Language of document : ECLI:EU:T:2014:60

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

6. Februar 2014(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Tankstellenmarkt – Beschluss, eine Beschwerde zurückzuweisen – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Nichterfüllung der durch einen Beschluss der Kommission für bindend erklärten Verpflichtungen – Wiedereröffnung des Verfahrens – Geldbußen – Zwangsgelder“

In der Rechtssache T‑342/11

Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio (CEEES) mit Sitz in Madrid (Spanien),

Asociación de Gestores de Estaciones de Servicio mit Sitz in Madrid,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt A. Hernández Pardo und Rechtsanwältin B. Marín Corral,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten zunächst durch M. Muñoz Pérez, dann durch S. Centeno Huerta und schließlich durch A. Rubio González, abogados del Estado,

und

Repsol Comercial de Productos Petrolíferos SA, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Jiménez-Laiglesia Oñate und S. Rivero Mena,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses K(2011) 2994 endg. der Kommission vom 28. April 2011, mit dem die Beschwerde der Klägerinnen über Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln, die Repsol begangen haben soll (Sache COMP/39.461), zurückgewiesen wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2013

folgendes

Urteil

1        Mit der vorliegenden Klage beantragen die Klägerinnen, die Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio (CEEES) und die Asociación de Gestores de Estaciones de Servicio, die Nichtigerklärung des Beschlusses K(2011) 2994 endg. der Kommission vom 28. April 2011, mit dem die Beschwerde der Klägerinnen über Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln, die Repsol begangen haben soll (Sache COMP/39.461) (im Folgenden: angefochtener Beschluss), zurückgewiesen wurde. Mit der Beschwerde war gerügt worden, die Streithelferin Repsol Comercial de Productos Petrolíferos SA (im Folgenden: Repsol) habe die durch die Entscheidung der Kommission vom 12. April 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/B-1/38.348 – Repsol CPP) (Zusammenfassung in ABl. L 176, S. 204, im Folgenden: Verpflichtungsentscheidung) für bindend erklärten Verpflichtungszusagen nicht eingehalten.−

 Sachverhalt

2        Die CEEES ist eine Unternehmensvereinigung, deren Aufgabe es ist, die Interessen ihrer Mitglieder – im Wesentlichen Unternehmen mit Rechten zur Betreibung von Tankstellen – auf allen Gebieten zu wahren und zu vertreten.

3        Die Asociación de Gestores de Estaciones de Servicio ist eine Unternehmensvereinigung, die in die CEEES eingegliedert ist und die die Interessen der Unternehmer vertritt, die Tankstellen betreiben, ohne deren Eigentümer zu sein.

4        Repsol ist eine spanische Erdölgesellschaft.

5        Am 16. Juni 2004 leitete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Repsol ein Verfahren nach den Art. 81 EG und 82 EG betreffend die Lieferung von Kraftstoffen an Tankstellen in Spanien ein. In ihrer vorläufigen Beurteilung äußerte die Kommission Zweifel, dass eine Reihe von Regelungen der zwischen Repsol und den Tankstellen geschlossenen langfristigen Alleinbezugsvereinbarungen mit Art. 81 EG vereinbar sind.

6        Um die von der Kommission geäußerten Bedenken auszuräumen, schlug Repsol Verpflichtungszusagen vor, die im Rahmen der öffentlichen Anhörung nach Art. 27 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) veröffentlicht wurden und mehrfach geändert wurden.

7        Mit der Verpflichtungsentscheidung, die am 12. April 2006 auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen wurde, erklärte die Kommission die geänderten Verpflichtungszusagen bis zum 31. Dezember 2011 für bindend.

8        Die Verpflichtungsentscheidung bestimmt u. a. Folgendes:

„[Repsol] verpflichtet sich, bei den Vereinbarungen, in denen die Bedingungen festgelegt werden, unter denen [Repsol] Kraft- und Brennstoffe für Kraftfahrzeuge in den Tankstellen in Spanien vertreibt, die Bestimmungen der Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 2790/99 einzuhalten. [Repsol] verpflichtet sich insbesondere,

b)      die Möglichkeiten des Erwerbers zur Gestaltung des Verkaufspreises nicht einzuschränken, wobei es [Repsol] gleichwohl unbenommen bleibt, Höchstverkaufspreise festzusetzen oder einen Richtpreis zu empfehlen, sofern diese keine Fest- oder Mindestpreise sind, die durch Druck oder Anreize seitens einer der Parteien zustande gekommen sind; [Repsol] verpflichtet sich ferner, bei Handelsvertreterverträgen, in denen der Verkaufspreis durch [Repsol] festgelegt wird, weil der Handelsvertreter nicht Eigentümer der Waren wird, den Handelsvertreter nicht an einer Aufteilung der Provision mit dem Kunden zu hindern und ihm insoweit keine Beschränkungen aufzuerlegen, so dass der Handelsvertreter den vom Kunden effektiv gezahlten Preis frei bestimmen kann, ohne dass dadurch die Einkünfte von [Repsol] geschmälert werden.“

9        In der Verpflichtungsentscheidung ging die Kommission davon aus, dass die von Repsol vorgeschlagenen Zusagen ausreichten, um den festgestellten Problemen abzuhelfen, und stellte das Verfahren ein.

10      Am 30. Mai 2007 legten die Klägerinnen ebenso wie eine Reihe anderer Unternehmen bei der Kommission eine Beschwerde ein, in der sie geltend machten, dass zwischen mehreren Erdölunternehmen eine Vereinbarung geschlossen worden sei, die gegen Art. 81 EG verstoße. Sie machten überdies geltend, dass Repsol den Tankstellen unter Verstoß gegen die Art. 81 EG und 82 EG Mindestendverkaufspreise vorgeschrieben habe.

11      In ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 10. Juli 2007 führten die Klägerinnen aus, Repsol habe ihre durch die Verpflichtungsentscheidung für bindend erklärte Zusage nicht eingehalten, die Möglichkeit der Tankstellen in Spanien, den Endverkaufspreis für Kraftstoffe zu bestimmen, nicht einzuschränken; sie ersuchten die Kommission, das Verfahren nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wieder aufzunehmen.

