Language of document : ECLI:EU:T:2021:252

URTEIL DES GERICHTS (Siebte erweiterte Kammer)

12. Mai 2021(*)

„Staatliche Beihilfen – Von Luxemburg zugunsten von Amazon durchgeführte Beihilfe – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und für rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Steuervorbescheid (tax ruling) – Verrechnungspreis – Selektiver Steuervorteil – Verrechnungspreisvereinbarung – Funktionsanalyse“

In den Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18,

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch T. Uri als Bevollmächtigten im Beistand der Rechtsanwälte D. Waelbroeck, A. Steichen und J. Bracker,

Kläger in der Rechtssache T‑816/17,

unterstützt durch

Irland, vertreten durch J. Quaney und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gallagher, SC, B. Doherty, Barrister, und S. Kingston, SC,

Streithelfer in der Rechtssache T‑816/17,

Amazon EU Sàrl mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg),

Amazon.com, Inc. mit Sitz in Seattle, Washington (Vereinigte Staaten),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Paemen, M. Petite und A. Tombiński,

Klägerinnen in der Rechtssache T‑318/18,

gegen

Europäische Kommission, in der Rechtssache T‑816/17 vertreten durch P. Stancanelli, P.‑J. Loewenthal und F. Tomat als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin M. Chammas und in der Rechtssache T‑318/18 durch P.‑J. Loewenthal und F. Tomat,

Beklagte,

betreffend Klagen nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2018/859 der Kommission vom 4. Oktober 2017 über die staatliche Beihilfe Luxemburgs SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) zugunsten von Amazon (ABl. 2018, L 153, S. 1) erlässt

DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude sowie der Richterinnen V. Tomljenović (Berichterstatterin) und A. Marcoulli,

Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. und 6. März 2020

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Amazon.com, Inc. mit Sitz in den Vereinigten Staaten und die von ihr kontrollierten Unternehmen (im Folgenden zusammen: Amazon-Gruppe) üben Online-Tätigkeiten aus, insbesondere Online-Einzelhandel und die Erbringung verschiedener Online-Dienstleistungen. Zu diesem Zweck betreibt die Amazon-Gruppe mehrere Websites in verschiedenen Sprachen der Europäischen Union, darunter amazon.de, amazon.fr, amazon.it und amazon.es.

2        Vor Mai 2006 wurde das Europageschäft der Amazon-Gruppe von den Vereinigten Staaten aus geleitet. Insbesondere wurden die Tätigkeiten des Einzelhandels und der Dienstleistungen auf den europäischen Websites von zwei in den Vereinigten Staaten ansässigen Unternehmen betrieben, nämlich der Amazon.com International Sales, Inc. (im Folgenden: AIS) und Amazon International Marketplace (im Folgenden: AIM) sowie von anderen Unternehmen mit Sitz in Frankreich, in Deutschland und im Vereinigten Königreich.

3        Im Jahr 2003 wurde eine Umstrukturierung der Tätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa geplant. Diese Umstrukturierung, die im Jahr 2006 tatsächlich durchgeführt wurde (im Folgenden: Umstrukturierung von 2006), betraf die Gründung zweier Gesellschaften mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg). Konkret handelte es sich zum einen um die Amazon Europe Holding Technologies SCS (im Folgenden: LuxSCS), eine geschlossene Kommanditgesellschaft nach luxemburgischem Recht (Société en Commandite Simple), deren Gesellschafter amerikanische Unternehmen waren, und zum anderen um die Amazon EU Sàrl (im Folgenden: LuxOpCo), die wie LuxSCS ihren Sitz in Luxemburg hatte.

4        LuxSCS schloss in einem ersten Schritt mehrere Vereinbarungen mit bestimmten Unternehmen der Amazon-Gruppe mit Sitz in den Vereinigten Staaten, nämlich:

–        die Lizenzvereinbarung und die Abtretungsvereinbarung über bereits bestehende Rechte des geistigen Eigentums (License and Assignment Agreements for Preexisting Intellectual Property, im Folgenden zusammen: Eintrittsvereinbarung) mit der Amazon Technologies, Inc. (im Folgenden: ATI), einem in den Vereinigten Staaten ansässigen Unternehmen der Amazon-Gruppe;

–        eine Kostenteilungsvereinbarung (Cost Sharing Agreement, im Folgenden: CSA), die 2005 mit ATI und A 9.com, Inc. (im Folgenden: A 9), einem in den Vereinigten Staaten ansässigen Unternehmen der Amazon-Gruppe, geschlossen wurde. Mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA erwarb LuxSCS das Recht zur Verwertung bestimmter Rechte des geistigen Eigentums und von „Nebenprodukten“ für diese immateriellen Wirtschaftsgüter, die im Eigentum von A 9 und ATI standen und von diesen weiterentwickelt wurden. Die von der CSA erfassten immateriellen Wirtschaftsgüter beinhalteten im Wesentlichen drei Kategorien geistigen Eigentums, nämlich Technologie, Kundendaten und Marken. Nach der CSA und der Eintrittsvereinbarung konnte LuxSCS auch die immateriellen Wirtschaftsgüter in Unterlizenz vergeben, um insbesondere die europäischen Websites zu betreiben. Für diese Rechte musste LuxSCS Eintrittszahlungen leisten und einen jährlichen Anteil der Kosten des Programms zur Weiterentwicklung der CSA übernehmen.

5        In einem zweiten Schritt schloss LuxSCS mit Wirkung zum 30. April 2006 eine Lizenzvereinbarung mit LuxOpCo, die sich auf die oben angeführten immateriellen Wirtschaftsgüter bezog (im Folgenden: Lizenzvereinbarung). Nach dieser Vereinbarung erwarb LuxOpCo gegen Zahlung einer Lizenzgebühr an LuxSCS (im Folgenden: Lizenzgebühr) das Recht zur Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter.

6        Schließlich traf LuxSCS eine Vereinbarung über die Abtretung von Rechten des geistigen Eigentums und eine Lizenzvereinbarung mit Amazon.co.uk Ltd, Amazon.fr SARL und Amazon.de GmbH, nach denen LuxSCS die Rechte zur Nutzung bestimmter Marken und von Rechten des geistigen Eigentums an den europäischen Websites erhielt.

7        Im Jahr 2014 erfolgte eine zweite Umstrukturierung der Amazon-Gruppe und die zwischen LuxSCS und LuxOpCo bestehende vertragliche Vereinbarung wurde nicht mehr angewandt.

A.      Zum fraglichen Steuervorbescheid

8        In Vorbereitung der Umstrukturierung von 2006 beantragten Amazon.com und ein Steuerberater mit Schreiben vom 23. und 31. Oktober 2003 bei der luxemburgischen Steuerbehörde den Erlass eines Steuervorbescheids zur Bestätigung der Behandlung von LuxOpCo und LuxSCS für die Zwecke der luxemburgischen Körperschaftsteuer.

9        Mit Schreiben vom 23. Oktober 2003 beantragte Amazon.com, die Berechnung der Höhe der Lizenzgebühr zu billigen, die LuxOpCo ab 30. April 2006 an LuxSCS zahlen sollte. Dieser Antrag von Amazon.com stützte sich auf einen von ihren Steuerberatern erstellten Verrechnungspreisbericht (im Folgenden: Verrechnungspreisbericht von 2003). Die Verfasser dieses Berichts schlugen im Wesentlichen eine Methode zur Festsetzung der Verrechnungspreise vor, anhand deren sich die Körperschaftsteuerschuld bestimmen lasse, die LuxOpCo in Luxemburg entrichten müsse. Insbesondere hatte Amazon.com mit Schreiben vom 23. Oktober 2003 um Bestätigung ersucht, dass die Verrechnungspreisvereinbarung für die Ermittlung der Höhe der nach der Lizenzvereinbarung von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlenden jährlichen Lizenzgebühr, wie sich diese Vereinbarung aus dem Verrechnungspreisbericht von 2003 ergebe, zu einem „angemessenen und annehmbaren Ertrag“ für LuxOpCo im Hinblick auf die Verrechnungspreispolitik und auf Art. 56 sowie Art. 164 Abs. 3 des Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer in geänderter Fassung (Loi du 4 décembre 1967 concernant l’impôt sur le revenu, im Folgenden: LIR) führe. Die Methode zur Berechnung der von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlenden Lizenzgebühr wurde im Schreiben vom 23. Oktober 2003 wie folgt beschrieben:

„1.      Berechnung des ‚Ertrags von LuxOpCo‘ und Zuordnung zu LuxOpCo, der sich entweder auf a) [vertraulich](1) % der gesamten Betriebskosten von LuxOpCo in der EU im betreffenden Jahr oder auf b) das gesamte den europäischen Websites zuzuordnende Betriebsergebnis in der EU für das betreffende Jahr beläuft, wobei der jeweils geringere Betrag maßgeblich ist;

2.      die jährliche Lizenzgebühr beläuft sich auf die Höhe des Betriebsergebnisses in der EU abzüglich des Ertrags von LuxOpCo, darf aber nicht kleiner als null sein;

3.      die Lizenzgebühr für das betreffende Jahr ergibt sich aus der Division der jährlichen Lizenzgebühr durch die Summe der Einnahmen in der EU im betreffenden Jahr;

4.      unbeschadet dieser Regelung beträgt der Jahresertrag von LuxOpCo nie weniger als 0,45 % der Einnahmen in der EU und nie mehr als 0,55 % der Einnahmen in der EU;

5. a)      wenn der in Schritt 1 ermittelte Ertrag von LuxOpCo weniger als 0,45 % der Einnahmen in der EU beträgt, wird der Ertrag von LuxOpCo i) auf 0,45 % der Einnahmen oder des Betriebsergebnisses in der EU oder ii) auf die Höhe des Betriebsergebnisses in der EU angehoben, wobei der jeweils geringere Betrag maßgeblich ist;

b)      wenn der in Schritt 1 ermittelte Ertrag von LuxOpCo mehr als 0,55 % der Einnahmen in der EU beträgt, wird der Ertrag von LuxOpCo i) auf 0,55 % der Einnahmen oder des Betriebsergebnisses in der EU oder ii) auf die Höhe des Betriebsergebnisses in der EU reduziert, wobei der jeweils geringere Betrag maßgeblich ist.“

10      Mit Schreiben eines anderen Steuerberaters vom 31. Oktober 2003 ersuchte Amazon um die Bestätigung der steuerlichen Behandlung von LuxSCS, seiner in den Vereinigten Staaten ansässigen Partner und der Dividenden, die innerhalb dieser Struktur an LuxOpCo ausgeschüttet wurden. In diesem Schreiben wurde erläutert, dass LuxSCS als Société en Commandite Simple kein von seinen Gesellschaftern unabhängiges eigenes steuerliches Rechtssubjekt sei und daher in Luxemburg weder der Körperschaftsteuer noch der Vermögenssteuer unterliege.

11      Am 6. November 2003 richtete die Administration des contributions directes des Großherzogtums Luxemburg (Verwaltung für direkte Steuern, im Folgenden: luxemburgische Steuerbehörde oder luxemburgische Steuerbehörden) an Amazon.com ein Schreiben (im Folgenden: fraglicher Steuervorbescheid) mit u. a. folgendem Inhalt:

„Sehr geehrter Herr …,

nachdem ich mich mit dem Schreiben vom 31. Oktober 2003 vertraut gemacht habe, das ebenso wie Ihr Schreiben vom 23. Oktober 2003 von [ihrem Steuerberater] an mich gerichtet wurde und das Ihren Standpunkt bezüglich der Behandlung nach Luxemburger Steuerrecht im Rahmen Ihrer künftigen Tätigkeiten erläutert, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass ich die beiden Schreiben inhaltlich billigen kann. …“

12      Auf Antrag von Amazon.com verlängerte die luxemburgische Steuerbehörde die Geltungsdauer des fraglichen Steuervorbescheids im Jahr 2010 und wandte sie tatsächlich bis Juni 2014 an, da die europäische Struktur der Amazon-Gruppe geändert wurde. Somit wurde der fragliche Steuervorbescheid von 2006 bis 2014 angewandt (im Folgenden: relevanter Zeitraum).

B.      Zum Verwaltungsverfahren vor der Kommission

13      Am 24. Juni 2014 ersuchte die Europäische Kommission das Großherzogtum Luxemburg um Informationen über die der Amazon-Gruppe gewährten Steuervorbescheide. Am 7. Oktober 2014 veröffentlichte sie den Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV.

14      Im Rahmen der somit eingeleiteten Untersuchung ersuchte die Kommission das Großherzogtum Luxemburg und Amazon.com um verschiedene Auskünfte. Mit den Antworten auf die Auskunftsersuchen legte Amazon.com eine Kopie einer Beurteilung des United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) vom 23. März 2017 (im Folgenden: Beurteilung des US Tax Court) vor, die im Rahmen einer Klage des Internal Revenue Service (Bundessteuerbehörde, Vereinigte Staaten, IRS) über die Höhe der Zahlungen im Zusammenhang mit den oben in Rn. 4 genannten Vereinbarungen ergangen war.

15      Außerdem legte Amazon der Kommission einen neuen Verrechnungspreisbericht eines Steuerberaters vor, mit dem nachträglich untersucht werden sollte, ob die in Übereinstimmung mit dem fraglichen Steuervorbescheid von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Lizenzgebühr fremdvergleichskonform war (im Folgenden: Verrechnungspreisbericht von 2017).

C.      Zum angefochtenen Beschluss

16      Am 4. Oktober 2017 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2018/859 über die staatliche Beihilfe Luxemburgs SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) zugunsten von Amazon (ABl. 2018, L 153, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

17      Art. 1 dieses Beschlusses lautet auszugsweise wie folgt:

18      „Der [fragliche] Steuervorbescheid …, mit dem Luxemburg eine … Verrechnungspreisvereinbarung gebilligt hat, nach der [LuxOpCo] ihre Körperschaftsteuerschuld in Luxemburg in den Jahren 2006 bis 2014 berechnen konnte, und die anschließende Annahme der jährlichen Körperschaftsteuererklärung auf der Grundlage dieser Vereinbarung stellt eine Beihilfe … dar …“.

1.      Zur Darlegung des tatsächlichen und rechtlichen Hintergrundes

19      In Abschnitt 2 („Tatsächlicher und rechtlicher Hintergrund“) des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission u. a. die Amazon-Gruppe, den fraglichen Steuervorbescheid sowie den relevanten nationalen Rechtsrahmen und die Leitlinien zur Verrechnungspreisgestaltung dar.

a)      Zur Darstellung der Amazon-Gruppe

20      Zur Darstellung der Amazon-Gruppe beschrieb die Kommission die Tätigkeiten der Amazon-Gruppe im Einzelhandels- und im Dienstleistungsgeschäft sowie die Zusammensetzung dieser Gruppe, soweit dies für den angefochtenen Beschluss relevant war.

21      Für den relevanten Zeitraum wurde die europäische Struktur der Amazon-Gruppe von der Kommission wie folgt schematisch dargestellt:

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22      Erstens stellte die Kommission in Bezug auf LuxSCS fest, dass diese Gesellschaft keine Geschäftsräume und keine Mitarbeiter in Luxemburg habe. Im relevanten Zeitraum habe LuxSCS als „immaterielle“ Holdinggesellschaft für das Europageschäft der Amazon-Gruppe fungiert, das hauptsächlich von LuxOpCo betrieben worden sei. Allerdings habe LuxSCS außerdem konzerninterne Darlehen an mehrere Unternehmen der Amazon-Gruppe vergeben. Darüber hinaus sei LuxSCS an mehreren konzerninternen Vereinbarungen mit ATI, A 9 und LuxOpCo beteiligt gewesen (vgl. oben, Rn. 3 und 5).

23      Was zweitens LuxOpCo betrifft, hob die Kommission insbesondere hervor, dass im relevanten Zeitraum LuxOpCo eine 100%ige Tochtergesellschaft von LuxSCS gewesen sei.

24      Ab der Umstrukturierung des Europageschäfts der Amazon-Gruppe von 2006 fungierte LuxOpCo als Hauptsitz der Amazon-Gruppe in Europa und als Hauptbetreiber des über die EU-Websites durchgeführten Online-Einzelhandels- und ‑Dienstleistungsgeschäfts von Amazon in Europa. LuxOpCo habe in dieser Eigenschaft für die strategischen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Einzelhandels- und dem Dienstleistungsgeschäft über die EU-Websites sowie für die Verwaltung der wesentlichen physischen Elemente des Einzelhandelsgeschäfts zuständig sein sollen. Außerdem sei LuxOpCo als Verkäufer (seller of record) der Bestände der Amazon-Gruppe in Europa auch für die Verwaltung der Bestände auf den EU-Websites verantwortlich gewesen. Sie sei Eigentümer dieses Bestands gewesen und habe die in diesem Zusammenhang bestehenden Risiken und Verluste getragen. Außerdem habe LuxOpCo Einnahmen sowohl aus dem Verkauf von Produkten als auch aus dem Bereich der Auftragsabwicklung verbucht. LuxOpCo habe ferner Funktionen im Bereich des Cash-Managements für das Europageschäft der Amazon-Gruppe ausgeübt.

25      Sodann sei LuxOpCo am Gesellschaftskapital von Amazon Services Europe (im Folgenden: ASE) und Amazon Media Europe (im Folgenden: AMEU), beide in Luxemburg ansässige Unternehmen der Amazon-Gruppe, beteiligt gewesen, sowie an im Vereinigten Königreich, in Frankreich und in Deutschland eingetragenen Tochtergesellschaften von Amazon.com (im Folgenden: verbundene lokale Unternehmen in der EU), die die Geschäftstätigkeit von LuxOpCo durch verschiedene Dienstleistungen innerhalb der Gruppe unterstützt hätten. Im relevanten Zeitraum habe ASE das Angebot der Amazon-Gruppe für Drittverkäufer in der EU („Marketplace“) betrieben. AMEU habe das „Digitalgeschäft“ der Amazon-Gruppe in der EU, beispielsweise den Verkauf von MP3-Dateien und von E‑Books, betrieben. Die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU hätten ihrerseits Dienstleistungen für den Betrieb der EU-Websites erbracht.

26      Außerdem stellte die Kommission fest, dass im relevanten Zeitraum ASE und AMEU, die in Luxemburg ansässige Unternehmen gewesen seien, für die Zwecke der luxemburgischen Besteuerung eine steuerliche Einheit mit LuxOpCo gebildet hätten, bei der LuxOpCo als Muttergesellschaft fungiert habe. Bei diesen drei Unternehmen habe es sich somit nur um einen einzigen Steuerpflichtigen gehandelt.

27      Schließlich beschrieb die Kommission neben der Lizenzvereinbarung, die LuxOpCo mit LuxSCS geschlossen hatte, bestimmte andere konzerninterne Vereinbarungen, an denen LuxOpCo im relevanten Zeitraum beteiligt gewesen sei, detailliert, nämlich bestimmte am 1. Mai 2006 mit den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU geschlossene Dienstleistungsvereinbarungen sowie am 30. April 2006 mit ASE und AMEU geschlossene Vereinbarungen über die Lizenzierung geistiger Rechte, aufgrund deren diesen beiden Einheiten nicht ausschließliche Unterlizenzen für die immateriellen Wirtschaftsgüter erteilt worden seien.

b)      Zur Darlegung des fraglichen Steuervorbescheids

28      Nach Prüfung der Struktur der Amazon-Gruppe legte die Kommission den fraglichen Steuervorbescheid dar.

29      Insoweit nahm sie erstens auf die oben in den Rn. 8 bis 10 angeführten Schreiben vom 23. und 31. Oktober 2003 Bezug.

30      Zweitens legte die Kommission den Inhalt des Verrechnungspreisberichts von 2003, auf dessen Grundlage die Methode zur Bestimmung der Lizenzgebühr vorgeschlagen wurde, dar.

31      Zunächst wies die Kommission darauf hin, dass der Verrechnungspreisbericht von 2003 eine Funktionsanalyse für LuxSCS und LuxOpCo enthalte, wobei sich nach dieser Funktionsanalyse die Tätigkeit von LuxSCS hauptsächlich auf die einer immateriellen Holdinggesellschaft und eines Beteiligten an der ständigen Weiterentwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter nach Maßgabe der CSA beschränkt habe. LuxOpCo sei in diesem Bericht als für die strategischen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Einzelhandels- und dem Dienstleistungsgeschäft über die EU-Websites sowie für die Verwaltung der wesentlichen physischen Elemente des Einzelhandelsgeschäfts zuständig beschrieben worden.

32      Sodann wies die Kommission darauf hin, dass der Verrechnungspreisbericht von 2003 einen Abschnitt über die Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode zur Ermittlung des Prozentsatzes der Lizenzgebühr nach dem Fremdvergleichsgrundsatz enthalten habe. Im Bericht seien zwei Methoden untersucht worden: eine auf der Preisvergleichsmethode (comparable uncontrolled price method, im Folgenden: CUP-Methode) beruhende und eine andere, die auf der Methode der Restgewinnaufteilung beruht habe.

33      Zum einen sei im Verrechnungspreisbericht von 2003 nach der CUP-Methode eine fremdvergleichskonforme Bandbreite der Lizenzgebühr von 10,6 % bis 13,6 % auf der Grundlage eines Vergleichs mit einer bestimmten Vereinbarung von Amazon.com mit einem Einzelhändler der Vereinigten Staaten, nämlich der Vereinbarung [vertraulich], berechnet worden.

34      Zum anderen habe der Verrechnungspreisbericht von 2003 nach der Methode der Restgewinnaufteilung eine Schätzung des Ertrags in Verbindung mit den „routinemäßigen Funktionen von LuxOpCo in seiner Eigenschaft als europäische Betriebsgesellschaft“ ausgehend von dem von LuxOpCo zu tragenden Kostenaufschlag enthalten. Dazu sei davon ausgegangen worden, dass der „Netto-Kostenaufschlag“ (net cost plus mark up) als Indikator für die Gewinnspanne für eine Prüfung der Vergütung verwendet worden sei, die zu Fremdvergleichsbedingungen den vorgesehenen Funktionen von LuxOpCo zugerechnet hätten werden können. Es sei vorgeschlagen worden, einen Aufschlag von [vertraulich] zu den berichtigten Betriebskosten von LuxOpCo hinzuzurechnen. Die entstehende Differenz zwischen diesem Ertrag und dem Betriebsergebnis von LuxOpCo habe dem Restgewinn entsprochen, der im Verrechnungspreisbericht von 2003 als in vollem Umfang der Nutzung der von LuxSCS lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgüter zuzurechnend dargestellt worden sei. Auf der Grundlage dieser Berechnung sei im Verrechnungspreisbericht von 2003 festgestellt worden, dass ein Prozentsatz der Lizenzgebühr in einer Bandbreite von 10,1 % bis 12,3 % der Nettoeinnahmen von LuxOpCo einem Fremdvergleich nach den Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) standhalten würde.

35      Schließlich wies die Kommission darauf hin, dass der Verrechnungspreisbericht von 2003 zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sich die Ergebnisse einander annäherten und daher für den von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlenden Prozentsatz der Lizenzgebühr die fremdvergleichskonforme Bandbreite von 10,1 % bis 12,3 % der Umsätze von LuxOpCo angesetzt werde. Der Verrechnungspreisbericht von 2003 habe jedoch festgestellt, dass die Analyse der Aufteilung der Restgewinne zuverlässiger gewesen wäre und daher zugrunde zu legen sei.

36      Drittens wies die Kommission in Abschnitt 2.2.5 („Folgen des angefochtenen Steuervorbescheids“) des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass die luxemburgische Steuerbehörde mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligt habe, dass die Methode zur Ermittlung der Höhe der Lizenzgebühr, die sich auf die steuerpflichtigen jährlichen Einnahmen von LuxOpCo in Luxemburg ausgewirkt habe, fremdvergleichskonform gewesen sei. LuxOpCo habe auf der Grundlage des fraglichen Steuervorbescheids die Körperschaftsteuer für die Abgabe der jährlichen Steuererklärungen ermittelt.

c)      Zur Darlegung des relevanten nationalen Rechtsrahmens

37      Zum relevanten nationalen Rechtsrahmen führte die Kommission Art. 164 Abs. 3 LIR an. Nach dieser Bestimmung „[umfasst d]as steuerpflichtige Einkommen … verdeckte Gewinnausschüttungen“, und „[e]ine verdeckte Gewinnausschüttung entsteht insbesondere, wenn ein Aktionär oder eine interessierte Partei entweder direkt oder indirekt Gewinne von einem Unternehmen oder einem Verein bezieht, die er bzw. sie ohne die Eigenschaft eines Aktionärs oder einer interessierten Partei normalerweise nicht erhalten hätte“. In diesem Zusammenhang führte die Kommission u. a. aus, dass Art. 164 Abs. 3 LIR während des relevanten Zeitraums von der luxemburgischen Steuerbehörde dahin ausgelegt worden sei, dass er im luxemburgischen Steuerrecht den „Fremdvergleichsgrundsatz“ verankert habe.

d)      Zur Darlegung des Rahmens der OECD für die Gestaltung von Verrechnungspreisen

38      In den Erwägungsgründen 244 bis 249 des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission den Rahmen der OECD für die Gestaltung von Verrechnungspreisen dar. Die „Verrechnungspreise“, wie sie die OECD in den von dieser Organisation in den Jahren 1995, 2010 und 2017 veröffentlichten Leitlinien verstanden habe, seien die Preise, zu denen ein Unternehmen körperliche Waren oder immaterielle Vermögenswerte an verbundene Unternehmen liefere oder Dienstleistungen erbringe. Nach dem Fremdvergleichsgrundsatz, wie er für die Zwecke der Besteuerung von Gesellschaften angewandt werde, sollten nationale Steuerbehörden die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen einer Gruppe bei konzerninternen Geschäftsvorfällen nur dann annehmen, wenn diese den Preisen entsprächen, die auch bei Fremdvergleichsgeschäftsvorfällen (d. h. bei Geschäftsvorfällen zwischen unabhängigen Unternehmen, die unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen verhandelten) vereinbart worden wären. Außerdem stellte die Kommission klar, dass der Fremdvergleichsgrundsatz auf dem Grundsatz des selbständigen Unternehmens beruhe, wonach die Mitglieder einer Unternehmensgruppe für steuerliche Zwecke als unabhängig tätige Unternehmen behandelt würden.

39      Die Kommission wies auch darauf hin, dass zur Abschätzung der Fremdvergleichspreise konzerninterner Geschäftsvorfälle in den OECD‑Leitlinien (in ihren Fassungen von 1995, 2010 und 2017) fünf Methoden beschrieben würden. Nur drei von ihnen seien im Rahmen des angefochtenen Beschlusses relevant gewesen, nämlich die CUP‑Methode, die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode (transactional net margin method, im Folgenden: TNMM) und die Gewinnaufteilungsmethode. In den Erwägungsgründen 250 bis 256 des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission dar, worin diese Methoden bestünden.

2.      Zur Beurteilung des fraglichen Steuervorbescheids

40      Im 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission dar, dass der fragliche Steuervorbescheid gebilligt habe, dass die Verrechnungspreisvereinbarung zur Ermittlung der Höhe der nach der Lizenzvereinbarung von LuxOpCo an LuxSCS zu zahlenden jährlichen Lizenzgebühr, die sich auf die steuerpflichtigen jährlichen Einnahmen in Luxemburg ausgewirkt habe, fremdvergleichskonform gewesen sei. Im 155. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wies sie auch darauf hin, dass LuxOpCo im relevanten Zeitraum für die Abgabe der jährlichen Steuererklärungen sich auf den fraglichen Steuervorbescheid gestützt habe, um die jährlich in Luxemburg geschuldete Körperschaftsteuer des Unternehmens zu ermitteln. Wie sich ausdrücklich aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses und trotz einer gewissen Ungenauigkeit in den Erwägungsgründen 605 und 606 dieses Beschlusses ergibt, bestand nach Ansicht der Kommission die staatliche Beihilfe im vorliegenden Fall somit im fraglichen Steuervorbescheid in Verbindung mit der Annahme der jährlichen Steuererklärungen von LuxOpCo (und nicht im fraglichen Steuervorbescheid als solchem).

41      Abschnitt 9 („Beihilferechtliche Würdigung der Maßnahme“) des angefochtenen Beschlusses sollte belegen, dass der fragliche Steuervorbescheid sowie die Annahme der jährlichen Steuererklärungen von LuxOpCo zusammen tatsächlich eine staatliche Beihilfe darstellten.

42      Nachdem sie an die Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV erinnert hatte, stellte die Kommission fest, dass die erste Voraussetzung für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe, nach der ein Eingriff des Staates oder unter Verwendung staatlicher Mittel gegeben sein müsse, im vorliegenden Fall erfüllt gewesen sei. Insoweit sei zum einen der fragliche Steuervorbescheid dem Großherzogtum Luxemburg zuzurechnen. Zum anderen führe der fragliche Steuervorbescheid zu einer Senkung der Steuerschuld von LuxOpCo in Luxemburg im Vergleich zu körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen in einer ähnlichen Situation. Der fragliche Steuervorbescheid habe zu einem Verlust staatlicher Mittel geführt, da er einen Verzicht auf Steuereinnahmen, die das Großherzogtum Luxemburg ansonsten von LuxOpCo hätte beanspruchen können, mit sich gebracht habe.

43      Hinsichtlich der zweiten und der vierten Voraussetzung für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe vertrat die Kommission die Auffassung, dass zum einen davon auszugehen sei, dass der fragliche Steuervorbescheid den Handel innerhalb der Union beeinträchtige, da LuxOpCo Teil der Amazon-Gruppe gewesen sei, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sei, und dass LuxOpCo das Einzelhandelsgeschäft in Europa über die EU-Websites betreibe. Indem „Amazon eine günstige steuerliche Behandlung“ gewährt worden sei, habe das Großherzogtum Luxemburg potenziell Investitionen von Mitgliedstaaten abgezogen, die nicht bereit gewesen seien, Unternehmen, die Teil eines multinationalen Konzerns sind, eine ähnlich günstige steuerliche Behandlung zu gewähren. Zum anderen stelle in dem Umfang, in dem der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo von Körperschaftsteuern entlastet habe, die LuxOpCo ansonsten hätte zahlen müssen, dieser Vorbescheid eine Betriebsbeihilfe dar. Daher habe der fragliche Steuervorbescheid, indem für LuxOpCo Finanzmittel frei geworden seien, die diese in ihre Geschäftstätigkeit habe investieren können, den Wettbewerb auf dem Markt verfälscht.

44      Zur dritten Voraussetzung für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe führte die Kommission aus, dass, wenn ein Steuervorbescheid ein Ergebnis billige, das nicht zuverlässig eine normale Anwendung des allgemeinen Steuersystems widerspiegele, der betreffende Steuervorbescheid dem Begünstigten einen selektiven Vorteil verschaffe, da diese selektive Behandlung zu einer Verringerung der Steuerschuld des Steuerpflichtigen und zu einem Vorteil gegenüber anderen Unternehmen führe, die sich in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation befänden. Der fragliche Steuervorbescheid habe LuxOpCo im vorliegenden Fall einen selektiven Vorteil durch die Senkung ihrer Körperschaftsteuerschuld in Luxemburg verschafft.

a)      Zur Prüfung des Vorliegens eines Vorteils

45      In Abschnitt 9.2 („Vorteil“) des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission die Gründe dar, aus denen sie der Ansicht war, dass der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo einen Vorteil verschafft habe.

46      Die Kommission wies zunächst darauf hin, dass im Zusammenhang mit steuerlichen Maßnahmen einem Steuerpflichtigen ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne von Art. 107 AEUV gewährt werden könne, indem die Steuerbemessungsgrundlage oder der Betrag der zu entrichtenden Steuer verringert werde. Im 402. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte sie aus, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Prüfung, ob eine Regelung zur Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens dem Begünstigten einen Vorteil verschaffe, diese Regelung mit der sonst anwendbaren Regelung zu vergleichen sei, die auf der Differenz zwischen Erträgen und Kosten eines Unternehmens beruhe, das sich in freiem Wettbewerb betätige. Folglich „[verschafft nach Ansicht der Kommission e]in Steuervorbescheid, der dazu führt, dass ein Steuerpflichtiger bei konzerninternen Geschäftsvorfällen Verrechnungspreise berechnet, welche nicht mit den entsprechenden Preisen im freien Wettbewerb identisch sind, also mit fremdvergleichskonform verhandelten Preisen von unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen, … dem Steuerpflichtigen einen Vorteil, wenn die Folge eine Herabsetzung seiner zu versteuernden Einnahmen und somit auch seiner Steuerschuld im Rahmen des allgemeinen Körperschaftsteuersystems ist“.

47      In Anbetracht dieser Erwägungen kam die Kommission im 406. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass, um festzustellen, dass mit dem fraglichen Steuervorbescheid ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft werde, die Kommission nachweisen müsse, dass die mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreisvereinbarung zu einem Ergebnis führe, das von einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis abweiche und eine Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo für die Zwecke der Körperschaftsteuer zur Folge habe. Die Kommission stellte fest, dass der fragliche Steuervorbescheid zu einem solchen Ergebnis geführt habe.

48      Diese Schlussfolgerung beruht auf einer Feststellung und drei ergänzenden Feststellungen.

1)      Zur Feststellung des Vorteils

49      In Abschnitt 9.2.1 („Erste Feststellung zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils“) des angefochtenen Beschlusses vertrat die Kommission die Auffassung, dass durch die Billigung einer Verrechnungspreisvereinbarung, die für LuxOpCo eine Vergütung ausschließlich für die von LuxOpCo ausgeübten sogenannten „routinemäßigen“ Funktionen vorsehe und den von LuxOpCo generierten Gewinn, soweit er die gezahlte Vergütung in Form einer Lizenzzahlung überschreite, vollständig LuxSCS zurechne, der Steuervorbescheid zu einem Ergebnis führe, das von einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis abweiche.

50      Mit ihrer Feststellung vertrat die Kommission im Wesentlichen die Auffassung, dass die Funktionsanalyse für LuxOpCo und LuxSCS, die von den Verfassern des Verrechnungspreisberichts von 2003 und letztlich von der luxemburgischen Steuerbehörde herangezogen worden sei, unangemessen sei und nicht zu einem fremdvergleichskonformen Ergebnis führen könne. Im Gegenteil hätte die luxemburgische Steuerbehörde zu dem Schluss gelangen müssen, dass LuxSCS keine „einzigartigen und wertvollen“ Funktionen im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter ausübe, die bloß in ihrem Eigentum gestanden seien.

51      Für ihren Nachweis prüfte die Kommission die ausgeübten Funktionen, die verwendeten Wirtschaftsgüter und die übernommenen Risiken von LuxSCS und LuxOpCo.

52      Sodann prüfte die Kommission, wie aus dem 519. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, auf der Grundlage ihrer Funktionsanalyse für LuxOpCo und LuxSCS die Auswahl der im vorliegenden Fall am besten geeigneten Verrechnungspreismethode.

53      In Bezug auf die CUP-Methode vertrat die Kommission nach einer Analyse auf der Grundlage von fünf Faktoren für die Bestimmung der Vergleichbarkeit, die in den OECD-Leitlinien genannt worden seien, die Auffassung, dass die Anwendung dieser Methode, wie im Verrechnungspreisbericht von 2003 vorgesehen, zu einem übertriebenen Ergebnis geführt habe, das LuxOpCo einem Verlustrisiko ausgesetzt habe.

54      Im vorliegenden Fall wäre nach Auffassung der Kommission die TNMM am besten zur Ermittlung der nach der Lizenzvereinbarung von LuxOpCo geschuldeten Vergütung geeignet gewesen. Die Partei, die einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt habe, sei jedoch nicht LuxSCS, sondern LuxOpCo. Folglich hätte bei der Anwendung der TNMM nicht LuxOpCo, sondern LuxSCS die untersuchte Partei sein sollen.

55      Schließlich wandte die Kommission in Abschnitt 9.2.1.4 des angefochtenen Beschlusses die TNMM im vorliegenden Fall selbst an.

56      Ihrer Auffassung nach hätte LuxSCS das zu untersuchende Unternehmen sein müssen. Die luxemburgische Steuerbehörde hätte die Darstellung von Amazon.com nicht anerkennen dürfen, dass das bloße Eigentum an den immateriellen Wirtschaftsgütern einen „einzigartigen Beitrag“ dargestellt habe, für den LuxSCS eine Vergütung in Höhe nahezu sämtlicher aus der gesamten Geschäftstätigkeit von LuxOpCo hervorgegangener Gewinne hätte erhalten sollen. Insoweit verwies die Kommission u. a. auf ihre eigene Funktionsanalyse für LuxSCS und LuxOpCo (Abschnitt 9.2.1 des angefochtenen Beschlusses).

57      Zur Wahl des Gewinnindikators vertrat die Kommission die Auffassung, dass, da LuxSCS keine Umsätze erziele und keine Risiken in Verbindung mit den immateriellen Wirtschaftsgütern übernehme, der maßgebliche Gewinnindikator ein Aufschlag auf die relevanten Gesamtkosten hätte sein müssen (550. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

58      Hinsichtlich der angemessenen Kostenbasis, auf die in dieser Sache ein Aufschlag hätte angewendet werden müssen, stellte die Kommission fest, dass LuxSCS nur eine Mittlerfunktion erfüllt habe, indem es die mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA verbundenen Kosten weitergegeben habe und die jährlichen Lizenzgebühren, die es nach der Lizenzvereinbarung von LuxOpCo erhalten habe, zum Teil (bis zur Höhe dieser Kosten) auf A 9 und ATI übertragen habe (551. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

59      In Anbetracht dieser Erwägungen kam die Kommission im 555. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass die Vergütung von LuxSCS zwei Bestandteile hätte aufweisen müssen. Der erste Bestandteil hätte laut der Kommission der Inrechnungstellung der Durchlaufkosten im Zusammenhang mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA an LuxOpCo entsprechen müssen, auf die kein Aufschlag hätte angewandt werden dürfen. Der zweite Bestandteil hätte in einem Aufschlag bezogen auf eine Kostenbasis bestehen müssen, in der ausschließlich die Kosten externer Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erhaltung des Eigentums von LuxSCS an den immateriellen Wirtschaftsgütern berücksichtigt würden, soweit diese Kosten in Wirklichkeit für von LuxSCS tatsächlich ausgeübte Funktionen angefallen seien. Die Höhe dieser Vergütung hätte nach Auffassung der Kommission ein fremdvergleichskonformes Ergebnis gewährleistet, da die Beiträge von LuxSCS zur Lizenzvereinbarung angemessen berücksichtigt worden wären.

60      Zur Ermittlung eines angemessenen Aufschlags führte die Kommission aus, dass diese zwar im Allgemeinen eine Vergleichbarkeitsanalyse voraussetze, jedoch in dieser Sache keine verlässliche Vergleichbarkeitsanalyse habe vorgenommen werden können.

61      Statt einer Vergleichbarkeitsanalyse könne die Kommission von den Schlussfolgerungen des Berichts des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums (Joint Transfer Pricing Forum, JTPF) von 2010 (im Folgenden: JTPF‑Bericht) ausgehen. Das Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum ist eine von der Kommission im Jahr 2002 eingesetzte Sachverständigengruppe, die die Kommission bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen unterstützen soll. Nach diesem Bericht sei für „konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung“ ein Aufschlag im Bereich von 3 % bis 10 % von den Steuerbehörden der am Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforum beteiligten Mitgliedstaaten ermittelt worden. Die in der Praxis beobachteten Aufschläge seien meist bei 5 % der Kosten der „Erbringung dieser Dienstleistungen“ gelegen. Daher habe die Kommission die Anwendung eines solchen Aufschlags auf die externen Kosten von LuxSCS im Zusammenhang mit der Erhaltung seines Eigentums an den immateriellen Wirtschaftsgütern als angemessen betrachtet.

62      Als Ergebnis ihrer ersten Feststellung zum Vorliegen eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV führte die Kommission aus, dass sich die „fremdvergleichskonforme Vergütung“ für LuxSCS nach der Lizenzvereinbarung aus der Summe der mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA verbundenen Kosten für LuxSCS ohne einen Aufschlag, aber zuzüglich aller relevanten Kosten, die LuxSCS direkt entstanden seien und auf die ein Aufschlag von 5 % anzuwenden sei, hätte ergeben müssen, soweit diese Kosten den von LuxSCS tatsächlich ausgeübten Funktionen entsprochen hätten. Diese Vergütung habe dem entsprochen, was eine unabhängige Partei in einer LuxOpCo vergleichbaren Situation bereit gewesen wäre, für die nach Maßgabe der Lizenzvereinbarung von ihr übernommenen Rechte und Pflichten zu zahlen. Außerdem erlange mit einer Vergütung in dieser Höhe LuxSCS hinreichende Mittel, um die ihr nach der Eintrittsvereinbarung und der CSA obliegenden Zahlungen leisten zu können (Erwägungsgründe 559 und 560 des angefochtenen Beschlusses).

63      Da die von der Kommission berechnete Vergütung von LuxSCS geringer gewesen sei als die Vergütung, die aus der mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Verrechnungspreisvereinbarung resultiere, habe der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer Reduzierung ihrer Steuerbemessungsgrundlage für die Zwecke der Luxemburger Körperschaftsteuer im Vergleich zu den Einnahmen von Unternehmen verschafft, deren steuerpflichtiger Gewinn auf Preisen beruhe, die zu Fremdvergleichsbedingungen auf dem Markt ausgehandelt worden seien (561. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

2)      Zu den ergänzenden Feststellungen zum Vorteil

64      In Abschnitt 9.2.2 („Ergänzende Feststellung zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils“) des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission ihre ergänzendeFeststellung zum Vorteil dar, wonach, selbst wenn die luxemburgische Steuerbehörde zu Recht die im Verrechnungspreisbericht von 2003 vorgenommene Funktionsanalyse für LuxSCS gebilligt hätte, die von dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreisvereinbarung jedenfalls auf unangemessenen Voraussetzungen beruhe, die zu einem Ergebnis geführt hätten, das von einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis abweiche. Zweck der Erwägungen in Abschnitt 9.2.2 des angefochtenen Beschlusses sei nicht die genaue Feststellung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für LuxOpCo gewesen, sondern mit diesen Erwägungen habe vielmehr nachgewiesen werden sollen, dass der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo in jedem Fall einen Vorteil verschafft habe, da die mit diesem Vorbescheid gebilligte Verrechnungspreisvereinbarung auf drei methodischen Fehlern beruht habe, die zu einer Reduzierung des steuerpflichtigen Einkommens von LuxOpCo im Vergleich zu Unternehmen geführt hätten, bei denen der steuerpflichtige Gewinn Ausdruck der zu Fremdvergleichsbedingungen auf dem Markt ausgehandelten Preise gewesen sei.

