Language of document : ECLI:EU:T:2019:377

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

6. Juni 2019(*)

„Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsverfahren – Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das ein Kraftfahrzeug darstellt – Älteres Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsgrund – Fehlende Eigenart – Art. 6 und Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 6/2002“

In der Rechtssache T‑209/18

Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Klawitter,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Autec AG mit Sitz in Nürnberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Krogmann,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des EUIPO vom 19. Januar 2018 (Sache R 945/2016‑3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Autec AG und der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG

erlässt


DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richterin N. Półtorak und des Richters E. Perillo (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 22. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 13. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 4. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Entscheidung vom 7. August 2018, das Schreiben der Klägerin vom 23. Juli 2018 nicht zu den Akten zu nehmen,

aufgrund der Entscheidung vom 23. August 2018, das Schreiben der Klägerin vom 13. August 2018 nicht zu den Akten zu nehmen,

aufgrund der Entscheidung vom 20. September 2018, die Rechtssachen T‑43/18, T‑191/18, T‑192/18, T‑209/18 und T‑210/18 nicht zu verbinden,

aufgrund der Bestimmung eines anderen Richters, um die Kammer nach der Verhinderung eines ihrer Mitglieder zu ergänzen,

aufgrund der Entscheidung vom 14. Januar 2019, die Rechtssachen T‑209/18 und T‑210/18 nicht zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu verbinden,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2019

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 20. August 2010 meldete die Klägerin, die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) nach der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster an.

2        Das angemeldete Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird wie folgt wiedergegeben (im Folgenden: angegriffenes Geschmacksmuster oder Geschmacksmuster der Baureihe 991 des Personenkraftwagens Porsche 911):

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3        Das angegriffene Geschmacksmuster ist zur Verwendung für „Kraftfahrzeuge“ in Klasse 12-08 des Abkommens von Locarno zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle vom 8. Oktober 1968 in geänderter Fassung bestimmt.

4        Das angegriffene Geschmacksmuster wurde im Blatt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 2010/200 vom 6. September 2010 mit Prioritätstag vom 27. April 2010 veröffentlicht; seine Ansichten wurden im Blatt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 2012/172 vom 7. September 2012 veröffentlicht.

5        Am 8. Juli 2014 stellte die Streithelferin, die Autec AG, beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters, der auf Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 4 Abs. 1, Art. 5 und Art. 6 gestützt war.

6        Sie machte im Wesentlichen geltend, dass es dem Geschmacksmuster der Baureihe 991 des Personenkraftwagens Porsche 911 sowohl an Neuheit als auch an Eigenart fehle, was seinem Schutz entgegenstehe. Das angegriffene Geschmacksmuster unterscheide sich nicht spürbar von den anderen Modellen des Personenkraftwagens Porsche 911, die seit dessen Urversion aus dem Jahr 1963 auf den Markt gebracht worden seien.

7        In diesem Zusammenhang berief sich die Streithelferin insbesondere auf die folgenden Gemeinschaftsgeschmacksmuster:

–        das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 735428-0001 (im Folgenden: älteres Geschmacksmuster oder Geschmacksmuster der Baureihe 997 des Personenkraftwagens Porsche 911), eingetragen für „Kraftwagen“ und veröffentlicht am 23. Juni 2008, das wie folgt wiedergegeben wird:

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–        das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 633748-0001, eingetragen für „Personenkraftwagen“ und veröffentlicht am 9. Januar 2007, das wie folgt wiedergegeben wird:

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8        Darüber hinaus fügte die Streithelferin ihrem Antrag auf Nichtigerklärung diverse Presseartikel über das Design des Personenkraftwagens Porsche 911 bei.

9        Mit Entscheidung vom 10. Mai 2016 gab die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO dem Antrag auf Nichtigerklärung statt und erklärte das angegriffene Geschmacksmuster wegen fehlender Eigenart für nichtig.

10      Am 23. Mai 2016 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung nach den Art. 55 bis 60 der Verordnung Nr. 6/2002 beim EUIPO Beschwerde ein.

11      Mit Entscheidung vom 19. Januar 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Dritte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde wegen fehlender Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 zurück.

12      Die Beschwerdekammer führte aus, dass die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei Personenkraftwagen durch die technischen Merkmale des in Rede stehenden Erzeugnisses, wie eine Karosserie und Räder, sowie gesetzliche Vorgaben, insbesondere im Bereich der Verkehrssicherheit, die beispielsweise die Ausstattung mit Scheinwerfern, Seitenspiegeln und Rückleuchten beträfen, eingeschränkt sei.

13      Hingegen unterliege die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers als solche hinsichtlich der Ausgestaltung dieser technisch und gesetzlich vorgegebenen Merkmale keinen Beschränkungen. Zudem sei der Benutzer der in Rede stehenden Erzeugnisse ein informierter Benutzer, der sich allgemein für Fahrzeuge interessiere, also eine Person, die diese fahre und benutze und die mit den am Markt verfügbaren Fahrzeugmodellen vertraut sei.

14      Die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster stimmten letztlich in ihren wesentlichen Merkmalen wie der Form oder der Silhouette ihrer Karosserie, ihrer Türen und ihrer Fenster überein.

15      Somit kam die Beschwerdekammer zu dem Schluss, das Vorhandensein des Geschmacksmusters der Baureihe 997 des Personenkraftwagens Porsche 911 reiche aus, um der Eigenart des Geschmacksmusters der Baureihe 991 dieses Personenkraftwagens entgegenzustehen. Die Prüfung in Bezug auf das von der Streithelferin geltend gemachte Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 633748‑0001 könne daher ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob das angegriffene Geschmacksmuster Neuheit aufweise.

 Anträge der Parteien

16      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Antrag auf Nichtigerklärung des „[G]eschmacksmusters Nr. 198387‑0001“ zurückzuweisen.

17      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

18      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund im Wesentlichen einen Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 5 und 6 geltend.

