternehmen), iii) im Januar 2011, iv) zum Zeitpunkt der Veräußerung von NCHZ an Via Chem Slovakia und v) zum Ende des Insolvenzzeitraums“. Die von der Kommission für die Höhe der öffentlichen Forderungen zu Beginn und am Ende des betreffenden Zeitraums angeführten Beträge (101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) sind die Summe der Beträge, die den slowakischen Behörden zufolge am 31. Dezember 2009 und 31. Dezember 2010 geschuldet waren. Die slowakischen Behörden stellten insoweit klar, dass ihre Antwort auf den dem Verwalter zur Verfügung stehenden Informationen beruhe, die aber nicht die „wirkliche“ Höhe der Forderungen wiedergeben könnten, insbesondere weil eine Forderung, die im Dezember 2010 bestanden habe, im Januar 2011 möglicherweise beglichen worden sei. Diese Antwort implizierte somit, dass die verfügbaren Informationen übermittelt worden waren. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass die Kommission ihre Methode zur Berechnung der zurückzufordernden Beihilfe dargelegt hat.

170    Nach alledem kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe vor Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht die Übermittlung neuer Zahlen durch die slowakischen Behörden abgewartet.

171    Im Übrigen kann nicht angenommen werden, dass die Kommission, wie die Klägerin meint, ihre Missbilligung hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahme dadurch zum Ausdruck bringen wollte, dass sie die Rückforderung eines Betrags anordnete, der den vom Begünstigten erhaltenen Wert übersteigt. Die Klägerin führt auch keinen sich aus den Akten ergebenden Anhaltspunkt an, um diese Behauptung zu untermauern.

172    Überdies ist daran zu erinnern, dass die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat aufgrund der in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit, die die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der beihilferechtlichen Bestimmungen des Vertrags wechselseitig bindet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, EU:C:2002:363, Rn. 91), redlich zusammenwirken müssen. In ihren Antworten auf die Fragen, die das Gericht im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen gestellt hat (siehe oben, Rn. 30), hat die Kommission ausgeführt, dass die verschiedenen öffentlichen Gläubiger von NCHZ in der Phase der Rückforderung der fraglichen Beihilfe genauere Zahlen vorgelegt hätten, die ihr vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht zur Verfügung gestanden hätten und insbesondere die Forderungen der Slovenský vodohospodársky podnik (slowakische Wasserbewirtschaftungsgesellschaft, Slowakei) betroffen hätten. Aus diesen Zahlen ergebe sich, dass die tatsächliche Beihilfe möglicherweise höher gewesen sei als der im angefochtenen Beschluss angegebene Betrag, was von der Klägerin nicht bestritten worden ist.

173    Folglich kann der Kommission weder vorgeworfen werden, im angefochtenen Beschluss Schätzungen zugrunde gelegt zu haben, die auf den von den slowakischen Behörden übermittelten Daten beruhten, noch, unter Verletzung der ihr obliegenden Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit gehandelt zu haben.

174    Demzufolge ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

D.      Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Berechnung der Höhe der angeblichen Beihilfe

175    Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission, selbst wenn sie davon hätte ausgehen dürfen, dass NCHZ mit der ersten Maßnahme eine staatliche Beihilfe gewährt worden sei, bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

176    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

177    Im angefochtenen Beschluss ging die Kommission davon aus, dass die Beihilfe der Höhe nach den nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand entsprach, die in dem Zeitraum entstanden waren, in dem das Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ angewandt worden war (101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) (siehe oben, Rn. 165).

178    Die Klägerin macht als Erstes geltend, dass ein großer Teil der nicht getilgten Schulden von NCHZ auch dann entstanden wäre, wenn im ersten Insolvenzzeitraum ein Beschluss zur Liquidation des Unternehmens gefasst worden wäre. Die Kommission habe daher einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie diese Schulden in dem „kontrafaktischen Szenario“ nicht berücksichtigt habe. Die Liquidation von NCHZ hätte nämlich nicht vor Mai 2010 stattfinden können, und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Anteil der nicht getilgten öffentlichen Schulden, die bis dahin entstanden seien, eine Folge des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen und damit eine staatliche Beihilfe gewesen sei. Zudem hätte auch eine solche Liquidation zu offenen Verbindlichkeiten von NCHZ bei der Sozialversicherungsgesellschaft geführt.

179    Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission zu Recht der Auffassung war, dass NCHZ einen Vorteil erhalten habe, der durch die Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ während des ersten Insolvenzzeitraums für den slowakischen Staat zu einer zusätzlichen Belastung geführt habe (siehe oben, Rn. 152).

180    Nach ständiger Rechtsprechung dient die Verpflichtung des Staates zur Streichung einer Beihilfe, die die Kommission als unvereinbar mit dem Binnenmarkt erachtet hat, der Wiederherstellung der früheren Lage (vgl. Urteil vom 4. April 1995, Kommission/Italien, C‑350/93, EU:C:1995:96, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C‑75/97, EU:C:1999:311‚ Rn. 64 und 65). Durch die Rückzahlung verliert der Empfänger den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Konkurrenten besaß, und die Lage vor der Gewährung der Beihilfe wird wiederhergestellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C‑148/04, EU:C:2005:774‚ Rn. 113, und vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission, T‑445/05, EU:T:2009:50‚ Rn. 193).

181    Hieraus folgt, dass die Kommission fehlerfrei die Ansicht vertreten hat, dass, um die frühere Lage wiederherzustellen, die Höhe der zurückzufordernden Beihilfe der Höhe der öffentlichen Forderungen entsprechen müsse, die während der Zeit der Anwendung des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen auf NCHZ nicht erfüllt worden seien.

182    Dagegen beruht das Vorbringen der Klägerin auf einem „alternativen Szenario“, bei dem der zuständige Ausschuss beschlossen hätte, die Tätigkeit von NCHZ zu Beginn des ersten Insolvenzzeitraums einzustellen. Die zurückzuzahlenden Beträge können jedoch nicht unter Berücksichtigung verschiedener Vorgänge bestimmt werden, die ohne die Maßnahme, die zur Gewährung der Beihilfe führte, hätten stattfinden können, und die Wiederherstellung der früheren Lage bedeutet keine Neuerschaffung der Vergangenheit anhand hypothetischer Umstände wie der oft vielfältigen Entscheidungen, die die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer hätten treffen können (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C‑148/04, EU:C:2005:774‚ Rn. 114 und 118, und vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission, T‑445/05, EU:T:2009:50‚ Rn. 203). Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin zwar sehr genaue Zahlenangaben vorlegt und dabei insbesondere behauptet, dass die Forderungen der Sozialversicherungsgesellschaft und der Krankenversicherungsgesellschaft um 1 590 091,20 Euro bzw. 276 626,24 Euro gekürzt werden müssten, doch beruhen diese Angaben nur auf Vermutungen. Erstens nämlich ist nach dem von der Klägerin geschilderten Szenario der Zeitpunkt, zu dem der Beschluss über die Einstellung der Tätigkeit von NCHZ gefasst worden wäre, unbekannt. Zweitens würde die Einstellung der Produktion entgegen dem Vortrag der Klägerin gemäß der Analyse von Juni 2010, auf die sie sich bezieht, eine Dauer von 10 bis 18 Wochen und nicht zwangsläufig 18 Wochen in Anspruch nehmen. Drittens gibt es nach dem von der Klägerin geschilderten Szenario keine Gewissheit über die Zahl der Arbeitnehmer, denen hätte gekündigt werden müssen, da einige Arbeitnehmer möglicherweise beschlossen hätten, NCHZ zu verlassen, bevor das Unternehmen seine Tätigkeit einstellte, was sich auf die Höhe der Forderungen der beiden genannten staatlichen Stellen ausgewirkt hätte.

183    Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, soweit es auf der falschen Prämisse beruht, dass die Kommission die Kosten einer Liquidation von NCHZ zu Beginn des ersten Insolvenzzeitraums hätte berücksichtigen müssen.

184    Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass die von der Kommission vorgenommene Berechnung der während des ersten Insolvenzzeitraums entstandenen Schulden auf unzutreffenden Zahlen und Schätzungen beruhe. Es ist jedoch bereits im Rahmen des zweiten Klagegrundes festgestellt worden, dass es sich bei den zur Berechnung des Beihilfebetrags verwendeten Zahlen um die von den slowakischen Behörden mitgeteilten Zahlen handelte und dass die Bestimmung der genauen Höhe der Forderungen jedenfalls in der Rückforderungsphase vorgenommen werden kann (siehe oben, Rn. 164 bis 173).

185    Nach alledem ist der dritte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

186    Der erste Klagegrund ist somit insgesamt zurückzuweisen.

E.      Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 296 AEUV durch die Feststellung der Kommission, dass eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe

187    Die Klägerin macht geltend, dass die Gründe, die die Kommission dazu veranlasst hätten, eine wirtschaftliche Kontinuität zu bejahen, nicht nachvollziehbar seien und die Begründung des angefochtenen Beschlusses insoweit nicht ausreiche, um dem Gericht eine gerichtliche Kontrolle des Beschlusses zu ermöglichen. In der Erwiderung trägt sie vor, der Beweis dafür, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses in diesem Punkt unzureichend sei, liege bereits darin, dass die Kommission in der Klagebeantwortung habe erläutern müssen, weshalb sie im angefochtenen Beschluss die Indikatoren, die sie als relevant für die Beurteilung eingestuft habe (132. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), konkret „(nicht) angewandt“ habe.

