Language of document : ECLI:EU:T:2019:407

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

12. Juni 2019(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke Compliant Constructs – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑291/18

Biedermann Technologies GmbH & Co. KG mit Sitz in Donaueschingen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Jacob,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch W. Schramek und M. Fischer als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 5. März 2018 (Sache R 1626/2017‑4) über die Anmeldung des Wortzeichens Compliant Constructs als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie der Richter E. Buttigieg und B. Berke (Berichterstatter),


Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 7. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 6. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2019

folgendes

Urteil

1        Am 2. Dezember 2016 meldete die Klägerin, die Biedermann Technologies GmbH & Co. KG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Compliant Constructs.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 10, 40 und 44 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 10: „Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, insbesondere chirurgische Instrumente und Apparate für die orthopädische Chirurgie, chirurgische Implantate, insbesondere Wirbelsäulen‑, Knochen- und Gelenkimplantate (alle vorgenannten Implantate aus künstlichen Materialien), chirurgische Spezialwerkzeuge zum Einbringen von Implantaten, medizinische Führungsdrähte; orthopädische Artikel“;

–        Klasse 40: „Anfertigung von chirurgischen Spezialwerkzeugen zum Einbringen von Implantaten; Spezialanfertigung chirurgischer und orthopädischer Implantate“;

–        Klasse 44: „Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet der orthopädischen Chirurgie und der Knochenimplantate, insbesondere Techniken zum Verankern von Implantaten in Knochen und Wirbeln“.

4        Mit Entscheidung vom 25. Mai 2017 wies die Prüferin die Anmeldung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) zurück, weil das angemeldete Zeichen beschreibend sei und ihm die Unterscheidungskraft fehle.

5        Am 24. Juli 2017 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde ein.

6        Mit Entscheidung vom 5. März 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 zurück.

7        Erstens war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise aus dem Fachpublikum der englischsprachigen orthopädischen Chirurgen bestünden. Zweitens könne das Zeichen Compliant Constructs im Deutschen mit „nachgiebige Konstrukte“ übersetzt werden und beschreibe unmittelbar die Art, Beschaffenheit und Zweckbestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Daraus zog die Beschwerdekammer den Schluss, dass für die Waren der Klasse 10 der Ausdruck „compliant constructs“ beschreibe, dass es sich um orthopädische Artikel und Implantate aus nachgiebigem Material handele sowie um Instrumente, Apparate, Spezialwerkzeuge und medizinische Führungsdrähte für das Einbringen solcher Implantate, und dass dieser Ausdruck für die Klassen 40 und 44 darauf hinweise, dass es sich um die Anfertigung von Spezialwerkzeugen für das Einbringen solcher Implantate und um Techniken zum Verankern solcher Implantate handele. Daher könne das angemeldete Zeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 nicht als Unionsmarke eingetragen werden. Drittens komme dem angemeldeten Zeichen als rein beschreibender Angabe, deren Bedeutung sich den maßgeblichen Verkehrskreisen ohne Weiteres erschließe, für die beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft zu, und daher sei es auch gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung von der Eintragung ausgeschlossen.

 Anträge der Parteien

8        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die angefochtene Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass die Anmeldung zur Veröffentlichung zugelassen wird;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.


9        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

10      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 sowie zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001

11      Im Rahmen des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, sie sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend sei.

12      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

13      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Art. 7 Abs. 2 finden die Vorschriften des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

14      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 es nach der Rechtsprechung verbietet, die in dieser Bestimmung genannten Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten. Diese Vorschrift verfolgt somit das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass solche Zeichen oder Angaben von allen frei verwendet werden können (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 31, und vom 27. Februar 2015, Universal Utility International/HABM [Greenworld], T‑106/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:123, Rn. 14).

15      Außerdem werden Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Ware oder Dienstleistung dienen können, für die die Eintragung beantragt wird, gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, damit zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 27. Februar 2015, Greenworld, T‑106/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:123, Rn. 15).

