Language of document : ECLI:EU:T:2018:880

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

6. Dezember 2018(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke V – Ältere internationale Bildmarke V – Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang einer älteren Marke – Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625) – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Ähnlichkeit der Zeichen – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑817/16

Vans, Inc. mit Sitz in Cypress, Kalifornien (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Hirsch,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), zunächst vertreten durch S. Hanne, dann durch A. Söder und D. Hanf als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Deichmann SE mit Sitz in Essen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Onken,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 19. September 2016 (Sache R 2030/2015‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Deichmann und Vans

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter), der Richterin K. Kowalik-Bańczyk und des Richters C. Mac Eochaidh,

Kanzler: R. Ukelyte, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 21. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 9. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 7. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Entscheidung vom 12. Mai 2017, die Rechtssachen T‑848/16 und T‑817/16 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu verbinden,

auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 14. September 2011 meldete die Klägerin, die Vans, Inc., nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Es wurde für folgende Waren der Klassen 18 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren aus diesen Materialien; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Brieftaschen; Taschen und Beutel; Rucksäcke; Gürteltaschen; Aktentaschen; Schultaschen; Schultaschen für Sport; Strandtaschen; Schlüsselanhänger; Kartenhüllen; Hüfttaschen“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Gürtel, Handschuhe“.

4        Am 10. November 2011 erhob die Streithelferin, die Deichmann SE, nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

5        Der Widerspruch war auf die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union Nr. 708 408 vom 13. Januar 1999, verlängert bis zum 13. Januar 2019, gestützt, die wie folgt aussieht:

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6        Die internationale Registrierung Nr. 708 408 (im Folgenden: ältere Marke) umfasste folgende Waren der Klassen 18 und 25:

–        Klasse 18: „Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.

7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.

8        Am 16. September 2015 gab die Widerspruchsabteilung des EUIPO dem Widerspruch teilweise statt, namentlich für folgende Waren:

–        Klasse 18: „Waren aus Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Brieftaschen; Taschen und Beutel; Rucksäcke; Gürteltaschen; Aktentaschen; Schultaschen; Schultaschen für den Sport; Strandtaschen; Schlüsselanhänger; Hüfttaschen“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Gürtel, Handschuhe“.

9        Dagegen wurde der Widerspruch für folgende Waren der Klasse 18 zurückgewiesen: „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Kartenhüllen“.

10      Am 7. Oktober 2015 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung, soweit diese dem Widerspruch stattgegeben hatte, Beschwerde ein. In ihrer Stellungnahme hierzu vom 24. März 2016 forderte die Streithelferin die Beschwerdekammer zum einen auf, die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen, und beantragte zum anderen, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung dahin gehend abzuändern, dass dem Widerspruch für bestimmte Waren der Klasse 18, insbesondere die Waren „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle; Kartenhüllen“, stattgegeben werde (im Folgenden: Anschlussbeschwerde).

11      Mit Entscheidung vom 19. September 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO zum einen die Beschwerde der Klägerin zurück. Zum anderen gab sie der Anschlussbeschwerde der Streithelferin teilweise statt, nämlich in Bezug auf die „Kartenhüllen“, und wies die Anmeldung der Unionsmarke für diese Waren zurück.

12      Die Beschwerdekammer wies die Beschwerde der Klägerin zurück, weil sie, gestützt auf die nachfolgenden Feststellungen, die Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Zeichen annahm (Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung):

–        Die Waren der Anmeldemarke, hinsichtlich deren dem Widerspruch stattgegeben worden sei, seien mit den Waren der älteren Marke identisch (Rn. 22 und 23 der angefochtenen Entscheidung).

–        Der Vergleich der Zeichen ergebe in bildlicher Hinsicht, dass sie eine durchschnittliche Ähnlichkeit aufwiesen, und in klanglicher Hinsicht, dass sie identisch seien, wenn sie als „V“ ausgesprochen würden. Der Vergleich in begrifflicher Hinsicht sei neutral (Rn. 26 bis 28 der angefochtenen Entscheidung).

–        Die ältere Marke weise eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf (Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung).

–        Die angesprochenen Verkehrskreise verfügten über einen durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad (Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung).

13      Die Beschwerdekammer gab der Anschlussbeschwerde der Streithelferin in Bezug auf die „Kartenhüllen“ der Klasse 18 teilweise statt, da diese Waren mit den von der älteren Marke erfassten „Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich … Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen“, identisch seien (Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung).

14      Im Übrigen, in Bezug auf die anderen Waren, für die der Widerspruch eingelegt worden war, wies sie die Anschlussbeschwerde dagegen mit der Begründung zurück, dass sie sich teils von den mit der älteren Marke beanspruchten Waren unterschieden und teils nicht von der Anmeldemarke erfasst seien (Rn. 38 und 40 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Parteien

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass der Widerspruch der Streithelferin vollumfänglich zurückgewiesen wird;

–        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass der Widerspruch auch für die Waren „Waren aus Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme; Sonnenschirme und Spazierstöcke; Brieftaschen; Taschen und Beutel; Rucksäcke; Gürteltaschen; Aktentaschen; Schultaschen; Schultaschen für Sport; Strandtaschen; Schlüsselanhänger; Hüfttaschen; Kartenhüllen“ in Klasse 18 und „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Gürtel; Handschuhe“ in Klasse 25 zurückgewiesen wird;

–        höchst hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

16      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin, wie im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist, ihre ursprünglichen Anträge dahin gehend präzisiert, dass sie nunmehr beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die angefochtene Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass der Widerspruch der Streithelferin vollumfänglich zurückgewiesen wird;

–        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung dahin gehend abzuändern, dass der Widerspruch der Streithelferin für die oben in Rn. 15 aufgelisteten Waren zurückgewiesen wird;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

17      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

18      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Gründe.

19      Mit ihrem ersten Klagegrund trägt sie vor, die Beschwerdekammer habe Regel 19 Abs. 2 und 3 sowie Regel 20 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Unionsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) (jetzt Art. 7 Abs. 2 und 4 sowie Art. 8 Abs. 1 und 7 der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung [EU] 2017/1430 [ABl. 2018, L 104, S. 1]) verletzt, als sie dem Widerspruch teilweise stattgegeben habe. Die Beschwerdekammer hätte den Widerspruch als unbegründet zurückweisen müssen, weil die Streithelferin keinen Nachweis für den Schutz der älteren Marke erbracht habe.

20      Mit ihrem zweiten Klagegrund führt die Klägerin aus, die Beschwerdekammer habe angesichts dessen, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe, gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

21      Mit ihrem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe dadurch, dass sie der Anschlussbeschwerde der Streithelferin teilweise stattgegeben habe, Art. 60 Abs. 1 Satz 1, Art. 63 Abs. 2 und Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 70 Abs. 2 und Art. 94 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung 2017/1001), das Verbot der reformatio in peius und den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

 Zum ersten Klagegrund

22      Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe Regel 19 Abs. 2 und 3 sowie Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 verletzt, indem sie den Widerspruch nicht als unbegründet zurückgewiesen habe. Die Streithelferin habe nämlich den nach Regel 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625) und Regel 19 Abs. 2 dieser Verordnung vorgeschriebenen Nachweis für den Schutz der älteren Marke nicht erbracht.

23      Die ältere Marke sei eine internationale Marke; folglich hätte die Streithelferin gemäß Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 ein von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) ausgestelltes Dokument vorlegen müssen. Sie habe aber nur einen Auszug aus der Datenbank „CTM-Online“ vorgelegt, die vom EUIPO und nicht von der WIPO verwaltet werde. Daher hätte die Widerspruchsabteilung oder spätestens die Beschwerdekammer den Widerspruch zurückweisen müssen, weil Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 der Verwaltung keinen Ermessensspielraum lasse.

24      Die Streithelferin macht geltend, der erste Klagegrund sei unzulässig, da er zum ersten Mal vor dem Gericht vorgetragen worden sei. Das EUIPO ist der Ansicht, die Rüge einer Verletzung von Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 sei unzulässig, da sie nicht nachvollziehbar sei und nicht den Anforderungen von Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts entspreche.

25      Im Übrigen halten das EUIPO und die Streithelferin das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.

26      Es ist sogleich die Begründetheit des Klagegrundes zu prüfen.

27      Als Erstes macht die Klägerin zur Stützung ihres ersten Klagegrundes geltend, die Streithelferin habe als Nachweis ihres älteren Rechts nur einen Auszug aus der Datenbank „CTM-Online“ vorgelegt, die vom EUIPO und nicht von der WIPO verwaltet werde. Damit habe sie den Nachweis ihres älteren Rechts nicht erbracht.