188    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

189    Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss darauf hinwies, dass sie nur die mögliche wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin untersuche, wobei sie sich darauf berief, dass Via Chem Slovakia NCHZ am 1. August 2012, also nur einen Tag nach Abschluss des Erwerbs, an die Klägerin weiterverkauft und damit selbst weder geleitet noch betrieben habe (Erwägungsgründe 133 und 134 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission räumte ein, dass die beiden Transaktionen nicht den gleichen Umfang gehabt hätten, da einige Immobilien (Gebäude und Grundstücke) im Eigentum von Via Chem Slovakia verblieben seien. Die Immobilien, die für die Fortführung der wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ erforderlich gewesen seien, seien jedoch an die Klägerin vermietet worden. Die Besonderheiten der beiden Transaktionen würden daher berücksichtigt, soweit sie für diese Bewertung relevant seien (135. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

190    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ausführte, dass die Verpflichtung zur Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe sich auch auf eine neue Gesellschaft erstrecken könne, an die das Unternehmen, dem die Beihilfe gewährt worden sei, Teile seiner Vermögenswerte übertragen oder verkauft habe, wenn die Übertragung oder der Verkauf den Schluss nahelege, dass zwischen den beiden Unternehmen eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe (130. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie fügte hinzu, dass sich nach der Rechtsprechung die Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen dem Beihilfeempfänger und dem Unternehmen, auf das seine Vermögenswerte übertragen worden seien, auf mehrere Elemente stütze, und führte diese an (132. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

191    Die Kommission prüfte die beiden Transaktionen anhand der angeführten Indikatoren. Erstens stellte sie die Frage, ob der von Via Chem Slovakia und danach von der Klägerin für die „Vermögenswerte“ des Unternehmens gezahlte Preis marktüblich gewesen sei, und gelangte zu dem Ergebnis, dass dies wahrscheinlich nicht der Fall gewesen sei (Erwägungsgründe 136 bis 148 des angefochtenen Beschlusses). Zweitens war sie hinsichtlich des Umfangs der einzelnen Transaktionen der Auffassung, dass Gegenstand des Verkaufs von NCHZ an Via Chem Slovakia der gesamte Geschäftsbetrieb von NCHZ als laufendes Unternehmen mit allen Vermögenswerten, Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb von NCHZ gewesen sei und dass die Klägerin diesen Geschäftsbetrieb ohne wesentliche Änderungen in geschäftlicher und personeller Hinsicht sowie im Hinblick auf die Produktion fortgesetzt habe (Erwägungsgründe 149 bis 158 des angefochtenen Beschlusses). Drittens ging sie davon aus, dass zwischen den ursprünglichen und den neuen Eigentümern des an die Klägerin übertragenen Unternehmens NCHZ keine Verbindungen bestünden, da ihr keine Beweise für das Gegenteil vorlägen (Erwägungsgründe 159 bis 162 des angefochtenen Beschlusses). Viertens gelangte sie, was den Zeitpunkt des „Verkaufs“ betrifft, zu dem Ergebnis, dass dieser stattgefunden habe, nachdem sie die vorläufige Prüfung der Beschwerde eingeleitet und die Beschwerde zur Stellungnahme an die Slowakei weitergeleitet habe (163. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Fünftens war sie hinsichtlich der ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion der Ansicht, dass es keinen Wechsel in der Geschäftsstrategie gegeben habe und die Klägerin die erworbenen Aktiva in gleicher Weise wie zuvor der Verkäufer nutze (Erwägungsgründe 164 bis 167 des angefochtenen Beschlusses).

192    Schließlich ist festzustellen, dass die Kommission der Ansicht war, dass die einzigen Veränderungen offensichtlich den Namen der Gesellschaft und die juristische Person, zu der sie gehöre, beträfen. Sie verwies auf die Bedingungen der Ausschreibung von 2011 und auf den Kaufvertrag zwischen NCHZ und Via Chem Slovakia vom 16. Januar 2012, wonach NCHZ im Wesentlichen als Ganzes mit allen Mobilien und Immobilien sowie der Belegschaft veräußert worden sei. Der „Käufer“ habe das Produktportfolio und die Geschäftspolitik von NCHZ weitergeführt, und der Preis, der für NCHZ gezahlt worden sei, sei vermutlich kein Marktpreis gewesen (168. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass zwischen NCHZ und der Klägerin eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe (169. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

193    Somit ist festzustellen, dass die Kommission die Gründe angeführt hat, die sie zu dem Schluss gelangen ließen, dass zwischen NCHZ und der Klägerin eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe. Zwar hat sie im 168. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter der Überschrift „Schlussfolgerung hinsichtlich der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und dem von [der Klägerin] erworbenen und geführten Geschäftsbetrieb“ Umstände angeführt, die den Erwerb von NCHZ durch Via Chem Slovakia betrafen. Sowohl bezüglich des Produktportfolios als auch des gezahlten Preises ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Kommission angesichts der Ausführungen in den Erwägungsgründen 146 und 157 des angefochtenen Beschlusses in jedem Fall auf die Klägerin bezogen hat.

194    Da die Kommission ferner klargestellt hat, dass sich die Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität auf mehrere Elemente stützen müsse, wird deutlich, dass sie, nachdem sie eine Reihe von Gesichtspunkten geprüft hatte, ihre Schlussfolgerung auf die im 168. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Elemente gestützt hat.

195    Entgegen dem Vortrag der Klägerin hat die Kommission sowohl ihre Erwägungen zu dem im Vertrag zwischen NCHZ und Via Chem Slovakia vereinbarten Kaufpreis angeführt, die nicht als ungenau und vage angesehen werden können, als auch ihre Erwägungen zu dem im Vertrag zwischen Via Chem Slovakia und der Klägerin vereinbarten Kaufpreis, die nicht als unverständlich angesehen werden können. Sie hat erstens dargelegt, aus welchen Gründen sie der Ansicht war, dass aufgrund der Bedingungen der Ausschreibung von 2011 nicht die höchstmögliche Anzahl konkurrierender Bieter mit ihren jeweils besten Angeboten hätten erreicht werden können, dies jedoch eine Voraussetzung gewesen wäre, um den höchstmöglichen Marktpreis für den Verkauf zu erzielen (Erwägungsgründe 136 bis 144 des angefochtenen Beschlusses). Sie hat zweitens ausgeführt, dass das laufende Unternehmen habe verkauft werden sollen, wodurch die Möglichkeit ausgeschlossen gewesen sei, den Endpreis durch Gebote auf Teilbereiche von NCHZ zu erhöhen (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie hat drittens festgestellt, dass der Verkauf des Unternehmens von Via Chem Slovakia an die Klägerin ohne Ausschreibung zwischen zwei privaten Unternehmen abgewickelt worden sei und dass der Preis zwischen diesen beiden Unternehmen ausgehandelt worden sei, so dass keine andere Partei einen höheren Preis habe bieten können. Daher hätten die Zweifel an der Marktüblichkeit des von Via Chem Slovakia gezahlten Preises auch für den von der Klägerin gezahlten Preis gegolten (146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

196    Hieraus folgt, dass nach der oben in den Rn. 39 bis 41 angeführten Rechtsprechung der angefochtene Beschluss im Hinblick auf die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Frage, ob zwischen NCHZ und der Klägerin eine wirtschaftliche Kontinuität besteht, als hinreichend begründet anzusehen und damit der sechste Klagegrund zurückzuweisen ist.

F.      Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 durch Erstreckung der Verpflichtung zur Rückforderung der angeblichen staatlichen Beihilfe auf die Klägerin

197    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 verstoßen, als sie festgestellt habe, dass zwischen NCHZ und ihr selbst eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe, und sie die Verpflichtung zur Rückforderung der festgestellten staatlichen Beihilfe auf sie, die Klägerin, erstreckt habe.

198    Erstens trägt die Klägerin vor, dass nach der Rechtsprechung eine staatliche Beihilfe nur dann auf den Erwerber der Aktiva des Beihilfeempfängers übertragen werden könne, wenn diese zu einem niedrigeren Preis als dem Marktpreis erworben worden seien. Da Via Chem Slovakia und dann sie selbst die Aktiva von NCHZ aber zum Marktpreis gekauft hätten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie eine staatliche Beihilfe erhalten habe, und schon allein dieser Grund reiche aus, um jede Rückforderung bei ihr auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238‚ Rn. 70, und vom 1. Juli 2009, Operator ARP/Kommission, T‑291/06, EU:T:2009:235‚ Rn. 67). Das Vorgehen der Kommission im vorliegenden Fall verstoße daher gegen Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999, da die staatliche Beihilfe nach dieser Vorschrift und nach gefestigter Rechtsprechung nur bei ihrem Empfänger beigetrieben werden könne.

199    Das Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission (T‑123/09, EU:T:2012:164‚ Rn. 161 und 162), stütze nicht den Vortrag der Kommission, wonach der Marktpreis nicht das entscheidende Kriterium sei, da in diesem Urteil der Umstand, dass ein dem Marktwert entsprechender Preis gezahlt worden sei, die Prüfung der anderen Kriterien für die Beurteilung der wirtschaftlichen Kontinuität überflüssig gemacht habe. Übrigens habe die Kommission dieses Verständnis der Rechtsprechung in ihrer Bekanntmachung „Rechtswidrige und mit dem [Binnenmarkt] unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten“ (ABl. 2007, C 272, S. 4, im Folgenden: Bekanntmachung von 2007) bestätigt, da sie dort in Rn. 33 darauf hinweise, dass sie nur dann berechtigt sei, die Rückforderung auszuweiten, wenn sie nachweisen könne, dass die Aktiva zu einem unter ihrem Marktwert liegenden Preis verkauft worden seien. Im vorliegenden Fall mache sie geltend, es stehe ihr frei, die im vorstehend genannten Urteil angeführten Indikatoren nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Abgesehen von der Behauptung, das Ausmaß der Transaktion müsse der wichtigste Indikator sein, habe sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Rangfolge der einzelnen Indikatoren zu erläutern.