12      In ihren Erklärungen vom 13. November 2009 führten die Klägerinnen aus, die Kommission sei verpflichtet, gegen Repsol eine Geldbuße wegen Nichteinhaltung ihrer Verpflichtungszusagen zu verhängen.

13      Am 30. Juli 2009 erließ die Comisión Nacional de la Competencia (nationale spanische Wettbewerbskommission, im Folgenden: CNC) eine Entscheidung gegen Repsol, Cepsa Estaciones de Servicio SA und BP Oil España SA (im Folgenden: Entscheidung der CNC). In dieser Entscheidung stellte die CNC fest, dass die genannten Unternehmen gegen Art. 1 des Gesetzes 16/1989 zum Schutz des Wettbewerbs (Ley 16/1989 de Defensa de la Competencia) vom 17. Juli 1989 (BOE Nr. 170 vom 18. Juli 1989, S. 22747) sowie gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen hätten, da sie die Kraftstoffendpreise, die von den unter ihrem Namen handelnden unabhängigen Unternehmen anzuwenden seien, mittelbar festgesetzt hätten und damit den freien Wettbewerb zwischen den Tankstellen ihres Netzes und zwischen den übrigen Tankstellen beschränkt hätten. Die CNC verhängte zudem eine Geldbuße von 5 Mio. Euro gegen Repsol und forderte sie auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um die genannten Preisfestsetzungstätigkeiten abzustellen, und sich dieser Tätigkeiten zukünftig zu enthalten.

14      Mit Schriftsätzen vom 30. März bzw. 28. Dezember 2010 erhoben die Klägerinnen und Repsol Klage gegen die Entscheidung der CNC.

15      Mit Schreiben vom 21. September 2010 legte die Kommission den Klägerinnen ihre vorläufige Einschätzung der Beschwerde vor, die diese am 30. Mai 2007 eingereicht hatten.

16      Bezüglich des ersten Teils der Beschwerde der Klägerinnen, der eine angeblich gegen Art. 101 AEUV verstoßende Vereinbarung betrifft, setzte die Kommission die Klägerinnen davon in Kenntnis, dass sie den gesamten Inhalt der Beschwerde, der diese Vereinbarung betreffe, an die CNC übermittelt habe, und bat sie um Bestätigung, ob sie die Beschwerde hinsichtlich der genannten Vereinbarung zurücknähmen.

17      Was den zweiten Teil der Beschwerde betrifft, der sich auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV bezieht, den Repsol und Cepsa Estaciones de Servicio angeblich durch die Festsetzung von Mindestverkaufspreisen für die Tankstellen begangen haben, führte die Kommission aus, diese Frage sei bereits in der Entscheidung der CNC beantwortet worden, und kündigte an, dass sie diesen Teil der Beschwerde gemäß Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückweisen werde. Sie forderte die Klägerinnen auf, die Beschwerde insoweit zurückzunehmen.

18      Bezüglich des dritten Teils der Beschwerde, der die Nichteinhaltung der durch die Verpflichtungsentscheidung für bindend erklärten Verpflichtungszusagen durch Repsol betrifft, führte die Kommission schließlich aus, dass es für eine Untersuchung keine hinreichenden Gründe gebe und dass sie diesen Teil der Beschwerde – ebenfalls vorläufig – zurückweise.

19      In ihrer Antwort vom 18. Oktober 2010 erklärten sich die Klägerinnen damit einverstanden, die oben in den Rn. 16 und 17 angeführten ersten beiden Teile der Beschwerde zurückzunehmen. Den oben in Rn. 18 angeführten dritten Teil der Beschwerde dagegen erhielten sie aufrecht.

20      Am 28. April 2011 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, mit dem sie die Beschwerde der Klägerinnen zurückwies.

21      Die Kommission wies in den Erwägungsgründen 22 bis 25 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass, wenn eine Verpflichtungsentscheidung nicht eingehalten werde, sie das Verfahren nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 wieder aufnehmen und Geldbußen oder Zwangsgelder nach den Art. 23 und 24 der genannten Verordnung festsetzen könne und dass sie insoweit über ein Ermessen verfüge. Im vorliegenden Fall jedoch gebe es für den Erlass von Maßnahmen gegen Repsol keine hinreichenden Gründe.

22      In den Erwägungsgründen 26 bis 32 des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Repsol nicht erforderlich sei, da die CNC gegen dieses Unternehmen bereits eine Untersuchung durchgeführt und Maßnahmen gegen dieses Unternehmen getroffen habe. Die Prüfung der Beschwerde hätte zu einer doppelten Arbeit geführt und wäre eine ineffiziente Verwendung öffentlicher Mittel gewesen.

23      In den Erwägungsgründen 33 bis 43 des angefochtenen Beschlusses prüfte die Kommission zwei Argumente der Klägerinnen und wies diese zurück. Zum einen wies sie in den Erwägungsgründen 34 bis 40 des angefochtenen Beschlusses das Argument der Klägerinnen zurück, wonach die Prüfung der Beschwerde nur in bestimmten Grenzen zu einer doppelten Arbeit geführt hätte. Zum anderen wies die Kommission in den Erwägungsgründen 41 bis 43 des angefochtenen Beschlusses das Argument zurück, wonach es um verschiedene Zuwiderhandlungen gehe. Sie vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass selbst dann, wenn das Verhalten von Repsol einen Verstoß gegen zwei verschiedene Rechtsvorschriften darstellte, nämlich gegen Art. 101 AEUV zum einen und gegen Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 zum anderen, es keine hinreichenden Gründe für den Erlass von Maßnahmen gegeben hätte, die diesen Aspekt der Beschwerde betroffen hätten. Das Kartellverfahren, das die CNC durchgeführt habe, um das Verhalten von Repsol zu ahnden, reiche aus, um Repsol von der Teilnahme an den genannten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zukünftig abzuhalten.