16      Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich zudem nur nach dessen Verständnis aus der Sicht der betreffenden Verkehrskreise und im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beurteilen (vgl. Urteil vom 14. Juli 2017, Klassisk investment/EUIPO [CLASSIC FINE FOODS], T‑194/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:498, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Daraus ergibt sich, dass ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 aufgestellte Verbot fällt, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es dem angesprochenen Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung dieser Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil vom 14. Juli 2017, CLASSIC FINE FOODS, T‑194/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:498, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Außerdem setzt die Zurückweisung einer Anmeldung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 durch das EUIPO nicht voraus, dass die in dieser Bestimmung genannten Zeichen und Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich für die in der Anmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen oder für ihre Merkmale beschreibend verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können. Ein Wortzeichen kann daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 32).

19      Der erste Klagegrund ist anhand dieser Grundsätze zu prüfen.

20      Was zunächst die maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, ist die Beschwerdekammer in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass der beschreibende Charakter der streitigen Marke anhand ihrer wahrscheinlichen Wahrnehmung durch ein Fachpublikum der orthopädischen Chirurgen zu beurteilen sei. In Anbetracht des Umstands, dass das Zeichen aus englischen Begriffen zusammengesetzt sei, sei bei der Beurteilung auf den englischsprachigen Teil der Union abzustellen und damit jedenfalls auf das Publikum in Irland und dem Vereinigten Königreich. Diesen nicht angegriffenen Erwägungen ist zuzustimmen.

21      Zur Bedeutung der Wörter „compliant constructs“ hat die Beschwerdekammer in den Rn. 13 bis 15 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass das fragliche Zeichen aus zwei englischen Wörtern bestehe, und zwar zum einen dem Wort „compliant“ – das im Oxford English Dictionary für den hier einschlägigen Bereich der Physik und Medizin als „die Eigenschaft eines Materials, sich unter Krafteinwirkung elastisch zu verformen oder (bei einem Gas) sein Volumen zu ändern“, definiert werde – und zum anderen dem Wort „constructs“, der Pluralform von „construct“, das im Oxford English Dictionary als „ein körperlicher Gegenstand, der bewusst konstruiert oder geformt wird“, definiert werde.

22      Die Beschwerdekammer hat sodann in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung daraus den Schluss gezogen, dass „compliant constructs“ als Begriff von den maßgeblichen Verkehrskreisen in der Bedeutung „nachgiebige Konstrukte“ verstanden werde.

23      Die Klägerin räumt insoweit ein, dass die Begriffe „compliant“ und „constructs“ u. a. mit „nachgiebig“ und „Konstrukte“ übersetzt werden können, betont aber, dass das angemeldete Zeichen einen Interpretationsspielraum zulasse, und insbesondere, dass der Begriff „Konstruktion“ hauptsächlich in der Baupraxis und Industrie bekannt sei.

24      Wie sich aus der oben in Rn. 18 angeführten Rechtsprechung ergibt, genügt es allerdings, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen beschreibend ist, um ihm ein Eintragungshindernis entgegenzuhalten.

25      Folglich ist das Argument der Klägerin, dass das angemeldete Zeichen einen Interpretationsspielraum zulasse oder weitere Bedeutungen haben könne, für dessen Bedeutung irrelevant.

26      Für die Beurteilung des beschreibenden Charakters des angemeldeten Zeichens ist gemäß der oben in Rn. 17 angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Bezug zwischen der angemeldeten Marke und den fraglichen Waren besteht.

27      Zu den Waren in Klasse 10 hat die Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung geäußert, dass das angemeldete Zeichen für chirurgische Implantate sowie für Werkzeuge zum Anfertigen oder Einsetzen solcher Implantate beschreibend sei, da es eine der wesentlichen Eigenschaften solcher Waren sei, sich elastisch zu verformen anstatt zu brechen, um auf die Körperstelle, in die sie eingebracht würden, zu passen.

28      Ferner ist sie in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass der Ausdruck „compliant constructs“ für alle Waren in Klasse 10 den Umstand beschreibe, dass es sich um orthopädische Artikel und Implantate aus nachgiebigem Material handele sowie um Instrumente, Apparate, Spezialwerkzeuge und medizinische Führungsdrähte für das Einbringen solcher Implantate.

29      Die Klägerin bestreitet insoweit, dass der Ausdruck „compliant constructs“ im vorliegenden Fall unmittelbar die Art, Beschaffenheit und Zweckbestimmung der beanspruchten Waren in Klasse 10 beschreibe.

30      Erstens habe die Beschwerdekammer nicht nachgewiesen, dass der Begriff „constructs“ für ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate verwendet werde, sondern nur für chirurgische Instrumente und Apparate Beweismittel beigebracht.