65      In diesem Rahmen hat die Kommission drei verschiedene ergänzende Feststellungen getroffen.

66      Im Rahmen ihrer ersten ergänzenden Feststellung führte die Kommission aus, dass die Feststellung, wonach LuxOpCo ausschließlich „routinemäßige“ Verwaltungsfunktionen ausübe, nicht zutreffend gewesen sei, und dass die Gewinnaufteilungsmethode mit Beitragsanalyse hätte angewandt werden müssen.

67      Im Rahmen ihrer zweiten ergänzenden Feststellung stellte die Kommission fest, dass die Annahme von Betriebskosten als Gewinnindikator falsch gewesen sei.

68      Im Rahmen ihrer dritten ergänzenden Feststellung zum Vorteil war die Kommission der Ansicht, dass die Einführung einer Obergrenze von 0,55 % des Umsatzes in der Union unangemessen sei.

b)      Zur Selektivität der Maßnahme

69      In Abschnitt 9.3 („Selektivität“) des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission die Gründe dar, aus denen sie die in Rede stehende Maßnahme als selektiv ansah.

c)      Zur Bestimmung des Begünstigten der Beihilfe

70      In Abschnitt 9.5 („Begünstigter der Beihilfe“) des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass eine steuerliche Vorzugsbehandlung, die LuxOpCo gewährt werde, auch der Amazon-Gruppe insgesamt einen Vorteil verschaffe, indem für die gesamte Gruppe zusätzliche Finanzmittel verfügbar würden, so dass die Gruppe als ein einziges Unternehmen zu betrachten sei, das durch die streitige Beihilfemaßnahme begünstigt werde.

71      In Abschnitt 10 („Rückforderung“) des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass sich die Amazon-Gruppe, da die Beihilfemaßnahme jedes Jahr gewährt worden sei, in dem die jährliche Steuererklärung von LuxOpCo von der luxemburgischen Steuerbehörde angenommen worden sei, nicht auf die Verjährungsvorschriften berufen könne, um sich der Rückforderung der Beihilfe zu widersetzen. In den Erwägungsgründen 639 bis 645 des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission die Rückforderungsmethoden dar.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

A.      Zum Verfahren in der Rechtssache T816/17

72      Mit Klageschrift, die am 14. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg die Klage in der Rechtssache T‑816/17 erhoben.

1.      Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers und zur vorrangigen Behandlung

73      Mit Entscheidung vom 12. April 2018 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts entschieden, die Rechtssache T‑816/17 gemäß Art. 67 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts mit Vorrang zu entscheiden.

74      Mit Schriftsatz, der am 11. Mai 2018 bei der Kanzlei eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, dass die Rechtssache T‑816/17 von der Siebten Kammer des Gerichts in erweiterter Besetzung entschieden werde.

75      Gemäß Art. 28 Abs. 5 der Verfahrensordnung ist die Rechtssache T‑816/17 an die Siebte erweiterte Kammer verwiesen worden.

76      Da ein Mitglied der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts mit Entscheidung vom 21. Juni 2018 den Vizepräsidenten des Gerichts dazu bestimmt, den Spruchkörper zu ergänzen. Nach der Ernennung eines Mitglieds des Spruchkörpers als Richter am Gerichtshof am 6. Oktober 2020 hat gemäß Art. 22 der Verfahrensordnung der im Sinne von Art. 8 der Verfahrensordnung dienstjüngste Richter an der Beratung nicht teilgenommen, und das vorliegende Urteil ist von den drei Richtern beraten worden, deren Unterschrift es trägt.

2.      Zur Streithilfe

77      Mit Schriftsatz, der am 16. April 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Irland beantragt, als Streithelfer in der Rechtssache T‑816/17 zur Unterstützung der Anträge des Großherzogtums Luxemburg zugelassen zu werden.

78      Mit Beschluss vom 29. Mai 2018 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts dem Streithilfeantrag Irlands stattgegeben.

3.      Zu den Anträgen auf vertrauliche Behandlung

79      Mit Schriftsatz, der am 14. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, bestimmte Angaben in der Klageschrift, in gewissen Anlagen zur Klageschrift und in der Klagebeantwortung gegenüber Irland vertraulich zu behandeln.

80      Mit Schriftsatz, der am 6. Juni 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg einen Antrag auf vertrauliche Behandlung eines Teils der Erwiderung gegenüber Irland gestellt.

81      Mit Schriftsatz, der am 13. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, einen Teil der Gegenerwiderung gegenüber Irland vertraulich zu behandeln.

82      Nach seiner Zulassung als Streithelfer hat Irland nur nicht vertrauliche Fassungen der Verfahrensunterlagen erhalten, auf die sich die Anträge des Großherzogtums Luxemburg auf vertrauliche Behandlung beziehen, und keine Einwände gegen diese Anträge erhoben.

4.      Zu den Anträgen der Parteien

83      Das Großherzogtum Luxemburg beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er die Rückforderung der Beihilfe anordnet;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

84      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        dem Großherzogtum Luxemburg die Kosten aufzuerlegen.

85      Irland beantragt, den angefochtenen Beschluss entsprechend den Anträgen des Großherzogtums Luxemburg ganz oder teilweise für nichtig zu erklären.

B.      Zum Verfahren in der Rechtssache T318/18

86      Mit Klageschrift, die am 22. Mai 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben Amazon EU S.à.r.l. und Amazon.com (im Folgenden zusammen: Amazon) die Klage in der Rechtssache T‑318/18 erhoben.

1.      Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers und zur vorrangigen Behandlung

87      Mit Entscheidung vom 9. Juli 2018 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts entschieden, die Rechtssache T‑318/18 gemäß Art. 67 Abs. 2 der Verfahrensordnung mit Vorrang zu entscheiden.

88      Auf Vorschlag der Siebten Kammer des Gerichts hat das Gericht am 11. Juli 2018 gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache T‑318/18 an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

89      Da ein Mitglied der Siebten erweiterten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts mit Entscheidung vom 19. Juli 2018 den Vizepräsidenten des Gerichts dazu bestimmt, den Spruchkörper zu ergänzen. Nach der Ernennung eines Mitglieds des Spruchkörpers als Richter am Gerichtshof am 6. Oktober 2020 hat gemäß Art. 22 der Verfahrensordnung der im Sinne von Art. 8 der Verfahrensordnung dienstjüngste Richter an der Beratung nicht teilgenommen, und das vorliegende Urteil ist von den drei Richtern beraten worden, deren Unterschrift es trägt.

2.      Zu den Anträgen auf vertrauliche Behandlung

90      Mit Schriftsatz, der am 12. Juli 2018 bei der Kanzlei eingegangen ist, hat Amazon die vertrauliche Behandlung eines Teils der Klageschrift und einiger ihrer Anlagen gegenüber der Öffentlichkeit beantragt.

3.      Zu den Anträgen der Parteien

91      Amazon beantragt,

–        die Art. 1 bis 4 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die Art. 2 bis 4 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

92      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        Amazon die Kosten in der Rechtssache T‑318/18 aufzuerlegen.

C.      Zur Verbindung der Rechtssachen und zum mündlichen Verfahren

93      Mit Schriftsätzen, die am 7. August 2018 und am 25. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, die Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden.

94      Mit Schriftsätzen, die am 10. August 2018 und am 21. Mai 2019 bei der Kanzlei eingegangen sind, hat Amazon die Verbindung der Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung beantragt.

95      Mit Beschluss vom 14. September 2018 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts beschlossen, die Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 in diesem Stadium des Verfahrens nicht zu verbinden.

96      Mit Beschluss vom 3. Oktober 2019 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts die Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden.

97      Das Gericht hat auf Vorschlag der Berichterstatterin beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen im Sinne von Art. 89 der Verfahrensordnung zur Beantwortung schriftlicher Fragen aufgefordert. Die Parteien sind dieser prozessleitenden Maßnahme fristgerecht nachgekommen.

98      Die Parteien haben in der Sitzung vom 5. und 6. März 2020 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. Außerdem sind die Parteien in der mündlichen Verhandlung zu einer etwaigen Verbindung der Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung gehört worden, was das Gericht im Sitzungsprotokoll vermerkt hat. Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon sowie Irland haben mitgeteilt, dass sie gegen eine solche Verbindung keine Einwände hätten. Die Kommission hat erklärt, dass sie eine etwaige Verbindung der Rechtssachen zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung ablehne.

III. Rechtliche Würdigung

99      Die Klagen in den Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 sind auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtet, soweit der fragliche Steuervorbescheid und seine jährliche Umsetzung als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft und die Rückforderung der Körperschaftsteuerbeträge angeordnet wird, die das Großherzogtum Luxemburg bei LuxOpCo nicht erhoben habe.

A.      Zur Verbindung der Rechtssachen T816/17 und T318/18 zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung

100    Nach Art. 19 Abs. 2 der Verfahrensordnung hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts die in seine Zuständigkeit fallende Entscheidung über die Verbindung der Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung auf die Siebte erweiterte Kammer des Gerichts übertragen.

101    Nachdem die Parteien in der Sitzung zu einer etwaigen Verbindung gehört worden sind, sind die Rechtssachen T‑816/17 und T‑318/18 wegen Zusammenhangs zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden.

B.      Zu den geltend gemachten Klagegründen und Argumenten

102    Zur Stützung ihrer Klagen machen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon fünf bzw. neun Klagegründe geltend, die sich größtenteils überschneiden. In seinem Streithilfeschriftsatz äußert sich Irland zu vier der fünf Klagegründe des Großherzogtums Luxemburg. Die Klagegründe des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon lassen sich im Wesentlichen wie folgt darstellen.

103    Erstens wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie des ersten bis vierten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 im Wesentlichen gegen die Feststellung der Kommission zum Vorliegen eines Vorteils zugunsten von LuxOpCo im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV.

104    Zweitens beanstanden das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen der dritten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des fünften Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 die ergänzenden Feststellungen der Kommission zum Vorliegen eines Steuervorteils zugunsten von LuxOpCo im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV.

105    Drittens rügen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie des sechsten und des siebten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 die Feststellungen und ergänzenden Feststellungen der Kommission zur Selektivität des fraglichen Steuervorbescheids.

106    Viertens macht das Großherzogtum Luxemburg im Rahmen des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 geltend, die Kommission habe gegen die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der direkten Steuern verstoßen.

107    Fünftens tragen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen des vierten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und im Rahmen des achten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 vor, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt.

108    Sechstens bestreiten das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes sowie der ersten Rüge des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des achten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18, dass die OECD-Leitlinien von 2017, wie sie die Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses verwendet habe, im vorliegenden Fall einschlägig seien.

109    Siebtens stellen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen des fünften Klagegrundes, der zur Stützung der Hilfsanträge geltend gemacht wird, in der Rechtssache T‑816/17 und des neunten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 die Begründetheit der Erwägungen der Kommission betreffend die von ihr angeordnete Rückforderung der Beihilfe in Frage.

110    In seinem Streithilfeschriftsatz macht Irland erstens einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV geltend, da die Kommission das Vorliegen eines Vorteils zugunsten von LuxOpCo nicht nachgewiesen habe, zweitens einen Verstoß gegen Art. 107 AEUV, da die Kommission die Selektivität der Maßnahme nicht nachgewiesen habe, drittens einen Verstoß gegen die Art. 4 und 5 EUV, da die Kommission eine verschleierte steuerliche Harmonisierung vorgenommen habe, und viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, soweit der angefochtene Beschluss die Rückforderung der Beihilfe anordne.

111    Um sachdienlich auf die Angriffs- und Verteidigungsmittel der Hauptparteien und auf das Vorbringen Irlands im Rahmen seines Streithilfeschriftsatzes einzugehen, sind zunächst einige Rechtsfragen darzustellen, die für alle Rügen und Klagegründe der Parteien gelten (siehe unten, Rn. 112 bis 129).

1.      Vorbemerkungen

112    Nach ständiger Rechtsprechung fallen die direkten Steuern beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, diese müssen jedoch ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012, Kommission/Spanien, C‑269/09, EU:C:2012:439, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher sind Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Besteuerung, auch wenn sie Fragen betreffen, die nicht in der Union harmonisiert sind, vom Anwendungsbereich der Regelung in Bezug auf die Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht ausgeschlossen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 142).

113    Daraus folgt, dass die Kommission eine steuerliche Maßnahme als staatliche Beihilfe einstufen kann, sofern die Voraussetzungen für eine solche Einstufung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, EU:C:1974:71, Rn. 28, und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416, Rn. 81). Die Mitgliedstaaten müssen ihre Befugnisse in Steuersachen nämlich unter Wahrung des Unionsrechts ausüben (Urteil vom 3. Juni 2010, Kommission/Spanien, C‑487/08, EU:C:2010:310, Rn. 37). Folglich haben sie in diesem Kontext jede Maßnahme zu unterlassen, die eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellen könnte (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 143).

a)      Zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV im Kontext nationaler Steuermaßnahmen

114    Eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine steuerliche Vergünstigung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besserstellt als die übrigen Steuerpflichtigen, ist eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV (Urteil vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C‑387/92, EU:C:1994:100, Rn. 14; vgl. auch Urteile vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2011:550, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung).

115    Im Fall der steuerlichen Maßnahmen kann das tatsächliche Vorliegen einer Vergünstigung nur in Bezug auf eine sogenannte „normale“ Besteuerung festgestellt werden (Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 56). Folglich verschafft eine solche Maßnahme ihrem Begünstigten einen wirtschaftlichen Vorteil, da sie die Belastungen vermindert, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subvention im strengen Sinne des Wortes darstellen, dieser aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteile vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia, C‑522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 22, und vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 146).

116    Daher ist, um zu bestimmen, ob ein steuerlicher Vorteil besteht, die Situation des Begünstigten, die sich aus der Anwendung der fraglichen Maßnahme ergibt, mit seiner Situation ohne die fragliche Maßnahme zu vergleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2018, Cellnex Telecom und Telecom Castilla-La Mancha/Kommission, C‑91/17 P und C‑92/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:284, Rn. 114), wenn die normalen Steuervorschriften angewandt werden (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 147).

117    Im Kontext der Bestimmung der steuerlichen Situation eines integrierten Unternehmens, das einer Unternehmensgruppe angehört, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Preise der von diesem durchgeführten gruppeninternen Transaktionen nicht zu Marktbedingungen bestimmt wurden. Diese Preise werden nämlich zwischen Unternehmen vereinbart, die derselben Gruppe angehören, so dass sie den Marktkräften nicht unterliegen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 148).

118    Wenn jedoch das nationale Steuerrecht zwischen den integrierten Unternehmen und den unabhängigen Unternehmen für die Zwecke ihrer Körperschaftsteuerpflicht nicht unterscheidet, beabsichtigt dieses Recht, den Gewinn aus der wirtschaftlichen Tätigkeit eines solchen integrierten Unternehmens so zu besteuern, als ob er aus zu Marktpreisen getätigten Transaktionen stammte. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission, wenn sie im Rahmen ihrer Befugnis nach Art. 107 Abs. 1 AEUV eine steuerliche Maßnahme prüft, die einem solchen integrierten Unternehmen gewährt wurde, die Steuerbelastung eines solchen integrierten Unternehmens, die sich aus der Anwendung dieser steuerlichen Maßnahme ergibt, mit der sich aus der Anwendung der normalen Steuervorschriften des nationalen Rechts ergebenden Steuerbelastung eines Unternehmens in einer vergleichbaren tatsächlichen Situation, das seine Tätigkeiten zu Marktbedingungen ausübt, vergleichen kann (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 149).

119    Außerdem werden diese Schlussfolgerungen durch das Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), zum belgischen Steuerrecht, das vorsah, dass die integrierten Unternehmen und die eigenständigen Unternehmen unter denselben Voraussetzungen behandelt werden, untermauert. Der Gerichtshof hat nämlich in Rn. 95 dieses Urteils das Erfordernis anerkannt, eine abweichende Beihilferegelung „mit der sonst anwendbaren Regelung zu vergleichen, die auf der Differenz zwischen Erträgen und Kosten eines Unternehmens beruht, das sich in freiem Wettbewerb betätigt“ (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 150).

120    Wenn in diesem Rahmen die nationalen Behörden durch die einem integrierten Unternehmen gewährte steuerliche Maßnahme eine gewisse Höhe der Preise einer gruppeninternen Transaktion akzeptiert haben, gestattet Art. 107 Abs. 1 AEUV der Kommission, zu kontrollieren, ob diese Preishöhe derjenigen entspricht, die zu Marktbedingungen vereinbart worden wäre, um zu prüfen, ob sich daraus eine Verminderung der Belastungen ergibt, die das in Rede stehende Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und ihm so ein Vorteil im Sinne dieses Artikels verschafft wird.

121    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass, wenn die Kommission den Fremdvergleichsgrundsatz anwendet, um zu kontrollieren, ob der steuerpflichtige Gewinn eines integrierten Unternehmens in Anwendung einer steuerlichen Maßnahme einer verlässlichen Annäherung an einen zu Marktbedingungen erzielten steuerpflichtigen Gewinn entspricht, sie das Vorliegen eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nur unter der Voraussetzung feststellen kann, dass die Abweichung zwischen den beiden Faktoren des Vergleichs über die Ungenauigkeiten hinausgeht, die der für die Erlangung dieser Annäherung verwendeten Methode innewohnen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 152).

122    Zwar ist die Kommission nicht formal an die OECD-Leitlinien gebunden, jedoch stützen sich diese Leitlinien auf Arbeiten von Expertengruppen, sie spiegeln den internationalen Konsens zu Verrechnungspreisen wider und haben daher gewisse praktische Bedeutung in der Auslegung von Verrechnungspreisfragen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 155).

123    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass, wenn die Kommission einen methodologischen Fehler bei der zu prüfenden steuerlichen Maßnahme feststellt, nicht der Schluss gezogen werden kann, dass allein die Missachtung von methodologischen Vorschriften zwangsläufig zu einer Verminderung der Steuerbelastung führt. Es ist außerdem erforderlich, dass die Kommission nachweist, dass die methodologischen Fehler, die sie im Steuervorbescheid festgestellt hat, es nicht gestatteten, zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis zu führen und dass sie zu einer Senkung der steuerpflichtigen Gewinne gegenüber der Steuerbelastung aus der Anwendung der normalen Steuervorschriften des nationalen Rechts auf ein Unternehmen geführt haben, das sich in einer vergleichbaren tatsächlichen Situation wie derjenigen der betreffenden Gesellschaft befindet und das seine Tätigkeiten zu Marktbedingungen ausübt. Daher genügt allein die Feststellung eines methodologischen Fehlers für sich genommen grundsätzlich nicht, um nachzuweisen, dass ein Steuervorbescheid einer bestimmten Gesellschaft einen Vorteil gewährt habe, und um folglich das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV nachzuweisen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 201).

124    Wie das Großherzogtum Luxemburg im Wesentlichen ausgeführt hat, definiert nämlich Art. 107 Abs. 1 AEUV nach ständiger Rechtsprechung eine Maßnahme zur Erleichterung von Belastungen, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, nach ihren Wirkungen (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe kann aufgrund eines Rechenfehlers, der sich nicht auf das Ergebnis auswirkt, weder vermutet noch daraus abgeleitet werden.

b)      Zur Beweislast

125    Es ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen grundsätzlich der Kommission obliegt, im angefochtenen Beschluss den Beweis für das Vorliegen einer solchen Beihilfe zu erbringen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T‑68/03, EU:T:2007:253, Rn. 34, und vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 95). In diesem Kontext hat die Kommission das Verfahren zur Prüfung der fraglichen Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass einer endgültigen Entscheidung, in der das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 194; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 90, und vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 63).

126    Nach alledem oblag es der Kommission, im angefochtenen Beschluss nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt waren. Dazu ist festzustellen, dass zwar der Mitgliedstaat unstreitig über einen Ermessensspielraum bei der Genehmigung von Verrechnungspreisen verfügt, jedoch dieser Ermessensspielraum nicht dazu führen kann, der Kommission ihre Befugnis zur Kontrolle, dass die fraglichen Verrechnungspreise nicht zur Gewährung eines selektiven Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV führen, zu entziehen. In diesem Kontext hat die Kommission den Umstand zu berücksichtigen, dass ihr der Fremdvergleichsgrundsatz gestattet, zu prüfen, ob ein von einem Mitgliedstaat gebilligter Verrechnungspreis einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis entspricht und ob die eventuell im Rahmen dieser Prüfung festgestellte Abweichung nicht über Ungenauigkeiten hinausgeht, die der für die Erlangung dieser Annäherung verwendeten Methode innewohnen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 196).

c)      Zur Intensität der Kontrolle durch das Gericht

127    Zur Intensität der Kontrolle durch das Gericht im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass sich aus Art. 263 AEUV ergibt, dass Gegenstand der Nichtigkeitsklage die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der dort aufgeführten Unionsorgane ist. Mit der Prüfung der im Rahmen einer solchen Klage geltend gemachten Klagegründe wird daher ein Ersatz für die umfassende Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens weder bezweckt noch bewirkt (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 197; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 84).

128    Zum Bereich der staatlichen Beihilfen ist daran zu erinnern, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe, wie er im AEU‑Vertrag definiert ist, ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen ist. Deshalb hat der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (Urteile vom 4. September 2014, SNCM und Frankreich/Corsica Ferries France, C‑533/12 P und C‑536/12 P, EU:C:2014:2142, Rn. 15, vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 87, und vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 198).

129    Hinsichtlich der Frage, ob eine Methode zur Ermittlung eines Verrechnungspreises eines integrierten Unternehmens im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz steht, hat, wie bereits oben ausgeführt, die Kommission, wenn sie dieses Instrument im Rahmen ihrer Beurteilung nach Art. 107 Abs. 1 AEUV verwendet, seinen Annäherungscharakter zu berücksichtigen. Die Kontrolle des Gerichts soll daher überprüfen, ob die im angefochtenen Beschluss festgestellten Fehler, auf die die Kommission ihre Feststellung eines Vorteils stützte, über Ungenauigkeiten hinausgehen, die der Anwendung einer Methode zur Erlangung einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis innewohnen (Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 199).

2.      Zu den Klagegründen und Argumenten, die gegen die Feststellung des Vorteils gerichtet sind

130    Wie oben in Rn. 103 dargelegt, machen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie dem ersten bis vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑318/18 geltend, die Kommission habe gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen, als sie im Rahmen der Feststellung des Vorteils in Abschnitt 9.2.1 des angefochtenen Beschlusses auf das Vorliegen eines Vorteils für LuxOpCo geschlossen habe (Erwägungsgründe 409 bis 561 des angefochtenen Beschlusses). Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon wenden sich mit diesen Klagegründen und Argumenten insbesondere gegen die Argumentation der Kommission in den Erwägungsgründen 394, 395 und 401 bis 579 des angefochtenen Beschlusses, wonach die Umsetzung des fraglichen Steuervorbescheids während des relevanten Zeitraums zu einer Verringerung der Vergütung von LuxOpCo und damit ihrer steuerlichen Belastung im Vergleich zu derjenigen geführt hätte, die sie ohne diesen Beschluss hätte erhalten müssen, wenn sie wie jede andere steuerpflichtige Gesellschaft behandelt worden wäre, die sich in einer vergleichbaren Situation befinde. Mit ihrem Vorbringen zur Feststellung des Vorteils zielen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon insbesondere darauf ab, die Feststellung der Kommission in Frage zu stellen, wonach LuxSCS als die im Rahmen der Anwendung der TNMM zu untersuchende Partei hätte angesehen werden müssen. Sie zielen auch darauf ab, die Richtigkeit der von der Kommission vorgenommenen Anwendung der TNMM auf LuxOpCo zu beanstanden.

131    Wie oben in Rn. 110 ausgeführt, erstattet Irland in seinem Streithilfeschriftsatz Vorbringen zur Stützung des ersten vom Großherzogtum Luxemburg geltend gemachten Klagegrundes.

132    In diesem Rahmen nimmt Irland zu zahlreichen Rechtsfragen Stellung, die durch die Auslegung des Begriffs „Fremdvergleichsgrundsatz“ aufgeworfen werden, wie er von der Kommission im vorliegenden Fall und in bestimmten jüngeren Beihilfesachen im Bereich der Steuern angewandt wird. Insbesondere macht Irland geltend, dass die Rechtsprechung der Unionsgerichte, nämlich das Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), „nicht besagt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, den [Fremdvergleichsgrundsatz] anzuwenden“. Die genannte Rechtsprechung biete auch keine Grundlage für die Luxemburg auferlegte Verpflichtung, den Fremdvergleichsgrundsatz (in der von der Kommission vertretenen Fassung) im nationalen luxemburgischen Recht anzuwenden. Schließlich habe der Gerichtshof im Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), keinen vom nationalen Recht unabhängigen unionsrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatz bestimmt.

a)      Zur Zulässigkeit bestimmter Argumente Irlands zum Vorliegen eines Vorteils

133    Die Kommission hält das Vorbringen Irlands zur Stützung des ersten Klagegrundes des Großherzogtums Luxemburg für unzulässig. Die Argumente Irlands zielten nämlich darauf ab, geltend zu machen, dass sie den Begriff des Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV falsch ausgelegt habe, indem sie ein ungeeignetes Kriterium, nämlich einen Fremdvergleichsgrundsatz „sui generis“, verwendet habe, während das Großherzogtum Luxemburg mit seinem ersten Klagegrund in Wirklichkeit vorbringe, dass die Kommission den Fremdvergleichsgrundsatz falsch angewandt habe.

134    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 40 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie Art. 142 Abs. 3 und Art. 145 Abs. 2 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichts zwar den Streithelfer nicht daran hindern, neue und andere Argumente als die von ihm unterstützte Partei vorzubringen, da sein Vorbringen andernfalls auf eine Wiederholung der Argumente der Klageschrift beschränkt wäre; sie erlauben es ihm jedoch nicht, den in der Klageschrift definierten Rahmen des Rechtsstreits zu ändern oder umzubilden, indem neue Rügen vorgetragen werden (vgl. Urteil vom 20. September 2019, Le Port de Bruxelles und Région de Bruxelles-Capitale/Kommission, T‑674/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:651, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

135    Diese Bestimmungen verleihen dem Streithelfer mit anderen Worten das Recht, nicht nur Argumente, sondern auch Angriffs- und Verteidigungsmittel selbständig vorzubringen, soweit sie die Anträge einer der Parteien unterstützen und nicht völlig anderer Natur sind als die Erwägungen, die dem Rechtsstreit, wie er zwischen dem Kläger und dem Beklagten begründet worden ist, zugrunde liegen, was den Gegenstand des Rechtsstreits verändern würde (vgl. Urteil vom 20. September 2019, Le Port de Bruxelles und Région de Bruxelles-Capitale/Kommission, T‑674/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:651, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

136    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich Irland mit seinem Vorbringen im Wesentlichen auf die Rechtsgrundlage bezieht, auf die sich die Kommission in Bezug auf die dem Großherzogtum Luxemburg auferlegte Verpflichtung beruft, den Fremdvergleichsgrundsatz anzuwenden. Irland stellt daher die Rechtsquellen dieses Grundsatzes in Frage, wie ihn die Kommission im angefochtenen Beschluss angewandt hat. Darüber hinaus bezieht sich das Vorbringen Irlands auf die Auslegung des Inhalts dieses Grundsatzes und nicht auf seine Anwendung mittels einer Verrechnungspreismethode.

137    Es steht fest, dass der Fremdvergleichsgrundsatz, wie er im vorliegenden Fall anwendbar ist, aus Art. 164 Abs. 3 LIR hergeleitet werden kann. Dieser Umstand geht u. a. aus dem 241. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, ohne dass diese Schlussfolgerung von den Parteien in Frage gestellt worden wäre. Der erste Klagegrund des Großherzogtums Luxemburg bezieht sich weder auf die Frage, aus welcher Rechtsquelle dieser Grundsatz stammt, noch auf Fragen der Auslegung dieses Grundsatzes. Tatsächlich macht das Großherzogtum Luxemburg mit seinem ersten Klagegrund geltend, die Kommission habe bei der Anwendung bestimmter Verrechnungspreismethoden im Rahmen ihrer Erwägungen zum Vorliegen eines Vorteils Fehler begangen, wobei mit diesen Methoden letztlich festgestellt werden könne, ob eine Lizenzgebühr einem fremdvergleichskonformen Ergebnis entspreche.

138    Daraus folgt, dass das Vorbringen Irlands zur Stützung des ersten Klagegrundes des Großherzogtums Luxemburg nichts mit den Erwägungen zu tun hat, auf die sich dessen erster Klagegrund stützt. Daher ist es als unzulässig zurückzuweisen.

b)      Zur Begründetheit der Klagegründe und Argumente des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon in Bezug auf die Feststellung des Vorteils

139    Ergänzend zu den oben in Rn. 130 dargelegten Gesichtspunkten ist festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 die Begründetheit der Weigerung der Kommission in Frage stellen, die CUP-Methode im Rahmen einer nachträglichen Analyse auf der Grundlage der vergleichbaren Vereinbarungen, die Amazon.com der Kommission vorgelegt hat, anzuwenden.

140    Im Rahmen der ersten und der zweiten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 machen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon geltend, dass die Funktionsanalyse der Kommission im Rahmen ihrer Anwendung der TNMM fehlerhaft sei, da sie zu dem Ergebnis gelangt sei, LuxSCS sei die am wenigsten komplexe Partei, und dass die Anwendung der TNMM durch die Kommission auf methodischen Fehlern beruhe.

141    Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie des dritten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 bringen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon vor, die Kommission habe bei ihrer Prüfung eine willkürliche und parteiische Auswahl unter den Zeugenaussagen aus dem oben in Rn. 14 angeführten amerikanischen Verfahren getroffen.

142    Im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie des sechsten Teils des zweiten Klagegrundes und des vierten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 tragen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon vor, das von der Kommission im angefochtenen Beschluss erzielte Ergebnis weiche von einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis ab.

143    Somit zielen das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon gegen die Feststellung des Vorteils im Wesentlichen darauf ab, zum einen den Ausschluss der Anwendung der CUP-Methode durch die Kommission und zum anderen die Anwendung der TNMM durch die Kommission zu beanstanden.

144    Was das Vorbringen angeht, mit dem gerügt werden soll, dass die Kommission die Anwendung der CUP-Methode ausgeschlossen habe, so steht fest, dass der fragliche Steuervorbescheid diese Methode nicht anwandte. Denn selbst wenn diese Methode im Verrechnungspreisbericht von 2003, der den Steuerbehörden zur Stützung des Antrags auf einen Steuervorbescheid vorgelegt wurde, geprüft worden sein sollte, wurde sie im Schreiben vom 23. Oktober 2003, mit dem Amazon um Billigung der Methode zur Berechnung der Lizenzgebühr ersuchte, nicht berücksichtigt (vgl. oben, Rn. 9). Wie insbesondere aus dem 542. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat sich die Kommission bei ihrer Analyse zum Nachweis des Vorliegens eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV allein auf die TNMM gestützt. Dagegen sind die Beurteilungen der Kommission, mit denen die Anwendbarkeit der CUP-Methode ausgeschlossen werden soll (Erwägungsgründe 521 bis 538 des angefochtenen Beschlusses), nicht geeignet, das Vorliegen der ersten Voraussetzung von Art. 107 Abs. 1 AEUV nachzuweisen. In Anbetracht dessen, dass es Sache der Kommission ist, das Vorliegen eines Vorteils nachzuweisen (vgl. oben, Rn. 125 bis 126) und da die Beurteilungen der Kommission, mit denen die Anwendbarkeit der CUP‑Methode ausgeschlossen werden soll, nicht auf einen solchen Nachweis gerichtet sind, ist es nicht zweckdienlich, auf das Vorbringen und die Klagegründe der Kläger zur CUP-Methode einzugehen.

145    Zum Vorbringen, mit dem die Richtigkeit der Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Anwendung der TNMM durch dieses Organ in Frage gestellt werden soll (vgl. unten, Rn. 146 bis 297) ist erstens festzustellen, welche die relevante Fassung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien ist (vgl. unten, Rn. 146 bis 155). Zweitens wird zu prüfen sein, ob das Großherzogtum Luxemburg und Amazon zu Recht geltend machen, die Kommission habe Fehler bei der Anwendung der TNMM im angefochtenen Beschluss begangen, die ihre Feststellung zum Vorteil entkräftet hätten (vgl. unten, Rn. 156 bis 297).

1)      Zur zeitlichen Relevanz bestimmter von der Kommission für die Anwendung der TNMM verwendeter OECD-Leitlinien

146    Zum Nachweis des Vorliegens eines Vorteils wandte die Kommission in Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses eine Reihe von OECD-Verrechnungspreisleitlinien in verschiedenen Fassungen dieser Leitlinien an.

147    Im Rahmen der ersten Rüge des zweiten Teils seines zweiten Klagegrundes macht das Großherzogtum Luxemburg im Wesentlichen geltend, dass im vorliegenden Fall der wirtschaftliche Kontext und der rechtliche Rahmen, wie sie im Jahr 2003 bestanden hätten, zu berücksichtigen seien. Unabhängig davon, dass die OECD-Leitlinien zum Zeitpunkt des Erlasses des fraglichen Steuervorbescheids im Jahr 2003, ebenso wie zum Zeitpunkt seiner letzten Verlängerung im Jahr 2010, nur indikative Leitlinien für die Luxemburger Behörden darstellten, die keinerlei Bindungswirkung für diese gehabt hätten, seien die OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 die einzigen OECD-Leitlinien gewesen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuervorbescheids verfügbar gewesen seien. Im angefochtenen Beschluss habe die Kommission jedoch auf die OECD-Leitlinien in ihren Fassungen von 2010 und 2017 Bezug genommen, was einer unangemessenen zeitlichen Anwendung des Bezugsrahmens gleichkomme, der auf der Grundlage des Sachverhalts und der Preisberechnungsmethoden zu bestimmen sei, die zum Zeitpunkt des Erlasses der in Rede stehenden Maßnahmen bestanden hätten.

148    Amazon fügt hinzu, dass die OECD-Leitlinien in ihren Fassungen von 2010 und 2017 gegenüber ihrer Fassung von 1995 mehrere wichtige Änderungen enthielten, wie die Einführung der Methode zur Analyse der Funktionen „Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung, Schutz und Verwertung“ (Development, Enhancement, Maintenance, Protection and Exploitation, im Folgenden: DEMPE‑Funktionen). Amazon bestreitet insbesondere die Relevanz der Anwendung dieser Methode durch die Kommission, da sie erst nach dem Zeitpunkt des Erlasses des fraglichen Steuervorbescheids, nämlich in den OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017, entstanden sei.

149    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

150    Sie weist zunächst darauf hin, dass der angefochtene Beschluss die OECD-Leitlinien nicht als verbindliche Normen anwende, sondern als ein Instrument, das bei der Anwendung des vom Gerichtshof in Rn. 95 des Urteils vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), aufgestellten Kriteriums helfe. Entgegen dem, was das Großherzogtum Luxemburg offenbar geltend mache, habe sich die luxemburgische Steuerbehörde bei der Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes regelmäßig auf diese Leitlinien gestützt, so dass die OECD-Grundsätze im vorliegenden Fall weiterhin relevant seien.

151    Sodann beruhten alle Feststellungen im angefochtenen Beschluss auf den OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995, und die Verweise auf die OECD-Leitlinien in der Fassung von 2010 und 2017 würden nur angeführt, wenn diese späteren Fassungen die Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 klarstellten, ohne diese jedoch zu ändern.

152    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus einer Reihe von Fußnoten des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission, sei es auch nur teilweise, ihre Beurteilungen zum Vorliegen eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht nur auf die OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 stützte, sondern auch auf diese Leitlinien in den Fassungen von 2010 und 2017. Die Fassungen der OECD-Leitlinien von 1995, 2010 und 2017 weichen in mehreren Punkten voneinander ab, und zwar in unterschiedlichem Maße. Diese Unterschiede reichen von einfachen Präzisierungen, die keine Auswirkung auf den Wesensgehalt der früheren Fassungen haben, bis zu neuen Erweiterungen, nämlich Empfehlungen, die in den früheren Fassungen nicht – auch nicht implizit – enthalten waren. Eine der neuen Erweiterungen der OECD-Leitlinien, die erst in der Fassung von 2017 enthalten ist, ist die Methode zur Analyse der DEMPE‑Funktionen (vgl. oben, Rn. 148). Im Rahmen der Feststellung zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils konzentrierte sich die Kommission u. a. auf diese Analysemethode.

153    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Art. 1 und – implizit – insbesondere aus den Erwägungsgründen 394 und 620 des angefochtenen Beschlusses ergibt, die fragliche Maßnahme, wie von der Kommission festgestellt, der fragliche Steuervorbescheid sowie die spätere Annahme der auf diesen Bescheid gestützten jährlichen Körperschaftsteuererklärungen von LuxOpCo ist. Im relevanten Zeitraum gab LuxOpCo ihre Steuererklärungen auf der Grundlage der im fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Berechnungsmethode ab, und dieser Bescheid wurde in den Jahren 2006 und 2010 verlängert.

154    Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist festzustellen, dass die Kommission ihre Beurteilung des Vorliegens eines Vorteils auf die – im Übrigen nur unverbindlichen – Leitlinien stützen konnte, die sich aus den OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 ergaben. Soweit sich die Kommission dagegen auf die OECD-Leitlinien in der Fassung von 2010 stützte, ist die letztgenannte Fassung nicht relevant, es sei denn, es handelt sich lediglich um eine sachdienliche Klarstellung, ohne andere Erweiterung, der bereits 1995 angenommenen Leitlinien. Im Übrigen sind die OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 im vorliegenden Fall nicht maßgeblich, da sie nach dem relevanten Zeitraum veröffentlicht wurden und sich die darin enthaltenen Empfehlungen im Verhältnis zu den Leitlinien von 1995 weitgehend weiterentwickelt haben.

155    Was insbesondere die Methode zur Analyse der DEMPE‑Funktionen anbelangt, so kann diese in zeitlicher Hinsicht im vorliegenden Fall nicht als relevant angesehen werden, da sie ein Werkzeug darstellt, das erst in den OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 erarbeitet wurde.

2)      Zu den angeblichen Fehlern der Kommission bei der Anwendung der TNMM im angefochtenen Beschluss

156    Wie oben in Rn. 9 dargelegt, wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen eine Reihe von Beurteilungen der Kommission im Zusammenhang mit der Anwendung der TNMM im Rahmen der Feststellung des Vorteils.

157    Es ist daran zu erinnern, dass die TNMM eine indirekte Methode zur Bestimmung der Verrechnungspreise ist. Wie in Ziff. 3.26 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 beschrieben, besteht diese Methode darin, ausgehend von einer geeigneten Grundlage den Nettogewinn zu bestimmen, den ein Steuerpflichtiger aufgrund einer konzerninternen Transaktion oder eng miteinander verbundener oder eng aufeinanderfolgender konzerninterner Transaktionen erzielt. Um diese geeignete Grundlage zu bestimmen, ist ein Gewinnindikator, wie die Kosten, Umsätze oder Aktiva, zu wählen. Der Indikator für den von einem Steuerpflichtigen aufgrund einer konzerninternen Transaktion erzielten Nettogewinn ist in Bezug auf den Nettogewinnindikator zu bestimmen, den derselbe Steuerpflichtige oder ein unabhängiges Unternehmen aufgrund von vergleichbaren Transaktionen auf dem freien Markt erzielt.

158    Wie aus Ziff. 3.26 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 hervorgeht, impliziert die TNMM, einen Beteiligten an der Transaktion zu bestimmen, für die ein Gewinnindikator, z. B. ein Kostenaufschlag, untersucht wird. Dieser Beteiligte wird als „zu untersuchende Partei“ bezeichnet. Es handelt sich um den Beteiligten, dessen sogenannte „fremdvergleichskonforme“ Marge zu bestimmen ist. Im Allgemeinen ist die zu untersuchende Partei die Partei, bei der eine Verrechnungspreismethode am zuverlässigsten angewendet werden kann und für die die verlässlichsten Vergleichswerte gefunden werden können.

159    Die Wahl der zu untersuchenden Partei erfolgt auf der Grundlage einer Funktionsanalyse für die Parteien der gruppeninternen Transaktion. Nach Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien für Verrechnungspreise in der Fassung von 1995 wird die zu untersuchende Partei meist diejenige sein, für die die Funktionsanalyse am wenigsten komplex ist. Nach einem Verständnis, das bereits zur Zeit der Geltung der Leitlinien von 1995 bestand, impliziert die Funktionsanalyse meistens die Prüfung der ausgeübten Funktionen einer Einheit, der gehaltenen Vermögenswerte und der übernommenen Risiken.

160    Außerdem wird die TNMM als gut geeignete Methode zur Überprüfung einer fremdvergleichskonformen Vergütung der Partei betrachtet, die keine einzigartigen oder wertvollen Beiträge zum Gegenstand des in der Verrechnungspreisanalyse untersuchten Geschäftsvorfalls leistet.

