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Klage, eingereicht am 19. Juli 2019 – Homoki/Kommission

(Rechtssache T-517/19)

Verfahrenssprache: Ungarisch

Parteien

Klägerin: Andrea Homoki (Gyál, Ungarn) (Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Hüttl)

Beklagte: Europäische Kommission

Anträge

Die Klägerin beantragt,

die zu dem Aktenzeichen OF/2015/0034/B4 ergangenen Beschlüsse des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (im Folgenden: OLAF) vom 4. April 2019, OCM(2019)7991-04/04/2019 (olaf.c.4[2019]8720), und vom 22. Mai 2019, OCM(2019)11506-22/05/2019 (olaf.c.4[2019]12610), gemäß Art. 264 der konsolidierten Fassung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union1 für nichtig zu erklären und gemäß Art. 264 Satz 2 die Teile der Beschlüsse aufrechtzuerhalten, die den Schutz der Identität der Hinweisgeber bzw. die Vertraulichkeit der internen Aufzeichnungen und vorläufigen Arbeitsdokumente des OLAF bezwecken;

der Beklagten gemäß Art. 134 der Verfahrensordnung des Gerichts die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Das OLAF habe der Klägerin im ersten angefochtenen Beschluss den Zugang zu seinem Bericht über die Straßenbeleuchtungsinvestition der Elios Innovatív Zrt. (Akte des OLAF mit dem Aktenzeichen OF/2015/0034/B4) verweigert und im zweiten angefochtenen Beschluss den von der Klägerin eingereichten Zweitantrag zurückgewiesen.

Die Klägerin stützt ihre Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Beschlüsse auf acht Gründe.

Schutz der Grundrechte

Die Einsichtnahme in das angeforderte Dokument falle unter das Recht der Klägerin auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit gemäß Art. 11 der Charta der Grundrechte. Die Beklagte habe bei der Verweigerung des Zugangs zu dem angeforderten Dokument weder die in der Charta der Grundrechte festgelegte Grundrechteprüfung noch eine Abwägung der Grundrechte durchgeführt und damit das Recht der Klägerin auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise einschränkt.

Keine allgemeine Vermutung eines Zugangsverbots

Im Zusammenhang mit den Dokumenten des OLAF sei die allgemeine Vermutung des Zugangsverbots rechtswidrig. Das Grundrecht auf Zugang zu Dokumenten könne nicht dermaßen ausgehöhlt werden, dass der Rechtsanwender alle Dokumente eines Organs (im vorliegenden Fall des OLAF) dem Grundsatz der Öffentlichkeit entziehe, ohne dass eine inhaltliche Prüfung der angeforderten Daten durchgeführt werde.

Keine Geheimhaltungspflicht

Die Klägerin rügt, dass das OLAF den uneingeschränkten Zugang zu den Dokumenten unter Berufung auf die Geheimhaltungspflicht verweigere. Eine Beschränkung, mit der der gesamte Akteninhalt der von OLAF durchgeführten Untersuchungen unter Berufung auf die Geheimhaltungspflicht der Öffentlichkeit entzogen sei, sei nicht verhältnismäßig, da damit das Recht der Unionsbürger auf Zugang zu den Dokumenten der Organe der Europäischen Union vollständig ausgehöhlt werde.

Recht auf Zugang

Es sei mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit nicht vereinbar, dass der Rechtsanwender nur dann den Zugang zu bestimmten Dokumenten gewähre, wenn der Antragsteller die Vermutung des Zugangsverbots durch ein überwiegendes öffentliches Interesse widerlege. Nach Auffassung der Klägerin müsste die Daten verarbeitende Stelle belegen, dass eine die Beschränkung der Öffentlichkeit rechtfertigende Ausnahme vorliege.

Begründungsmangel in Bezug auf Druck von außen und den Schutz des Entscheidungsprozesses

Die Beklagte habe im Hinblick auf die Wahrnehmung des Rechts der Klägerin auf Zugang keine individuelle Abwägung durchgeführt und nicht hinreichend begründet, welchem konkreten laufenden Entscheidungsprozess die angeforderten Daten dienten.

Begründungsmangel in Bezug auf den Schutz der geschäftlichen Interessen

Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die Gewährung des Zugangs mit einer Gefährdung geschäftlicher Interessen natürlicher oder juristischer Personen einhergehe. Eine hypothetische und nicht begründete Gefahr könne nicht das Grundrecht des Auskunftsersuchenden auf Kenntnisnahme und Verbreitung von Daten von öffentlichem Interesse aushöhle.

Rechtfertigung der Übermittlung der personenbezogenen Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck

Das Argument der Beklagten in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, wonach bei der Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben und der Verwendung öffentlicher Mittel der Schutz personenbezogener Daten restriktiv zur Geltung komme, sei rechtswidrig. Die Klägerin rügt ferner, die Beklagte habe sie nicht darüber informiert, dass die im öffentlichen Interesse liegende Erkennbarkeit der personenbezogenen Daten hätte begründet werden müssen.

Überwiegendes öffentliches Interesse am Zugang zu den angeforderten Dokumenten

Am Zugang zu dem angeforderten Dokument bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse. Dieses ergebe sich daraus, dass von den ungarischen Behörden nicht zu erwarten sei, dass sie im Zusammenhang mit den von OLAF festgestellten schwerwiegenden Missbräuchen eine sachdienliche Untersuchung durchführten. Nach Ansicht der Klägerin kann daher nur mit Öffentlichkeit eine Wirkung erzielt werden.

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1 ABl. 2010, C 83, S. 1.