31      Zweitens sei der Ausdruck „compliant constructs“ für orthopädische Artikel nicht beschreibend, da der Begriff „orthopädische Artikel“ einen sehr weiten Oberbegriff darstelle, der auch Waren bezeichne, die keinen Bezug zu nachgiebigen Konstrukten aufwiesen.

32      Insbesondere seien bestimmte orthopädische Artikel wie Gehhilfen oder Gehstöcke aus festen, nicht nachgiebigen Stoffen hergestellt, und andere orthopädische Artikel wie Bandagen oder Kompressionsbekleidung keine Konstrukte.

33      Drittens dürfe der Ausdruck „compliant constructs“ nicht als Beschaffenheitsangabe der genannten Waren der Klasse 10 verstanden werden, denn zum einen müssten chirurgische Implantate elastisch sein und diese Eigenschaft sei nicht mit Nachgiebigkeit gleichzusetzen, und zum anderen müssten diese Waren beständig und haltbar sein, so dass ihre Nachgiebigkeit nicht als Vorteil angesehen werden könne.

34      Zudem handele es sich bei „chirurgischen Instrumenten und Apparaten für die orthopädische Chirurgie“ und „chirurgischen Spezialwerkzeugen zum Einbringen von Implantaten, medizinischen Führungsdrähten“ nicht um nachgiebige Konstrukte, sondern um widerstandsfähige Waren, für die Nachgiebigkeit ein Nachteil sei.

35      Viertens sei das angemeldete Zeichen für die Zweckbestimmung der in Klasse 10 genannten Waren nicht beschreibend, da der Begriff „nachgiebiges Konstrukt“ keinen Hinweis zur bestimmungsgemäßen Anwendung dieser Waren – nämlich eine Anwendung im menschlichen oder tierischen Körper – gebe.

36      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

37      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer die Wörter „compliant constructs“ zwar mit „nachgiebige Konstrukte“ übersetzt hat. Das Wort „compliant“ kann allerdings, wie sich aus Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung ergibt, auch die Fähigkeit eines Objekts beschreiben, eine elastische Verformung auszuhalten.


38      Da der Begriff „compliant“ ebenso die Elastizität eines Objekts beschreiben kann, ist das Argument der Klägerin, wonach Elastizität nicht mit Nachgiebigkeit gleichgesetzt werden könne, für die Anwendung der oben in Rn. 18 angeführten Rechtsprechung ohne Belang.

39      Zudem besteht eine der wesentlichen Eigenschaften chirurgischer Implantate, wie sich aus Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung ergibt, in der Fähigkeit, sich elastisch zu verformen anstatt zu brechen, um auf die Körperstelle, in die sie eingebracht werden, zu passen.

40      Aus Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich ferner, dass chirurgische Implantate individuell angepasst und konstruiert werden müssen.

41      Wie die Klägerin einräumt, weisen daher bestimmte Implantate „die Eigenschaft ‚elastisch‘ auf“.

42      Die Beschwerdekammer ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Wörter „compliant constructs“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen als für Art und Beschaffenheit chirurgischer Implantate unmittelbar beschreibend wahrgenommen werden.

43      Zweitens hat die Beschwerdekammer der Sache nach festgestellt, dass das angemeldete Zeichen aus den gleichen Gründen für orthopädische Artikel aus nachgiebigem Material beschreibend sei.

44      Tatsächlich werden die maßgeblichen Verkehrskreise die Wörter „compliant constructs“, wenn sie zur Bezeichnung orthopädischer Artikel verwendet werden, unmittelbar als beschreibend für diejenigen Waren dieser Kategorie verstehen, die aus nachgiebigem Material bestehen.

45      Die Eintragung eines Zeichens kann auch dann abgelehnt werden, wenn es nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen einer in der Anmeldung aufgeführten Kategorie beschreibenden Charakter hat, da sein Inhaber, würde in einem solchen Fall das fragliche Zeichen für die genannte Kategorie als Unionsmarke eingetragen, durch nichts daran gehindert wäre, es auch für die Waren oder Dienstleistungen dieser Kategorie zu verwenden, für die es beschreibend ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2017, Biogena Naturprodukte/EUIPO [ZUM wohl], T‑236/16, EU:T:2017:416, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Da die Klägerin die Eintragung der Marke für sämtliche orthopädischen Artikel beantragt hat, ohne diejenigen auszuschließen, die aus nachgiebigen Materialien bestehen, hat die Beschwerdekammer die Eintragung für sämtliche orthopädischen Artikel zu Recht abgelehnt.