24      In den Erwägungsgründen 44 bis 48 des angefochtenen Beschlusses schließlich ging die Kommission auf das Argument der Klägerinnen ein, wonach sie verpflichtet sei, Geldbußen nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 oder ein Zwangsgeld nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung zu verhängen. In diesem Zusammenhang stellte die Kommission fest, die genannten Vorschriften sähen nicht vor, dass es einen Anspruch gegen sie auf Verhängung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds gebe. Jedenfalls sei es unter den Umständen des vorliegenden Falls nicht erforderlich, ein Verfahren zur Verhängung einer Geldbuße gegen Repsol einzuleiten.

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

25      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 30. Juni 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

26      Mit Schriftsätzen, die am 23. September und am 3. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden sind, haben das Königreich Spanien und Repsol ihre Zulassung als Streithelfer in der vorliegenden Rechtssache zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Mit Beschlüssen vom 8. und vom 30. November 2011 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diesen Anträgen stattgegeben.

27      Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens haben die Klägerinnen mit Schriftsätzen vom 12. Juli 2012 und vom 9. April 2013 zwei Beweisangebote gemacht, denen Dokumente beigefügt waren. Diese Beweisangebote sind vorbehaltlich einer Entscheidung über ihre Zulässigkeit in die Akten aufgenommen worden.

28      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

29      In der Sitzung vom 29. April 2013 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

30      In der Klageschrift haben die Klägerinnen beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        dementsprechend festzustellen, dass die Kommission verpflichtet ist, gegen Repsol wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld zu verhängen.

31      In der Sitzung haben die Klägerinnen auf eine Frage des Gerichts den Antrag, der Kommission aufzugeben, gegen Repsol eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld zu verhängen, zurückgenommen, was zu Protokoll genommen worden ist.

32      Die Kommission beantragt,

–        die Klage teilweise als unzulässig und teilweise als unbegründet abzuweisen oder jedenfalls die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

33      Das Königreich Spanien beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

34      Repsol beantragt,

–        die Klage teilweise als unzulässig und teilweise als unbegründet abzuweisen oder jedenfalls die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten ihrer Streithilfe aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

35      Die Klägerinnen stützen die Klage darauf, dass die Kommission zum einen gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und zum anderen gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung verstoßen habe.

36      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend.

37      Erstens tragen sie vor, die Kommission sei nach der Nichteinhaltung der Verpflichtungsentscheidung durch Repsol verpflichtet gewesen, das Verfahren gegen das genannte Unternehmen wieder aufzunehmen und ihm eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld aufzuerlegen. Indem sie diese Maßnahmen unterlassen habe, habe sie gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c sowie Art. 24 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung verstoßen.

38      Zweitens sind die Klägerinnen der Auffassung, die Kommission habe dadurch, dass sie das Verfahren gegen Repsol nicht wieder aufgenommen habe und die Verpflichtungsentscheidung weder widerrufen noch aufgehoben habe, gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen.

39      Da eine Reihe von Ausführungen der Klägerinnen so verstanden werden können, dass sie sich nicht nur auf die sachliche Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses, sondern auch auf die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV beziehen, wird das Gericht diesen Aspekt im Anschluss an die Prüfung der beiden Klagegründe untersuchen.

40      Schließlich wird sich das Gericht zu den Beweisangeboten vom 12. Juli 2012 und vom 9. April 2013 äußern.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der genannten Verordnung, weil die Kommission es unterließ, das Verfahren gegen Repsol wieder aufzunehmen und eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld gegen diese zu verhängen

 Zur Zulässigkeit des Klagegrundes

41      Die Kommission trägt vor, der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 sei allein zur Stützung des Antrags auf Erteilung einer Weisung an die Kommission geltend gemacht worden, den die Klägerinnen zurückgenommen hätten (siehe oben, Rn. 31).

42      Entgegen den Ausführungen der Kommission ergibt sich aus der Klageschrift indessen nicht, dass die Klägerinnen einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 nur zur Stützung des Antrags geltend machen, der Kommission aufzugeben, gegen Repsol eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld zu verhängen, nicht aber zur Stützung ihres ersten Antrags.

43      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Unionsrichter im Rahmen der ihm durch Art. 263 AEUV verliehenen Zuständigkeit zur Nichtigerklärung nicht befugt ist, den Organen Weisungen zu erteilen, und dass ein Antrag auf Erteilung einer Weisung an ein Unionsorgan somit als unzulässig zurückzuweisen ist (Urteil des Gerichts vom 9. September 2010, Now Pharm/Kommission, T‑74/08, Slg. 2010, II‑4661, Rn. 19).

44      Diese Rechtsprechung verwehrt es den Klägerinnen jedoch nicht, einen Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses auf einen Klagegrund zu stützen, mit dem der Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c oder Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 geltend gemacht wird. Sollte nämlich die Kommission diese Vorschriften in dem angefochtenen Beschluss verletzt haben, müssten die Klägerinnen die Nichtigerklärung dieses Beschlusses beim Gericht beantragen können, und die Kommission hätte dann gemäß Art. 266 AEUV die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergeben.

45      Daher ist die Unzulässigkeitseinrede der Kommission zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit des Klagegrundes

46      Die Klägerinnen tragen im Wesentlichen vor, die Kommission habe dadurch, dass sie die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Repsol und die Verhängung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds gegen dieses Unternehmen nach dem Verstoß gegen die Verpflichtungsentscheidung verweigert habe, gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der genannten Verordnung verstoßen.

–       Zum Ermessensspielraum der Kommission

47      Würden die Klägerinnen geltend machen, dass die Kommission nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der genannten Verordnung verpflichtet sei, das Verfahren wieder aufzunehmen sowie Zwangsgelder und Geldbußen gegen jedes Unternehmen zu verhängen, das seine durch eine Entscheidung nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung für bindend erklärten Verpflichtungszusagen nicht einhalte, wäre diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

48      Aus Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich nämlich eindeutig, dass, wenn ein beteiligtes Unternehmen eine Verpflichtungsentscheidung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung nicht einhält, die Kommission nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens gegen das genannte Unternehmen verpflichtet ist, sondern insoweit über ein Ermessen verfügt. Aufgrund der genannten Vorschrift kann die Kommission, wenn ein Unternehmen seine gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 für bindend erklärten Verpflichtungszusagen nicht einhält, auf Antrag oder von Amts wegen das Verfahren gegen dieses Unternehmen wieder aufnehmen.

