Language of document : ECLI:EU:T:2010:487

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DER ACHTEN KAMMER
DES GERICHTS

26. November 2010(*)

„Streithilfe – Sprachenregelung“

In der Rechtssache T‑207/10

Deutsche Telekom AG

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission K(2009) 8107 endg. korr. vom 28. Oktober 2009 betreffend die von Spanien durchgeführte steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts‑ und Firmenwerts beim Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen (staatliche Beihilfe Nr. C 45/2007 [ex NN 51/2007, ex CP 9/2007])

erlässt

DER PRÄSIDENT DER ACHTEN KAMMER DES GERICHTS

folgenden

Beschluss

 Verfahren

1        Mit Klageschrift, die am 6. Mai 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin, die Deutsche Telekom AG, nach Art. 263 Abs. 5 AEUV Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission K(2009) 8107 endg. korr. vom 28. Oktober 2009 betreffend die von Spanien durchgeführte steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts‑ und Firmenwerts beim Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen (staatliche Beihilfe Nr. C 45/2007 [ex NN 51/2007, ex CP 9/2007]) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) erhoben.

2        Mit der angefochtenen Entscheidung wurde die Beihilferegelung nach Art. 12 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (Real Decreto Legislativo 4/2004, de 5 de marzo, por el que se aprueba el Texto refundido de la Ley del Impuesto sobre Sociedades [B.O.E. Nr. 61 vom 11. März 2004, S. 10951], im Folgenden: TRLIS), die in einem Steuervorteil besteht, der es spanischen Unternehmen ermöglicht, den sich aus dem Erwerb einer Beteiligung an ausländischen Unternehmen ergebenden Geschäfts‑ oder Firmenwert abzuschreiben, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurde, soweit sie auf innergemeinschaftliche Erwerbe anwendbar ist.

3        Die Klage ist auf Nichtigerklärung der Art. 1 Abs. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung gerichtet, die die Anwendung der streitigen Beihilferegelung in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes auf Erwerbe, die vor Veröffentlichung der Entscheidung über die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt der Europäischen Union am 21. Dezember 2007 erfolgten, und auf Erwerbe, deren Durchführung – die von der Freigabe durch eine Regulierungsbehörde abhängig ist, bei der der Erwerb vor diesem Datum angemeldet wurde – vor dem 21. Dezember 2007 unwiderruflich vereinbart wurde, weiterhin erlaubt.

4        Mit Schriftsatz, der am 7. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Iberdrola, SA, beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen zu werden und, nach Art. 35 § 2 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts, im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung oder, hilfsweise, nur in der mündlichen Verhandlung Spanisch oder, hilfsweise, Englisch als Verfahrenssprache verwenden zu dürfen.

5        Mit Schriftsatz, der am 7. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Telefónica, SA, beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen zu werden und, nach Art. 35 § 2 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts, im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung oder, hilfsweise, nur in der mündlichen Verhandlung Spanisch oder, hilfsweise, Englisch als Verfahrenssprache verwenden zu dürfen.

6        Die Streithilfeanträge sind den Parteien gemäß Art. 116 § 1 der Verfahrensordnung zugestellt worden.

7        Die Parteien sind aufgefordert worden, zu den Anträgen auf Abweichung von der Sprachenregelung Stellung zu nehmen.

8        Weder die Klägerin noch die Kommission hat Einwände gegen die Streithilfeanträge erhoben.

9        Die Kommission hat keine Einwände gegen die Anträge auf Abweichung von der Sprachenregelung erhoben. Die Klägerin hat keine Einwände dagegen erhoben, dass den Streithelferinnen gestattet wird, sowohl im schriftlichen Verfahren als auch in der mündlichen Verhandlung die englische Sprache zu verwenden.

 Rechtliche Würdigung

 Zu den Streithilfeanträgen

10      Nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht Anwendung findet, kann jeder, der ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines dem beim Gericht anhängigen Rechtsstreits – mit Ausnahme von Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Gemeinschaftsorganen oder zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen – glaubhaft macht, dem Rechtsstreit beitreten.

11      Der Begriff des berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne der genannten Vorschrift ist nach dem Gegenstand des betreffenden Rechtsstreits selbst zu bestimmen und als ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse daran zu verstehen, wie die Klageanträge selbst beschieden werden, und nicht als ein Interesse an den geltend gemachten Angriffs‑ und Verteidigungsmitteln oder Argumenten (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 12. April 1978 in den verbundenen Rechtssachen 116/77, 124/77 und 143/77, Amylum u. a./Rat und Kommission, Randnrn. 7 und 9, und Beschluss des Gerichts vom 25. Februar 2003 in der Rechtssache T‑15/02, BASF/Kommission, Slg. 2003, II‑213, Randnr. 26).

