Language of document : ECLI:EU:C:2006:292

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 4. Mai 20061(1)

Rechtssache C‑479/04

Laserdisken ApS

gegen

Kulturministeriet






1.        Nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft(2) (im Folgenden: Urheberrecht-Richtlinie oder Richtlinie) müssen die Mitgliedstaaten Urhebern das ausschließliche Recht einräumen, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form zu erlauben oder zu verbieten.

2.        Artikel 4 Absatz 2 sieht vor, dass sich dieses Recht in der Gemeinschaft nur erschöpft, wenn der Erstverkauf in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

3.        Die Erschöpfung des Rechts bewirkt, dass sich der Rechtsinhaber nicht mehr auf das Recht berufen kann, um sich der weiteren Verbreitung zu widersetzen.

4.        Mit der vorliegenden Vorlage möchte das dänische Østre Landsret (Landgericht Ost) wissen, ob Artikel 4 Absatz 2 einen Mitgliedstaat daran hindert, in seinem Recht eine Regel der internationalen Erschöpfung beizubehalten (namentlich eine Regel, nach der sich das Recht erschöpft, wo auch immer der Erstverkauf erfolgt), und bejahendenfalls, ob Artikel 4 Absatz 2 gültig ist.

 Die Urheberrecht-Richtlinie

5.        Die Urheberrecht-Richtlinie wurde auf der Grundlage der Artikel 47 Absatz 2 EG, 55 EG und 95 EG erlassen.

6.        Artikel 47 Absatz 2 ermächtigt den Rat zum Erlass von Richtlinien zur Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten. Nach Artikel 55 gelten die Artikel 45 bis 48 auf dem Gebiet der Dienstleistungen. Artikel 95 ermächtigt den Rat zum Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der nationalen Vorschriften, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben.

7.        Die Richtlinie enthält folgende Begründungserwägungen:

„(1)      Der Vertrag sieht die Schaffung eines Binnenmarkts und die Einführung einer Regelung vor, die den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verzerrungen schützt. Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte trägt zur Erreichung dieser Ziele bei.

...

(3)      Die vorgeschlagene Harmonisierung trägt zur Verwirklichung der vier Freiheiten des Binnenmarkts bei und steht im Zusammenhang mit der Beachtung der tragenden Grundsätze des Rechts, insbesondere des Eigentums einschließlich des geistigen Eigentums, der freien Meinungsäußerung und des Gemeinwohls.

(4)      Ein harmonisierter Rechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wird durch erhöhte Rechtssicherheit und durch die Wahrung eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums substanzielle Investitionen in Kreativität und Innovation … fördern …

...

(7)      Der bestehende Gemeinschaftsrechtsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte ist … anzupassen und zu ergänzen, soweit dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist. Zu diesem Zweck sollten diejenigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte, die sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat beträchtlich unterscheiden oder eine derartige Rechtsunsicherheit bewirken, dass der Binnenmarkt in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt … wird, angepasst … werden …

(9)      Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. Ihr Schutz trägt dazu bei, die Erhaltung und Entwicklung kreativer Tätigkeit im Interesse der Urheber, ausübenden Künstler, Hersteller, Verbraucher, von Kultur und Wirtschaft sowie der breiten Öffentlichkeit sicherzustellen. Das geistige Eigentum ist daher als Bestandteil des Eigentums anerkannt worden.

(10)      Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können. Um Produkte wie Tonträger, Filme oder Multimediaprodukte herstellen und Dienstleistungen, z. B. Dienste auf Abruf, anbieten zu können, sind beträchtliche Investitionen erforderlich. Nur wenn die Rechte des geistigen Eigentums angemessen geschützt werden, kann eine angemessene Vergütung der Rechtsinhaber gewährleistet und ein zufrieden stellender Ertrag dieser Investitionen sichergestellt werden.

(11)      Eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte ist eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren.

(12)      Ein angemessener Schutz von urheberrechtlich geschützten Werken und sonstigen Schutzgegenständen ist auch kulturell gesehen von großer Bedeutung. Nach Artikel 151 des Vertrags hat die Gemeinschaft bei ihrer Tätigkeit den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen.

(14)      Ziel dieser Richtlinie ist es auch, Lernen und kulturelle Aktivitäten durch den Schutz von Werken und sonstigen Schutzgegenständen zu fördern; hierbei müssen allerdings Ausnahmen oder Beschränkungen im öffentlichen Interesse für den Bereich Ausbildung und Unterricht vorgesehen werden.

(28)      Der unter diese Richtlinie fallende Urheberrechtsschutz schließt auch das ausschließliche Recht ein, die Verbreitung eines in einem Gegenstand verkörperten Werks zu kontrollieren. Mit dem Erstverkauf des Originals oder dem Erstverkauf von Vervielfältigungsstücken des Originals in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erschöpft sich das Recht, den Wiederverkauf dieses Gegenstands innerhalb der Gemeinschaft zu kontrollieren. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Originals durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung außerhalb der Gemeinschaft verkauft werden. …“

8.        Nach Artikel 1 Absatz 1 ist „Gegenstand [der] Richtlinie … der rechtliche Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte im Rahmen des Binnenmarkts, insbesondere in Bezug auf die Informationsgesellschaft“(3).

9.        Artikel 4 – Verbreitungsrecht – sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

(2)      Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.“

 Nationales Recht

10.      Bevor Dänemark die Urheberrecht-Richtlinie umsetzte, sah das Ophavsretlov (Urheberrechtsgesetz) die internationale Erschöpfung vor, indem es schlicht bestimmte: „Wird ein Vervielfältigungsstück eines Werkes mit Zustimmung des Urhebers verkauft oder auf sonstige Weise einem anderen überlassen, darf das Vervielfältigungsstück weiter verbreitet werden.“(4)

11.      Das Ophavsretlov wurde 2002 geändert, um die Urheberrecht-Richtlinie umzusetzen(5). Dies geschah, indem nach der Wendung „mit Zustimmung des Urhebers“ die Worte „im Europäischen Wirtschaftsraum“ eingefügt wurden.