49      Die Kommission verfügt auch über ein Ermessen bei der Anwendung von Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003, nach denen sie Geldbußen oder Zwangsgelder gegen Unternehmen verhängen kann, wenn diese eine Verpflichtungszusage, die durch eine Entscheidung nach Art. 9 der Verordnung für bindend erklärt wurde, nicht einhalten.

50      Im Laufe des Verfahrens haben die Klägerinnen jedoch klargestellt, dass sie nicht in Frage stellen, dass die in Rede stehenden Vorschriften der Kommission ein Ermessen einräumen.

51      Die Klägerinnen sind allerdings der Auffassung, dass die Kommission, auch wenn sie grundsätzlich über einen Ermessensspielraum verfüge, unter den Umständen des vorliegenden Falls das Verfahren gegen Repsol hätte wieder aufnehmen und ein Zwangsgeld oder eine Geldbuße gegen dieses Unternehmen hätte verhängen müssen.

52      Hierzu tragen die Klägerinnen vor, die Rechtsprechung, wonach die Kommission hinsichtlich der Frage, ob die Weiterbehandlung einer wegen Verstoßes gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV eingelegten Beschwerde im Unionsinteresse liege, über ein weites Ermessen verfüge, finde im vorliegenden Fall keine Anwendung, da sich ihre Beschwerde gegen die Nichteinhaltung einer Verpflichtungsentscheidung richte und diese Nichteinhaltung durch die Entscheidung der CNC bewiesen worden sei.

53      Vorab ist insoweit festzustellen, dass die Befugnisse zur Wiederaufnahme des Verfahrens nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern nach den Art. 23 und 24 der Verordnung der Kommission im Hinblick auf die ihr nach Art. 105 AEUV obliegende Aufgabe verliehen wurden, die Einhaltung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV zu überwachen.

54      Identifiziert nämlich die Kommission Wettbewerbsprobleme, kann sie die Verpflichtungszusagen, die von den beteiligten Unternehmen vorgeschlagen wurden und die sie für angemessen erachtet, für bindend erklären, um nicht den Weg der förmlichen Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV zu beschreiten (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa, C‑441/07 P, Slg. 2010, I‑5949, Rn. 35).

55      Zum einen ermöglicht der durch Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführte Mechanismus es dem beteiligten Unternehmen, sich dadurch in vollem Umfang an dem Verfahren zu beteiligen, dass es die Lösungen vorschlägt, die ihm am besten geeignet erscheinen, um die Bedenken der Kommission auszuräumen, und zu vermeiden, dass die Kommission förmlich eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV feststellt. Zum anderen liegen diesem Artikel Erwägungen der Verfahrensökonomie zugrunde, da die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachzuweisen braucht, dass die Voraussetzungen von Art. 101 AEUV oder 102 AEUV vorliegen, und sie eine raschere Lösung für die von ihr identifizierten Wettbewerbsprobleme herbeiführen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Alrosa, oben in Rn. 54 angeführt, Rn. 35).

56      Die der Kommission nach Art. 9 Abs. 2, Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen Befugnisse sollen die Einhaltung dieser Verpflichtungszusagen sicherstellen. Wenn nämlich ein Unternehmen die von ihm abgegebenen Verpflichtungszusagen, die von der Kommission für bindend erklärt wurden, nicht einhält, kann die Kommission das Verfahren wieder aufnehmen und gegen das Unternehmen ein Zwangsgeld oder eine Geldbuße verhängen, indem sie lediglich die Nichteinhaltung der Verpflichtungsentscheidung nachweist, ohne zuvor einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV feststellen zu müssen.

57      Anders als die Klägerinnen meinen, ist das Ziel dieser Vorschriften dagegen nicht, bei besonders schwerwiegenden Verstößen gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV die Verhängung einer zweifachen Sanktion gegen ein Unternehmen zu erlauben. Eine solche Auslegung dürfte nämlich dem letzten Satz des 13. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1/2003 widersprechen, wonach Entscheidungen, mit denen Verpflichtungszusagen für bindend erklärt werden sollen, für Fälle ungeeignet sind, in denen die Kommission eine Geldbuße aufzuerlegen beabsichtigt.

58      Was die Faktoren anbelangt, die für die Ausübung des der Kommission nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zustehenden Ermessens maßgebend sind, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nur über knappe Mittel verfügt, die sie verwenden muss, um gegen zahlreiche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht vorzugehen.

59      Die Kommission hat daher den ihr zur Kenntnis gebrachten Wettbewerbsproblemen unterschiedliche Prioritäten einzuräumen und zu entscheiden, ob die Fortführung der Untersuchung einer Sache im Unionsinteresse liegt (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, Slg. 2010, II‑5865, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission bei den Entscheidungen über die Zurückweisung einer Beschwerde wegen Verstoßes gegen die Art. 101 AEUV und 102 AEUV nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen hat, insbesondere solche, die ihr der Beschwerdeführer zur Kenntnis bringt. Sie hat daher insbesondere die Bedeutung der behaupteten Zuwiderhandlung für das Funktionieren des Binnenmarkts, die Wahrscheinlichkeit des Nachweises ihres Vorliegens und den Umfang der notwendigen Ermittlungsmaßnahmen zu berücksichtigen, um ihre Aufgabe der Überwachung der Einhaltung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV bestmöglich zu erfüllen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑450/98 P, Slg. 2001, I‑3947, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile des Gerichts vom 18. September 1992, Automec/Kommission, T‑24/90, Slg. 1992, II‑2223, Rn. 86, und vom 12. September 2007, Ufex u. a./Kommission, T‑60/05, Slg. 2007, II‑3397, Rn. 178). Die Kommission muss ferner die Maßnahmen der nationalen Wettbewerbsbehörden berücksichtigen können (vgl. Urteil des Gerichts vom 3. Juli 2007, Au lys de France/Kommission, T‑458/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung). Schließlich hat das Gericht bereits festgestellt, dass nichts die Kommission daran hindert, in einem bestimmten Fall bei der Beurteilung des Unionsinteresses an der Untersuchung eines Wettbewerbsproblems einem einzigen Kriterium Vorrang zu geben (vgl. in diesem Sinne Urteil IECC/Kommission, Rn. 58 und 59).