161    Im vorliegenden Fall bestreiten das Großherzogtum Luxemburg und Amazon als solche nicht die Wahl der TNMM durch die Kommission. Sie bestreiten hingegen nur, dass die Anwendung dieser Methode, wie sie die Kommission vornahm, richtig war. Als Erstes wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die Funktionsanalyse der Kommission und die Wahl von LuxSCS als zu untersuchende Partei für die Anwendung der TNMM, als Zweites gegen die Berechnung der Vergütung von LuxSCS, d. h. die Wahl des Gewinnindikators und der von der Kommission in Anwendung der TNMM herangezogenen Gewinnspanne, und als Drittes gegen die Zuverlässigkeit des erzielten Ergebnisses.

i)      Zur Funktionsanalyse und zur Wahl von LuxSCS als zu untersuchende Partei durch die Kommission

162    Die Erwägungsgründe 409 bis 561 des angefochtenen Beschlusses, d. h. diejenigen, die die Feststellung des Vorteils betreffen, sollen im Wesentlichen zeigen, dass die luxemburgischen Steuerbehörden im vorliegenden Fall die TNMM hätten anwenden müssen, indem sie LuxSCS als zu untersuchende Partei heranzogen, da diese im Hinblick auf die von der Kommission durchgeführte Funktionsanalyse die am „wenigsten komplexe“ Partei gewesen sei. Aus diesen Erwägungsgründen geht auch hervor, dass nach Ansicht der Kommission, wenn die luxemburgischen Steuerbehörden die TNMM angewandt hätten, indem sie LuxSCS als zu untersuchende Partei herangezogen hätten, die Vergütung von LuxOpCo höher gewesen wäre als die Vergütung, die nach dem fraglichen Steuervorbescheid ermittelt worden sei. Folglich habe die Anwendung der TNMM mit der Einstufung von LuxSCS als zu untersuchende Partei zu einer geringeren Lizenzgebühr für LuxSCS und damit zu einer höheren Vergütung für LuxOpCo geführt.

163    Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des zweiten Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die Funktionsanalyse der Kommission. Sie machen insbesondere geltend, dass die Funktionen von LuxSCS sowie die von dieser verwendeten Vermögenswerte und übernommenen Risiken von der Kommission heruntergespielt worden seien. LuxSCS sei Inhaberin der immateriellen Wirtschaftsgüter gewesen, habe einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt und könne daher nicht als das zu untersuchende Unternehmen für die Zwecke der Anwendung der TNMM durch die Kommission angesehen werden.

164    In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass das Großherzogtum Luxemburg und Amazon mit ihrem Vorbringen zur Feststellung des Vorteils nicht die Begründetheit der von der Kommission getroffenen Wahl der TNMM als geeignete Methode für die Bestimmung des fremdvergleichskonformen Charakters der Lizenzgebühr in Frage stellen. Soweit das Großherzogtum Luxemburg und Amazon die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Funktionsanalyse für LuxSCS in Abschnitt 9.2.1.1 des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen, zielen sie somit im Wesentlichen darauf ab, die Feststellung der Kommission zu beanstanden, dass LuxSCS von den luxemburgischen Steuerbehörden als die am „wenigsten komplexe“ Partei und damit als die zu untersuchende Partei im Rahmen der Anwendung der TNMM hätte angesehen werden müssen.

165    Um auf dieses Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon einzugehen, wonach die Kommission zu Unrecht zu dem Schluss gelangt sei, dass die luxemburgischen Steuerbehörden die TNMM hätten anwenden müssen, indem sie LuxSCS als zu untersuchende Partei herangezogen hätten, ist es nicht erforderlich, die Begründetheit der Funktionsanalyse für LuxOpCo zu prüfen. Soweit hingegen die Kommission die TNMM anwenden wollte, indem sie LuxSCS als zu untersuchende Partei heranzog, genügt es, die Begründetheit der Funktionsanalyse für LuxSCS, wie sich diese Analyse aus Abschnitt 9.2.1.1 des angefochtenen Beschlusses ergibt, zu prüfen und zu prüfen, ob es angesichts dieser Analyse möglich war, die TNMM auf LuxSCS hinreichend zuverlässig anzuwenden.

166    Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien von 1995 die Partei, auf die die TNMM angewandt wird, „das Unternehmen sein muss, für das verlässliche Daten zu den am engsten vergleichbaren Transaktionen festgestellt werden können“, dies „bedeuten wird, dass oft das verbundene Unternehmen zu wählen ist, das das am wenigsten komplexe der vom Geschäftsvorfall betroffenen Unternehmen ist und das keine immateriellen Wirtschaftsgüter oder einzigartige Wirtschaftsgüter besitzt“ und „[d]ie Wahl … jedoch durch die Unzulänglichkeit der verfügbaren Daten beschränkt sein können [wird]“. Nach dieser Ziffer ist mit anderen Worten zwar im Allgemeinen das Unternehmen, für das die meisten verlässlichen Anhaltspunkte für die Ermittlung von Vergleichsdaten vorliegen, oft das am „wenigsten komplexe“ Unternehmen, doch besteht der Zweck der Anwendung der TNMM nicht zwangsläufig darin, diese Anwendung von der Ermittlung des am „wenigsten komplexen“ Unternehmens abhängig zu machen. Dagegen kommt es bei der Anwendung dieser Methode darauf an, zum einen die Partei festgestellt zu haben, für die die verlässlichsten Daten gefunden werden können, und zum anderen auf die Frage, ob die TNMM auf diese Partei verlässlich angewandt werden kann.

167    Aufgrund der vorstehenden Ausführungen in Rn. 166 und wie sich insbesondere aus den Ziff. 3.26, 3.28, 3.29, 3.34 und 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 ergibt, impliziert die Anwendung der TNMM zwangsläufig, verlässliche Daten für den Vergleich mit der zu untersuchenden Partei zu finden. Somit sind sämtliche Beurteilungen betreffend die Funktionsanalyse, die Prüfung der Funktionen, die Erwägungen zu den Vermögenswerten und den übernommenen Risiken sowie alle Erwägungen zum „einzigartigen und wertvollen“ Charakter der eingesetzten Wirtschaftsgüter nur Kriterien, die bei der Wahl der zu untersuchenden Partei zu berücksichtigen sind, um sicherzustellen, dass ein verlässliches Ergebnis erzielt wird.

168    Im Licht dieser Erwägungen sind die Rügen zu prüfen, mit denen die von der Kommission vorgenommene Funktionsanalyse für LuxSCS und ihre Schlussfolgerung, dass dieses Unternehmen das zu untersuchende sei, beanstandet werden.

169    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Abschnitt 9.2.1.1.1 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 419 bis 429 dieses Beschlusses) die von LuxSCS im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls ausgeübten Funktionen beschrieb.

170    Wie im 418. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst, beruht die Analyse der Kommission im Wesentlichen auf folgenden drei Feststellungen. Sie stellte zunächst fest, dass LuxSCS keine „aktiven“ Funktionen in Verbindung mit der Entwicklung, der Verbesserung, der Verwaltung und der Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter ausgeübt habe, dass sie dazu aufgrund der LuxOpCo erteilten ausschließlichen Lizenz nicht berechtigt gewesen sei und dass sie dazu auch nicht in der Lage gewesen sei. Sodann habe LuxSCS keine mit diesen immateriellen Wirtschaftsgütern in Verbindung stehenden Wirtschaftsgüter genutzt, sondern nur passiv das Eigentum an diesen Wirtschaftsgütern und eine Lizenz an ihnen nach der CSA innegehabt. Schließlich seien weder die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Risiken von LuxSCS übernommen oder kontrolliert worden, noch wäre LuxSCS operativ und finanziell dazu in der Lage gewesen.

171    Im 429. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses kam die Kommission zu dem Schluss, dass im relevanten Zeitraum die einzigen Funktionen, von denen festgestellt werden könnte, dass sie tatsächlich von LuxSCS ausgeübt worden seien, im Zusammenhang mit der Erhaltung des „rechtlichen Eigentums“ von LuxSCS an den immateriellen Wirtschaftsgütern gestanden hätten; allerdings seien selbst diese Funktionen unter Kontrolle durch LuxOpCo ausgeführt worden. Laut den Erwägungsgründen 418 und 430 des angefochtenen Beschlusses hatte LuxSCS nur „passiv“ die immateriellen Wirtschaftsgüter inne.

172    Sodann wies die Kommission in Abschnitt 9.2.1.1.2 („Von LuxSCS genutzte Wirtschaftsgüter“) des angefochtenen Beschlusses, insbesondere im 430. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, im Wesentlichen erneut darauf hin, dass LuxSCS nur der passive Inhaber der immateriellen Wirtschaftsgüter sei. Im 431. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestritt die Kommission, dass LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter genutzt habe, indem sie sie an LuxOpCo lizenziert habe. Im 432. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wiederholte sie ihre Auffassung, dass LuxSCS nicht in der Lage gewesen sei, die immateriellen Wirtschaftsgüter tatsächlich zu nutzen.

173    Schließlich analysierte die Kommission in Abschnitt 9.2.1.1.3 („Von LuxSCS übernommene Risiken“) des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 436 bis 446 dieses Beschlusses) die von LuxSCS übernommenen Risiken, soweit diese Risiken im Rahmen der Lizenzvereinbarung relevant waren. Im 446. Erwägungsgrund dieses Beschlusses kam sie insoweit zu dem Ergebnis, dass nicht festgestellt werden könne, dass LuxSCS die Risiken im Zusammenhang mit der Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung und Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter von Amazon tatsächlich übernommen hätte oder finanziell in der Lage gewesen wäre, diese Risiken zu übernehmen.

174    Außerdem führte die Kommission in Abschnitt 9.2.1.4.1 („Annahme von LuxSCS als untersuchte Partei“) des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen aus, dass die Komplexität der gehaltenen Vermögenswerte nicht mit der Komplexität der Funktionen zu verwechseln sei, die die Parteien des konzerninternen Geschäftsvorfalls ausübten (546. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sodann stellte sie fest, es bestehe kein Grund zur Annahme, dass ein verbundenes Konzernunternehmen, das einem anderen Konzernunternehmen eine Lizenz für ein immaterielles Wirtschaftsgut erteile, einfach deshalb komplexere Funktionen ausübe als das letztgenannte Unternehmen, weil es Eigentümer eines komplexen Vermögenswertes sei (546. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Folglich hätte die luxemburgische Steuerbehörde die Darstellung von Amazon nicht anerkennen dürfen, dass das bloße Eigentum an den immateriellen Wirtschaftsgütern einen „einzigartigen Beitrag“ dargestellt habe. Vielmehr hätte die luxemburgische Steuerbehörde darauf bestehen sollen, dass in einer Funktionsanalyse nachgewiesen werde, dass LuxSCS einzigartige und wertvolle Funktionen ausübe (547. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Wenngleich LuxSCS im relevanten Zeitraum der Eigentümer der immateriellen Wirtschaftsgüter gewesen sei, zeige die in Abschnitt 9.2.1.1 erläuterte Funktionsanalyse, dass LuxSCS keine „aktiven“ und kritischen Funktionen im Hinblick auf die Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung oder Verwertung der Wirtschaftsgüter ausgeübt habe (548. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

175    Die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Funktionen von LuxSCS überschneiden sich zum großen Teil mit denen, die sich auf die von LuxSCS genutzten Wirtschaftsgüter beziehen. Gleiches gilt für das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon gegen diese Beurteilungen. Daher sind diese Argumente und sodann die Argumente zu den von LuxSCS übernommenen Risiken zusammen zu prüfen, um festzustellen, ob die Kommission zu Recht davon ausging, dass LuxSCS als das zu untersuchende Unternehmen anzusehen war.

–       Zu den Funktionen und Wirtschaftsgütern von LuxSCS

176    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon treten den Feststellungen der Kommission zu den Funktionen von LuxSCS entgegen. Hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter von LuxSCS sind sie dagegen übereinstimmend der Ansicht, dass diese „einzigartig und wertvoll“ seien, ohne diese Begriffe jedoch zu definieren.

177    Erstens beanstanden das Großherzogtum Luxemburg und Amazon, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 bestimmt hätten, dass die Partei, die die immateriellen Wirtschaftsgüter halte, im Allgemeinen nicht die untersuchte Partei für die Anwendung der TNMM sei. Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon weisen insoweit darauf hin, dass LuxSCS einzigartige immaterielle Wirtschaftsgüter besitze. Die von LuxSCS zur Verfügung gestellte Technologie habe eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Tätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa gespielt. Diese immateriellen Wirtschaftsgüter seien für alle Tätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa unerlässlich gewesen. Außerdem führt das Großherzogtum Luxemburg aus, durch die Erteilung einer Lizenz für die immateriellen Wirtschaftsgüter an LuxOpCo habe LuxSCS die von ATI und A 9 in den Vereinigten Staaten durchgeführten Entwicklungstätigkeiten LuxOpCo zugutekommen lassen und ihr ermöglicht, diese Wirtschaftsgüter optimal zu nutzen. Folglich müsse LuxOpCo nicht nur LuxSCS für ihre Beiträge, sondern mittelbar auch die amerikanischen Unternehmen der Amazon-Gruppe für deren Beiträge vergüten.

178    Zweitens wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die Auffassung der Kommission, wonach zwischen sogenannten „aktiven“ und „passiven“ Funktionen unterschieden werde und nur Letztere für die Funktionsanalyse herangezogen würden. Sie werfen der Kommission in diesem Zusammenhang auch vor, bei der Analyse der Funktionen nicht berücksichtigt zu haben, dass LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter LuxOpCo im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls zur Verfügung gestellt habe. Amazon fügt hinzu, die Überlassung der immateriellen Wirtschaftsgüter durch die Erteilung einer Lizenz an LuxOpCo stelle eine Nutzung dieser Wirtschaftsgüter durch LuxSCS dar, wie dies Ziff. 6.32 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 vorsehe.

179    Drittens machen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon geltend, dass LuxSCS entgegen den Feststellungen der Kommission einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt habe. In diesem Kontext weisen sie u. a. darauf hin, dass LuxSCS durch ihre Beteiligung an der CSA zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter beigetragen habe, auch wenn sie keine Arbeitnehmer gehabt habe. Die Beiträge der amerikanischen Unternehmen ATI und A 9, d. h. die Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung des geistigen Eigentums, seien LuxSCS zuzurechnen oder als Teil der Beiträge von LuxSCS anzusehen. LuxSCS habe somit „einzigartige und wertvolle“ Funktionen ausgeübt, die es rechtfertigten, sie als die komplexeste Partei der Transaktion anzusehen. Amazon macht außerdem geltend, dass die Frage, ob LuxSCS in der Lage gewesen sei, ein im elektronischen Handel tätiges Unternehmen allein zu betreiben, ohne einer anderen Einheit eine Lizenz für die immateriellen Wirtschaftsgüter zu erteilen, für die Beurteilung des einzigartigen Charakters der Funktionen von LuxSCS unerheblich sei.

180    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

181    Die Kommission betont den Umstand, dass LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter nur „passiv“ innegehabt und sie nicht tatsächlich genutzt habe. Das bloße Eigentum an einem einzigartigen immateriellen Wirtschaftsgut reiche nicht aus, um dieses Unternehmen als komplex anzusehen. Im vorliegenden Fall reiche es auch nicht aus, um die Zuweisung fast aller von LuxOpCo erzielten Gewinne an LuxSCS zu rechtfertigen, auch wenn keine der Tätigkeiten von LuxOpCo ohne Zugang zu den immateriellen Wirtschaftsgütern ausgeübt werden könne. Nach Abschluss der Lizenzvereinbarung sei LuxSCS nicht mehr zur Nutzung der Wirtschaftsgüter berechtigt gewesen und sei dazu auch nicht in der Lage gewesen. Nur LuxOpCo habe die immateriellen Wirtschaftsgüter im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit genutzt. In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission auch daran, dass LuxSCS keine Arbeitnehmer gehabt habe und nicht in der Lage gewesen sei, die Funktionen im Zusammenhang mit der Entwicklung, der Verbesserung und der Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter auszuüben.

182    Darüber hinaus beziehen sich nach Ansicht der Kommission das Großherzogtum Luxemburg und Amazon zu Unrecht auf die Beiträge der in den Vereinigten Staaten ansässigen Unternehmen der Amazon-Gruppe (vgl. oben, Rn. 179), da Letztere nicht von der Lizenzvereinbarung betroffen seien und unabhängig von LuxSCS handelten. Jede etwaige Funktion dieser Unternehmen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern, der Umstand, dass Amazon.com LuxSCS oder LuxOpCo lenke, oder auch die Merkmale der Eintrittsvereinbarung und der CSA seien daher für die Funktionsanalyse für LuxSCS unerheblich. Die Entwicklungsfunktionen von ATI und A 9 könnten daher LuxSCS nicht zugerechnet werden, da die verschiedenen Parteien der CSA auf eigene Rechnung und eigenes Risiko tätig würden. Jedenfalls hätten die Eintrittsvereinbarung und die CSA bereits die fremdvergleichskonforme Vergütung für die von ATI und A 9 im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern ausgeübten Funktionen festgelegt. Kein anderer konzerninterner Geschäftsvorfall zwischen den amerikanischen Unternehmen und LuxOpCo im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern, dessen Vorliegen jedenfalls weder das Großherzogtum Luxemburg noch Amazon nachgewiesen hätte, könne die Zahlung der Restgewinne von LuxOpCo an LuxSCS rechtfertigen.

183    Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass, wie bereits oben in Rn. 166 ausgeführt, nach Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 das „verbundene Unternehmen, auf das die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode angewandt wird, das Unternehmen sein muss, für das verlässliche Daten zu den am engsten vergleichbaren Transaktionen festgestellt werden können“, und dies „bedeuten wird, dass oft das verbundene Unternehmen zu wählen ist, das das am wenigsten komplexe der vom Geschäftsvorfall betroffenen Unternehmen ist und das keine immateriellen Wirtschaftsgüter oder einzigartige Wirtschaftsgüter besitzt“. Der Begriff „einzigartige“ oder „wertvolle Wirtschaftsgüter“ wird in den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 nicht ausdrücklich erläutert.

184    Aus Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 geht hervor, dass diese Leitlinien empfahlen, die Partei, die die einzigartigen und wertvollen Wirtschaftsgüter innehat, nicht als die zu untersuchende Partei für die Zwecke der Anwendung der TNMM heranzuziehen, sondern ihr ein anderes am konzerninternen Geschäftsvorfall beteiligtes Unternehmen vorzuziehen. Dieser Ziff. 3.43 liegt der Gedanke zugrunde, dass es im Allgemeinen schwieriger ist, einen verlässlichen Vergleichsmaßstab finden zu können, um die Partei des konzerninternen Geschäftsvorfalls zu prüfen, die einzigartige immaterielle Vermögensgegenstände besitzt. Dieses Verständnis ergab sich auch aus Ziff. 6.26 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995. Nach dieser Ziffer konnte es in Fällen hochwertiger immaterieller Wirtschaftsgüter schwierig sein, vergleichbare Fremdgeschäftsvorfälle zu finden. Aus derselben Ziffer geht hervor, dass die Ermittlung von Vergleichsdaten durch den bloßen Besitz einzigartiger oder wertvoller immaterieller Wirtschaftsgüter schwieriger werde. Ziff. 6.26 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 beruht auf der Prämisse, dass ein immaterielles Wirtschaftsgut als „einzigartig“ angesehen werden kann, wenn es für dieses Wirtschaftsgut keinen Vergleichsmaßstab gibt. Ein immaterielles Wirtschaftsgut ist „wertvoll“, wenn es das Erzielen erheblicher Einnahmen gestattet. Im Übrigen ist festzustellen, dass dieses Verständnis der Definition des Begriffs in Ziff. 6.17 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 entspricht. Aus dieser Ziffer ergibt sich, dass „einzigartige und wertvolle immaterielle Werte“ solche sind, die erstens nicht mit immateriellen Werten vergleichbar sind, die von an potenziell vergleichbaren Geschäftsvorfällen beteiligten Unternehmen genutzt werden, und, zweitens, deren Nutzung im Rahmen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens größere zukünftige wirtschaftliche Vorteile erwarten lässt, als ohne diese immateriellen Werte erwartet würden.

185    Im vorliegenden Fall steht erstens fest, dass LuxSCS die Rechte an den immateriellen Wirtschaftsgütern der Amazon-Gruppe in Europa hielt und dass sie diese Wirtschaftsgüter aufgrund der Lizenzvereinbarung LuxOpCo zur Verfügung stellte.

186    Hierzu ist ergänzend zu den oben in den Rn. 4 und 5 angeführten Gesichtspunkten darauf hinzuweisen, dass nach der Abtretungsvereinbarung, die am 1. Januar 2005 zwischen ATI und LuxSCS geschlossen wurde und die einer der Bestandteile der Eintrittsvereinbarung ist, LuxSCS das Eigentum an einem Teil dieser Wirtschaftsgüter übertragen wurde (vgl. Rn. 3.1 und 3.2 dieser Vereinbarung), nämlich insbesondere und im Wesentlichen die Internet-Domainnamen in Europa wie amazon.co.uk, amazon.fr und amazon.de.

187    Sodann erhielt LuxSCS aufgrund der Lizenzvereinbarung zwischen ATI und LuxSCS vom 1. Januar 2005 das Recht, in Europa den überwiegenden Teil der im Jahr 2005 bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgüter der Amazon-Gruppe, nämlich die Technologie, Erfindungen, Patente, Marken, Rechte im Zusammenhang mit Kunden usw., zu nutzen, ohne dass dieses Lizenzrecht von LuxSCS ein ausschließliches Recht gewesen wäre.

188    Außerdem besaß LuxSCS nach Ziff. 6.2 Buchst. a und Ziff. 6.3 Buchst. a der CSA eine nicht ausschließliche Lizenz für das geistige Eigentum von A 9 und ATI, das nach 2005 entwickelt wurde, sowie das Eigentum an den abgeleiteten Rechten, die nach 2005 aus den immateriellen Wirtschaftsgütern, deren Eigentümer LuxSCS ist, entwickelt wurden.

189    Schließlich traf LuxSCS ferner eine Vereinbarung über die Abtretung von Rechten des geistigen Eigentums und eine Lizenzvereinbarung (Intellectual Property Assignment and License Agreement) mit den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU; nach Maßgabe dieser Vereinbarungen erwarb LuxSCS die Rechte zur Nutzung von Marken und Rechten des geistigen Eigentums an den europäischen Websites, die im Eigentum dieser verbundenen lokalen Unternehmen in der EU standen.

190    So umfassten die immateriellen Wirtschaftsgüter, an denen LuxSCS Rechte besaß, die folgenden drei Kategorien geistigen Eigentums: Technologie, immaterielle Wirtschaftsgüter im Zusammenhang mit Marketing und Kundendaten. Die Technologie umfasste ein vollständiges Spektrum, das alle Aspekte der Tätigkeit der Amazon-Gruppe umfasste, u. a. die Technologien für die Software-Plattform dieser Gruppe, die Gestaltung der Websites, Kataloge, Auftragsverarbeitung, der Logistikprozess, die Such- und Navigationsfunktionen, der Kundendienst und Funktionen im Bereich Personalisierung.

191    Zweitens macht die Kommission zwar geltend, LuxSCS habe keine „einzigartigen und wertvollen Funktionen“ im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern ausgeübt, bestreitet aber nicht den „einzigartigen und wertvollen [Charakter] der immateriellen Wirtschaftsgüter“, die sich im Eigentum von LuxSCS befinden und LuxOpCo im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls zur Verfügung gestellt wurden.

192    Insbesondere hat die Kommission das Vorbringen von Amazon nicht substantiiert bestritten, wonach die Technologie einzigartig sei, da es keinen Vergleichsmaßstab gegeben habe und sie unter verschiedenen Aspekten der Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe in Europa eine wesentliche Rolle gespielt und damit das Erzielen erheblicher Einnahmen gestattet habe. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass, wie Amazon vorträgt, nicht in Frage gestellt wird, dass ohne die Technologie die Geschäftstätigkeit der Gruppe keinen solchen Umfang erlangen und keinen solchen Erfolg in Europa – wie im Übrigen in anderen Regionen der Welt – erzielen hätte können. Überzeugend ist auch die Behauptung des Großherzogtums Luxemburg, wonach sich die Amazon-Gruppe im relevanten Zeitraum auf ihre Technologie, die „im Zentrum [ihres] ‚business model‘ (Geschäftsmodells)“ stand, als wettbewerbliches Differenzierungsmerkmal in dem Sinne stützte, dass gerade diese Technologie, die den einzigartigen und wertvollen Beitrag bildete, es der Amazon-Gruppe gestattete (und weiterhin gestattet), in einem Umfeld mit starkem Wettbewerb, das durch enge Spannen geprägt ist, weiter wettbewerbsfähig zu sein. Überdies geht aus dem 338. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass selbst ein Teil der Wettbewerber der Amazon-Gruppe einräumt, dass „Amazon … sehr aggressiv in Technologie investiert [habe]“, so dass die Einzelhandelsplattform der Amazon-Gruppe „einen Wettbewerbsvorteil dar[stelle], mit dem Wettbewerber schwer gleichziehen könnten“. Was die Technologie angeht, handelte es sich somit um ein Wirtschaftsgut, für das es keinen Vergleichsmaßstab gab.

193    Im Übrigen ist es insoweit nicht erforderlich, das Vorbringen der Kommission zu prüfen, wonach die Technologie allein nicht ausgereicht habe, um die Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe in Europa zu betreiben, und dass auch die von Menschen ausgeübten Funktionen, die von den Beschäftigten von LuxOpCo ausgeführt worden seien, wichtig gewesen seien. Dieses Vorbringen stellt nämlich, selbst wenn es begründet wäre, nicht die Feststellung in Frage, dass die Technologie eine wesentliche Rolle bei den Geschäftstätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa spielte und daher ein einzigartiges und wertvolles Wirtschaftsgut darstellte.

194    Zu den in Europa eingetragenen Marken ist festzustellen, dass aus den Akten nicht hervorgeht, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem LuxSCS diese Wirtschaftsgüter übertragen wurden, denen bereits die internationale Bekanntheit der Amazon-Gruppe zugutekam, es auf dem europäischen Markt vergleichbare Wirtschaftsgüter gab. Es ist daher davon auszugehen, dass die fraglichen Marken einzigartig waren. Es steht fest, dass ihre Nutzung in Europa das Erzielen erheblicher Einnahmen gestattete. Diese Marken waren daher auch „wertvoll“. Auch die Kundendaten hatten keinen Vergleichsmaßstab und gestatteten das Erzielen erheblicher Einnahmen. Es ist daher davon auszugehen, dass diese immateriellen Wirtschaftsgüter ebenfalls einzigartig und wertvoll waren.

195    Unter diesen Umständen konnte unter Berücksichtigung von Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 und angesichts der Tatsache, dass die immateriellen Wirtschaftsgüter der Amazon-Gruppe und insbesondere die Technologie einzigartige und wertvolle Wirtschaftsgüter darstellten, die LuxSCS im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls einsetzte, den luxemburgischen Steuerbehörden nicht vorgeworfen werden, dass sie ebenso wie der Verrechnungspreisbericht von 2003 davon ausgingen, dass es nach den OECD-Leitlinien von 1995 richtig sei, eine andere Gesellschaft als LuxSCS als die zu untersuchende Partei zu wählen. Zwar kann im Übrigen, wie die Kommission in Fn. 681 des angefochtenen Beschlusses ausführte, nach den OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 ein passiver Inhaber nicht die komplexeste Partei sein und kann daher im Rahmen der Anwendung der TNMM die zu untersuchende Partei sein, doch ist festzustellen, dass dies im relevanten Zeitraum, der hier allein anhand der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 zu prüfen ist, nicht der Fall war.

196    In Rn. 83 der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑318/18 scheint die Kommission die Tatsache hervorheben zu wollen, dass nach Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 die Wahl der zu untersuchenden Partei nur „oft“ bedeute, dass das verbundene Unternehmen zu wählen sei, das „das am wenigsten komplexe der vom Geschäftsvorfall betroffenen Unternehmen sei und das keine immateriellen Wirtschaftsgüter oder einzigartige Wirtschaftsgüter besitze“, ohne dass es sich dabei jedoch um eine absolute Regel handelt. Soweit die Kommission geltend machen will, dass die in Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 enthaltene Regel keine absolute Regel sei, sondern eine Regel, von der abgewichen werden könne, wenn besondere Umstände im Zusammenhang mit dem betreffenden konzerninternen Geschäftsvorfall dies rechtfertigten, ist festzustellen, dass sie im angefochtenen Beschluss nicht erläutert hat, inwiefern diese Empfehlung im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen sei. Die Kommission hat nicht dargetan, dass die luxemburgischen Steuerbehörden aufgrund einer Besonderheit des im vorliegenden Fall in Rede stehenden konzerninternen Geschäftsvorfalls, nämlich der Lizenzvereinbarung, von der Regel in Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 hätten abweichen müssen.

197    Zweitens ist jedenfalls festzustellen, dass die Kommission zu Unrecht annahm, dass LuxSCS neben den Funktionen der Erhaltung ihres geistigen Eigentums keine „aktiven und entscheidenden“ Funktionen im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter ausübte (vgl. 420. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) oder „keine aktiven und kritischen Funktionen“ im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter (vgl. 548. Erwägungsgrund dieses Beschlusses) oder auch „keinerlei Funktionen ausübt, mit denen eine Wertschöpfung für die immateriellen Wirtschaftsgüter verbunden wäre“ (vgl. 526. Erwägungsgrund dieses Beschlusses).

198    Was als Erstes die von der Kommission vorgenommene Unterscheidung zwischen dem sogenannten „passiven“ Eigentum (Erwägungsgründe 418 und 430 des angefochtenen Beschlusses) und dem „aktiven“ Eigentum an den immateriellen Wirtschaftsgütern sowie zwischen den „aktiven“ und „passiven“ Funktionen (548. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) betrifft, ist mit dem Großherzogtum Luxemburg und Amazon festzustellen, dass die im vorliegenden Fall relevanten OECD-Leitlinien keine solche Unterscheidung vorsehen.

199    In den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 heißt es nämlich lediglich in Ziff. 1.20, dass im Allgemeinen bei der Ermittlung des fremdvergleichskonformen Charakters einer im Rahmen eines konzerninternen Geschäftsvorfalls festgelegten Vergütung zu prüfen ist, ob in dieser Vergütung „die von jedem Unternehmen wahrgenommenen Funktionen“ zum Ausdruck kommen und „ein Vergleich der von den Parteien wahrgenommenen Funktionen“ notwendig ist.

200    Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass Ziff. 1.20 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 dahin ausgelegt werden kann, dass der Begriff „wahrgenommene“ auf sogenannte „aktive“ Funktionen verweist.

201    Aus Ziff. 1.20 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 geht jedoch nicht eindeutig hervor, dass bei der Funktionsanalyse zu den Parteien der Transaktion nur „aktive“ Funktionen berücksichtigt werden konnten. Aus dieser Ziffer geht auch nicht hervor, dass ein Unternehmen nicht als Funktionen „wahrnehmendes“ Unternehmen angesehen werden kann, wenn es bestimmte Wirtschaftsgüter besitzt und sich darauf beschränkt, z. B. deren Entwicklung oder Verbesserung zu finanzieren.

202    Zudem ist hervorzuheben, dass es nach Ziff. 1.22 der OECD-Leitlinien „aufschlussreich und sachdienlich [sein kann], die Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen, die eingesetzt werden sollen, wenn die ausgeübten Funktionen ermittelt und miteinander verglichen werden“, und dass „insoweit auf die Art der genutzten Wirtschaftsgüter (Anlagen, Ausrüstung, immaterielle Betriebsmittel usw.) und die Eigenschaften dieser Wirtschaftsgüter (Alter, Marktwert, Standort, Bestehen von gewerblichen Schutzrechten usw.) abzustellen ist“. Es wird mit anderen Worten empfohlen, für die Prüfung der ausgeübten Funktionen den Umstand zu berücksichtigen, dass eine Gesellschaft im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls Wirtschaftsgüter zur Verfügung stellt. Daraus ergibt sich somit, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission bei der Prüfung der Funktionen, die von einem an einem konzerninternen Geschäftsvorfall Beteiligten ausgeübt oder wahrgenommen werden, die Zurverfügungstellung von immateriellen Wirtschaftsgütern zu berücksichtigen war, ohne dass es auf eine Unterscheidung zwischen „aktiven“ und „passiven“ Funktionen ankommt.

203    Als Zweites gelangte die Kommission, selbst wenn sie tatsächlich zwischen „passiven“ und „aktiven“ Funktionen unterscheiden könnte, zu Unrecht zu dem Schluss, dass LuxSCS bloß passiver Inhaber der immateriellen Wirtschaftsgüter sei, sich darauf beschränkt habe, die immateriellen Wirtschaftsgüter zu erhalten, und dass ihr keine andere aktive Funktion zugerechnet werden könne, wie sich aus dem 420. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt.

204    Zum einen berücksichtigte die Kommission nicht, dass LuxSCS diese Wirtschaftsgüter tatsächlich nutzte, indem sie sie LuxOpCo gegen Zahlung einer Lizenzgebühr über die Lizenzvereinbarung zur Verfügung stellte.

205    Es steht nämlich fest, dass LuxSCS aufgrund der Lizenzvereinbarung LuxOpCo eine Lizenz für sämtliche immateriellen Wirtschaftsgüter von Amazon im europäischen Raum erteilte. Diese Vereinbarung bezog sich nicht nur auf die Gesamtheit der in der Eintrittsvereinbarung und in der CSA angeführten immateriellen Wirtschaftsgüter, sondern auch auf die immateriellen Wirtschaftsgüter, insbesondere die Marken, die sie 2006 bei den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU erhalten hatte, sowie die sich daraus ergebenden abgeleiteten Rechte. Die Erteilung einer Lizenz für die immateriellen Wirtschaftsgüter an LuxOpCo gegen Zahlung der Lizenzgebühr stellt jedoch eine Verwertung dieser Wirtschaftsgüter dar, was der Ausübung einer aktiven Funktion gleichkommt.

206    Diese Verwertung entspricht einer Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter im Sinne derjenigen Nutzung durch LuxSCS, deren angebliches Fehlen von der Kommission in den Erwägungsgründen 430 bis 432 des angefochtenen Beschlusses beanstandet wird.

207    Die Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter durch LuxSCS durch ihre Überlassung an LuxOpCo im Rahmen der Lizenzvereinbarung erfüllt auch das von der Kommission in Rn. 83 ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑318/18 vorgeschlagene Kriterium. Nach diesem Kriterium sei die in Ziff. 3.43 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 enthaltene Regelung, wie sie oben in den Rn. 183 und 184 dargelegt wurde, von den Verfassern dieser Leitlinien „ausgehend von der Annahme, dass die Partei eines konzerninternen Geschäftsvorfalls, die wertvolle immaterielle Wirtschaftsgüter besitzt …, diejenige ist, die sie …. im Rahmen der Ausübung aktiver Funktionen im Zusammenhang mit diesem Geschäftsvorfall nutzt“, geschaffen worden. Ohne dass festgestellt zu werden braucht, ob die Kommission zu Recht davon ausgehen konnte, dass diese Ziffer dahin auszulegen ist, dass sie eine gewisse Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter erfordert, ist insoweit festzustellen, dass es eine Nutzung in dem von der Kommission zugrunde gelegten Sinn darstellt, wenn die immateriellen Wirtschaftsgüter von LuxSCS LuxOpCo im Rahmen der Lizenzvereinbarung zur Verfügung gestellt werden.

208    Zum anderen trug LuxSCS durch ihre finanzielle Beteiligung nach der CSA zur Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter bei. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass LuxSCS, wie bereits oben im letzten Satz des zweiten Gedankenstrichs von Rn. 4 ausgeführt, einen jährlichen Anteil der Kosten des Programms zur Weiterentwicklung der CSA übernehmen musste.

209    Insoweit geht aus den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 nicht hervor, dass die finanzielle Beteiligung an einer Kostenteilungsvereinbarung nicht als wirkliche Beteiligung an der Entwicklung der Wirtschaftsgüter, die Gegenstand einer solchen Vereinbarung sind, angesehen werden kann. Vielmehr ergibt sich aus Ziff. 8.15 der OECD-Leitlinien von 1995, in der es in Bezug auf Kostenteilungsvereinbarungen heißt, dass „[e]s … wahrscheinlich nicht einfach [ist], den relativen Wert des Beitrags jedes Beteiligten zu bestimmen, es sei denn, dass alle Beiträge vollständig in bar gezahlt werden“, dass ein finanzieller Beitrag zu einer solchen Kostenteilungsvereinbarung sehr wohl ein gültiger und wertvoller Beitrag sein kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Einheit, die den finanziellen Beitrag geleistet hat, auch Beiträge anderer Art leistet. In bestimmten Fällen ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass der finanzielle Beitrag zu einem konzerninternen Geschäftsvorfall die einzige treibende Kraft für den (geschäftlichen) Erfolg des Geschäftsvorfalls sein kann.

210    Darüber hinaus wurde LuxSCS nach Ziff. 6.3 Buchst. b und Ziff. 6.4 der CSA als Gegenleistung für ihre Kostenbeteiligung gemeinsam mit A 9 Miteigentümerin eines Teils der immateriellen Wirtschaftsgüter, die in den Vereinigten Staaten ständig entwickelt und verbessert wurden. LuxSCS stellte LuxOpCo diese Entwicklungen und Verbesserungen ständig aufgrund der Lizenzvereinbarung zur Verfügung, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie aus der Sicht von LuxOpCo LuxSCS und nicht den amerikanischen Unternehmen zuzurechnen waren. Im Rahmen der Lizenzvereinbarung werden die Ergebnisse der Weiterentwicklungen und Verbesserungen der immateriellen Wirtschaftsgüter LuxSCS zugerechnet.

211    Nach alledem ging die Kommission im 429. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht davon aus, dass „die einzigen Funktionen, von denen festgestellt werden könnte, dass sie tatsächlich von LuxSCS ausgeübt wurden, im Zusammenhang mit der Erhaltung des Eigentums von LuxSCS an den immateriellen Wirtschaftsgütern [standen]“. Zum einen ist das von der Kommission verwendete Kriterium, das die Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Funktionen betrifft, irrelevant. Zum anderen ist, selbst wenn dieses Kriterium heranzuziehen wäre, festzustellen, dass LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter LuxOpCo zur Verfügung stellte und durch ihren finanziellen Beitrag zur CSA zu deren Entwicklung beitrug. Diese Funktionen hätten von der Kommission bei ihrer Funktionsanalyse für LuxSCS und bei der Wahl der zu untersuchenden Partei berücksichtigt werden müssen.

212    Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt.

213    Als Erstes kann die von der Kommission in den Erwägungsgründen 420 und 421 des angefochtenen Beschlusses vorgenommene und im Rahmen der vorliegenden Klage wiederholte Beurteilung (vgl. oben, Rn. 181), wonach LuxSCS „auch keine aktiven und entscheidenden Funktionen im Hinblick auf die … Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung und Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter mehr ausüben [konnte]“, da LuxSCS „zur wirtschaftlichen Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter im Europageschäft [der] Amazon[-Gruppe] nicht mehr berechtigt [war]“, keinen Erfolg haben.

214    Die Kommission stützte diese Feststellung nämlich auf die im angefochtenen Beschluss mehrfach wiederholte Behauptung, dass LuxOpCo von LuxSCS eine „unwiderrufliche“ und „ausschließliche“ Lizenz erhalten habe (vgl. z. B. Erwägungsgründe 116, 419, 431, 438, 442 und 450 des angefochtenen Beschlusses), wodurch LuxSCS jede Möglichkeit genommen worden sei, die immateriellen Wirtschaftsgüter zu verwerten.

215    Insoweit genügt der Hinweis, dass die Erteilung einer Lizenz bereits eine Verwertung darstellt.

216    Als Zweites wird die oben in Rn. 211 angeführte Schlussfolgerung durch die von der Kommission im 421. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses vorgenommene und im Rahmen der vorliegenden Klage wiederholte Beurteilung nicht in Frage gestellt (vgl. oben, Rn. 181), wonach LuxSCS nicht in der Lage gewesen sei, diese Funktionen auszuüben, da sie keine Mitarbeiter gehabt habe.

217    Hierzu ist festzustellen, dass es entgegen dem Vorbringen der Kommission für die Beurteilung der Funktionen von LuxSCS im Zusammenhang mit der Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter unerheblich ist, ob LuxSCS in der Lage war, ein im elektronischen Handel tätiges Unternehmen allein zu betreiben. LuxSCS nutzte nämlich, wie oben in Rn. 204 dargelegt, die immateriellen Wirtschaftsgüter tatsächlich, indem sie sie in Lizenz an LuxOpCo übertrug.

218    Außerdem war es entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht erforderlich, dass LuxSCS eigene Mitarbeiter hatte, um zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter beizutragen. LuxSCS trug nämlich aufgrund ihrer finanziellen Beteiligung an der CSA dazu bei.

219    Als Drittes wird die Schlussfolgerung oben in Rn. 211 nicht durch das Vorbringen der Kommission in Frage gestellt, dass der finanzielle Beitrag von LuxSCS an der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter seinerseits rein künstlich gewesen sei, da die Finanzierung der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter von den Konten von LuxOpCo gestammt habe, was bedeutet habe, dass LuxOpCo alle Funktionen ausgeübt habe, die LuxSCS von der CSA übertragen worden seien.

220    Die Herkunft des Kapitals, das LuxSCS zur Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen aus der CSA verwendete, und daher der Umstand, dass dieses Kapital aus der Zahlung der Lizenzgebühr durch LuxOpCo stammte, ist nämlich unerheblich. Die OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 verlangen nicht, dass das eingesetzte Kapital aus einer bestimmten Quelle stammt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Kapital auf eine Lizenzgebühr wie die in Rede stehende zurückgeht oder aus einer anderen Einnahmequelle, wie z. B. einem Darlehen, stammt.

221    Jedenfalls steht fest, dass LuxSCS außer den Einnahmen aus der Lizenzgebühr über Eigenkapital verfügte. Wie das Großherzogtum Luxemburg ausgeführt hat, konnte LuxSCS aber die Verluste, die LuxSCS in ihren ersten Betriebsjahren ohne Eingreifen von LuxOpCo erlitten hatte, dank ihres Eigenkapitals auffangen. Im Jahr 2006 lag die von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Lizenzgebühr weit unter den von LuxSCS aufgrund der Eintrittsvereinbarung und der CSA geleisteten Zahlungen.