28      Tatsächlich hat die Streithelferin aber, wie das EUIPO und sie geltend machen, nicht nur am 10. November 2011 einen Auszug aus der Datenbank „CTM-Online“ vorgelegt, sondern sie hat dem EUIPO auch am 3. Oktober 2014, und damit innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 vorgesehenen Frist, die vom EUIPO verlängert worden war, einen Auszug aus der Datenbank „TMview“ nebst Übersetzung des Warenverzeichnisses in die Verfahrenssprache übermittelt.

29      Das Vorbringen der Klägerin, dass die Streithelferin als Nachweis der internationalen Registrierung Nr. 708 408, in der die Europäische Union benannt sei, nur einen Auszug aus der Datenbank „CTM-Online“ vorgelegt habe, ist somit sachlich unzutreffend.

30      Als Zweites ist zu prüfen, ob Auszüge aus der Datenbank „TMview“ Nachweise des Schutzes einer internationalen Registrierung, in der die Europäische Union benannt ist, im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2018/625) darstellen können.

31      Nach Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 wird der Widerspruch als unbegründet abgewiesen, wenn der Widersprechende nicht innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs belegt.

32      Regel 19 der Verordnung Nr. 2868/95 bestimmt:

„(1)      Das Amt gibt dem Widersprechenden Gelegenheit, die Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zu ergänzen, die bereits nach Regel 15 Absatz 3 vorgelegt wurden; dazu setzt das Amt eine Frist von mindestens zwei Monaten ab dem Tag der Eröffnung des Widerspruchsverfahrens nach Regel 18 Absatz 1.

(2)      Innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist muss der Widersprechende außerdem einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen und den Nachweis erbringen, dass er zur Einlegung des Widerspruchs befugt ist. Im Besonderen muss der Widersprechende folgende Beweismittel vorlegen:

a)      Wird der Widerspruch auf eine Marke gestützt, die keine Gemeinschaftsmarke ist, so ist ihre Anmeldung oder Eintragung wie folgt zu belegen:

i)      …

ii)      wenn die Marke eingetragen ist, durch eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder der jüngsten Verlängerungsurkunde, aus der hervorgeht, dass die Schutzdauer der Marke über die in Absatz 1 genannte Frist und ihre etwaige Verlängerung hinausgeht, oder durch gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat;

(3)      Die Auskünfte und Nachweise nach Absatz 1 und 2 müssen in der Verfahrenssprache verfasst sein, andernfalls muss ihnen eine Übersetzung beiliegen. Die Übersetzung ist innerhalb der Frist für die Einreichung der Originalunterlagen vorzulegen.“

33      Nach den oben in Rn. 32 wiedergegebenen Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Delegierten Verordnung 2018/625) kann der Widersprechende nicht nur eine Abschrift der Eintragungsurkunde oder gegebenenfalls der jüngsten Verlängerungsurkunde vorlegen, sondern auch gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat.

34      Nach der Rechtsprechung erfüllt die Vorlage eines Schriftstücks, das von der zuständigen Stelle stammt und dieselben Informationen wie eine Eintragungsurkunde enthält, die Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2868/95 (Urteil vom 5. Februar 2016, Kicktipp/HABM – Italiana Calzature [kicktipp], T‑135/14, EU:T:2016:69, Rn. 63).

35      Des Weiteren ist hervorzuheben, dass diese Bestimmungen nicht die Möglichkeit ausschließen, Unterlagen aus einer Datenbank vorzulegen, etwa der Datenbank eines zuständigen nationalen Amtes (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2014, Grau Ferrer/HABM – Rubio Ferrer [Bugui va], T‑543/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:911, Rn. 25 und 26).

36      Mit der Klarstellung, dass die fraglichen Schriftstücke von „der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat“, stammen müssen, schließt Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 die Möglichkeit aus, Auszüge aus einer Datenbank vorzulegen, die Zugang zu Schriftstücken verschafft, die nicht von der Stelle stammen, die die Markeneintragung vorgenommen hat. Demnach stellen Auszüge aus der Datenbank „CTM-Online“ des EUIPO keine Nachweise des Schutzes einer internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen Union dar, da das EUIPO, das nicht die zuständige Behörde für die Eintragung internationaler Marken ist, nicht die Stelle ist, die die Markeneintragung vorgenommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2014, Aldi Einkauf/HABM – Alifoods [Alifoods], T‑240/13, EU:T:2014:994, Rn. 27 und 28).

37      Auch wenn die Bestimmungen von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 vorsehen, dass die Schriftstücke von der zuständigen Stelle stammen müssen, schließen sie jedoch nicht aus, dass der Zugang zu den Schriftstücken der zuständigen Stelle mittels eines IT-Systems erfolgt, das zwar vom EUIPO verwaltet wird, an dem aber die zuständige Stelle beteiligt ist, indem sie die maßgeblichen Informationen übermittelt und aktualisiert.

38      Aus den Akten, insbesondere aus den Erläuterungen, die das EUIPO schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, geht hervor, dass die Datenbank „TMview“ ein vom EUIPO verwaltetes IT-Instrument ist, zu dem andere Markenämter, darunter die WIPO, Beiträge leisten. Dieses Instrument sammelt die Markenanmeldungen und -eintragungen der teilnehmenden Markenämter und ermöglicht Zugriff darauf. Die Informationen werden von den Markenämtern zur Verfügung gestellt, die Eigentümer des Inhalts und für das tägliche Update verantwortlich sind. Die Datenbank „TMview“ ermöglicht die Einsichtnahme in die Informationen zu den Marken, die von den an dieser Datenbank beteiligten Markenämtern eingetragen wurden, und zwar in der Form, wie sie in deren jeweiligen Markenregistern enthalten sind. Ein Auszug aus der Datenbank „TMview“ entspricht dem Stand des Registers der zuständigen Stelle zum Zeitpunkt der Konsultation dieser Datenbank durch den Benutzer.

39      Angesichts der oben in Rn. 38 dargelegten Eigenschaften der Datenbank „TMview“ stellt ein Auszug aus dieser Datenbank in Bezug auf internationale Registrierungen mit Benennung der Union ein einer Abschrift der von der WIPO ausgestellten Eintragungsurkunde und gegebenenfalls der jüngsten Verlängerungsurkunde gleichwertiges Schriftstück im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 dar, vorausgesetzt, der vom Widersprechenden vorgelegte Auszug enthält alle sachdienlichen Informationen. Sofern diese Voraussetzung erfüllt ist, kann ein Auszug aus der Datenbank „TMview“, wie die Streithelferin und das EUIPO zu Recht geltend machen, einem Auszug aus der Datenbank „Romarin“ der WIPO oder einer Abschrift der Urkunde über die Eintragung bei dieser Organisation gleichgesetzt werden.

40      Falls das Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen, wie es im Auszug aus der Datenbank „TMview“ enthalten ist, nicht in der Sprache des Widerspruchsverfahrens verfügbar ist, muss der Widersprechende gemäß Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 dieses Verzeichnis zusammen mit dessen Übersetzung in die Verfahrenssprache vorlegen.

41      Nach alledem stellt die Vorlage eines Auszugs aus der Datenbank „TMview“ – vorausgesetzt, dieser Auszug enthält alle sachdienlichen Informationen, insbesondere das Verzeichnis der umfassten Waren oder Dienstleistungen – in Bezug auf internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union ein einer von der WIPO stammenden Eintragungsurkunde gleichwertiges Schriftstück im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 dar.

42      Als Drittes ist zu prüfen, ob die von der Streithelferin vorgelegten Schriftstücke den Anforderungen von Regel 19 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 2868/95 genügen.

43      Die Streithelferin hat, wie bereits dargelegt, innerhalb der Frist nach Regel 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 Auszüge aus der Datenbank „TMview“ bezüglich der älteren internationalen Registrierung Nr. 708 408, in der die Europäische Union benannt ist, vorgelegt. Aus den Akten geht hervor – und wird von der Klägerin im Übrigen, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, nicht bestritten –, dass diese Auszüge alle maßgeblichen Informationen über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der älteren Marke enthielten, nicht zuletzt das Verzeichnis der von dieser erfassten Waren. Diesem Warenverzeichnis war gemäß Regel 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 eine Übersetzung in die Sprache des Widerspruchsverfahrens, d. h. Deutsch, beigefügt, die innerhalb der für die Einreichung der Originalunterlagen festgesetzten Frist vorgelegt wurde.

