Language of document : ECLI:EU:T:2014:955

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)

11. November 2014 (*)

„Nichtigkeitsklage – Reform des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union – Schlechterstellung im Bereich der Pauschalvergütung der Reisekosten und der Erhöhung des Jahresurlaubs durch Tage zusätzlichen Urlaubs als Reisetage – Keine individuelle Betroffenheit – Außervertragliche Haftung – Kausalzusammenhang – Teils offensichtlich unzulässige und teils offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrende Klage“

In der Rechtssache T‑20/14

Huynh Duong Vi Nguyen, Beamtin des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Woluwe-Saint-Lambert (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Velardo,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch L. Visaggio und E. Taneva als Bevollmächtigte,

und

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bauer und A. Bisch als Bevollmächtigte,

Beklagte,

zum einen wegen Nichtigerklärung gemäß Art. 263 AEUV von Art. 1 Abs. 65 Buchst. b und Abs. 67 Buchst. d der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (ABl. L 287, S. 15), soweit diese Vorschriften den Anspruch auf Erstattung der jährlichen Reisekosten und die Reisetage an die Auslands- und Expatriierungszulage binden, sowie zum anderen wegen einer Klage nach Art. 340 AEUV auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der der Klägerin entstanden sein soll,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters C. Wetter,

Kanzler: E. Coulon

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Art. 4 des Anhangs VII der Verordnung Nr. 31 (EWG)/11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. 1962, 45, S. 1385) in seiner bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: bis zum 31. Dezember 2013 geltendes Statut) bestimmte:

„(1)       Eine Auslandszulage in Höhe von 16 v. H. des Gesamtbetrags des Grundgehalts sowie der Haushaltszulage und der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, die dem Beamten gezahlt werden, wird gewährt:

a)      Beamten, die

–        die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben und

–        während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben. Bei Anwendung dieser Vorschrift bleibt die Lage unberücksichtigt, die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt.

b)      Beamten, die die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, besitzen oder besessen haben, jedoch während eines bei ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von zehn Jahren aus einem anderen Grund als der Ausübung einer Tätigkeit in einer Dienststelle eines Staates oder in einer internationalen Organisation ihren ständigen Wohnsitz nicht in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates hatten.

(2) Beamte, die die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Ort ihrer dienstlichen Verwendung liegt, nicht besitzen und nicht besessen haben, jedoch die Bedingungen nach Absatz 1 nicht erfüllen, haben Anspruch auf eine Expatriierungszulage, die gleich dem vierten Teil der Auslandszulage ist.

…“

2        Art. 7 des Anhangs VII des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts lautete:

„(1) Der Beamte hat in folgenden Fällen für sich, seinen Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Personen, die tatsächlich mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, Anspruch auf Erstattung der Reisekosten:

a)      bei Dienstantritt: vom Ort der Einberufung bis zum Ort der dienstlichen Verwendung;

b)      beim endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst nach Artikel 47 des Statuts: vom Ort der dienstlichen Verwendung zu dem Herkunftsort nach Absatz 3;

c)      bei jeder Versetzung, die eine Änderung des Ortes der dienstlichen Verwendung zur Folge hat.

Beim Tode eines Beamten haben die Witwe und die unterhaltsberechtigten Personen unter den gleichen Bedingungen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten.

Die Reisekosten umfassen ferner die Kosten für etwaige Platzkarten, für die Beförderung des Gepäcks und gegebenenfalls unumgängliche Hotelkosten.

(2) Der Erstattung wird der übliche kürzeste und billigste Reiseweg mit der Eisenbahn in der ersten Klasse zwischen dem Ort der dienstlichen Verwendung und dem Ort der Einberufung oder dem Herkunftsort zugrunde gelegt.

Ist der Reiseweg gemäß Unterabsatz 1 länger als 500 km oder wird auf dem üblichen Reiseweg ein Meer überquert, so hat der Betreffende bei Vorlage der Flugkarten Anspruch auf Erstattung der Flugkosten in der Businessklasse oder einer entsprechenden Klasse. Wird ein anderes als eines der vorstehend genannten Beförderungsmittel benutzt, so wird der Erstattung der Preis für die Eisenbahnfahrt unter Ausschluss des Schlafwagenzuschlags zugrunde gelegt. Kann die Berechnung nicht auf dieser Grundlage erfolgen, so ist die Erstattung durch besondere Verfügung der Anstellungsbehörde zu regeln.