222    Drittens wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die u. a. in den Erwägungsgründen 407 und 547 des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Beurteilung der Kommission, wonach nicht davon ausgegangen werden könne, dass LuxSCS „einzigartige und wertvolle“ Funktionen ausgeübt habe (vgl. u. a. Erwägungsgründe 407 und 547 des angefochtenen Beschlusses).

223    Zum Begriff „einzigartige und wertvolle Funktionen“ ist festzustellen, dass die OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 diese Begriffe nicht verwenden. Nur der Ausdruck „einzigartige und wertvolle Wirtschaftsgüter“ wird mehrfach verwendet, u. a. in den Abschnitten betreffend die TNMM und die Gewinnaufteilungsmethode, meist um auf immaterielle Wirtschaftsgüter (Entwicklung oder Eigentum) Bezug zu nehmen (vgl. z. B. Ziff. 1.8, 3.19, 3.43 und 6.26 dieser Leitlinien).

224    Dagegen ist erst in der Fassung der OECD-Leitlinien von 2017, die im vorliegenden Fall nicht einschlägig sind, eindeutig von „einzigartigen und wertvollen“ Funktionen oder Beiträgen die Rede und wird zwischen „einzigartigen und wertvollen Funktionen“ einerseits und „Routinefunktionen“ andererseits unterschieden. Wie bereits oben in Rn. 184 ausgeführt, enthalten die OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 in Ziff. 6.17 eine Definition des Begriffs „einzigartige und wertvolle Werte“. Dagegen verwenden die Verfasser der OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 zwar häufig den Begriff „einzigartige und wertvolle Funktionen“, jedoch definieren sie diesen nicht.

225    Die Hauptparteien haben erläutert, was sie unter den Begriffen „Routinefunktionen“ oder „gewöhnliche Funktionen“ verstehen. In der mündlichen Verhandlung hat das Großherzogtum Luxemburg darauf hingewiesen, dass ein Unternehmen „Routinefunktionen“ ausübe, wenn es übliche Funktionen ausübe, nämlich Funktionen, die auch andere Unternehmen ausüben könnten. Es handelt sich somit im Wesentlichen um Funktionen, für die leicht ein Vergleichsmaßstab gefunden werden kann. Amazon hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Begriff „Routinefunktion“ nicht bedeute, dass die fraglichen Funktionen nicht wertvoll seien, sondern dass sie leicht bewertet (auf Englisch: benchmarked) und vergütet werden könnten. Die Kommission hat dieses Verständnis nicht in Frage gestellt. Aus Rn. 14 (Fn. 18) der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑318/18 geht hervor, dass sich der Begriff „routinemäßig“ nach Ansicht der Kommission auf Funktionen bezieht, die nicht einzigartig sind und für die auf dem freien Markt Vergleichselemente bestehen. In ähnlicher Weise vergleicht die Kommission in Rn. 17 (Fn. 21) der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑816/17 die „routinemäßigen“ Funktionen mit denen, die „nicht einzigartig und wertvoll“ sind.

226    Im vorliegenden Fall braucht nicht geprüft zu werden, ob die Kommission auf der Grundlage der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 den fremdvergleichskonformen Charakter eines Preises unter Verwendung des Begriffs „einzigartige und wertvolle Funktionen“ prüfen durfte, da dieser Begriff zu dem Zeitpunkt, zu dem die OECD-Leitlinien von 1995 galten, bereits angewandt worden sei, und zwar auch dann, wenn sie nicht ausdrücklich auf diesen Begriff Bezug genommen hätten, oder ob erst mit dem Erlass der OECD-Leitlinien in der Fassung von 2017 das Kriterium im Zusammenhang mit den „einzigartigen und wertvollen Funktionen“ insoweit berücksichtigt werden konnte.

227    Die Hauptparteien haben die Relevanz dieses Kriteriums nämlich jedenfalls nicht in Frage gestellt, sondern sind sich darin einig, dass dieses Kriterium im Mittelpunkt ihres Vorbringens steht, als ein relevanter Parameter für die Beurteilung ihrer Situation. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie es bei dem Begriff „einzigartige und wertvolle Wirtschaftsgüter“ der Fall ist (vgl. oben, Rn. 176), die Parteien sich nicht bemüht haben, die Begriffe „einzigartige und wertvolle Funktionen“ zu definieren.

228    Zur Bedeutung der Begriffe „einzigartige und wertvolle Funktionen“, wie oben in Rn. 184 ausgeführt, und unter Berücksichtigung der Auslegung dieser Begriffe durch die Parteien (vgl. oben, Rn. 225) ist für die vorliegende Rechtssache festzuhalten, dass sich der Begriff „einzigartige Funktion“ auf eine Situation bezieht, in der es für eine bestimmte Funktion keinen Vergleichsmaßstab gibt. Der Begriff „wertvolle Funktion“ bezieht sich insbesondere darauf, dass die fragliche Funktion das Erzielen erheblicher Einnahmen gestattet. Hierzu ist festzustellen, dass zwar die Tatsache, dass eine bestimmte Funktion als „einzigartig“ bezeichnet wird, es ausschließt, dass dieselbe Funktion als „routinemäßig“ oder auch als „gewöhnlich“ eingestuft werden kann, doch kann diese Erwägung nicht für den Begriff „wertvolle Funktion“ gelten. Es gibt auch „Routinefunktionen“ oder „gewöhnliche“ Funktionen, mit denen erhebliche Einnahmen erzielt werden können und die daher als „wertvolle Funktionen“ eingestuft werden können.

229    Im vorliegenden Fall ist zum einen, wie oben in Rn. 191 dargelegt, unstreitig, dass die immateriellen Wirtschaftsgüter, die Gegenstand der Lizenzvereinbarung sind, einzigartig und wertvoll waren.

230    Zum anderen hat LuxSCS sie nicht nur genutzt, sondern auch finanziell zur Entwicklung dieser einzigartigen und wertvollen immateriellen Wirtschaftsgüter beigetragen, deren Eigentümer sie war. Folglich ergibt sich aus den obigen Ausführungen in den Rn. 203 bis 211, dass alle Funktionen von LuxSCS im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern von der Kommission als einzigartig und wertvoll hätten angesehen werden müssen. Die Feststellung im 547. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach die luxemburgische Steuerbehörde darauf hätte bestehen sollen, dass in einer Funktionsanalyse nachgewiesen werde, dass LuxSCS „einzigartige und wertvolle Funktionen“ ausübe, ist somit nicht gerechtfertigt und daher zurückzuweisen. In Anbetracht der Funktionen und Wirtschaftsgüter von LuxSCS überzeugt daher die Schlussfolgerung der Kommission, dass LuxSCS als die zu untersuchende Partei hätte angesehen werden müssen, nicht.

–       Zu den von LuxSCS übernommenen Risiken

231    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon machen im Wesentlichen geltend, dass LuxSCS die mit den immateriellen Wirtschaftsgütern als solchen verbundenen Risiken getragen habe, während LuxOpCo nur die mit ihren Tätigkeiten als Einzelhändler verbundenen Risiken getragen habe. LuxSCS habe außerdem finanzielle Risiken im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern übernommen, da sie ihrer Verpflichtung nach der Eintrittsvereinbarung und der CSA habe nachkommen müssen, ATI und A 9 die Vergütung für den Eintritt und die Vergütung nach der CSA zu zahlen.

232    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

233    Sie bringt insbesondere vor, dass weder die Beschlüsse der Alleingeschäftsführerin von LuxSCS noch die Protokolle der Hauptversammlungen von LuxSCS belegten, dass LuxSCS wesentliche Entscheidungen über das Risikomanagement getroffen hätte. In Wirklichkeit habe LuxSCS weder die finanzielle noch die operative Fähigkeit zur Übernahme dieser Risiken gehabt. LuxSCS habe die Kosten in Verbindung mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA nur dank der jährlichen Finanzierung über die von LuxOpCo im Rahmen der Lizenzvereinbarung gezahlten Lizenzgebühren tragen können, so dass das Kapital von LuxSCS dem Risiko niemals ausgesetzt gewesen sei. Darüber hinaus habe LuxSCS von ihrer Muttergesellschaft, die die Eintrittszahlung gedeckt habe, eine erhebliche Anfangskapitalausstattung erhalten. Jedenfalls habe LuxSCS aufgrund der Lizenzvereinbarung die finanziellen Risiken auf LuxOpCo übertragen. Die von LuxSCS übernommenen Risiken seien daher theoretisch, da LuxSCS die Möglichkeit gehabt habe, die Lizenzvereinbarung zu kündigen und eine Lizenz an eine andere, verbundene oder unabhängige Partei zu erteilen. Die finanziellen Risiken von LuxSCS seien ebenfalls theoretisch gewesen, weil ihre finanzielle Beteiligung an der CSA durch die von LuxOpCo gezahlte Lizenzgebühr finanziert worden sei und die Höhe der Zahlungen nach der CSA mit den Einnahmen von LuxOpCo korreliert habe.

234    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass LuxSCS, da sie gemäß Rn. 3.1 der Abtretungsvereinbarung mit ATI vom 1. Januar 2005 das uneingeschränkte Eigentum an einem Teil der immateriellen Wirtschaftsgüter erworben hatte, sämtliche Risiken im Zusammenhang mit dem Bestehen der immateriellen Wirtschaftsgüter als solche trug. Es handelte sich z. B. um Risiken wie die Anfechtung durch einen Dritten oder der Verfall der immateriellen Wirtschaftsgüter. Dies ist die logische Folge des Umstands, dass LuxSCS Eigentümerin dieser Wirtschaftsgüter war. Im Hinblick auf die Lizenzvereinbarung mit ATI vom 1. Januar 2005 übernahm LuxSCS auch die Risiken, die mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter durch die amerikanischen Unternehmen ATI und A 9 verbunden waren.

235    Da LuxSCS im relevanten Zeitraum eine Lizenz für den anderen Teil der immateriellen Wirtschaftsgüter, die in Ziff. 3.1 der am 1. Januar 2005 mit ATI geschlossenen Lizenzvereinbarung und in den Ziff. 6.1 und 6.2 CSA der angeführt waren, hatte, trug LuxSCS im Zusammenhang mit diesen genutzten Wirtschaftsgütern finanzielle Risiken aufgrund ihrer Beteiligung an der CSA. Insbesondere war die Aufteilung der Kosten zwischen den Parteien der CSA in den Ziff. 4 und 5 der CSA vorgesehen. Nach diesen Ziffern der CSA war LuxSCS verpflichtet, die Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter zu tragen. Zwar war die Aufteilung der Kosten vom Anteil der in Europa erzielten Gewinne im Vergleich zu den weltweit erzielten Gewinnen abhängig, doch waren die Kosten als solche völlig unabhängig von der Höhe der in Europa erzielten Gewinne. Wären die Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung höher als die von LuxOpCo gezahlte Lizenzgebühr, hätte LuxSCS die finanziellen Folgen aus dieser Differenz tragen müssen. Somit hätte für den Fall, dass LuxOpCo Verluste oder geringe Gewinne verzeichnet hätte, die Lizenzgebühr nicht ausgereicht, um die von LuxSCS getragenen Fixkosten zu decken, d. h. im Wesentlichen die Zahlungen aufgrund der Eintrittsvereinbarung und der CSA. Mit anderen Worten bestand für LuxSCS das Risiko, keine ausreichenden Einkünfte zu haben, um die in Eintrittszahlungen und Zahlungen aus der Kostenteilung zu leisten, die in der Eintrittsvereinbarung und in der CSA vorgesehen waren.

236    Zu diesen finanziellen Risiken ist festzustellen, dass die Kommission trotz eines von ihr nicht untermauerten Vorbringens in der mündlichen Verhandlung nicht nachgewiesen hat, dass die Verpflichtung von LuxSCS, die aufgrund der CSA geschuldeten Zahlungen zu leisten, tatsächlich genau mit der Zahlung der Lizenzgebühr durch LuxOpCo korrelierte. Vielmehr entsprachen, wie die Kommission im Übrigen selbst im 445. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, die von LuxSCS als Lizenzgebühr vereinnahmten Beträge nicht unmittelbar den von LuxSCS nach der CSA geschuldeten Beträgen. So lag im Jahr 2006 die von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Lizenzgebühr weit unter den von LuxSCS geleisteten Eintrittszahlungen und Zahlungen aus der Kostenteilung.

237    Was die finanziellen Risiken von LuxSCS angeht, konnte die Kommission nicht nachweisen, dass LuxSCS über keine wesentlichen Eigenmittel verfügte. Was das Anfangskapital von LuxSCS betrifft, das die Kommission im 445. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses als unerheblich zurückwies, steht fest, dass LuxSCS zumindest für das Jahr 2006 dank dieses Kapitals die in ihren ersten Betriebsjahren entstandenen Verluste ohne Tätigwerden von LuxOpCo auffangen konnte.

238    Schließlich trifft es zu, dass LuxOpCo nach den Ziff. 2.3 und 9.2 der Lizenzvereinbarung verpflichtet war, die immateriellen Wirtschaftsgüter zu schützen. Denn zum einen war LuxOpCo nach dem Wortlaut von Ziff. 2.3 dieser Vereinbarung verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Rechte von LuxSCS an den immateriellen Wirtschaftsgütern zu ergreifen, und zum anderen war LuxOpCo nach Ziff. 9.2 dieser Vereinbarung verpflichtet, jede unerlaubte Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter auf eigene Kosten zu verhindern und vor Gericht zu bringen. LuxOpCo übernahm daher die Risiken in Verbindung mit dem Schutz der immateriellen Wirtschaftsgüter.

239    Gleichwohl wurden die anderen Risiken im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern von LuxSCS durch ihre finanzielle Beteiligung an der CSA getragen.

240    Aus den Bestimmungen der Lizenzvereinbarung geht nämlich nicht hervor, dass LuxSCS andere Risiken auf LuxOpCo übertragen hätte als die, die sich aus den Ziff. 2.3 und 9.2 dieser Vereinbarung ergeben, nämlich diejenigen, die sich auf die Verpflichtung beziehen, die immateriellen Wirtschaftsgüter zu schützen. Entgegen der Andeutung der Kommission enthält somit die Lizenzvereinbarung keine Klausel über die Übertragung als solche von sämtlichen Risiken im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern von LuxSCS auf LuxOpCo. Insbesondere enthält die Lizenzvereinbarung keine Klausel über die Übertragung der Risiken im Zusammenhang mit der Entwicklung immaterieller Wirtschaftsgüter.

241    Da die Schlussfolgerung der Kommission insbesondere im 438. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach LuxSCS die Risiken im Zusammenhang mit der Entwicklung, der Verwaltung und der Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter auf LuxOpCo übertragen habe, durch die Bestimmungen der Lizenzvereinbarung nicht gestützt wird, kann ihr nicht gefolgt werden.

242    Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass das Großherzogtum Luxemburg und Amazon zu Recht geltend machen, dass LuxSCS die Risiken im Zusammenhang mit dem Eigentum und der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter, die für das Europageschäft verwendet worden seien, einschließlich der finanziellen Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung dieser immateriellen Wirtschaftsgüter, getragen habe, während LuxOpCo im Wesentlichen nur die mit ihren eigenen Tätigkeiten als Einzelhändler verbundenen Risiken und insbesondere die Risiken im Zusammenhang mit den Verkäufen und den Marketplace-Dienstleistungen getragen habe.

–       Schlussfolgerung zur Funktionsanalyse für LuxSCS und Auswirkung dieser Schlussfolgerung auf die Wahl dieser Gesellschaft als zu untersuchende Partei

243    Unter Berücksichtigung der Erwägungen in den vorstehenden Rn. 162 bis 242 sind zwei Feststellungen zu treffen.

244    Erstens ist der Funktionsanalyse der Kommission für LuxSCS nicht zu folgen. Die Kommission hat die Funktionen von LuxSCS unterschätzt. Hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter hat die Kommission insbesondere den Umstand unberücksichtigt gelassen, dass LuxSCS sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch tatsächlich immaterielle Wirtschaftsgüter zur Verfügung stellte, für die es auf dem Markt keinen Vergleichsmaßstab gab und die somit einzigartig und wertvoll waren. Nach den OECD-Leitlinien in ihrer im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung reichte dieser Umstand grundsätzlich aus, um zu dem Ergebnis kommen zu können, dass LuxSCS nicht als die am wenigsten komplexe und damit zu untersuchende Partei angesehen werden konnte.

245    Wenn davon auszugehen wäre, dass, wie die Kommission geltend macht, die luxemburgischen Steuerbehörden „einzigartige und wertvolle Funktionen“ hätten berücksichtigen müssen, ist jedenfalls festzustellen, dass die Kommission den Umstand außer Acht gelassen hat, dass LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter im Rahmen des geprüften konzerninternen Geschäftsvorfalls durchaus verwertete. Die Bereitstellung der immateriellen Wirtschaftsgüter mit Spitzenwert entsprach tatsächlich der Ausübung einer einzigartigen und wertvollen Funktion im Rahmen der Lizenzvereinbarung (des konzerninternen Geschäftsvorfalls). Wie sich aus den vorstehenden Rn. 203 bis 242 ergibt, übte LuxSCS im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls eine Reihe anderer Funktionen aus, als LuxOpCo die immateriellen Wirtschaftsgüter zur Verfügung zu stellen. Die Kommission hat diese Funktionen, die als einzigartig und wertvoll angesehen werden konnten, außer Acht gelassen.

246    Die Kommission hat auch nicht ordnungsgemäß berücksichtigt, dass LuxSCS sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch tatsächlich sämtliche Risiken im Zusammenhang mit diesen Wirtschaftsgütern und ihrer Entwicklung im Rahmen der Lizenzvereinbarung übernahm, und zwar unabhängig davon, ob LuxSCS selbst von den amerikanischen Unternehmen kontrolliert wurde und ob LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter technisch entwickelte oder ob aufgrund des finanziellen Beitrags von LuxSCS die Entwicklungen des geistigen Eigentums die Ergebnisse der technischen Bemühungen der amerikanischen Unternehmen ATI und A 9 waren. Dadurch spielte die Kommission auch die Beschreibung der von LuxSCS übernommenen Risiken herunter.

247    Unter diesen Umständen kann den luxemburgischen Steuerbehörden nicht vorgeworfen werden, dass sie – wie die Urheber des Verrechnungspreisberichts von 2003 – davon ausgingen, dass es nach den OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 richtig war, nicht LuxSCS als die zu untersuchende Partei gewählt zu haben.

248    Zweitens, selbst wenn dem Vorbringen der Kommission zu folgen wäre, wonach LuxSCS ein bloßer passiver Inhaber der immateriellen Wirtschaftsgüter und keine Gesellschaft gewesen sei, die im Zusammenhang mit ihnen aktive Funktionen ausgeübt habe, ist jedenfalls festzustellen, dass die Kommission zu Unrecht annahm, dass LuxSCS als zu untersuchende Partei hätte ausgewählt werden müssen.

249    Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass allgemein die zu untersuchende Partei diejenige ist, auf die die TNMM am zuverlässigsten angewandt werden kann und für die die zuverlässigsten Vergleichswerte gefunden werden können.

250    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission weder den Umstand nachgewiesen hat, dass es leichter war, mit LuxSCS vergleichbare Unternehmen als mit LuxOpCo vergleichbare Unternehmen zu finden, noch die Tatsache, dass die Auswahl von LuxSCS als zu untersuchendes Unternehmen die Erlangung zuverlässigerer Vergleichsdaten ermöglicht hätte.

251    Wie aus Rn. 557 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hätte die Kommission bei der Suche nach dem angemessenen Aufschlag für die Vergütung einräumen müssen, dass es für LuxSCS keine Vergleichswerte gab.

252    Somit ist dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon zu folgen, wonach die Kommission zu Unrecht angenommen hat, dass LuxSCS für die Zwecke der Anwendung der TNMM als das zu untersuchende Unternehmen anzusehen sei. Die vorstehenden Erwägungen reichen vor diesem Hintergrund aus, um dem gesamten Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon zur Feststellung der Kommission betreffend das Vorliegen des Vorteils zu folgen, ohne dass es einer Funktionsanalyse für LuxOpCo oder der Prüfung der Frage bedarf, ob die Kommission zu Recht die CUP-Methode ausschloss.

253    Der Vollständigkeit halber ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Beurteilungen der Kommission hinsichtlich des Vorliegens eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV auch aus anderen Gründen als denjenigen, die mit der Auswahl der zu untersuchenden Partei und der Funktionsanalyse für LuxSCS zusammenhängen, wie sie vorstehend dargelegt wurden, zurückzuweisen sind. Auch wenn der nicht gerechtfertigten Schlussfolgerung der Kommission zu folgen wäre, wonach LuxSCS die zu untersuchende Partei gewesen wäre, wäre somit das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon außerdem aus den nachstehenden Gründen zu bestätigen.

ii)    Zur von der Kommission für LuxSCS berechneten Vergütung, ausgehend von der Prämisse, dass sie die zu untersuchende Partei war

254    In den Erwägungsgründen 550 bis 560 des angefochtenen Beschlusses versuchte die Kommission, die TNMM selbst anzuwenden, indem sie LuxSCS als zu untersuchende Partei auswählte. Am Ende ihrer Analyse kam die Kommission im 559. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass die „fremdvergleichskonforme Vergütung“ für LuxSCS nach der Lizenzvereinbarung der Summe zweier Bestandteile zu entsprechen habe, nämlich zum einen aus den mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA verbundenen Kosten für LuxSCS in Verbindung mit den immateriellen Wirtschaftsgütern ohne einen Aufschlag und zum anderen aus den von LuxSCS unmittelbar getragenen allgemeinen Betriebskosten für die Gewährleistung der Funktionen im Zusammenhang mit der Erhaltung ihres Eigentums an den immateriellen Wirtschaftsgütern (im Folgenden: Erhaltungskosten), erhöht um 5 % (im Folgenden: Vergütung von LuxSCS). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Vergütung von LuxSCS in Wirklichkeit der Gebühr entspricht, die LuxSCS nach Ansicht der Kommission von LuxOpCo hätte erhalten müssen.

255    Mit der zweiten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes und dem dritten Teil des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie mit dem vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑318/18 machen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Wesentlichen geltend, dass die Kommission, selbst wenn anzuerkennen wäre, dass LuxSCS als die im Rahmen der TNMM zu untersuchende Partei angesehen werden könne (was nicht der Fall sei), bei der Anwendung der TNMM andere Fehler begangen hätte. Die von der Kommission vorgenommene Berechnung zur Bestimmung der „fremdvergleichskonformen Vergütung“ für LuxSCS, nämlich der LuxSCS von LuxOpCo geschuldeten Vergütung, sei nämlich nicht überzeugend.

256    Dieses Vorbringen ist unter Berücksichtigung der beiden von der Kommission unterschiedenen Bestandteile zu behandeln (vgl. oben, Rn. 254).

–       Zum ersten Bestandteil der LuxSCS geschuldeten Gebühr (Eintrittskosten und Kosten der CSA)

257    Zum ersten Bestandteil der LuxSCS geschuldeten Gebühr (vgl. oben, Rn. 254) macht das Großherzogtum Luxemburg im Rahmen der ersten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes geltend, dass die von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Gebühr nicht nur die Entwicklungskosten, sondern auch den Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter widerspiegeln müsse. Dieser Wert stehe nicht in Korrelation mit diesen Kosten und somit mit den von LuxSCS im Rahmen der CSA geleisteten Zahlungen. In Rn. 73 der Klageschrift und in den Rn. 32 ff. der Erwiderung in der Rechtssache T‑318/18 erhebt Amazon im Wesentlichen dieselbe Rüge. Außerdem hätten nach Auffassung des Großherzogtums Luxemburg die Kosten im Zusammenhang mit der CSA und der Eintrittsvereinbarung, die die Gegenleistung dafür seien, dass LuxSCS durch die Lizenzvereinbarung immaterielle Wirtschaftsgüter zur Verfügung stelle, in die Kosten einbezogen werden müssten, auf die ein Aufschlag angewandt werde.

258    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

259    Das Ziel einer Vereinbarung über die Kostenteilung wie der CSA bestehe in der Aufteilung der Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter und nicht in der Erzielung eines Gewinns aus dem Europageschäft. So dürften ATI und A 9 keine Anteile an den Gewinnen aus Geschäftstätigkeiten in Europa außer der Erstattung der Eintrittskosten und nach der CSA erhalten. Im angefochtenen Beschluss sei daher zu Recht festgestellt worden, dass die Vergütung von LuxSCS eine Erstattung der Eintrittszahlungen und der Entwicklungskosten der CSA umfasse. Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Grund für die Existenz von LuxSCS rein fiskalischer Natur gewesen sei. Die Lizenzvereinbarung sei nicht unmittelbar zwischen den amerikanischen Unternehmen und LuxOpCo geschlossen worden, sondern zwischen LuxSCS und LuxOpCo, um zu verhindern, dass die Lizenzgebühren in den Vereinigten Staaten besteuert würden. Wenn LuxSCS nicht bestanden hätte, hätten ATI und A 9 mit LuxOpCo eine Kostenteilungsvereinbarung (und keine Lizenzvereinbarung) geschlossen, so dass nur LuxOpCo die Zahlungen hätte leisten müssen. Außerdem habe sich die Tätigkeit von LuxSCS darauf beschränkt, bloßer Inhaber der immateriellen Wirtschaftsgüter zu sein. LuxSCS habe selbst unmittelbar keine Funktionen in Bezug auf die Entwicklung des geistigen Eigentums ausgeübt und habe dafür somit keine Vergütungen erhalten dürfen. Sie habe weder eine Rolle bei der Verwendung oder der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter gespielt noch eine Kontrolle über diese Entwicklungsfunktionen und die damit verbundenen Risiken ausgeübt. Daher sei auf die Eintrittskosten und die Kosten der CSA kein Aufschlag anzuwenden, da es sich nur um Kosten handele, die von LuxSCS auf LuxOpCo überwälzt worden seien, und LuxSCS keine Funktion im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern ausübe. Im Gegenteil hätte die Vergütung von LuxSCS die Tatsache widerspiegeln müssen, dass die LuxSCS nach der CSA übertragenen Funktionen und Risiken tatsächlich von LuxOpCo getragen worden seien. Jedenfalls habe die Kommission in ihrer Funktionsanalyse nicht die Tatsache außer Acht gelassen, dass LuxSCS der rechtmäßige Eigentümer der immateriellen Wirtschaftsgüter sei.

260    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung, ob eine Vergütung wie die im vorliegenden Fall fragliche einem marktbasierten Ergebnis entspricht, nach den OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 eine Anknüpfung an den Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter und nicht an die Kosten ihrer Entwicklung und Weiterentwicklung voraussetzt. Aus Ziff. 6.27 dieser Leitlinien geht nämlich hervor, dass zwar die Kosten der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter für die Zwecke der Bestimmung der Vergleichbarkeit oder des relativen Werts des Beitrags der verschiedenen Parteien eines Geschäftsvorfalls berücksichtigt werden können, jedoch kein zwingender Zusammenhang zwischen diesen Kosten und dem Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter besteht. Insbesondere ist der tatsächliche angemessene Wert eines immateriellen Gegenstands oft nicht in Abhängigkeit von den Aufwendungen für die Entwicklung und Erhaltung des immateriellen Gegenstands messbar. Wie sich aus Ziff. 6.2 dieser Leitlinien ergibt, können die „immateriellen Gegenstände“ einen erheblichen Wert haben, auch wenn sie in der Bilanz der Gesellschaft keinen Buchwert haben. Schließlich handelt es sich, wie aus den Ziff. 1.22 und 6.27 dieser Leitlinien hervorgeht, insoweit um den sogenannten „Marktwert“ oder „Verkehrswert“. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass dieser Wert zeitlichen Schwankungen unterliegen kann.

261    Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob der erste Bestandteil der Vergütung von LuxSCS, wie er von der Kommission im angefochtenen Beschluss berechnet wurde, nämlich erstens die Eintrittszahlung ohne Aufschlag und zweitens die Zahlungen nach der CSA, ebenfalls ohne Aufschlag, tatsächlich den Wert der an LuxOpCo lizenzierten immateriellen Wirtschaftsgüter widerspiegelt.

262    Erstens kann zwar davon ausgegangen werden, dass die Eintrittszahlung, die von LuxSCS an die amerikanischen Unternehmen als Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums an einem Teil der bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgüter und für eine Lizenz an den übrigen bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgütern geleistet wurde (vgl. oben, Rn. 4), den Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eintrittsvereinbarung, d. h. im Jahr 2005, widerspiegelt.

263    Der Betrag der Eintrittszahlung stellt nämlich zwar keinen Preis dar, der auf dem Markt frei verhandelt wurde, jedoch handelt es sich, wie Amazon in Rn. 73 der Klageschrift in der Rechtssache T‑318/18 ausführt, um den Preis, der als Gegenleistung für den Erwerb der im Jahr 2005 bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgüter gezahlt wurde. Eine solche Zahlung kann im Unterschied zu den Entwicklungskosten den Wert derjenigen immateriellen Wirtschaftsgüter widerspiegeln, die Gegenstand der Eigentumsübertragung waren, nämlich die 2005 bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgüter.

264    Es ist jedoch hervorzuheben, dass, wie insbesondere vom Großherzogtum Luxemburg vorgetragen worden ist, ohne dass die Kommission dem widersprochen hätte, die immateriellen Wirtschaftsgüter im relevanten Zeitraum durch die ständige Innovation der u. a. durch die amerikanischen Unternehmen entwickelten Technologie durch Amazon US sowie dank der Zunahme der Bekanntheit der Marke Amazon und somit der immateriellen Wirtschaftsgüter im Zusammenhang mit dem Marketing in Europa und weltweit erheblich an Wert gewannen. Die bloße Zusammenrechnung der Entwicklungskosten ohne Aufschlag (Zahlungen nach der CSA) und des für die Erlangung der bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgüter gezahlten Preises (Eintrittszahlung) durch die Kommission im 555. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses berücksichtigt nicht die Tatsache, dass im vorliegenden Fall der Wert der bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgüter im relevanten Zeitraum stieg, da diese Wirtschaftsgüter nach und nach von den amerikanischen Unternehmen entwickelt und verbessert und teilweise ersetzt wurden. Die bloße Abwälzung der Zahlung nach der Eintrittsvereinbarung, auf die sich die Kommission beruft und die als Anfangswert der immateriellen Wirtschaftsgüter im Jahr 2005 anerkannt werden kann, spiegelt somit nicht den Verkehrswert dieser immateriellen Wirtschaftsgüter während des gesamten relevanten Zeitraums wider.

265    Insbesondere hat die Kommission zu Unrecht angenommen, dass die von LuxSCS aufgrund der Eintrittsvereinbarung geleisteten Zahlungen ohne Anwendung eines Aufschlags auf LuxOpCo überwälzt werden könnten. Ein fehlender Aufschlag spiegelt nicht wider, was unabhängige Parteien im Rahmen eines freien Geschäfts auf dem Markt akzeptiert hätten, und stellt daher einen Fehler bei der Berechnung der Vergütung von LuxSCS dar. Es ist nämlich vernünftigerweise davon auszugehen und geht außerdem insbesondere aus Ziff. 6.14 der OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995 hervor, dass die auf dem Markt tätigen unabhängigen Parteien versuchen, Gewinne aus der Zurverfügungstellung ihrer Wirtschaftsgüter zu erzielen. Daher ist die Anwendung eines Aufschlags im Rahmen der Berechnung einer Vergütung wie der in Rede stehenden als marktübliche Situation anzusehen. Wie jedoch Amazon in Rn. 98 der Klageschrift in der Rechtssache T‑318/18 geltend macht, hätte die Kommission, wenn sie die Möglichkeiten, die sich LuxSCS eröffneten, geprüft hätte, wie von dieser Ziff. 6.14 gefordert, feststellen können, dass es in Europa zahlreiche Betreiber von Online-Handelstätigkeiten gab, so dass LuxSCS die immateriellen Wirtschaftsgüter über ihre bloßen Entwicklungskosten hinaus hätte verwerten können.

266    Sodann ist zweitens zu den Zahlungen nach der CSA darauf hinzuweisen, dass aus Ziff. 6.27 der OECD-Leitlinien in ihrer Fassung von 1995, wie oben ausgeführt, hervorgeht, dass zwar die Entwicklungskosten für immaterielle Wirtschaftsgüter bei der Bestimmung der Vergleichbarkeit oder des relativen Wertes des Beitrags der verschiedenen Parteien eines Geschäftsvorfalls berücksichtigt werden können, jedoch kein zwingender Zusammenhang zwischen den Entwicklungskosten und dem Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter besteht. Die von der Kommission angedeutete bloße Überwälzung der Zahlung nach der CSA entspricht ausschließlich der Erstattung der Kosten, die LuxSCS für die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter zu tragen hat, und spiegelt nicht den Wert der verbesserten immateriellen Wirtschaftsgüter wider. Die bloße Erstattung der Entwicklungskosten ohne Anwendung eines Aufschlags beruht auf einem Ansatz, der keinem marktbasierten Ergebnis entspricht.

267    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gegenstand des von der Kommission geprüften konzerninternen Geschäftsvorfalls die Lizenz für die immateriellen Wirtschaftsgüter ist, die von LuxSCS an LuxOpCo erteilt wurde, wobei LuxSCS Partei der CSA war. Es steht fest, dass ATI und A 9 Funktionen der Entwicklung eines Teils der immateriellen Vermögensgegenstände ausübten. Das Vorbringen der Kommission, ATI und A 9 seien durch die Zahlungen nach der CSA für diese Funktionen „vergütet“ worden, zeigt jedoch, dass die Kommission ein falsches Verständnis von der CSA hat. Aus Ziff. 4.3 der CSA geht hervor, dass die von LuxSCS im Rahmen der CSA geleisteten Zahlungen nur als Prozentsatz der von den Parteien der CSA aufgewendeten Entwicklungskosten berechnet wurden. Die Beteiligung von LuxSCS an den Entwicklungskosten ist zwar proportional zu den Gewinnen, die die von LuxSCS gehaltenen Unternehmen, und somit LuxOpCo, im Verhältnis zu den Gewinnen von ATI und A 9 erzielen. Jedoch entsprechen die Zahlungen nach der CSA somit einem Teil der Entwicklungskosten der im Rahmen der CSA entwickelten und LuxOpCo nach der Lizenzvereinbarung zur Verfügung gestellten immateriellen Wirtschaftsgüter und spiegeln daher nicht den Marktwert dieser immateriellen Wirtschaftsgüter wider. Eine fremdvergleichskonforme Lizenzgebühr nach der Lizenzvereinbarung hätte jedoch diesen Wert widerzuspiegeln.

268    Nach alledem stellt der Umstand, dass LuxSCS die Entwicklungsfunktionen nicht unmittelbar selbst ausübte, nicht die Feststellung in Frage, dass der Betrag der von LuxOpCo entrichteten Gebühr den Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter widerspiegeln muss.

269    Daher war die Feststellung der Kommission unzutreffend, dass die Vergütung von LuxSCS auf der Grundlage einer bloßen Überwälzung der Kosten der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter habe berechnet werden können.

270    Die Schlussfolgerung oben in Rn. 269 wird durch das übrige Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt.

271    Erstens macht die Kommission geltend, LuxSCS sei nur eine Vermittlerin und sie habe LuxOpCo lediglich die im Zusammenhang mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA entstandenen Kosten übertragen und anschließend einen Teil der von LuxOpCo erhaltenen Gebühr nach der Lizenzvereinbarung auf A 9 und ATI in Höhe dieser Kosten übertragen. Die Differenz zwischen den als Lizenzgebühr erhaltenen Beträgen und den Zahlungen nach der CSA sei LuxSCS zugeordnet und gegebenenfalls von ihren Gesellschaftern nach oben weitergeleitet worden, ohne dass LuxSCS irgendeine Funktion ausgeübt hätte, die es rechtfertigen würde, ihr diese Beträge zuzuordnen.

272    Selbst wenn jedoch davon auszugehen wäre, dass LuxSCS nur eine Vermittlerin war, nämlich zwischen LuxOpCo und den amerikanischen Unternehmen ATI und A 9 zwischengeschaltet, die keine Entwicklungsfunktionen ausgeübt hatte, hätte die Höhe der Gebühr, die LuxOpCo zahlen hätte müssen, und somit die Vergütung von LuxSCS, den Marktwert der nach der Lizenzvereinbarung zur Verfügung gestellten immateriellen Wirtschaftsgüter widerspiegeln müssen. Die bloße Abwälzung der Zahlung nach der CSA, auf die sich die Kommission beruft, entspricht jedoch nur der Erstattung der Kosten, die LuxSCS für die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter zu tragen hatte, und spiegelt nicht den Marktwert dieser immateriellen Wirtschaftsgüter wider.

273    Wenn die Kommission mit ihrem oben in Rn. 271 angeführten Vorbringen geltend machen will, dass die Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo durch die Zwischenschaltung von LuxSCS zwischen LuxOpCo und den amerikanischen Unternehmen ATI und A 9 und durch den Abschluss der Lizenzvereinbarung mit LuxSCS – im Gegensatz zum Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit den angeführten Unternehmen – verringert worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht auf eine solche Begründung stützte, um das Bestehen des Vorteils zugunsten von LuxOpCo nachzuweisen.

274    Außerdem ist nicht nachgewiesen, dass die Höhe einer an die amerikanischen Unternehmen gezahlten Vergütung, wenn die Lizenzvereinbarung von LuxOpCo unmittelbar mit diesen Unternehmen geschlossen worden wäre, ohne dass LuxSCS zwischen diesen Unternehmen zwischengeschaltet gewesen wäre, sich von der LuxSCS geschuldeten Gebühr unterschieden hätte.

275    Zweitens wird die oben in Rn. 269 gezogene Schlussfolgerung nicht durch das von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument in Frage gestellt, dass die CSA unmittelbar mit LuxOpCo hätte geschlossen werden können.

276    Insoweit ist festzustellen, dass die Argumentation, wonach, wenn LuxSCS nicht bestanden hätte, eine Kostenteilungsvereinbarung mit LuxOpCo geschlossen worden wäre, rein hypothetisch ist und tatsächlich in den Bereich der Spekulation fällt.

277    Außerdem hat die Kommission im angefochtenen Beschluss ihre Argumentation nicht darauf gestützt, dass LuxOpCo unmittelbar Partei der CSA hätte sein können oder müssen. Es ist nämlich festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die Existenz von LuxSCS als solche, ebenso wie die Gültigkeit der sich aus dem Abschluss der CSA und der Lizenzvereinbarung ergebenden Konstruktion nach luxemburgischem Recht, an keiner Stelle mit der Begründung in Frage stellte, dass diese Konstruktion es gestattet hätte, die Steuerschuld von LuxOpCo zu verringern. Die Kommission beschränkte sich nämlich darauf, die Höhe der von LuxOpCo an LuxSCS zu entrichtenden Lizenzgebühr zu beanstanden.

278    Drittens wird die oben in Rn. 269 gezogene Schlussfolgerung nicht durch das Vorbringen der Kommission in der mündlichen Verhandlung in Frage gestellt, dass LuxSCS aus rein steuerlichen Gründen gegründet worden sei.

279    Der bloße Umstand, dass eine zu einer Unternehmensgruppe gehörende Einheit nur zu Zwecken der steuerlichen Optimierung gegründet wurde und eine Lizenzgebühr für immaterielle Wirtschaftsgüter erhält, die innerhalb der fraglichen Unternehmensgruppe entwickelt wurden, reicht als solcher nicht aus, um den Schluss zu ziehen, dass für den Schuldner der Lizenzgebühr ein Steuervorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorlag, und belegt daher nicht zwangsläufig das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zugunsten des Schuldners der Lizenzgebühr.

280    Im vorliegenden Fall beruht die unterschiedliche steuerliche Behandlung von LuxSCS in Luxemburg (LuxSCS war in Luxemburg „steuerlich transparent“) und den Vereinigten Staaten (LuxSCS war in den Vereinigten Staaten „steuerlich nicht transparent“) zwar auf einer sogenannten „hybriden Gestaltung“, d. h. einer unterschiedlichen Bestimmung des Steuerpflichtigen nach luxemburgischem Recht und nach dem Recht der Vereinigten Staaten.

281    Wie jedoch die Kommission selbst in Fn. 16 zu Rn. 13 der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑816/17 ausgeführt hat, sind die Folgen dieser hybriden Gestaltung (die Nichtbesteuerung der Gewinne) nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses. Im Rahmen der vorliegenden Klage kommt es daher weder darauf an, ob LuxSCS einen rein steuerlichen Zweck hat, noch darauf, ob die von ihr erzielten Einkünfte tatsächlich in den Händen ihrer Gesellschafter in den Vereinigten Staaten besteuert wurden, sondern darauf, ob LuxOpCo eine zu hoch angesetzte Lizenzgebühr gezahlt hat und ob die Vergütung von LuxOpCo und damit ihre Steuerbemessungsgrundlage dadurch künstlich vermindert wurden.

282    Viertens wird die oben in Rn. 269 angeführte Schlussfolgerung nicht durch die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, einmal angenommen, sie träfe zu, in Frage gestellt, dass LuxSCS eine „fiktive“ Gesellschaft gewesen sei.

283    Insoweit ist festzustellen, dass LuxSCS sehr wohl rechtlich existent war, was die Kommission nicht in Frage stellt. LuxSCS war in Luxemburg ansässig und im Handelsregister des Großherzogtums Luxemburg als luxemburgische Gesellschaft eingetragen.