19      Im Wesentlichen rufe das angegriffene Geschmacksmuster beim informierten Benutzer dieser Art von Personenkraftwagen einen anderen Gesamteindruck hervor als denjenigen, den das von der Streithelferin zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung herangezogene ältere Geschmacksmuster hervorrufe. Die beiden einander gegenüberstehenden Modelle unterschieden sich nämlich „ihrer äußeren Gestalt nach“ „erheblich“ und „so deutlich“ voneinander, dass die Beschwerdekammer nicht ohne Beurteilungsfehler davon habe ausgehen können, dass es dem angegriffenen Geschmacksmuster an Eigenart fehle.

20      Nach der summarischen Wiedergabe des Klagegrundes ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster dann für nichtig erklärt wird, wenn es die Voraussetzungen der Art. 4 bis 9 dieser Verordnung nicht erfüllt.

21      In diesem Zusammenhang stellt Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 klar, dass ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt wird, soweit es neu ist und Eigenart hat.

 Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 6

22      Aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 geht hervor, dass die Eigenart eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters zunächst im Hinblick auf den beim betreffenden informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindruck zu beurteilen ist (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2013, Merlin u. a./HABM – Dusyma [Spiele], T‑231/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:560, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Gesamteindruck muss sich darüber hinaus von demjenigen unterscheiden, den ein anderes Geschmacksmuster hervorruft, das der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag zugänglich gemacht worden ist.

23      Zudem ist nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 bei der Beurteilung dieser Eigenart der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des betreffenden Geschmacksmusters zu berücksichtigen.

24      Nach dieser Darlegung der rechtlichen Vorgaben ist darauf hinzuweisen, dass die einschlägige Rechtsprechung hierzu klarstellt, dass sich die Eigenart eines Geschmacksmusters aus einem Gesamteindruck der Unähnlichkeit oder des Fehlens eines „déjà vu“ aus der Sicht des informierten Benutzers im Vergleich zu jedem älteren Geschmacksmuster ergeben muss. Hierbei können die Unterschiede nicht berücksichtigt werden, die nicht markant genug sind, um diesen Gesamteindruck zu beeinträchtigen; nur die Unterschiede, die hinreichend ausgeprägt sind, um einen unähnlichen Gesamteindruck hervorzurufen, können maßgeblich sein (vgl. Urteil vom 7. November 2013, Budziewska/HABM – Puma [Springende Raubkatze], T‑666/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:584, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      In Anbetracht der oben genannten Kriterien ist deshalb zu prüfen, ob aus der Sicht des informierten Benutzers und unter Berücksichtigung des Grades der Gestaltungsfreiheit, der dem Entwerfer von Geschmacksmustern vorliegend zukommen kann, der von dem angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von dem durch das ältere Geschmacksmuster hervorgerufenen abweicht.

 Zum informierten Benutzer

26      Was die Auslegung des Begriffs „informierter Benutzer“ betrifft, ist zunächst festzustellen, dass die Benutzereigenschaft voraussetzt, dass die betroffene Person das Produkt, das das Geschmacksmuster verkörpert, zu dem für dieses Produkt vorgesehenen Zweck benutzt. Außerdem setzt die Bezeichnung „informiert“ voraus, dass der betreffende Benutzer, ohne notwendigerweise ein technischer Sachverständiger zu sein, die verschiedenen Geschmacksmuster kennt, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt, dass er gewisse Kenntnisse in Bezug auf die Elemente besitzt, die diese Geschmacksmuster für gewöhnlich aufweisen, und dass er diese Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit verhältnismäßig großer Aufmerksamkeit benutzt (Urteile vom 20. Oktober 2011, PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, C‑281/10 P, EU:C:2011:679, Rn. 59, und vom 28. September 2017, Rühland/EUIPO – 8 seasons design [Sternförmige Lampe], T‑779/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:674, Rn. 19).

27      Der Begriff des informierten Benutzers ist daher als ein Begriff zu verstehen, der zwischen dem im Markenbereich anwendbaren Begriff des Durchschnittsverbrauchers, von dem keine speziellen Kenntnisse erwartet werden und der im Allgemeinen keinen direkten Vergleich zwischen den einander gegenüberstehenden Marken anstellt, und dem des Fachmanns, also eines Sachkundigen mit gewissen technischen Fertigkeiten, liegt. Somit kann der Begriff des informierten Benutzers als Bezeichnung eines Benutzers verstanden werden, dem keine durchschnittliche Aufmerksamkeit, sondern eine besondere Wachsamkeit hinsichtlich der betreffenden Produkte eigen ist, sei es wegen seiner persönlichen Erfahrung oder seiner umfangreichen Kenntnisse in dem betreffenden Bereich (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Oktober 2011, PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, C‑281/10 P, EU:C:2011:679, Rn. 53).

28      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in den Rn. 19 bis 21 der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten, dass der informierte Benutzer der von den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern betroffenen Erzeugnisse nicht der Benutzer des Personenkraftwagens Porsche 911, sondern der von Personenkraftwagen im Allgemeinen sei, der die auf dem Markt verfügbaren Modelle kenne und dessen Aufmerksamkeitsgrad und Interesse erhöht sei. Zudem wisse ein solcher informierter Benutzer aufgrund seiner Kenntnis des betreffenden Marktes im Allgemeinen, dass Fahrzeughersteller nicht beständig neue Modelle entwickelten, sondern sich angesichts der hohen Entwicklungskosten zumindest in einem ersten Schritt darauf beschränkten, vorhandene Modelle zu modernisieren.

29      Um die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, hat die Klägerin jedoch sowohl in der Klageschrift als auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass der informierte Benutzer im vorliegenden Fall einen höheren Aufmerksamkeitsgrad aufweise als den von der Beschwerdekammer berücksichtigten und einen über das übliche Maß hinausreichenden Kenntnisstand habe, der zu seiner besonderen Aufmerksamkeit hinsichtlich der verschiedenen Modellvarianten des Personenkraftwagens Porsche 911 führe.