12.      Es besteht Einigkeit darin, dass die Wirkung dieser Änderung darin besteht, dass der Grundsatz der internationalen Erschöpfung durch den Grundsatz der Erschöpfung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ersetzt wird. Ich werde den Begriff „regionale Erschöpfung“ verwenden, um die Erschöpfung im EWR oder in der EU zu beschreiben(6).

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

13.      Bis 2002 verkaufte die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Filmwerke in drei Geschäften in Dänemark. Die verkauften Werke wurden von ihr überwiegend direkt aus anderen Ländern innerhalb oder außerhalb der EU eingeführt. Sie war darauf bedacht, eine breite Auswahl an Filmen für Cinephile anzubieten, z. B. Sonderausgaben einschließlich amerikanischer Originalausgaben, Einspielungen unter Verwendung besonderer Techniken und in Europa nicht erhältliche Werke.

14.      Im Jahr 2003 erhob sie beim vorlegenden Gericht Klage gegen das Kulturministerium, mit der sie geltend machte, dass die Änderung des Ophavsretslov keine Anwendung auf ihre Einfuhr und ihren Verkauf von DVD-Erzeugnissen finde, die in Ländern außerhalb des EWR rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden seien.

15.      Das vorlegende Gericht hat das Verfahren ausgesetzt und folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ungültig?

2.      Hindert Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft einen Mitgliedstaat daran, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten?

16.      Schriftliche Erklärungen sind von der Klägerin des Ausgangsverfahrens, der polnischen Regierung, dem Rat, dem Parlament und der Kommission eingereicht worden, die mit Ausnahme der polnischen Regierung alle an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.

17.      Obwohl nicht ausdrücklich ausgeführt wird, dass sich die erste Frage nur bei einer Bejahung der zweiten Frage stellt, geht die Vorlageentscheidung in diese Richtung. Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob Artikel 4 Absatz 2, wenn er einen Mitgliedstaat daran hindert, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten, aus diesem Grund ungültig ist. Wie die Kommission geltend macht, ist es deshalb sachgerecht, die zweite Frage (Hindert Artikel 4 Absatz 2 einen Mitgliedstaat daran, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten?) vor der ersten Frage (Ist Artikel 4 Absatz 2 gültig?) zu beantworten.

 Gemeinschaftsrecht betreffend die Erschöpfung entsprechender Rechte

18.      Zahlreiche Rechtstexte über andere geistige Eigentumsrechte als das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte sehen eine Erschöpfung der von ihnen jeweils geregelten Rechte vor.

19.      Artikel 9 Absatz 2 der Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie(7) ist ähnlich wie Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie gefasst. Er sieht vor, dass sich das ausschließliche Verbreitungsrecht, das ausübenden Künstlern, Tonträgerherstellern, Herstellern von Filmen und Sendeunternehmen nach Artikel 9 Absatz 1 gewährt wird, „in der Gemeinschaft hinsichtlich [der Aufzeichnungen ihrer Darstellungen bzw. hinsichtlich ihrer Tonträger, Originale und Vervielfältigungsstücke ihrer Filme oder Aufzeichnungen ihrer Sendungen sowie jeweils Kopien davon] … nur mit dem Erstverkauf des Gegenstands in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung [erschöpft]“.

20.      Andere Bestimmungen sind positiver und vielleicht einfacher gefasst. So bestimmt Artikel 4 Buchstabe c der Software-Richtlinie(8), dass sich „[m]it dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung … in der Gemeinschaft das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie [erschöpft]“. Entsprechend sieht Artikel 5 Buchstabe c der Datenbank-Richtlinie(9) vor, dass sich „[m]it dem Erstverkauf eines Vervielfältigungsstücks einer Datenbank in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung … in der Gemeinschaft das Recht, den Weiterverkauf dieses Vervielfältigungsstücks zu kontrollieren, [erschöpft]“.

21.      In einer anderen Variante bestimmt Artikel 7 Absatz 1 der Marken-Richtlinie(10): „Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.“

22.      Entsprechende Bestimmungen, wenn auch anders gefasst, gibt es für Rechte an Mustern(11) und für den Rechtsschutz der Topografien von Halbleitererzeugnissen(12).

 Die zweite Frage

23.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindert, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten.

24.      Die Klägerin und die polnische Regierung sind der Ansicht, dass diese Frage zu verneinen sei. Die Kommission vertritt die entgegengesetzte Auffassung. Weder der Rat noch das Parlament haben sich zur zweiten Frage geäußert.

25.      Ich halte eine bejahende Antwort für richtig, nämlich, dass Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindert, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten.

26.      Erstens ist der Wortlaut der Bestimmung ganz klar. Artikel 4 Absatz 2 bestimmt unmissverständlich, dass sich das Verbreitungsrecht „in der Gemeinschaft … nur [erschöpft], wenn der Erstverkauf … in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt“. Artikel 4 Absatz 2 ist eine Ausnahme von der Regel des Artikels 4 Absatz 1, nach der die Mitgliedstaaten ein ausschließliches Verbreitungsrecht für Urheber vorsehen müssen. Demgemäß ist er eng auszulegen. Die 28. Begründungserwägung(13) ist ebenfalls klar in diesem Sinne gefasst.

27.      Außerdem heißt es in der Begründung ausdrücklich, dass die Bestimmung (die im Wesentlichen unverändert(14) gegenüber derjenigen im ersten Vorschlag für die Richtlinie(15) blieb) den Mitgliedstaaten die Möglichkeit nimmt, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung anzuwenden. Der Wortlaut wurde somit bewusst gewählt.

28.      Sodann hat der Gerichtshof bereits über die entsprechende Frage im Zusammenhang der Marken-Richtlinie(16) entschieden. In der Rechtssache Silhouette(17) wurde er gefragt, ob nationale Rechtsvorschriften, die die Erschöpfung des Rechts aus einer Marke für Waren vorsehen, die vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung außerhalb des EWR unter dieser Marke in den Verkehr gebracht worden sind, mit Artikel 7 Absatz 1 der Marken-Richtlinie vereinbar sind(18).