47      Das Vorbringen der Klägerin, der Begriff „orthopädische Artikel“ stelle einen sehr weiten Oberbegriff dar, der auch Waren bezeichne, die keinen Bezug zu nachgiebigen Konstrukten aufwiesen, ist daher zurückzuweisen.

48      Was drittens das Vorbringen betrifft, die Beschwerdekammer habe nicht nachgewiesen, dass der Begriff „constructs“ für ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate verwendet werde, sondern den Nachweis nur für chirurgische Instrumente und Apparate erbracht, ist festzustellen, dass ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate eine weitgefasste Warenkategorie bilden, zu der mehrere Unterkategorien gehören.

49      Der Umstand, dass auf die Aufzählung „[c]hirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate“ in der Anmeldung der Ausdruck „insbesondere“ folgt, bedeutet nämlich, dass sich die chirurgischen Instrumente und Apparate für die orthopädische Chirurgie, die chirurgischen Implantate, die chirurgischen Spezialwerkzeuge zum Einbringen von Implantaten, die medizinischen Führungsdrähte und die orthopädischen Artikel auf die chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumente und Apparate als Oberkategorie beziehen und nicht auf vier unterschiedliche Kategorien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, Hansen Medical/EUIPO – Covidien [MAGELLAN], T‑222/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:99, Rn. 3 und 30).

50      Nach ständiger Rechtsprechung gilt die Feststellung des beschreibenden Charakters einer Marke nicht nur für die Waren, für die sie unmittelbar beschreibend ist, sondern – sofern der Markenanmelder keine geeignete Beschränkung vorgenommen hat – auch für die weiter gefasste Kategorie, zu der diese Waren gehören (vgl. Urteil vom 15. Juli 2015, Australian Gold/HABM – Effect Management & Holding [HOT], T‑611/13, EU:T:2015:492, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Im vorliegenden Fall bezeichnet das angemeldete Zeichen mehrere Unterkategorien von Waren, die sich auf chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate als globale Oberkategorie beziehen.

52      Daraus ergibt sich, dass der oben in den Rn. 42 und 44 für chirurgische Implantate und orthopädische Artikel festgestellte beschreibende Charakter nicht nur für die chirurgischen Instrumente und Apparate gilt, sondern auch für die chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumente und Apparate.

53      Was viertens die chirurgischen Instrumente und Apparate für die orthopädische Chirurgie, die chirurgischen Spezialwerkzeuge zum Einbringen von Implantaten und die medizinischen Führungsdrähte betrifft, so hat die Beschwerdekammer in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das angemeldete Zeichen bezogen auf die maßgeblichen Verkehrskreise für diese Waren beschreibend sei.


54      Diese Erwägung kann u. a. aus der Feststellung in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung hergeleitet werden, wonach der Umstand, dass die für das Einbringen von Implantaten verwendeten Waren ausdrücklich Implantate beträfen, die Annahme bedinge, dass das angemeldete Zeichen, das einen unmittelbaren Bezug zu Implantaten aufweise, auch für diese Waren beschreibend sei.

55      Damit ergibt sich aus Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung, dass das Zeichen als beschreibend für die Zweckbestimmung der Waren angesehen wurde, die für das Einbringen von Implantaten aus nachgiebigem Material verwendet werden.

56      Für die Feststellung, dass ein Zeichen für die Zweckbestimmung der Waren beschreibend ist, lässt sich der Rechtsprechung entnehmen, dass ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Zeichen und den fraglichen Waren besteht, wenn die Technik, auf die das Zeichen hinweist, die Verwendung dieser Waren einschließt oder voraussetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2005, Wilfer/HABM [ROCKBASS], T‑315/03, EU:T:2005:211, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Da die für das Einbringen von Implantaten aus nachgiebigem Material verwendeten Waren einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit solchen Implantaten aufweisen, weil sie für die Verwendung dieser Implantate unabdingbar sind, liegt in der Annahme der Beschwerdekammer, dass das Zeichen für diese Waren beschreibend sei, kein Beurteilungsfehler.