(3) Der Herkunftsort des Beamten wird bei seinem Dienstantritt unter Berücksichtigung des Ortes, von dem aus er einberufen worden ist, oder des Mittelpunkts seiner Lebensinteressen festgestellt. Diese Feststellung kann im Laufe der Amtszeit des Beamten und anlässlich seines Ausscheidens aus dem Dienst durch eine besondere Verfügung der Anstellungsbehörde geändert werden. Diese Verfügung darf während der Amtszeit des Beamten nur in Ausnahmefällen und bei Vorlage von Unterlagen getroffen werden, durch die der Antrag des Beamten ordnungsgemäß belegt wird.

3        Art. 8 des Anhangs VII des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts hatte folgenden Wortlaut:

„(1) Der Beamte hat für sich und, soweit er Anspruch auf die Haushaltszulage hat, für seinen Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Personen im Sinne des Artikels 2 einmal jährlich Anspruch auf eine Pauschalvergütung der Reisekosten vom Ort der dienstlichen Verwendung zum Herkunftsort gemäß Artikel 7.

(2) Der Pauschalvergütung liegt eine anhand der Entfernung in Kilometern vom Ort der dienstlichen Verwendung zum Einberufungs- oder Herkunftsort berechnete Vergütung zugrunde; die Entfernungen werden nach Maßgabe des Artikels 7 Absatz 2 Unterabsatz 1 berechnet.

Die Kilometervergütung beträgt:

0 EUR pro km für eine Entfernung von

0 bis 200 km

0,3790 EUR pro km für eine Entfernung von

201 bis 1 000 km

0,6316 EUR pro km für eine Entfernung von

1 001 bis 2 000 km

0,3790 EUR pro km für eine Entfernung von

2 001 bis 3 000 km

0,1262 EUR pro km für eine Entfernung von

3 001 bis 4 000 km

0,0609 EUR pro km für eine Entfernung von

4 001 bis 10 000 km

0 EUR pro km für eine Entfernung von über

10 000 km.


Die vorstehende Kilometervergütung wird ergänzt durch einen zusätzlichen Pauschalbetrag in Höhe von

–        378,93 EUR bei einer Entfernung von 1 450 Bahnkilometern oder mehr zwischen dem Ort der dienstlichen Verwendung und dem Herkunftsort.

(4) Die vorstehenden Bestimmungen gelten für Beamte, bei denen der Ort der dienstlichen Verwendung innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten liegt …

Die Erstattung dieser Reisekosten erfolgt durch Zahlung einer Pauschalvergütung auf der Grundlage der Kosten für eine Flugreise in der unmittelbar über der Economy-Klasse liegenden Klasse.“

4        Art. 7 des Anhangs V des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts bestimmte:

„Die Dauer des [Jahresurlaubs] verlängert sich um Reisetage, die nach der Entfernung in Eisenbahnkilometern zwischen dem Urlaubsort und dem Ort der dienstlichen Verwendung wie folgt berechnet werden:

zwischen 50 und 250 km: ein Tag für Hin- und Rückreise

zwischen 251 und 600 km: zwei Tage für Hin- und Rückreise

zwischen 601 und 900 km: drei Tage für Hin- und Rückreise

zwischen 901 und 1 400 km: vier Tage für Hin- und Rückreise

zwischen 1 401 und 2 000 km: fünf Tage für Hin- und Rückreise

über 2 000 km: sechs Tage für Hin- und Rückreise.

Urlaubsort im Sinne dieses Artikels ist beim Jahresurlaub der Herkunftsort.

Die vorstehenden Bestimmungen gelten für Beamte, bei denen der Ort der dienstlichen Verwendung im Gebiet der Mitgliedstaaten liegt …

…“

5        Art. 1 Abs. 67 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (ABl. L 287, S. 15) bestimmt Folgendes:

„Anhang VII wird wie folgt geändert:

d)      Artikel 8 erhält folgende Fassung:

Artikel 8

(1)       Beamte, die Anspruch auf die Expatriierungs- oder Auslandszulage haben, haben innerhalb der in Absatz 2 festgelegten Grenzen für sich und, sofern sie Anspruch auf die Haushaltszulage haben, für ihren Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Personen im Sinne des Artikels 2 einmal jährlich Anspruch auf eine Pauschalvergütung der Reisekosten vom Ort der dienstlichen Verwendung zum Herkunftsort gemäß Artikel 7.

(2)       Der Pauschalvergütung liegt eine anhand der Entfernung in Kilometern vom Ort der dienstlichen Verwendung zum Herkunftsort berechnete Vergütung zugrunde.

Liegt der nach Artikel 7 definierte Herkunftsort außerhalb der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Union sowie außerhalb der in Anhang II zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannten Länder und Hoheitsgebiete und der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation, so liegt der Pauschalvergütung eine anhand der Entfernung zwischen dem Dienstort des Beamten und der Hauptstadt des Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, berechnete Kilometervergütung zugrunde. Beamte, deren Herkunftsort außerhalb der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Union sowie außerhalb der in Anhang II zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannten Länder und Hoheitsgebiete und der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation liegt und die nicht die Staatsangehörigkeit eines der Mitgliedstaaten besitzen, haben keinen Anspruch auf die Pauschalvergütung.