44      Somit hat die Streithelferin entsprechend den Anforderungen von Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 innerhalb der in Regel 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang der älteren internationalen Registrierung Nr. 708 408, in der die Europäische Union benannt ist, belegt.

45      Das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe, indem sie dem Widerspruch teilweise stattgegeben habe, Regel 19 Abs. 2 und 3 und Regel 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 verletzt, greift daher nicht durch.

46      Folglich ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass seine von der Streithelferin und teilweise vom EUIPO in Abrede gestellte Zulässigkeit geprüft zu werden braucht.

 Zum zweiten Klagegrund

47      Die Klägerin ist der Auffassung, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr bejaht und damit gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen.

48      Erstens sei die Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht durchschnittlich, sondern gering. Zum einen bestehe die ältere Marke aus einem Einzelbuchstaben, so dass es sich als schwieriger erweisen könnte, ihre Kennzeichnungskraft festzustellen. Zum anderen schwächten die durch die Anlagen A 5 bis A 8 belegte Eintragung und Benutzung von Drittmarken für die Waren der Klassen 18 und 25 die Kennzeichnungskraft der älteren Marke.

49      Zweitens hätte die Beschwerdekammer einen durchschnittlichen bis erhöhten Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise annehmen müssen, und zwar aus zwei Gründen: Die relevanten Waren richteten sich nicht nur an das allgemeine Publikum, sondern auch an den Fachverkehr, und bei diesen Waren, insbesondere bei den Schuhen und den Rucksäcken, handele es sich nicht um Gegenstände, die der Verbraucher jeden Tag kaufe.

50      Drittens sei die von der Beschwerdekammer angenommene Identität in folgendem Umfang zurückzuweisen:

–        zum einen die Identität zwischen den mit der Anmeldemarke beanspruchten Waren „Gürtel, Handschuhe“ in Klasse 25 und den von der älteren Marke erfassten Bekleidungsstücken; diese Waren seien allenfalls ähnlich, was dadurch belegt werde, dass es sich bei Gürteln und Handschuhen nicht um Bekleidungsstücke, sondern um Accessoires handele, die nicht in der gleichen Abteilung wie Bekleidungsstücke angeboten würden;

–        zum anderen die Identität zwischen den mit der Anmeldemarke beanspruchten Waren „Schlüsselanhänger“ in Klasse 18 und den von der älteren Marke erfassten „Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Kleinlederwaren“; Erstere unterschieden sich von Letzteren sowohl in Bezug auf die Materialien, aus denen sie bestünden, als auch in Bezug auf die ihnen eigene Funktion als Dekorationsaccessoire und nicht als Funktionsgegenstand.

51      Viertens bestehe zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen keine bildliche Ähnlichkeit. Mehrere Elemente ließen eine bildliche Verschiedenheit erkennen, insbesondere das Vorliegen eines nach links weisenden horizontalen Balkens in der älteren Marke, der unterschiedliche Winkel der Schenkel in jedem der beiden Zeichen, der Umstand, dass in der Anmeldemarke der rechte Querbalken den Kreis durchbreche und darüber hinaus rage, die Spitze, die in der älteren Marke deutlich spitzer sei, oder auch die Benutzung der älteren Marke in Farbe. In der Anmeldemarke sei der Bestandteil „V“ nicht klar erkennbar. Ferner sei ein klanglicher Vergleich nicht möglich, weil die Anmeldemarke nicht ausgesprochen werden könne. Ebenso könne kein begrifflicher Vergleich angestellt werden. Im Übrigen sei der älteren Marke in früheren Entscheidungen des EUIPO nur ein geringer Schutzumfang zuerkannt worden.

52      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

53      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Ältere Marken sind gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii und iii der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii und iii der Verordnung 2017/1001) in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken und mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registrierte Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

54      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Gemäß dieser Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr nach der Wahrnehmung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls, vor allem der Wechselbeziehung zwischen Zeichenähnlichkeit und Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen, umfassend zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

55      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer ausgeführt, die verfahrensgegenständlichen Waren richteten sich an die breite Öffentlichkeit in der gesamten Europäischen Union, die als normal informiert, aufmerksam und verständig anzusehen sei (Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung). Der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums sei durchschnittlich, die Waren richteten sich nicht vorrangig an den Fachverkehr, und es sei nicht von einer erhöhten Aufmerksamkeit der Durchschnittsverbraucher auszugehen (Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung).

57      Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer hätte aus zwei Gründen von einem durchschnittlichen bis erhöhten Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise ausgehen müssen. Zum einen richteten sich die fraglichen Waren nicht nur an das allgemeine Publikum, sondern auch an den Fachverkehr. Zum anderen handele es sich bei diesen Waren, insbesondere bei den Schuhen und den Rucksäcken, nicht um Gegenstände, die der Verbraucher jeden Tag kaufe.

58      Als Erstes macht die Klägerin geltend, die fraglichen Waren richteten sich ebenso an ein Fachpublikum wie an den Durchschnittsverbraucher. Beim Fachpublikum sei von einer höheren Aufmerksamkeit auszugehen als beim Verbraucher im Allgemeinen.

59      Diesem Vorbringen, dem das EUIPO und die Streithelferin entgegentreten, kann nicht gefolgt werden.

60      Nach der Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Verkehrskreise mit der geringsten Aufmerksamkeit abzustellen (Urteil vom 15. Juli 2011, Ergo Versicherungsgruppe/HABM – Société de développement et de recherche industrielle [ERGO], T‑220/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:392, Rn. 21). Selbst wenn man als wahr unterstellt, dass sich die fraglichen Waren ebenso an ein Fachpublikum wie an den Durchschnittsverbraucher richten, ist demnach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher in der Union abzustellen.

61      Überdies folgt aus der Rechtsprechung, dass die fraglichen Waren der Klassen 18 und 25, einschließlich der Schuhwaren und Rucksäcke, für das breite Publikum bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Oktober 2013, Zoo Sport/HABM – K-2 [ZOOSPORT], T‑453/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:532, Rn. 36, vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – López Cabré [TEEN VOGUE], T‑37/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:96, Rn. 62, und vom 18. September 2014, El Corte Inglés/HABM – Gaffashion [BAUSS], T‑267/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:780, Rn. 28 und 29). Im Übrigen führt die Klägerin keinerlei Tatsachen an, um zu belegen, dass sich die Waren der Klassen 18 und 25 ebenso an ein Fachpublikum wie an den Durchschnittsverbraucher richten.

62      Somit hat die Beschwerdekammer als die maßgeblichen Verkehrskreise zu Recht das breite Publikum in der Union angesehen, da sich die fraglichen Waren nicht vorrangig an den Fachverkehr richten.

63      Als Zweites macht die Klägerin geltend, es sei von einer erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen, da die fraglichen Waren, insbesondere die Schuhwaren und die Rucksäcke, keine Waren seien, die der Verbraucher jeden Tag kaufe. Sie beruft sich insoweit auf das Urteil vom 15. November 2011, Hrbek/HABM – Outdoor Group (ALPINE PRO SPORTSWEAR & EQUIPMENT) (T‑434/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:663, Rn. 30).

64      Hierzu weist das Gericht darauf hin, dass es nicht ausreicht, wenn ein Kläger vorbringt, in einem bestimmten Bereich achte der Verbraucher besonders auf Marken; vielmehr muss er dieses Vorbringen auf Tatsachen und Beweise stützen (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2013, ZOOSPORT, T‑453/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:532, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Im vorliegenden Fall sind die Waren der Klassen 18 und 25, einschließlich der Schuhwaren und Rucksäcke, grundsätzlich, auch wenn sie nicht täglich gekauft werden, gängige Konsumgüter, die für das breite Publikum bestimmt sind. Bei solchen Waren, die sich nicht vorrangig an ein Fachpublikum richten, ist der Aufmerksamkeitsgrad des Verbrauchers daher durchschnittlich (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. September 2015, Mocek und WentaKAJMAN Firma Handlowo-Usługowo-Produkcyjna/HABM – Lacoste [KAJMAN], T‑364/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:738, Rn. 26, und vom 7. Oktober 2015, CBM/HABM – Aeronautica Militare [TRECOLORE], T‑365/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:763, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Im Übrigen kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das Urteil vom 15. November 2011, ALPINE PRO SPORTSWEAR & EQUIPMENT (T‑434/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:663, Rn. 30), berufen. In jener Rechtssache hat das Gericht ausgeführt, da es sich bei den betroffenen Waren um Ausrüstung für Skisport und Wandern handle, bestünden die maßgeblichen Verkehrskreise zum Teil aus Verbrauchern, die diese sportlichen Aktivitäten regelmäßig betrieben und diese Waren tendenziell mit größerer Aufmerksamkeit betrachteten. Diese Erwägungen lassen sich nicht auf die vorliegende Rechtssache übertragen, da aus der Beschreibung der fraglichen Waren nicht hervorgeht, dass es sich um Luxuswaren oder um so ausgefeilte oder teure Waren handelt, dass ihnen gegenüber seitens der maßgeblichen Verkehrskreise eine besondere Aufmerksamkeit zu erwarten wäre.