200    Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission selbst in dem besonderen Fall, dass die Aktiva des Beihilfempfängers zu einem unter ihrem Marktwert liegenden Preis übertragen worden seien, nicht berechtigt sei, allein deshalb den Rückforderungsbeschluss auf den Erwerber der Aktiva zu erstrecken. Vielmehr müsse sie belegen, dass die Übertragung der Aktiva erfolgt sei, um die Rückforderungsanordnung zu umgehen, und nachweisen, dass zwischen dem Beihilfeempfänger und dem Erwerber im Lichte bestimmter Kriterien eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238, Rn. 86). Im vorliegenden Fall sprächen diese Kriterien aber unbestreitbar gegen eine Umgehung oder eine wirtschaftliche Kontinuität. Und selbst wenn die Feststellungen der Kommission zuträfen, könnten sie nicht ihre Schlussfolgerung rechtfertigen, dass eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe, denn der Umfang der Übertragung reiche in Anbetracht ihrer Entscheidungspraxis und der Rechtsprechung für sich allein nicht aus, um zu einem solchen Schluss zu gelangen, und zwar auch nicht bei einem Verkauf, der dem Prinzip der Unternehmenskontinuität folge, zumal die Klägerin nachgewiesen habe, dass der höchstmögliche Marktpreis erzielt worden sei. Daher könne es keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und Via Chem Slovakia und erst recht nicht zwischen NCHZ und der Klägerin geben.

201    Drittens trägt die Klägerin vor, das Vorgehen der Kommission habe vor allem in Insolvenzfällen verheerende wirtschaftliche Wirkungen und sei aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht notwendig. Die Kommission versuche, eine strengere Rechtsprechung zu erwirken, wonach der Umfang der Transaktion das entscheidende Kriterium sein müsse und der Kaufpreis allenfalls zu einem untergeordneten Kriterium werde.

202    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet. Sie habe die in der Rechtsprechung angeführten unterschiedlichen Gesichtspunkte und die Besonderheiten des vorliegenden Falles berücksichtigt und im vorliegenden Fall fehlerfrei eine wirtschaftliche Kontinuität bejaht und daher die Verpflichtung zur Rückforderung auf die Klägerin erstreckt.

203    Die Erwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss zum Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin sind oben in den Rn. 189 bis 192 dargelegt.

1.      Vorbemerkungen

204    Es ist daran zu erinnern, dass Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 („Rückforderung von Beihilfen“) vorsieht:

„In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern …“

205    Nach ständiger Rechtsprechung zielt die Rückforderung von rechtswidrig gezahlten staatlichen Beihilfen in erster Linie darauf ab, die Wettbewerbsverfälschung zu beseitigen, die durch den mit der betreffenden Beihilfe gewährten Wettbewerbsvorteil verursacht wurde. Die Wiederherstellung der Situation vor der Zahlung einer rechtswidrigen oder mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe ist für die Erhaltung der praktischen Wirksamkeit der Bestimmungen des Vertrags über staatliche Beihilfen unbedingt erforderlich (vgl. Urteil vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2018:165, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

206    Die Verordnung Nr. 659/1999 sieht zwar nicht ausdrücklich eine Entscheidung der Kommission vor, mit der eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen dem ursprünglichen Empfänger der betreffenden Beihilfe und einem anderen Unternehmen festgestellt wird. Dieser Grundsatz wurde jedoch vom Unionsrichter entwickelt, um es der Kommission zu ermöglichen, die Verpflichtung zur Rückforderung einer Beihilfe auf den Erwerber der Aktiva des ursprünglichen Beihilfeempfängers zu erstrecken, und die praktische Wirksamkeit der Rückforderungsbeschlüsse zu gewährleisten.

207    Somit müssen rechtswidrige Beihilfen von der Gesellschaft zurückgefordert werden, die die Geschäftstätigkeit des Unternehmens fortführt, das von diesen Beihilfen profitiert hat, wenn erwiesen ist, dass dieser Gesellschaft der tatsächliche Nutzen des mit dem Erhalt dieser Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibt (vgl. Urteil vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2018:165, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).

208    Nach der Rechtsprechung können bei der Prüfung, ob eine solche wirtschaftliche Kontinuität besteht, folgende Faktoren berücksichtigt werden: der Gegenstand der Übertragung (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva), der Übertragungspreis, die Identität der Aktionäre oder Eigentümer des erwerbenden und des ursprünglichen Unternehmens, der Zeitpunkt der Übertragung (nach Beginn der Untersuchung, nach Verfahrenseinleitung oder nach der abschließenden Entscheidung) und schließlich die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, C‑328/99 und C‑399/00, EU:C:2003:252, Rn. 78 letzter Gedankenstrich, vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2018:165‚ Rn. 108, vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission, T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386‚ Rn. 135, und vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T‑123/09, EU:T:2012:164‚ Rn. 155). Der Unionsrichter hat klargestellt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, alle diese Umstände zu berücksichtigen, was durch den Gebrauch der Wendung „berücksichtigt werden können“ belegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T‑123/09, EU:T:2012:164, Rn. 156, und vom 17. Dezember 2015, SNCF/Kommission, T‑242/12, EU:T:2015:1003, Rn. 235).

209    Was den Verkaufspreis betrifft, so ist der Marktpreis, auch wenn er eines der wichtigsten Kriterien ist, kein Kriterium, das für die Schlusfolgerung ausreicht, dass keine wirtschaftliche Kontinuität besteht (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2017:577, Nr. 116). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der Rechtssache, die dem Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission (T‑123/09, EU:T:2012:164‚ Rn. 157 bis 161), zugrunde lag, entgegen dem Vorbringen der Klägerin eine wirtschaftliche Kontinuität verneint hat, indem sie sowohl auf den Gegenstand und den Preis der Übertragung der Aktiva, der dem Marktpreis entsprach, als auch auf die fehlende Identität der Aktionäre und die wirtschaftliche Folgerichtigkeit der Transaktion abstellte, und nicht nur auf den Übertragungspreis.

210    Befindet sich das Unternehmen, dem die rechtswidrigen Beihilfen zugutegekommen sind, in Insolvenz und ist eine Gesellschaft gegründet worden, um einen Teil der Tätigkeiten dieses in Insolvenz geratenen Unternehmens fortzusetzen, kann zudem nach der Rechtsprechung die Fortsetzung dieser Tätigkeit, ohne dass die betreffenden Beihilfen vollständig zurückerlangt wurden, die Wettbewerbsverzerrung fortdauern lassen, die durch den Wettbewerbsvorteil verursacht worden ist, den diese Gesellschaft auf dem Markt gegenüber ihren Mitbewerbern besaß. Somit kann eine derartige neu gegründete Gesellschaft, wenn dieser Vorteil zu ihren Gunsten fortbesteht, zur Rückerstattung der fraglichen Beihilfen verpflichtet sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie die Vermögensgegenstände des Unternehmens in Liquidation erwirbt, ohne dafür einen den Marktbedingungen entsprechenden Preis zu zahlen, oder wenn erwiesen ist, dass mit der Gründung einer derartigen Gesellschaft die Pflicht zur Rückzahlung der Beihilfen umgangen wurde, was insbesondere dann gilt, wenn die Zahlung eines den Marktbedingungen entsprechenden Preises nicht ausreichen würde, um den mit dem Erhalt der rechtswidrigen Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteil zu neutralisieren (Urteile vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 104 bis 107, vom 24. Januar 2013, Kommission/Spanien, C‑529/09, EU:C:2013:31‚ Rn. 107 und 109, und vom 17. Dezember 2015, SNCF/Kommission, T‑242/12, EU:T:2015:1003‚ Rn. 234).

211    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Ermittlung des durch eine Beihilfe tatsächlich Begünstigten objektiver Natur sind und dass keine Absicht vorliegen muss, um festzustellen, dass die Rückzahlungsverpflichtung durch die Übertragung der Aktiva umgangen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission, T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386, Rn. 146).

212    Aus der Rechtsprechung ergibt sich daher, dass zwar die Tatsache, dass der Übertragungspreis nicht dem Marktpreis entspricht, zur Ausweitung der Rückforderungsverpflichtung führen kann, dass jedoch der Umstand, dass der Übertragungspreis den Marktbedingungen entspricht, entgegen dem Vorbringen der Klägerin allein nicht ausreicht, um eine wirtschaftliche Kontinuität zu verneinen, und unter bestimmten Umständen nicht die Ausweitung der Rückforderungsverpflichtung verhindert, die auf einer Umgehungswirkung beruht, ohne dass eine Umgehungsabsicht vorliegen müsste.

213    Ferner ist klarzustellen, dass die Bekanntmachung von 2007, auf die die Klägerin verweist, vor den Urteilen vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission (T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386), und vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission (T‑123/09, EU:T:2012:164), erlassen wurde. Die Kommission konnte daher in dieser Bekanntmachung die Entwicklungen der Rechtsprechung nach 2007 definitionsgemäß nicht berücksichtigen, und es kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie jetzt zu berücksichtigen.

214    Schließlich ist zum Gegenstand der Übertragung im vorliegenden Fall festzustellen, dass zwar im angefochtenen Beschluss bisweilen auf den Verkauf der Aktiva von NCHZ hingewiesen wird, der Kaufvertrag zwischen Via Chem Slovakia und der Klägerin sich jedoch mit Ausnahme der Immobilien unstreitig auf alle Vermögenswerte und Rechte im Zusammenhang mit der Chemieproduktion (Produktionsanlagen und Ausrüstung, Verträge) sowie auf alle Verpflichtungen in Verbindung mit der Chemieproduktion (einschließlich aller Arbeitsverträge) erstreckte (135. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

215    Die Analyse der Kommission in Bezug auf das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität, die die Erstreckung der Verpflichtung zur Rückforderung der staatlichen Beihilfe auf die Klägerin rechtfertigt, ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

2.      Zum Kaufpreis von NCHZ

216    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Rückforderungsverpflichtung nicht über NCHZ hinaus ausweiten dürfen, da die Aktiva des insolventen Unternehmens zum Marktpreis verkauft worden seien.