284    Nach alledem ist festzustellen, dass die Schlussfolgerung im 555. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach der erste Bestandteil der „Vergütung von LuxSCS“ in einer „Inrechnungstellung der Durchlaufkosten, die LuxSCS in Verbindung mit der Eintrittsvereinbarung und der CSA übernahm (d. h. den Kosten der Eintrittsvereinbarung und der CSA)“ hätte bestehen müssen, fehlerhaft ist, da eine solche Lizenzgebühr nicht einem marktbasierten Ergebnis entspricht. Dieser Fehler bei der Anwendung der TNMM genügt ebenfalls für die Annahme, dass der Feststellung der Kommission in Bezug auf den Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht gefolgt werden kann. Die Prüfung des Vorbringens der Parteien ist jedoch wie folgt fortzusetzen.

–       Zum zweiten Bestandteil der Vergütung von LuxSCS (Erhaltungskosten)

285    Zum zweiten Bestandteil der Vergütung von LuxSCS (vgl. oben, Rn. 254) ist das Großherzogtum Luxemburg der Ansicht, dass die Beurteilung im 555. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, nämlich die Ansicht, dass „LuxSCS eine Vergütung zuzüglich eines Aufschlags bezogen auf eine Kostenbasis erhalten [sollte], in der ausschließlich die Kosten externer Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erhaltung des rechtlichen Eigentums von LuxSCS an den immateriellen Wirtschaftsgütern … berücksichtigt wurden“, fehlerhaft sei. Hierzu trägt das Großherzogtum Luxemburg vor, die Kommission setze den „fremdvergleichskonformen“ Aufschlag auf der Grundlage des JTPF‑Berichts zu Unrecht auf 5 % der externen Kosten fest. Insbesondere ist nach Ansicht des Großherzogtums Luxemburg der Aufschlag von 5 %, der als der „fremdvergleichskonforme“ Aufschlag gelte, ebenso willkürlich wie die summarische Analyse, auf der dieser Aufschlag beruhe. Der JTPF‑Bericht beruhe seinerseits auf einer Analyse der von den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten beobachteten Praktiken und nicht auf einer Analyse der luxemburgischen Praxis in Bezug auf Art. 164 Abs. 3 LIR. Unabhängig davon, dass er im luxemburgischen Recht keine Geltung habe und dass er nach dem fraglichen Steuervorbescheid erlassen worden sei und daher zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses nicht verfügbar gewesen sei, beziehe sich der JTPF‑Bericht auf Aufschläge im Rahmen konzerninterner Geschäftsvorfälle und könne daher nicht als Grundlage für die Ermittlung eines fremdvergleichskonformen Aufschlags herangezogen werden, nämlich des Aufschlags, der den auf dem freien Markt bestehenden Bedingungen entspreche.

286    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

287    Sie unterstreicht, dass der zweite Bestandteil der von LuxOpCo an LuxSCS geschuldeten Lizenzgebühr einen minimalen Teil von ihr darstelle, so dass sie sich nicht wirklich auf die von der Kommission berechnete „Vergütung“ von LuxSCS auswirke. Im vorliegenden Fall sei es nicht erforderlich gewesen, eine echte Verrechnungspreisanalyse durchzuführen und zu bestimmen, wie hoch die genaue Vergütung von LuxOpCo hätte sein müssen. Dagegen könne der JTPF‑Bericht als „sicherer Hafen“ verwendet werden und erlaube es, den Betrag der gruppeninternen Geschäftsvorfälle mit geringem Wert festzusetzen, für die eine echte Verrechnungspreisanalyse zu kostspielig und beschwerlich sei. Das Großherzogtum Luxemburg sei Teil des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums, und der JTPF‑Bericht stütze sich auch auf die luxemburgische Praxis. Zwar seien die im JTPF‑Bericht festgestellten Aufschläge für gruppeninterne Geschäftsvorfälle beobachtet worden, doch handele es sich um die – von den Steuerbehörden allgemein anerkannten – Aufschläge, da sie die Rentabilität von Unternehmen unter Marktbedingungen widerspiegelten. Schließlich stamme der JTPF‑Bericht zwar aus dem Jahr 2010, er stütze sich aber auf Daten für den Zeitraum von 1999 bis 2007; diese Daten könnten verwendet werden, da der fragliche Steuervorbescheid erst ab 2006 angewandt worden sei.

288    Zunächst entspricht, wie oben in Rn. 254 dargelegt, der zweite Bestandteil der „Vergütung“ von LuxSCS, den die Kommission berechnete, den Kosten, die als „Erhaltungskosten“ bezeichnet werden könnten, zuzüglich 5 %. Dieser Ertrag von 5 % wurde von der Kommission auf der Grundlage des JTPF‑Berichts festgestellt, da es sich um den Ertragssatz handelt, der in den meisten Fällen für Verrechnungspreise im Zusammenhang mit konzerninternen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung festgestellt wurde.

289    Wie das Großherzogtum Luxemburg und Amazon vortragen, ist der von der Kommission verfolgte Ansatz in mehrfacher Hinsicht problematisch.

290    Zunächst räumte die Kommission im 557. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst ein, dass es für die Bewertung der Vergütung von LuxSCS für deren Funktionen, die der Erhaltung ihres Eigentums an den immateriellen Wirtschaftsgütern entsprächen, keine Vergleichswerte gebe.

291    Nach Ziff. 3.26 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 ist bei der Anwendung der TNMM „der für den von einem Steuerpflichtigen aufgrund einer konzerninternen Transaktion erzielte Nettoaufschlag theoretisch in Bezug auf den Nettoaufschlag zu bestimmen, den derselbe Steuerpflichtige aufgrund von vergleichbaren Transaktionen auf dem freien Markt erzielt“. Das Fehlen eines Vergleichswerts hätte dazu führen müssen, dass die Kommission die TNMM auf LuxSCS nicht anwendet.

292    Zwar ist der von der Kommission gewählte Ansatz, den JTPF‑Bericht zu verwenden, anstatt ihre eigene Suche nach Vergleichswerten und ihre eigene Analyse der vergleichbaren auf dem Markt vorhandenen Nettoaufschläge durchzuführen, mit den Regeln für die Anwendung der TNMM, wie sie sich aus den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 ergeben, nicht unvereinbar. Zum einen ist es nämlich, wie sich u. a. aus den Ziff. 3.29 und 3.30 dieser Leitlinien ergibt, allgemein bekannt, dass schwierig ist, hinreichend genaue Informationen über die Nettoaufschläge auf dem freien Markt und über die häufig auf dem freien Markt als Gewinnindikatoren verwendeten Parameter zu finden. Zum anderen sind die Form und die Art der zu diesem Zweck verwendeten Informationsquellen als solche ohne Belang. Wenn es eine Veröffentlichung über die Gewinnindikatoren oder die Nettoaufschläge gibt, die in einem bestimmten Bereich der Wirtschaftstätigkeit festgestellt wurden, kann diese Veröffentlichung grundsätzlich verwendet werden, ohne dass es sich insoweit zwangsläufig um einen „sicheren Hafen“ handeln muss, wie ihn die Kommission im Rahmen ihres oben in Rn. 287 dargestellten Vorbringens anführt.

293    Die Verwendung eines solchen Berichts kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die darin enthaltenen Daten relevant und zuverlässig sind. Insbesondere kann von einem solchen Bericht zumindest verlangt werden, dass die darin enthaltenen Daten Geschäftsvorfälle betreffen, die mit dem konzerninternen Geschäftsvorfall vergleichbar sind, sowie Funktionen, die mit denen des untersuchten Unternehmens vergleichbar sind, so dass der Vergleich tatsächlich zuverlässig ist.

294    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der von der Kommission auf der Grundlage des JTPF‑Berichts gewählte Aufschlag dem nach den Angaben der Verfasser dieses Berichts allgemein beobachteten Aufschlag für bestimmte „konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung“ entspricht. LuxSCS hat solche Dienstleistungen jedoch nicht erbracht. Die Aufgaben im Zusammenhang mit der Erhaltung ihres Eigentums an den immateriellen Wirtschaftsgütern können nämlich nicht einer konzerninternen Dienstleistung „mit geringer Wertschöpfung“ gleichgestellt werden. Daraus folgt, dass die Verwendung des JTPF‑Bericht zwar grundsätzlich keine methodischen Schwierigkeiten aufwirft, doch standen die in diesem Bericht enthaltenen Informationen in keinem Zusammenhang mit den Funktionen von LuxSCS im Rahmen des im vorliegenden Fall in Rede stehenden konzerninternen Geschäftsvorfalls, nämlich der Lizenzvereinbarung.

295    In Anbetracht der Erwägungen oben in den Rn. 257 bis 292 ist dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon zu folgen, wonach die Kommission bei der Funktionsanalyse für LuxSCS Fehler begangen habe, was sich auf ihre Schlussfolgerung zur Wahl von LuxSCS als im Rahmen der Anwendung der TNMM zu untersuchende Partei ausgewirkt habe. Die Kommission hat auch bei der Bestimmung des angemessenen Nettoaufschlags für den konzerninternen Geschäftsvorfall im vorliegenden Fall einen Fehler begangen.

3)      Ergebnis zur Feststellung der Kommission

296    Im Licht dieser verschiedenen Erwägungen ist dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon zu folgen, mit dem sie die Feststellung des Vorteils beanstanden. Zum einen hat die Kommission zu Unrecht angenommen, dass LuxSCS als zu untersuchende Partei anzusehen sei. Zum anderen ist die Berechnung der „Vergütung von LuxSCS“ durch die Kommission auf der Grundlage der Prämisse, dass LuxSCS die zu untersuchende Einheit sein müsse, mit zahlreichen Fehlern behaftet, und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie hinreichend zuverlässig ist oder es gestattet, zu einem fremdvergleichskonformen Ergebnis zu gelangen. Da die von der Kommission angewandte Berechnungsmethode zurückzuweisen ist, kann diese Methode nicht die Feststellung der Kommission stützen, dass die von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Lizenzgebühr niedriger hätte sein müssen als die Gebühr, die nach dem fraglichen Steuervorbescheid im angefochtenen Zeitraum tatsächlich bezogen wurde. Die in der Feststellung des Vorteils enthaltenen Umstände erlauben daher nicht den Nachweis, dass die Steuerlast von LuxOpCo aufgrund einer Überbewertung der Lizenzgebühr künstlich gesenkt wurde.

297    Folglich sind der ersten und der zweiten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes und dem dritten Teil des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 sowie dem zweiten und dem vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑318/18, mit denen geltend gemacht werden soll, dass die Kommission das Vorliegen eines Vorteils im Rahmen ihrer Feststellung nicht nachgewiesen habe, stattzugeben, ohne dass es erforderlich wäre, die anderen Klagegründe und Argumente zu prüfen, die gegen diese Feststellung gerichtet sind.

3.      Zu den gegen die ergänzende Begründung zum Vorteil gerichteten Klagegründen und Argumenten

298    Im Rahmen der dritten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des fünften Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die ergänzende Begründung der Kommission zum Vorliegen eines Steuervorteils zugunsten von LuxOpCo.

299    Um diese Klagegründe eingehend zu prüfen, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in den Rn. 65 bis 68 dargelegt, im Rahmen ihrer ergänzenden Begründung zum Vorliegen eines Vorteils drei Feststellungen getroffen hat, wonach die vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreismethode auf drei fehlerhaften methodologischen Entscheidungen beruhe.

300    Zunächst hat die Kommission mit ihrer ersten ergänzenden Feststellung (Erwägungsgründe 565 bis 569 des angefochtenen Beschlusses) einen Fehler bei der Wahl der vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Verrechnungspreismethode festgestellt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass die im Verrechnungspreisbericht von 2003 angewandte Methode in Wirklichkeit der TNMM entsprach. Dagegen wurde von den Verfassern dieses Berichts, anders als aus dem Verrechnungspreisbericht von 2003 selbst hervorgeht, die Methode der Gewinnteilung weder gewählt noch tatsächlich angewandt. Amazon hat in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen bestätigt, dass die im fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreismethode darin bestand, in einem ersten Schritt die Vergütung von LuxOpCo in Anwendung der TNMM zu berechnen und in einem zweiten Schritt LuxSCS sämtliche Restgewinne zuzurechnen, um sie für die immateriellen Wirtschaftsgüter zu vergüten. Außerdem wurde von der Kommission im 540. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass die Verfasser des Verrechnungspreisberichts von 2003 in Wirklichkeit die TNMM und nicht die Methode der Gewinnaufteilung in der Variante der Restgewinnanalyse verwendet hätten.

301    Zur Stützung ihrer ersten ergänzenden Feststellung führte die Kommission aus, dass selbst wenn LuxSCS tatsächlich einzigartige und wertvolle Funktionen wahrgenommen habe, was sie bestreite, die luxemburgischen Steuerbehörden nicht hätten verkennen können, dass LuxOpCo ebenfalls einzigartige und wertvolle Funktionen im Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum und den Geschäftstätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa und keine Aufgaben der laufenden Geschäftsführung ausgeübt habe. Die Kommission ging folglich davon aus, dass die im fraglichen Steuervorbescheid gewählte Ermittlungsmethode nicht zu einem verlässlichen Ergebnis führen könne und dass die Methode der Gewinnaufteilung mit einer Beitragsanalyse geeigneter sei. Nach Auffassung der Kommission wären jedoch die Vergütung und damit das steuerpflichtige Einkommen von LuxOpCo höher gewesen, wenn die letztgenannte Methode angewandt worden wäre.

302    Sodann vertrat die Kommission im Rahmen ihrer zweiten ergänzenden Feststellung (Erwägungsgründe 570 bis 574 des angefochtenen Beschlusses) die Auffassung, dass die Wahl des im fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Gewinnindikators fehlerhaft gewesen sei. Insbesondere habe der fragliche Steuervorbescheid, selbst wenn die im Verrechnungspreisbericht von 2003 enthaltene Funktionsanalyse zutreffend gewesen wäre, das steuerpflichtige Einkommen von LuxOpCo unangemessen verringert und ihr damit einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, indem er einen Aufschlag auf die Betriebskosten und nicht auf die Gesamtkosten akzeptiert habe.

303    Schließlich kam die Kommission im Rahmen ihrer dritten ergänzenden Feststellung (Erwägungsgründe 574 bis 578 des angefochtenen Beschlusses) zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer Obergrenze in der Preisvereinbarung für die Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage von LuxOpCo, wie sie im angefochtenen Beschluss gebilligt worden sei, jedenfalls weder angemessen noch wirtschaftlich gerechtfertigt sei. Die Einführung einer solchen Obergrenze habe dieser Gesellschaft einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, da sie zu einer Verringerung des steuerpflichtigen Einkommens von LuxOpCo für die Steuerjahre 2006, 2007, 2011, 2012 und 2013 geführt habe.

304    Jede dieser ergänzenden Feststellungen in den Abschnitten 9.2.2.1 bis 9.2.2.3 des angefochtenen Beschlusses ist von den anderen unabhängig. Somit ist jede für den Nachweis geeignet, dass ein Vorteil vorliegt. Die Kommission hat sowohl in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen als auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass jede dieser ergänzenden Feststellungen unabhängig und eigenständig die Feststellung des Vorliegens eines Vorteils gestützt habe.

a)      Vorbemerkungen zu den drei ergänzenden Feststellungen

305    Im 564. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, dass der Zweck der Bewertung, die sie im Rahmen des Abschnitts 9.2.2 zu den ergänzenden Feststellungen betreffend den Vorteil vorgenommen habe, nicht sei, für LuxOpCo eine „genaue“ fremdvergleichskonforme Vergütung zu bestimmen, sondern der Nachweis, dass der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffe, indem er fehlerhafte methodische Entscheidungen gebilligt habe, die zu einer Verringerung ihres steuerpflichtigen Einkommens geführt hätten.

306    Insoweit sind in Ergänzung zu den Ausführungen oben in den Rn. 123 bis 126 im Hinblick auf den Inhalt des Urteils vom 24. September 2019, Niederlande u a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669), die Beweisanforderungen zu klären, denen die Kommission im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe im Kontext eines Steuervorbescheids wie dem fraglichen unterliegt.

307    Zunächst hat das Gericht in Rn. 152 des Urteils vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669), entschieden, dass, wenn die Kommission den Fremdvergleichsgrundsatz anwendet, um zu kontrollieren, ob der steuerpflichtige Gewinn eines integrierten Unternehmens in Anwendung einer steuerlichen Maßnahme (erster Faktor des Vergleichs) einer verlässlichen Annäherung an einen zu Marktbedingungen erzielten steuerpflichtigen Gewinn (zweiter Faktor des Vergleichs) entspricht, sie das Vorliegen eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nur unter der Voraussetzung feststellen kann, dass die Abweichung zwischen den beiden Faktoren des Vergleichs über die Ungenauigkeiten hinausgeht, die der für die Erlangung dieser Annäherung verwendeten Methode innewohnen.

308    Daraus folgt, dass die Kommission, um darzutun, dass ein Steuervorbescheid, der für die Berechnung der Vergütung eines Unternehmens verwendet wird, einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, nachweisen muss, dass diese Vergütung von einem fremdvergleichskonformen Ergebnis in einem solchen Umfang abweicht, dass sie nicht als eine Vergütung angesehen werden kann, die unter Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt erzielt worden wäre.

309    Sodann hat das Gericht in den Rn. 201 und 211 des Urteils vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669), klargestellt, dass allein die Missachtung von methodologischen Vorschriften nicht zwangsläufig zu einer Verminderung der Steuerbelastung führte. Außerdem war es erforderlich, dass die Kommission nachwies, dass die methodologischen Fehler, die sie in dem Steuervorbescheid festgestellt hatte, es nicht gestatteten, zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis zu führen und dass sie zu einer Senkung der steuerpflichtigen Gewinne geführt hatten. Das Gericht ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass allein die Feststellung von Fehlern bei der Wahl oder Anwendung der Verrechnungspreismethode grundsätzlich für sich genommen nicht hinreichte, um das Vorliegen eines Vorteils nachzuweisen und um folglich das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV nachzuweisen.

310    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es zwar Sache der Kommission ist, konkret nachzuweisen, dass der methodologische Fehler zu einer Verminderung der Steuerbelastung des Begünstigten des Steuervorbescheids geführt hat, das Gericht aber nicht ausgeschlossen hat, dass in bestimmten Fällen ein methodologischer Fehler so geartet ist, dass er es keinesfalls erlaubt, zu einer Annäherung an ein fremdvergleichskonformes Ergebnis zu führen, und dass er zwangsläufig zu einer Unterbewertung der Vergütung führt, die unter Marktbedingungen hätte erzielt werden müssen.

311    Eine solche Auslegung des Urteils vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669), ergibt sich aus der Verwendung des Ausdrucks „grundsätzlich“ in den Rn. 201 und 211 sowie aus Rn. 212 dieses Urteils, in dem klargestellt wird, dass die Kommission in dieser Rechtssache keinen Gesichtspunkt angeführt hatte, der den Schluss zuließ, dass die Wahl der im fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Methode zwangsläufig zu einem zu niedrigen Ergebnis führte, ohne dass ein Vergleich mit dem Ergebnis erfolgte, das in Anwendung der von ihr befürworteten Methode erlangt worden wäre.

312    Nach alledem und mangels eines Vergleichs im angefochtenen Beschluss zwischen dem Ergebnis, das bei Anwendung der von der Kommission befürworteten Verrechnungspreismethode erzielt worden wäre, und dem Ergebnis, das in Anwendung des fraglichen Steuervorbescheids erzielt wurde, ist der von der Kommission im 564. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegte Ansatz, nach dem sich die Kommission darauf beschränkt, Fehler in der Verrechnungspreisanalyse festzustellen, grundsätzlich nicht ausreichend, um nachzuweisen, dass die Steuerbelastung von LuxOpCo tatsächlich vermindert wurde.

313    Dennoch ist zu prüfen, ob trotz der Feststellung im 564. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die ergänzende Begründung der Kommission zum Vorteil konkrete Gesichtspunkte enthält, die belegen können, dass die von der Kommission festgestellten Fehler in der Verrechnungspreisanalyse zu einer wirklichen Verminderung der Steuerbelastung von LuxOpCo führten.

b)      Zur ersten ergänzenden Feststellung zum Vorteil

314    Im Rahmen der dritten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des fünften Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die erste ergänzende Feststellung der Kommission zum Vorliegen eines Steuervorteils zugunsten von LuxOpCo (Abschnitt 9.2.2.1 des angefochtenen Beschlusses). Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon beanstanden im Wesentlichen die Feststellung, dass die von der Kommission befürwortete Verrechnungspreismethode, nämlich die Gewinnaufteilungsmethode mit Beitragsanalyse, angemessen gewesen sei. Die Kommission sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen ausübe. Das Großherzogtum Luxemburg trägt vor, dass die Kommission im Übrigen nicht versucht habe, selbst die Gewinnaufteilungsmethode anzuwenden.

315    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

316    Nach Ansicht der Kommission wurden im angefochtenen Beschluss zu Recht unangemessene methodische Entscheidungen in Bezug auf die im fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreisvereinbarung festgestellt. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass LuxSCS einzigartige und wertvolle Funktionen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern ausübe, gelte dies auch für LuxOpCo, so dass eine Bestimmung der Verrechnungspreise auf der Grundlage der Gewinnaufteilungsmethode eine geeignetere Verrechnungspreismethode darstelle und zu einer höheren Vergütung von LuxOpCo führe als die im fraglichen Steuervorbescheid bestätigte.

317    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 565 bis 568 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen ausgeführt hat, dass, selbst wenn der These zu folgen wäre, dass LuxSCS einzigartige und wertvolle Funktionen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern ausübe, der Umstand, dass LuxOpCo ebenfalls solche Funktionen übernommen habe, bedeutet hätte, dass im vorliegenden Fall die Methode der Gewinnaufteilung in der Variante der Restgewinnanalyse der TNMM hätte vorgezogen werden müssen.

318    Insoweit ist auf zwei verschiedene Dinge hinzuweisen.

319    Erstens hat die Kommission im 565. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass LuxOpCo keineswegs nur „routinemäßige“ Verwaltungsfunktionen, sondern vielmehr eine ganze Reihe einzigartiger und wertvoller Funktionen im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter und auf das Europageschäft der Amazon-Gruppe im relevanten Zeitraum ausgeübt habe.

320    In diesem Kontext ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission weder festgestellt hat, dass bestimmte Funktionen von LuxOpCo, wie sie im Rahmen ihrer eigenen Funktionsanalyse festgestellt wurden, als gewöhnlich oder routinemäßig hätten eingestuft werden können, noch, dass für diese Funktionen trotz dieses Routinecharakters eine zusätzliche Vergütung hätte gezahlt werden müssen.

321    Zweitens kam die Kommission im 568. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis, dass die Anwendung der Beitragsanalyse in dieser Sache zu einer Vergütung für LuxOpCo für sämtliche von LuxOpCo ausgeübten Funktionen sowie für ihre Vermögenswerte und Risiken, wie in Abschnitt 9.2.1.2 des angefochtenen Beschlusses analysiert, geführt hätte, die daher höher ausgefallen wäre als die nach dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Vergütung. Durch die Genehmigung der TNMM habe der angefochtene Steuervorbescheid zu einer Senkung des steuerpflichtigen Einkommens von LuxOpCo im Vergleich zu Unternehmen geführt, deren steuerpflichtige Gewinne sich aus Preisen ergeben hätten, die auf dem Markt verhandelt worden seien. Insbesondere war es, wie sich aus dem 566. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, nach Ansicht der Kommission unangemessen, eine Verrechnungspreisvereinbarung zu billigen, nach der der von LuxOpCo erwirtschaftete und über einen Anteil von [vertraulich] % seiner Betriebskosten hinausgehende Restgewinn vollständig LuxSCS zugerechnet wurde.

322    Außerdem geht aus Rn. 45 der Antworten der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hervor, dass die Vergütung von LuxOpCo ihrer Ansicht nach „zwangsläufig“ mit der Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Restgewinnanalyse höher war, da diese Methode es ermöglicht hätte, die einzigartigen und wertvollen Funktionen von LuxOpCo zu vergüten.

323    Auf der Grundlage der oben in den Rn. 316 bis 322 dargelegten Erwägungen sind die Rügen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon gegen die erste ergänzende Feststellung zu prüfen.

324    Wie sich aus der vorstehenden Rn. 314 ergibt, tragen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon drei Rügen vor, mit denen sie erstens die Behauptung beanstanden, dass LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt habe, zweitens die Feststellung, dass der fragliche Steuervorbescheid die Verwendung der TNMM zu Unrecht gebilligt habe und die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Restgewinnanalyse im vorliegenden Fall zu verwenden sei, und drittens die Schlussfolgerung, dass die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Restgewinnanalyse „zwangsläufig“ zu einer höheren Vergütung geführt hätte.

1)      Zur Ausübung sogenannter „einzigartiger und wertvoller“ Funktionen durch LuxOpCo

325    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die erste ergänzende Feststellung ausdrücklich auf die Abschnitte 9.2.1.2.1 und 9.2.1.2.2, 9.2.1.2.3 und 9.2.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses verweist, in denen die Kommission ihre eigene Funktionsanalyse für LuxOpCo vorgenommen hat, und unmittelbar auf den in diesen Abschnitten enthaltenen Feststellungen beruht.

326    Die Feststellungen in den Abschnitten 9.2.1.2.1 und 9.2.1.2.2, 9.2.1.2.3 und 9.2.1.2.4 des angefochtenen Beschlusses sowie die Feststellung, dass LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt habe, sind Gegenstand der dritten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des fünften Klagegrundes, der auf den zweiten und den dritten Klagegrund verweist, in der Rechtssache T‑318/18, mit denen die Funktionsanalyse für LuxOpCo, die die Kommission vorgenommen hat, beanstandet wird.

327    Das gesamte Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon, mit dem die Begründetheit der von der Kommission vorgenommenen Funktionsanalyse für LuxOpCo in Frage gestellt wird, und die Feststellung, dass LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt habe, sind zusammen zu prüfen.

328    Zunächst hatte LuxOpCo nach Ansicht des Großherzogtums Luxemburg und Amazon keine erheblichen Funktionen im Zusammenhang mit der Entwicklung, der Verbesserung, der Verwaltung und der Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter in Europa, sondern sei nur mit dem Betrieb des Unternehmens betraut gewesen. Der wesentliche Teil der Entwicklung, Verwaltung und Verbesserung der immateriellen Wirtschaftsgüter sei nämlich in den Vereinigten Staaten erfolgt.

329    Sodann machen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Wesentlichen geltend, dass es sich bei den Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe in Europa um routinemäßige Beiträge und nicht um einzigartige und wertvolle Beiträge handele, da sie weitgehend auf den immateriellen Wirtschaftsgütern beruhten, die LuxSCS zur Verfügung gestellt habe. Die Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit den Geschäftstätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa hätten sich somit auf Verwaltungsfunktionen beschränkt.

330    Schließlich trägt Amazon zu den Wirtschaftsgütern und übernommenen Risiken von LuxOpCo vor, dass die Risiken im Zusammenhang mit den Geschäftstätigkeiten von LuxOpCo durch die Technologie verwaltet und abgemildert worden seien.

331    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

332    Zunächst macht sie im Wesentlichen geltend, dass LuxOpCo mit Unterstützung der europäischen verbundenen Gesellschaften alle einzigartigen und wertvollen Funktionen in Bezug auf die drei Bestandteile der immateriellen Wirtschaftsgüter, nämlich die Technologie, die Kundendaten und das Marketing, ausgeübt habe.

333    Sodann macht sie geltend, dass die „von Menschen ausgeübten“ Funktionen weder in der Preisfestsetzung noch in den Beziehungen der Amazon-Gruppe zu den Verkäufern und den Kunden, noch bei der Bewirtschaftung der Lagerbestände, noch in den Entscheidungen zu den Lagerbeständen durch die Technologie ersetzt worden seien. Die Tatsache, dass LuxOpCo die immateriellen Wirtschaftsgüter im Rahmen der Ausübung dieser Funktionen genutzt habe, habe nicht bedeutet, dass diese nicht als einzigartig und wertvoll hätten angesehen werden können.

334    Zu den genutzten Wirtschaftsgütern und den von LuxOpCo übernommenen Risiken trägt die Kommission schließlich zum einen vor, dass das Großherzogtum Luxemburg die Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses, die sich auf diese beiden Elemente bezögen, nicht unmittelbar beanstande, und zum anderen tritt sie dem Vorbringen von Amazon entgegen, wonach die Technologie es ermöglicht habe, die Risiken von LuxOpCo zu verwalten, ohne dass irgendeine menschliche Tätigkeit erforderlich gewesen sei.

335    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung der Frage, ob LuxOpCo tatsächlich „einzigartige und wertvolle Funktionen“ ausübte, wie die Kommission vorbringt, oder nur „Routinefunktionen“, wie das Großherzogtum Luxemburg und Amazon vorbringen, im Hinblick auf die oben Rn. 227 behandelten Begriffe vorzunehmen ist. Der Begriff „einzigartige und wertvolle Funktionen“ steht, auch wenn er in den OECD-Leitlinien von 1995 nicht ausdrücklich dargelegt wird, dem Begriff „Routinefunktionen“ gegenüber, die Funktionen sind, die leicht bewertet werden können. Wie oben in Rn. 228 ausgeführt, verweist der Begriff „einzigartige Funktion“ auf die Situation, in der es für eine bestimmte Funktion keinen Vergleichsmaßstab gibt. Der Begriff „wertvolle Funktion“ bezieht sich insbesondere darauf, dass die fragliche Funktion das Erzielen erheblicher Einnahmen gestattet.

336    Da außerdem die Kommission ihre Funktionsanalyse für LuxOpCo im Wesentlichen auf die Erklärungen der Arbeitnehmer der Letzteren im Rechtsstreit vor dem United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) (im Folgenden: Aussagen der Arbeitnehmer von Amazon) gestützt hat, ist auch darauf hinzuweisen, dass das Großherzogtum Luxemburg in der Klageschrift in der Rechtssache T‑816/17 geltend macht, dass diese Aussagen aus 2014 stammten und die Tätigkeiten der Amazon-Gruppe zwischen 2005 und 2014 beträfen, so dass die luxemburgischen Behörden zum Zeitpunkt der Gewährung des fraglichen Steuervorbescheids auf keinen Fall Kenntnis von diesen Informationen haben konnten.

337    Dazu ist zunächst festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg mit diesem Argument das Gegenteil der Auffassung vertritt, die es in seinen Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts vertreten hat. Was nämlich die Möglichkeit anbelangt, die Beurteilung des US Tax Court und den Verrechnungspreisbericht von 2017 zu berücksichtigen, so heißt es darin, dass es für die Feststellung, ob LuxOpCo einen Vorteil erhalten habe, erforderlich sei zu prüfen, welche Steuer sie ohne den fraglichen Steuervorbescheid hätte tragen müssen, was zwangsläufig impliziert, Informationen aus der Zeit nach der Gewährung des fraglichen Steuervorbescheids zu berücksichtigen.

338    Zwar ist das Gericht im Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 247 und 250), davon ausgegangen, dass die Prüfung des Vorliegens eines Vorteils durch eine Vorabverständigung über die Preise, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses war, unter Berücksichtigung des Kontexts der Zeit zu erfolgen hat, in der sie geschlossen wurde. Das Gericht hat diese Feststellung jedoch auf die Tatsache gestützt, dass in dieser Rechtssache die von der Kommission beanstandete Maßnahme ausschließlich die Vorabverständigung über die Preise war.

339    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Maßnahme der luxemburgischen Behörden, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, nicht nur der fragliche Steuervorbescheid ist, der 2003 erlassen und 2004 und 2010 verlängert wurde, sondern auch die anschließende Annahme der auf diesen Bescheid gestützten Jahreserklärung von LuxOpCo, so dass die Informationen über die tatsächliche Situation von LuxOpCo in dem betreffenden Zeitraum zwangsläufig Informationen waren, die den Steuerbehörden zur Verfügung standen, als sie die Maßnahmen erließen, die Gegenstand des Steuervorbescheids sind.

340    Folglich kann der Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falls nicht vorgeworfen werden, ihre Analyse auf die Aussagen der Arbeitnehmer von Amazon gestützt zu haben. Diese Elemente sind daher bei der Beurteilung der Rügen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon zur Funktionsanalyse für LuxOpCo zu berücksichtigen.

i)      Zu den von LuxOpCo hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter ausgeübten Funktionen (Abschnitt 9.2.1.2.1 und Erwägungsgründe 449 bis 472 des angefochtenen Beschlusses)

341    Allgemein streiten die Parteien über die Frage, ob LuxOpCo hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter erhebliche „einzigartige und wertvolle“ Funktionen ausgeübt hatte. Nach Auffassung der Kommission war dies der Fall, da LuxOpCo für die Anpassungen der Technologie an die Besonderheiten des europäischen Marktes, für die Entwicklung der Kundendaten und für Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Wirtschaftsgütern im Bereich Marketing verantwortlich gewesen sei.

342    Im Rahmen des Abschnitts 9.2.1.2.1 des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass LuxOpCo aufgrund der Lizenzvereinbarung mit der Ausübung „einzigartiger und wertvoller“ Funktionen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern beauftragt worden sei. Diese Funktionen hätten die Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung des geistigen Eigentums im Allgemeinen, aber auch auf der Ebene jeder der drei Bestandteile der immateriellen Wirtschaftsgüter, nämlich der Technologie, der Kundendaten und der Marke, mittels unabhängiger technologischer und kommerzieller Innovationen in Europa, der Sammlung und Verwaltung von Kundendaten sowie der Entwicklung und Erhaltung der Marke umfasst. LuxOpCo habe sich somit im Wesentlichen nicht damit begnügt, die Technologie für den Betrieb der EU-Websites zu nutzen, sondern aktiv zu ihrer Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung im relevanten Zeitraum beigetragen (Erwägungsgründe 449, 450 und 465 des angefochtenen Beschlusses).

343    Die Kommission stellte erstens fest, dass LuxOpCo über eine ausschließliche und unwiderrufliche Lizenz für die immateriellen Wirtschaftsgüter verfügt und somit das Recht gehabt habe, diese immateriellen Wirtschaftsgüter weiterzuentwickeln, zu verbessern, zu erhalten und zu schützen, obwohl LuxSCS Eigentümerin der von LuxOpCo geschaffenen Nebenprodukte geblieben sei (450. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

344    Zweitens stellte die Kommission fest, dass allgemein LuxOpCo zur Entwicklung, Erhaltung und Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter über das „EU IP Steering Committee“ (Lenkungsausschuss ‚Geistiges Eigentum‘ in der EU) beigetragen habe (Erwägungsgründe 452 bis 455 des angefochtenen Beschlusses). Das EU IP Steering Committee sei ein Forum gewesen, in dem die bei LuxOpCo und ASE beschäftigten Führungskräfte aus dem Wirtschafts- und Technologiebereich zusammengekommen seien, um Maßnahmen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern in Europa zu erörtern und zu empfehlen, die ihnen von den Anwälten der Amazon-Gruppe vorgelegt worden seien. Die eigentlichen Beschlüsse über die Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung und Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter seien anschließend von Vertretern von LuxOpCo und ASE in diesem Ausschuss in ihrer Eigenschaft als entscheidungsbefugte Führungskräfte mit Zuständigkeit für das Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft der Amazon-Gruppe in Europa getroffen worden (Erwägungsgründe 452 bis 455 des angefochtenen Beschlusses).

345    Drittens legte die Kommission dar, dass LuxOpCo zur Entwicklung der Technologie beigetragen habe (Erwägungsgründe 466 bis 472 des angefochtenen Beschlusses). Zwar sei die Technologie, die LuxOpCo von LuxSCS zur Verfügung gestellt worden sei, die „Technologie von Amazon US“ gewesen, wie sie „in den US-amerikanischen [Entwicklungszentren] ständig weiterentwickelt“ worden sei (Erwägungsgründe 456 und 461 des angefochtenen Beschlusses). Mehrere Funktionen der von Amazon in den Vereinigten Staaten eingesetzten Software hätten jedoch angepasst werden müssen, um in Europa übernommen werden zu können. Insbesondere habe LuxOpCo für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe in Europa diese amerikanische Technologie, unterstützt durch ihre Tochtergesellschaften, im relevanten Zeitraum entwickelt, verbessert und verwaltet (Erwägungsgründe 456 bis 460 des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hätten LuxOpCo und die mit ihr verbundenen lokalen Unternehmen in der EU insbesondere wesentliche Technologie zur Nutzung im Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft in Europa entwickelt. Ein Beispiel für diese Art von Technologie sei das „European Fulfilment Network“ (Europäisches Vertriebsnetz, EFN) gewesen. Diese Technologie habe es ermöglicht, die Bestände der Amazon-Gruppe in verschiedenen Mitgliedstaaten zu bündeln und die europäischen Fulfilment Centres zusammenzufassen, so dass dank dieses Tools die Kunden aller EU-Länder in der Lage gewesen seien, Artikel von allen länderspezifischen Websites der Amazon-Gruppe in Europa zu kaufen (Erwägungsgründe 462 und 463 des angefochtenen Beschlusses).

346    Viertens stellte die Kommission zu den Kundendaten fest, dass LuxOpCo, auch wenn die Kundendaten der europäischen Websites das Eigentum von LuxSCS gewesen seien, im relevanten Zeitraum aktive und entscheidende Funktionen im Zusammenhang mit der Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung von Kundendaten ausgeübt habe (Erwägungsgründe 466 bis 468 des angefochtenen Beschlusses). Insoweit habe LuxOpCo diese Daten aktiv als Dienstleistung für LuxSCS gesammelt und habe ihre Verwaltung sicherzustellen und die Einhaltung der Datenschutzvorschriften zu gewährleisten gehabt.

347    Was fünftens die „Marke“ (Erwägungsgründe 469 und 470), d. h. die Marken von Amazon, soweit sie in der Union angemeldet wurden, anbelangt, so wies die Kommission darauf hin, dass der Wert dieses Markennamens, obwohl diese Marke hohe Anerkennung genieße und eine starke weltweite Marke ein wichtiger Aspekt bei der Gewinnung von Kunden sei, von untergeordneter Bedeutung dafür gewesen sei, dass die drei Säulen der Tätigkeiten der Amazon-Gruppe in Europa, nämlich Auswahl, Preis und Kundenfreundlichkeit (im Folgenden: drei Säulen), zum Tragen gekommen seien. Da die Marke und das Ansehen der Amazon-Gruppe stark von der konstanten Erbringung einer für die Kunden sehr zufriedenstellenden Dienstleistung durch LuxOpCo und die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU abhängig gewesen seien, sei festzustellen, dass in Wirklichkeit die Wertschöpfung für die Marke Amazon in Europa bei LuxOpCo und den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU erfolgt sei (Erwägungsgründe 469 und 470 des angefochtenen Beschlusses). Außerdem seien die Marketing-Maßnahmen von LuxOpCo und den europäischen Unternehmen auf der Grundlage eines lokalen Know-hows durchgeführt worden (472. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

348    Da das Großherzogtum Luxemburg und Amazon jeden der fünf Punkte der Analyse der Kommission beanstanden, sind die Argumente zu jeder dieser Fragen getrennt zu prüfen.

349    Vor einer solchen Prüfung ist zunächst festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg und Amazon nicht bestreiten, dass LuxOpCo bestimmte Funktionen im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter, insbesondere der Technologie, ausübte, sondern nur bestreiten, dass LuxOpCo einen bedeutenden Anteil an der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter hatte und dass sie somit im Zusammenhang mit diesen Wirtschaftsgütern einzigartige und wertvolle Funktionen ausübte.

350    In ihren Schriftsätzen räumen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon nämlich ein, dass LuxOpCo Entwicklungsfunktionen ausgeübt habe, die sie als „minimal“ bezeichnen, und dass sie bei der Wertschöpfung der immateriellen Wirtschaftsgüter eine Rolle gespielt habe, die jedoch „untergeordnet“ sei.

351    Folglich übte LuxOpCo selbst nach den Angaben des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon Funktionen, wenn auch nur untergeordneter Art, im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter aus.

–       Zur Natur der LuxOpCo erteilten Lizenz (450. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses)

352    Wie bereits oben in Rn. 343 ausgeführt, hat die Kommission zum Nachweis der Bedeutung der Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter im 450. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass LuxOpCo „das Recht zur Weiterentwicklung und Verbesserung …, zur Erhaltung … und zum Schutz … der immateriellen Wirtschaftsgüter während ihrer gesamten Nutzungsdauer“ gehabt habe. In diesem Kontext hat die Kommission in Rn. 100 der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑816/17 ausgeführt, dass LuxOpCo „ein ausschließliches Recht [hatte], die immateriellen Wirtschaftsgüter [von Amazon] weiterzuentwickeln, zu verbessern und zu schützen“.

353    Zwar wurde der Begriff „ausschließlich“ in Ziff. 2.1 der Lizenzvereinbarung verwendet, um die LuxOpCo erteilte Lizenz zu beschreiben, die jedenfalls nur den europäischen Raum umfasste. Diese Ziff. 2.1 Buchst. a lautet:

„Ausschließliche Lizenzierung von geistigem Eigentum

[LuxSCS] gewährt [LuxOpCo] unwiderruflich, aufgrund aller Rechte des geistigen Eigentums von [LuxSCS] am geistigen Eigentum bzw. einschließlich des geistigen Eigentums von [LuxSCS], unabhängig davon, ob diese gegenwärtig oder künftig bestehen, das folgende einzige und ausschließliche Recht und die folgende Lizenz an dem geistigen Eigentum von [LuxSCS] für die Dauer [der Lizenzvereinbarung], …“

354    Angesichts der vertraglichen Vereinbarungen zwischen LuxSCS und den amerikanischen Unternehmen ist jedoch festzustellen, dass LuxOpCo tatsächlich nicht die einzige Einheit war, die das Recht hatte, diese immateriellen Wirtschaftsgüter zu verbessern und zu entwickeln.

355    Die Rechte, über die LuxOpCo in Bezug auf die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter nach der Lizenzvereinbarung verfügte, waren nämlich notwendigerweise nicht ausschließlich, da die anderen Vertragsparteien der CSA, nämlich ATI und A 9, weiterhin das Recht hatten, die Technologie zu entwickeln, zu verbessern und zu nutzen. Dass die anderen Vertragsparteien der CSA, nämlich ATI und A 9, weiterhin das Recht hatten, die Technologie zu entwickeln und zu verbessern, wird von der Kommission im Übrigen nicht bestritten.