58      Zwar muss sich zum einen die Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse auf alle Waren oder Dienstleistungen erstrecken, für die die Eintragung der Marke beantragt wird, und ist zum anderen die Entscheidung, mit der die zuständige Behörde die Eintragung einer Marke ablehnt, grundsätzlich in Bezug auf jede dieser Waren oder Dienstleistungen zu begründen (vgl. Beschluss vom 18. März 2010, CFCMCEE/HABM, C‑282/09 P, EU:C:2010:153, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Hinsichtlich des letztgenannten Erfordernisses kann sich die zuständige Behörde auf eine pauschale Begründung für alle betroffenen Waren oder Dienstleistungen beschränken, wenn dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder einer Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird (Beschluss vom 18. März 2010, CFCMCEE/HABM, C‑282/09 P, EU:C:2010:153, Rn. 38, und Urteil vom 6. Juli 2011, i-content/HABM [BETWIN], T‑258/09, EU:T:2011:329, Rn. 43).

60      Geht es um mehrere Waren und Dienstleistungen, ist eine pauschale Begründung der Beschwerdekammer nur für diejenigen von ihnen möglich, zwischen denen ein so hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang besteht, dass sie eine Kategorie bilden, die so homogen ist, dass der gesamte Komplex der tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die die Begründung der in Rede stehenden Entscheidung darstellen, zum einen die Erwägungen der Beschwerdekammer für jede Ware oder Dienstleistung dieser Kategorie hinreichend deutlich macht und zum anderen ohne Unterschied auf jede der betreffenden Waren oder Dienstleistungen angewandt werden kann (Urteile vom 2. April 2009, Zuffa/HABM [ULTIMATE FIGHTING CHAMPIONSHIP], T‑118/06, EU:T:2009:100, Rn. 28, und vom 6. Juli 2011, BETWIN, T‑258/09, EU:T:2011:329, Rn. 45).

61      Damit sich eine Warengruppe als ausreichend homogen darstellt, genügt es, dass alle Waren dieser Gruppe ein besonderes Merkmal gemeinsam haben, für das der beschreibende Charakter der angemeldeten Marke für den Verbraucher hinreichend direkt und konkret zu Tage tritt. Unter diesen Umständen wirkt es sich nicht aus, dass die Waren dieser Gruppe neben diesem gemeinsamen Merkmal Unterschiede – auch wesentliche – aufweisen, wenn diese für die Beurteilung des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke ohne Belang sind (Urteil vom 26. Mai 2016, Bimbo/EUIPO [THE SNACK COMPANY], T‑331/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:323, Rn. 40).

62      Im vorliegenden Fall bilden die chirurgischen Instrumente und Apparate für die orthopädische Chirurgie, die chirurgischen Spezialinstrumente zum Einbringen von Implantaten und die medizinischen Führungsdrähte eine homogene Warengruppe, da sie über das gemeinsame Merkmal verfügen, dass sie zum Einbringen chirurgischer Implantate aus nachgiebigem Material verwendet werden können.

63      Somit kann die auf die Zweckbestimmung der betreffenden Waren gestützte Begründung in Bezug auf die chirurgischen Instrumente und Apparate für die orthopädische Chirurgie, die chirurgischen Spezialwerkzeuge zum Einbringen von Implantaten und die medizinischen Führungsdrähte angewandt werden, zu deren möglichen Zweckbestimmungen die Verwendung zum Einbringen chirurgischer Implantate zählt.

64      Die maßgeblichen Verkehrskreise verstehen die Wörter „compliant constructs“ nämlich unmittelbar als eine Beschreibung der Zweckbestimmung der chirurgischen Instrumente und Apparate für die orthopädische Chirurgie, der chirurgischen Spezialwerkzeuge zum Einbringen von Implantaten und der medizinischen Führungsdrähte, d. h. ihrer Verwendung für das Einbringen von Implantaten aus nachgiebigem Material.

65      Im Übrigen hat die Beschwerdekammer das Zeichen Compliant Constructs entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht als beschreibend für die Beschaffenheit oder die Art der Werkzeuge selbst angesehen, sondern als beschreibend für die Waren, für die die Werkzeuge beim Einbringen zu verwenden sind.