Die Kilometervergütung beträgt:

0 EUR pro km bei einer Entfernung von

0 bis 200 km

0,3790 EUR pro km bei einer Entfernung von

201 bis 1 000 km

0,6316 EUR pro km bei einer Entfernung von

1 001 bis 2 000 km

0,3790 EUR pro km bei einer Entfernung von

2 001 bis 3 000 km

0,1262 EUR pro km für eine Entfernung von

3 001 bis 4 000 km

0,0609 EUR pro km für eine Entfernung von

4 001 bis 10 000 km

0 EUR für jeden km über

10 000 km.


Die vorstehende Kilometervergütung wird ergänzt durch einen zusätzlichen Pauschalbetrag in Höhe von

–        189,48 EUR bei einer Entfernung von mindestens 600 und höchstens 1 200 km zwischen dem Ort der dienstlichen Verwendung und dem Herkunftsort;

–        378,93 EUR bei einer Entfernung von über 1 200 km zwischen dem Ort der dienstlichen Verwendung und dem Herkunftsort.

Die Kilometervergütung und die vorgenannten Pauschalbeträge werden jährlich entsprechend der Angleichung der Bezüge aktualisiert.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 dieses Artikels gelten für Beamte, bei denen der Ort der dienstlichen Verwendung innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten liegt …

Die Pauschalvergütung basiert auf den Kosten für eine Flugreise in der Economy-Klasse.‘“

6        Art. 1 Abs. 65 der Verordnung Nr. 1023/2013 sieht vor:

„Anhang V wird wie folgt geändert:

b)      Artikel 7 erhält folgende Fassung:

‚ … Beamte, die Anspruch auf die Expatriierungs- oder Auslandszulage haben, haben zum Zweck der Reise in den Herkunftsstaat Anspruch auf zweieinhalb Tage zusätzlichen Urlaub pro Jahr.

Absatz 1 gilt für Beamte, bei denen der Ort der dienstlichen Verwendung innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten liegt. Liegt der Ort der dienstlichen Verwendung außerhalb dieses Gebiets, so wird die Dauer des Heimaturlaubs unter Berücksichtigung der jeweiligen Erfordernisse durch besondere Verfügung festgelegt.‘“

7        Nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1023/2013 galten diese Bestimmungen ab dem 1. Januar 2014.

8        Bei der Einstellung der Klägerin, Frau Huynh Duong Vi Nguyen, wurde ihr Herkunftsort mit New York (Vereinigte Staaten von Amerika) festgesetzt. Aufgrund ihrer belgischen Staatsangehörigkeit und des Ortes ihrer dienstlichen Verwendung, nämlich Brüssel (Belgien), erfüllte sie die Anspruchsvoraussetzungen für die Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts nicht. Sie erfüllte auch nicht die Voraussetzungen für den Bezug dieser Zulage nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des Anhangs VII dieses Statuts. Im Hinblick auf ihre Staatsangehörigkeit und den Ort ihrer dienstlichen Verwendung war sie gleichfalls nicht zum Bezug der Expatriierungszulage nach Art. 4 Abs. 2 des Anhangs VII des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts berechtigt. Sie hatte hingegen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten zwischen dem Ort ihrer dienstlichen Verwendung und ihrem Herkunftsort gemäß Art. 8 des Anhangs VII des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts sowie auf Reisetage gemäß Art. 7 des Anhangs V dieses Statuts. Somit bezog sie seit ihrem Dienstantritt am 1. Juni 2009 jährlich einen Betrag von 4 835,53 Euro als Reisekosten für sich, ihren Ehegatten und ihr Kind und hatte Anspruch auf sechs zusätzliche Urlaubstage als Reisetage.

 Verfahren und Anträge der Parteien

9        Mit Klageschrift, die am 8. Januar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

10      Mit Schriftsätzen, die am 26. bzw. 27. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament jeweils eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben.

11      Am 12. Mai 2014 hat die Klägerin ihre Stellungnahme zu den Einreden des Rates und des Parlaments eingereicht.

12      Die Klägerin beantragt in der Klageschrift,

–        die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1023/2013 für nichtig zu erklären, die Art. 7 des Anhangs V und Art. 8 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Union dahin ändern, dass der Anspruch auf Reisekosten und auf Reisetage an die Zahlung einer Auslands- oder Expatriierungszulage gebunden ist;

–        den Rat und das Parlament zu verurteilen, ihr einen Betrag von 169 051,96 Euro für den materiellen Schaden und einen Betrag von 40 000 Euro für den immateriellen Schaden zuzüglich Verzugs- und Ausgleichszinsen in Höhe von 6,75 % zu zahlen;

–        dem Rat und dem Parlament die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

13      Der Rat beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

14      Das Parlament beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

15      Mit Schriftsatz, der am 16. April 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Europäische Kommission beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates zugelassen zu werden.