29.      Der Gerichtshof stellte fest, dass nach dem Wortlaut von Artikel 7 eine Erschöpfung nur eintritt, wenn die Waren im EWR in den Verkehr gebracht wurden(19). Es wurde jedoch geltend gemacht, dass Artikel 7 entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den Artikeln 28 EG und 30 EG(20) die Mitgliedstaaten nur verpflichte, eine gemeinschaftsweite Erschöpfung vorzusehen. Artikel 7 regele deshalb die Frage der Erschöpfung der Rechte aus der Marke nicht abschließend, sondern stelle es den Mitgliedstaaten frei, Erschöpfungsbestimmungen vorzusehen, die über das in dieser Bestimmung ausdrücklich Geregelte hinausgingen(21). Solche Regeln könnten mithin die internationale Erschöpfung einbegreifen.

30.      Der Gerichtshof wies dieses Vorbringen zurück. Er entschied, dass nationale Rechtsvorschriften, die die Erschöpfung des Rechts aus einer Marke für Waren vorsehen, die außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden sind, nicht mit Artikel 7 Absatz 1 der Marken-Richtlinie in der Fassung des EWR-Abkommens vereinbar sind.

31.      In Anbetracht dessen, dass der Wortlaut von Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie allenfalls noch klarer ist als der von Artikel 7 Absatz 1 der Marken-Richtlinie, ist für mich kein Grund ersichtlich, Artikel 4 Absatz 2 nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes im Urteil Silhouette auszulegen.

32.      Schließlich steht diese Auslegung in Einklang mit den Binnenmarktzielen der Urheberrecht-Richtlinie. Ich werde darauf im Zusammenhang der ersten Vorlagefrage eingehen, der ich mich nun zuwende.

 Die erste Frage

33.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie ungültig ist.

34.      Die Klägerin und die polnische Regierung sind der Ansicht, dass die Frage zu bejahen ist. Der Rat, das Parlament und die Kommission vertreten die entgegengesetzte Auffassung.

35.      Ich stimme den Organen zu, dass Artikel 4 Absatz 2 nicht ungültig ist.

36.      Wie oben ausgeführt(22), wird aus der Vorlageentscheidung deutlich, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen möchte, ob Artikel 4 Absatz 2, wenn er einen Mitgliedstaat daran hindert, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten, aus diesem Grund ungültig ist. Ich werde die Frage auf dieser Grundlage behandeln.

37.      Zunächst ist es angebracht, auf den Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung von geistigen Eigentumsrechten einzugehen.

38.      Im Urteil Deutsche Grammophon(23) stellte der Gerichtshof den Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung im Zusammenhang mit einem dem Urheberrecht verwandten Schutzrecht(24) auf, indem er ausführte:

„Wird ein dem Urheberrecht verwandtes Schutzrecht benützt, um in einem Mitgliedstaat den Vertrieb von Waren, die vom Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in Verkehr gebracht worden sind, allein deshalb zu verbieten, weil dieses Inverkehrbringen nicht im Inland erfolgt ist, so verstößt ein solches die Isolierung der nationalen Märkte aufrechterhaltendes Verbot gegen das wesentliche Ziel des Vertrages, den Zusammenschluss der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt. Dieses Ziel wäre nicht zu erreichen, wenn Privatpersonen aufgrund der verschiedenen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten die Möglichkeit hätten, den Markt aufzuteilen und willkürliche Diskriminierungen oder verschleierte Beschränkungen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten herbeizuführen.

Hiernach würde es gegen die Normen über den freien Warenverkehr im Gemeinsamen Markt verstoßen, wenn ein Hersteller von Tonträgern das ihm nach der Gesetzgebung eines Mitgliedstaats zustehende ausschließliche Recht, die geschützten Gegenstände in Verkehr zu bringen, ausübte, um in diesem Mitgliedstaat den Vertrieb von Erzeugnissen, die von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung in einem anderen Mitgliedstaat verkauft worden sind, allein deshalb zu verbieten, weil dieses Inverkehrbringen nicht im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats erfolgt ist.“(25)

39.      Im Urteil Dansk Supermarked(26) wiederholte der Gerichtshof diesen Grundsatz für ein Urheberrecht im engen Sinne:

„… [D]ie Artikel [28 EG und 30 EG sind] dahin gehend auszulegen …, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats nicht befugt sind, aufgrund eines Urheberrechts oder eines Warenzeichenrechts den Vertrieb einer durch eines dieser Rechte geschützten Ware im Hoheitsgebiet dieses Staates zu untersagen, wenn die Ware vom Inhaber dieser Rechte oder mit seiner Zustimmung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden ist.“(27)

40.      Es sei darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof 1974 entsprechende Regeln über die Gemeinschaftserschöpfung für Warenzeichen(28) und Patente(29) entwickelt hat.

41.      Die Anwendung des Grundsatzes der Gemeinschaftserschöpfung bewirkt, dass die Gemeinschaft, wie es in der Tat sein sollte, als einheitlicher Markt angesehen wird. Die Klägerin und die polnische Regierung irren deshalb, wenn sie geltend machen, dass eine harmonisierte Umsetzung der regionalen Erschöpfung bewirke, dass der Binnenmarkt „in getrennte Gebiete und Märkte aufgeteilt“ werde und dass eine regionale Erschöpfung zur Marktaufteilung führe, da sie Rechtsinhabern die Entscheidung überlasse, ob ein Erzeugnis auf einem bestimmten nationalen Markt platziert werden solle. Im Gegenteil: Der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung gewährleistet, dass ein Erzeugnis, wenn es einmal auf dem nationalen Markt eines Mitgliedstaats mit Zustimmung des Rechtsinhabers in den Verkehr gebracht worden ist, dann in den 25 nationalen Märkten des einheitlichen EU-Marktes frei weiterverkauft werden kann.