217    Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für nicht stichhaltig.

218    Im Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens äußerte die Kommission Zweifel daran, dass die von Via Chem Slovakia und dann von der Klägerin für die Aktiva von NCHZ gezahlten Preise marktüblich waren, und führte im angefochtenen Beschluss aus, dass sie bei diesen Zweifeln bleibe (Erwägungsgründe 136, 146 und 147 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte insoweit erstens fest, dass sich zum einen die Bieter nach dem Ausschreibungsverfahren für den Verkauf von Via Chem Slovakia hätten verpflichten können, a) die Produktion über einen Zeitraum von fünf Jahren auf einem Mindestniveau zu halten, b) Investitionen in Höhe eines Mindestbetrags vorzunehmen und c) die Möglichkeit des Verkaufs oder der Übertragung der Aktiva von NCHZ mindestens fünf Jahre lang zu beschränken, was potenzielle Teilnehmer habe abschrecken oder sich negativ auf die eingereichten Angebote habe auswirken können (Erwägungsgründe 17, 138 bis 144 des angefochtenen Beschlusses). Zum anderen hätten die Bieter, um den Betrieb weiterzuführen, nur sämtliche Aktiva erwerben können, weshalb es nicht ausgeschlossen gewesen sei, dass mit dem Verkauf von Teilbereichen von NCHZ ein höherer Gesamtverkaufspreis erzielt wörden wäre (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Zweitens stellte die Kommission fest, dass die Veräußerung von NCHZ über Via Chem Slovakia an die Klägerin ohne jede Ausschreibung zwischen zwei privaten Partnern abgewickelt worden sei (146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie schloss hieraus, dass „nicht davon auszugehen [ist], dass durch die Art des Verkaufs der Vermögenswerte von NCHZ der höchstmögliche Verkaufserlös erzielt werden konnte“ (147. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

a)      Zur Beweislast

219    Die Klägerin trägt vor, dass die Beweislast für den wirtschaftlichen Vorteil, den der Erwerber der Aktiva des Beihilfeempfängers erlangt habe, bei der Kommission liege und dass es nicht ausreiche, dass sie Zweifel äußere. Sie habe aber nicht nachgewiesen, dass der Verkaufspreis tatsächlich unter dem Marktpreis gelegen habe.

220    Die Kommission bestreitet das Vorbringen der Klägerin.

221    Da nach der Rechtsprechung die Ausweitung der Verpflichtung zur Rückforderung auf ein anderes Unternehmen als den ursprünglichen Beihilfeempfänger nicht allein deshalb ausgeschlossen werden kann, weil einer der Faktoren – wie z. B. ein marktüblicher Kaufpreis – gegeben ist, die bei der Prüfung der Frage, ob eine wirtschaftliche Kontinuität vorliegt, zu berücksichtigen sind, muss die Kommission, um eine wirtschaftliche Kontinuität zu bejahen, nicht zwingend nachweisen, dass kein marktüblicher Kaufpreis vorliegt, und kann im Rahmen der Gesamtbeurteilung der verschiedenen geprüften Faktoren berücksichtigen, dass ein solcher Kaufpreis nicht mit Sicherheit vorliegt.

b)      Zum Verkauf an Via Chem Slovakia

1)      Zur angeblichen Vermutung, dass ein Verkauf zum marktüblichen Preis erfolgt, wenn er im Rahmen eines Insolvenzverfahrens unter der Aufsicht eines Gerichts stattfindet

222    Die Klägerin trägt vor, dass, da der Verkauf im Rahmen eines Insolvenzverfahrens unter der Aufsicht eines Insolvenzgerichts erfolgt sei, das verpflichtet sei, im Interesse der Gläubiger des zahlungsunfähigen Unternehmens tätig zu werden, die Vermutung bestehe, dass die Aktiva zum höchstmöglichen Preis verkauft worden seien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238, Rn. 93 und 94).

223    Nach Auffassung der Kommission besteht keine Vermutung, dass jeder Verkauf, der im Rahmen eines Insolvenzverfahrens stattfindet, zum marktüblichen Preis erfolgt.

224    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass in der Rechtssache, die dem Urteil vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission (C‑277/00, EU:C:2004:238‚ Rn. 92 und 93), zugrunde lag, die Kommission die Behauptung, der Verkauf sei zum Marktpreis erfolgt, nicht in Frage gestellt und auch nicht festgestellt hatte, dass die Verkaufsbedingungen eine Verringerung des Verkaufspreises bewirkt hätten. Die Klägerin legt dieses Urteil daher weit aus.

225    Ferner bietet der Umstand, dass der Verkauf unter der Aufsicht eines Gerichts abgewickelt wird, zwar eine Gewähr dafür, dass die festgelegten Regeln eingehalten werden und dass das Insolvenzgericht für eine möglichst umfassende Befriedigung der Gläubiger sorgt. Im vorliegenden Fall hatte die Kommission jedoch zu prüfen, ob die Bedingungen für den Verkauf an Via Chem Slovakia geeignet waren, die Zahlung eines Marktpreises zu gewährleisten, und zu untersuchen, wie der Verkauf abgewickelt wurde.

2)      Zur angeblichen Garantie eines möglichst hohen Verkaufspreises durch den Verkauf im Rahmen eines offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens

226    Die Klägerin ist bezüglich des Verkaufs von NCHZ an Via Chem Slovakia der Auffassung, der Verkäufer sei rechtlich verpflichtet gewesen, den höchstmöglichen Verkaufspreis zu erzielen. Da das Ausschreibungsverfahren, das vom Verwalter nach Maßgabe der vom Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) festgelegten Anforderungen durchgeführt worden sei, offen, transparent und bedingungsfrei gewesen sei, habe dieses Verfahren gewährleistet, dass die Aktiva von NCHZ zum höchstmöglichen Marktpreis verkauft worden seien. Die Kommission ziehe die Transparenz der zweiten Ausschreibung nicht in Zweifel. Ihre Zweifel hätten sich vielmehr darauf bezogen, dass die Option einer Übernahme von Verpflichtungen bestanden habe (Erwägungsgründe 137 bis 144 des angefochtenen Beschlusses) und es unmöglich gewesen sei, einzelne statt alle Vermögenswerte insgesamt zu erwerben. Die entsprechenden Erwägungen der Kommission seien unzutreffend.

227    Erstens stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 17 und 137 des angefochtenen Beschlusses fest, dass die potenziellen Bieter nach den Bedingungen der Ausschreibung von 2011 ein Angebot mit oder ohne „Verpflichtungen des Erwerbers“ (im Folgenden: Angebot mit Verpflichtungen bzw. Angebot ohne Verpflichtungen) einreichen könnten. Für den Fall, dass ein Bieter, der nicht zur Übernahme der Verpflichtungen bereit gewesen sei, das höchste Angebot einreichen sollte, sähen die Ausschreibungsbedingungen vor, dass der Höchstbietende unter den Bietern, die ein Angebot mit Verpflichtungen eingereicht hätten, die Möglichkeit haben würde, seinen Preis an das höchste Gebot derjenigen Bieter anzugleichen, die ein Angebot ohne Verpflichtungen eingereicht hätten.

228    Die Kommission war der Ansicht, dass die Möglichkeit für einen Bieter, sein Angebot zu erhöhen, nachdem bereits alle Gebote eingegangen seien, potenzielle Teilnehmer abschrecken oder sich negativ auf die eingereichten Angebote auswirken könne. Das Angebot eines Teilnehmers, der ein Angebot mit Verpflichtungen einreiche, könne unter Umständen niedriger sein, als wenn die Bedingungen der Ausschreibung von 2011 diese Möglichkeit einer Preisangleichung nicht vorgesehen hätten. Möglicherweise würden dadurch Interessenten abgeschreckt, die kein Angebot mit Verpflichtungen einreichen wollten, weil sie wüssten, dass sie selbst als Höchstbietende abgelehnt werden könnten. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeit, ein Angebot mit Verpflichtungen einzureichen, geeignet gewesen sei, den Angebotspreis zu beeinflussen (Erwägungsgründe 138 bis 140 und 143 des angefochtenen Beschlusses).

229    Vorab ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Option für eine Übernahme von Verpflichtungen faktisch keine Auswirkungen auf den Verkaufspreis gehabt habe, da kein Bieter davon Gebrauch gemacht habe. Zum einen beruht dieses Vorbringen auf einer nachträglichen Tatsachenfeststellung. Zum anderen ist es unerheblich für die Prüfung, ob die in der Ausschreibung selbst aufgestellten Bedingungen einen möglichst hohen Preis gewährleisten konnten.

230    Die Kommission hat im 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Bedingungen der Ausschreibung von 2011 die Teilnehmer bevorzugt hätten, die zu einer Übernahme der Verpflichtungen bereit gewesen seien, was ein Hinweis darauf sein könne, dass der in einem Angebot ohne Verpflichtungen gebotene Preis höher hätte sein können als der von dem erfolgreichen Teilnehmer gebotene Preis. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, damit ein Angebot mit Verpflichtungen den Zuschlag erhielt, der in diesem Angebot genannte Preis in jedem Fall geprüft und an den Preis angeglichen werden musste, der in einem Angebot ohne Verpflichtungen geboten wurde.