 Rechtliche Würdigung

16      Gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht vorab über die Unzulässigkeit entscheiden, wenn eine Partei dies beantragt. Gemäß Art. 114 § 3 wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Ist das Gericht für eine Klage offensichtlich unzuständig oder ist eine Klage offensichtlich unzulässig oder fehlt ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage, so kann das Gericht nach Art. 111 der Verfahrensordnung ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist.

17      Im vorliegenden Fall ist das Gericht in der Lage, auf der Grundlage des Akteninhalts ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

18      Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, AST II-Beamtin des Referats „Medien/Pressedienst“ in der Direktion „Kommunikation und Transparenz“ des Rates, zum einen im Wesentlichen die Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 65 Buchst. b der Verordnung Nr. 1023/2013 sowie von Art. 1 Abs. 67 Buchst. d dieser Verordnung (im Folgenden: angefochtene Bestimmungen), soweit diese Bestimmungen den Anspruch auf Erstattung der jährlichen Reisekosten und die Reisetage an die Auslands- und Expatriierungszulage binden, sowie zum anderen Schadensersatz zur Wiedergutmachung des materiellen und immateriellen Schadens, der ihr aufgrund des Erlasses der angefochtenen Bestimmungen entstanden sein soll.

19      Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung macht die Klägerin fünf Klagegründe geltend. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Art. 27 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, mit dem zweiten einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung wohlerworbener Rechte, die Grundsätze im Bereich des zeitlich anwendbaren Rechts und den Grundsatz der Rechtssicherheit, mit dem dritten einen Verstoß gegen Grundsatz des Vertrauensschutzes, mit dem vierten einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und mit dem fünften einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

20      Zur Stützung ihres Antrags auf Schadensersatz macht die Klägerin geltend, es bestehe ein Kausalzusammenhang zwischen den angefochtenen Bestimmungen und dem materiellen Schaden, der ihr in Form des Verlusts der Erstattung der Reisekosten und der Reisetage für die verbleibenden Dienstjahre bis zu ihrem Ruhestand entstehe. Der Verlust der Erstattung der Reisekosten und der Reisetage verursache ihr auch einen immateriellen Schaden, da er die Aufrechterhaltung der emotionalen Bindung zu ihrem Herkunftsort schwierig mache.

21      Das Parlament und der Rat machen jeweils die Unzulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung sowie des Schadensersatzantrags geltend.

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung

22      Das Parlament und der Rat bestreiten die Klagebefugnis der Klägerin. Das Parlament trägt außerdem vor, Letzterer fehle gegen Art. 8 Abs. 1 des Anhangs VII des neuen Statuts jedenfalls das Rechtsschutzinteresse.

23      Zur Klagebefugnis macht der Rat geltend, dass die Klägerin von den angefochtenen Bestimmungen nicht unmittelbar betroffen sei, da nur die Einzelentscheidungen der Anstellungsbehörde z. B. in Form einer Gehaltsabrechnung, in der die Reisekosten gestrichen seien, oder einer Einzelentscheidung über die Anzahl der als Reisetage gewährten Urlaubstage zu einer qualifizierten Änderung der Rechtsstellung der Klägerin führten und endgültig den Standpunkt des Organs ihr gegenüber festlegten.

24      Außerdem betreffen nach Ansicht des Parlaments und des Rates die angefochtenen Bestimmungen die Klägerin auch nicht individuell. Sie machen im Wesentlichen geltend, dass die angefochtenen Bestimmungen allgemeinen Charakter hätten und daher auf alle Beamten anwendbar seien, die sich objektiv in derselben Sach- und Rechtslage wie die Klägerin befänden oder in Zukunft befinden würden.

25      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1023/2013 auf der Grundlage von Art. 336 AEUV gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurde. Daher ist festzustellen, dass die angefochtenen Bestimmungen zu den Handlungen mit allgemeiner Geltung mit Gesetzgebungscharakter gehören, für die Art. 263 Abs. 4 AEUV die Zulässigkeit der von natürlichen und juristischen Personen erhobenen Nichtigkeitsklagen von der Einhaltung der Voraussetzungen der unmittelbaren und individuellen Betroffenheit abhängig macht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, Slg, EU:C:2013:625, Rn. 56 bis 60).