30      Dies liege daran, dass das Interesse des Benutzers für die Fahrzeuge, für die die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster verwendet werden sollten, und seine Kenntnisse des betreffenden Marktsegments besonders hoch seien, wenn es sich um „teure Luxuslimousinen oder Sportwagen“ handele, was gerade vorliegend beim Fahrzeugmodell des Porsche 911, das sich schon über Jahrzehnte am Markt befinde, der Fall sei. Folglich könne der informierte Benutzer entgegen der Ansicht der Beschwerdekammer keine „fiktive Person“ oder unbestimmte Person sein, sondern müsse „mit Blick auf das konkret in Rede stehende Erzeugnis empirisch“ bestimmt werden.

31      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

32      Nach dieser Zusammenfassung der von der Klägerin vorgebrachten Rügen ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass diese mehrfach geltend macht, die Erzeugnisse, auf die sich die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster bezögen, erfassten nur allein „Sportwagen“ oder allein „Limousinen“ oder gar allein den Personenkraftwagen „Porsche 911“ und nicht, wovon die Beschwerdekammer ausgehen wollte, „Personenkraftwagen“ im Allgemeinen oder „Kraftfahrzeuge“ bzw. „Kraftwagen“.

33      Insoweit ist jedoch erstens festzustellen, dass zur Bestimmung der Erzeugnisse, in die ein Geschmacksmuster aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll, zunächst die einschlägige Angabe in der Anmeldung zu berücksichtigen ist (Urteil vom 18. Juli 2017, Chanel/EUIPO – Jing Zhou und Golden Rose 999 [Ornament], T‑57/16, EU:T:2017:517, Rn. 41).

34      Zweitens ist daneben gegebenenfalls auch das Geschmacksmuster selbst zu berücksichtigen, soweit es dieses erlaubt, die Art, die Bestimmung oder die Funktion des Erzeugnisses näher zu beschreiben. Die Berücksichtigung des Geschmacksmusters selbst kann es nämlich ermöglichen, das betreffende Erzeugnis innerhalb einer weiter gefassten Erzeugniskategorie, wie der bei der Eintragung angegebenen, zu ermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2010, Grupo Promer Mon Graphic/HABM – PepsiCo [Wiedergabe eines runden Werbeträgers], T‑9/07, EU:T:2010:96, Rn. 56).

35      Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das angegriffene Geschmacksmuster für Kraftfahrzeuge verwendet werden soll. Jedoch kann die bloße Bezeichnung „Sportwagen“ oder „Limousinen“, die die Erzeugnisse, für die das angegriffene Geschmacksmuster verwendet werden soll, von der Klägerin erhalten haben, mangels näherer Angaben in diesem Sinne nicht ausreichen, um zu belegen, dass das von der Baureihe 991 des Personenkraftwagens Porsche 911 verkörperte Geschmacksmuster ermöglicht, eine besondere Kategorie von Personenkraftwagen zu identifizieren, weil sich diese Fahrzeuge durch ihre Art, ihre Bestimmung oder ihre Funktion von Personenkraftwagen im Allgemeinen unterschieden.

36      Zum einen nämlich gibt es in der aktuellen Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle (vgl. oben, Rn. 3) keine derartige spezielle Kategorie, und zum anderen hat die Klägerin selbst die Eintragung des angegriffenen Geschmacksmusters für die Erzeugnisse „Automobile, Busse und Lastwagen“ der Klasse 12‑08 beantragt und erhalten.

37      Unter diesen Umständen kann die Klägerin der Beschwerdekammer auch nicht mit Erfolg zum Vorwurf machen, davon ausgegangen zu sein, dass der Begriff des informierten Benutzers auf eine „fiktive Person“ Bezug nehme, da dieser gerade für die Prüfung der Eigenart eines Geschmacksmusters auf der Grundlage von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 geschaffene Rechtsbegriff nur allgemein als Hinweis auf eine Person mit Standardeigenschaften, nicht aber von Fall zu Fall in Bezug auf dieses oder jenes Geschmacksmuster definiert werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2013, Springende Raubkatze, T‑666/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:584, Rn. 32).

38      Um das Vorbringen der Klägerin, dass eine konkrete Prüfung des informierten Benutzers nicht stattgefunden habe (vgl. oben, Rn. 30), zurückzuweisen, hat sich die Beschwerdekammer insoweit zwar auf die Definition in der oben angeführten Rechtsprechung beschränkt, ohne also zu erörtern, inwiefern der Umstand, dass bestimmte Modelle sich schon über Jahrzehnte am Markt befunden hätten, nicht den Schluss zulasse, dass der Benutzer dieser Modelle, wie im Fall des Personenkraftwagens Porsche 911, besondere Aufmerksamkeit zeige und, wie die Klägerin betont, einen über das übliche Maß hinausreichenden Kenntnisstand habe.

39      Gleichwohl ist die angefochtene Entscheidung dadurch nicht unzureichend begründet, da die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung gerade ausgeführt hat, dass nach der bereits erwähnten Rechtsprechung im vorliegenden Fall auf die Kategorie von Erzeugnissen und nicht auf das konkret erfasste Erzeugnis abzustellen sei, so dass nicht der informierte Benutzer eines Personenkraftwagens Porsche 911, sondern der von Personenkraftwagen im Allgemeinen zu berücksichtigen sei.

40      Dass die Klägerin diese Analyse nicht teilt, ändert jedoch nichts daran, dass die Erwägungen der Beschwerdekammer zu diesem Punkt so klar und eindeutig dargelegt sind, dass die Klägerin ihnen in rechtlich hinreichender Weise die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen konnte.