12      Zur Stützung ihrer Streithilfeanträge machen die Antragstellerinnen geltend, sie hätten ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Beim Erwerb der Beteiligungen an ausländischen Unternehmen hätten sie die Steuerregelung nach Art. 12 Abs. 5 TRLIS in Anspruch genommen. Zudem seien diese Erwerbsvorgänge, die vor dem 21. Dezember 2007 erfolgt seien, der angefochtenen Entscheidung zufolge vom Vertrauensgrundsatz gedeckt, und die sich daraus ergebenden Abschreibungen könnten weiter in Abzug gebracht werden, da sie nicht einer Rückerstattungspflicht für eine angebliche staatliche Beihilfe unterlägen, wie sie von der Kommission auferlegt werde. Ihr berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits folge daraus, dass bei einem Erfolg der Klage die Verpflichtung bestünde, die angebliche Beihilfe zurückzuerstatten, und sie in der Zukunft nicht mehr die entsprechenden Abschreibungen vornehmen könnten.

13      Nach alledem haben die Streithilfeantragstellerinnen ein unmittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits.

14      Da die Antragstellerinnen die Streithilfeanträge gemäß Art. 115 der Verfahrensordnung eingereicht und ihr berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft gemacht haben, sind sie nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht Anwendung findet, als Streithelferinnen zuzulassen

15      Da die in Art. 24 § 6 der Verfahrensordnung vorgesehene Mitteilung am 17. Juli 2010 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, sind die Streithilfeanträge innerhalb der in Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung genannten Frist gestellt worden, so dass sich die Rechte der Streithelferinnen nach Art. 116 §§ 2 bis 4 der Verfahrensordnung bestimmen.

 Zu den Anträgen auf Abweichung von der Sprachenregelung

16      Die Antragstellerinnen haben beantragt, im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung oder, hilfsweise, nur in der mündlichen Verhandlung Spanisch oder, hilfsweise, Englisch anstelle von Deutsch als Verfahrenssprache verwenden zu dürfen. Hierzu machen sie geltend, dass lediglich eine spanisch‑ und eine englischsprachige Fassung der angefochtenen Entscheidung existierten. Es sei daher präziser und einfacher, zu dieser Entscheidung auf Spanisch oder auf Englisch Stellung zu nehmen. Außerdem gebe es keine offizielle deutschsprachige Übersetzung des nationalen Gesetzes TRLIS, das Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sei. Schließlich würde die Erörterung mit möglichen weiteren Streithelfern der Kommission, die diese spanische Steuermaßnahme in Anspruch genommen hätten, vereinfacht, würde die Verwendung des Spanischen zugelassen.

17      Es ist darauf hinzuweisen, dass Art. 35 § 3 Abs. 4 der Verfahrensordnung eine Abweichung von dem Grundsatz, dass die Streithelfer die vom Kläger bestimmte Verfahrenssprache zu verwenden haben, nur den Mitgliedstaaten erlaubt, die einem Rechtsstreit als Streithelfer beitreten. Art. 35 § 2 Buchst. b der Verfahrensordnung ermöglicht es dem Gericht jedoch, auf Antrag einer Partei nach Anhörung der Gegenpartei eine andere der in Art. 35 § 1 genannten Sprachen ganz oder teilweise als Verfahrenssprache zuzulassen.

18      Im Hinblick darauf lassen die von den Streithilfeantragstellerinnen vorgebrachten Argumente nicht den Schluss zu, dass ihre Rechte im schriftlichen Verfahren ohne eine solche Abweichung beeinträchtigt würden, denn sie können sich mit eigenen Mitteln Übersetzungen der Schriftsätze und anderen Schriftstücke ins Spanische oder Englische beschaffen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 19. Oktober 2010, KODA/Kommission, T‑425/08, Randnr. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Da die Streithilfeantragstellerinnen nicht nachgewiesen haben, dass ihre Rechte durch die Verwendung der deutschen Sprache im schriftlichen Verfahren beeinträchtigt würden, sind ihre Anträge auf Abweichung von der Sprachenregelung insoweit zurückzuweisen.

20      Was hingegen die mündliche Verhandlung anbelangt, ist das Gericht der Auffassung, dass den von den Streithilfeantragstellerinnen hilfsweise gestellten Anträgen auf Verwendung der englischen Sprache stattzugeben ist, da diese Abweichung die Verfahrensrechte der Parteien des Rechtsstreits nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Verzögerung im Verfahrensablauf mit sich bringt.

Aus diesen Gründen hat

DER PRÄSIDENT DER ACHTEN KAMMER DES GERICHTS

beschlossen:

1.      Die Iberdrola, SA, wird in der Rechtssache T‑207/10 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen.

2.      Die Telefónica, SA, wird in der Rechtssache T‑207/10 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen.

3.      Den Streithelferinnen werden durch den Kanzler abschriftlich sämtliche Verfahrensunterlagen übermittelt.

4.      Den Streithelferinnen wird eine Frist zur schriftlichen Begründung ihrer Anträge gesetzt.

5.      Der Iberdrola, SA, und der Telefónica, SA, wird gestattet, in der mündlichen Verhandlung die englische Sprache zu verwenden.

6.      Im Übrigen werden die Anträge auf Abweichung von der Sprachenregelung zurückgewiesen.

7.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 26. November 2010

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      L. Truchot


* Verfahrenssprache: Deutsch.