61      Nach ständiger Rechtsprechung hat ferner derjenige, der eine Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV eingelegt hat, keinen Anspruch auf eine abschließende Entscheidung der Kommission über das Vorliegen der geltend gemachten Zuwiderhandlung (Urteil des Gerichtshofs vom 4. März 1999, Ufex u. a./Kommission, C‑119/97 P, Slg. 1999, I‑1341, Rn. 87; Urteile des Gerichts Automec/Kommission, oben in Rn. 60 angeführt, Rn. 75, und vom 13. September 2012, Protégé International/Kommission, T‑119/09, Rn. 32).

62      In Anbetracht dessen, dass die Befugnis der Kommission, nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 Verpflichtungszusagen für bindend zu erklären, auch das Ziel verfolgt, die Beachtung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV sicherzustellen, und dass die in Art. 9 Abs. 2, Art. 24 Abs. 1 Buchst. c und Art. 23 Abs. 2 Buchst. c der genannten Verordnung vorgesehenen Befugnisse die Einhaltung der genannten Verpflichtungszusagen sicherstellen sollen, ist das Gericht der Auffassung, dass die Grundsätze, die die oben in den Rn. 60 und 61 angeführte Rechtsprechung heranzieht, auch Anwendung finden, wenn die etwaige Nichteinhaltung einer Verpflichtungszusage der Kommission zur Kenntnis gebracht wird und die Kommission über die Wiederaufnahme des Verfahrens zu entscheiden hat.

63      Da die Kommission prüfen muss, ob die weitere Prüfung einer Beschwerde in Ansehung aller erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte dem Unionsinteresse entspricht, hat sie den Umstand zu berücksichtigen, dass sich die Lage anders darstellen kann je nachdem, ob diese Beschwerde die etwaige Nichteinhaltung einer Verpflichtungsentscheidung oder eine etwaige Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV betrifft.

64      Da nämlich die Nichteinhaltung der Verpflichtungszusagen im Allgemeinen leichter nachzuweisen ist als ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV, wird der Umfang der zum Nachweis dieser Nichteinhaltung der Verpflichtungszusagen erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen grundsätzlich geringer sein. Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten, dass in diesem Fall die Kommission das Verfahren systematisch wieder aufnehmen und eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld verhängen müsste. Ein solcher Ansatz hätte nämlich zur Folge, dass aus der Befugnis, über die die Kommission aufgrund von Art. 9 Abs. 2, Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 verfügt, eine gebundene Befugnis würde, was mit dem Wortlaut dieser Vorschriften nicht zu vereinbaren wäre.

65      Zu dem Argument der Klägerinnen, es sei Aufgabe der Kommission, die Einhaltung einer Verpflichtungsentscheidung zu überwachen, ist festzustellen, dass nichts die Kommission im Rahmen der fraglichen Vorschriften daran hindert, die Maßnahmen der nationalen Wettbewerbsbehörden zu berücksichtigen.

66      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die aufgrund von Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 bestehende parallele Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass die Kommission aufgrund von Art. 9 der genannten Verordnung eine Verpflichtungsentscheidung erlässt. Wie sich nämlich aus dem 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, lassen die von der Kommission aufgrund von Art. 9 dieser Verordnung erlassenen Verpflichtungsentscheidungen die Befugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV festzustellen und über den Fall zu entscheiden, unberührt. Aus dem 22. Erwägungsgrund der Verordnung ergibt sich ferner, dass die von der Kommission angenommenen Entscheidungen bezüglich Verpflichtungszusagen die Befugnis der nationalen Wettbewerbsbehörden, die Art. 101 AEUV und 102 AEUV anzuwenden, nicht berühren.

67      Schließlich wird – entgegen den Ausführungen der Klägerinnen – die Kommission nicht dadurch ausschließlich zuständig, dass sie eine Entscheidung nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlässt. Zwar sieht Art. 11 Abs. 6 der genannten Verordnung, auf den sich die Klägerinnen in diesem Zusammenhang berufen, u. a. vor, dass die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV entfällt, wenn die Kommission ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung einleitet, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt und nach Art. 7 der Verordnung die Abstellung dieser Zuwiderhandlung angeordnet wird, oder wenn sie ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung einleitet, mit der nach Art. 9 der Verordnung Verpflichtungszusagen für bindend erklärt werden. Aus den genannten Bestimmungen kann indessen nicht geschlossen werden, dass eine nationale Wettbewerbsbehörde keine Entscheidung mehr gegen ein Unternehmen erlassen darf, wenn die Kommission zuvor eine Verpflichtungsentscheidung im Sinne von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen hat. Nach der Rechtsprechung nämlich nimmt Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 den nationalen Wettbewerbsbehörden die Zuständigkeit nicht auf Dauer, sondern nur während des Verfahrens vor der Kommission (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 2012, Toshiba Corporation u. a., C‑17/10, Rn. 68 bis 92).

68      Nichts hindert daher die Kommission daran, die von einer nationalen Wettbewerbsbehörde gegen ein Unternehmen erlassenen Maßnahmen zu berücksichtigen, wenn sie prüft, ob die Wiederaufnahme eines Verfahrens gegen dieses Unternehmen wegen der Nichteinhaltung seiner Verpflichtungszusagen dem Unionsinteresse entspricht, um gegen dieses Unternehmen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld zu verhängen. Eine solche Berücksichtigung ist vielmehr geboten, da der Kommission die Befugnisse nach Art. 9 Abs. 2, Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 im Hinblick auf ihre Aufgabe verliehen wurden, über die Einhaltung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV zu wachen.