231    Es ist gleichwohl richtig, dass, wie die Kommission im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, einer der Faktoren, die bei einer Ausschreibung einen Höchstpreis gewährleisten, die Ungewissheit über den Preis ist, den die anderen Bieter vorschlagen. Ein Ausschreibungsverfahren, das bestimmten Bietern erlaubt, den von ihnen gebotenen Preis zu ändern, birgt zum einen die Gefahr, dass diejenigen, die ihr Angebot ändern dürfen, versucht sein werden, nicht den Höchstpreis zu bieten, den sie für das zum Verkauf stehende Unternehmen ansetzen, sondern abzuwarten, ob sich die Notwendigkeit ergibt, ihr Angebot zu erhöhen, und zum anderen, dass diejenigen, die ihr Angebot nicht ändern dürfen, versucht sein werden, ebenfalls einen Preis vorzuschlagen, der unter dem Höchstpreis liegt, den sie für das zum Verkauf stehende Unternehmen ansetzen, oder gar beschließen, kein Angebot einzureichen, weil sie davon ausgehen, dass sie gegenüber einem zur Übernahme der Verpflichtungen bereiten Bieter ohnehin nicht zum Zuge kommen.

232    Deshalb lässt sich nicht ausschließen, dass die in der Ausschreibung von 2011 aufgestellten Bedingungen, die die Möglichkeit vorsahen, den gebotenen Kaufpreis zu ändern, insoweit Auswirkungen auf den Kaufpreis haben konnten, als es sich nicht um den höchstmöglichen Preis gehandelt hätte.

233    Zweitens vertrat die Kommission im angefochtenen Beschluss die Auffassung, dass dadurch, dass das laufende Unternehmen mit sämtlichen Aktiva verkauft werden sollte, die Möglichkeit ausgeschlossen gewesen sei, den Endpreis durch Gebote auf einzelne Teilbereiche von NCHZ zu erhöhen und damit potenzielle Schwierigkeiten durch die mögliche Einstellung des Betriebs von NCHZ zu vermeiden oder zu begrenzen. Sie stellte anhand der von den slowakischen Behörden vorgelegten Unterlagen fest, dass einige potenzielle Bieter am Kauf einzelner Teile von NCHZ interessiert gewesen seien. Deshalb sei nicht ausgeschlossen, dass der Verkauf von Teilbereichen von NCHZ einen höheren Gesamtverkaufspreis erzielt hätte (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

234    Die Klägerin führt aus, dass nicht geprüft zu werden brauche, ob durch den Verkauf der einzelnen Vermögenswerte ein höherer Kaufpreis hätte erzielt werden können, sondern ob der Erwerber für die Vermögenswerte einen marktüblichen Preis gezahlt habe. Es komme allein darauf an, ob der Käufer einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt habe. Die Kommission hätte außerdem nachweisen müssen, dass durch den Verkauf der einzelnen Vermögenswerte ein besseres Ergebnis hätte erzielt werden können.

235    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Wenn durch einen getrennten Verkauf der Vermögenswerte ein höherer Preis hätte erzielt werden können, aber dennoch eine Übertragung der Gesellschaft insgesamt als laufendes Unternehmen beschlossen worden sei, um die Weiterführung der wirtschaftlichen Tätigkeit von NCHZ zu gewährleisten anstatt den Verkaufserlös zu erhöhen, sei es offensichtlich, dass der Verkauf nicht zum Marktpreis, d. h. zum höchsten auf dem Markt erzielbaren Preis, erfolgt sei.

236    Es ist darauf hinzuweisen, dass zumindest ein Bieter sein Interesse an einem teilweisen Verkauf bekundete (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und dass der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) den Verwalter aufforderte, dieses weitere Angebot zu prüfen. Die Kommission hat jedoch in Beantwortung einer Frage des Gerichts – von der Klägerin unwidersprochen – erklärt, dass die Ausschreibung von 2011 den Verkauf einzelner Vermögenswerte nicht zugelassen habe.

237    Der zu berücksichtigende Preis ist der Preis des verkauften Unternehmens. Es kann aber nicht vermutet werden, dass der beim Verkauf des Unternehmens erzielte Preis in Anbetracht dessen, dass der Ankauf des Unternehmes nur als Ganzes, also durch nur einen Käufer, angeboten wurde, der höchste auf dem Markt erzielbare Preis war. Denn auch wenn das angestrebte Ziel die Weiterführung des Betriebs von NCHZ war, erforderte dies nicht das Verbot eines getrennten Verkaufs der Vermögenswerte.

238    Zum einen konnte die Tätigkeit des verkauften Unternehmens offensichtlich weitergeführt werden, obwohl das Eigentum an den verschiedenen Vermögenswerten unter mehreren Unternehmen aufgeteilt war. Der anschließende Verkauf an die Klägerin hat nämlich gezeigt, dass ein Unternehmen am Erwerb eines Teils der Vermögenswerte interessiert sein konnte, während es den anderen Teil mietete und damit sämtliche Vermögenswerte nutzen konnte.

239    Zum anderen bedeutete, wie die Kommission und die Streithelferin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, die Möglichkeit eines getrennten Verkaufs der Vermögenswerte, die hätte eingeräumt werden können, nicht, dass es zu einem solchen Verkauf gekommen wäre, vor allem, wenn er finanziell weniger vorteilhaft gewesen wäre.

240    Die Möglichkeit eines solchen Verkaufs, bei dem der Gegenstand der Übertragung nicht auf eine globale wirtschaftliche Einheit beschränkt gewesen wäre, hätte es jedoch ermöglicht, die Auswahl für die potenziellen Erwerber nicht einzuschränken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T‑123/09, EU:T:2012:164‚ Rn. 158), und – unter dem Vorbehalt dessen, dass die sonstigen Bedingungen der Ausschreibung von 2011 anders gewesen wären (siehe oben, Rn. 232) – davon auszugehen, dass beim Verkauf des Unternehmens der Höchstpreis erzielt wurde.

241    Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, dass, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Aktiva im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens, das im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren stehe, an einen Dritten verkauft würden, das wirtschaftliche Interesse der Parteien offensichtlich sei und dasjenige des Käufers in der Vornahme einer Transaktion liege, die nach seiner Überzeugung die Erzielung eines Gewinns erwarten lasse. Es ist jedoch festzustellen, dass, da Via Chem Slovakia das Unternehmen NCHZ nicht betrieben hat, sondern nach dessen Erwerb verkaufte, die Argumentation der Klägerin, angewandt auf den ersten Verkauf, bedeuten würde, dass Via Chem Slovakia einen Preis geboten und bezahlt hätte, der niedriger als der Marktpreis war.

242    Drittens trägt die Klägerin zwar vor, die beiden Ausschreibungsverfahren bestätigten, dass der Preis für den Verkauf an Via Chem Slovakia den Marktbedingungen entsprochen habe, doch ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission im 16. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, die Ausschreibung von 2010 das Angebot nur eines Bieters hervorbrachte, das der Verwalter in der Annahme ablehnte, ein besseres Angebot erhalten zu können.

243    Da ferner die beiden Bieter am Ende der Ausschreibung von 2011 Gebote abgegeben hatten, die nahe dem ersten Gebot lagen (16. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), zieht die Klägerin den Schluss, dass hierin der Beweis liege, dass es sich um den Marktpreis gehandelt habe. Dieses Argument ist jedoch zurückzuweisen, und zwar zum einen weil einer der beiden Bieter das Unternehmen war, dessen Gebot in der Ausschreibung von 2010 abgelehnt worden war, und zum anderen aus den oben in den Rn. 232 und 240 dargelegten Gründen.

244    Viertens trägt die Kommission in Erwiderung auf ein Argument der Klägerin vor, die vom Verwalter erstellte „Ex-post-Analyse“ des Preises, den Via Chem Slovakia geboten habe, sei kein Nachweis dafür, dass der auf diese Weise erzielte Preis tatsächlich einem Marktpreis entsprochen habe. Diese Analyse habe sich mit der Frage befasst, ob in jenem Stadium der Verkauf des Unternehmens an Via Chem Slovakia die beste Lösung gewesen sei.

245    Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie habe die Analyse als „nachträglich angefertigt“ eingestuft, weil sie nach Eingang der im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens von 2011 erhaltenen Gebote erstellt worden sei. Aus dieser Analyse, die im Rahmen prozessleitender Maßnahmen übermittelt wurde, geht hervor, dass es um die Frage ging, ob es in jenem Stadium die beste Lösung sei, das Unternehmen an Via Chem Slovakia zu verkaufen. Aus ihr ergibt sich ferner, dass der Verwalter nicht der Meinung war, dass der von Via Chem Slovakia gebotene Preis ohne jeden Zweifel dem Marktpreis entspreche. Er gab jedoch an, dass der Verkauf von NCHZ erfolgen müsse, da ein Aufschub der Veräußerung weitere negative Folgen für das Unternehmen mit sich bringen würde, insbesondere wenn seine Tätigkeit im Rahmen der Insolvenz fortgeführt würde.

246    Nach alledem ist davon auszugehen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin angesichts der Bedingungen der Ausschreibung von 2011 nicht angenommen werden konnte, dass der Verkauf die Erzielung des größtmöglichen Erlöses bezweckte, und dass die Kommission zu Recht der Auffassung war, dass es keine Garantien dafür gegeben habe, dass der von Via Chem Slovakia gezahlte Kaufpreis der Marktpreis für das Unternehmen NCHZ gewesen sei.

c)      Zum Verkauf von Via Chem Slovakia an die Klägerin

247    Die Klägerin macht geltend, dass unabhängig davon, dass die Bedingungen des Verkaufs zwischen Via Chem Slovakia und ihr selbst unerheblich seien, weil der erste Verkauf zum Marktpreis erfolgt sei, bei dem zwischen marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmern ausgehandelten Kaufpreis zu vermuten sei, dass dieser den Marktbedingungen entspreche, und zwar auch dann, wenn kein Ausschreibungsverfahren stattgefunden habe.