66      Das Vorbringen der Klägerin, Nachgiebigkeit sei für diese Werkzeuge von Nachteil, ist somit zurückzuweisen.

67      Unter diesen Umständen ist auch das Argument zurückzuweisen, wonach das angemeldete Zeichen für die Zweckbestimmung der in Klasse 10 genannten Waren nicht beschreibend sei, da die Wörter „nachgiebige Konstrukte“ keinen Hinweis auf die bestimmungsgemäße Anwendung dieser Waren, nämlich die Anwendung im menschlichen oder tierischen Körper, gäben.

68      Den für diese Waren festgestellten beschreibenden Charakter besitzen zudem, wie sich oben aus den Rn. 48 bis 52 ergibt, nicht nur die chirurgischen Instrumente und Apparate, sondern auch die chirurgischen, ärztlichen, zahn- und tierärztlichen Instrumente und Apparate als globale Oberkategorie.

69      Nach alledem liegt in der Annahme der Beschwerdekammer, dass die Wörter „compliant constructs“ für die Waren in Klasse 10 beschreibend seien, kein Beurteilungsfehler.

70      Was die genannten Dienstleistungen in den Klassen 40 und 44 betrifft, hat die Beschwerdekammer in Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der angesprochene Fachmann im Ausdruck „compliant constructs“ unmittelbar einen Hinweis erkenne, dass es sich um die Anfertigung nachgiebiger Implantate, die Anfertigung von Spezialwerkzeug für das Einbringen solcher Implantate und Techniken zum Verankern solcher Implantate handle.

71      Hierzu macht die Klägerin geltend, dass „compliant constructs“ keine Angabe der Art, Beschaffenheit oder Zweckbestimmung für die Dienstleistungen der Klassen 40 und 44 sei, da zum einen der Umstand, dass die Implantate individuell gefertigt werden könnten, nichts mit der Eigenschaft der Implantate als „nachgiebig“ zu tun habe und zum anderen die Dienstleistungen nicht an Implantaten oder nachgiebigen Konstrukten vorgenommen würden. Zudem stelle sich die Frage, inwieweit das Spezialwerkzeug im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 40 die Eigenschaft „nachgiebig“ aufweisen dürfe.

72      Für die Dienstleistungen der Spezialanfertigung chirurgischer und orthopädischer Implantate in Klasse 40 ist zunächst festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Wörter „compliant constructs“ unmittelbar als eine Beschreibung ihrer Art und Beschaffenheit verstehen werden, nämlich als einen Hinweis darauf, dass sich diese Dienstleistungen auf Implantate beziehen, die sich elastisch verformen können.

73      Was sodann die Dienstleistungen der Anfertigung von chirurgischen Spezialwerkzeugen zum Einbringen von Implantaten in Klasse 40 betrifft, so werden die maßgeblichen Verkehrskreise die Wörter „compliant constructs“ unmittelbar als eine Beschreibung ihrer Zweckbestimmung auffassen, nämlich als einen Hinweis darauf, dass sich diese Dienstleistungen auf Werkzeuge beziehen, deren Zweck in der Verwendung zum Einbringen von Implantaten liegt, die sich elastisch verformen können.

74      Was des Weiteren die medizinischen und veterinärmedizinischen Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet der orthopädischen Chirurgie und der Knochenimplantate, insbesondere Techniken zum Verankern von Implantaten in Knochen und Wirbeln, in Klasse 40 betrifft, werden die Wörter „compliant constructs“ vom maßgeblichen Fachpublikum ebenfalls als eine Beschreibung ihrer Zweckbestimmung, nämlich des Einbringens von Implantaten, verstanden werden.

75      Hierbei weist der Ausdruck „insbesondere“ darauf hin, dass sich die Verankerungstechniken auf medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen als globale Oberkategorie, u. a. auf dem Gebiet der orthopädischen Chirurgie und der Knochenimplantate, beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2018, MAGELLAN, T‑222/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:99, Rn. 3 und 30).

76      Daher genügt die Feststellung des beschreibenden Charakters des angemeldeten Zeichens für die Verankerungstechniken, die für die Dienstleistungen in Klasse 44 stehen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass das Zeichen für die gesamte Klasse nicht eingetragen werden kann.

77      Im Übrigen hat die Beschwerdekammer das Zeichen Compliant Constructs entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht als beschreibend für die Beschaffenheit oder die Art der Dienstleistungen selbst angesehen, sondern als beschreibend für die Waren, auf die sich diese Dienstleistungen beziehen.