26      Daher ist zu prüfen, ob die Klägerin im vorliegenden Fall in Bezug auf die angefochtenen Bestimmungen die Voraussetzungen der unmittelbaren und individuellen Betroffenheit erfüllt.

27      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung natürliche oder juristische Personen die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit nur dann erfüllen, wenn sie von der angefochtenen Handlung wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder aufgrund von Umständen betroffen sind, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten (Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg, EU:C:1963:17, vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C‑298/00 P, Slg, EU:C:2004:240, Rn. 36, vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, Slg, EU:C:2011:368, Rn. 52, und Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, oben in Rn. 25 angeführt, EU:C:2013:625, Rn. 72).

28      Die Klägerin macht geltend, dass die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit im vorliegenden Fall in zweifacher Hinsicht erfüllt sei. Sie könne nämlich ihre Individualisierung auf das Recht jedes Beamten nach Art. 27 der Charta der Grundrechte stützen, an den Verfahren zur Änderung des Statuts teilzunehmen, sowie auf die Auswirkungen der angefochtenen Bestimmungen ihr gegenüber, nämlich den unmittelbaren und sicheren Verlust der Gewährung der Reisekosten und der Reisetage.

29      Außerdem macht sie geltend, dass die Verweigerung der Anerkennung ihrer individuellen Betroffenheit im Rahmen der vorliegenden Klage bedeutete, sie zum Rückgriff auf das in Art. 90 des Statuts vorgesehene Vorverfahren zu verpflichten, damit sie eine Klage nach Art. 270 AEUV gegen die individuellen Durchführungsentscheidungen der Anstellungsbehörde erheben könne. Darin läge jedoch nach Ansicht der Klägerin eine Verletzung ihres Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf.

30      Dieses Vorbringen ist jedoch zurückzuweisen.

31      Was das Argument der Klägerin zu dem Recht auf Verfahrensteilnahme jedes Beamten nach Art. 27 der Charta der Grundrechte anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Person in irgendeiner Weise in das Verfahren eingreift, das zum Erlass eines Unionsrechtsakts führt, nur dann geeignet ist, diese Person hinsichtlich des fraglichen Rechtsakts zu individualisieren, wenn die anwendbare Unionsregelung ihr bestimmte Verfahrensgarantien einräumt. Vorbehaltlich einer ausdrücklich gegenteiligen Bestimmung verlangen aber weder das Verfahren zur Ausarbeitung allgemein geltender Rechtsakte noch diese Rechtsakte selbst gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts wie etwa dem Recht auf Anhörung eine Beteiligung der Betroffenen, da davon ausgegangen wird, dass deren Interessen durch die für den Erlass dieser Rechtsakte zuständigen politischen Instanzen wahrgenommen werden (Urteil vom 2. März 2010, Arcelor/Parlament und Rat, T‑16/04, Slg, EU:T:2010:54, Rn. 119).

32      Im vorliegenden Fall sehen weder Art. 336 AEUV, auf dessen Grundlage die angefochtenen Bestimmungen erlassen wurden, noch Art. 10 des Statuts, noch Art. 27 der Charta der Grundrechte einen individuellen verfahrensrechtlichen Anspruch der Bediensteten der Unionsorgane vor.

33      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass zwar das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen nach Art. 27 bzw. Art. 28 der Charta der Grundrechte in den Beziehungen zwischen den Unionsorganen und ihrem Personal anwendbar sein können, wie sich aus dem Urteil vom 19. September 2013, Überprüfung Kommission/Strack (C‑579/12 RX‑II, Slg, EU:C:2013:570), ergibt, doch ist ihre Ausübung auf die vom Unionsrecht vorgesehenen Fälle und Voraussetzungen gemäß diesen Bestimmungen selbst beschränkt.

34      Was die Beamten der Union betrifft, sah das bis zum 31. Dezember 2013 geltende Statut in seinem Art. 10 Abs. 1 und 2 die Anhörung der Beamten zu allen Vorschlägen der Kommission für eine Änderung des Statuts über ein paritätisches Organ, den Statutsbeirat, vor, der zu gleichen Teilen aus Vertretern der Unionsorgane und Vertretern ihrer Personalvertretungen bestand. Außerdem konnten nach Art. 10b Abs. 2 des Statuts die Vorschläge der Kommission gemäß seinem Art. 10 Gegenstand von Konsultationen der repräsentativen Gewerkschafts- und Berufsverbände sein.

35      Das bis zum 31. Dezember 2013 geltende Statut sah dagegen kein Recht der einzelnen Beamten auf eine Beteiligung an seiner Änderung vor.