248    Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass der Verkauf von Via Chem Slovakia an die Klägerin ohne Ausschreibung zwischen zwei privaten Partnern abgewickelt worden sei. Der Preis sei zwischen den beiden privaten Vertragspartnern ausgehandelt worden, so dass keine andere Partei einen höheren Preis habe bieten können. Daher gälten die Zweifel an der Marktüblichkeit des von Via Chem Slovakia gezahlten Preises auch für den von der Klägerin gezahlten Preis (146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

249    Der Verweis der Klägerin auf eine Entscheidungspraxis ist zurückzuweisen, da die Entscheidungspraxis der Kommission in anderen Fällen nicht die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses berühren kann, die nur anhand der objektiven Normen des Vertrags zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, EU:C:2010:291‚ Rn. 21, und vom 17. Dezember 2015, SNCF/Kommission, T‑242/12, EU:T:2015:1003‚ Rn. 121).

250    Im Übrigen trifft es zu, dass, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, der Umstand, dass keine Ausschreibung stattfand, keine Sicherheit bietet, dass dieser Preis dem Marktpreis entsprach oder niedriger als dieser war.

d)      Schlussfolgerung

251    Nach alledem ist, wie die Kommission im Wesentlichen in den Erwägungsgründen 144 bis 146 und 168 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, festzustellen, dass es nicht als sicher angesehen werden kann, dass die beiden aufeinander folgenden Verkaufsgeschäfte zum Marktpreis abgeschlossen wurden.

3.      Zum Umfang der Transaktion

252    Die Klägerin trägt vor, das einzige Kriterium, das nicht gegen das Vorliegen einer Umgehung spreche, sei der Umfang der Transaktion. Zwar hätte schon ein getrennter Verkauf der Vermögenswerte von NCHZ allein das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität ausschließen können, doch reiche der bloße Umstand, dass die Aktiva von NCHZ als laufendes Unternehmen von NCHZ an Via Chem Slovakia verkauft worden seien, nicht aus, um eine wirtschaftliche Kontinuität festzustellen zu können. Was ferner den Verkauf bestimmter Vermögenswerte von Via Chem Slovakia an die Klägerin betreffe, so ließe sich sogar, da nur 60 % der betrieblichen Tätigkeiten von NCHZ übertragen worden seien, die Auffassung vertreten, dass der Umfang der Transaktion nicht ausreiche, um das genannte Kriterium zu erfüllen, so dass die wirtschaftliche Kontinuität allein aus diesem Grund verneint werden könne.

253    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie macht geltend, dass der Umfang der Transaktion ein besonders wichtiges Kriterium sei. Die Klägerin stelle die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss nicht in Frage, sondern versuche, die Bedeutung dieses Aspekts herunterzuspielen, ohne dass sie sich dafür auf die Rechtsprechung berufen könne.

254    Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission erstens fest, dass es, je größer der Teil des vorherigen Unternehmens sei, der an ein neues Unternehmen übertragen werde, umso wahrscheinlicher werde, dass die mit diesen Vermögenswerten zusammenhängende wirtschaftliche Tätigkeit weiter von der rechtswidrigen Beihilfe profitiere (149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

255    Zweitens führte die Kommission zum einen aus, dass der Verkauf an Via Chem Slovakia den gesamten Geschäftsbetrieb von NCHZ als laufendes Unternehmen betroffen habe (Erwägungsgründe 150 und 151 des angefochtenen Beschlusses). Sie führte zum anderen aus, dass bezüglich des Verkaufs an die Klägerin der Tätigkeitsbereich des von der Klägerin erworbenen Unternehmens der gleiche wie der frühere Tätigkeitsbereich von NCHZ gewesen sei und dass mehr als 95 % der bei NCHZ Beschäftigten übernommen worden seien (152. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Abgesehen von den Immobilien seien alle anderen Vermögenswerte, Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem übertragenen Geschäftsbetrieb von der Klägerin übernommen worden (Erwägungsgründe 153 und 156 des angefochtenen Beschlusses). Die Tatsache, dass ein Teil der Wirtschaftsgüter nicht im Eigentum der Klägerin stehe, sondern gemietet werde, ändere nichts daran, dass die Klägerin „schlicht und einfach“ die wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ im gleichen Umfang wie vor der Transaktion fortsetze (156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Auch die Geschäftsleitung von NCHZ sei von der Klägerin übernommen worden (154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), nachdem diese beim Erwerb des Geschäftsbetriebs des Unternehmens in der Presse öffentlich angekündigt habe, dass keine größeren Änderungen hinsichtlich des Personals oder der Produktion geplant seien und dass die Geschäftsleitung übernommen werde (155. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Demzufolge habe die Klägerin den Geschäftsbetrieb von NCHZ ohne wesentliche Änderungen in geschäftlicher und personeller Hinsicht sowie im Hinblick auf die Produktion fortgesetzt (158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

256    Um zu belegen, dass der Umfang der Transaktion tatsächlich ein negatives Kriterium darstellt, das, wenn es nicht erfüllt ist, für sich allein die Möglichkeit ausschließen kann, dass die betreffende Transaktion eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses bezweckt, macht die Klägerin geltend, dass sich diese Schlussfolgerung aus der Rechtsprechung ergebe, und führt insoweit Nr. 67 der Schlussfolgerungen des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache Deutschland/Kommission (C‑277/00, EU:C:2003:354) an. Diese Nummer der Schlussanträge greift jedoch ein Argument der Kommission auf und enthält entgegen dem Vorbringen der Klägerin keinerlei ergänzenden Hinweis. Ferner ergibt sich zwar aus der Rechtsprechung, dass verschiedene Faktoren berücksichtigt werden können, darunter „der Gegenstand der Übertragung (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva)“ (siehe oben, Rn. 208), aus ihr ergibt sich jedoch nicht, dass die wirtschaftliche Kontinuität bei einem geringen Umfang der Transaktion auszuschließen ist.

257    Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin, wie die Kommission geltend macht, nichts vorträgt, um die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Ausführungen zum Umfang der beiden aufeinander folgenden Verkaufsgeschäfte in Frage zu stellen, mit Ausnahme allerdings des Arguments, dass nur 60 % der betrieblichen Tätigkeiten auf die Klägerin übertragen worden seien. Darauf ist die Kommission jedoch im 153. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eingegangen, und die Klägerin trägt nichts vor, um den Erwägungen zu widersprechen, denen zufolge die Klägerin von Via Chem Slovakia die Immobilien (Flächen und Gebäude) gemietet habe, die sie nicht erworben habe und die für die Chemieproduktion benötigt worden seien. Zudem bringt die Klägerin kein Argument vor, um die weiteren Erwägungen der Kommission in Frage zu stellen, wonach die Klägerin den Geschäftsbetrieb von NCHZ ohne wesentliche Änderungen in geschäftlicher und personeller Hinsicht sowie im Hinblick auf die Produktion fortgesetzt habe (siehe oben, Rn. 255).

258    Die Erwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss erscheinen aber nicht als fehlerhaft und lassen den Schluss zu, dass der Umfang der Transaktion – im Sinne des Gegenstands der Übertragung – im vorliegenden Fall für das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin spricht. Dass die Klägerin die für die Chemieproduktion benötigten Immobilien, bestehend aus Flächen und Gebäuden, nicht erworben, sondern gemietet hat, kann diese Schlussfolgerung nicht entkräften, da die Klägerin sämtliche Faktoren nutzen kann, die eine Weiterführung des Betriebs von NCHZ ermöglichen.

4.      Zur ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion

259    Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf Rn. 33 der Bekanntmachung von 2007 vor, das Kriterium der ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion solle nicht gewährleisten, dass der Erwerber die Aktiva anders als der Veräußerer einsetze, sondern darüber bestimmen, ob ein anderer wirtschaftlicher Grund als die Umgehung des Rückforderungsbeschlusses die Transaktion rechtfertige. Dieses Kriterium komme für eine andere Verwendung als diesen Hinweis auf eine Umgehung nicht in Frage und erweise sich besonders bei konzerninternen Transaktionen als sachdienlich. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Aktiva im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens, das im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren stehe, an einen Dritten verkauft würden, liege das wirtschaftliche Interesse der Parteien auf der Hand. Zum einen versuche der Verkäufer, hier der Insolvenzverwalter, Mittel zu beschaffen, um die Verbindlichkeiten des insolventen Unternehmens tilgen zu können, und veräußere zu diesem Zweck, wie im vorliegenden Fall, die Aktiva als laufendes Unternehmen, um die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen, sofern mit diesem Verkauf ein höherer Erlös erzielt werden könne als durch den Verkauf der einzelnen Vermögenswerte. Zum anderen wolle der Käufer eine Transaktion durchführen, die nach seiner Vorstellung die Erzielung eines Gewinns erwarten lasse. Die Behauptung der Kommission, dass der Erwerb der Aktiva von NCHZ mit den sonstigen Tätigkeiten der Klägerin nicht im Einklang stehe (166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), sei jedenfalls „unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt absurd“.

260    Die Kommission ist der Auffassung, der angefochtene Beschluss sei insoweit fehlerfrei. Die Klägerin führe für ihre Auslegung des Kriteriums der ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion keine Rechtsprechung an und scheine zu übersehen, dass dieses Kriterium in der Rechtsprechung als einer der Gesichtspunkte genannt werde, die zur Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen dem Empfänger der staatlichen Beihilfe und dem Erwerber der Vermögenswerte dieses Empfängers, nicht aber zum Nachweis einer etwaigen Umgehung der Rückforderungsanordnung herangezogen werden könne.