42.      Vor diesem Hintergrund wende ich mich dem Vorbringen der Klägerin und der polnischen Regierung zu.

 Die Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie

43.      Die Klägerin zeichnet die Geschichte von Artikel 9 Absatz 2 der Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie nach, dessen Wortlaut im Wesentlichen mit dem des Artikels 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie übereinstimmt. Sie macht geltend, die Kommission habe erst 1994 (also zwei Jahre nach Erlass der Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie) in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Europaabgeordneten Geoffrey Hoon erklärt, dass sie die Bestimmungen über das Verbreitungsrecht als Verbot der internationalen Erschöpfung verstehe. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes, der Artikel 9 Absatz 2 habe Rechnung tragen sollen, habe zu jener Zeit einer internationalen Erschöpfung nicht entgegengestanden; das Verbot der internationalen Erschöpfung sei somit nicht auf dem Wege der Gesetzgebung, sondern abseits des ordnungsgemäßen Ganges der Gesetzgebung eingeführt worden.

44.      Das Vorbringen der Klägerin scheint darauf hinauszulaufen, dass die Kommission, als sie ihren Vorschlag für die Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie(30) vorgelegt habe, mit Artikel 9 Absatz 2 kein Verbot der internationalen Erschöpfung beabsichtigt habe.

45.      Zugegebenermaßen wird aus der Begründung dieses Vorschlags(31) nicht klar, ob die Kommission diese Bestimmung so verstand, obwohl die Aussage, dass sich die Erschöpfung auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts nur auf die innergemeinschaftliche Verbreitung beziehe, dies nahelegt. Jedenfalls kann die rechtliche Wirkung einmal erlassener Rechtsvorschriften, auch wenn Aussagen in der Begründung unter bestimmten Umständen hilfreich sein mögen, nicht von der früheren Ansicht der Kommission zur wahrscheinlichen Wirkung des entsprechenden Vorschlags abhängen. Letztlich entscheidet der Gerichtshof. Bei seiner Entscheidung über die zutreffende Auslegung von Rechtsvorschriften wird er besonders dem Zweck, dem Regelungszusammenhang und dem Wortlaut der schließlich angenommenen Fassung Beachtung schenken.

46.      Hier scheint mir die Klägerin nicht mehr vorzubringen, als dass Artikel 9 Absatz 2 der Vermiet‑ und Verleihrecht-Richtlinie bei seiner Einführung nicht eindeutig gewesen sei. Wenn es auch nicht wünschenswert sein mag, dass Gemeinschaftsrecht unklar ist, so ist das doch kein Einzelfall; manchmal mag es sogar unvermeidbar sein. Gerade in solchen Fällen ist der Gerichtshof zur Auslegung der betreffenden Bestimmung aufgerufen.

47.      Sollte der Gerichtshof Artikel 9 Absatz 2 der Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie auszulegen haben, scheint mir, dass das Ergebnis dem des Urteils Silhouette entsprechen sollte. Allerdings ist diese Bestimmung nicht Gegenstand der dem Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache vorgelegten Fragen.

 Silhouette

48.      Die Klägerin macht geltend, der Gerichtshof habe im Urteil Silhouette zu Unrecht entschieden, dass die internationale Erschöpfung den Binnenmarkt behindern könne: Vielmehr wäre das Funktionieren des Binnenmarktes sichergestellt, wenn die Gemeinschaftserschöpfung abgeschafft und die internationale Erschöpfung angewandt würde.

49.      Diese Ansicht könnte zutreffen, wenn die internationale Erschöpfung für alle Mitgliedstaaten verbindlich wäre. Das wird jedoch nicht vorgebracht(32). Wie oben ausgeführt(33), möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindert, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung beizubehalten (vgl. die oben erörterte zweite Frage), und, wenn dem so ist, ob diese Bestimmung ungültig ist. Der Gerichtshof befasste sich im Urteil Silhouette ausdrücklich mit der Frage, ob eine fakultative internationale Erschöpfung(34) ein Hindernis für den Binnenmarkt darstellen würde. Er kam zu dem Ergebnis, dass der Ausschluss einer solchen Option die „einzige [Auslegung ist], die die Verwirklichung des Zweckes der [Marken-]Richtlinie, das Funktionieren des Binnenmarktes zu schützen, in vollem Umfang zulässt. Könnten einige Mitgliedstaaten eine internationale Erschöpfung, andere hingegen nur eine gemeinschaftsweite Erschöpfung vorsehen, würden sich nämlich unvermeidlich Behinderungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs ergeben.“(35)

50.      Die Klägerin versucht, die Bedeutung des Urteils Silhouette herunterzuspielen, indem sie geltend macht, dass Urteile des Gerichtshofes zu Bestimmungen anderer Richtlinien als der Urheberrecht-Richtlinie, die ähnlich wie deren Artikel 4 Absatz 2 gefasst seien, hier irrelevant seien.

51.      Das sehe ich nicht so. Der Gerichtshof hat die Regel der Gemeinschaftserschöpfung in Bezug auf mehrere Zweige des geistigen Eigentums unter Anwendung der Artikel 28 EG und 30 EG entwickelt(36). Die Gemeinschaftsgesetzgebung hat die Gemeinschaftserschöpfung in Bezug auf mehrere Zweige des geistigen Eigentums in mehreren, auf Artikel 95 EG gestützten Richtlinien zur Rechtsangleichung ausdrücklich vorgesehen(37). Der Grundsatz, der dieser Regel für alle Zweige des geistigen Eigentums zugrunde liegt, leitet sich unmittelbar aus dem Gebot des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt ab. Wie die Marken-Richtlinie ist die Urheberrecht-Richtlinie auf Artikel 95 EG gestützt. Sie ist eine Richtlinie zur Rechtsangleichung, und aus ihren ausführlichen Begründungserwägungen ist klar ersichtlich, dass sie hauptsächlich darauf abzielt, „den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verzerrungen [zu] schütz[en]“, „zur Verwirklichung der vier Freiheiten des Binnenmarkts bei[zutragen]“ und zu vermeiden, dass „der Binnenmarkt in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt … wird“(38). Mir ist nicht ersichtlich, weshalb Urteilen des Gerichtshofes zu ähnlichen, in einem entsprechenden Kontext erlassenen Bestimmungen keine Bedeutung beigemessen werden sollte.