41      Folglich durfte die Beschwerdekammer auch ohne Rechts- oder Verfahrensfehler bei ihrer Beurteilung des Begriffs des informierten Benutzers der Erzeugnisse, für die die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster verwendet werden sollten, die Verkehrsbefragungen unberücksichtigt lassen, die beim Publikum von Sportwagen durchgeführt worden waren, soweit sich die Klägerin zur Stützung ihres Vorbringens tatsächlich auf diese Befragungen berufen wollte. In jedem Fall wäre dann, wenn die Klägerin der Beschwerdekammer hätte vorwerfen wollen, die Durchführung solcher Befragungen nicht veranlasst zu haben, diese Rüge irrelevant, da die allgemein definierte Aufmerksamkeit des normalen Benutzers nicht empirisch überprüft werden kann.

42      Nimmt man ferner an, die Klägerin habe sich auch auf eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte berufen wollen, da ihr „[der] Gegenbeweis [abgeschnitten]“ worden sei, reicht der bloße Verweis in der Klageschrift auf den Begriff „Verkehrsbefragung“ sowie auf Zeitungsartikel über den „Golf VIII“ offenkundig nicht aus, um die Behauptungen der Klägerin zu belegen, wonach Aufmerksamkeitsgrad und Kenntnisstand des informierten Benutzers von Sportwagen höher seien als bei einem Benutzer von Personenkraftwagen im Allgemeinen; dabei behauptet die Klägerin insoweit lediglich, dass dem Personenkraftwagen Porsche 911 „selbstverständlich“ eine „erheblich gesteigerte“ Aufmerksamkeit zukomme im Vergleich zu „‚normalen‘ Kraftfahrzeugen“, die keine besonderen Merkmale aufwiesen und „mehr oder minder austauschbar“ seien.

43      Nach alledem ist folglich die Rüge, die Beschwerdekammer habe den Begriff „informierter Benutzer“ fehlerhaft definiert, zurückzuweisen.

 Zur Gestaltungsfreiheit des Entwerfers

44      Nach der einschlägigen Rechtsprechung wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers insbesondere anhand der Vorgaben bestimmt, die sich aus den durch die technische Funktion des in Rede stehenden Erzeugnisses bedingten Merkmalen oder aus den auf das Erzeugnis anwendbaren gesetzlichen Vorschriften ergeben. Diese Vorgaben führen nämlich oder verpflichten gar zu einer Art Standardisierung bestimmter Bestandteile der betreffenden Erzeugnisse, die dann zu gemeinsamen, wenn nicht gar zwangsläufigen Merkmalen mehrerer beim betreffenden Erzeugnis verwendeter Geschmacksmuster werden (Urteil vom 10. September 2015, H&M Hennes & Mauritz/HABM – Yves Saint Laurent [Handtaschen], T‑525/13, EU:T:2015:617, Rn. 28; vgl. auch Urteil vom 15. Oktober 2015, Promarc Technics/HABM – PIS [Türenteil], T‑251/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:780, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Je größer also die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters ist, desto weniger reichen kleine Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern aus, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen. Je beschränkter umgekehrt die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters ist, insbesondere durch die oben genannten Vorgaben, desto eher genügen kleine Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern, um bei dieser Gruppe von Benutzern einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen.

46      Daher untermauert ein hoher Grad an Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters die Schlussfolgerung, dass Geschmacksmuster, die keine signifikanten Unterschiede aufweisen, beim informierten Benutzer den gleichen Gesamteindruck hervorrufen (vgl. Urteil vom 15. Oktober 2015, Türenteil, T‑251/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:780, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Allerdings ist die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers kein Faktor, der die Beurteilung der Eigenart eines Geschmacksmusters allein bestimmen kann; vielmehr stellt er einen Umstand dar, der bei dieser Beurteilung berücksichtigt werden muss.

48      Bei der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers handelt es sich in diesem Zusammenhang um einen Faktor, der es ermöglicht, die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters zu nuancieren, und nicht um einen eigenständigen Faktor, der bestimmt, wie stark zwei Geschmacksmuster voneinander abweichen müssen, damit einem von ihnen Eigenart zukommt. Anders ausgedrückt ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers somit ein Faktor, der die Schlussfolgerung in Bezug auf den von jedem der in Rede stehenden Geschmacksmuster hervorgerufenen Gesamteindruck untermauern oder, im Gegenteil, nuancieren kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2015, H&M Hennes & Mauritz/HABM – Yves Saint Laurent [Handtaschen], T‑526/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:614, Rn. 33 und 35).

49      Schließlich darf das Geschmacksmuster als solches nicht als eine Wiedergabe des älteren Geschmacksmusters oder eine bloße bildliche Entwicklung der schöpferischen Idee anzusehen sein, die erstmals in diesem wiedergegeben wurde (vgl. Urteil vom 18. Juli 2017, Ornament, T‑57/16, EU:T:2017:517, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass bei Personenkraftwagen die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers durch die technische Funktion dieser Fahrzeuge eingeschränkt sei, die der Beförderung von Personen und Lasten dienten und etwa Räder und eine Karosserie aufweisen müssten. Die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers unterliege auch gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Bereich der Verkehrssicherheit, die u. a. die verpflichtende Ausstattung mit Scheinwerfern, Rückleuchten oder Seitenspiegeln beträfen. Hingegen unterliege die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers hinsichtlich der Ausgestaltung dieser Bestandteile, die durch die Bestimmung dieser Transportmittel und durch verpflichtende gesetzliche Sicherheitsbestimmungen vorgegeben seien, keinen Beschränkungen.

51      Um diese Beurteilung in Frage zu stellen, bringt die Klägerin jedoch vor, dass die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers im vorliegenden Fall durch die Erwartungen des Marktes beschränkt sei, da die Verbraucher erwarteten, dass die dem Personenkraftwagen Porsche 911 zugrunde liegende, als „ikonisch“ empfundene „Gestaltungsidee“ oder Urform in den Folgemodellen beibehalten und folglich nur in bestimmten Grenzen fortentwickelt werde. Daher hätte die Beschwerdekammer die geringfügigen Unterschiede zwischen den aufeinanderfolgenden Baureihen des Personenkraftwagens Porsche 911 im Rahmen ihrer rechtlichen Prüfung „erkennen und … gewichten“ müssen.