–       Zur Ausübung des Ermessens im vorliegenden Fall

69      Im Licht dieser Erwägungen ist die Rüge zu prüfen, wonach die Entscheidung der Kommission, das Verfahren nicht wieder zu eröffnen und keine Geldbuße oder Zwangsgeld gegen Repsol zu verhängen, mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist. Die Klägerinnen machen geltend, die Begründung der Kommission im angefochtenen Beschluss rechtfertige diesen nicht.

70      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die vom Unionsrichter vorgenommene Kontrolle über die Ausübung des der Kommission bei der Behandlung von Beschwerden zuerkannten Ermessens durch diese nicht dazu führen darf, dass er seine Beurteilung des Unionsinteresses an die Stelle der Beurteilung durch die Kommission setzt; vielmehr soll mit der Kontrolle überprüft werden, ob die umstrittene Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht und ob sie nicht mit einem Rechtsfehler, einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist (vgl. Urteil CEAHR/Kommission, oben in Rn. 59 angeführt, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Das Gericht ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Begründung des angefochtenen Beschlusses, die oben in den Rn. 21 bis 24 zusammengefasst ist, nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist.

72      Die Kommission stützte sich nämlich insbesondere auf das Vorliegen der Entscheidung der CNC, in der diese feststellte, dass Repsol durch mittelbare Festsetzung der Kraftstoffendpreise gegen Art. 101 AEUV verstoßen habe, gegen Repsol eine Geldbuße von 5 Mio. Euro verhängte und sie aufforderte, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um diese Preisfestsetzungstätigkeiten abzustellen, und sich dieser Tätigkeiten zukünftig zu enthalten. Dieses Vorgehen steht im Einklang mit dem Ziel einer engen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden innerhalb des Europäischen Wettbewerbsnetzes, das insbesondere in den Erwägungsgründen 6, 8 und 15 der Verordnung Nr. 1/2003 angeführt wird.

73      Angesichts der Entscheidung der CNC durfte die Kommission ferner, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass der Erlass zusätzlicher Maßnahmen gegen Repsol nicht erforderlich war.

74      Zum einen ist nämlich in Bezug auf das Argument der Klägerinnen, wonach die Kommission den Verstoß von Repsol gegen die Verpflichtungsentscheidung durch Verhängung eines Zwangsgelds nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 hätte ahnden müssen, festzustellen, dass die genannte Befugnis der Kommission darauf abzielt, ein Unternehmen zu zwingen, seine Verpflichtungszusage zukünftig einzuhalten. Die Ziele jedoch, die die Kommission gegen Repsol durch Verhängung eines Zwangsgelds hätte verfolgen können, und die Ziele, die die CNC in ihrer Entscheidung verfolgte, waren deckungsgleich, da es darum ging, die Tätigkeiten der Kraftstoffpreisfestsetzung abzustellen. Im angefochtenen Beschluss stellte die Kommission fest, dass die Maßnahmen der CNC ausreichend gewesen seien, um Repsol zu zwingen, die genannten Tätigkeiten zukünftig einzustellen. Sie durfte daher davon ausgehen, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, dass ein Tätigwerden ihrerseits nicht erforderlich war und daher eine Wiederaufnahme des Verfahrens, um ein Zwangsgeld zu verhängen, nicht im Unionsinteresse lag.

75      Zum anderen ist in Bezug auf das Argument der Klägerinnen, wonach die Kommission eine Geldbuße wegen der Nichteinhaltung der Verpflichtungsentscheidung hätte verhängen müssen, darauf hinzuweisen, dass der Hauptzweck einer auf der Grundlage des Art. 23 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Geldbuße darin besteht, ein Verhalten, von dem die Kommission meint, es rufe Wettbewerbsbedenken hervor, zu ahnden, ohne in rechtlicher Hinsicht hinreichend nachweisen zu müssen, dass die Voraussetzungen von Art. 101 AEUV oder 102 AEUV vorliegen. In ihrer Entscheidung hatte die CNC bereits festgestellt, dass Repsol die Kraftstoffverkaufspreise festgelegt habe, und hatte eine Sanktion gegen sie verhängt. Da die Verpflichtungsentscheidung dasselbe Verhalten betraf, musste die Kommission die Entscheidung der CNC berücksichtigen. Da aber der Hauptzweck der Ahndung eines Verhaltens von Repsol, das die Kommission als problematisch angesehen hatte, bereits erreicht war, durfte sie, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Verhängung einer zusätzlichen Geldbuße nicht dem Unionsinteresse entsprach.

76      Keines der von den Klägerinnen vorgetragenen Argumente vermag diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen.

77      Erstens tragen die Klägerinnen vor, die Kommission sei, obwohl die CNC wegen der Festsetzung des Kraftstoffverkaufspreises gegen Repsol bereits eine Geldbuße verhängt habe, verpflichtet gewesen, gegen Repsol eine zusätzliche Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 zu verhängen, einerseits um den durch Art. 9 der Verordnung eingeführten Mechanismus nicht in seinem Wesen zu gefährden, andererseits aus Gründen der Rechtssicherheit und schließlich um zu verhindern, dass die Nichteinhaltung der Verpflichtungszusage als ein „zweifelhaftes, belangloses oder bedeutungsloses“ Moment angesehen werde, insbesondere von den Unternehmen, die keine Verpflichtungszusagen abgegeben hätten.

78      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

79      Selbst dann nämlich, wenn sowohl Art. 23 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003 dahin auszulegen wäre, dass die Kommission gegen ein Unternehmen eine zusätzliche Geldbuße allein deswegen verhängen kann, weil es seine Verpflichtungszusagen nicht eingehalten hat, obwohl dieses Verhalten bereits von einer nationalen Wettbewerbsbehörde wegen Verstoßes gegen Art. 101 AEUV geahndet worden war, und zum anderen dieses Vorgehen nicht gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen würde, hätte die Kommission im vorliegenden Fall, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen dürfen, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel, gegen Repsol eine zusätzliche Geldbuße zu verhängen, nicht dem Unionsinteresse entsprach.