356    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Rechte, die LuxOpCo aufgrund der Lizenzvereinbarung erworben hatte, nicht auf die immateriellen Wirtschaftsgüter beschränkt waren, die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung bestanden, sondern auch alle künftigen immateriellen Wirtschaftsgüter abdeckten, die nach den ständigen Bemühungen zur Entwicklung, Erhaltung und Verbesserung unter der Leitung der amerikanischen Unternehmen ATI und A 9 entstanden waren. Dies zeigt deutlich, dass LuxOpCo nicht das einzige Unternehmen war, das befugt war, die von der Lizenzvereinbarung erfassten immateriellen Wirtschaftsgüter zu entwickeln und zu verbessern.

357    Die Kommission räumt im Übrigen ein, dass die Wirtschaftsgüter, wie sie am 1. Januar 2005 nach der Eintrittsvereinbarung auf LuxSCS übertragen wurden, Gegenstand eines „schrittweisen Ersatzes“ durch die immateriellen Wirtschaftsgüter waren, die später nach der CSA im relevanten Zeitraum entwickelt und verbessert wurden. Sie erkennt auch an, dass die von LuxSCS gehaltene und an LuxOpCo lizenzierte Technologie von den amerikanischen Unternehmen, insbesondere ATI und A 9, entwickelt wurde.

358    Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass die Kommission zu Unrecht davon ausging, dass LuxOpCo über ein ausschließliches Recht verfügt habe, die immateriellen Wirtschaftsgüter weiterzuentwickeln. Diese Feststellung reicht jedoch nicht aus, um die Erwägungen der Kommission zu entkräften, wonach LuxOpCo erhebliche Funktionen, ja sogar einzigartige und wertvolle Funktionen im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter ausgeübt habe. Der Umstand, dass LuxOpCo kein ausschließliches Recht zur Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter hat, wirkt sich nämlich weder zugunsten noch zu Ungunsten der Feststellung der Kommission aus, dass LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen in Bezug auf die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter ausgeübt habe.

–       Zum EU IP Steering Committee (Erwägungsgründe 452 bis 455 des angefochtenen Beschlusses)

359    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon bestreiten im Wesentlichen, dass das EU IP Steering Committee die ihm von der Kommission zugeordnete Rolle gespielt habe (vgl. oben, Rn. 344). Dieser Ausschuss habe keine Entscheidungen über die Entwicklung oder Verbesserung der immateriellen Wirtschaftsgüter getroffen. Außerdem habe nicht nur die Mehrheit der Teilnehmer dieses Ausschusses zum amerikanischen Personal gehört, sondern seien die Entscheidungen des EU IP Steering Committee tatsächlich von Arbeitnehmern der Amazon-Gruppe in den Vereinigten Staaten und insbesondere vom Vizepräsidenten für geistiges Eigentum getroffen worden.

360    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

361    In den Erwägungsgründen 452 und 453 des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission dar, dass das EU IP Steering Committee für die fachliche und unternehmerische Anleitung im Hinblick auf die Entwicklung und Einführung von geistigem Eigentum in Europa eingerichtet wurde. Aus dem „EU Policies and Procedures Manual“ (Handbuch für Politiken und Verfahren für die Union) gehe zum einen hervor, dass dieser Ausschuss u. a. zusammengekommen sei, um die Geschäftsstrategie in Bezug auf das Portefeuille des geistigen Eigentums von Amazon im Zusammenhang mit der Entwicklung und der Einführung von geistigem Eigentum sowie mit anderen Aspekten im Zusammenhang mit geistigem Eigentum zu prüfen. Zum anderen habe dieser Ausschuss u. a. aus dem Vizepräsidenten für Dienstleistungen für die Union, dem juristischen Direktor für die Union (EU Legal Director) (von LuxOpCo beschäftigt), dem Berater der Amazon-Gruppe im Bereich geistiges Eigentum und dem Vizepräsidenten für das Europageschäft bestanden.

362    Sodann wies die Kommission darauf hin, dass der Umstand, dass es sich nur um ein Beratungsgremium handele, wie Amazon im Verwaltungsverfahren erklärt habe, jedoch nicht bedeute, dass seine Empfehlungen keine Auswirkungen auf die Entwicklung, Erhaltung und Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter gehabt hätten. Tatsächlich sei das EU IP Steering Committee erstens zum Unterbreiten von Empfehlungen zu Anträgen zum Schutz der immateriellen Wirtschaftsgüter (und damit auch der ausschließlichen Rechte von LuxOpCo nach der zwischen LuxSCS und LuxOpCo geschlossenen Lizenzvereinbarung), zweitens für die Prüfung des Standes von Gerichtsverfahren in Europa im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern und drittens zur Schulung von Mitarbeitern in Europa im Hinblick auf die Nutzung der Technologie und anderer immaterieller Wirtschaftsgüter zusammengekommen (454. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

363    Schließlich gelangte die Kommission, gestützt auf die Aussage des in den Vereinigten Staaten beschäftigten Vizepräsidenten für geistiges Eigentum, zu dem Ergebnis, dass das EU IP Steering Committee ein Forum gewesen sei, auf dem bei LuxOpCo beschäftigte Führungskräfte zusammenkamen, um Maßnahmen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern zu erörtern, die ihnen von Anwälten der Amazon-Gruppe vorgelegt worden seien, und dass die eigentlichen Beschlüsse über die Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung und Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter anschließend von Vertretern von LuxOpCo und ASE in diesem Ausschuss in ihrer Eigenschaft als entscheidungsbefugte Führungskräfte mit Zuständigkeit für das Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft der Amazon-Gruppe in Europa getroffen worden seien (455. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

364    Es ist festzustellen, dass sich aus den Erwägungsgründen 452 bis 455 des angefochtenen Beschlusses ergibt, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen hat, dass das EU IP Steering Committee erhebliche Beschlüsse betreffend die Entwicklung oder Verbesserung der immateriellen Wirtschaftsgüter getroffen hat.

365    Zunächst räumt die Kommission in den Erwägungsgründen 452 und 453 des angefochtenen Beschlusses ein, dass die Aufgabe des EU IP Steering Committee eingeschränkt gewesen sei, da es lediglich „fachliche und unternehmerische Anleitung“ und „Unterstützung“ bei strategischen Entscheidungen im Hinblick auf die Entwicklung geistigen Eigentums oder beim Abschluss mehrerer Lizenzvereinbarungen mit Dritten lieferte.

366    Im Übrigen geht aus dem Handbuch für Politiken und Verfahren für die Union der Amazon-Gruppe hervor, dass das EU IP Steering Committee nicht über Entscheidungsbefugnisse als solche verfügte, sondern nur eine Einrichtung war, die die Entwicklung und die Einführung des geistigen Eigentums in Europa unterstützen sollte. Dies wird im Übrigen von der Kommission im 454. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses implizit eingeräumt, wenn sie von den „Auswirkungen“ spricht, die die „Empfehlungen“ dieses Ausschusses auf die Entwicklung, die Erhaltung und Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter gehabt hätten.

367    Sodann ergibt sich aus dem 454. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (vgl. oben, Rn. 362) sowie aus der Aussage des in den Vereinigten Staaten beschäftigten Vizepräsidenten für geistiges Eigentum, auf die im 455. Erwägungsgrund dieses Beschlusses Bezug genommen wird, dass sich das EU IP Steering Committee in der Praxis darauf beschränkte, die Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz und der Erhaltung der Rechte an den immateriellen Wirtschaftsgütern zu prüfen, und dass die Frage der Entwicklung oder der Verbesserungen der immateriellen Wirtschaftsgüter als solche dort nicht erörtert wurde.

368    Soweit schließlich das EU IP Steering Committee ein Forum zur Diskussion über die Verbesserungen und die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter gewesen sein mag, ist festzustellen, dass die Entscheidungen über die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter nicht von diesem Ausschuss, sondern grundsätzlich von den Angestellten der Amazon-Gruppe in den Vereinigten Staaten und insbesondere vom Vizepräsidenten für geistiges Eigentum getroffen wurden. Diesem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg hat die Kommission nicht widersprochen.

369    Was im Übrigen die Zusammensetzung dieses Ausschusses angeht, nahmen entgegen dem Vorbringen der Kommission in ihren Schriftsätzen Arbeitnehmer, die Leitungsfunktionen innerhalb der amerikanischen Unternehmen ausübten, und insbesondere der Vizepräsident für geistiges Eigentum von Amazon US, am EU IP Steering Committee teil und leiteten sogar dessen Sitzungen.

370    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Feststellungen der Kommission zum EU IP Steering Committee nicht ihre Schlussfolgerung im 455. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stützen können, wonach die Beschlüsse über die Entwicklung und Verbesserung der immateriellen Wirtschaftsgüter von Vertretern von LuxOpCo und ASE in diesem Ausschuss in ihrer Eigenschaft als entscheidungsbefugte Führungskräfte mit Zuständigkeit für das Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft der Amazon-Gruppe in Europa getroffen worden seien.

371    Der Kommission ist allenfalls der Nachweis gelungen, dass LuxOpCo Aufgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung und dem Schutz der immateriellen Wirtschaftsgüter ausübte und dass die Arbeitnehmer von LuxOpCo auf der Grundlage der im Rahmen des EU IP Steering Committee erörterten Empfehlungen geeignete Maßnahmen, wie z. B. die Anmeldung eines Patents, beschlossen.

372    Nach alledem reicht das Vorbringen der Kommission zum EU IP Steering Committee nicht für den Nachweis aus, dass LuxOpCo Funktionen der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter ausübte, die als „einzigartig und wertvoll“ eingestuft werden könnten.

–       Zu den Funktionen von LuxOpCo betreffend die Entwicklung der Technologie

373    Im 449. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass die Funktionen von LuxOpCo die Entwicklung, die Verbesserung und die Verwaltung der Technologie umfassten.

374    Zur Stützung dieser Feststellung führte sie im 456. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zunächst im Wesentlichen aus, dass die in den Vereinigten Staaten entwickelte Technologie nicht als solche in Europa habe genutzt werden können und dass Anpassungen erforderlich gewesen seien, um den spezifischen europäischen Erfordernissen Rechnung zu tragen. Die Entwicklung der Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe in Europa habe eine spezifische Technologie erfordert (andere Software, lokale Anpassungen).

375    Sodann wies die Kommission darauf hin, dass LuxOpCo über die erforderlichen technischen Ressourcen für die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit verfügt habe. Etwa 60 Personen seien mit technologiebezogenen Tätigkeiten befasst gewesen, ein Team „Lokalisierung“ und Übersetzung (Localization and Translation Team) sei für Funktionen der Anpassung der EU-Websites an lokale Präferenzen zuständig gewesen, etwa zehn Personen seien als „Technical Program Manager“ (Technischer Programm-Manager) für die technische Umsetzung der technologischen Bedürfnisse, die die mit dem lokalen Einzelhandelsgeschäft befassten Teams festgestellt hätten, zuständig gewesen. Durch diesen Prozess sei die Technologie ständig weiterentwickelt und an den lokalen Markt angepasst worden.

376    Insoweit hat die Kommission zwar im 461. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eingeräumt, dass die technischen Ressourcen bei LuxOpCo beschränkt seien. Der einzigartige Wert der Technologie habe in Wirklichkeit aus lokalem Know-how und der Bestimmung neuer geschäftlicher Erfordernisse sowie aus deren Übertragung in das jeweilige Software-Projekt resultiert und nicht auf der Codierung an sich beruht.

377    Schließlich habe LuxOpCo auch zur Entwicklung des Katalogs, zur Übersetzungstechnologie und zur lokalen Anpassung beigetragen. Diese Aufgaben seien von ehemaligen Teams der verbundenen lokalen Unternehmen in der EU oder von neu eingestellten Mitarbeitern erledigt worden. Außerdem hätten auch die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer spezifischer Technologie für die europäischen nationalen Märkte gespielt.

378    Insbesondere hätten LuxOpCo und die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU zur Entwicklung des EFN beigetragen. Diese Technologie habe einem besonderen Bedürfnis des Europageschäfts entsprochen, indem es den europäischen Kunden ermöglicht habe, Artikel von allen länderspezifischen Websites der Amazon-Gruppe in Europa zu kaufen.

379    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon machen geltend, LuxOpCo habe keine wichtige Entwicklungs‑, Verbesserungs- oder Erhaltungsfunktion bezüglich der mit der Technologie verbundenen immateriellen Wirtschaftsgüter ausgeübt. Sie weisen insbesondere das Vorbringen der Kommission zurück, dass LuxOpCo eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des EFN gespielt habe, und machen geltend, dass diese Technologie, obwohl sie für Europa spezifisch sei, in den Vereinigten Staaten entwickelt worden sei und dass LuxOpCo weder an ihrer Konzeption noch an ihrer Schaffung beteiligt gewesen sei.

380    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen und hält an ihrem in den Erwägungsgründen 456 bis 465 des angefochtenen Beschlusses geäußerten Standpunkt fest, wie er oben in den Rn. 373 bis 378 dargelegt worden ist.

381    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt hat, dass LuxOpCo weltweit oder nur auf europäischer Ebene der wichtigste Entwickler der Technologie gewesen sei, sondern, wie in den Erwägungsgründen 449 und 465 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, dass LuxOpCo im relevanten Zeitraum aktiv zur Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung der Technologie beitrug. Die Kommission bestreitet auch nicht, dass die Technologie in den Vereinigten Staaten ständig weiterentwickelt wurde.

382    Insoweit trifft es zu, dass, wie das Großherzogtum Luxemburg und Amazon geltend machen, die technischen Tools hauptsächlich von den amerikanischen Unternehmen entwickelt und dem Europageschäft in ihrer endgültigen Form zur Verfügung gestellt wurden. Die verschiedenen europäischen Websites verwendeten im Übrigen eine gemeinsame Software.

383    Zum einen geht aus den Akten hervor, dass die meisten Entscheidungen über die Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter und die Priorisierung der zu entwickelnden Projekte, einschließlich der für Europa spezifischen Technologie, in den Vereinigten Staaten getroffen wurden.

384    Zum anderen steht fest, dass sich die meisten Techniker und Ingenieure, die zur Entwicklung der Technologie beitrugen, in den Vereinigten Staaten befanden. Nicht weniger als [vertraulich] Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe trugen zur Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter bei, von denen im relevanten Zeitraum mehr als [vertraulich] Arbeitnehmer in den Vereinigten Staaten auf Technologie-Arbeitsplätzen beschäftigt waren. Die Kommission bestreitet diese Daten nicht. Außerdem geht aus den Akten und insbesondere aus den verschiedenen Aussagen der Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe hervor, dass die zentralen Dienststellen und die amerikanischen Techniker für die Entwicklung der für den europäischen Markt spezifischen Tools zuständig waren.

385    Was sodann den Beitrag von LuxOpCo zur Entwicklung der Technologie betrifft, ist auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen.

386    Erstens stelle die Kommission zutreffend fest, dass bisweilen Anpassungen erforderlich waren, um die Technologie in Europa umzusetzen.

387    Obwohl nämlich, wie das Großherzogtum Luxemburg und Amazon geltend machen, das Geschäftsmodell und die zugrunde liegende Technologie in den Vereinigten Staaten und in Europa dieselben sind, ergibt sich aus den verschiedenen Aussagen der Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe, die von den Parteien vorgelegt wurden, und insbesondere aus der Aussage des in den Vereinigten Staaten beschäftigten Vizepräsidenten für internationalen Einzelhandel, dass die in den Vereinigten Staaten entwickelte Technologie wegen der Besonderheiten des europäischen Marktes gegenüber dem amerikanischen Markt nicht immer als solche auf den europäischen Websites genutzt werden konnte. Daher waren neben dem EFN, einer speziell für das Europageschäft der Amazon-Gruppe entwickelte Technologie, Anpassungen oder „Lokalisierungen“ erforderlich. Aus den Akten geht hervor, dass diese Anpassungen u. a. Übersetzungsarbeiten [vertraulich] umfassten.

388    Zweitens geht aus den Aussagen der Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe hervor, dass, obwohl ein Großteil der Anpassungen der Technologie an den europäischen Markt in den Vereinigten Staaten vorgenommen wurde, insbesondere wenn es um Arbeit an der Software ging, LuxOpCo in gewissem Umfang zu diesen Anpassungen beigetragen hatte.

389    Wie Amazon im Übrigen in der Klageschrift in der Rechtssache T‑318/18 bestätigt, waren am Ende des relevanten Zeitraums höchstens etwa 60 Personen auf Technologie-Arbeitsplätzen in Luxemburg tätig.

390    Insoweit ergibt sich aus den Akten und insbesondere aus den Aussagen des in den Vereinigten Staaten beschäftigten Vizepräsidenten für internationalen Einzelhandel und des ehemaligen Verantwortlichen für die Drittverkäuferprogramme in Europa (und insbesondere Marketplace), dass LuxOpCo spätestens ab dem Jahr, das auf die Umstrukturierung von 2006 folgte, begann, ihre eigenen Techniker in Anspruch zu nehmen. Konkret beschäftigte LuxOpCo im relevanten Zeitraum Softwareentwickler (Software Developers), die zur Entwicklung spezieller Programme für das Europageschäft beitrugen und an den lokalen Anpassungen arbeiteten.

391    Ebenso geht aus der Aussage des ehemaligen Verantwortlichen für die Drittverkäuferprogramme in Europa (und insbesondere Marketplace) hervor, dass [vertraulich].

392    In diesem Kontext ist zu dem von der Kommission im 459. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Localization and Translation Team (Team Lokalisierung und Übersetzung) festzustellen, dass aus den Akten hervorgeht, dass dieses Team mit der Anpassung der europäischen Websites, insbesondere der Übersetzung, betraut war und zur Entwicklung von Software beigetragen hatte. Aus den Aussagen der Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe geht nämlich hervor, dass [vertraulich]. Auch wenn diese Tätigkeiten und die letztgenannte Technologie eine wichtige Rolle für die Geschäftstätigkeit von LuxOpCo spielten, hatten sie doch im Vergleich zur übrigen in den Vereinigten Staaten entwickelten Technologie eine kleinere Rolle.

393    Sodann ist zu den von der Kommission im 456. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Tätigkeiten der Entwicklung des Katalogs festzustellen, dass diese Tätigkeiten, wie Amazon und das Großherzogtum Luxemburg geltend machen, nicht die Konzeption der dem Katalog zugrunde liegenden Software umfassten, die in den Vereinigten Staaten durchgeführt wurde. Die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Katalog in Luxemburg [vertraulich]. Die lokale Arbeit betreffend die Entwicklung des Katalogs [vertraulich].

394    Aus der Aussage des in den Vereinigten Staaten beschäftigten Vizepräsidenten für internationalen Einzelhandel geht hervor, dass [vertraulich]. Zwar hatten Tätigkeiten an der Software im Zusammenhang mit dem Katalog von LuxOpCo durchgeführt werden können, doch blieben diese Tätigkeiten im Vergleich zu den Entwicklungen, die von den zentralen Diensten der Amazon-Gruppe durchgeführt wurden, sehr begrenzt.

395    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass LuxOpCo zur Entwicklung der Technologie beigetragen hat, indem sie bestimmte, hauptsächlich mit der Übersetzung zusammenhängende Anpassungen und, nur in geringerem Umfang, die Entwicklung bestimmter Software und Funktionen durchführte. Außerdem war der wesentliche Teil der Arbeit der Anpassung der Technologie an das Europageschäft weitgehend von den zentralen Diensten der Amazon-Gruppe abhängig. Daraus folgt, dass die Beiträge von LuxOpCo zur Entwicklung der Technologie bei der Schaffung des Wertes dieser Technologie nur eine untergeordnete Rolle spielen konnten. Daraus ergibt sich, dass die Kommission zwar im 461. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zutreffend feststellte, dass die in Europa erforderlichen Anpassungen in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den lokalen Märkten erstellt wurden, es jedoch falsch war, den Beiträgen von LuxOpCo zu diesen Anpassungen eine solche Bedeutung beizumessen und daraus den Schluss zu ziehen, dass diese Beiträge einzigartig und wertvoll waren.

396    Drittens trug LuxOpCo, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 460 bis 461 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, neben den von den luxemburgischen Teams lokal vorgenommenen Anpassungen auch zur Entwicklung der Technologie bei, da sie in den Prozess zur Ermittlung der neuen technologischen geschäftlichen Erfordernisse sowie deren Übertragung in Software-Projekte eingebunden war.

397    Insoweit verfügte LuxOpCo über Programm-Manager (Technical Program Managers), deren Aufgabe darin bestand, den geschäftlichen Bedarf in technischer Hinsicht umzusetzen, damit ein Ingenieur (Software Developer) diesen Bedarf codieren konnte (vgl. 460. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Das Großherzogtum Luxemburg bestreitet im Übrigen nicht, dass die funktionalen und technischen Spezifikationen der in Europa erforderlichen Tools und Anpassungen in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den lokalen Märkten erstellt wurden.

398    Zwar spielten, wie die Kommission im Wesentlichen im 461. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorhob, die Bestimmung der geschäftlichen Erfordernisse und die Formulierung von Spezifikationen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Technologie. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass der Wert der Technologie der Amazon-Gruppe auf der Eignung dieser Technologie beruht, den drei Säulen der Amazon-Gruppe zu dienen, nämlich den niedrigen Preisen, der Auswahl und der Kundenfreundlichkeit (vgl. oben, Rn. 347), und somit die Kundenanforderungen zu erfüllen. Daher liegt der Wert der Technologie von Amazon in gewissem Umfang auch in der Anpassung an die lokalen Bedürfnisse und insbesondere in der Fähigkeit der lokalen Teams, die Spezifikationen zu formulieren, um Anpassungen der Technologie an die Anforderungen der Verbraucher zu erreichen.

399    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, wie Amazon vorträgt, nur etwa ein Dutzend Programm-Manager in Luxemburg beschäftigt waren, gegenüber [vertraulich] in den Vereinigten Staaten, und [vertraulich] dieser in Luxemburg beschäftigten Personen erst am Ende des relevanten Zeitraums eingestellt wurden ([vertraulich]).

400    Außerdem ermittelte LuxOpCo zwar die technologischen Erfordernisse des Unternehmens und die diesen Erfordernissen entsprechenden Spezifikationen, doch wurden die Konzeption und die Schaffung der Technologie in den Vereinigten Staaten entwickelt. In diesem Kontext waren die Tätigkeiten der amerikanischen Unternehmen, anders als die Kommission in Rn. 103 der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑318/18 offenbar meint, nicht auf bloße Tätigkeiten der Codierung beschränkt, sondern waren echte Entwicklungstätigkeiten.

401    Schließlich wurden, wie Amazon vorträgt, die überwältigende Mehrheit der strategischen Entscheidungen über die Entwicklung der Technologie, insbesondere betreffend Europa, von den amerikanischen Unternehmen und nicht von LuxOpCo getroffen.

402    Daraus folgt, dass die Durchführung dieser Entwicklungen und Verbesserungen der Technologie zur Verbesserung der Kundenerfahrung hauptsächlich auf dem in den Vereinigten Staaten entwickelten Modell beruhte, das in Europa und in den Vereinigten Staaten gleich ist, und nur in geringerem Umfang auf technischen Spezifikationen, die von den lokalen Teams formuliert werden konnten.

403    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission zwar zutreffend feststellte, dass LuxOpCo durch die Ausarbeitung technischer Spezifikationen zur Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter auf der Ebene der Technologie, die Gegenstand der Lizenzvereinbarung ist, beitrug, dass diese Beiträge jedoch begrenzt blieben. Da diese Funktionen bereits vor 2006 von den verbundenen Unternehmen wahrgenommen wurden, ist im Übrigen, wie das Großherzogtum Luxemburg in Rn. 109 der Klageschrift in der Rechtssache T‑816/17 geltend macht, festzustellen, dass sie nicht als einzigartig angesehen werden können, sondern dass es sich um routinemäßige Funktionen handelt.

404    Viertens war die Kommission der Ansicht, dass LuxOpCo zur Entwicklung des EFN beigetragen habe, die einzige für das Europageschäft der Amazon-Gruppe an sich spezifische Technologie.

405    Wie die Kommission im 463. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführte, handelt es sich beim EFN um eine Kombination technologischer Entwicklungen, wie die Einführung neuer Funktionen, und Logistik-Optimierungen.

406    Es ist unstreitig, dass das EFN eine wesentliche Rolle beim europäischen Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft gespielt hat. Wie die Kommission im 462. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat und Amazon selbst in ihrem beim United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) eingereichten Schriftsatz im Anschluss an das Verfahren bestätigt hat, sollte sich das EFN mit dem Problem des Betriebs mehrerer Websites mit länderspezifischen Fulfilment Centres befassen. Diese Technologie hat die Zusammenfassung der europäischen Fulfilment Centres und die Schaffung eines gemeinsamen Bestands gestattet, so dass die Kunden der ganzen Union Artikel von allen Amazon-Websites in Europa kaufen konnten.

407    Im Übrigen ergibt sich aus den Aussagen der Arbeitnehmer von Amazon und aus dem von Amazon beim United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) eingereichten Schriftsatz im Anschluss an das Verfahren, dass das EFN entscheidend dafür war, die Tätigkeiten in zwei neuen europäischen Ländern, nämlich Spanien und Italien, aufnehmen zu können.

408    Aus den Akten geht hervor, dass die Kommission tatsächlich davon ausgehen durfte, dass LuxOpCo an der Entwicklung des EFN beteiligt war (vgl. oben, Rn. 404).

409    In dem im Rahmen des Verfahrens vor dem United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) eingereichten Schriftsatz im Anschluss an das Verfahren hat Amazon nämlich selbst [vertraulich]. „AEHT“ (d. h. Amazon Europe Holding Technology, entsprechend der offiziellen Bezeichnung von LuxSCS), laut diesem Schriftsatz, [vertraulich]. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des oben in Rn. 14 angeführten amerikanischen Verfahrens nicht zwischen den verschiedenen luxemburgischen Einheiten der Gruppe unterschieden wurde und dass in diesem Verfahren der Begriff „AEHT“ unterschiedslos zur Bezeichnung von LuxOpCo oder LuxSCS verwendet wurde. Hinsichtlich der Beteiligung an der Entwicklung des EFN ist jedoch klar, dass Amazon auf LuxOpCo und nicht auf LuxSCS Bezug nahm.

410    Diese Feststellung wird im Übrigen durch die Aussagen der Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe untermauert, insbesondere durch die Aussage des in den Vereinigten Staaten beschäftigten Vizepräsidenten für internationalen Einzelhandel, der bestätigt, dass der bei LuxOpCo beschäftigte Leiter des Einzelhandels in Europa seinerzeit aktiv an der Ausarbeitung und dem Konzept des EFN mitgewirkt hatte.

411    Es wäre jedoch falsch, anzunehmen, dass LuxOpCo den gesamten Prozess der Entwicklung des EFN übernahm.

412    Zum einen geht aus den Akten hervor, dass die amerikanische Unternehmenszentrale bei der Einführung des Projekts des EFN eine entscheidende Rolle spielte.

413    Zum anderen wurde, wie das Großherzogtum Luxemburg geltend macht und wie aus den Aussagen der Arbeitnehmer der Amazon-Gruppe und der Beurteilung des US Tax Court hervorgeht, die Entwicklung des EFN mit der Unterstützung der amerikanischen Unternehmen verwirklicht. Insbesondere sei die Arbeit im Zusammenhang mit der Entwicklung der dem EFN zugrunde liegenden Software von den Technikern der zentralen Teams und u. a. auf der Grundlage der von den Teams von LuxOpCo formulierten Spezifikationen durchgeführt worden. Außerdem bestreitet die Kommission nicht, dass die Definitionen und Anforderungen des Lagers, auf denen dieses Tool beruhte, in operativer Hinsicht auch in den Vereinigten Staaten festgelegt worden seien.

414    Auch wenn die Kommission im 462. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ohne weitere Präzisierungen ausführt, dass „[d]as EFN … in Europa … entwickelt [wurde]“, ließ die Kommission den Beitrag der amerikanischen Unternehmen jedoch nicht völlig außer Acht. In Fn. 481 des angefochtenen Beschlusses zitiert sie u. a. eine der Aussagen, wonach die Technologie in Europa mit Unterstützung durch zentrale Technologieteams entwickelt worden sei.

415    Aus dem Vorstehenden ergibt sich daher, dass das EFN zwar größtenteils auf der in den Vereinigten Staaten entwickelten Technologie beruhte, doch auch LuxOpCo aktiv zur Entwicklung dieser Technologie beitrug. Angesichts der Bedeutung dieser Technologie für die Ausweitung des Europageschäfts der Amazon-Gruppe hat die Kommission keinen Fehler begangen, indem sie diese Beiträge als einzigartig und wertvoll einstufte. Auch wenn LuxSCS letztlich die Eigentümerin dieser Technologie war, war deren Entwicklung doch auch das Ergebnis der Bemühungen von LuxOpCo.

416    Aus den oben in den Rn. 386 bis 415 getroffenen Feststellungen ergibt sich somit, dass, abgesehen vom EFN, an dessen Entwicklung sich LuxOpCo aktiv beteiligte, die wichtigsten technologischen Anpassungen in den Vereinigten Staaten im Dialog mit den europäischen Teams, die ihre Erfordernisse formulierten, vorgenommen wurden und dass zusätzlich bestimmte geringfügige Anpassungen unmittelbar von den lokalen Teams vorgenommen werden konnten.

417    Nach alledem ist die Kommission zwar zutreffend davon ausgegangen, dass LuxOpCo aufgrund ihrer Beteiligung an der Entwicklung des EFN einzigartige und wertvolle Funktionen im Zusammenhang mit der Technologie ausübte, jedoch hat sie im Übrigen die Bedeutung der Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit der Entwicklung der Technologie überbewertet. Neben der Entwicklung des EFN waren die Funktionen von LuxOpCo nämlich hauptsächlich auf Anpassungen und die Ausarbeitung technischer Spezifikationen beschränkt. Der Schlussfolgerung im 465. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, insbesondere der Feststellung, dass bei LuxOpCo wesentliche Verbesserungen der Technologie erfolgt seien, kann daher nicht zur Gänze gefolgt werden.

418    Da diese Feststellung auf den Aussagen der Arbeitnehmer von Amazon beruht, ist es nicht erforderlich, das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon im Einzelnen zu prüfen, wonach die Kommission die Aussagen fehlerhaft verwendet habe, insbesondere für die Feststellung, dass die Technologie in Europa entwickelt worden sei (insbesondere das EFN), obwohl dies in den Vereinigten Staaten geschehen sei. Auch wenn nämlich der Analyse der Kommission nicht zur Gänze gefolgt werden kann, sind die von der Kommission begangenen Fehler nicht geeignet, die Feststellung in Frage zu stellen, dass LuxOpCo tatsächlich zur Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter und insbesondere des EFN beitrug.

–       Zu den Kundendaten (Erwägungsgründe 466 bis 468 des angefochtenen Beschlusses)

419    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon halten die Feststellung der Kommission, dass LuxOpCo aktive und kritische Funktionen im Zusammenhang mit der Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung von Kundendaten ausgeübt habe, für unbegründet. Sie machen im Wesentlichen geltend, dass die Kundendaten automatisch mit Hilfe der in den Vereinigten Staaten entwickelten Technologie und ohne Tätigwerden der Arbeitnehmer von LuxOpCo gesammelt worden seien.

420    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

421    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zwischen den Parteien streitig ist, ob LuxOpCo aktiv zur Entwicklung der Datenbank mit den Informationen über die Kunden, wie z. B. über die bisherigen Verkäufe, beitrug. Es ist daher zu prüfen, ob die Sammlung der Kundendaten im relevanten Zeitraum sowie ihr Schutz LuxOpCo zugerechnet werden kann.

422    Erstens ist festzustellen, dass, wie die Kommission in Tabelle 19 des angefochtenen Beschlusses darlegte, die Zahl der Einzelkunden pro Jahr im relevanten Zeitraum von 17 Millionen Kunden im Jahr 2006 auf mehr als 60 Millionen im Jahr 2014 erheblich anstieg.

423    Zweitens ist mit der Kommission festzustellen, dass die Kundendaten ein zentrales Wirtschaftsgut für einen Wirtschaftsteilnehmer im Bereich des elektronischen Handels wie die Amazon-Gruppe sind, insbesondere hinsichtlich des Marketings. Bestimmte Tools, insbesondere die Verwendung der Technologie der Empfehlungen und Ähnlichkeiten, hängen nämlich von den Kundendaten ab. Die Kundendaten stellen somit ein einzigartiges und wertvolles immaterielles Wirtschaftsgut dar.

424    Drittens steht fest, dass LuxOpCo das Unternehmen ist, das die Kundendaten sammelte, und dass sie darüber hinaus mit der Einhaltung der für diese Daten geltenden Vorschriften beauftragt ist. Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon bestreiten im Übrigen nicht die Feststellung im 468. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass LuxOpCo die Kundendaten der EU-Websites als Dienstleistung für LuxSCS sammelte.

425    Zwar ist mit Amazon darauf hinzuweisen, dass die Sammlung der Kundendaten automatisiert war und dass LuxOpCo die Kundendaten mittels der in den Vereinigten Staaten entwickelten und LuxOpCo von LuxSCS zur Verfügung gestellten Technologie sammeln konnte.

426    Wie jedoch die Kommission in Rn. 107 ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑318/18 hervorhebt, trug LuxOpCo durch die Umsetzung der drei Säulen der Strategie der Amazon-Gruppe aktiv zur Sammlung der Kundendaten bei (vgl. oben, Rn. 347), indem sie es ermöglichte, Kunden auf ihren Websites anzuziehen und mehr Kundendaten zu sammeln. Die Sammlung von Kundendaten hängt nämlich zwangsläufig von der Kundenanziehungskraft der Websites der Amazon-Gruppe ab. Der Anstieg der Zahl der Aufrufe der EU‑Websites und somit der gesammelten Kundendaten hing jedoch selbst mit der Umsetzung der oben angeführten drei Säulen, nämlich Preis, Auswahl und Kundenfreundlichkeit, durch LuxOpCo zusammen. Zwar spielte die in den Vereinigten Staaten entwickelte Technologie unbestreitbar eine wesentliche Rolle dabei, dass diese drei Säulen zum Tragen kamen, jedoch hatte LuxOpCo eine aktive und kritische Rolle im Zusammenhang mit der Sammlung neuer Kundendaten gespielt und so zur Entwicklung dieser einzigartigen und wertvollen immateriellen Wirtschaftsgüter beigetragen.

427    Außerdem hat die Kommission im 468. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt, dass LuxOpCo für die Verwaltung der Kundendaten und für die Gewährleistung der Einhaltung der geltenden Datenschutzvorschriften zuständig war. Zwar ist der Schutz der Kundendatenbank aus den von der Kommission im 466. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegten Gründen für ein Geschäftsmodell, das auf dem Einzelhandel und auf insbesondere an Verbraucher erbrachte Dienstleistungen beruht, eine wichtige Tätigkeit, jedoch handelt es sich dabei um eine gewöhnliche Tätigkeit für jeden Lizenznehmer, der mit dieser Art von Datenbank arbeitet.

428    Nach alledem sind die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 466 bis 468 des angefochtenen Beschlusses zumindest insoweit zu bestätigen, als LuxOpCo aktive und kritische Funktionen im Zusammenhang mit der Verbesserung der Kundendaten im relevanten Zeitraum ausübte. Dazu ist festzustellen, dass LuxOpCo durch die Sammlung der Kundendaten, die zwischen 2006 und 2014 verdreifacht wurden, wie oben aus Rn. 422 hervorgeht, zum Wert dieses immateriellen Wirtschaftsguts, das ein einzigartiges und wertvolles Wirtschaftsgut darstellt, beitrug. LuxOpCo übte somit einzigartige und wertvolle Funktionen aus.

–       Zur „Marke Amazon“ (Erwägungsgründe 469 bis 472 des angefochtenen Beschlusses)

429    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon stellen die Feststellung der Kommission in Frage, wonach die Wertschöpfung für „die Marke“ Amazon bei LuxOpCo und bei den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU erfolge.

430    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

431    Erstens ist hervorzuheben, dass die Marke Amazon, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 469 und 471 des angefochtenen Beschlusses implizit einräumte, hohe Anerkennung genießt und weltweit eine starke Marke ist, was ein wichtiger Aspekt bei der Gewinnung von Kunden war. Es ist festzustellen, dass dieses Ansehen bereits vor der Gründung von LuxOpCo bestand. Die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 469 und 470 des angefochtenen Beschlusses, wonach der Markenname nicht im Mittelpunkt des Geschäftsmodells der Amazon-Gruppe steht, da sich die Geschäftsstrategie dieser Gruppe auf die drei Säulen (Preis, Kundenfreundlichkeit, Warenauswahl) konzentriert, ist jedoch zu bestätigen. Der Wert der in Europa angemeldeten Marke hängt nämlich auch von der Fähigkeit ab, eine qualitative Auswahl, günstige Preise und eine hohe Kundenfreundlichkeit bereitzustellen. Amazon betont im Übrigen selbst, dass der Wert der immateriellen Wirtschaftsgüter der Amazon-Gruppe im Bereich Marketing in Europa von der Kundenzufriedenheit abhänge.

432    Zweitens ist festzustellen, dass die Technologie, wie das Großherzogtum Luxemburg und Amazon geltend machen, für die Entwicklung der Marke von Amazon eine wichtige, wenn nicht die entscheidende, Rolle spielt. Zum einen ist die Technologie nämlich bei der Umsetzung der drei Säulen von zentraler Bedeutung. Die Kundenzufriedenheit hängt somit zu einem großen Teil von der Technologie ab. Zum anderen spielt die Technologie eine entscheidende Rolle beim Marketing und erlaubt es, eine etwaige Anzeige des Namens „Amazon“ bei den Suchen der potenziellen Kunden zu maximieren. Es steht fest, dass diese Technologie in den Vereinigten Staaten entwickelt wird.

433    Die Technologie allein reicht jedoch nicht aus, um die drei Säulen umzusetzen. Diese wurden nämlich auch von LuxOpCo umgesetzt, da sie für den Geschäftsbetrieb der Amazon-Gruppe in Europa erforderliche strategische Entscheidungen traf.

434    Insoweit ist festzustellen, dass aus seinem im Anschluss an das Verfahren eingereichten Schriftsatz hervorgeht, dass Amazon im Rahmen des Verfahrens vor dem United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) (vgl. oben, Rn. 14) im Wesentlichen geltend macht, dass [vertraulich].

435    Insbesondere führte Amazon in dem im Anschluss an das Verfahren beim United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) eingereichten Schriftsatz aus, dass [vertraulich] und im Rahmen eines Abschnitts über die immateriellen Wirtschaftsgüter im Bereich Marketing, dass [vertraulich].

436    In seiner Beurteilung kam der United States Tax Court (Bundesfinanzgericht der Vereinigten Staaten) im Übrigen zu dem Ergebnis, dass „AEHT“ die alleinige Verantwortung dafür übernommen habe, die mit dem Marketing zusammenhängenden immateriellen Wirtschaftsgüter zu erhalten und zu entwickeln, und dass sie über die Kostenteilung die technischen Verbesserungen zahle, die erforderlich seien, um den Wert dieser immateriellen Wirtschaftsgüter zu wahren. Zwar beziehen sich Amazon und der US Tax Court in dem im Anschluss an das Verfahren eingereichten Schriftsatz und in der Beurteilung des US Tax Court auf „AEHT“. Da jedoch im Rahmen des oben in Rn. 14 angeführten amerikanischen Verfahrens zwischen den verschiedenen luxemburgischen Unternehmen der Gruppe nicht unterschieden wird und der Ausdruck „AEHT“ unterschiedslos verwendet wird, um LuxOpCo oder LuxSCS zu bezeichnen, ist in diesem speziellen Kontext davon auszugehen, dass sich „AEHT“ auf LuxOpCo und nicht auf LuxSCS bezieht. Aus der Akte geht nämlich hervor, dass LuxSCS keine solchen Funktionen ausgeübt hat.

437    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder das Großherzogtum Luxemburg noch Amazon die Behauptung im 472. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestreiten, wonach in Europa LuxOpCo und die verbundenen Gesellschaften das Online-Marketing des Amazon-Konzerns auf der Grundlage ihres örtlichen Know-hows sicherstellten.

438    Unter diesen Umständen ist, auch wenn die Marke Amazon in Europa vor der Gründung von LuxOpCo bekannt war und ihr die internationale Bekanntheit der Amazon-Gruppe zugutekam, der Schluss zu ziehen, dass die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass die Erhaltung und Entwicklung des Werts der Marke im relevanten Zeitraum zumindest teilweise bei LuxOpCo und bei den lokalen Unternehmen in der EU erfolgte.

439    Im Übrigen ist in Übereinstimmung mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass Amazon als Anbieter von Büchern und Medien bekannt war, als sie auf den europäischen Markt kam, und dass die lokalen Teams erhebliche Anstrengungen unternehmen mussten, um den Ruf der Marke in Bezug auf andere Produktkategorien zu entwickeln.