52      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

53      Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Argumentation der Klägerin von der Prämisse ausgeht, wonach für die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters beim Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers auf die diesem Geschmacksmuster selbst eigenen Merkmale abzustellen ist und nicht auf die Merkmale der Erzeugnisse, für die es verwendet werden soll.

54      Allerdings könnte dies, wie bereits oben in Rn. 34 ausgeführt worden ist, nur so weit der Fall sein, als das angegriffene Geschmacksmuster die Art, die Bestimmung oder die Funktion des Erzeugnisses, für das das Geschmacksmuster verwendet werden soll, näher beschreibt. Dies ist vorliegend aus den oben in Rn. 35 angeführten Gründen nicht der Fall. Folglich ist auf der Grundlage der oben in den Rn. 45 und 46 genannten Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der Baureihe 991 des Personenkraftwagens Porsche 911 zu beurteilen, sondern derjenige eines Entwerfers von Personenkraftwagen im Allgemeinen.

55      Die Beschwerdekammer konnte also zu Recht davon ausgehen, dass es auf das Vorbringen der Klägerin nicht ankomme und sie es daher bei der Beurteilung des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers im Rahmen ihrer Prüfung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters außer Acht lassen konnte.

56      Jedenfalls wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers im Sinne von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 nach der oben in Rn. 44 angeführten Rechtsprechung anhand der Vorgaben bestimmt, die zu einer Standardisierung bestimmter Bestandteile der Erzeugnisse führen können, für die das betreffende Geschmacksmuster verwendet werden soll, also ihrer Art nach im Wesentlichen normative Vorgaben, die objektiv und kraft Gesetzes für sämtliche Entwerfer von Geschmacksmustern gelten, die für die betroffenen Erzeugnisse verwendet werden sollen.

57      Jedoch können die Erwartungen der Verbraucher, wie die von der Klägerin geltend gemachten, nämlich die „Gestaltungsidee“ oder die Form des Urmodells des Personenkraftwagens Porsche 911 in den folgenden Baureihen wiederzufinden, keine normative Vorgabe darstellen, die die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers eines Personenkraftwagens zwingend einschränken, da sie weder mit der Art noch mit der Bestimmung dieses Erzeugnisses, in das das angegriffene Geschmacksmuster aufgenommen wird, oder mit dem Industriesektor, zu dem dieses Erzeugnis zählt, in Zusammenhang stehen.

58      Diese Erwartungen beziehen sich, wie die Klägerin selbst ausführt, vielmehr lediglich auf den „ikonischen“ Charakter des Designs des Personenkraftwagens Porsche 911, also auf den vermuteten Willen der Verbraucher, diesem über die Zeit hinweg treu zu bleiben, ohne dass sein Entwerfer, unabhängig von ästhetischen oder wirtschaftlichen Erwägungen, zwingend verpflichtet wäre, diese zu erfüllen, um den Betrieb des Erzeugnisses, für das das in Rede stehende Geschmacksmuster verwendet werden soll, sicherzustellen.

59      So konnte bereits entschieden werden, dass eine allgemeine Designtendenz, die geeignet ist, die Erwartungen der betroffenen Verbraucher zu erfüllen, nicht als ein Faktor angesehen werden kann, der die Freiheit des Entwerfers beschränkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. November 2017, Ciarko/EUIPO – Maan [Dunstabzugshaube], T‑684/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:819, Rn. 29 und 30 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), und zwar weil es diese Freiheit dem Entwerfer erlaubt, neue Formen und neue Linien zu entdecken oder innerhalb einer bestehenden Tendenz Neues zu schaffen (Urteil vom 13. November 2012, Antrax It/HABM – THC [Heizkörper], T‑83/11 und T‑84/11, EU:T:2012:592, Rn. 95).

60      In diesem Zusammenhang konnte sich die Beschwerdekammer also entgegen dem Vorbringen der Klägerin zweckdienlich auf diese Rechtsprechung berufen, um die Rüge der Klägerin zurückzuweisen und bei ihrer Prüfung der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des angegriffenen Geschmacksmusters die Besonderheiten des Personenkraftwagens „Porsche 911“ unberücksichtigt zu lassen.

61      Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer daher zu Recht entschieden, dass die potenziellen Erwartungen des Marktes nicht zu berücksichtigen seien, um im vorliegenden Fall den Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers zu bestimmen.

62      Diese Schlussfolgerung kann die Klägerin auch nicht durch die Bezugnahme auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (Deutschland) in Frage stellen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist nämlich ausschließlich nach der Verordnung Nr. 6/2002 in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu prüfen und nicht anhand nationaler Rechtsprechung zu beurteilen, und zwar auch dann, wenn diese auf Bestimmungen beruht, die denjenigen der Verordnung entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2017, Murphy/EUIPO – Nike Innovate [Elektronisches Uhrenarmband], T‑90/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:464, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63      Aus dem gleichen Grund kann die Klägerin dem EUIPO auch die Erwägungen im Grünbuch der Kommission über den rechtlichen Schutz gewerblicher Muster und Modelle selbst dann nicht entgegenhalten, wenn man annimmt, dass diesem Dokument Rechtsverbindlichkeit zukommen kann.

 Zum Vergleich des von den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern jeweils hervorgerufenen Gesamteindrucks

64      Die Beschwerdekammer ist davon ausgegangen, dass das angegriffene Geschmacksmuster in der Wahrnehmung des informierten Benutzers keinen von dem des älteren Geschmacksmusters unterschiedlichen Gesamteindruck hervorrufe. Die Ansichten dieser beiden Geschmacksmuster zeigten eine Übereinstimmung in der Form und Linienführung der Karosserie, insbesondere in den Abmessungen und Proportionen, in der Form und der Anordnung ihrer Fenster und ihrer Türen, in der Form des Heckdeckels, des Heckspoilers sowie in der Form und der Anordnung der vorderen Scheinwerfer. Hieraus hat die Beschwerdekammer den Schluss gezogen, dass die geringfügigen Unterschiede in den Vorder- und Rückansichten dieser beiden Geschmacksmuster, insbesondere bei der Wölbung des Frontdeckels, der Form der Außenspiegel, der Form und der Anordnung der Rückleuchten, der Ausgestaltung der hinteren Stoßstange oder der Form des Auspuffs, nicht als hinreichend ausgeprägte Merkmale angesehen werden könnten, um sich auf den beim informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindruck nennenswert auszuwirken.