261    Im angefochtenen Beschluss führte die Kommission aus, dass anhand des Kriteriums der ökonomischen Folgerichtigkeit festgestellt werden solle, ob der Käufer die erworbenen Vermögensgüter in der gleichen Weise nutze wie zuvor der Verkäufer oder ob er sie in seine eigene Geschäftsstrategie integriere und damit Synergien realisiere, die sein Interesse am Erwerb dieser Aktiva erkennen ließen (164. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie wies darauf hin, dass die Klägerin die gesamte Chemiesparte von NCHZ, d. h. den wichtigsten Teil von NCHZ als laufendes Unternehmen, zusammen mit mehr als 95 % der Beschäftigten und den dazugehörigen Rechten und Pflichten erworben habe und dass das Produktportfolio und der Tätigkeitsbereich der Klägerin und NCHZ identisch seien (165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Klägerin habe zudem in der Presse verkündet, dass keine großen Veränderungen in der Geschäftsleitung von NCHZ und im Umfang ihrer Aktivitäten geplant seien. Obwohl die Klägerin Teil einer größeren Unternehmensgruppe sei, ergäben sich offenbar keine größeren Synergieeffekte mit anderen Konzernmitgliedern (166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass es keinen Wechsel in der Geschäftsstrategie gegeben habe und dass die Klägerin die erworbenen Aktiva in gleicher Weise wie zuvor der Verkäufer nutze (167. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

262    Zunächst ist festzustellen, dass für die Feststellung, dass die Rückzahlungsverpflichtung durch die Übertragung der Aktiva umgangen wird, keine Absicht vorliegen muss (siehe oben, Rn. 211). Entgegen dem Vorbringen der Klägerin soll daher anhand des Kriteriums der ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion, das zu den in der Rechtsprechung angeführten Gesichtspunkten zählt (siehe oben, Rn. 208), nicht unbedingt und ausschließlich beurteilt werden, ob ein anderer wirtschaftlicher Grund als eine solche Umgehung die betreffende Transaktion rechtfertigt.

263    Sodann kann nicht, wie die Klägerin meint, behauptet werden, dass die ökonomische Logik, die der Veräußerung der Aktiva von NCHZ gemäß dem Prinzip der Betriebsfortführung zugrunde liegt, offensichtlich in der Erzielung eines größtmöglichen Erlöses bestand, um die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Wie bereits festgestellt, war das Ausschreibungsverfahren, das zum Verkauf von Via Chem Slovakia führte, nicht so organisiert, dass der Verkauf zum höchstmöglichen Preis garantiert gewesen wäre (siehe oben, Rn. 246).

264    Was schließlich den Verkauf an die Klägerin betrifft, so hat die Kommission ausgeführt, dass eine Reihe von Mitgliedern des Konzerns, dem die Klägerin angehöre, zwar ebenfalls in der chemischen Industrie, jedoch in anderen Sparten aktiv seien. Die Klägerin stellt diese Beurteilung der fehlenden Synergien aber nur durch nicht belegte Behauptungen in Frage. In jedem Fall führt die nicht bestrittene Tatsache, dass die Klägerin, wie die Kommission festgestellt hat, die Aktiva in gleicher Weise wie NCHZ ohne einen Wechsel in der Geschäftsstrategie nutzte, zu dem Ergebnis, dass die ökonomische Logik der Veräußerung an die Klägerin für diese in der Weiterführung des zuvor von NCHZ geführten Betriebs lag.

265    Folglich konnte die Kommission fehlerfrei zu dem Schluss gelangen, dass die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion ein Indiz für die wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin darstellte.

5.      Zu den weiteren von der Kommission geprüften Kriterien

a)      Zur Absicht, den Rückforderungsbeschluss zu umgehen

266    Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission im 131. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, obwohl sie festgestellt habe, dass sich nicht direkt nachweisen lasse, dass der Zweck der Transaktion darin bestanden habe, die Auswirkungen eines möglichen Rückforderungsbeschlusses zu umgehen, gleichwohl erklärt habe, dass die slowakischen Behörden genau gewusst hätten, dass die Kommission wegen einer am 17. Oktober 2011 eingereichten Beschwerde eine Voruntersuchung durchgeführt habe, und ihnen bekannt gewesen sei, dass mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 gegen NCHZ eine Geldbuße in Höhe von 19,6 Mio. Euro wegen der Beteiligung an einem Kartell verhängt worden sei. Die Kommission habe zu Unrecht „angedeutet“, dass diese beiden Punkte indirekt die Absicht belegten, die Rückforderung zu umgehen. In der Erwiderung führt die Klägerin aus, sie nehme zur Kenntnis, dass die Kommission anerkenne, dass die vorliegende Rechtssache keine Umgehung betreffe.

267    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, macht geltend, sie sei zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen NCHZ und der Klägerin eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe, die unabhängig von der Absicht, einen Rückforderungsbeschluss zu umgehen, bestehen könne. Sie habe niemals behauptet, dass die vorliegende Rechtssache eine Umgehung betreffe (131. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

268    Es ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin nicht deshalb bejahte, weil insbesondere die Absicht bestand, die mit diesem Beschluss auferlegte Verpflichtung zur Rückforderung zu umgehen. Folglich geht das Vorbringen der Klägerin ins Leere.

b)      Zu den Verbindungen zwischen dem ursprünglichen Eigentümer und dem neuen Eigentümer von NCHZ

269    Die Klägerin trägt vor, die Aktiva seien an Dritte veräußert worden, die zu NCHZ oder ihren Aktionären keinerlei Verbindungen gehabt hätten, was die Kommission im angefochtenen Beschluss im Wesentlichen auch eingeräumt habe. Auch zwischen NCHZ und Via Chem Slovakia gebe es keine solche Verbindung. In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, die Kommission trage kein rechtliches oder wirtschaftliches Argument vor, das erklären könne, weshalb dieses Kriterium nur dazu dienen solle, das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität nachzuweisen, nicht aber, ein solches Vorliegen auszuschließen. Anhand dieses Kriteriums lasse sich vielmehr feststellen, ob die Veräußerung zum Zwecke der Umgehung des Rückforderungsbeschlusses erfolgt sei oder nicht.

270    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, trägt vor, dass dieser Gesichtspunkt berücksichtigt worden sei, um die wirtschaftliche Kontinuität zu beurteilen. Daraus, dass die Identität der Eigentümer unbekannt bleibe, lasse sich jedoch kein besonderer Schluss ziehen, zumal sich der angefochtene Beschluss nicht mit der Absicht, die Rückforderungsanordnung zu umgehen, befasse. In der Gegenerwiderung widerspricht sie unter Bezugnahme auf das Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission (T‑123/09, EU:T:2012:164‚ Rn. 156), dem Vorbringen der Klägerin, wonach ohne Kenntnis der Identität der Eigentümer eine Umgehung und damit eine wirtschaftliche Kontinuität nicht festgestellt werden könne.

271    Im angefochtenen Beschluss führte die Kommission aus, dass sie, „[s]olange nicht das Gegenteil bewiesen ist, … davon [ausgeht], dass zwischen den ursprünglichen und den neuen Eigentümern des an [die Klägerin] übertragenen Unternehmens NCHZ keine Verbindungen bestehen“ (162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

272    Es ist festzustellen, dass zu den in der Rechtsprechung angeführten relevanten Faktoren die Identität der Aktionäre oder Eigentümer des erwerbenden und des ursprünglichen Unternehmens zählt (siehe oben, Rn. 208). Wie sich aus den Erwägungründen 159 bis 162 und 168 bis 170 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission diesen Faktor zwar geprüft, ist aber zu Recht nicht davon ausgegangen, dass er ein Indiz für das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin darstellt. Sie hat allerdings – ebenfalls zu Recht – im Rahmen der Gesamtwürdigung der verschiedenen geprüften Faktoren die Auffassung vertreten, dass eine fehlende Verbindung zwischen den alten und den neuen Eigentümern von NCHZ ein solche wirtschaftliche Kontinuität nicht ausschließen kann.

273    Im Übrigen ist das Vorbringen der Klägerin, wonach sich anhand des genannten Kriteriums feststellen lasse, ob die Veräußerung zum Zwecke der Umgehung des Rückforderungsbeschlusses erfolgt sei oder nicht, aus dem oben in Rn. 268 angeführten Grund als ins Leere gehend zurückzuweisen.

c)      Zum Zeitpunkt der Veräußerung

274    Die Klägerin trägt vor, dass die Gläubiger, der Verwalter und der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín) lange vor einer beihilferechtlichen Prüfung beschlossen hätten, die Aktiva nach dem Prinzip der Betriebsfortführung von NCHZ im Wege eines Ausschreibungsverfahrens zu veräußern. Die Kommission behaupte zudem nicht, dass der Verwalter, der Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín), NCHZ, Via Chem Slovakia oder die Klägerin im Zeitpunkt der Veräußerung bzw. Veräußerungen Kenntnis von dem von ihr eingeleiteten Verfahren gehabt hätten. Das Wissen, dass eine Entscheidung drohe, in der die Rückforderung der staatlichen Beihilfe angeordnet werde, sei aber eine für das Vorliegen einer Umgehung notwendige Voraussetzung. Die Formulierung des 168. Erwägungsgrunds des angefochtenen Beschlusses lasse erkennen, dass die Kommission sich für ihre Schlussfolgerung nicht auf den Veräußerungszeitpunkt habe stützen wollen. Sie habe implizit eingeräumt, dass dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall gegen das Vorliegen einer Umgehung spreche.

275    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, trägt vor, sie habe eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin nicht aufgrund dieses Gesichtspunkts bejaht. Im 163. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses werde lediglich eine Tatsache festgestellt. Eine Absicht, die Rückforderungsanordnung zu umgehen, habe sie nicht nachweisen wollen. In der Gegenerwiderung führt sie aus, dass die Auffassung der Klägerin, die Verpflichtung zur Rückforderung könne sich trotz objektiv vorliegender wirtschaftlicher Kontinuität niemals auf einen nicht informierten Erwerber erstrecken, keinen Rückhalt in der Rechtsprechung finde, in der sich auch keine Bestätigung dafür finden lasse, dass eine wirtschaftliche Kontinuität nicht festgestellt werden könne, wenn die Übertragung der Aktiva vor Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens stattfinde.