36      Das Argument der Klägerin, wonach im vorliegenden Fall die Beteiligung der Gewerkschaftsverbände nicht gewahrt worden sei, geht unabhängig davon, dass es sich um eine bloße Behauptung handelt, für deren Stützung die Klägerin keinerlei Beweis beigebracht hat, bereits deshalb ins Leere, weil die etwaige Verletzung eines verfahrensrechtlichen Anspruchs der Gewerkschaftsverbände im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Statuts jedenfalls ohne Folgen für das Bestehen eines verfahrensrechtlichen Anspruchs der Klägerin wäre.

37      Daraus folgt, dass die Klägerin sich nicht auf die Art. 27 und 28 der Grundrechtecharta stützen kann, um geltend machen, sie sei von den angefochtenen Bestimmungen individuell betroffen.

38      Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie sei aufgrund der sicheren und unmittelbaren Auswirkungen der angefochtenen Bestimmungen auf ihre Rechtsstellung individuell von diesen betroffen, ist darauf hinzuweisen, dass sich, wie das Parlament und der Rat zutreffend ausführen, ein solches Vorbringen nicht auf den Nachweis der individuellen, sondern der unmittelbaren Betroffenheit der Klägerin bezieht.

39      Die Klägerin hat jedoch in ihrer Stellungnahme zu den Unzulässigkeitseinreden vorgetragen, dass sich ihre individuelle Betroffenheit aus dem Umstand ergebe, dass sie einer beschränkten Personengruppe von 30 Beamten angehöre, denen gegenüber die angefochtenen Bestimmungen die sichere und unmittelbare Auswirkung hätten, ihnen den Anspruch auf ein wohlerworbenes Recht, nämlich die Erstattung der Reisekosten und der Reisetage, zu entziehen. Diese Beamten seien die einzigen, die bisher die Erstattung der Reisekosten bezogen und die Reisetage erhalten hätten, ohne gleichzeitig die Expatriierungs- oder Auslandszulage zu beziehen. Da die angefochtenen Bestimmungen diese Rechte nunmehr an den Bezug der Expatriierungs- oder Auslandszulage bänden, bewirkten sie für eine beschränkte Personengruppe die Streichung eines wohlerworbenen Rechts. Niemand anderer als die dieser Gruppe angehörenden Personen könne sich in Zukunft in einer entsprechenden Sach- und Rechtslage befinden, da den nach dem 1. Januar 2014 eingestellten Beamten diese Rechte nicht mehr zustünden, wenn sie keine Expatriierungs- oder Auslandszulage erhalten könnten.

40      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass, wenn die angefochtene Handlung eine Gruppe von Personen berührt, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Handlung anhand von den Mitgliedern dieser Gruppe eigenen Merkmalen feststanden oder feststellbar waren, diese Personen von der Entscheidung insoweit individuell betroffen sein können, als sie zu einem beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern gehören (vgl. Urteil vom 23. April 2009, Sahlstedt u. a./Kommission, C‑362/06 P, Slg, EU:C:2009:243, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Außerdem kann nach der Rechtsprechung eine Person als von einer Handlung individuell betroffen angesehen werden, weil sie zu einem beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern gehört, wenn diese Handlung in Rechte eingreift, die diese Person vor ihrem Erlass erworben hat (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009, Galileo Lebensmittel/Kommission, C‑483/07 P, Slg, EU:C:2009:95, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Jedoch hat die Klägerin im vorliegenden Fall weder Angaben zur Rechts- und Sachlage noch zur Identität der Beamten gemacht, die sich in einer Lage befinden sollen, die der ihren entspricht. Sie hat sich mit dem Hinweis begnügt, sie sei bereit, weitere Informationen zu liefern, wenn es das Gericht für notwendig erachte, und das Gericht aufzufordern, das Parlament und den Rat insoweit zu befragen.

43      Im Rahmen einer gegen eine Handlung mit allgemeiner Geltung mit Gesetzgebungscharakter erhobenen Klage wie im vorliegenden Fall ist es jedoch Sache der Klägerin, nachzuweisen, dass sie die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit nach Art. 263 AEUV erfüllt.

44      Da die Klägerin geltend macht, sie gehöre zu einem beschränkten Kreis von Beamten in einer der ihren entsprechenden Sach‑ und Rechtslage, ist es in diesem Sinne ihre Sache, hierfür den Nachweis zu erbringen.

45      Selbst wenn im Übrigen erwiesen wäre, dass die Klägerin tatsächlich einem beschränkten Kreis von Beamten angehört, für die, wie der Rat implizit anzuerkennen scheint, die angefochtenen Bestimmungen bewirkten, ihnen den Anspruch auf die Erstattung der Reisekosten und auf die Reisetage zu entziehen, ist festzustellen, dass dieser Umstand sich nicht aus der Streichung eines wohlerworbenen Rechts nur dieser Beamten ergibt.