440    Folglich ist den Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 469 bis 472 des angefochtenen Beschlusses beizupflichten. Insoweit ist im Licht der oben in den Rn. 433 bis 438 getroffenen Feststellungen festzustellen, dass LuxOpCo zur Entwicklung des Werts der Marke und der Wirtschaftsgüter im Bereich Marketing beitrug und daher wertvolle Funktionen ausübte. Dagegen lässt nichts die Annahme zu, dass diese Funktionen einzigartig waren.Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zutreffend zu dem Ergebnis gelangte, dass LuxOpCo zur Entwicklung jeder der drei Bestandteile der immateriellen Wirtschaftsgüter beigetragen hatte. In Bezug auf die Entwicklung der Technologie beschränkte sich der Beitrag von LuxOpCo in erster Linie auf Anpassungen und die Ausarbeitung technischer Spezifikationen. Dagegen kann die Beteiligung von LuxOpCo an der Entwicklung des EFN einer einzigartigen und wertvollen Funktion gleichgestellt werden. Außerdem spielte LuxOpCo eine wichtige Rolle bei der Sammlung der Kundendaten, insbesondere durch die Umsetzung der drei Säulen, und hat somit aktiv zur Entwicklung dieses einzigartigen und wertvollen Wirtschaftsguts beigetragen. In Bezug auf die Wirtschaftsgüter im Bereich Marketing spielte LuxOpCo eine wichtige Rolle bei der Steigerung der Bekanntheit der Marke Amazon in Europa und übte somit wertvolle Funktionen aus. Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, dass diese letztgenannten Funktionen als einzigartig eingestuft werden könnten.

441    Somit hat die Kommission in den Erwägungsgründen 414 und 415 des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt, dass die luxemburgische Verwaltung hätte berücksichtigen müssen, dass LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter ausübte. Dagegen waren nicht alle Funktionen von LuxOpCo im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter einzigartig und wertvoll.

442    Insoweit ist außerdem festzustellen, dass diese Funktionen zumindest zum Zeitpunkt der jährlichen Umsetzung des fraglichen Steuervorbescheids, wenn nicht bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses, hätten berücksichtigt werden müssen. Jede Änderung der Situation, was die Ausübung zusätzlicher Funktionen einschließt, hätte nämlich berücksichtigt werden müssen.

ii)    Zu den von LuxOpCo in Verbindung mit der Durchführung des Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäfts in Europa ausgeübten Funktionen (Abschnitt 9.2.1.2.2 und Erwägungsgründe 473 bis 499 des angefochtenen Beschlusses)

443    Was die von LuxOpCo in Verbindung mit der Durchführung des Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäfts in Europa ausgeübten Funktionen betrifft, wies die Kommission im angefochtenen Beschluss im Wesentlichen darauf hin, dass LuxOpCo sowohl nach dem Verrechnungspreisbericht von 2003 als auch faktisch als europäische Unternehmenszentrale fungiert habe und der Betreiber dieses Geschäfts gewesen sei. Somit hätte LuxOpCo die strategischen Entscheidungen zur Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe in Europa treffen müssen und habe diese getroffen (Erwägungsgründe 473 bis 478 des angefochtenen Beschlusses).

444    Insbesondere stellte die Kommission fest, dass LuxOpCo mit sämtlichen strategischen Funktionen im Zusammenhang mit dem Online-Einzelhandels- und ‑Dienstleistungsgeschäft der Amazon-Gruppe im relevanten Zeitraum beauftragt gewesen sei und dass LuxOpCo sämtliche strategischen Entscheidungen betreffend die Ware und die Preisgestaltung getroffen, die Umsätze verbucht und als Vertragspartei für die Kunden fungiert habe. Daher sei LuxOpCo für die betreffenden Kosten aufgekommen und habe die Verkaufs- und Lagerrisiken übernommen (475. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

445    LuxOpCo habe somit (völlig unabhängig) alle relevanten Entscheidungen über die drei Säulen der Strategie der Amazon-Gruppe in Europa getroffen (478. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

446    Die Parteien sind sich darüber einig, dass LuxOpCo Online-Einzelhandels- und ‑Dienstleistungsgeschäfte betrieb. Unstreitig ist auch, dass LuxOpCo die Funktion der europäischen Unternehmenszentrale der Amazon-Gruppe wahrnahm.

447    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon bestreiten jedoch, dass LuxOpCo wesentliche betriebliche Funktionen ausgeübt habe. Die Tätigkeiten von LuxOpCo beruhten weitgehend auf der Technologie, die in den Vereinigten Staaten entwickelt worden sei, und kämen den Funktionen der Verwaltung des Europageschäfts oder laufenden geschäftlichen Unterstützungsfunktionen gleich, die wenig Mehrwert geschaffen hätten.

448    Insbesondere tragen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon vor, die von Menschen ausgeübten Funktionen seien im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Amazon-Gruppe durch die Technologie ersetzt worden, und die Preise seien automatisch festgelegt worden. Sie ergänzen, dass es nicht möglich gewesen sei, dass Einzelpersonen den Preis für die auf den Websites der Amazon-Gruppe verfügbaren Millionen von Waren aktiv festlegten, die Beziehungen zu Verkäufern und Kunden seien fast vollständig automatisiert gewesen, in den Fulfilment Centres seien die Lokalisierung der Lagerbestände und die Reihenfolge der Einkäufe Funktionen gewesen, die durch Technologien bestimmt gewesen seien, und die Arbeitnehmer der Fulfilment Centres hätten nur die durch die Technologie gegebenen Anweisungen zu befolgen gehabt, die Entscheidungen in Bezug auf das Inventar (Einkaufsentscheidungen, Lagerorte usw.) seien automatisiert gewesen, so dass die Arbeitnehmer nur die auf der Grundlage der Technologie gegebenen Anweisungen hätten ausführen müssen.

449    Somit ist zu prüfen, ob die Kommission zu Recht davon ausging, dass LuxOpCo wesentliche betriebliche Funktionen ausübte und strategische Entscheidungen im Zusammenhang mit jeder der drei Säulen der Strategie der Amazon-Gruppe traf, so dass sie nicht einem Unternehmen gleichgestellt werden konnte, das bloße Verwaltungsfunktionen ausübte.

–       Zur Auswahl (Erwägungsgründe 479 bis 489 des angefochtenen Beschlusses)

450    Die Kommission stellte im 479. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass die Ausweitung und die Aufrechterhaltung der umfangreichsten Auswahl entscheidende Aspekte für den Erfolg der Amazon-Gruppe in Europa gewesen seien. Die Entscheidung darüber, welche Produktkategorien verkauft worden seien, sei unter Berücksichtigung des Wissens über die Märkte getroffen worden. Die Warenauswahl habe durch Mitarbeiter vorgenommen werden müssen, Technologie allein sei nicht hinreichend gewesen.

451    Insbesondere wies die Kommission zum einen darauf hin, dass sich LuxOpCo auf eine große Zahl von Mitarbeitern habe stützen können, die bei den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU beschäftigt gewesen seien, die die Auswahl in Europa gestaltet und unter Berücksichtigung ihres Wissens über die lokalen Märkte, Produkte und Kunden (somit entsprechend ihrem „lokalen Know-how“) in verfügbare neue Produktkategorien expandiert hätten (Erwägungsgründe 470 bis 482 des angefochtenen Beschlusses). Zum anderen habe LuxOpCo eine entscheidende Rolle bei der Übernahme lokaler Marktteilnehmer, der Begründung von Partnerschaften mit Lieferanten und der Errichtung von Drittverkäuferprogrammen für die Entwicklung von Marketplace gespielt (Erwägungsgründe 483 bis 489 des angefochtenen Beschlusses).

452    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon stellen die allgemeine Feststellung im 483. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage, wonach Amazon die Auswahl durch folgende Maßnahmen gestalte: die Übernahme anderer auf dem Markt tätiger Einzelhändler, Partnerschaften mit Lieferanten und Drittverkäuferprogramme wie z. B. Marketplace.

453    Im Übrigen geht aus der Aussage des ehemaligen Verantwortlichen für die Drittverkäuferprogramme in Europa (und insbesondere von Marketplace) hervor, dass die Arbeit der lokalen Anwerbeteams wichtig gewesen sei, um neue Produkte auf den Websites einzuführen.

454    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon bestreiten auch nicht, dass LuxOpCo mit Unterstützung ihrer verbundenen lokalen Unternehmen in der EU diese „allgemeinen“ Tätigkeiten der Amazon-Gruppe ausübte, bestimmte europäische Einzelhändler übernahm, Partnerschaftsvereinbarungen mit europäischen Lieferanten traf, wobei sie Strategien und bewährte Verfahren für die Auswahl und die Markteinführung neuer Kategorien beschrieb, und sogar die Standardbedingungen der Verträge mit den Lieferanten festlegte (485. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

455    Im Übrigen ergibt sich aus der Aussage des in den Vereinigten Staaten eingestellten Vizepräsidenten für internationalen Einzelhandel, dass [vertraulich]. Somit spielte LuxOpCo, auch wenn sie nicht völlig eigenständig über Produktkategorien entschied, eine wichtige Rolle bei der Einführung einer neuen Produktkategorie. Insoweit geht aus der Aussage des ehemaligen Leiters des Einzelhandels in Europa, der bei LuxOpCo beschäftigt war, hervor, dass LuxOpCo im Rahmen der Einführung einer neuen Produktkategorie [vertraulich] war.

456    Die Umstrukturierung von 2006 ermöglichte somit eine eigenständigere Verwaltung des Europageschäfts.

457    Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass LuxOpCo wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Warenauswahl traf und dass die Technologie allein nicht hinreichend war, um diese Säule der Strategie der Amazon-Gruppe in Europa umzusetzen.

–       Zum Preis (Erwägungsgründe 490 bis 493 des angefochtenen Beschlusses)

458    Zu den Preisen führte die Kommission aus, dass die Preisgestaltung zwar automatisiert sei und auf der Verwendung eines Algorithmus beruhe, dass dieser Algorithmus allerdings nur ein Tool zur Umsetzung einer bestimmten Preispolitik sei, die von LuxOpCo in Europa vorgegeben worden sei.

459    Insbesondere wies die Kommission darauf hin, dass ohne individuelle auf der Kenntnis des jeweiligen lokalen Marktes beruhende Informationen der verbundenen lokalen Unternehmen in der EU der Preisalgorithmus nicht wirksam funktioniert hätte. In Europa habe dies LuxOpCo unterstützt durch mit LuxOpCo verbundene lokale Unternehmen in der EU übernommen.

460    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon treten diesen Feststellungen entgegen. Sie machen insbesondere geltend, dass die Geschäftstätigkeit von LuxOpCo zum großen Teil auf der Automatisierung beruhe und dass die Beteiligung der Mitarbeiter von LuxOpCo insbesondere in Bezug auf die Preise minimal gewesen sei.

461    Zwar lässt sich nicht bestreiten, dass die Tätigkeiten von LuxOpCo, wie das Großherzogtum Luxemburg geltend macht, ohne die Technologie wesentlich weniger umfangreich gewesen wären.

462    Es ist jedoch festzustellen, dass, wie aus dem 168. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, bis 2009 die Preise bei der Amazon-Gruppe vorwiegend „manuell“ festgesetzt wurden. Erst ab 2009 wurden die Preise anhand eines Algorithmus festgesetzt. Die Kommission hat daher insoweit zutreffend festgestellt, dass der Algorithmus für sich genommen bei der Festsetzung der Preise nicht ausreichte und dass er die Umsetzung einer bestimmten Preispolitik erlaubte, die von LuxOpCo in Europa vorgegeben wurde (vgl. 490. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

463    Zunächst hätte, wie die Kommission im 491. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, ohne individuelle auf der Kenntnis des jeweiligen lokalen Marktes beruhende Informationen der verbundenen lokalen Unternehmen in der EU der Preisalgorithmus nicht wirksam funktionieren können.

464    Sodann geht, wie die Kommission im 492. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses feststellte, aus dem EU Policies and Procedures Manual (Verfahrens- und Politikhandbuch für die Union) der Amazon-Gruppe hervor, dass die Preisbildung in Luxemburg von einem EU Retail Pricing Committee (Ausschuss für die Preisbildung im Einzelhandel in der EU) festgelegt wurde, der sich aus den Führungskräften von LuxOpCo zusammensetzte. Dieser Ausschuss war ausschließlich für die Entwicklung der Leitlinien für die Preisbildung bei Produkten zuständig, die von der Amazon-Gruppe über die EU-Websites angeboten wurden. Die Rolle von LuxOpCo bei der Festlegung der Preispolitik wird auch durch die Aussagen der Mitarbeiter von LuxOpCo bestätigt.

465    Außerdem ist unstreitig, dass bei LuxOpCo eine Führungskraft mit Zuständigkeit für die Preisbildung in Europa beschäftigt war, die den Preisen zustimmen musste, insbesondere bei Abweichungen von den mit dem Algorithmus festgesetzten Preisen, und dass ein Team weltweit für [vertraulich] sorgen sollte. Dieses Team, das in Luxemburg bei LuxOpCo eingerichtet war, überwachte [vertraulich] Preise und ermittelte Preise weltweit, auch in den USA (vgl. 492. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

466    Schließlich stellen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon nicht substantiiert in Frage, dass LuxOpCo eine besondere Strategie entwickeln musste, um Einnahmen zu erzielen und sich von ihren Wettbewerbern zu unterscheiden. Insoweit wurde der Einfluss von LuxOpCo und von den mit LuxOpCo verbundenen lokalen Unternehmen in der EU auf Preisentscheidungen aus den Preiskampagnen auf den EU-Websites deutlich (vgl. 493. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Es ist unstreitig, dass in den ersten Jahren ihrer Geschäftstätigkeit in Deutschland die Website „Amazon.de“ sogar die „Tiefpreisgarantie“ erfunden hatte, die den Kunden einen Anreiz bot, Preisinformationen an Amazon.de zu schicken, um im Gegenzug einen Rabatt auf ihre Einkäufe zu erhalten, und dass im Vereinigten Königreich besondere Arten von gebräuchlichen Preiskampagnen, beispielsweise [vertraulich], einen Preiswettbewerb [vertraulich] erschwerten, [vertraulich]. Für den Verkauf von Büchern in Frankreich und Deutschland entwickelte LuxOpCo das Programm für einen kostenlosen Versand. Insoweit handelt es sich um Beispiele für Entscheidungen über die Preisfestsetzung im Verhältnis zu den Wettbewerbern auf dem Markt und damit um strategische Entscheidungen, die einem Einzelhändler eigen sind.

467    Nach alledem ist festzustellen, dass LuxOpCo strategische Entscheidungen über die Festsetzung der Preise traf und damit wichtige Funktionen ausübte. Zwar war die Preisgestaltung von der Technologie der Amazon-Gruppe abhängig, doch war auch das Tätigwerden der Mitarbeiter von LuxOpCo entscheidend.

–       Zur „Kundenfreundlichkeit“ (Erwägungsgründe 494 bis 499 des angefochtenen Beschlusses)

468    Zur „Kundenfreundlichkeit“ stellte die Kommission fest, dass LuxOpCo damit betraut gewesen sei, in Europa die Kundenfreundlichkeit des Einzelhandels- und Marketplace-Angebots der Amazon-Gruppe in Europa sicherzustellen. Insbesondere habe LuxOpCo ein Team, das sogenannte „Localization and Translation Team“ gehabt, das die maschinellen Übersetzungen geprüft habe und die Zusammenführung der verschiedenen europäischen Kataloge zur Schaffung und Verwaltung des EFN ermöglicht habe (495. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). LuxOpCo und die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU hätten die Kenntnisse in Bezug auf die lokale Logistik, insbesondere für die Zustellungen von Waren, gebündelt und weiterentwickelt (496. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

469    Die Technologie sei eine Vorbedingung für die „Kundenfreundlichkeit“, insbesondere für die Übersetzung der europäischen Artikelkataloge, die Lieferung und den Kundendienst (vgl. Erwägungsgründe 494 bis 499 des angefochtenen Beschlusses). Das Personal von LuxOpCo habe sowohl auf der Ebene der Artikelkataloge als auch hinsichtlich der Lieferung der Waren und des Kundenbetreuungsdienstes eine Rolle gespielt. Insoweit habe das Know-how LuxOpCo und den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU gehört (496. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

470    Diese Umstände werden im Übrigen vom Großherzogtum Luxemburg und von Amazon nicht substantiiert bestritten und sind zu bestätigen.

471    Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass LuxOpCo strategische Entscheidungen im Zusammenhang mit der Verwertung des Europageschäfts der Amazon-Gruppe traf und so die Hauptverantwortliche für die Umsetzung der drei Säulen der Strategie dieser Gruppe für dieses geografische Gebiet war. Die Kommission ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass LuxOpCo trotz der Bedeutung der Technologie auch eine wesentliche Rolle beim Betrieb und bei der Ausweitung dieser Einzelhandels- und Marketplace-Tätigkeiten spielte und somit wertvolle Funktionen ausübte. Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, dass diese Funktionen einzigartigen Charakter hatten.

iii) Zu den von LuxOpCo genutzten Vermögenswerten (Erwägungsgründe 500 bis 505 des angefochtenen Beschlusses)

472    Zu den von LuxOpCo genutzten Vermögenswerten stellte die Kommission im 500. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass LuxOpCo „erhebliche Vermögenswerte“ genutzt habe, um die in den Abschnitten 9.2.1.2.1 (Funktionen im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern) und 9.2.1.2.2 (Funktionen im Rahmen des Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäfts) ihres Beschlusses beschriebenen Funktionen auszuüben.

473    Zum einen stellte die Kommission im 501. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass der gesamte Lagerbestand von Amazon im Eigentum von LuxOpCo gestanden und von ihr verwaltet worden sei (im relevanten Zeitraum betrugen die Lagerbestände [vertraulich] Mrd. Euro) und dass sämtliche Beteiligungen an ASE, AMEU und den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU ihr Eigentum gewesen seien.

474    Zum anderen führte die Kommission aus, dass die Kostenstruktur von LuxOpCo zeige, dass erhebliche Vermögenswerte für die Kosten der Entwicklung und Verbesserung der immateriellen Wirtschaftsgüter im Rahmen der ausgeübten Funktionen aufgewendet worden seien (502. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Insbesondere in Bezug auf die Marke seien LuxOpCo erhebliche direkte Marketingkosten (z. B. die Kosten von Werbeaktionen) entstanden (Rn. 503 und 504 des angefochtenen Beschlusses). Folglich war die Kommission der Ansicht, dass davon auszugehen sei, dass diese Kosten, da nicht habe nachgewiesen werden können, dass LuxOpCo diese Kosten erstattet worden seien, tatsächlich von LuxOpCo getragen worden seien.

475    Die Kommission kam so zu dem Ergebnis, dass LuxOpCo die Kosten der wirtschaftlichen Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter sowie ihrer Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung getragen habe. Diese Kosten könnten insgesamt nicht als im Namen von LuxSCS aufgewendet angesehen werden (505. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

476    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon bestreiten diese Feststellungen im Übrigen nicht substantiiert, außer hinsichtlich des Umstands, dass LuxOpCo die Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung, der Verbesserung und der Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter getragen habe. Insoweit genügt der Hinweis auf oben, Rn. 235. Mit Ausnahme der Feststellung, dass LuxOpCo die mit der CSA und der Eintrittsvereinbarung verbundenen Kosten getragen habe, sind die Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 500 bis 505 des angefochtenen Beschlusses zu bestätigen.

iv)    Zu den von LuxOpCo übernommenen Risiken (Erwägungsgründe 506 bis 517 des angefochtenen Beschlusses)

477    Zu den von LuxOpCo übernommenen Risiken vertrat die Kommission in den Erwägungsgründen 506 bis 517 des angefochtenen Beschlusses die Auffassung, dass diese Gesellschaft sowohl nach den Bestimmungen der Vereinbarungen mit LuxSCS als auch tatsächlich zum einen die mit der Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter verbundenen Risiken übernommen habe. Außerdem habe LuxOpCo alle relevanten Geschäftsrisiken und unternehmerischen Risiken in Verbindung mit dem Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäft der Amazon-Gruppe in Europa kontrolliert und verwaltet, nämlich u. a. Kreditrisiken, Inkassorisiken und bestandsbezogene Risiken sowie Marktrisiken, Verlustrisiken und Risiken in Verbindung mit Maßnahmen, die Mitarbeiter in die Lage versetzen sollten, dauerhaft effizient und zügig Waren zu verkaufen und Dienstleistungen zu erbringen.

478    Sodann wies die Kommission das Vorbringen von Amazon im Verwaltungsverfahren zurück, wonach sich LuxOpCo bei der Verwaltung und der Übernahme der Risiken zum großen Teil auf Technologie gestützt habe (Erwägungsgründe 506 und 508 des angefochtenen Beschlusses).

479    Zunächst trug LuxOpCo nach Auffassung der Kommission, auch wenn die Technologie es ermöglicht habe, die Risiken zu minimieren, diese Risiken aufgrund ihrer Rolle als europäische Unternehmenszentrale sowie aufgrund ihrer Einzelhandels- und Dienstleistungstätigkeiten (Erwägungsgründe 509 und 510 des angefochtenen Beschlusses). Selbst wenn LuxOpCo sich bei der Verwaltung von Geschäftsrisiken auf die Technologie gestützt habe, sei dies ausschließlich auf eine strategische Entscheidung von LuxOpCo zurückzuführen gewesen (511. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

480    Außerdem sei nicht nachgewiesen, weder im Verrechnungspreisbericht von 2003 noch in einem anderen Dokument, dass die strategischen, finanziellen und operativen Risiken von LuxOpCo im täglichen Geschäftsbetrieb durch eine Konzernstrategie zum Risikomanagement verwaltet worden seien (512. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Im Gegenteil seien die Risiken wie der Verlust von Marktanteilen vielmehr auf lokaler Ebene mit LuxOpCo als Hauptverantwortlicher in Europa verwaltet worden (Rn. 513 bis 515 des angefochtenen Beschlusses).

481    Die Parteien streiten darüber, welches Unternehmen tatsächlich die Risiken im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern übernahm, und insbesondere darüber, ob LuxOpCo für die Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung des geistigen Eigentums Vermögenswerte aufwendete. Außerdem wurde nach Auffassung des Großherzogtums Luxemburg ein Teil der von der Kommission festgestellten Risiken und Funktionen von den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU und nicht von LuxOpCo übernommen.

482    Was die Risiken im Zusammenhang mit der Entwicklung, Verbesserung und Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter anbelangt, so ist die Auffassung, dass LuxOpCo diese Risiken sowohl nach den mit LuxSCS geschlossenen Vereinbarungen als auch tatsächlich getragen habe, wie die Kommission im 507. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erklärte, nicht überzeugend.

483    Wie das Großherzogtum Luxemburg in Rn. 104 der Klageschrift in der Rechtssache T‑816/17 zu Recht ausgeführt hat, trifft es zwar zu, dass LuxSCS nach der Lizenzvereinbarung eine Reihe von Risiken im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb auf LuxOpCo übertragen hatte, jedoch trug LuxSCS, der das Recht zur Verwertung der immateriellen Wirtschaftsgüter während des relevanten Zeitraums zukam, immer die Risiken im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern, da sie die ihr obliegende Verpflichtung nach der Eintrittsvereinbarung und nach der CSA zu erfüllen hatte, die Vergütung für den Eintritt und die Vergütung nach der CSA an ATI und an A 9 zu zahlen.

484    Diese Feststellung wird von der Kommission nicht substantiiert bestritten. Zur Fähigkeit von LuxSCS in finanzieller Hinsicht, die Risiken zu übernehmen, wenn sie sich verwirklichten, konnte die Kommission ihr Vorbringen, dass LuxSCS über keine wesentlichen Eigenmittel verfügt habe, nicht nachweisen. Was das Anfangskapital von LuxSCS betrifft, das die Kommission im 445. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses als unerheblich zurückwies, steht fest, dass LuxSCS zumindest für das Jahr 2006 dank ihres Kapitals die in ihren ersten Betriebsjahren entstandenen Verluste ohne Tätigwerden von LuxOpCo auffangen konnte. So lag im Jahr 2006 die von LuxOpCo an LuxSCS gezahlte Lizenzgebühr weit unter den von LuxSCS geleisteten Zahlungen für den Ankauf und aus der Kostenteilung.

485    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass LuxOpCo höchstens einen Teil der Risiken im Zusammenhang mit dem Bestehen, der Entwicklung, der Verbesserung und der Verwaltung der immateriellen Wirtschaftsgüter trug.

486    Hinsichtlich der anderen in den Erwägungsgründen 507 bis 517 des angefochtenen Beschlusses angeführten Risiken, nämlich der Risiken im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Online-Einzelhändler und Erbringer von Dienstleistungen, bestreiten dagegen das Großherzogtum Luxemburg und Amazon nicht substantiiert, dass diese Risiken, wie das Risiko des Verlusts von Marktanteilen als solchen (vgl. 514. Erwägungsgrund dieses Beschlusses) und die Risiken im Zusammenhang mit dem Halten der unverkauften Bestände in Europa, mit dem Hosten der Server und der Unterhaltung der Callcenter, mit den zweifelhaften Forderungen und mit der fehlenden Ausführung oder Erfüllung der mit den Kunden geschlossenen Verträge, LuxOpCo trug. Insbesondere machen zwar das Großherzogtum Luxemburg und Amazon geltend, dass die Technologie es ermöglicht habe, die Risiken von LuxOpCo im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb, insbesondere die Bestandsrisiken, zu minimieren, jedoch ist festzustellen, dass diese Risiken, wie die Kommission im 510. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführte, durch die Technologie nicht vollständig beseitigt wurden. Daher ist dem Vorbringen der Kommission zu folgen.

v)      Schlussfolgerungen zur Funktionsanalyse für LuxOpCo

487    Nach alledem ist festzustellen, dass die von der Kommission vorgenommene Funktionsanalyse für LuxOpCo nicht zur Gänze überzeugen kann.

488    Erstens war angesichts der von der Kommission zum Zweck des Erlasses des angefochtenen Beschlusses eingeholten Informationen, wie sie im angefochtenen Beschluss dargelegt wurden und von denen ein Teil oben bestätigt worden ist, die Annahme, dass LuxOpCo tatsächlich bestimmte einzigartige und wertvolle Funktionen hinsichtlich der immateriellen Wirtschaftsgüter ausübte, nicht ausgeschlossen. Dies gilt für die Entwicklung des EFN und die Sammlung der Kundendaten. Im Übrigen ist hinsichtlich der Wirtschaftsgüter im Bereich Marketing, auch wenn die Funktionen von LuxOpCo wertvoll sind, nicht erwiesen, dass diese Funktionen als einzigartig angesehen werden können.

489    Zweitens kann die Funktionsanalyse für LuxOpCo als Online-Einzelhändler und als Erbringer von Dienstleistungen im Wesentlichen bestätigt werden. Insoweit beschränkte sich LuxOpCo entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon nicht darauf, bloße „Verwaltungs“-Funktionen auszuüben, sondern handelte als Online-Einzelhändler und trug die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Risiken. Solche Funktionen waren tatsächlich „wertvoll“, da es sich um Tätigkeiten handelte, die einen erheblichen Beitrag zum Umsatz von LuxOpCo und damit zum Geschäftsmodell der Amazon-Gruppe leisten konnten. Solche Funktionen können jedoch nicht als einzigartig eingestuft werden. Soweit das Großherzogtum Luxemburg und Amazon nämlich darauf hingewiesen haben, dass ein Unternehmen als eine Routinefunktionen ausübende Einheit angesehen werden könne (im Gegensatz zu einem Unternehmen, das einzigartige und wertvolle Funktionen ausübe), wenn diese Funktionen leicht bewertet (auf Englisch: benchmarked) werden könnten (vgl. oben, Rn. 225), genügt der Hinweis, dass der [vertraulich] Bericht, auf den sich die Hauptparteien berufen haben, das Online-Einzelhandelsgeschäft betrifft und auf die Frage der auf dem Markt für solche Einzelhändler beobachteten Vergütung eingeht.

490    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission zwar zu Recht davon ausgehen konnte, dass bestimmte Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern einzigartig und wertvoll waren, ihre These, dass die Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit einzigartig und wertvoll seien, aber nicht in vollem Umfang überzeugen kann. Die Kommission stellte zwar zutreffend fest, dass LuxOpCo mehr Funktionen ausgeübt habe als die, die für den Erlass des fraglichen Steuervorbescheids herangezogen worden seien, nämlich bloße „Verwaltungs“-Funktionen, sie nahm aber zu Unrecht an, dass die Funktionen von LuxOpCo in Bezug auf ihr Einzelhandelsgeschäft einzigartig und wertvoll gewesen seien.

491    Dieses Ergebnis wird durch keines der anderen Argumente des Großherzogtums Luxemburg oder von Amazon in Frage gestellt.

492    Das Großherzogtum Luxemburg und Amazon machen erstens geltend, der Umstand, dass die Funktionen von LuxOpCo vor der Umstrukturierung von 2006 von den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU wahrgenommen worden seien und dass diese Unternehmen eine Vergütung auf Kostenaufschlagsbasis erhalten hätten, zeige, dass es sich bei den Funktionen von LuxOpCo nur um routinemäßige Funktionen handele. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Umstrukturierung von 2006 gerade den Zweck hatte, eine Unternehmenszentrale für das Europageschäft der Amazon-Gruppe zu schaffen, indem LuxOpCo weitaus wichtigere Funktionen als die der verbundenen lokalen Unternehmen in der EU übertragen wurden.

493    Zweitens wirft das Großherzogtum Luxemburg der Kommission vor, die von den verbundenen lokalen Unternehmen in der EU ausgeübten Funktionen LuxOpCo zugerechnet zu haben. Hierzu genügt die Feststellung, dass die verbundenen lokalen Unternehmen in der EU als Erbringer von Dienstleistungen bei LuxOpCo tätig waren und im Übrigen als solche vergütet wurden. Die von ihnen ausgeübten Funktionen waren somit für Rechnung und auf Gefahr von LuxOpCo ausgeübt worden. Die Kommission konnte diese Funktionen daher LuxOpCo zurechnen.

2)      Zur Wahl der Methode

494    Wie oben in Rn. 317 dargelegt, ging die Kommission im Wesentlichen davon aus, dass es falsch gewesen sei, die TNMM zur Bestimmung der Höhe der Lizenzgebühr und der Vergütung von LuxOpCo verwendet zu haben, und dass die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse hätte angewandt werden müssen.

495    Insbesondere führte die Kommission im 567. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass die Gewinnaufteilungsmethode gewöhnlich als besser geeignete Methode betrachtet werde, wenn beide Beteiligte eines konzerninternen Geschäftsvorfalls jeweils einzigartige und wertvolle Beiträge zu diesem Geschäftsvorfall leisteten, weil davon auszugehen sei, dass in einem solchen Fall auch unabhängige Beteiligte die Gewinne des Geschäftsvorfalls im Verhältnis zu ihren jeweiligen Beteiligungen aufteilen würden.

496    In diesem Kontext führte die Kommission unter Verweis auf den 256. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass die OECD-Leitlinien zwischen zwei Methoden zur Aufteilung des Gewinns unterschieden, nämlich der Beitragsanalyse (contribution analysis) und der Restgewinnanalyse. Zur Restgewinnanalyse führte die Kommission aus, diese sei für den Fall anwendbar, dass eine Partei zusätzlich zur Vergütung für ihre einzigartigen und wertvollen Beiträge zum Geschäftsvorfall eine Vergütung auch für die Ausübung ihrer routinemäßigen Funktionen erhalte. Bei der Beitragsanalyse werde der Gesamtgewinn (unter Berücksichtigung von eingesetzten Vermögenswerten und übernommenen Risiken) nach dem relativen Wert der von den einzelnen Beteiligten der konzerninternen Geschäftsvorfälle ausgeübten Funktionen aufgeteilt.

497    Wenn beide Parteien eines konzerninternen Geschäftsvorfalls einzigartige und wertvolle Beiträge leisteten und es keine weniger komplexen Geschäftsvorfälle gebe, die getrennt bepreist werden müssten, sei für die Zurechnung des Gesamtgewinns eher die Beitragsanalyse geeignet. Eine Restgewinnanalyse komme bei weniger komplexen Geschäftsvorfällen in Betracht.

498    Auf der Grundlage dieser Ausführungen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass, da sowohl LuxSCS als auch LuxOpCo einzigartige und wertvolle Funktionen im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter zugebilligt würden, daher die Beitragsanalyse gegenüber der Restgewinnanalyse zu bevorzugen sei.

499    Die Parteien des Rechtsstreits streiten über die Frage, ob die Kommission zu Recht davon ausging, dass die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse im vorliegenden Fall angemessen war, so dass die Wahl der TNMM im fraglichen Steuervorbescheid nicht hätte gebilligt werden dürfen.

500    Vor allem ist zur Wahl der Verrechnungspreismethode als solche daran zu erinnern, dass, wie in Rn. 202 des Urteils vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669), dargelegt, die verschiedenen Methoden zur Festsetzung von Verrechnungspreisen sich bemühen, die Gewinn-Niveaus zu erreichen, die fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise widerspiegeln, und grundsätzlich nicht geschlossen werden kann, dass eine Methode zu keiner verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führen könne.

501    Außerdem steht es der Kommission im Rahmen der Prüfung einer Maßnahme im Hinblick auf den Fremdvergleichsgrundsatz frei, eine andere Methode als die von den nationalen Steuerbehörden gebilligte anzuwenden. Aus Rn. 154 des Urteils vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission (T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669), ergibt sich, dass der Kommission zwar nicht vorgeworfen werden kann, eine Verrechnungspreismethode verwendet zu haben, die sie als im vorliegenden Fall angemessen ansieht, um die Höhe der Verrechnungspreise für eine Transaktion oder für mehrere eng verbundene Transaktionen zu prüfen, die Teil der beanstandeten Maßnahme sind, es jedoch der Kommission obliegt, ihre Methodenentscheidung zu rechtfertigen.

502    Im vorliegenden Fall kann der Kommission, da es bestimmte einzigartige und wertvolle Funktionen sowohl bei LuxSCS als auch LuxOpCo gab, nicht vorgeworfen werden, davon ausgegangen zu sein, dass sich die Gewinnaufteilungsmethode im Allgemeinen als geeignet erweisen könne, den konzerninternen Geschäftsvorfall zu prüfen.

503    Die Schlussfolgerung der Kommission, wonach die Beitragsanalyse heranzuziehen ist, vermag jedoch nicht zu überzeugen. Wie sich nämlich implizit, aber zwangsläufig aus den Erwägungsgründen 256, 567 und 568 des angefochtenen Beschlusses ergibt, ging die Kommission von der Feststellung aus, dass der Umstand, dass die Parteien des konzerninternen Geschäftsvorfalls einzigartige und wertvolle Funktionen sowie Routinefunktionen ausübten, eine Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Restgewinnanalyse erforderte, während die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse nur angemessen gewesen wäre, wenn die betroffenen Unternehmen ausschließlich einzigartige und wertvolle Funktionen ausübten. Wie jedoch aus den vorstehenden Rn. 488 und 489 hervorgeht, war die Kommission zwar zu der Annahme berechtigt, dass bestimmte Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern einzigartig und wertvoll waren, sie hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit einzigartig und wertvoll seien. Sie hat auch nicht nachgewiesen, dass es keine Vergleichswerte für die Geschäftstätigkeit von LuxOpCo gab oder dass die Vergütung für diese Funktionen nicht hätte getrennt festgestellt werden können.

504    Außerdem ergibt sich implizit, aber zwangsläufig aus den Ziff. 3.6 und 3.8 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995, dass die Wahl der Gewinnaufteilungsmethode, auch in der Variante der Beitragsanalyse, entscheidend davon abhängt, ob externe Daten unabhängiger Unternehmen zur Ermittlung des Beitrags jedes an den Geschäftsvorfällen beteiligten Unternehmens bestimmt wurden. Die Kommission versuchte aber nicht festzustellen, ob solche verlässlichen Daten verfügbar waren, um zu dem Schluss gelangen zu können, dass im vorliegenden Fall die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse gewählt werden konnte.

505    Außerdem begründete die Kommission nicht, inwiefern die Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter derart gewesen seien, dass die Beitragsanalyse im vorliegenden Fall die geeignete Methode gewesen sei, und zwar im Gegensatz zur Restgewinnanalyse (vgl. 568. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

506    Daraus folgt, dass die Kommission ihre Methodenentscheidung nicht ordnungsgemäß begründete und somit den oben in Rn. 501 dargelegten Anforderungen nicht genügte, als sie die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Restgewinnanalyse ausgeschlossen hat und die Variante der Beitragsanalyse wählte.

507    Soweit die Kommission ihre erste ergänzende Feststellung darauf stützte, dass nur die Beitragsanalyse im vorliegenden Fall die geeignete Methode gewesen wäre, macht der oben in Rn. 506 festgestellte Fehler die Ausführungen der Kommission zum Nachweis des Vorliegens eines Vorteils fehlerhaft.

508    Das Gericht hält es jedoch für erforderlich, das Vorbringen der Kläger weiter zu prüfen, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die Vergütung von LuxOpCo aufgrund der Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse höher hätte sein müssen.

3)      Zum Nachweis, dass die Vergütung von LuxOpCo aufgrund der Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode (Anwendung der Beitragsanalyse) hätte höher sein müssen

509    Wie oben ausgeführt, stellte die Kommission im 568. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass, wenn die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse angewandt worden wäre, dies zwangsläufig zu einer höheren Vergütung für LuxOpCo geführt hätte. Die Kommission war daher der Ansicht, dass der fragliche Steuervorbescheid dadurch, dass er die von Amazon vorgeschlagene Methode zur Berechnung der Lizenzgebühr gebilligt habe, die zu einer Unterbewertung der Vergütung von LuxOpCo geführt habe, Letzterer einen Vorteil verschafft habe. Die Kommission führte jedoch im 564. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass sie nicht die genaue Feststellung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für LuxOpCo versucht habe.

510    Wie oben in den Rn. 317 bis 320 ausgeführt, beruht der von der Kommission festgestellte Fehler nicht auf der Feststellung, dass bestimmte Funktionen von LuxOpCo, einschließlich Routinefunktionen oder gewöhnliche Funktionen, nicht Gegenstand einer Vergütung waren. Dagegen ist die Kommission von der Annahme ausgegangen, dass LuxOpCo eine Reihe von einzigartigen und wertvollen Funktionen übernommen habe und dass daher die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse hätte angewandt werden müssen.

511    Die Parteien streiten über die Frage, ob die Kommission auf der Grundlage der oben in Rn. 509 angeführten Feststellung zum Nachweis des Vorliegens eines Vorteils zugunsten von LuxOpCo gelangte.

512    Um das Vorliegen eines Vorteils nachzuweisen, musste die Kommission dartun, dass LuxOpCo eine höhere Vergütung hätte erhalten müssen, wenn die Gewinnaufteilungsmethode auf sie angewandt worden wäre, als sie tatsächlich nach dem fraglichen Steuervorbescheid erhalten hatte.

513    Wie oben in Rn. 310 dargelegt, ist es Sache der Kommission, konkret nachzuweisen, dass die methodologischen Fehler, die sie in dem Steuervorbescheid festgestellt hatte, es nicht gestatteten, zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis zu führen und dass sie zu einer Senkung der steuerpflichtigen Gewinne geführt hatten, ohne dass ausgeschlossen ist, dass in bestimmten Fällen ein methodologischer Fehler so geartet ist, dass er es keinesfalls erlaubt, zu einer Annäherung an ein fremdvergleichskonformes Ergebnis zu führen, und dass er zwangsläufig zu einer Unterbewertung der Vergütung führt, die unter Marktbedingungen hätte erzielt werden müssen.

514    Die gleichen Erwägungen müssen gelten, wenn die Kommission der Auffassung ist, einen Fehler in der Funktionsanalyse festgestellt zu haben. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass die errechnete Vergütung trotz eines Fehlers in der Funktionsanalyse nicht von dem fremdvergleichskonformen Ergebnis abweicht, das hätte bestimmt werden können, wenn die Funktionen ordnungsgemäß berücksichtigt worden wären. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass, wenn bestimmte Funktionen nicht ordnungsgemäß ermittelt und bei der Berechnung der Vergütung nicht berücksichtigt wurden, es wahrscheinlich ist, dass diese Funktionen Gegenstand einer Vergütung hätten sein müssen, und dass die Vergütung des betreffenden Unternehmens aufgrund der Nichtberücksichtigung dieser zusätzlichen Funktionen höher hätte ausfallen müssen. Gleichwohl kann die Kommission nicht zu solchen Schlussfolgerungen gelangen, ohne konkret zu prüfen, ob im vorliegenden Fall und im Hinblick auf die Besonderheiten des in Rede stehenden Geschäftsvorfalls der in der Funktionsanalyse festgestellte Fehler zu einer zusätzlichen Vergütung hätte führen können.

515    Schließlich muss die Kommission, wenn sie im Rahmen ihrer Befugnis nach Art. 107 Abs. 1 AEUV eine steuerliche Maßnahme prüft, die einem integrierten Unternehmen gewährt wurde, die Steuerbelastung eines solchen integrierten Unternehmens, die sich aus der Anwendung der betreffenden steuerlichen Maßnahme ergibt, mit der sich aus der Anwendung der normalen Steuervorschriften des nationalen Rechts ergebenden Steuerbelastung eines Unternehmens in einer vergleichbaren tatsächlichen Situation, das seine Tätigkeiten zu Marktbedingungen ausübt, vergleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2019, Niederlande u. a./Kommission, T‑760/15 und T‑636/16, EU:T:2019:669, Rn. 149). Wenn die Kommission Fehler bei der Funktionsanalyse feststellt, auf der eine steuerliche Maßnahme wie der fragliche Steuervorbescheid beruht, hat die Kommission zum einen die Steuerbelastung des integrierten Unternehmens, die sich aus der Anwendung der fraglichen steuerlichen Maßnahme ergibt, und zum anderen die Steuerbelastung eines Unternehmens, das auf dem Markt tätig ist und vergleichbare Funktionen ausübt wie das integrierte Unternehmen, wie sie von der Kommission festgestellt wurden, miteinander zu vergleichen. Insoweit ist hervorzuheben, dass ein solcher Vergleich nicht bedeutet, dass die Kommission zwangsläufig eine neue Analyse mit derselben Detailliertheit vornehmen muss wie die, die der Mitgliedstaat für den Erlass der fraglichen steuerlichen Maßnahme durchgeführt hat. Auch wenn die Kommission eine solche Prüfung nicht vornehmen muss, muss sie doch zumindest eine Reihe konkreter Anhaltspunkte anführen, anhand deren mit Sicherheit festgestellt werden kann, dass die fremdvergleichskonforme Vergütung für die von der Kommission festgestellten Funktionen der Gesellschaft zwangsläufig höher war als die in Anwendung der fraglichen steuerlichen Maßnahme erhaltene Vergütung.