78      Folglich liegt in der Annahme der Beschwerdekammer, dass die Wörter „compliant constructs“ im vorliegenden Fall für die Art und die Zweckbestimmung der in Klasse 40 genannten Dienstleistungen sowie für die Zweckbestimmung der in Klasse 44 genannten Dienstleistungen beschreibend seien, kein Beurteilungsfehler.

79      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass im Allgemeinen die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der für die Anmeldemarke beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für diese Merkmale selbst beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 ist. Jedoch kann einer solchen Kombination der beschreibende Charakter im Sinne dieser Bestimmung fehlen, sofern der von ihr erweckte Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die Zusammenfügung ihrer Bestandteile entsteht (vgl. Urteil vom 25. Februar 2010, Lancôme/HABM, C‑408/08 P, EU:C:2010:92, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      So ist eine Marke, die aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder für Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend ist, ihrerseits für diese Merkmale beschreibend, es sei denn, es besteht ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile, was voraussetzt, dass das Wort wegen der Ungewöhnlichkeit der Kombination im Hinblick auf die fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem Eindruck abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (Urteil vom 25. Februar 2010, Lancôme/HABM, C‑408/08 P, EU:C:2010:92, Rn. 62).

81      Insoweit ist die Beschwerdekammer in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung richtigerweise davon ausgegangen, dass die Wortzusammensetzung „compliant constructs“ keinen ungewöhnlichen Bestandteil enthält, der ihr einen Gesamteindruck verleihen könnte, der ausreichend von dem entfernt ist, den die Kombination der Bedeutungen der beiden Begriffe vermittelt.

82      Den Wörtern „compliant constructs“ können somit entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht bloß beschreibende Anklänge für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 10, 40 und 44 zugeschrieben werden.

83      Was schließlich die Bezugnahme der Klägerin auf mehrere Entscheidungen des EUIPO betrifft, mit denen die Eintragung von Zeichen als Unionsmarke zugelassen worden sei, die den Begriff „compliant“ enthielten, ist darauf zu verweisen, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern allein auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 24. Juni 2015, Wm. Wrigley Jr./HABM [Darstellung einer Kugel], T‑625/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:444, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Zwar ist zu den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung entschieden worden, dass das EUIPO im Rahmen der Prüfung der Unionsmarkenanmeldung die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und ein besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74).

85      Allerdings müssen der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Unionsmarke nicht zu seinem Vorteil auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung zu seinen Gunsten oder zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (vgl. Urteil vom 7. Oktober 2015, The Smiley Company/HABM [Form eines Smileys mit Augen aus Herzen], T‑656/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:758, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).


86      Nach alledem ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001

87      Mit ihrem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 angewandt habe. Da das die angegriffene Marke bildende Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine beschreibende Angabe sei, fehle dieser Marke nämlich nicht die Unterscheidungskraft.

88      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

89      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass ein Zeichen, wie aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 hervorgeht, bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der dort genannten Eintragungshindernisse vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 29, und vom 7. Oktober 2015, Zypern/HABM [XAΛΛOYMI und HALLOUMI], T‑292/14 und T‑293/14, EU:T:2015:752, Rn. 74).

90      Da das angemeldete Zeichen in Bezug auf die betroffenen Waren beschreibenden Charakter im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 hat und dies für sich genommen die angefochtene Versagung der Eintragung rechtfertigt, braucht nicht geprüft zu werden, ob der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung begründet ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. Februar 2008, Indorata-Serviços e Gestão/HABM, C‑212/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:83, Rn. 28).

91      Folglich ist eine Prüfung der Begründetheit des zweiten Klagegrundes im vorliegenden Fall nicht erforderlich.

92      Die Klage ist somit insgesamt abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des zweiten Klageantrags in seiner in der mündlichen Verhandlung geänderten Fassung zu befinden wäre, der auf eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin gehend gerichtet ist, dass die Anmeldung zur Veröffentlichung zugelassen wird.

 Kosten

93      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

94      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Biedermann Technologies GmbH & Co. KG trägt die Kosten.

Prek

Buttigieg

Berke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Juni 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      H. Kanninen


*      Verfahrenssprache: Deutsch.