52.      Zugegebenermaßen gibt es kein übergeordnetes grundsätzliches Erfordernis, dass die geografische Reichweite der Erschöpfung für alle gemeinschaftsrechtlich harmonisierten geistigen Eigentumsrechte gleich sein muss. Ich stimme jedoch dem Rat darin zu, dass es kaum zu rechtfertigen wäre, dem Urheber eines literarischen oder künstlerischen Werkes ein eingeschränkteres Verbreitungsrecht als dem Urheber einer Datenbank zu gewähren. Überdies werden Bild- und Tonträger wie die hier fraglichen außer durch Urheberrechte und verwandte Schutzrechte häufig durch Markenrechte geschützt sein. Die internationale Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Urhebers vorzusehen, hätte somit nicht die von der Klägerin erwünschte Wirkung, da sich die Inhaber solcher Markenrechte jedenfalls Paralleleinfuhren von Aufnahmen widersetzen könnten, die in der Gemeinschaft nicht von ihnen oder mit ihrer Zustimmung verkauft werden.

 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

53.      Die Klägerin macht, unterstützt von der polnischen Regierung, geltend, dass, wenn (wie es ihrer Ansicht nach der Fall ist) eine einheitliche Anwendung des Grundsatzes der internationalen Erschöpfung die gleiche Wirkung auf den Binnenmarkt habe wie die Gemeinschaftserschöpfung und in anderer Hinsicht weniger einschränkend sei, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebiete, die Gemeinschaftserschöpfung durch die internationale Erschöpfung zu ersetzen.

54.      Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist oft von Bedeutung, wenn es um die Beurteilung konkreter Maßnahmen und Entscheidungen geht, die im Rahmen einer durch die Gemeinschaftsgesetzgebung aufgestellten allgemeinen Politik getroffen werden. Er kann jedoch nicht zur Ermittlung der Rechtmäßigkeit der grundlegenden politischen Entscheidung herangezogen werden, die der Gemeinschaftsgesetzgeber hier zwischen der verbindlichen internationalen Erschöpfung und der verbindlichen regionalen Erschöpfung getroffen hat. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Gerichtshofes, solche politischen Erwägungen zu bewerten(39).

55.      Ebenfalls im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bringt die Klägerin vor, dass der Grundsatz der regionalen Erschöpfung in keinem Zusammenhang mit der Bekämpfung von Produktpiraterie, dem berechtigten Ziel von Artikel 4 Absatz 2 der Urheberrecht-Richtlinie, stehe. Die Kommission habe also ihre Befugnisse missbraucht.

56.      Wie der Rat und die Kommission aber zutreffend geltend machen, war die Bekämpfung von Produktpiraterie nicht das vorrangige Ziel des Gesetzgebers bei Erlass der Bestimmung. Jedenfalls scheint mir der Umstand, dass sich das ausschließliche Verbreitungsrecht bei Raubkopien nicht erschöpft (weil solche Kopien nicht mit Zustimmung des Urhebers in den Verkehr gebracht werden), zu belegen, dass Artikel 4 tatsächlich eine Bestimmung ist, die zur Bekämpfung rechtswidriger Verbreitung geeignet ist.

57.      Allgemeiner gesagt scheint mir der springende Punkt der ganzen Klage in Wirklichkeit in der Überzeugung der Klägerin zu liegen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die falsche politische Entscheidung getroffen habe, als er sich für die regionale und nicht für die internationale Erschöpfung von Rechten entschieden habe. Wenn es auch durchaus legitim ist, dass die Klägerin diese Ansicht vertritt und sie durchzusetzen versucht, ist der Gerichtshof nicht das geeignete Forum dafür, diesem Punkt nachzugehen.

 Wettbewerb

58.      Die Klägerin und die polnische Regierung machen geltend, dass der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung dem grundlegenden Gemeinschaftsziel zuwiderlaufe, einen stärkeren Wettbewerb innerhalb der Union zu fördern. Die Gemeinschaftserschöpfung lasse den Interessenausgleich zu sehr zugunsten der Rechtsinhaber ausschlagen und verringere die Auswahl des Verbrauchers.

59.      Auch dieses Vorbringen läuft auf die Frage hinaus, ob eine verbindliche internationale Erschöpfung eine bessere politische Entscheidung gewesen wäre als das Verbot internationaler Erschöpfung. Als solches kann es nicht in Betracht kommen(40). Soweit damit nur der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung als solcher in Zweifel gezogen werden soll, greift es meiner Ansicht nach nicht durch. Durch die Beseitigung der Marktunregelmäßigkeiten, die entstehen, wenn einige Mitgliedstaaten die internationale Erschöpfung anwenden und andere nicht, wird der Wettbewerb im Binnenmarkt in Wirklichkeit erhöht. Somit erhöht die Gemeinschaftserschöpfung den Wettbewerb im Binnenmarkt: Das ist in der Tat ihr Grund. Soweit die Klägerin den Wettbewerb auf internationaler Ebene verbessern möchte, kann ich dem Parlament nur darin zustimmen, dass das nicht zu den Zielen der Gemeinschaft gehört.

 Freiheit der Meinungsäußerung

60.      Die Klägerin macht geltend, der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung verstoße gegen die in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerte Freiheit der Meinungsäußerung, da er das Verbot von Einfuhren aus Drittstaaten bewirke und damit den Bürgern Informationen vorenthalte.

61.      In diesem Artikel heißt es, dass jede Person das Recht auf freie Meinungsäußerung hat, einschließlich der Freiheit, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Es ist unstreitig, dass Artikel 10 die Äußerung von Ideen in Filmwerken erfasst(41).

62.      Die Europäische Union muss die Grundrechte, wie sie in der Konvention gewährleistet sind, achten(42).

63.      Das Verbot der internationalen Erschöpfung ist natürlich nicht gleichbedeutend mit dem Verbot von Einfuhren aus Drittstaaten. Es bedeutet jedoch, dass bestimmte Artikel, die durch Urheberrechte und verwandte Schutzrechte geschützt sind und in der Gemeinschaft nicht verbreitet werden, dort nicht oder nur zu einem höheren Preis als dem niedrigsten Preis außerhalb der Gemeinschaft erhältlich sein mögen.