80      Zunächst ist entgegen dem Vortrag der Klägerinnen festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall gegen Repsol eine Geldbuße wegen Nichteinhaltung der Verpflichtungsentscheidung nicht hätte verhängen können, ohne hierfür öffentliche Mittel einzusetzen. Wie die Kommission zu Recht vorträgt, hätte sie eine ganze Reihe von administrativen Schritten unternehmen müssen, wie die Abfassung der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens und der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die Anhörung der Beteiligten und den Erlass der Bußgeldentscheidung.

81      Sodann durfte die Kommission davon ausgehen, dass der Mehrwert eines Tätigwerdens ihrerseits gering gewesen wäre, da der Hauptzweck nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1/2003, nämlich die Ahndung eines von ihr als wettbewerbsrechtlich problematisch angesehenen Verhaltens von Repsol, bereits erreicht worden war.

82      Was schließlich das von den Klägerinnen geltend gemachte Ziel angeht, d. h. die Erhaltung der praktischen Wirksamkeit des durch Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführten Mechanismus, ist darauf hinzuweisen, dass es sich um ein Ziel handelt, das unmittelbar die Gestaltung der Politik der Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts betrifft.

83      Selbst bei Vorliegen der oben in Rn. 79 genannten Voraussetzungen hätte die Kommission daher vorliegend mit der Entscheidung, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Verhängung einer zusätzlichen Geldbuße gegen Repsol im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt waren, die Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten.

84      Zweitens tragen die Klägerinnen vor, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss die Schwere der Zuwiderhandlung von Repsol und die Auswirkungen ihres Verhaltens auf dem Markt nicht hinreichend berücksichtigt.

85      Auch dieses Argument ist zurückzuweisen.

86      Räumt nämlich, wie oben in den Rn. 60 bis 62 ausgeführt, die Kommission den ihr zur Kenntnis gebrachten Wettbewerbsproblemen Prioritäten ein, ist sie durch nichts daran gehindert, einem der relevanten Kriterien Vorrang zu geben.

87      Aus den oben in den Rn. 72 bis 83 genannten Gründen aber konnte die Kommission zu Recht davon ausgehen, dass angesichts der Entscheidung, die CNC gegen Repsol erlassen hatte, ein zusätzliches Tätigwerden ihrerseits nicht dem Unionsinteresse entsprach, ohne dass sie andere Kriterien gegeneinander abwägen musste oder sich näher zur Sache, zur Schwere des Verhaltens von Repsol, zur Struktur des spanischen Marktes oder zu den Auswirkungen des Verhaltens von Repsol auf dem Markt äußern musste.

88      Drittens machen die Klägerinnen geltend, wegen der unmittelbaren Wirkung der Verpflichtungsentscheidung, ihrer bindenden Wirkung für Repsol, der bilateralen Beziehung und der durch sie zwischen Repsol und der Kommission hergestellten Vertrauensbeziehung sowie der Notwendigkeit, das Unionsrecht einheitlich und unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung anzuwenden, hätte die Kommission das Verfahren wieder aufnehmen und gegen Repsol eine Geldbuße und ein Zwangsgeld verhängen müssen.

89      Auch dieses Argument ist zurückzuweisen.

90      Mit der Berufung auf diese Gesichtspunkte verweisen die Klägerinnen nämlich nur darauf, dass Repsol sich einverständlich der Verpflichtungsentscheidung nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 unterworfen hatte und diese Entscheidung nicht einhielt.

91      Wie oben in Rn. 64 ausgeführt, hat der Unionsgesetzgeber entschieden, der Kommission ein weites Ermessen einzuräumen, wenn sie es mit der Nichteinhaltung einer nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 für bindend erklärten Verpflichtungszusage zu tun hat. Die von den Klägerinnen geltend gemachten Umstände, aus denen sich lediglich ergibt, dass die Kommission mit einem solchen Fall befasst war, können kein Beleg dafür sein, dass diese die Grenzen des Ermessens überschritt, über das sie im Rahmen der ihr nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung sowie nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung zustehenden Befugnisse verfügt. Die von den Klägerinnen vertretene Auffassung, wonach allein die genannten Umstände die Kommission zur Wiederaufnahme des Verfahrens und zur Verhängung einer Geldbuße und eines Zwangsgelds verpflichteten, hätte demgegenüber zur Folge gehabt, dass die genannten Befugnisse wie gebundene Befugnisse Anwendung finden, was gegen den Wortlaut der genannten Vorschriften verstieße.

92      Viertens ist das Argument der Klägerinnen zurückzuweisen, das auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs gestützt wird, wonach die volle Wirksamkeit der Art. 101 AEUV und 102 AEUV verlangt, dass jedermann Ersatz des Schadens verlangen kann, der ihm durch einen Verstoß gegen diese Vorschriften entstanden ist (Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 2001, Courage und Crehan, C‑453/99, Slg. 2001, I‑6297, Rn. 26, und vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, Slg. 2006, I‑6619, Rn. 60). Da diese Rechtsprechung die Anwendung der genannten Vorschriften betrifft, die auf Veranlassung einer Person erfolgt, der ein Schaden entstanden ist, kann aus ihr nicht abgeleitet werden, dass bei Anwendung dieser Vorschriften auf Veranlassung einer Wettbewerbsbehörde, die nur über beschränkte Mittel verfügt, alle Fälle geahndet werden müssen, in denen ein Unternehmen gegen eine nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 für bindend erklärte Verpflichtungszusage verstoßen hat.

93      Soweit sich fünftens die Klägerinnen auf den 29. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 berufen, wonach es möglich sein muss, die Beachtung der Art. 101 AEUV und 102 AEUV und die Erfüllung der den Unternehmen in Anwendung dieser Verordnung auferlegten Pflichten durch Geldbußen und Zwangsgelder sicherzustellen, genügt die Feststellung, dass dieser Erwägungsgrund weder das Ziel einer dezentralisierten Anwendung des Art. 101 AEUV durch die nationalen Wettbewerbsbehörden noch die Möglichkeit in Frage stellt, dass die Kommission die Maßnahmen der genannten Behörden bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, ob für die weitere Prüfung einer Sache ein Unionsinteresse besteht.