46      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gab es nämlich kein eigenes wohlerworbenes Recht auf Erstattung der Reisekosten und die Reisetage der Beamten, die keine Auslands- oder Expatriierungszulage bezogen. Wie sich aus Art. 7 des Anhangs V des bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statuts und aus Art. 8 des Anhangs VII dieses Statuts ergibt, war der Anspruch auf Reisekosten und Reisetage, unabhängig von der Auslands- oder Expatriierungszulage, in Wirklichkeit ein Anspruch aller Beamten der Union.

47      Die Entscheidung des Parlaments und des Rates, durch die angefochtenen Bestimmungen diese Ansprüche an den Bezug der Auslands- oder Expatriierungszulage zu binden, hat zur Folge, der Klägerin diese Ansprüche aufgrund der Rechts‑ und Sachlage zu entziehen, in der sie sich, wie andere Beamte, derzeit befindet. Es ist im Übrigen entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht ausgeschlossen, dass andere Beamte sich in Zukunft in einer Lage befinden, die der ihren entspricht. Hypothetisch könnte das einen Beamten betreffen, der seine Auslandszulage infolge einer neuen Verwendung in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er hat, verlöre und der die Voraussetzungen nach Art. 4 Abs. 2 des Anhangs VII des Statuts für den Bezug der Expatriierungszulage nicht erfüllte. Ihm würden daher die Erstattung der Reisekosten und die Reisetage entzogen.

48      Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet jedoch der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahme die Personen, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs, dass sie als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern nur feststeht, dass die Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist (vgl. Urteil Arcelor/Parlament und Rat, oben in Rn. 31 angeführt, EU:T:2010:54, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Daraus folgt, dass die Klägerin von den angefochtenen Bestimmungen nicht individuell betroffen ist.

50      Dieses Ergebnis kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, sie sei dadurch, dass die Anerkennung ihrer individuellen Betroffenheit durch die angefochtenen Bestimmungen im Rahmen der vorliegenden Klage verweigert werde, zum Rückgriff auf das in Art. 90 des Statuts vorgesehene Vorverfahren gezwungen, was einen Verstoß gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf darstelle.

51      Das Vorbringen der Klägerin beruht auf der vom Parlament und vom Rat bestrittenen Prämisse, dass weder ihre Gehaltsabrechnung vom Juli 2014 noch die Aufstellung der als Reisetage gewährten Urlaubstage im EDV­-Urlaubsverwaltungssystem des Rates beschwerende Maßnahmen darstellten, so dass sie nach Art. 91 des Statuts erst nach Abschluss des in Art. 90 des Statuts vorgesehenen Vorverfahrens eine Klage bei den Unionsgerichten erheben könne.

52      Es ist jedoch zum einen darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nicht mit einer Nichtigkeitsklage betreffend die etwaigen stillschweigenden oder ausdrücklichen Entscheidungen des Rates zur Umsetzung von Art. 7 des Anhangs V und Art. 8 des Anhangs VII des Statuts gegenüber der Klägerin, sondern mit einer Nichtigkeitsklage gegen die Änderungsbestimmungen dieses Statuts befasst ist. Die Frage, ob die Klägerin von den angefochtenen Bestimmungen individuell betroffen und ob folglich die vorliegende Klage zulässig ist, kann nicht von der Zulässigkeit einer hypothetischen Klage gegen Einzelentscheidungen der Anstellungsbehörde gegenüber der Klägerin abhängen, die zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage jedenfalls noch nicht erlassen worden waren.

53      Zum anderen ist nach Art. 256 AEUV sowie nach Art. 1 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und gemäß Art. 91 des Statuts das Gericht für den öffentlichen Dienst im ersten Rechtszug für Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten gemäß Art. 270 AEUV zuständig. Daher kann das Gericht im Rahmen einer Nichtigkeitsklage eines Beamten gegen eine Bestimmung des Statuts auf der Grundlage von Art. 263 AEUV nicht der Entscheidung über die Zulässigkeit einer Klage desselben Beamten gegen eine Gehaltsabrechnung oder eine Aufstellung der Urlaubstage vorgreifen, da letztere Klage in die Zuständigkeit des Gerichts für den öffentlichen Dienst fällt.

54      Daher sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage, die die Klägerin gegen die die angefochtenen Bestimmungen umsetzenden Einzelentscheidungen der Anstellungsbehörde erheben würde, für die Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht relevant und können folglich die fehlende individuelle Betroffenheit der Klägerin im vorliegenden Fall nicht ausgleichen.