65      Um diese Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, macht die Klägerin ihrerseits zunächst geltend, dass diese bei der Prüfung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters mehrere Rechts- bzw. Verfahrensfehler begangen habe.

66      So hätte die Beschwerdekammer die Präsentation des Erzeugnisses in der Werbung sowie in den der Akte beigefügten Abbildungen berücksichtigen müssen, die tatsächliche Benutzungssituationen des Erzeugnisses dokumentierten, und nicht nur solche Ansichten, die zur Stützung der Anträge auf Eintragung und auf Nichtigerklärung vorgelegt worden seien. Dadurch könne nämlich das Erzeugnis bei seiner bestimmungsgemäßen Verwendung wahrgenommen werden, was die Beschwerdekammer im Rahmen eines unmittelbaren Vergleichs der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster hätte berücksichtigen müssen.

67      Sodann habe die Beschwerdekammer den Besonderheiten des Kaufverhaltens des informierten Benutzers und insbesondere dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass dieser Benutzer als potenzieller Käufer zwangsläufig auf die – selbst geringen – Unterschiede zwischen den Baureihen ein und desselben Modells achte, da er durch Werbung und die Medien über Marktentwicklungen und aktuelle Trends und folglich darüber informiert werde, was ein auf den Markt gekommenes neues Modell eines Personenkraftwagens von den Vorgängermodellen unterscheide. Daher sei im vorliegenden Fall hinsichtlich des Vergleichs von ähnlichen Erzeugnissen die Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters unter Berücksichtigung der Anforderungen des Marktes zu beurteilen.

68      Darüber hinaus habe die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen, indem sie an die Anerkennung der Eigenart eines Geschmacksmusters „wesentlich höhere Anforderungen“ gestellt habe, als sie nach der Rechtsprechung für die Beurteilung der Neuheit eines solchen Geschmacksmusters erforderlich seien. Eine solche Neuheit werde nämlich selbst dann anerkannt, wenn die Unterschiede zwischen dem angegriffenen und dem älteren Geschmacksmuster, ohne unwesentlich zu sein, als gering angesehen werden können.

69      Schließlich habe die Beschwerdekammer nicht den Gesamteindruck geprüft, sondern sei einer „eher technisch-kleinteiligen“ Sicht gefolgt, indem sie sich darauf beschränkt habe, die Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern festzustellen, ohne letztlich die sich daraus ergebenden Gesamteindrücke miteinander zu vergleichen.

70      Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen in seiner Gesamtheit entgegen.

71      Insoweit geht zunächst aus der einschlägigen Rechtsprechung hervor, dass der Vergleich der durch die Geschmacksmuster erweckten Gesamteindrücke synthetischer Art sein muss und sich nicht auf den analytischen Vergleich einer Aufzählung von Ähnlichkeiten und Unterschieden beschränken kann (Urteil vom 29. Oktober 2015, Roca Sanitario/HABM – Villeroy & Boch [Einhandmischer], T‑334/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:817, Rn. 58).

72      Bei der Prüfung der Eigenart eines Geschmacksmusters ist deshalb der Gesamteindruck des angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters mit dem Gesamteindruck zu vergleichen, der von jedem einzelnen älteren Geschmacksmuster hervorgerufen wird, das vom Antragsteller auf Nichtigerklärung wirksam geltend gemacht wird (Urteil vom 22. Juni 2010, Shenzhen Taiden/HABM – Bosch Security Systems [Fernmeldegeräte], T‑153/08, EU:T:2010:248, Rn. 24).

73      Im Übrigen darf sich dieser Vergleich nur auf die tatsächlich geschützten Elemente stützen, ohne die vom Schutz ausgeschlossenen Merkmale zu berücksichtigen. So muss dieser Vergleich die Geschmacksmuster, wie sie eingetragen sind, betreffen, ohne dass von demjenigen, der den Antrag auf Nichtigerklärung gestellt hat, eine grafische Wiedergabe des geltend gemachten Geschmacksmusters verlangt werden kann, die mit der Wiedergabe in der Anmeldung des angegriffenen Geschmacksmusters vergleichbar ist (vgl. Urteil vom 7. November 2013, Springende Raubkatze, T‑666/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:584, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Die Pflicht, den Gesamteindruck, der von den in Rede stehenden Geschmacksmustern jeweils hervorgerufen wird, zu vergleichen, schließt allerdings nicht aus, Elemente zu berücksichtigen, die der Öffentlichkeit auf unterschiedliche Art und Weise – insbesondere durch die Präsentation eines das eingetragene Geschmacksmuster verkörpernden Produkts – zugänglich gemacht wurden.

75      Zweck der Eintragung eines Geschmacksmusters ist es nämlich, insbesondere für die Herstellung und die Vermarktung des das Geschmacksmuster verkörpernden Produkts ein ausschließliches Recht zu erlangen. Demzufolge stehen die in der Anmeldung enthaltenen Abbildungen im Allgemeinen mit dem Aussehen des vermarkteten Produkts in engem Zusammenhang (Urteil vom 22. Juni 2010, Fernmeldegeräte, T‑153/08, EU:T:2010:248, Rn. 25).

76      In diesem Zusammenhang ist die Berücksichtigung, selbst zur Veranschaulichung bei diesem Vergleich, der tatsächlich vertriebenen Erzeugnisse allerdings nur gültig, wenn die Produkte den Geschmacksmustern, wie sie eingetragen sind, entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Oktober 2011, PepsiCo/Grupo Promer Mon Graphic, C‑281/10 P, EU:C:2011:679, Rn. 73 und 74).