64.      Da der Urheber eines solchen Artikels sicherstellen kann, dass dieser in der gesamten Gemeinschaft erhältlich ist, indem er ihn in irgendeinem Mitgliedstaat in den Verkehr bringt, ist klar, dass der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung nicht seine Freiheit verletzt, Ideen weiterzugeben.

65.      Andererseits könnte ein Verbot der internationalen Erschöpfung grundsätzlich das Recht, Ideen zu empfangen, beeinträchtigen, da eine Person in der Gemeinschaft, die einen solchen Artikel erwerben möchte, dies vielleicht nicht oder nur zu einem höheren Preis als außerhalb der Gemeinschaft tun kann. Der Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch festgestellt, dass „das Recht auf freien Informationsempfang einer Regierung im Wesentlichen verbietet, eine Person daran zu hindern, Informationen zu empfangen, die andere an sie weitergeben möchten oder deren Weitergabe an sie diese anderen zustimmen mögen“(43). Das Verbot internationaler Erschöpfung bedeutet keine derartige Beschränkung des Rechts.

66.      Selbst wenn der Gerichtshof im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis kommen sollte, dass eine Beschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung vorliegt, so wäre diese Beschränkung meiner Ansicht nach gerechtfertigt. Nach Artikel 10 Absatz 2 EMRK ist die Ausübung der Freiheit der Meinungsäußerung „mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind … zum Schutz … der Rechte anderer …“.

67.      Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung Beschränkungen unterworfen werden kann, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den mit ihnen verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das geschützte Recht in seinem Wesensgehalt antastet. Die bestehenden Interessen sind abzuwägen, und es ist anhand sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls festzustellen, ob das rechte Gleichgewicht gewahrt worden ist(44).

68.      Es scheint klar, dass die Entscheidung für die verbindliche Gemeinschaftserschöpfung und gegen die fakultative internationale Erschöpfung einen angemessenen Ausgleich der beteiligten Interessen widerspiegelt. Die Regelung der geistigen Eigentumsrechte in der Gemeinschaft spiegelt zwangsläufig den Versuch wider, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Rechtsinhabers und des freien Warenverkehrs herzustellen. Mit der Urheberrecht-Richtlinie wird ausdrücklich ein solcher Ausgleich angestrebt: Die Begründungserwägungen betonen sowohl die Bedeutung des Binnenmarktes(45) als auch das Erfordernis eines hohen Schutzniveaus im Bereich des geistigen Eigentums(46). In der dritten Begründungserwägung wird außerdem betont, dass sich der Gesetzgeber der widerstreitenden Interessen bewusst war, wenn ausgeführt wird, dass die vorgeschlagene Harmonisierung „im Zusammenhang mit der Beachtung der tragenden Grundsätze des Rechts, insbesondere des Eigentums einschließlich des geistigen Eigentums, der freien Meinungsäußerung und des Gemeinwohls“ steht.

69.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass „[b]esondere Einschränkungen der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung … grundsätzlich durch den legitimen Zweck gerechtfertigt sein [können], die Rechte anderer im Sinne von Artikel 10 Absatz 2 EMRK zu schützen“(47).

70.      Er hat weiter ausgeführt, dass der Entscheidungsspielraum, über den die zuständigen Stellen bei der Abwägung zwischen der Freiheit der Meinungsäußerung und den in Artikel 10 Absatz 2 genannten Zielen verfügen, je nach dem Ziel, das eine Beschränkung dieses Rechts rechtfertigt, und je nach der Art der Tätigkeit, um die es geht, unterschiedlich ist. Trägt die Ausübung der Meinungsfreiheit nichts zu einer Debatte von allgemeinem Interesse bei(48) und erfolgt sie darüber hinaus in einem Kontext, in dem die Staaten einen gewissen Entscheidungsspielraum haben, beschränkt sich die Kontrolle auf die Prüfung, ob der Eingriff angemessen und verhältnismäßig ist. Dies gilt namentlich für den Gebrauch der Meinungsfreiheit im Geschäftsverkehr(49).

71.      Im vorliegenden Fall scheint mir kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers für die verbindliche Gemeinschaftserschöpfung und gegen die fakultative internationale Erschöpfung entweder unangemessen oder unverhältnismäßig war.

 Gleichbehandlung

72.      Die Klägerin macht geltend, der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung. Zur Veranschaulichung bringt sie vor, ein türkischer Produzent könne türkische Ausgaben in der EU kontrollieren, während ein griechischer Produzent das nicht könne. Dagegen habe ein griechischer Lizenznehmer für beispielsweise ein Buch Zugang zur gesamten EU, während dies bei einem türkischen Lizenznehmer nicht der Fall sei.

73.      Diese Beispiele betreffen jedoch auf der einen Seite einen in einem Drittstaat ansässigen Rechtsinhaber oder Lizenznehmer und auf der anderen Seite einen in der Gemeinschaft ansässigen Rechtsinhaber oder Lizenznehmer. Die Sachverhalte unterscheiden sich somit offensichtlich. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. Wie der Rat, das Parlament und die Kommission sämtlich geltend machen, würde der Grundsatz der Gleichbehandlung deshalb unter keinen Umständen eine Gleichbehandlung dieser Sachverhalte gebieten.

 Rechtsgrundlage und Abkommen mit Drittstaaten

74.      Die Klägerin macht geltend, die Urheberrecht-Richtlinie sei auf einer falschen Rechtsgrundlage erlassen worden, und in Artikel 4 Absatz 2 sei ein möglicher Konflikt mit Abkommen mit Drittstaaten angelegt. Leider bringt sie zu beiden Punkten nichts Weiteres vor(50).