94      Was sechstens die Pressemitteilung der Kommission vom 12. April 2006 zu ihrer Entscheidung in der Sache COMP/B‑1/38.348 betreffend die Verpflichtungszusagen von Repsol sowie ihr Memorandum vom selben Tag angeht, auf die sich die Klägerinnen beziehen, genügt die Feststellung, dass die Kommission dort lediglich mitteilte, dass sie Repsol Geldbußen auferlegen könne, falls diese die Verpflichtungsentscheidung nicht beachten sollte, ohne sich darauf festzulegen, dass diese Geldbußen automatisch verhängt würden.

95      Soweit sich siebtens die Klägerinnen auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen, ist diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass ihre Zulässigkeit geprüft zu werden braucht. Wie sich nämlich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, beging die Kommission bei der Abwägung der Interessen, zu der sie nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung verpflichtet ist, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler. Der angefochtene Beschluss kann daher die Interessen der Klägerinnen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt haben.

96      Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht davon ausgehen durfte, dass die Wiederaufnahme eines Verfahrens gegen Repsol zwecks Verhängung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds gegen dieses Unternehmen nicht dem Unionsinteresse entsprach. Folglich ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie Art. 23 Abs. 2 Buchst. c und Art. 24 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, weil die Kommission es unterließ, das Verfahren wieder aufzunehmen und die Verpflichtungsentscheidung zu widerrufen oder zu ändern

97      Die Klägerinnen machen ferner geltend, die Kommission habe gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, indem sie das Verfahren gegen Repsol nicht wieder aufgenommen habe und die Verpflichtungsentscheidung weder widerrufen noch geändert habe. Aufgrund der Nichteinhaltung der Verpflichtungsentscheidung hätte die Kommission die genannte Entscheidung widerrufen oder ändern müssen.

98      Hierzu trägt die Kommission zu Recht vor, dass im vorliegenden Fall ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Verpflichtungsentscheidung bestanden habe. Erstens betraf die Verpflichtungsentscheidung nicht nur die Verpflichtungen von Repsol bezüglich der Kraftstoffverkaufspreise, sondern auch und vor allem die langfristigen Alleinbezugsvereinbarungen. Zweitens hinderte die Kommission, was die Verpflichtungszusage bezüglich der Kraftstoffverkaufspreise angeht, nichts daran, ihre Entscheidung im Hinblick auf diese Verpflichtungszusage aufrechtzuerhalten. Wie nämlich oben in Rn. 56 ausgeführt, konnte die Kommission aufgrund der Aufrechterhaltung Zwangsgelder und Geldbußen wegen Nichteinhaltung der genannten Entscheidung verhängen, ohne zuvor einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV oder 102 AEUV feststellen zu müssen.

99      Daher haben die Klägerinnen keinen Beweis dafür vorgebracht, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat. Der vorliegende Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

 Zur Begründung des angefochtenen Beschlusses

100    Sollten die Klägerinnen mit dem Vorbringen, dass der angefochtene Beschluss nicht hinreichend begründet gewesen sei, nicht nur einen die Begründetheit des Beschlusses betreffenden Klagegrund geltend machen wollen, sondern auch einen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 296 AEUV gerügt wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich um einen von Amts wegen zu prüfenden Klagegrund handelt und dieser somit nicht als verspätet zurückgewiesen werden kann.

101    In Bezug auf die Begründetheit dieses Klagegrundes ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Begründung eines Rechtsakts dessen Natur angepasst sein muss und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947, Rn. 147).

102    Im vorliegenden Fall war die Begründung des angefochtenen Beschlusses ausreichend. Aus der Begründung dieses Beschlusses geht nämlich klar hervor, dass die Kommission der Auffassung war, dass nach der Entscheidung der CNC ein zusätzliches Tätigwerden ihrerseits dem Unionsinteresse nicht entsprochen hätte.

103    Was das Vorbringen der Klägerinnen angeht, je weiter das einer Einrichtung zustehende Ermessen sei, desto umfangreicher müsse die Begründung sein, ist darauf hinzuweisen, dass der Umfang der erforderlichen Begründung auch von den anwendbaren Vorschriften abhängt. Obwohl, wie oben in den Rn. 60, 62, 86 und 87 ausgeführt, die Kommission alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigen musste, hinderte sie aber nichts daran, im vorliegenden Fall ihre Entscheidung auf die Erwägung zu stützen, dass die Maßnahmen der CNC ausreichend waren. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses ist somit als ausreichend anzusehen.

 Zu den Beweisangeboten der Klägerinnen

104    Die Klägerinnen haben am 12. Juli 2012 und am 9. April 2013, somit nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens, neue Beweisangebote eingereicht, die aus Dokumenten bestanden, denen Schriftsätze zur Erläuterung ihrer Bedeutung für die vorliegende Rechtssache beigefügt waren.

105    Insoweit genügt die Feststellung, dass diese Beweisangebote für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich sind, ohne dass eine Entscheidung über ihre Zulässigkeit erforderlich ist, da sämtliche der am 12. Juli 2012 und am 9. April 2013 eingereichten Dokumente ein späteres Datum als das des angefochtenen Beschlusses tragen. Nach ständiger Rechtsprechung nämlich ist die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen. Folglich können Umstände, die nach dem Erlass des Rechtsakts der Union eingetreten sind, bei der Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit nicht berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. September 2011, Frankreich/Kommission, T‑257/07, Slg. 2011, II‑5827, Rn. 172 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

107    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen im vorliegenden Fall unterlegen sind, sind ihnen, wie von der Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

108    Nach Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten, und das Gericht kann entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall tragen das Königreich Spanien und Repsol ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio (CEEES) und die Asociación de Gestores de Estaciones de Servicio tragen ihre eigenen und die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.

3.      Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

4.      Die Repsol Comercial de Productos Petrolíferos SA trägt ihre eigenen Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Februar 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.