67      Das Vorbringen der Klägerin, es sei von einer erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen, greift daher nicht durch.

68      Nach alledem hat die Beschwerdekammer bei ihrer Beurteilung der maßgeblichen Verkehrskreise und deren Aufmerksamkeitsgrad keinen Rechtsfehler begangen, so dass die dahin gehende Rüge der Klägerin zurückzuweisen ist.

 Zur Ähnlichkeit der Waren

69      Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen sind nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese zueinander stehen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren können berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70      Als Erstes hat die Beschwerdekammer ausgeführt, die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 25 seien mit den von der älteren Marke erfassten Waren derselben Klasse identisch. Dies gelte auch für die Gürtel und die Handschuhe, da es sich dabei um Bekleidungsstücke handle.

71      Die Klägerin bestreitet die von der Beschwerdekammer festgestellte Identität zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten Waren „Gürtel, Handschuhe“ der Klasse 25 und den von der älteren Marke erfassten Bekleidungsstücken. Diese Waren seien allenfalls ähnlich, was dadurch belegt werde, dass Gürtel und Handschuhe keine Bekleidungsstücke, sondern Accessoires seien und nicht in der gleichen Abteilung wie Bekleidungsstücke angeboten würden.

72      Das EUIPO und die Streithelferin vertreten die Auffassung, dass die Gürtel und die Handschuhe mit den Bekleidungsstücken identisch oder ihnen zumindest sehr ähnlich seien.

73      Zunächst ist festzustellen, dass hinsichtlich der Bekleidungsstücke, der Schuhwaren und der Kopfbedeckungen der Klasse 25 die von der angemeldeten Marke erfassten Waren mit den von der älteren Marke erfassten Waren identisch sind, was die Parteien nicht bestreiten.

74      Was im Übrigen die von der angemeldeten Marke erfassten Handschuhe und Gürtel anbelangt, genügt die Feststellung, dass diese Waren den von der älteren Marke erfassten Bekleidungsstücken zumindest sehr ähnlich sind.

75      Die von der angemeldeten Marke erfassten Handschuhe und Gürtel sind nämlich als Kleiderwaren anzusehen. Sie dienen dazu, den menschlichen Körper zu bedecken, zu verhüllen, zu schützen und zu schmücken. Auch erfüllen sie eine ästhetische Funktion, indem sie zur äußeren Erscheinung des maßgeblichen Verbrauchers beitragen, was bei ihrer Herstellung oder ihrem Erwerb eine Abstimmung zwischen den verschiedenen Komponenten erfordern kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2016, Victor International/EUIPO – Ovejero Jiménez und Becerra Guibert [VICTOR], T‑204/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:448, Rn. 98 und 99). Zudem können Gürtel notwendig oder unverzichtbar sein, um bestimmte Hosen zu tragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2015, Dairek Attoumi/HABM – Diesel [DIESEL], T‑278/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:606, Rn. 92 und 94).

76      Im Übrigen werden Handschuhe und Gürtel oft in denselben Verkaufsstellen, ob spezialisiert oder nicht, vertrieben wie Bekleidungsstücke, was dazu beiträgt, die Wahrnehmung einer Verbindung zwischen diesen Waren zu erleichtern und den Eindruck zu verstärken, dass dasselbe Unternehmen für ihre Herstellung verantwortlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2016, VICTOR, T‑204/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:448, Rn. 98 und 99).

77      Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass Handschuhe und Gürtel in anderen Abteilungen verkauft würden als Bekleidungsstücke, wird vom EUIPO bestritten, das geltend macht, im Gegenteil würden Gürtel zusammen mit Hosen und Handschuhe zusammen mit Winterjacken vertrieben. Die unsubstantiierte Behauptung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

78      Nach alledem sind die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 25 mit den von der älteren Marke erfassten Waren identisch oder ihnen zumindest sehr ähnlich.

79      Als Zweites hat die Beschwerdekammer ausgeführt, die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 18, d. h. „Waren aus Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Brieftaschen; Taschen und Beutel; Rucksäcke; Gürteltaschen; Aktentaschen; Schultaschen; Schultaschen für den Sport; Strandtaschen; Schlüsselanhänger; Hüfttaschen“, seien mit den von der älteren Marke erfassten Waren derselben Klasse identisch. Die von der angemeldeten Marke erfassten Schlüsselanhänger der Klasse 18 seien von den mit der älteren Marke beanspruchten „Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Kleinlederwaren“ umfasst und daher mit ihnen identisch.

80      Die Klägerin macht geltend, die von der angemeldeten Marke erfassten „Schlüsselanhänger“ der Klasse 18 seien mit den von der älteren Marke erfassten „Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Kleinlederwaren“ nicht identisch. Erstere unterschieden sich von Letzteren sowohl hinsichtlich der Materialien, aus denen sie hergestellt würden, als auch im Hinblick auf ihre mehr dekorative als zweckdienliche Funktion.

81      Das EUIPO und die Streithelferin sind der Auffassung, die Schlüsselanhänger seien mit den Kleinlederwaren identisch oder ihnen zumindest sehr ähnlich.

82      Einleitend ist festzustellen, dass die Klägerin unter den oben in Rn. 79 aufgezählten Waren der Klasse 18 nur in Bezug auf die Schlüsselanhänger die Warenidentität bestreitet.

83      Insoweit genügt der Hinweis, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Schlüsselanhänger den von der älteren Marke erfassten Kleinlederwaren zumindest sehr ähnlich sind.

84      Es gibt nämlich unstreitig Schlüsselanhänger aus Leder, die Kleinlederwaren sind. Somit kann ein Teil der von der angemeldeten Marke erfassten Schlüsselanhänger der von der älteren Marke erfassten Kategorie „Kleinlederwaren“ zugeordnet werden. Die Klägerin trägt im Übrigen nur vor, dass Schlüsselanhänger „nicht unbedingt“ Kleinlederwaren seien.

85      Zudem haben Schlüsselanhänger gleichermaßen wie die von der älteren Marke explizit erfassten Schlüsseltaschen die Funktion, dass man seine Schlüssel leicht findet, und können auch eine dekorative Funktion haben. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin unterscheiden sich die Schlüsselanhänger also in ihrer Funktion nicht von den von der älteren Marke erfassten Waren.

86      Somit sind die Schlüsselanhänger den Kleinlederwaren zumindest sehr ähnlich, wie das EUIPO und die Streithelferin geltend machen.

87      Nach alledem sind die von der angemeldeten Marke erfassten „Waren aus Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Brieftaschen; Taschen und Beutel; Rucksäcke; Gürteltaschen; Aktentaschen; Schultaschen; Schultaschen für den Sport; Strandtaschen; Schlüsselanhänger; Hüfttaschen“ der Klasse 18 mit den von der älteren Marke erfassten Waren derselben Klasse identisch oder ihnen zumindest sehr ähnlich.

 Zum Vergleich der Zeichen

88      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Die Beschwerdekammer hat ausgeführt, die einander gegenüberstehenden Zeichen wiesen in bildlicher Hinsicht eine durchschnittliche Ähnlichkeit auf. Die Zeichen stimmten in der Abbildung eines „v“-förmigen Elements im Inneren einer breiten schwarzen Kreislinie überein, dem jeweils ein nach rechts weisender horizontaler Schenkel angefügt sei. Sie unterschieden sich in der Länge der spitz zulaufenden „v“-förmigen Schenkel, in der Anordnung und Länge der horizontalen Balken sowie in den grauen Farbnuancen der älteren Marke; diese Unterschiede seien jedoch im Gesamteindruck von untergeordneter Bedeutung. Soweit die Zeichen ausgesprochen würden, seien sie klanglich identisch; in begrifflicher Hinsicht bleibe der Vergleich neutral.