276    Im 163. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses prüfte die Kommission das Kriterium des Zeitpunkts des Verkaufs. Sie führte aus, dass „[d]er Verkauf … stattgefunden [hat], nachdem … die vorläufige Prüfung der Beschwerde eingeleitet und die Beschwerde zur Stellungnahme an die Slowakei weitergeleitet [worden war]“, und dass „der slowakische Staat zumindest darüber informiert [war], dass es sich bei den fraglichen Maßnahmen möglicherweise um illegale und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen handeln könnte, die zurückgefordert werden müssten“.

277    Zu den in der Rechtsprechung angeführten relevanten Gesichtspunkten gehört „der Zeitpunkt der Übertragung (nach Beginn der Untersuchung, nach Verfahrenseinleitung oder nach der abschließenden Entscheidung)“ (siehe oben, Rn. 208). Diesen Gesichtspunkt hat die Kommission im 163. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zwar geprüft, in den Erwägungsgründen 168 bis 170 des angefochtenen Beschlusses, die ihre Schlussfolgerungen zum Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität enthalten, aber nicht als Indiz dafür angeführt, dass eine solche wirtschaftliche Kontinuität im vorliegenden Fall besteht.

278    Ferner ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus dem angefochtenen Beschluss keineswegs, dass die Kommission implizit eingeräumt hat, dass der Zeitpunkt, zu dem der Verkauf stattgefunden habe, gegen das Vorliegen einer Umgehung spreche. Die Kommission hat nämlich lediglich ausgeführt, dass sich zwar nicht direkt nachweisen lasse, dass der Zweck der Transaktion darin bestanden habe, die Auswirkungen eines möglichen Rückforderungsbeschlusses zu umgehen, „den slowakischen Behörden [jedoch] zumindest bekannt [war], dass [sie] seit dem 17. Oktober 2011 eine Voruntersuchung wegen einer Beschwerde gegen NCHZ durchführte [zweiter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses] und dass mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 eine Geldbuße wegen der Beteiligung an einem Kartell in Höhe von 19,6 Mio. [Euro] gegen NCHZ verhängt worden war [zwölfter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses]“ (131. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

279    Außerdem ist festzustellen, dass sich die Klägerin mit dem Vorbringen, die Kenntnis eines Beschlusses, mit dem eine staatliche Beihilfe zurückgefordert werde, oder zumindest die Kenntnis eines drohenden derartigen Beschlusses sei eine für das Vorliegen einer Umgehung der Rückforderung notwendige Voraussetzung, auf eine Veräußerung bezieht, die in der Absicht erfolgt, der Rückforderung der staatlichen Beihilfe zu entgehen. Dieses Vorbringen ist aus dem oben in Rn. 268 angeführten Grund als ins Leere gehend zurückzuweisen.

280    Darüber hinaus ist festzustellen, dass, wie die Klägerin vorträgt, die Entscheidung, NCHZ nach dem Prinzip der Betriebsfortführung zu verkaufen, getroffen wurde, bevor es einen Hinweis darauf gab, dass die Kommission eine Prüfung hinsichtlich einer möglichen staatlichen Beihilfe durchführte. Selbst bei Zugrundelegung des Datums der Ausschreibung von 2010 oder, nach deren Scheitern, des Datums des vollstreckbaren Beschlusses des Súd v Trenčíne (Gericht Trenčín), mit dem der Verwalter aufgefordert wurde, NCHZ im Juni 2011 zu verkaufen, ist festzustellen, dass die Kommission die Beschwerde der Streithelferin damals noch nicht erhalten hatte. Nicht unbedingt relevant ist zudem, dass der den Verkauf betreffende Vorvertrag mit Via Chem Slovakia am 16. Januar 2012 geschlossen wurde, d. h. an dem Tag, an dem die Kommission der Regierung die slowakische Fassung der Beschwerde übermittelte, die bereits am 17. Oktober 2011 in einer anderen Sprachfassung übersandt worden war. Dagegen ist darauf hinzuweisen, dass beim Verkauf von NCHZ an die Klägerin im August 2012 bekannt war, dass eine Beschwerde eingelegt worden war und dass die der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vorausgehende Prüfung begonnen hatte. Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass der Verwalter durch ein Schreiben vom 2. April 2012, das ihm am 10. April 2012 ausgehändigt worden sei, einen ersten Hinweis darauf erhalten habe, dass die Kommission eine beihilferechtliche Vorprüfung durchführe. Infolgedessen hätten Via Chem Slovakia und die Klägerin beim zweiten Verkauf davon Kenntnis haben müssen, denn in Bezug auf die Klägerin ist entgegen deren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu einer Frage des Gerichts festzustellen, dass sich ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, dessen Erwerb er beabsichtigt, umfassend informieren muss.

6.      Zur Gesamtwürdigung der Kommission hinsichtlich des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin

281    Im angefochtenen Beschluss stützte die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe, auf den Umstand, dass die Zahlungen, die im Rahmen der beiden aufeinander folgenden Verkaufsgeschäfte geleistet worden seien, vermutlich nicht den Marktpreisen entsprochen hätten, sowie auf den Umfang der Transaktion – im Sinne des Gegenstands der Übertragung – und die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion (Erwägungsgründe 168 und 169 des angefochtenen Beschlusses).

282    Aus der Analyse des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie davon ausging, dass – erstens – sowohl der Umfang der Transaktion (der Gegenstand der Übertragung) als auch die ökonomische Folgerichtigkeit Indizien für das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin darstellen können (siehe oben, Rn. 254 bis 258 und 261 bis 265), und – zweitens – es nicht als sicher angesehen werden kann, dass die beiden aufeinander folgenden Verkaufsgeschäfte zum Marktpreis abgewickelt wurden (siehe oben, Rn. 251).

283    Vor diesem Hintergrund ist in Anbetracht dessen, dass nach der Rechtsprechung zum einen der Preis für die Übertragung, selbst wenn er dem Marktpreis entsprechen würde, bei der Untersuchung, ob möglicherweise eine wirtschaftliche Kontinuität vorliegt, nur einen Gesichtspunkt darstellt und zum anderen die Zahlung eines den Marktbedingungen entsprechenden Preises nicht ausreichen würde, um den mit dem Erhalt der rechtswidrigen Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteil zu neutralisieren, davon auszugehen, dass die Kommission aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles zu dem Ergebnis gelangen durfte, dass sich die Rückforderungspflicht unabhängig von einer Umgehungsabsicht auf die Klägerin erstreckt.

284    Der vierte Klagegrund ist folglich zurückzuweisen.

G.      Zum fünften, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, weil die Erstreckung der Pflicht zur Rückforderung der angeblichen staatlichen Beihilfe auf die Klägerin nicht auf 60 % der Beihilfe beschränkt worden sei

285    Die Klägerin macht hilfsweise geltend, der angefochtene Beschluss sei insoweit rechtswidrig, als die Kommission die Rückforderungspflicht nicht auf 60 % des Betrags der staatlichen Beihilfe beschränkt habe, die NCHZ angeblich erhalten habe. Es sei nicht möglich, dass sie diesen Betrag insgesamt erhalten habe, da sie von Via Chem Slovakia nur 60 % der Aktiva von NCHZ erworben habe und auch nicht mittelbar in den Genuss des im Eigentum von Via Chem Slovakia verbleibenden Teils gelangt sei, denn sie zahle eine gemäß den Marktbedingungen festgelegte Miete.

286    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

287    Im angefochtenen Beschluss führte die Kommission aus, dass die Klägerin „die für die Chemieproduktion benötigten Immobilien (Flächen und Gebäude) von Via Chem Slovakia [mietet]“ und dass „[a]bgesehen von den Immobilien … alle anderen Vermögenswerte, Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem übertragenen Geschäftsbetrieb von [der Klägerin] übernommen [wurden, die] den Geschäftsbetrieb von NCHZ weiter[führt] und … weiterhin das gleiche Produktportfolio an[bietet]“ (153. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass „[d]ie Tatsache, dass ein Teil der Wirtschaftsgüter nicht im Eigentum [der Klägerin] steht, sondern gemietet wird, … nichts daran [ändert], dass die [Klägerin] schlicht und einfach die wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ im gleichen Umfang wie vor der Transaktion fortsetzt“ (156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

288    Wie festgestellt, durfte die Kommission zu dem Ergebnis kommen, dass sich die Rückforderungspflicht wegen der bestehenden wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin auf Letztere erstreckt. Diese Kontinuität beruht u. a. darauf, dass die Klägerin zwecks Weiterführung der gleichen Tätigkeiten über alle Rechte und Pflichten von NCHZ verfügte.

289    Ferner bestreitet die Klägerin, wie die Kommission vorträgt, nicht, dass sie die für die Chemieproduktion benötigten Immobilien, die die verbleibenden 40 % der von Via Chem Slovakia gehaltenen Aktiva bildeten, nicht erwarb, sondern mietete. Dass sie diese Immobilien nicht besaß, sondern, wie sie geltend macht, zum Marktpreis mietete, änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass sie sie zwecks Weiterführung des zuvor von NCHZ geführten Betriebs für sich nutzen konnte.

290    Angesichts der Umstände des vorliegenden Falls, die zum Ergebnis geführt haben, dass eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und der Klägerin besteht, war die Erstreckung der Rückforderungspflicht somit nicht auf 60 % zu beschränken, so dass der fünfte Klagegrund zurückzuweisen ist.

291    Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

292    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

293    Gemäß Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt AlzChem, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Kommission beigetreten ist, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Fortischem a.s. trägt ihre eigenen Kosten sowie die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.

3.      Die AlzChem AG trägt ihre eigenen Kosten.

Berardis

Papasavvas

Spineanu-Matei

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2019.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.