77      Nach diesem Hinweis auf die bereits ergangene Rechtsprechung ist zunächst festzustellen, dass die Beschwerdekammer, wie aus Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, davon ausgegangen ist, dass der von dem angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck, wie er in der Fachpresse dargestellt worden ist, auf die sich die Klägerin berufen hatte, in Anbetracht der zu den Akten gegebenen Ansichten dieses Geschmacksmusters keine Stütze finde.

78      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Beschwerdekammer ferner, wie sich aus Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung ergibt, einen direkten Vergleich zwischen dem von dem angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufenen Gesamteindruck und dem Gesamteindruck des älteren Geschmacksmusters durchgeführt. Insoweit kann auch nicht geltend gemacht werden, dass dieser Vergleich vorgenommen worden sei, ohne die bestimmungsgemäße Verwendung des in Rede stehenden Erzeugnisses zu berücksichtigen, da die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich festgehalten hat, dass der informierte Benutzer derjenige sei, der Fahrzeuge fahre und benutze.

79      Darüber hinaus kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg vorbringen, die Beschwerdekammer hätte die spezifischen Gegebenheiten des betroffenen Marktes nicht berücksichtigt. Tatsächlich hat die Beschwerdekammer ebenfalls in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass der informierte Benutzer wissen müsse, dass die Hersteller angesichts der hohen Kosten nicht beständig neue Modelle entwickelten, sondern bevorzugt Modelle, insbesondere wenn sie von den informierten Benutzern auf dem relevanten Markt geschätzt worden seien, regelmäßig modernisierten. Eine solche Modellpflege ermögliche es, gleichzeitig allgemeinen modischen Trends zu folgen, ohne jedoch die charakteristischen Merkmale des jeweils betroffenen Fahrzeugmodells aufzugeben.

80      Sodann ist hinsichtlich des Rechtsfehlers, den die Beschwerdekammer dadurch begangen haben soll, dass sie an die Anerkennung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters „wesentlich höhere Anforderungen“ gestellt habe als diejenigen, die für die Anerkennung von dessen „Neuheit“ unerlässlich seien, darauf hinzuweisen, dass sich die Voraussetzungen der Neuheit gemäß Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 und die der Eigenart nach deren Art. 6 zwar, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat, zu einem gewissen Grad überschneiden können, doch dürfen diese beiden Voraussetzungen in rechtlicher Hinsicht nicht vermengt werden, da ihre Einhaltung bei zwei unterschiedlichen Nichtigkeitsgründen Anwendung findet, die folglich rechtlich unterschiedliche Kriterien erfüllen.

81      Aus Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 geht nämlich hervor, dass zwei Geschmacksmuster als identisch gelten, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden, d. h. in Einzelheiten, die keine Unterschiede, nicht einmal geringe, zwischen diesen Geschmacksmustern hervorrufen. Im Umkehrschluss ist für die Beurteilung der Neuheit eines Geschmacksmusters zu prüfen, ob zwischen den alten und neuen Geschmacksmustern Unterschiede, die nicht unwesentlich sind, vorhanden sind, auch wenn diese gering sein mögen (Urteil vom 6. Juni 2013, Kastenholz/HABM – Qwatchme [Uhrenzifferblätter], T‑68/11, EU:T:2013:298, Rn. 37).

82      Somit entsprechen Wortlaut und Tragweite von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002, wie er oben in Rn. 22 angeführt worden ist, nicht dem Wortlaut und der Tragweite von Art. 5 dieser Verordnung, was aber die Klägerin geltend machen wollte, wobei sie im Übrigen das Urteil vom 6. Juni 2013, Uhrenzifferblätter (T‑68/11, EU:T:2013:298), fehlerhaft ausgelegt hat. Daher wird ein Geschmacksmuster als neu im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 angesehen werden können, auch wenn es keine Eigenart im Sinne von deren Art. 6 aufweist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. März 2018, Gifi Diffusion/EUIPO – Crocs [Fußbekleidung], T‑424/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:136, Rn. 48).

83      Nach alledem kann nicht als Rechtsfehler beanstandet werden, dass die Beschwerdekammer die Unterschiede als „unzureichend“ zurückgewiesen hat, die, selbst wenn man sie als gering ansieht, nicht für unbedeutend erachtet werden konnten.

84      Da die Klägerin nicht präzisiert hat, welche „wesentlich höhere[n] Anforderungen“ die Beschwerdekammer angewandt haben solle, kann auch die entsprechende Rüge keinen Erfolg haben.

85      Schließlich hat die Beschwerdekammer, anders als die Klägerin vorbringt, beim Vergleich des vom angegriffenen Geschmacksmuster mit dem vom älteren Geschmacksmuster beim informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindrucks sehr wohl und auf angemessene Weise eine Prüfung sämtlicher Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern durchgeführt.

86      Darüber hinaus hat sie, wie aus Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Front- und die Rückansichten der beiden einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster nicht nur „für sich genommen“, sondern auch „in ihrer Kombination“ analysiert, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die bei diesen Ansichten auftretenden Unterschiede nicht geeignet seien, um den beim informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindruck nennenswert zu beeinflussen. Die entsprechende Rüge ist somit auch sachlich unzutreffend.

87      Auch vermag der Vergleich der Seitenansichten des angegriffenen Geschmacksmusters, wie sie eingetragen sind und wie sie zur Untermauerung des Antrags auf Nichtigerklärung wiedergegeben sind, weder den Standpunkt der Klägerin zu bestätigen, wonach die Hauptscheinwerfer des angegriffenen Geschmacksmusters „nach außen gewölbt“ seien und „auffallend“ von der Scheinwerfergestaltung des Vorgängermodells abwichen, noch den, dass die Türgriffe „vollkommen neu gestaltet“ seien. Anhand der Seitenansichten, die die Silhouette jedes Geschmacksmusters in seiner Gesamtheit darstellen, lassen sich die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster nämlich weder genau noch „deutlich“ in einem solchen Detailgrad erfassen.