90      Die Klägerin bestreitet jede bildliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen. Mehrere Elemente ließen eine bildliche Verschiedenheit erkennen, insbesondere das Vorliegen eines nach links weisenden horizontalen Balkens in der älteren Marke, der unterschiedliche Winkel der Schenkel in jedem der beiden Zeichen, der Umstand, dass in der Anmeldemarke der rechte Querbalken den Kreis durchbreche und darüber hinaus rage, die Spitze, die in der älteren Marke deutlich spitzer sei, oder auch die Benutzung der älteren Marke in Farbe. In der Anmeldemarke sei der Bestandteil „V“ nicht klar erkennbar. Ferner sei ein klanglicher Vergleich nicht möglich, weil die Anmeldemarke nicht ausgesprochen werden könne. Ebenso könne kein begrifflicher Vergleich angestellt werden.

91      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

92      Es ist nacheinander die Zeichenähnlichkeit in bildlicher, in klanglicher und in begrifflicher Hinsicht zu prüfen.

93      Was erstens den bildlichen Vergleich anbelangt, ist zunächst das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei zu berücksichtigen, dass die Streithelferin die ältere Marke ausschließlich in Farbe benutze. Die Klägerin beruft sich auf das Urteil vom 18. Juli 2013, Specsavers International Healthcare u. a. (C‑252/12, EU:C:2013:497), und legt zur Stützung ihres Vorbringens als Anlage A 9 Screenshots vor, die ihr zufolge die Benutzung der älteren Marke in Farbe belegen.

94      Das EUIPO und die Streithelferin machen geltend, auf die tatsächliche Benutzung der älteren Marke in Farbe komme es nicht an. Die Streithelferin fügt hinzu, die erstmals dem Gericht vorgelegte Anlage A 9 sei unzulässig.

95      Nach ständiger Rechtsprechung wird die Beurteilung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen der angemeldeten Marke, so wie sie im Register des EUIPO beschrieben ist, und der älteren Marke, so wie sie eingetragen ist, vorgenommen (vgl. Urteil vom 7. Mai 2015, Cosmowell/HABM – Haw Par [GELENKGOLD], T‑599/13, EU:T:2015:262, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Dies steht im Einklang mit dem Grundsatz, dass eine Partei, gegen deren Unionsmarkenanmeldung ein auf eine ältere Marke gestützter Widerspruch erhoben wurde, nach Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 47 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) den Nachweis verlangen kann, dass die ältere Marke ernsthaft benutzt wurde, wenn sie der Auffassung ist, dass diese Marke nur in einer Form benutzt worden sei, die ihre Unterscheidungskraft verändere. Im Rahmen der Prüfung eines solchen Antrags kann das EUIPO die in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung (jetzt Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) angesprochene Frage klären, ob die ältere Marke nur in einer Form ernsthaft benutzt wurde, die von der Form, in der sie eingetragen wurde, abweicht und die Unterscheidungskraft der Marke verändert. Ist dies der Fall, wird der Widerspruch zurückgewiesen, ohne dass sich das EUIPO zum möglichen Vorliegen einer Verwechslungsgefahr äußert (Urteil vom 7. Mai 2015, GELENKGOLD, T‑599/13, EU:T:2015:262, Rn. 36).

97      Ferner ist das Argument zurückzuweisen, das die Klägerin aus dem Urteil vom 18. Juli 2013, Specsavers International Healthcare u. a. (C‑252/12, EU:C:2013:497), herleitet. Dieses Urteil betraf eine Klage nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001). In diesem Rahmen hat der Gerichtshof ausgeführt, dass bei einer Marke, die nicht in einer bestimmten oder charakteristischen Farbe, sondern in Schwarz-Weiß eingetragen ist, die Farbe oder die Farbkombination, in der die Marke in der Folge tatsächlich benutzt wird, die Wirkung beeinflusst, die diese Marke auf den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren ausübt, so dass diese Farbe oder Farbkombination geeignet ist, die Gefahr einer Verwechslung oder einer gedanklichen Verbindung zwischen der älteren Marke und dem Zeichen, das diese Marke verletzen soll, zu erhöhen. Die Umstände des vorliegenden Falles unterscheiden sich von denjenigen, über die der Gerichtshof in dem genannten Urteil entschieden hat, da sich die Klägerin auf die Benutzung der älteren Marke in Farbe beruft, um das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zu bestreiten. Dagegen ging es bei der vom Gerichtshof behandelten Frage insbesondere darum, ob die Verwechslungsgefahr dadurch erhöht wird, dass die jüngere Marke nicht nur die Form der älteren Marke, wie sie eingetragen wurde, übernimmt, sondern auch die Farben, in denen diese Marke tatsächlich benutzt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Mai 2015, GELENKGOLD, T‑599/13, EU:T:2015:262, Rn. 40)

98      Demzufolge ist die Stichhaltigkeit der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung der Zeichenähnlichkeit auf der Grundlage der älteren Marke, so wie sie eingetragen ist, zu bewerten. Entgegen dem Begehren der Klägerin ist nicht zu berücksichtigen, dass die Streithelferin die ältere Marke ausschließlich in Farbe benutzt hat. Da das Gericht das Argument der Klägerin in vollem Umfang zurückweist, braucht nicht über die von der Streithelferin in Abrede gestellte Zulässigkeit der Anlage A 9 im Hinblick auf Art. 188 der Verfahrensordnung und Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 95 der Verordnung 2017/1001) entschieden zu werden.

99      Sodann weisen die einander gegenüberstehenden Zeichen bildliche Ähnlichkeiten auf. Beide Zeichen sind schwarz-weiße Bildmarken, die in der Darstellung eines „v“-förmigen Elements im Inneren eines Kreises mit vergleichbarem Durchmesser übereinstimmen. Auch enthalten beide Zeichen gleichermaßen einen nach rechts weisenden Querbalken.

100    Zwar weisen die beiden Zeichen, wie die Klägerin hervorhebt, gewisse Unterschiede auf. Sie unterscheiden sich in der Länge der „v“-förmigen Schenkel sowie in der Länge und Anordnung der Querbalken. Die ältere Marke ist im Gegensatz zur angemeldeten Marke mit grauen Farbnuancen dargestellt. Sie enthält einen nach links weisenden Querbalken, der in der angemeldeten Marke fehlt. Sie stellt ein „V“ dar, dessen Spitze abgerundet ist. In der angemeldeten Marke bilden die „v“-förmigen Schenkel, die dort länger sind, einen spitzeren Winkel als in der älteren Marke, während der Querbalken, der vom oberen Ende der rechten Seite des „V“ ausgeht, den Kreis durchschneidet und darüber hinausgeht.

101    All diese Unterschiede sind jedoch im Gesamteindruck von untergeordneter Bedeutung und begründen keine Zweifel am Vorliegen einer durchschnittlichen Ähnlichkeit der beiden Zeichen. Wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, ist es unwahrscheinlich, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Merkmale als Kriterium der Unterscheidung zwischen den Zeichen in Erinnerung behalten.

102    Der von der Beschwerdekammer festgestellte durchschnittliche Grad an bildlicher Ähnlichkeit der Zeichen ist folglich zu bestätigen.

103    Zweitens macht die Klägerin geltend, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien unmöglich auszusprechen, insbesondere, da sie auch aus einem Kreis bestünden, der keine untergeordnete Rolle spiele und demnach theoretisch auch benannt werden müsste.

104    Dem Vorbringen der Klägerin kann allerdings nicht gefolgt werden.

105    Ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise wird in den Zeichen den Buchstaben „v“ erkennen, woran der Umstand, dass das „V“-Element im Inneren eines Kreises dargestellt ist, nichts ändert. Die Verbraucher, die den Buchstaben „v“ erkannt haben, der als einziger Bestandteil der einander gegenüberstehenden Zeichen ausgesprochen werden kann, werden die Zeichen daher auf identische Weise aussprechen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Oktober 2014, Tifosi Optics/HABM – Tom Tailor [T], T‑531/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:855, Rn. 69 bis 72).

106    Die Beschwerdekammer hat folglich zu Recht festgestellt, dass die fraglichen Zeichen, soweit sie ausgesprochen werden, klanglich identisch sind.

107    Drittens können die einander gegenüberstehenden Zeichen in begrifflicher Hinsicht nicht verglichen werden – was die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet –, da die maßgeblichen Verkehrskreise, die in dem „V“-Element einen Buchstaben erkennen, ihm keinen Sinngehalt zuordnen. Das „V“-Element hat nämlich als Buchstabe keine semantische Bedeutung, so dass in begrifflicher Hinsicht kein Vergleich möglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Oktober 2014, T‑531/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:855, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108    Die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die Zeichen bildlich eine durchschnittliche Ähnlichkeit aufwiesen, klanglich identisch seien, soweit sie ausgesprochen würden, und keine begriffliche Bedeutung hätten, ist somit zutreffend.