55      Da die Voraussetzungen der unmittelbaren Betroffenheit und der individuellen Betroffenheit durch die Handlung, deren Nichtigerklärung begehrt wird, kumulativ sind, hat die Klägerin somit ihre Befugnis zur Klage gegen diese Bestimmungen nicht nachgewiesen, ohne dass geprüft werden müsste, ob sie im vorliegenden Fall von den angefochtenen Bestimmungen unmittelbar betroffen ist.

56      Folglich ist der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmungen als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen, ohne dass das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses der Klägerin gegenüber Art. 1 Abs. 65 Buchst. b und Art. 1 Abs. 67 Buchst. d der Verordnung Nr. 1023/2013 zu prüfen ist.

 Zum Schadensersatzantrag

57      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Schadensersatzantrag der Klägerin, obwohl sie Beamtin des Rates ist, nicht gegen Letzteren als das Organ, bei dem sie beschäftigt ist, gerichtet ist, sondern gegen das Parlament und den Rat als gemeinsame Urheber der Verordnung Nr. 1023/2013, die nach Auffassung der Klägerin den von ihr geltend gemachten Schaden verursacht hat.

58      Ferner stützt die Klägerin ihren Schadensersatzantrag auf die Art. 268 AEUV und 340 AEUV und nicht auf Art. 270 AEUV.

59      Unter diesen Umständen hält sich das Gericht für zuständig, über den Schadensersatzantrag der Klägerin zu entscheiden.

60      Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die außervertragliche Haftung der Union für ein rechtswidriges Verhalten ihrer Organe im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV nur dann eintritt, wenn mehrere kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. So muss das dem Unionsorgan vorgeworfene Verhalten rechtswidrig sein, es muss ein Schaden entstanden sein, und zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (Urteile vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg, EU:C:1982:318, Rn. 16, und vom 14. Dezember 2005, Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, Slg, EU:T:2005:453, Rn. 95).

61      Liegt eine der drei Voraussetzungen für die Auslösung der außervertraglichen Haftung der Union nicht vor, sind die Schadensersatzforderungen zurückzuweisen, ohne dass die beiden übrigen Voraussetzungen geprüft zu werden brauchen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, Slg, EU:C:1994:329, Rn. 81, und vom 20. Februar 2002, Förde-Reederei/Rat und Kommission, T‑170/00, Slg, EU:T:2002:34, Rn. 37). Im Übrigen ist der Unionsrichter nicht gehalten, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (Urteil vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, Slg, EU:C:1999:402, Rn. 13).

62      Was die Voraussetzung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden angeht, verlangt die Rechtsprechung, dass ein sicherer und unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des betreffenden Organs und dem geltend gemachten Schaden besteht; dafür trägt die Klägerin die Beweislast. Außerdem muss der geltend gemachte Schaden die unmittelbare Folge des behaupteten Verhaltens sein (vgl. Beschluss vom 4. Juni 2012, Azienda Agricola Bracesco/Kommission, T‑440/09, EU:T:2012:269, Rn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorbringen der Klägerin hervor, dass sie der Auffassung ist, die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1023/2013, deren Rechtswidrigkeit sie im Rahmen ihres Antrags auf Nichtigerklärung geltend macht, lägen sowohl dem Vermögensschaden als auch dem Nichtvermögensschaden zugrunde, die ihr entstanden seien.

64      Es ist jedoch festzustellen, dass kein unmittelbarer und sicherer Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen und den behaupteten Schäden besteht, da Letztere gegebenenfalls nur die Folge einer Entscheidung des Organs, dem die Klägerin angehört, nämlich des Rates, sein können, ihr gemäß diesen Bestimmungen eine geringere Zahl von Urlaubstagen als Reisetage zu gewähren als die, die ihr nach dem bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Statut gewährt wurde, und ihr die Erstattung der jährlichen Reisekosten zu verweigern.

65      Daher ist die Voraussetzung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten des Parlaments und des Rates als gemeinsame Urheber der angefochtenen Handlung und dem geltend gemachten Schaden offensichtlich nicht erfüllt.

66      Daraus folgt, dass der Schadensersatzantrag der Klägerin als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen ist.

67      Daher ist die vorliegende Klage als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet abzuweisen.

68      Unter diesen Umständen ist über den am 16. April 2014 zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates eingereichten Streithilfeantrag der Europäischen Kommission nicht zu entscheiden.

 Kosten

69      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten und die Kosten des Parlaments und des Rates gemäß deren Antrag aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Huynh Duong Vi Nguyen trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union entstanden sind.

3.      Über den Streithilfeantrag der Europäischen Kommission ist nicht zu entscheiden.

Luxemburg, den 11. November 2014

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

       D. Gratsias


* Verfahrenssprache: Französisch.