88      Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Unterschiede vom informierten Benutzer bemerkt werden könnten, dürften sie jedenfalls nicht hinreichend ausgeprägt sein, um allein die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen. Nach deren Auffassung zeigen nämlich alle Ansichten der betreffenden Geschmacksmuster, und nicht nur die Seitenansichten, dass diese in der Form und der Linienführung ihrer Karosserie übereinstimmten, und zwar sowohl bei den Abmessungen und Proportionen als auch bei der Form und der Anordnung der Fenster und Türen.

89      Gleiches gilt für das Vorbringen, wonach sich auch die Nebelleuchten der beiden Geschmacksmuster unterschieden, oder dass beim angegriffenen Geschmacksmuster der Außenspiegel nach hinten versetzt worden und nunmehr unmittelbar auf den Türen angeordnet sei. Außerdem sind die Räder des angegriffenen Geschmacksmusters entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht so viel größer, dass sie die Seitenoptik der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster veränderten. Schließlich sind die Form und die Position der Blinker bei den beiden Geschmacksmustern gut vergleichbar.

90      Darüber hinaus trifft es zum einen hinsichtlich des Vergleichs der Rückansichten, wie dies vom EUIPO in der mündlichen Verhandlung anerkannt und von der Beschwerdekammer in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben worden ist, zu, dass diese gewisse Unterschiede aufweisen, insbesondere in der Form oder der Anordnung der Rückleuchten, der Stoßstange, des Auspuffs oder auch, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, des Spoilers und des Heckdeckels.

91      Zum anderen trifft es, wie im Übrigen die Beschwerdekammer in Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung ausführt, betreffend den Vergleich der Vorderansichten gewiss auch zu, dass die Fronthaube beim Modell der Baureihe 991 gewölbter ist als beim Modell der Baureihe 997 des Personenkraftwagens Porsche 911, „so dass der Frontteil insgesamt flacher und breiter wirkt“.

92      Zwar kann die Gesamtheit dieser und noch anderer, von der Klägerin aufgezeigter Unterschiede den Eindruck einer Erneuerung in den Einzelheiten verstärken, doch sind diese wohl nicht hinreichend ausgeprägt, um insbesondere angesichts der sehr ähnlichen allgemeinen Struktur der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster, die in ihrer Form und Silhouette weitgehend übereinstimmen, den bestehenden Eindruck umfassender Ähnlichkeit zwischen den Ansichten dieser Geschmacksmuster in Frage zu stellen.

93      Schließlich kann sich die Klägerin aus den oben in den Rn. 62 und 63 bereits genannten Gründen zur Stützung ihres Vorbringens nicht mit Erfolg auf eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Deutschland) oder des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Deutschland) oder auf das Grünbuch der Kommission über den rechtlichen Schutz gewerblicher Muster und Modelle berufen.

94      Unter diesen Umständen und da die Beschwerdekammer, wie sich aus den Rn. 26 bis 28 der angefochtenen Entscheidung ergibt, entgegen der Behauptung der Klägerin sämtliche Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern objektiv berücksichtigt hat, konnte sie ohne Beurteilungsfehler in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gelangen, dass sämtliche in den zahlreichen Ansichten der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster vorhandenen Unterschiede für sich genommen und in ihrer Kombination zu gering seien, um den beim informierten Benutzer hervorgerufenen Gesamteindruck nennenswert zu beeinflussen, der von den wesentlichen Merkmalen der genannten Geschmacksmuster, nämlich der Form der Karosserie, der Türen oder der Fenster, beherrscht wird.

95      Insoweit kann sich die Klägerin nicht sachdienlich auf Artikel der Fachpresse oder auf die Meinungen von Jurys im Bereich Design berufen, um diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen, da es darum geht, den Gesamteindruck aus der Sicht des informierten Benutzers zu beurteilen, der zwar die verschiedenen Geschmacksmuster in dem betreffenden Wirtschaftsbereich kennt und über gewisse Kenntnisse verfügt, die es ihm ermöglichen, eine verhältnismäßig große Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, jedoch weder ein technischer Sachverständiger noch ein Designfachmann ist.

96      Daher kann insbesondere der Umstand, dass die Jury des „red dot award: product design 2012“ hervorgehoben habe, dass die Form des angegriffenen Geschmacksmusters „gänzlich [neu]“ sei oder dass die Proportionen „weitgehend [verändert]“ worden seien, nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, um die Beurteilung der Eigenart dieses Designs im Hinblick auf die Bestimmungen von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 durch die Beschwerdekammer zu beanstanden. Darüber hinaus hat die Streithelferin Presseartikel beigebracht, die zu einer gegenteiligen Schlussfolgerung gelangten als diejenige, auf die sich die Klägerin stützen möchte, und nach denen insbesondere der frühere Vorstandsvorsitzende der Klägerin geäußert habe, dass diese die „immer gleiche Silhouette [optimiere] und … sie dem Zeitgeist [anpasse]“.

97      Nach alledem ist der erste Teil des einzigen Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 in Verbindung mit deren Art. 5

98      Nach Ansicht der Klägerin ist das angegriffene Geschmacksmuster als neu im Sinne von Art. 5 der Verordnung Nr. 6/2002 anzusehen.

99      Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit ins Leere geht. Denn die Beschwerdekammer hat diese Bestimmung nicht angewandt, da sie zu Recht davon ausgehen konnte, dass die Prüfung der Neuheit des angegriffenen Geschmacksmusters nicht erforderlich sei, weil die fehlende Eigenart ausreichte, um seinem Schutz gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 entgegenzustehen.

100    Demnach ist der zweite Teil des einzigen Klagegrundes zurückzuweisen und daher die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

101    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

102    Da die Klägerin im vorliegenden Fall unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.


Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG trägt die Kosten.

Frimodt Nielsen

Półtorak

Perillo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Juni 2019.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Gervasoni


*      Verfahrenssprache: Deutsch.