516    Aufgrund der vorstehenden Ausführungen in Rn. 515 hätte die Kommission die Vergütung von LuxOpCo, die sie nach der im fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Methode erhielt, mit der fremdvergleichskonformen Vergütung vergleichen müssen, die im Hinblick auf die Funktionen von LuxOpCo, die die Kommission in ihrer eigenen Funktionsanalyse selbst festgestellt hatte, hätte erhoben werden müssen. Mangels einer wirklichen Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse hätte die Kommission zumindest eine Reihe von Anhaltspunkten ermitteln müssen, die den Schluss zuließen, dass die nach dem fraglichen Steuervorbescheid berechnete Vergütung von LuxOpCo zwangsläufig niedriger war als die Vergütung, die eine auf dem freien Markt tätige Gesellschaft erhalten hätte, wenn diese Gesellschaft vergleichbare Funktionen wie die von der Kommission in ihrer Funktionsanalyse festgestellten gehabt hätte. Im Einzelnen hätte die Kommission, wenn sie der Ansicht gewesen wäre, dass die Beitragsanalyse die geeignete Berechnungsmethode sei, statt sich auf bloße unüberprüfte Vermutungen des Ergebnisses zu beschränken, das nach der Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse erzielt worden wäre, untersuchen müssen, ob auf dem freien Markt die Berücksichtigung von Funktionen und Risiken, die mit denen vergleichbar waren, die LuxOpCo im Rahmen des konzerninternen Geschäftsvorfalls übernahm (insbesondere ihre Funktionen und Risiken als Online-Einzelhändler), tatsächlich zu einem Anteil an den Gewinnen (für einen mit LuxOpCo vergleichbaren Online-Einzelhändler) führte, der höher gewesen wäre als der, den LuxOpCo nach der im fraglichen Steuervorbescheid angeführten Berechnungsmethode beanspruchen konnte. Auch wenn die Kommission zwar keine genauen Zahlen angeben musste, so hatte sie doch zumindest insoweit nachprüfbare Hinweise zu geben.

517    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im angefochtenen Beschluss lediglich festgestellt, dass, wenn die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse angewandt worden wäre, LuxOpCo eine höhere Vergütung erhalten hätte, ohne diese Methode anwenden zu wollen. Die Kommission kann aber nicht annehmen, welches Ergebnis nach einer bestimmten Methode erzielt würde oder welche Vergütung einer bestimmten Funktion hätte zugewiesen werden müssen. Dagegen muss sie, wie bereits oben in den Rn. 515 und 516 ausgeführt, nachweisen, dass die im fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Vergütung niedriger war als die verlässliche Annäherung an eine fremdvergleichskonforme Vergütung, die bei Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode mit der Beitragsanalyse erzielt worden wäre.

518    Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission nicht versucht hat, zu prüfen, welcher der richtige Aufteilungsschlüssel für den Gesamtgewinn von LuxSCS und LuxOpCo war, der angemessen gewesen wäre, wenn diese Parteien unabhängige Unternehmen gewesen wären, oder konkrete Gesichtspunkte zu benennen, anhand deren sich feststellen ließe, dass die Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit der Entwicklung der immateriellen Wirtschaftsgüter oder mit der Ausübung der Funktion als Unternehmenszentrale einen Anspruch auf einen größeren Anteil an den tatsächlich nach dem fraglichen Steuervorbescheid erlangten Gewinnen verschafft hätten.

519    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn die Beiträge von LuxOpCo im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern (Beitrag zur Entwicklung eines kleinen Teils der Technologie, Beitrag zur Ausweitung der Kundendatenbank und zur Wertsteigerung der Marke) und dem Geschäftsbetrieb sehr wohl real sind, es keines der im angefochtenen Beschluss enthaltenen Elemente erlaubt, den Beitrag dieser Funktionen im Verhältnis zu den Funktionen von LuxSCS (Bereitstellung der Technologie, die eine entscheidende Rolle beim Geschäftsbetrieb der Amazon-Gruppe und bei der Generierung von Gewinnen spielt) zu messen. Ohne eingehende Prüfung kann daher nicht vorhergesehen werden, inwieweit die Beiträge von LuxOpCo ihr einen größeren Anteil an den in Europa erzielten Gewinnen verschaffen würden als die nach dem fraglichen Steuervorbescheid erlangten.

520    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission nicht das Vorliegen eines Vorteils, sondern allenfalls die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Vorteils nachgewiesen hat.

521    Zwar ist, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, der Umstand, dass bestimmte Wirtschaftsgüter unentgeltlich übertragen werden, ohne dass die vom Steuervorbescheid gebilligte Vergütung von LuxOpCo diese Funktionen berücksichtigt, ein Beleg dafür, dass die Vergütung von LuxOpCo niedriger ist, als ein unabhängiges Unternehmen unter Marktbedingungen erhalten hätte. Es ist jedoch festzustellen, dass der angefochtene Beschluss keine solche Argumentation enthält.

522    Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass LuxOpCo Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung gehabt hätte, wenn LuxOpCo mehr Funktionen ausüben würde als diejenigen, die bei der Berechnung ihrer Vergütung, wie sie im fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wurde, berücksichtigt wurden. Die Argumentation der Kommission, wie sie im angefochtenen Beschluss dargelegt wird, bleibt jedoch theoretisch und reicht nicht aus, um nachzuweisen, dass LuxOpCo aufgrund der Anwendung der Methode zur Berechnung ihrer Vergütung, die vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wurde, tatsächlich einen Vorteil erlangt hat.

523    Zwar hat die Kommission in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass LuxOpCo nach dem fraglichen Steuervorbescheid nur etwa 20 % des Gesamtgewinns von LuxOpCo und LuxSCS erhalten habe und dass LuxOpCo, wenn die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse auf sie angewandt worden wäre, unter Berücksichtigung ihrer einzigartigen und wertvollen Funktionen zwangsläufig einen größeren Teil dieses Gesamtgewinns erhalten hätte.

524    Erstens ist jedoch festzustellen, dass das Vorbringen, LuxOpCo habe nur etwa 20 % des Gesamtgewinns erhalten, weder in dem Teil des angefochtenen Beschlusses, der die erste ergänzende Feststellung betrifft, noch überhaupt im gesamten angefochtenen Beschluss enthalten ist. Diese Zahl kann höchstens anhand der verschiedenen Zahlenangaben im angefochtenen Beschluss berechnet werden. Insoweit ist festzustellen, dass diese Zahl von etwa 20 % des Gesamtgewinns von LuxOpCo und LuxSCS den Betriebsgewinnen von LuxOpCo abzüglich der an LuxSCS gezahlten Lizenzgebühr nach dem fraglichen Steuervorbescheid entspricht.

525    Zweitens führt die Kommission im angefochtenen Beschluss keinen konkreten Anhaltspunkt dafür an, dass der Umstand, dass etwa 80 % des Gesamtgewinns von LuxOpCo und LuxSCS LuxSCS zugerechnet wurden, um ihren Beitrag, d. h. die Bereitstellung der immateriellen Wirtschaftsgüter, zu vergüten, nicht fremdvergleichskonform ist oder dass die Zuweisung von etwa 20 % des Gesamtgewinns keine ausreichende Vergütung im Verhältnis zu den Beiträgen von LuxOpCo darstellt.

526    Drittens stellte die Kommission, wie Amazon in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, im angefochtenen Beschluss nicht fest, dass LuxOpCo neben der nach der TNMM berechneten Vergütung eine zusätzliche Vergütung hätte gewährt werden müssen. Die Feststellung, dass die Methode der Gewinnaufteilung mit einer Beitragsanalyse anzuwenden gewesen sei, impliziert nämlich, dass die ursprünglich auf der Grundlage der Anwendung der TNMM berechnete Vergütung ausgeschlossen und eine neue Berechnung vorgenommen wird. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Vergütung von LuxOpCo, die nach der Methode der Gewinnaufteilung mit der Beitragsanalyse berechnet wird, niedriger ist als die Vergütung, die nach der TNMM berechnet wird, wie sie vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wurde.

527    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass Amazon der Kommission im Verwaltungsverfahren einen Bericht über die Gewinnspanne für Unternehmen, die Online-Einzelhandel betreiben, vorgelegt hatte, nämlich den [vertraulich] Bericht. Die Gewinnspanne für das Online-Einzelhandelsgeschäft betrug durchschnittlich 0,5 % der Gesamtkosten der Online-Einzelhändler. Ohne dass geprüft zu werden braucht, ob Amazon in Anbetracht dieses Gesichtspunkts zu Recht vorgebracht hat, wie sie es in der mündlichen Verhandlung getan hat, dass diese Gewinnspanne belegt habe, dass die Vergütung von LuxOpCo im relevanten Zeitraum „komfortabel“ gewesen sei, ist festzustellen, dass die Kommission im Hinblick auf diesen Bericht ihre Prüfung der Frage, ob die Vergütung von LuxOpCo einem fremdvergleichskonformen Ergebnis für ihre Funktionen als Online-Einzelhändler entsprach, hätte vertiefen müssen. Ohne eine solche Prüfung kann nicht mit Sicherheit geltend gemacht werden, dass LuxOpCo für ihre Funktionen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit eine höhere Vergütung hätte erhalten können.

528    Zum anderen blieben auf der Ebene der von der Amazon-Gruppe ausgeübten Entwicklungstätigkeiten die Funktionen von LuxOpCo im Zusammenhang mit den immateriellen Wirtschaftsgütern, insbesondere in Bezug auf die Technologie, begrenzt. Es ist daher nicht offensichtlich, dass diese Funktionen derart waren, dass der LuxOpCo zuzurechnende Gewinnanteil mehr als 20 % des Gesamtgewinns von LuxSCS und LuxOpCo hätte betragen müssen.

529    Folglich ist es mangels Anhaltspunkten zum Aufteilungsschlüssel, der hätte herangezogen werden müssen, nicht möglich, die Größenordnung der Vergütung zu ermitteln, die LuxOpCo unter Fremdvergleichsbedingungen hätte erhalten müssen, und erst recht nicht zu bestimmen, ob diese Vergütung niedriger oder höher ist als die Vergütung nach dem fraglichen Steuervorbescheid.

530    Daraus folgt, dass der Kommission der Nachweis nicht gelungen ist, dass, wenn die Gewinnaufteilungsmethode in der Variante der Beitragsanalyse angewandt worden wäre, die Vergütung für LuxOpCo höher gewesen wäre. Die erste ergänzende Feststellung kann daher nicht die Schlussfolgerung stützen, dass der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe. Abgesehen davon, dass die Kommission nicht versucht hat, die fremdvergleichskonforme Vergütung von LuxOpCo im Hinblick auf die von der Kommission in ihrer eigenen Funktionsanalyse festgestellten Funktionen zu bestimmen, enthält die erste ergänzende Feststellung nämlich keine konkreten Anhaltspunkte, die rechtlich hinreichend belegen könnten, dass die Fehler bei der Funktionsanalyse sowie der von der Kommission festgestellte methodologische Fehler bei der Wahl der Methode als solche tatsächlich zu einer Verringerung der Steuerbelastung von LuxOpCo führten.

531    Keines der übrigen Argumente der Kommission vermag diese Feststellungen in Frage zu stellen.

532    Erstens besteht zwar, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ein Unterschied zwischen dem Nachweis des Vorteils und der Quantifizierung des Vorteils. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass nachgewiesen werden kann, dass ein methodologischer Fehler zwangsläufig zu einer niedrigeren Vergütung führt, ohne dass diese Verringerung der Vergütung quantifiziert wird. Wie jedoch oben in Rn. 529 festgestellt, enthält der angefochtene Beschluss im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode mit der Beitragsanalyse anstelle der TNMM zwangsläufig zu einer höheren Vergütung geführt hätte.

533    Zweitens bestreiten das Großherzogtum Luxemburg und Amazon zwar, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nicht, dass, wenn LuxOpCo wesentliche Entwicklungen der immateriellen Wirtschaftsgüter vorgenommen hätte, dies zu einer zusätzlichen Vergütung hätte führen müssen.

534    Wie jedoch Amazon in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat und wie oben in Rn. 526 dargelegt worden ist, läuft die Auffassung der Kommission nicht auf die Feststellung hinaus, dass eine zusätzliche Vergütung zu der nach dem fraglichen Steuervorbescheid berechneten hätte berechnet werden müssen. Die Kommission war nämlich der Ansicht, dass die Beitragsmethode mit Restgewinnanalyse im vorliegenden Fall nicht angemessen sei. Daraus folgt, dass sich die Auffassung der Kommission auf das Vorbringen beschränkt, dass, wenn die Vergütung von LuxOpCo in Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode nach der Beitragsanalyse berechnet worden wäre, dies zu einer höheren Vergütung geführt hätte als nach der TNMM. Da die Beitragsanalyse implizieren würde, dass die ursprünglich auf der Grundlage der Anwendung der TNMM berechnete Vergütung nicht berücksichtigt und eine neue Berechnung vorgenommen wird, ist nicht ausgeschlossen, dass die Vergütung von LuxOpCo, die nach der Methode der Gewinnaufteilung mit Beitragsanalyse berechnet wird, niedriger ist als die Vergütung, die nach der TNMM berechnet wird, wie sie vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligt wurde.

535    Drittens ist das Argument der Kommission in ihren Schriftsätzen, wonach die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode zwangsläufig zu einer höheren Vergütung von LuxOpCo geführt hätte, da dies zu einer Aufteilung des Restgewinns zwischen LuxOpCo und LuxSCS geführt hätte und nicht zur Zuweisung des gesamten Restgewinns an LuxSCS, sowie das Argument, dass es nicht erforderlich gewesen sei, die Gewinnaufteilungsmethode anzuwenden, um das Vorliegen eines Vorteils nachzuweisen, da diese Methode darin bestehe, den Restgewinn aufzuteilen, zurückzuweisen.

536    Eine solche Aufteilung des Restgewinns ist nämlich nur im Rahmen der Anwendung der Restgewinnanalyse relevant. Aus dem angefochtenen Beschluss, insbesondere seinen Erwägungsgründen 567 und 568, geht jedoch klar hervor, dass die Kommission der Ansicht war, dass im vorliegenden Fall nur die Beitragsanalyse und nicht die Restgewinnanalyse für die Zwecke der Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode angewendet werden könne. Wie oben in Rn. 534 ausgeführt, besteht die Beitragsanalyse darin, dass der Gesamtgewinn zwischen den verschiedenen Parteien des Geschäftsvorfalls unmittelbar aufgeteilt und die ursprünglich für LuxOpCo berechnete Vergütung nicht berücksichtigt wird. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode zwangsläufig zu einer höheren Vergütung für LuxOpCo geführt hätte.

537    Aus alledem folgt somit, dass der Kommission im Rahmen ihrer ersten ergänzenden Feststellung nicht der Nachweis gelungen ist, dass der fragliche Steuervorbescheid LuxOpCo einen Vorteil verschafft habe.

538    Daher ist den Klagegründen und Argumenten, die gegen die erste ergänzende Feststellung gerichtet sind, stattzugeben.

c)      Zur zweiten ergänzenden Feststellung zum Vorteil

539    Im Rahmen der zweiten ergänzenden Feststellung zum Vorteil, und insbesondere im 569. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, stellte die Kommission fest, dass, selbst wenn die luxemburgischen Steuerbehörden mit Recht die Voraussetzung anerkannt hätten, dass LuxSCS einzigartige und wertvolle Funktionen im Hinblick auf die immateriellen Wirtschaftsgüter ausgeübt habe, und selbst wenn die luxemburgischen Steuerbehörden anschließend berechtigterweise angenommen hätten, dass LuxOpCo ausschließlich „routinemäßige“ Verwaltungsfunktionen ausgeübt habe, die Auswahl eines Gewinnindikators auf der Grundlage der Betriebskosten bei der mit dem fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Verrechnungspreisvereinbarung nicht angemessen sei. Aus den Erwägungsgründen 569 bis 574 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass nach Ansicht der Kommission die Vergütung von LuxOpCo, wenn die luxemburgischen Steuerbehörden bei der Anwendung der TNMM als Gewinnindikator die Gesamtkosten von LuxOpCo berücksichtigt hätten, wie es im Verrechnungspreisbericht von 2003 erfolgt sei, höher gewesen wäre als die im fraglichen Steuervorbescheid angenommene. Folglich wäre auch die Steuerbemessungsgrundlage dieser Gesellschaft höher gewesen.

540    Zur Stützung ihrer zweiten ergänzenden Feststellung zum Vorteil wies die Kommission darauf hin, dass die vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Methode die Betriebskosten als Gewinnindikator zugrunde lege, während im Verrechnungspreisbericht von 2003, auf den sich der Antrag auf einen Steuervorbescheid stütze, die Gesamtkosten als Gewinnindikator verwendet worden seien. Sodann habe Amazon im Verwaltungsverfahren eingeräumt, dass eine Inkonsistenz zwischen der im fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Methode und der im Verrechnungspreisbericht von 2003 vorgeschlagenen Methode bestehe. Insoweit habe Amazon lediglich erklärt, dass diese Inkonsistenz keinen Einfluss auf das Ergebnis gehabt habe, da die Betriebskosten den Hauptteil der Gesamtkosten der vergleichbaren Unternehmen ausmachten, die im Verrechnungspreisbericht von 2003 geprüft worden seien (571. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Auf dieses Vorbringen erwiderte die Kommission zum einen, dass die Auswahl der vergleichbaren Unternehmen mit geringen Selbstkosten, obwohl diese Kosten den größten Teil der Kosten von LuxOpCo ausmachten, als unangemessene Auswahl vergleichbarer Unternehmen „anzusehen“ gewesen wäre. Zum anderen wiesen mehrere der für die Vergleichbarkeitsanalyse ausgewählten vergleichbaren Unternehmen erhebliche Selbstkosten (Kosten für Waren, Rohstoffe und Verbrauchsstoffe) aus (572. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

541    Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass, da die Gesamtkosten eine höhere Grundlage als die Betriebskosten darstellten, die steuerpflichtigen Einnahmen von LuxOpCo höher gewesen wären, wenn die Gesamtkosten – ebenso wie es die Verfasser des Verrechnungspreisberichts von 2003 getan hätten – als Gewinnindikator beibehalten worden wären (574. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Um diese Feststellung zu veranschaulichen, verglich die Kommission in Tabelle 20 des angefochtenen Beschlusses den steuerpflichtigen Gewinn von LuxOpCo nach dem fraglichen Steuervorbescheid mit dem Gewinn von LuxOpCo bei [vertraulich] % der Gesamtkosten und ohne Ober-/Untergrenze. Nach dieser Tabelle belaufe sich für die Jahre 2006 bis 2013 der erste auf [vertraulich] Mio. Euro, während sich der zweite auf [vertraulich] Mio. Euro belaufe.

542    Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie im Rahmen der zweiten ergänzenden Feststellung, wie sie in den Erwägungsgründen 569 bis 574 des angefochtenen Beschlusses enthalten sei, „niemals gesagt“ habe, dass die Gesamtkosten am geeignetsten seien. Sie habe vielmehr lediglich festgestellt, dass die Betriebskosten kein geeigneter Gewinnindikator für die Ermittlung der Vergütung von LuxOpCo gewesen seien. Im Übrigen habe die Kommission nur die Logik angewandt, die die Verfasser des Verrechnungspreisberichts von 2003 zugrunde gelegt hätten. Mit anderen Worten habe sie die Gesamtkosten für die Bestimmung der fremdvergleichskonformen Vergütung für LuxOpCo allein deshalb angewandt, weil die Verfasser des Verrechnungspreisberichts von 2003 dies getan hätten.

543    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 125 ausgeführt, die Beweislast hinsichtlich des Nachweises der Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 AEUV der Kommission obliegt. Insbesondere muss die Kommission das Vorliegen eines Vorteils zugunsten des Unternehmens nachweisen, von dem sie annimmt, dass es Empfänger einer staatlichen Beihilfe sei. Dieser Vorteil muss ein tatsächlicher Vorteil sein.

544    Es ist daran zu erinnern, dass im vorliegenden Fall die Frage nach dem Vorliegen eines Vorteils eine Prüfung der Frage impliziert, ob die von LuxOpCo an LuxSCS zu entrichtende Lizenzgebühr, wie sie in der vom fraglichen Steuervorbescheid bestätigten Berechnungsformel dargelegt ist, fremdvergleichskonform war. Die Kommission stellte insoweit Fehler bei der Anwendung der TNMM, die von Amazon vorgeschlagen und im fraglichen Steuervorbescheid bestätigt wurde, fest. Im Einzelnen stellte die Kommission einen Fehler bei der Wahl des vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligten Gewinnindikators fest.

545    Wie bereits ausgeführt, genügt allein die Feststellung eines methodologischen Fehlers für sich genommen grundsätzlich nicht, um nachzuweisen, dass ein Steuervorbescheid einer bestimmten Gesellschaft einen Vorteil gewährt habe, und um folglich das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV nachzuweisen (vgl. oben, Rn. 123). Außerdem obliegt, wie bereits dargelegt, die Beweislast hinsichtlich des Nachweises der Voraussetzungen des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe der Kommission (vgl. oben, Rn. 125).

546    Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass die Kommission dartun musste, dass der von ihr festgestellte Fehler bei der Wahl des Indikators nicht nur zu einem anderen Ergebnis, sondern zu einer Verringerung der Steuerbelastung des Begünstigten des fraglichen Steuervorbescheids geführt hatte. Damit war die Frage zu beantworten, welcher Gewinnindikator tatsächlich geeignet gewesen wäre.

547    Unter Berücksichtigung der Auslegung der Erwägungsgründe 569 bis 574 des angefochtenen Beschlusses, die die Kommission in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, wonach sie die Gesamtkosten nicht deshalb verwendet habe, weil sie einen angemessenen Gewinnindikator dargestellt hätten, sondern nur, um die dem Verrechnungspreisbericht von 2003 zugrunde liegende „Logik“ umzusetzen (vgl. oben, Rn. 542), ist festzustellen, dass die Kommission nicht nachzuweisen versucht hat, welche Vergütung fremdvergleichskonform gewesen wäre, und erst recht nicht, ob die vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligte Vergütung von LuxOpCo niedriger war als die Vergütung, die LuxOpCo unter Fremdvergleichsbedingungen erhalten hätte.

548    Daraus folgt, dass es der Kommission mit der zweiten ergänzenden Feststellung nicht gelungen ist, das Vorliegen eines Vorteils nachzuweisen.

549    Der Vollständigkeit halber und als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 569 bis 574 des angefochtenen Beschlusses in Wirklichkeit feststellte, dass die Gesamtkosten der richtige Gewinnindikator seien (im Gegensatz zu einer bloß – ohne jeden Nutzen – erfolgten Umsetzung der dem Verrechnungspreisbericht von 2003 zugrunde liegenden Logik), die Erwägungen, auf denen die zweite ergänzende Feststellung zum Vorteil beruht, und die Schlussfolgerung der Kommission im 547. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht durchgreifen können.

550    Insoweit ist nämlich daran zu erinnern und gleichzeitig hervorzuheben, dass die Kommission, wie sie im 569. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführte, ihre zweite ergänzende Feststellung zum Vorteil auf die These stützte – und damit feststellte, dass die Wahl der Betriebskosten einen methodischen Fehler darstelle –, dass LuxSCS einzigartige und wertvolle Funktionen ausgeübt habe, während LuxOpCo ausschließlich „‚routinemäßige‘ Verwaltungsfunktionen“ ausgeübt habe. Die Prämisse der luxemburgischen Steuerbehörden, wie sie von der Kommission im 569. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angenommen wurde, bestand somit darin, zu sagen, dass LuxOpCo nur die begrenzten Funktionen einer Verwaltungsgesellschaft ausgeübt habe.

551    Aus den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 geht jedoch nicht hervor, dass die Gesamtkosten den angemessenen Gewinnindikator für die Vergütung einer Verwaltungsgesellschaft darstellten. Da die Tätigkeit einer Verwaltungsgesellschaft der Tätigkeit eines Unternehmens ähnelt, das Dienstleistungen erbringt und deren Wert unabhängig von den Verkaufsmengen und den Einkaufsmengen von Rohstoffen als solchen ist, war es nach den OECD-Leitlinien von 1995 denkbar, die Betriebskosten eines solchen Unternehmens zugrunde zu legen, um den angemessenen Gewinnindikator zu definieren, und nicht die Gesamtkosten.

552    Im vorliegenden Fall wich die Kommission erstens, als sie in den Erwägungsgründen 572 und 573 des angefochtenen Beschlusses für die Berechnung der Vergütung von LuxOpCo auf die Gesamtkosten – im Gegensatz zu den Betriebskosten – Bezug nahm, in Wirklichkeit von der Prämisse ab, die sie selbst im 569. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgelegt hatte.

553    Entgegen dem im 569. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Ansatz, wonach LuxOpCo als eine Gesellschaft mit „Verwaltungsfunktionen“ angesehen werde, beruht die Beurteilung im 572. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nämlich auf dem Gedanken, dass LuxOpCo ein „Einzelhändler“ sei. Bei genauerer Betrachtung wurde die Wahl der Gesamtkosten von der Kommission bevorzugt, weil LuxOpCo ein Einzelhändler gewesen sei, und nicht, weil sie eine „Gesellschaft mit Verwaltungsfunktionen“ gewesen sei. Angesichts der im 569. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Prämisse hätte die Kommission versuchen müssen, den Gewinnindikator einer Verwaltungsgesellschaft und nicht den eines Unternehmens, das als Einzelhändler tätig war, zu ermitteln.

554    Zweitens ist, wie sich oben aus Rn. 551 ergibt, nach den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 allgemein in Bezug auf die Verwaltungsgesellschaften nicht sicher, dass die Gesamtkosten einen angemessenen Gewinnindikator darstellen.

555    Zwar lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass bei einer bestimmten Verwaltungsgesellschaft aus besonderen, dieser Gesellschaft eigenen Gründen der für diese geeignete Gewinnindikator tatsächlich die Gesamtkosten sind. Die Kommission hat jedoch nicht erläutert, weshalb die Wahl der Gesamtkosten als ein geeigneter Gewinnindikator im besonderen Fall von LuxOpCo als Verwaltungsgesellschaft hätte gerechtfertigt werden können.

556    Drittens, wenn die Wahl der Gesamtkosten als der am besten geeignete Gewinnindikator für die Situation von LuxOpCo in ihrer Eigenschaft als Einzelhändler anzuerkennen wäre (vgl. 572. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), ist festzustellen, dass die Kommission die Frage der Wahl des angemessenen Gewinnindikators für LuxOpCo in ihrer Eigenschaft als Marketplace-Organisator für Drittverkäufer überhaupt nicht geprüft hat. Außerdem prüfte die Kommission in Bezug auf die Eigenverkäufe nicht, inwieweit die Gesamtkosten ein angemessener Gewinnindikator für die Tätigkeit von LuxOpCo in ihrer Eigenschaft als Online-Einzelhändler gewesen wären.

557    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts ausgeführt hat, dass die Verwendung eines Aufschlags auf die Betriebskosten – und nicht der Gesamtkosten – als Gewinnindikator für Vertriebstätigkeiten zulässig sei, wenn die untersuchte Partei als Vermittler auftrete und insbesondere wegen des Kaufs von bereits weiterverkauften Waren keine Gefahr für ihre Eigenmittel bestehe. Die Kommission hat sich insoweit auf die Ziff. 2.101 und 2.102 der OECD-Leitlinien in der Fassung von 2010 gestützt, die im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig sind.

558    Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass eine solche Empfehlung bereits aus den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 hervorging und im vorliegenden Fall einschlägig war, ist festzustellen, dass LuxOpCo als Marketplace-Organisator aus der Sicht der Drittverkäufer nur die Rolle eines Vermittlers zwischen den Drittverkäufern und den Verbrauchern spielte und dass im Zusammenhang mit den Verkäufen der Drittverkäufer keine Gefahr für ihre Eigenmittel bestand.

559    Schließlich, selbst wenn die Kommission zu der Annahme berechtigt gewesen wäre, dass die Gesamtkosten der richtige Indikator für LuxOpCo als Online-Einzelhändler waren, hätte angesichts der Tatsache, dass dieses Unternehmen die Technologie für das Einzelhandelsgeschäft, und insbesondere die der automatischen Preisfestsetzung, benutzte, die Wahl der Gesamtkosten als Gewinnindikator für LuxOpCo eine Anpassung des anzuwendenden Satzes nach unten erforderlich gemacht, um die konkreten Unterschiede zwischen der Kostenstruktur von LuxOpCo und der Kostenstruktur der traditionellen Einzelhändler zu berücksichtigen.

560    Die Kommission hat ihrerseits solche Anpassungen nicht in Betracht gezogen und erst recht nicht vorgenommen.

561    Als Zweites habe sich nach Tabelle 20 des angefochtenen Beschlusses die Vergütung von LuxOpCo, die anhand des Aufschlags von [vertraulich] % auf die Gesamtkosten von LuxOpCo berechnet worden sei, auf zwei bis drei Mrd. Euro belaufen.

562    In der mündlichen Verhandlung hat Amazon, ohne dass ihr die Kommission insoweit widersprochen hätte, vorgetragen, dass die von der Kommission berechnete Vergütung von LuxOpCo höher sei als der in der Union erzielte „Gesamtgewinn“, der sich auf einen Betrag zwischen einer Milliarde und 1,5 Mrd. Euro belaufe. Die von der Kommission im Rahmen der zweiten ergänzenden Feststellung berechnete Vergütung entspreche zweimal dem Wert aller in Europa erzielten Gewinne der Amazon-Gruppe und sei daher nicht realistisch. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, wie aus Anlage C1 in der Rechtssache T‑318/18 hervorgeht, auf die Amazon in der mündlichen Verhandlung verwiesen hat, die Zahl zwischen einer Milliarde und 1,5 Mrd. Euro nicht dem Buchgewinn nur von LuxOpCo im relevanten Zeitraum entspricht, sondern dem Gesamtgewinn von LuxSCS und LuxOpCo und daher die von LuxSCS nach der CSA und der Eintrittsvereinbarung gezahlten Beträge abgezogen sind.

563    Jedenfalls ergibt sich aus einem Vergleich zwischen der Vergütung von LuxOpCo, die in Anwendung eines Satzes von [vertraulich] % der Gesamtkosten für jedes Jahr des relevanten Zeitraums berechnet wird, wie in der letzten Zeile der Tabelle 20 des angefochtenen Beschlusses aufgeführt, und dem Betriebsergebnis (operativer Gewinn) von LuxOpCo für dieselben Jahre, wie es von der Kommission in der achten Zeile der Tabelle 2 des angefochtenen Beschlusses ermittelt wurde, dass die in Anwendung der zweiten ergänzenden Feststellung zum Vorteil berechnete Vergütung von LuxOpCo höher wäre als ihr Betriebsgewinn für die Jahre 2012 und 2013. Ein solches Ergebnis weicht offensichtlich von einem fremdvergleichskonformen Ergebnis ab.

564    Nach alledem führt die Anwendung des Satzes von [vertraulich] % auf die Gesamtkosten von LuxOpCo, auf der die zweite ergänzende Feststellung beruht, nicht zu verlässlichen Ergebnissen für die Berechnung der Vergütung von LuxOpCo für den gesamten relevanten Zeitraum. Es handelt sich somit nicht um ein Ergebnis, das einer fremdvergleichskonformen Vergütung entspricht, so dass der Schluss zu ziehen ist, dass diese von der Kommission im Rahmen ihrer zweiten ergänzenden Feststellung vorgenommene Berechnung nicht den Nachweis erlaubt, dass LuxOpCo durch die Wahl der Betriebskosten als vom fraglichen Steuervorbescheid gebilligter Gewinnindikator einen Vorteil erlangt hätte.

565    Folglich ist den Klagegründen und Argumenten des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon, mit denen die Begründetheit der zweiten ergänzenden Feststellung zum Vorteil in Frage gestellt werden soll, stattzugeben.

d)      Zur dritten ergänzenden Feststellung zum Vorteil

566    Im Rahmen der dritten Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes in der Rechtssache T‑816/17 und des fünften Klagegrundes in der Rechtssache T‑318/18 wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Amazon gegen die dritte ergänzende Feststellung der Kommission zum Vorliegen eines Steuervorteils zugunsten von LuxOpCo (Abschnitt 9.2.2.3 des angefochtenen Beschlusses).

567    Wie bereits oben in Rn. 68 ausgeführt, vertrat die Kommission im Rahmen der dritten ergänzenden Feststellung im Wesentlichen die Auffassung, dass die Einführung einer Obergrenze, nach der die Vergütung von LuxOpCo 0,55 % ihres Jahresumsatzes nicht übersteigen dürfe, in der Verrechnungspreisvereinbarung nicht angemessen gewesen sei und LuxOpCo einen Vorteil verschafft habe, da sie zu einer Verringerung ihres steuerpflichtigen Einkommens geführt habe.

568    Insbesondere habe in den Geschäftsjahren 2006, 2007, 2011, 2012 und 2013 die Steuerbehörde die Steuererklärungen anerkannt, in denen das steuerpflichtige Einkommen von LuxOpCo durch die Obergrenze von 0,55 % ihres Jahresumsatzes bestimmt worden sei (575. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

569    Die Kommission legte dar, dass weder der Verrechnungspreisbericht von 2003 noch die nachträglichen Untersuchungen, noch das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon im Verwaltungsverfahren die Einführung dieser Obergrenze rechtfertigten (Erwägungsgründe 576 und 577 des angefochtenen Beschlusses). Im 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fügte sie hinzu, dass die Anwendung der Obergrenze zu einer weiteren Reduzierung der fehlerhaften Anwendung des Aufschlags auf die Betriebskosten geführt habe und daher nicht im fremdvergleichskonformen Bereich liegen könne.

570    Nach Ansicht des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon ist die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Einführung der Obergrenze LuxOpCo einen Vorteil verschaffe.

571    Zum einen machen sie geltend, die Einführung der Obergrenze habe zum Ziel, LuxOpCo dazu zu zwingen, effizient zu arbeiten und ihre Kosten zu senken. Zum anderen betonen sie, dass die Anwendung der Obergrenze die Vergütung von LuxOpCo jedenfalls nie außerhalb des fremdvergleichskonformen Bereichs gebracht habe, wie der Verrechnungspreisbericht von 2017 zeige.

572    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

573    Der Mechanismus der Ober- und Untergrenze sei in den OECD-Leitlinien nicht vorgesehen und finde unter dem Blickwinkel der Verrechnungspreise keine Rechtfertigung. Außerdem sei entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon die Anwendung eines solchen Mechanismus nicht durch das Ziel gerechtfertigt, LuxOpCo eine niedrige und stabile Vergütung zu gewährleisten, da das Ziel der TNMM gerade darin bestehe, der Partei, auf die sie angewandt werde, eine solche Vergütung zu gewährleisten.

574    Zunächst ist festzustellen, dass, wie die Kommission im Übrigen in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts bestätigt hat, die dritte ergänzende Feststellung unabhängig von und eigenständig gegenüber der zweiten ergänzenden Feststellung ist. Wie sich nämlich aus dem letzten Satz des 575. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ergibt, geht die Kommission im Rahmen dieser dritten Feststellung von der Prämisse aus, dass die Betriebskosten als Gewinnindikator verwendet werden könnten.

575    Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss und in ihren Schriftsätzen zutreffend ausgeführt hat, ist der Mechanismus der Ober- und Untergrenze weder gerechtfertigt noch wirtschaftlich vernünftig. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Unternehmen unter Marktbedingungen damit einverstanden ist, dass seine Vergütung auf einen Prozentsatz seines Jahresumsatzes begrenzt wird. Außerdem gestattet es die TNMM, eine niedrige, aber stabile Vergütung zu gewährleisten, ohne dass ein Mechanismus der Ober- und Untergrenze erforderlich wäre. Ein solcher Mechanismus ist auch in den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 nicht vorgesehen. Die TNMM impliziert nämlich nur die Ermittlung eines Gewinnindikators und einer Gewinnspanne.

576    Die Kommission ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Einführung einer solchen Obergrenze einen methodischen Fehler darstellt.

577    Diese Feststellung allein genügt jedoch nicht, um das Vorliegen eines Vorteils nachzuweisen.

578    Es ist nämlich festzustellen, dass die Vergütung von LuxOpCo für jedes Jahr der Anwendung des fraglichen Steuervorbescheids, auch nach Anwendung des Mechanismus der Obergrenze, im fremdvergleichskonformen Bereich geblieben ist, berechnet auf der Grundlage des Verrechnungspreisberichts von 2003, also zwischen [vertraulich] % und [vertraulich] % der Betriebskosten. Die Kommission bestreitet diese Feststellung im Übrigen nicht.

579    Wie die Kommission außerdem in der mündlichen Verhandlung selbst erläutert hat, ist die Vergütung, da sie sich im Interquartilbereich befindet, grundsätzlich als fremdvergleichskonform anzusehen.

580    Die Kommission hat zwar darauf hingewiesen, dass eine solche Schlussfolgerung nicht gezogen werden könne, wenn die vergleichbaren Unternehmen, auf deren Grundlage dieser Bereich berechnet worden sei, nicht ordnungsgemäß ausgewählt worden seien.

581    Im Rahmen der dritten ergänzenden Feststellung hat die Kommission jedoch weder den fremdvergleichskonformen Bereich noch die Auswahl der vergleichbaren Unternehmen, auf deren Grundlage dieser Bereich berechnet wurde, in Frage gestellt.

582    Im 575. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses warf die Kommission den luxemburgischen Behörden nämlich vor, anerkannt zu haben, dass das steuerpflichtige Einkommen von LuxOpCo durch die Obergrenze „und nicht durch die Betriebskosten in Höhe von [vertraulich] % bestimmt wurde“. Somit ist festzustellen, dass die Kommission im Rahmen der dritten ergänzenden Feststellung nicht den Ertragssatz, auf dessen Grundlage die Obergrenze angewandt wird, in Frage stellt, sondern nur die Obergrenze als solche.

583    Außerdem geht zum einen aus den Erwägungsgründen 575 bis 578 des angefochtenen Beschlusses nicht hervor, dass die Kommission den fremdvergleichskonformen Bereich beanstandet hätte, der im Verrechnungspreisbericht von 2003 berechnet wurde, der zwischen [vertraulich] % und [vertraulich] % der Betriebskosten lag. Zwar führte die Kommission im 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass das Großherzogtum Luxemburg und Amazon im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hätten, das steuerpflichtige Einkommen von LuxOpCo sei immer fremdvergleichskonform gewesen, doch beanstandete sie den Bereich als solchen nicht, sondern vertrat bloß die Auffassung, dass die Anwendung der Obergrenze eine zusätzliche Reduzierung zu der im Rahmen der zweiten ergänzenden Feststellung ermittelten darstelle. Wie oben in Rn. 574 festgestellt, sind die zweite und die dritte ergänzende Feststellung eigenständig und unabhängig.

584    Zum anderen hat die Kommission in den Erwägungsgründen 575 bis 578 des angefochtenen Beschlusses auch die Auswahl der vergleichbaren Unternehmen, die bei der Berechnung des fremdvergleichskonformen Bereichs herangezogen wurden, nicht in Frage gestellt. Der 571. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, in dem die Kommission einen Fehler bei der Auswahl der vergleichbaren Unternehmen angesprochen hat, gehört zur zweiten ergänzenden Feststellung. Wie jedoch oben in Rn. 574 festgestellt, war die dritte ergänzende Feststellung eigenständig und von den anderen Feststellungen unabhängig.

585    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission, so unangemessen der Mechanismus der Obergrenze sein mag und obwohl er in den OECD-Leitlinien in der Fassung von 1995 nicht vorgesehen ist, nicht nachgewiesen hat, dass sich dieser Mechanismus auf den fremdvergleichskonformen Charakter der von LuxOpCo an LuxSCS gezahlten Lizenzgebühr auswirkte.

586    Folglich reicht allein die Feststellung, dass die Obergrenze für die Jahre 2006, 2007, 2011, 2012 und 2013 angewandt wurde, nicht aus, um nachzuweisen, dass die für diese Jahre erhaltene Vergütung von LuxOpCo nicht einer Annäherung an ein fremdvergleichskonformes Ergebnis entsprach.

587    Tatsächlich hat die Kommission höchstens einen methodologischen Fehler bei der Berechnung der Vergütung von LuxOpCo aufgezeigt, ohne nachweisen zu können, dass dieser Fehler eine künstliche Verminderung der Vergütung von LuxOpCo in einem solchen Ausmaß zur Folge hatte, dass diese Höhe der Vergütung unter Marktbedingungen nicht hätte ermittelt werden können.

588    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission mit der dritten ergänzenden Feststellung das Vorliegen eines Vorteils für LuxOpCo nicht nachgewiesen hat.

589    Daher ist dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon, mit dem sie die dritte ergänzende Feststellung zum Vorteil beanstanden, stattzugeben.

590    Nach alledem ist der Kommission mit keiner der im angefochtenen Beschluss getroffenen Feststellungen der rechtlich hinreichende Nachweis des Vorliegens eines Vorteils im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV gelungen. Daher ist der angefochtene Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären, ohne dass die anderen Klagegründe und Argumente des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon zu prüfen wären.

 Kosten

591    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des Großherzogtums Luxemburg und von Amazon ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kläger aufzuerlegen.

592    Irland trägt gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtssachen T816/17 und T318/18 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

2.      Der Beschluss (EU) 2018/859 der Kommission vom 4. Oktober 2017 über die staatliche Beihilfe Luxemburgs SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) zugunsten von Amazon wird für nichtig erklärt.

3.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Großherzogtums Luxemburg, der Amazon.com, Inc. und der Amazon EU Sàrl.

4.      Irland trägt seine eigenen Kosten.

van der Woude

Tomljenović

Marcoulli

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Mai 2021.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprachen: Englisch und Französisch.


1      Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.