75.      Was die Rechtsgrundlage angeht, stimme ich dem Rat und der Kommission darin zu, dass die Artikel 47 Absatz 2 EG, 55 EG und 95 EG(51) dem Gesetzgeber gestatten, mit der Harmonisierung der nationalen Vorschriften über das Urheberrecht Maßnahmen zu treffen, die für das Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich sind. Die Richtlinie, insbesondere Artikel 4, bezweckt die Verwirklichung des Binnenmarktes (siehe vor allem die dritte Begründungserwägung(52)). Die Festlegung eines harmonisierten Erschöpfungskriteriums für Verbreitungsrechte auf Gemeinschaftsebene ermöglicht unbestreitbar die Erreichung dieses Zieles, da sonst zwei verschiedene Regelungen im Binnenmarkt nebeneinander bestehen würden – was genau die Situation wäre, die den Gerichtshof veranlasst hat, im Urteil Silhouette(53) zu entscheiden, dass eine entsprechende Harmonisierung im Zusammenhang mit Marken auf Artikel 95 EG gestützt werden konnte. Nichts in der Richtlinie legt nahe, dass mit ihr irgendein anderes Ziel verfolgt wird. Dass sie sich auf Unternehmen in Drittstaaten und auf Unternehmen in der Gemeinschaft unterschiedlich auswirkt, berührt nicht ihre Rechtsgrundlage.

76.      Was Abkommen mit Drittstaaten betrifft, so hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass die Gemeinschaft nach irgendeinem völkerrechtlichen Übereinkommen oder bilateralen Abkommen, dessen Partei sie ist, die internationale Erschöpfung vorsehen müsse. Genauso wenig ist vorgebracht worden, dass der Rat bei Erlass der Richtlinie der Situation von Inhabern geistiger Eigentumsrechte in Drittstaaten hätte Rechnung tragen müssen. Eine etwaige Diskriminierung solcher Rechtsinhaber kann die Maßnahme damit nicht ungültig machen. Es wohnt Binnenmarktmaßnahmen inne, dass sie Einfuhren aus Drittstaaten beeinträchtigen können. Gleichwohl können sie auf Artikel 95 EG gestützt werden(54).

 Erziehung und kulturelles Erbe

77.      Schließlich macht die Klägerin geltend, der Grundsatz der Gemeinschaftserschöpfung verletze das Recht auf Erziehung (Artikel 153 Absatz 1 EG(55)) sowie das dänische und europäische kulturelle Erbe (Artikel 151 EG(56)).

78.      Die Klägerin scheint die Auffassung zu vertreten, dass das Recht auf Erziehung und die Entfaltung der dänischen und europäischen Kultur verletzt würden, weil Händler in den Mitgliedstaaten nicht in der Lage sein mögen, Artikel von außerhalb der Gemeinschaft, insbesondere aus den USA, einzuführen. Zu Artikel 153 Absatz 1 EG machen der Rat, das Parlament und die Kommission im Wesentlichen geltend, dass mit der Richtlinie auch das Ziel der Erziehung verfolgt (siehe die 14. Begründungserwägung) und durch die Zulassung einer Ausnahme vom Urheberrecht in Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a „für die Nutzung ausschließlich zur Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung“ auch erreicht werde. Kulturelle Aspekte wurden vom Rat, wie aus der neunten, der elften und der zwölften Begründungserwägung ersichtlich ist, berücksichtigt. Die Kommission fügt hinzu, dass ihr nicht erkennbar sei, wie Artikel 4 die geltend gemachten Rechte beeinträchtigen könnte. Mir geht es genauso.

 Ergebnis

79.      Demzufolge bin ich der Ansicht, dass die vom Østre Landsret vorgelegten Fragen wie folgt beantwortet werden sollten:

1.      Die Prüfung von Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft hat nichts ergeben, was seine Gültigkeit beeinträchtigt.

2.      Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hindert einen Mitgliedstaat daran, den Grundsatz der internationalen Erschöpfung in seinem Recht beizubehalten.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – ABl. L 167, S. 10.


3 – Im Kontext des Gemeinschaftsrechts umfasst das Urheberrecht („droit d’auteur“) die ausschließlichen Rechte von Autoren, Komponisten, Künstlern usw., während die verwandten Schutzrechte („droits voisins“) die entsprechenden Rechte von ausübenden Künstlern (Musiker, Schauspieler usw.) und Unternehmern (Verleger, Filmproduzenten usw.) erfassen.


4 – § 19.


5 – Durch Gesetz Nr. 1051 vom 17. Dezember 2002.


6 – Wie nachstehend (Nrn. 38 und 39) zu sehen sein wird, war der Grundsatz der Erschöpfung, wie er vom Gerichtshof entwickelt worden war, wenig überraschend auf die Erschöpfung durch Verkauf in der Gemeinschaft beschränkt. Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) erstreckte die Regel auf mit Zustimmung des Rechtsinhabers irgendwo im EWR verkaufte Waren (vgl. Artikel 6, 11 und 13 in Verbindung mit Artikel 2 des Protokolls Nr. 28 über geistiges Eigentum). Außerdem wurden die meisten der in den Fußnoten 7 bis 12 zitierten Richtlinien auf alle EWR-Staaten (die Mitgliedstaaten zusammen mit Island, Liechtenstein und Norwegen) erstreckt und ihre Bestimmungen über die Erschöpfung im Sinne einer EWR-weiten Erschöpfung geändert. Für die Zwecke der Erörterung der vorliegenden Rechtssache gelten die Grundsätze gleichermaßen für EU-weite wie für EWR-weite Erschöpfung. Da es auf die Unterscheidung nicht ankommt, werde ich die Begriffe „Gemeinschaftserschöpfung“ und „regionale Erschöpfung“ im Folgenden austauschbar verwenden.


7 – Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. L 346, S. 61).


8 – Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122, S. 42).


9 – Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20).


10 – Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).


11 – Artikel 15 der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. L 289, S. 28).


12 – Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie 87/54/EWG des Rates vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topografien von Halbleitererzeugnissen (ABl. 1987, L 24, S. 36).


13 – Angeführt oben in Nr. 7.


14 – Die einzige Änderung war die Ersetzung von „davon“ durch „eines Werks“.


15 – Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, KOM(97) 628 endg. (ABl. 1998, C 108, S. 6).


16 – Zitiert in Fußnote 10.


17 – Urteil vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C‑355/96 (Slg. 1998, I‑4799).