 Zur Kennzeichnungskraft der älteren Marke

109    Nach dem achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt der elfte Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001) hängt das Vorliegen von Verwechslungsgefahr von einer Vielzahl von Umständen ab, u. a. vom Bekanntheitsgrad der Marke auf dem fraglichen Markt. Da die Verwechslungsgefahr umso größer ist, je stärker sich die Kennzeichnungskraft der Marke darstellt, genießen Marken, die, von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit beim Publikum, eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vgl. entsprechend Urteile vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 24, vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 18, und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 20).

110    Die Feststellung einer schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke schließt nicht aus, dass im Einzelfall eine Verwechslungsgefahr bejaht werden kann. Auch wenn die Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, stellt sie nämlich nur einen von mehreren für diese Beurteilung maßgeblichen Faktoren dar. Auch im Fall einer älteren Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft kann daher, insbesondere aufgrund einer Ähnlichkeit der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, Verwechslungsgefahr bestehen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Die Beschwerdekammer hat die Kennzeichnungskraft der älteren Marke als durchschnittlich eingestuft. Das von der älteren Marke erfasste Zeichen habe für die geschützten Waren keine beschreibende Bedeutung. Die von der Klägerin vorgelegte Auflistung einiger Unionsmarken mit einem „v“-förmigen Bestandteil in einem Kreis sei zum Nachweis der behaupteten Kennzeichnungsschwäche ungeeignet, da unklar bleibe, ob diese Marken die maßgeblichen Waren beträfen und ob sie auf dem Markt benutzt worden seien, wozu die Klägerin nichts vorgetragen habe.

112    Die Klägerin trägt vor, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke sei nicht durchschnittlich, sondern gering. Zum einen bestehe die ältere Marke aus einem Einzelbuchstaben, so dass es sich als schwieriger erweisen könnte, ihre Kennzeichnungskraft festzustellen. Zum anderen schwächten die durch die Anlagen A 5 bis A 8 belegte Eintragung und Benutzung von Drittmarken für die Waren der Klassen 18 und 25 die Kennzeichnungskraft der älteren Marke.

113    Das EUIPO und die Streithelferin halten das Vorbringen für unbegründet. Zudem seien der Tatsachenvortrag und die Beweise betreffend die Benutzung von Drittmarken, die in den erstmals dem Gericht vorgelegten Anlagen A 5 bis A 8 zusammengetragen seien, unzulässig.

114    Zunächst macht die Klägerin geltend, die Feststellung der Kennzeichnungskraft von Marken könne sich als umso schwieriger erweisen, wenn sie aus einem Einzelbuchstaben bestünden. Insoweit beruft sie sich auf das Urteil vom 9. September 2010, HABM/Borco-Marken-Import Matthiesen (C‑265/09 P, EU:C:2010:508, Rn. 39).

115    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 4 der Verordnung 2017/1001) Buchstaben zu den Zeichenkategorien zählen, die Unionsmarken darstellen können, soweit sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil vom 9. September 2010, HABM/Borco-Marken-Import Matthiesen, C‑265/09 P, EU:C:2010:508, Rn. 28). Die Kennzeichnungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. entsprechend Urteil vom 9. September 2010, HABM/Borco-Marken-Import Matthiesen, C‑265/09 P, EU:C:2010:508, Rn. 32).

116    Auch wenn die Kriterien für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft für alle Markenkategorien dieselben sind, kann sich im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien zeigen, dass nicht jede dieser Kategorien von den maßgeblichen Verkehrskreisen notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird und dass es daher schwieriger sein kann, die Kennzeichnungskraft der Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen (vgl. entsprechend Urteil vom 9. September 2010, HABM/Borco-Marken-Import Matthiesen, C‑265/09 P, EU:C:2010:508, Rn. 33). Da sich die Feststellung der Kennzeichnungskraft für eine Marke, die aus einem einzelnen Buchstaben besteht, als schwieriger erweisen kann als für andere Wortmarken, hat das EUIPO eine Beurteilung der Eignung des fraglichen Zeichens zur Kennzeichnung der verschiedenen Waren oder Dienstleistungen im Rahmen einer konkreten Prüfung in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen vorzunehmen (vgl. entsprechend Urteil vom 9. September 2010, HABM/Borco-Marken-Import Matthiesen, C‑265/09 P, EU:C:2010:508, Rn. 39).

117    Der Umstand, dass eine Unionsmarke aus einem Einzelbuchstaben besteht, schließt nicht zwangsläufig aus, dass sie über eine normale Kennzeichnungskraft verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. November 2013, Capitalizaciones Mercantiles/HABM – Leineweber [X], T‑378/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:574, Rn. 37 bis 51, und vom 11. Oktober 2016, Perry Ellis International Group/EUIPO – CG [p], T‑350/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:602, Rn. 58 bis 63), was die Klägerin auch nicht vorträgt.

118    Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die ältere Marke nicht nur aus dem „V“-Element besteht, sondern dass dieses Element durch Bildbestandteile ergänzt wird. Insbesondere wird das „V“-Element im Inneren eines Kreises dargestellt, zu dem zwei Querbalken hinzukommen.

119    Außerdem ist unstreitig, dass die ältere Marke keine Bedeutung hat, die die mit ihr gekennzeichneten Waren beschreibt. Die Klägerin trägt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nichts vor und macht nichts geltend, um darzutun, dass die ältere Marke in Bezug auf die betreffenden Waren beschreibenden Charakter habe.

120    Schließlich ist zum Vorbringen der Klägerin, dass die Eintragung und die Benutzung von Drittmarken die Kennzeichnungskraft der älteren Marke schwächten, darauf hinzuweisen, dass eine Partei, die die Kennzeichnungskraft eines Bestandteils aufgrund dessen verbreiteter Benutzung in Frage stellen möchte, nachzuweisen hat, dass dieser Bestandteil tatsächlich auf dem Markt verbreitet ist, und nicht nur, dass er in Registern oder Datenbanken verzeichnet ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. April 2011, Sociedad Agricola Requingua/HABM – Consejo Regulador de la Denominación de Origen Toro [TORO DE PIEDRA], T‑358/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:174, Rn. 35, und vom 8. März 2013, Mayer Naman/HABM – Daniel e Mayer [David Mayer], T‑498/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:117, Rn. 77 und 78).

121    Die Klägerin legt im Rahmen der vorliegenden Klage eine Anlage A 5 mit Auszügen aus der Datenbank „eSearch“ des EUIPO (Marken Nrn. 006097125 und 006937221), eine Anlage A 6 mit Screenshots von Internetseiten bezüglich der Benutzung der Marke Nr. 006097125, eine Anlage A 7 mit Screenshots von Internetseiten bezüglich der Marke Nr. 006937221 und eine Anlage A 8 mit einer Liste von Marken der Art „V in einem Kreis“, die Waren der Klassen 18 und 25 erfassen (Marken Nrn. 000064055, 005272232, 006097125, 008430142, 011327434, 011418662, 011675972, 006937221), vor.

122    Wie das EUIPO und die Streithelferin geltend machen, können diese erstmals dem Gericht vorgelegten Schriftstücke nicht berücksichtigt werden. Die Klage beim Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 der Verordnung 2017/1001) gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, den Sachverhalt im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen zu überprüfen. Daher sind die oben genannten Schriftstücke außer Betracht zu lassen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123    Wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, ergibt sich aus den Akten, dass die Klägerin im Verfahren vor dem EUIPO nur die Auflistung einiger Unionsmarken mit einem „v“-förmigen Bestandteil in einem Kreis vorgelegt hat, ohne anzugeben, ob diese Marken den maßgeblichen Warenbereich betreffen und tatsächlich auf dem Markt benutzt wurden.

124    Unter diesen Umständen greift das Vorbringen der Klägerin, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke aufgrund der Eintragung und der Benutzung von Drittmarken geschwächt sei, nicht durch.

125    Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke durchschnittlich ist.

 Zur Verwechslungsgefahr

126    Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1988, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM — Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

127    Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zu Recht befunden, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise, d. h. die Durchschnittsverbraucher in der Union, Verwechslungsgefahr besteht. Die Verwechslungsgefahr ergibt sich nämlich aus der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke, der Identität oder starken Ähnlichkeit der Waren sowie aus der Tatsache, dass die Zeichen bildlich ähnlich und klanglich, soweit sie ausgesprochen werden, identisch sind.

128    Insbesondere ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr sowohl für die Handschuhe und die Gürtel als auch für die Schlüsselanhänger erwiesen, die den Bekleidungsstücken bzw. den Kleinlederwaren zumindest sehr ähnlich sind, wie oben in den Rn. 74 und 86 dargelegt worden ist.

129    Im Übrigen kann eine Verwechslungsgefahr selbst dann vorliegen, wenn eine schwach kennzeichnungskräftige ältere Marke einer angemeldeten Marke gegenübersteht, die keine vollständige Reproduktion der älteren Marke darstellt, nämlich insbesondere aufgrund einer Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen und der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen (Beschluss vom 27. April 2006, L’Oréal/HABM, C‑235/05 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2006:271, Rn. 53). Dementsprechend nähme der Durchschnittsverbraucher selbst dann, wenn die Kennzeichnungskraft der älteren Marke als schwach anzusehen wäre – was, wie oben in Rn. 125 festgestellt, nicht der Fall ist –, angesichts der Identität oder zumindest starken Ähnlichkeit der Waren sowie der bildlichen Ähnlichkeit und der – soweit sie ausgesprochen werden – klanglichen Identität der Zeichen weiterhin an, dass die fraglichen Waren von demselben Unternehmen oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

130    Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin „als Orientierungshilfe“ auf Entscheidungen des EUIPO (Sachen R 1170/2008‑2, R 2093/2012‑5 und B 1 323 486) hinweist, in denen die Gefahr von Verwechslungen zwischen der älteren Marke und anderen Marken, die der Klägerin zufolge ein „V im Kreis“ darstellen, verneint wurde.

131    Insoweit folgt aus der ständigen Rechtsprechung, dass die Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (Urteile vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65, und vom 24. November 2005, ARTHUR ET FELICIE, T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 71).

132    Das EUIPO muss zwar bereits ergangene Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch verlangt die Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns, dass die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend ist und in jedem Einzelfall erfolgt, da die Eintragung eines Zeichens als Marke von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien abhängt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73 bis 77, und Beschluss vom 11. April 2013, Asa/HABM, C‑354/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:238, Rn. 41).

133    Daher kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Entscheidungen des EUIPO in den Sachen R 1170/2008‑2, R 2093/2012‑5 und B 1 323 486 berufen. Jedenfalls ist festzustellen, dass sich die von der Klägerin angeführten Sachen, in denen das EUIPO Entscheidungen zu Widerspruchsverfahren betreffend die ältere Marke und andere Marken mit „V“-Element erlassen hat, von der vorliegenden Rechtssache zumindest darin unterscheiden, dass diese anderen Marken in bildlicher Hinsicht nicht in allen Fällen einen Kreis und in keinem Fall einen Querbalken enthalten.

134    Folglich hat die Beschwerdekammer zu Recht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bejaht.

135    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund

136    Die Beschwerdekammer hat festgestellt, der Antrag der Streithelferin vom 24. März 2016, die Entscheidung der Widerspruchsabteilung in einem in der Beschwerde der Klägerin nicht geltend gemachten Punkt abzuändern, nämlich dem Widerspruch auch in Bezug auf bestimmte Waren der Klasse 18, darunter Kartenhüllen, stattzugeben, sei nach Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 68 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) zulässig. Sie hat der Anschlussbeschwerde der Streithelferin stattgegeben, soweit sie die Kartenhüllen betraf.

137    Der dritte Klagegrund, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 1 Satz 1, Art. 63 Abs. 2 und Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie gegen das Verbot der reformatio in peius und den Anspruch auf rechtliches Gehör rügt, untergliedert sich in zwei Teile.

138    Mit dem ersten Teil des dritten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und das Verbot der reformatio in peius verstoßen, als sie der Anschlussbeschwerde der Streithelferin teilweise stattgegeben habe.

139    Mit dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 63 Abs. 2 und Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, indem sie ihr keine Gelegenheit eingeräumt habe, zur Anschlussbeschwerde der Streithelferin Stellung zu nehmen.

140    Es ist nacheinander auf jeden dieser beiden Teile des von der Klägerin geltend gemachten Klagegrundes einzugehen.

141    Was als Erstes den ersten Teil des Klagegrundes betrifft, trägt die Klägerin vor, das EUIPO habe, als es der Anschlussbeschwerde der Streithelferin in Bezug auf die „Kartenhüllen“ stattgegeben habe, gegen Art. 60 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 und das Verbot der reformatio in peius verstoßen. Die Streithelferin habe nämlich keine fristgerechte selbständige Beschwerde bei der Beschwerdekammer eingereicht, die Beschwerdegebühr nicht entrichtet und Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht genannt. Eine spätere Erweiterung des Beschwerdegegenstands auf selbständig teilbare Gegenstände sei nicht zulässig. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache BSH/HABM (C‑43/15 P, EU:C:2016:129).

142    Art. 60 („Frist und Form“) der Verordnung Nr. 207/2009 in der seit dem 23. März 2016 geltenden Fassung der Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung Nr. 2868/95 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21) lautet:

„(1)      Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen.

(2)      In mehrseitigen Verfahren kann der Beschwerdegegner in seiner Stellungnahme zur Beschwerdebegründung Anträge stellen, die auf die Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung in einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind. Derartige Anträge werden gegenstandslos, wenn die Beschwerde zurückgenommen wird.“

143    Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 216/96 der Kommission vom 5. Februar 1996 über die Verfahrensordnung vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (ABl. 1996, L 28, S. 11) bestimmt:

„In mehrseitigen Verfahren kann der Beschwerdegegner in seiner Stellungnahme zur Beschwerdebegründung Anträge stellen, die auf die Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung in einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind. Derartige Anträge werden gegenstandslos, wenn die Beschwerde zurückgenommen wird.“

144    Aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen in Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 geht hervor, dass der Beschwerdegegner in mehrseitigen Verfahren vor den Beschwerdekammern in seiner Stellungnahme zur Beschwerdebegründung Anträge stellen kann, die auf die Abänderung der angefochtenen Entscheidung in einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind.

145    Weiter folgt aus diesen Bestimmungen, dass der Beschwerdegegner im Verfahren vor der Beschwerdekammer sein Recht, die angefochtene Entscheidung anzugreifen, in seiner Stellungnahme ausüben kann, wobei ihn allein seine Stellung als Beschwerdegegner berechtigt, die Gültigkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Frage zu stellen. Zudem beschränken diese Bestimmungen dieses Recht nicht auf die bereits in der Beschwerde geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmittel, sondern sehen ausdrücklich vor, dass die fraglichen Anträge einen nicht in der Beschwerde geltend gemachten Punkt betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2017, Gappol Marzena Porczyńska/EUIPO – Gap [ITM] [GAPPOL], T‑411/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:689, Rn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

146    Aus einer Gesamtschau von Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 71 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001), Art. 59 Satz 1 dieser Verordnung (jetzt Art. 67 Satz 1 der Verordnung 2017/1001) und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 ergibt sich, dass der Rahmen des Rechtsstreits vor der Beschwerdekammer, der eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung zum Gegenstand hat, sowohl durch die Beschwerde als auch durch die gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 gestellten Anträge, d. h. durch die Anschlussbeschwerde, bestimmt wird (Urteile vom 4. Oktober 2017, GAPPOL, T‑411/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:689, Rn. 33).

147    Wenn ein Beschwerdegegner gemäß Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 in seiner Stellungnahme zur Beschwerdebegründung Anträge stellt, die auf die Abänderung der angefochtenen Entscheidung in einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind, ist er nicht verpflichtet, die Zweimonatsfrist für die Einlegung der Beschwerde nach Art. 60 Abs. 1 dieser Verordnung zu wahren und die Beschwerdegebühr nach dieser Bestimmung zu entrichten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Februar 2016, Meica/HABM, Salumificio Fratelli Beretta [STICK MiniMINI Beretta], T‑247/14, EU:T:2016:64, Rn. 25).

148    Im vorliegenden Fall hat die Streithelferin am 24. März 2016 in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 16. September 2015 einen Antrag auf Abänderung dieser Entscheidung in einem in der Beschwerde nicht geltend gemachten Punkt gestellt.

149    Nach den Vorschriften und der Rechtsprechung, die oben in den Rn. 142 bis 147 angeführt worden sind, konnte die Streithelferin nach Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 eine solche Anschlussbeschwerde einlegen. Sie war nicht verpflichtet, die Frist nach Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 zu wahren und die Beschwerdegebühr nach dieser Bestimmung zu entrichten.

150    Diese Feststellung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet.

151    Erstens ist der Umstand, dass die Streithelferin in ihrer Stellungnahme zur Beschwerdebegründung nicht auf Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 Bezug genommen hat, für die Zulässigkeit ihrer Anschlussbeschwerde ohne Belang. Die Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 stellen nämlich die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde nicht unter die Voraussetzung, dass in der Stellungnahme zur Beschwerdebegründung der sie stützende Artikel dieser Verordnung genannt wird. Ergänzend ist mit dem EUIPO festzustellen, dass die Streithelferin eindeutig beantragt hat, dem Widerspruch stattzugeben, soweit er gegen bestimmte Waren der Klasse 18, darunter „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle; Kartenhüllen“, gerichtet war, und ihren Antrag hinsichtlich der fraglichen Waren präzise begründet hat. Im Übrigen hat die Klägerin auf diesen Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung geantwortet, indem sie in ihrer Erwiderung vom 19. April 2016 geltend machte, der Antrag sei unzulässig.

152    Zweitens kann sich die Klägerin nicht auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache BSH/HABM (C‑43/15 P, EU:C:2016:129) berufen, um einen Verstoß des EUIPO gegen Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 darzutun.


153    Zum einen ist festzustellen, dass der Klagegrund eines Verstoßes der Beschwerdekammer des EUIPO gegen Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009 vom Gerichtshof als unzulässig zurückgewiesen wurde (Urteil vom 8. November 2016, BSH/EUIPO, C‑43/15 P, EU:C:2016:837, Rn. 46). Zum anderen war Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009 in seiner Fassung vor dem Inkrafttreten der Verordnung 2015/2424 anzuwenden (Urteil vom 8. November 2016, BSH/EUIPO, C‑43/15 P, EU:C:2016:837, Rn. 40). Generalanwalt Bot hat sich daher in den von der Klägerin angeführten Schlussanträgen nicht zur Zulässigkeit einer Anschlussbeschwerde im Hinblick auf Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009 in der Fassung der Verordnung 2015/2424 geäußert.

154    Da die Umstände der vorliegenden Rechtssache anders liegen als die, um die es in der Rechtssache BSH/HABM ging, ist das Argument zurückzuweisen.

155    Drittens hat die Beschwerdekammer nicht gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, als sie der Anschlussbeschwerde der Streithelferin teilweise stattgab.

156    Das dahin gehende Vorbringen der Klägerin greift nicht durch, da die Beschwerdekammer, die nicht allein mit der Beschwerde der Klägerin befasst war, dadurch, dass sie dem Antrag der Beschwerdegegnerin in Bezug auf die „Kartenhüllen“ der Klasse 18 stattgab und die Unionsmarkenanmeldung für diese Waren zurückwies, der Anschlussbeschwerde der Streithelferin stattgab, die gemäß Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96 eingelegt worden war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2017, GAPPOL, T‑411/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:689, Rn. 36).

157    Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Verbot der reformatio in peius in Bezug auf Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO geltend gemacht werden kann, ist das Vorbringen daher zurückzuweisen.

158    Die Beschwerdekammer hat also unter genauer Anwendung von Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 216/96, und ohne gegen Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 oder das Verbot der reformatio in peius zu verstoßen, entschieden, dass die Anschlussbeschwerde der Streithelferin zulässig sei, und ihr teilweise stattgegeben.

159    Als Zweites ist die Klägerin der Auffassung, sie habe nicht die Möglichkeit gehabt, sich zur Stellungnahme der Streithelferin vom 24. März 2016, in der die Abänderung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung beantragt worden sei, zu äußern. Das EUIPO habe ihr am 14. April 2016 mitgeteilt, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen sei. Die Stellungnahme der Streithelferin sei ihr lediglich zur Kenntnisnahme übermittelt worden. Die Stellungnahme der Klägerin vom 19. April 2016, in der das EUIPO darauf hingewiesen worden sei, dass die Anträge der Streithelferin keine Auswirkungen hätten, habe keine Berücksichtigung gefunden. Somit habe sie keine Gelegenheit gehabt, sich vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zur Stellungnahme der Streithelferin betreffend den Antrag auf Abänderung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung zu äußern.

160    Aus den Akten geht jedoch hervor, dass das EUIPO der Klägerin die Stellungnahme der Streithelferin vom 24. März 2016 einschließlich ihrer Anschlussbeschwerde übermittelt hat.

161    Es ist zwar richtig, dass die Klägerin in dem Schreiben der Beschwerdekammer, das die Übermittlung der Stellungnahme begleitete, nicht aufgefordert wurde, eine etwaige Erwiderung innerhalb einer bestimmen Frist einzureichen. Vielmehr hieß es in diesem Begleitschreiben, das schriftliche Verfahren sei abgeschlossen, und die Stellungnahme der Streithelferin zur Beschwerdebegründung werde zur Kenntnisnahme übersandt. Allerdings ist festzustellen, dass dieses Begleitschreiben der Beschwerdekammer die Klägerin nicht daran gehindert hat, am 19. April 2016 eine Erwiderung einzureichen, in der sie tatsächlich zur Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin Stellung nahm und keinerlei Kritik an der Frist äußerte, die ihr dazu zur Verfügung stand. Diese Erwiderung wurde der Streithelferin übermittelt und von der Beschwerdekammer gebührend berücksichtigt, wie durch die Mitteilung der Geschäftsstelle vom 25. April 2016 belegt wird, in der es heißt, die Akte werde „nun“ an die Beschwerdekammer weitergeleitet, damit eine Entscheidung getroffen werde. Im Übrigen hat sich die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zur von der Klägerin in Abrede gestellten Zulässigkeit des Antrags auf Abänderung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung geäußert.

162    Überdies kann eine Verletzung der Verteidigungsrechte nur anerkannt werden, soweit sich die fehlende Berücksichtigung des Standpunkts eines Beteiligten auf dessen Möglichkeit, sich zu verteidigen, konkret ausgewirkt hat. Nach ständiger Rechtsprechung obliegt es nämlich dem Gericht, falls seines Erachtens eine solche Unregelmäßigkeit vorliegt, zu prüfen, ob das fragliche Verfahren unter den speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umständen des konkreten Falles zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn sich der Beteiligte ohne diese Unregelmäßigkeit besser hätte verteidigen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 2009, Überprüfung M/EMEA, C‑197/09 RX‑II, EU:C:2009:804, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 6. September 2012, Storck/HABM, C‑96/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:537, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 5. Mai 2015, Lidl Stiftung/HABM – Horno del Espinar [Castello], T‑715/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:256, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).


163    Im vorliegenden Fall ist aus den Akten nicht zu erkennen, dass das Verfahren ohne den geltend gemachten Verstoß gegen Art. 63 Abs. 2 und Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe zur Anschlussbeschwerde nicht Stellung nehmen können, und ihre Ausführungen vom 19. April 2016 seien von der Beschwerdekammer nicht berücksichtigt worden, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen, wie oben in Rn. 161 dargelegt, sachlich nicht zutrifft.

164    Zudem beanstandet die Klägerin, wie das EUIPO geltend macht, nicht die Beurteilung der Beschwerdekammer in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung, dass die „Kartenhüllen“ und die „Kleinlederwaren“ identische Waren seien (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2014, Still/HABM [Fleet Data Services], T‑534/12 und T‑535/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:157, Rn. 34). Sie hat weder vor der Beschwerdekammer noch vor dem Gericht Erklärungen zur Begründetheit der Anschlussbeschwerde abgegeben. Auch hat sie weder vor der Widerspruchsabteilung noch vor der Beschwerdekammer noch vor dem Gericht die Identität der „Kartenhüllen“ und der „Kleinlederwaren“ in Abrede gestellt, obwohl die Streithelferin vor der Widerspruchsabteilung und vor der Beschwerdekammer die Gründe dargelegt hat, aus denen diese Waren ihres Erachtens als identisch anzusehen sind.

165    Selbst wenn die Beschwerdekammer die Klägerin ausdrücklich aufgefordert hätte, binnen einer genau festgelegten Frist zur Anschlussbeschwerde Stellung zu nehmen, hätte das Verfahren zu keinem anderen Ergebnis führen können.

166    Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

167    Da keiner der von der Klägerin zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung bzw. Abänderung vorgebrachten Klagegründe durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

168    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

169    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.


Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Vans, Inc. trägt die Kosten.

Gervasoni

Kowalik-Bańczyk

Mac Eochaidh

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Dezember 2018.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Gervasoni


*      Verfahrenssprache: Deutsch.