18 – Siehe Fußnote 6 in Bezug auf die Erstreckung von Artikel 7 Absatz 1 auf den gesamten EWR.


19 – Randnr. 18.


20 – Siehe unten Nrn. 38 bis 40.


21 – Siehe Randnr. 21.


22 – Nr. 17.


23 – Urteil vom 8. Juni 1971 in der Rechtssache 78/70 (Slg. 1971, 487).


24 – Siehe Fußnote 3.


25 –      Randnrn. 12 und 13.


26 – Urteil vom 22. Januar 1981 in der Rechtssache 58/80 (Slg. 1981, 181).


27 –      Randnr. 12.


28 – Urteil vom 31. Oktober 1974 in der Rechtssache 16/74 (Centrafarm/Winthrop, Slg. 1974, 1183).


29 – Urteil vom 31. Oktober 1974 in der Rechtssache 15/74 (Centrafarm/Sterling Drug, Slg. 1974, 1147).


30 – Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Vermietrecht, Verleihrecht und zu bestimmten verwandten Schutzrechten vom 24. Januar 1991 (ABl. 1991, C 53, S. 35).


31 – KOM(90) 586 endg., Kommentierung zu Artikel 7 Absatz 2, dem Vorgänger von Artikel 9 Absatz 2.


32 – Wie es auch in der Rechtssache Silhouette nicht der Fall war: Siehe Nr. 31 der Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs und Randnr. 19 des Urteils.


33 – Nr. 17.


34 – D. h. die Befugnis der Mitgliedstaaten, die internationale Erschöpfung neben der vom Gemeinschaftsgesetzgeber eingeführten (verbindlichen) Gemeinschaftserschöpfung beizubehalten.


35 – Randnr. 27. Siehe auch Nrn. 41 und 42 der Schlussanträge.


36 – Siehe oben Nrn. 38 bis 40.


37 – Vermiet- und Verleihrecht-Richtlinie (zitiert in Fußnote 7), Software-Richtlinie (zitiert in Fußnote 8), Datenbank-Richtlinie (zitiert in Fußnote 9), Marken-Richtlinie (zitiert in Fußnote 10), Richtlinie 98/71 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (zitiert in Fußnote 11) und Richtlinie 87/54 über den Rechtsschutz der Topografien von Halbleitererzeugnissen (zitiert in Fußnote 12).


38 – 1., 3. und 7. Begründungserwägung (alle angeführt oben in Nr. 7).


39 – Nr. 51 der Schlussanträge in der Rechtssache Silhouette. Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Frage des vorlegenden Gerichts nicht die Frage aufwirft, ob eine verbindliche internationale Erschöpfung geboten ist.


40 – Es sei darauf hingewiesen, dass das gleiche Argument in der Rechtssache Silhouette erfolglos vorgetragen wurde: siehe Nrn. 48 bis 53 der Schlussanträge.


41 – Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Urteil Otto-Preminger-Institut/Österreich, Series A, Nr. 295-A (1994), anerkannt.


42 – Artikel 6 Absatz 2 des Vertrages über die Europäische Union, der in der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze aufgreift (siehe z. B. Urteil vom 12. Juni 2003 in der Rechtssache C‑112/00, Schmidberger, Slg. 2003, I‑5659, Randnrn. 71 bis 73 und die dort zitierte Rechtsprechung).


43 – Urteil Leander/Schweden, Series A, Nr. 116 (1987), § 74, Hervorhebung hinzugefügt.


44 – Urteil Schmidberger (zitiert in Fußnote 42, Randnrn. 80 und 81).


45 – Siehe insbesondere die 1., 3. und 7. Begründungserwägung (angeführt oben in Nr. 7).


46 – Siehe insbesondere die 4., 9. und 10. Begründungserwägung (angeführt oben in Nr. 7).


47 – Urteil vom 6. März 2001 in der Rechtssache C‑274/99 P (Connolly/Kommission, Slg. 2001, I‑1611, Randnr. 46). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Artikel 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention das Recht auf Eigentum schützt, das das geistige Eigentum umfasst: Smith Kline and French Laboratories/Niederlande, 66 DR 70, S. 79 (1990).


48 – Im Sinne der Beteiligung an einer das Allgemeininteresse berührenden Debatte: siehe Urteil VGT Verein gegen Tierfabriken/Schweiz, Reports of Judgments and Decisions (Rep.) 2001-VI, §§ 69 bis 70, wo das Urteil Hertel/Schweiz, Rep. 1998-VI, S. 2325 f., zitiert wird, in dem der Gerichtshof für Menschenrechte ausgeführt hatte: „Der Beurteilungsspielraum ist jedoch dann einzuschränken, wenn es nicht um rein ‚geschäftliche‘ Aussagen eines Einzelnen geht, sondern um seine Beteiligung an einer das Allgemeininteresse berührenden Debatte, z. B. über die öffentliche Gesundheit“ (§ 47).


49 – Urteil vom 25. März 2004 in der Rechtssache C‑71/02 (Karner, Slg. 2004, I‑3025, Randnr. 51, wo Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einschließlich des Urteils VGT Verein gegen Tierfabriken/Schweiz, zitiert in Fußnote 48, angeführt wird).


50 – Obwohl sie sich in der mündlichen Verhandlung dahin geäußert hat, dass sich das Fehlen einer Rechtsgrundlage daraus ergebe, dass die Vorgabe der Gemeinschaftserschöpfung den Wettbewerb beschränke. Dieses Vorbringen ist oben in den Nrn. 57 und 58 erörtert worden.


51 – Siehe oben Nr. 6.


52 – Angeführt oben in Nr. 7.


53 – Zitiert in Fußnote 17.


54 – Siehe auch Nr. 46 der Schlussanträge in der Rechtssache Silhouette, in denen erklärt wird, warum Artikel 7 Absatz 1 der Marken-Richtlinie, wenn er als Verbot der internationalen Erschöpfung verstanden würde, nicht „die Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten und dritten Staaten regeln“ würde, sowie Randnrn. 28 und 29 des Urteils in dieser Rechtssache.


55 – „Zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet die Gemeinschaft einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes auf Information, Erziehung …“


56 – „Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten …“