Language of document : ECLI:EU:C:2014:2090

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

17. Juli 2014 (*)

„Sozialpolitik – Art. 141 EG – Gleiches Entgelt für Männer und Frauen – Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch – Verbesserung bei der Berechnung der Pension – Vergünstigungen, die im Wesentlichen Beamtinnen zugute kommen – Mittelbare Diskriminierungen – Objektive Rechtfertigung – Tatsächliches Anliegen, das angeführte Ziel zu erreichen – Kohärenz bei der Umsetzung – Art. 141 Abs. 4 EG – Maßnahmen zum Ausgleich der Benachteiligung von Arbeitnehmerinnen in der beruflichen Laufbahn – Unanwendbarkeit“

In der Rechtssache C‑173/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour administrative d’appel de Lyon (Frankreich) mit Entscheidung vom 3. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 9. April 2013, in dem Verfahren

Maurice Leone,

Blandine Leone

gegen

Garde des Sceaux, Ministre de la Justice,

Caisse nationale de retraite des agents des collectivités locales

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan und J. Malenovský sowie der Richterinnen A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen:

–        von Herrn und Frau Leone, vertreten durch B. Madignier, avocat,

–        der Caisse nationale de retraite des agents des collectivités locales, vertreten durch J.-M. Bacquer als Bevollmächtigten,

–        der französischen Regierung, vertreten durch M. Hours, G. de Bergues und S. Menez als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Februar 2014,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 157 AEUV.

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn und Frau Leone einerseits und dem Garde des Sceaux, ministre de la Justice (Siegelbewahrer und Justizminister) sowie der Caisse nationale de retraite des agents des collectivités locales (Nationale Alterssicherungskasse für Beschäftigte der Kommunalbehörden, im Folgenden: CNRACL) andererseits wegen eines Anspruchs gegen den französischen Staat auf Ersatz des Schadens, den die Betroffenen infolge der Weigerung der CNRACL, Herrn Leone die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch und eine Verbesserung beim Dienstalter bei der Berechnung der Pension zu gewähren, angeblich erlitten haben.

 Rechtlicher Rahmen

3        Art. L. 1 des französischen Code des pensions civiles et militaires de retraite (Pensionsgesetzbuch für Zivilbeamte und Soldaten, im Folgenden: Pensionsgesetzbuch) sieht vor:

„Die Pension ist eine persönliche Geldleistung auf Lebenszeit, die Zivilbeamten und Soldaten und nach deren Tod ihren gesetzlich bestimmten Rechtsnachfolgern als Vergütung der Dienste gezahlt wird, die sie bis zu ihrem ordnungsgemäßen Ausscheiden aus dem Dienst geleistet haben.

Die Höhe der Pension, die das Niveau, die Dauer und die Art der geleisteten Dienste berücksichtigt, gewährleistet ihrem am Ende der Laufbahn angelangten Empfänger materielle Lebensverhältnisse, die der Würde seines Amtes entsprechen.“

 Bestimmungen über die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch

4        Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass Beamte unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch haben können.

5        Zu diesen Voraussetzungen gehören die nach Art. L. 24 Abs. I Nr. 3 des Pensionsgesetzbuchs in der durch Art. 136 des Gesetzes Nr. 2004-1485 vom 30. Dezember 2004, Finanzberichtigungsgesetz für 2004, geänderten Fassung (JORF vom 31. Dezember 2004, S. 22522), der wie folgt lautet:

„I. – Die Feststellung des Ruhegehalts erfolgt:

3. wenn der Zivilbeamte Elternteil von drei lebenden oder infolge kriegerischer Handlungen verstorbenen Kindern oder eines lebenden, über ein Jahr alten Kindes mit einer Behinderung von mindestens 80 % ist, sofern er für jedes Kind seine Tätigkeit unter den Voraussetzungen unterbrochen hat, die durch Dekret nach Anhörung des Conseil d’État festgelegt werden.

Der im vorstehenden Absatz genannten Unterbrechung stehen Zeiten, für die keine Pflichtbeiträge im Rahmen eines Grundruhegehaltssystems zu entrichten waren, unter den Voraussetzungen gleich, die durch Dekret nach Anhörung des Conseil d’État festgelegt werden.

Den im ersten Absatz genannten Kindern stehen die in Art. L. 18 Abs. II aufgeführten Kinder gleich, die der Betroffene unter den Voraussetzungen des Abs. III des genannten Artikels erzogen hat.“

6        Art. L. 18 Abs. II Unterabs. 3 bis 6 des Pensionsgesetzbuchs enthält folgende Aufzählung:

„die Kinder des Ehegatten aus einer früheren Ehe, dessen nicht eheliche Kinder, deren Abstammung feststeht, und seine Adoptivkinder;

die Kinder, für die dem Pensionsberechtigten oder seinem Ehegatten die elterliche Sorge übertragen wurde;

die Kinder, für die dem Pensionsberechtigten oder seinem Ehegatten die Vormundschaft übertragen wurde, sofern mit der Vormundschaft die tatsächliche, dauerhafte Betreuung des Kindes verbunden ist;

die Kinder, die im Haushalt des Pensionsberechtigten oder seines Ehegatten aufgenommen wurden, sofern der Betreffende unter den durch Dekret nach Anhörung des Conseil d’État festgelegten Voraussetzungen nachweist, dass er die tatsächliche, dauerhafte Betreuung des Kindes übernommen hat.“

7        Art. 18 Abs. III des Pensionsgesetzbuchs enthält folgende Regelung:

„Mit Ausnahme von Kindern, die infolge kriegerischer Handlungen verstorben sind, müssen die Kinder mindestens neun Jahre lang erzogen worden sein, bevor sie entweder das 16. Lebensjahr vollendet haben oder nicht mehr unterhaltsberechtigt im Sinne der Art. L. 512‑3 und R. 512‑2 bis 512‑3 des Code de la sécurité sociale [Sozialgesetzbuch] waren.

Zur Erfüllung der angeführten Voraussetzung hinsichtlich der Dauer wird gegebenenfalls die Zeit berücksichtigt, in der die Kinder nach dem Tod des Berechtigten durch den Ehegatten erzogen wurden.“

8        Art. R. 37 des Pensionsgesetzbuchs in der durch das Dekret Nr. 2005‑449 vom 10. Mai 2005 zur Durchführung von Art. 136 des Finanzberichtigungsgesetzes für 2004 (Gesetz Nr. 2004‑1485 vom 30. Dezember 2004) und zur Änderung des Pensionsgesetzbuchs geänderten Fassung (JORF vom 11. Mai 2005, S. 8174) sieht vor:

„I. –  Die Unterbrechung der Tätigkeit gemäß Art. L. 24 Abs. I Nr. 3 Unterabs. 1 muss für die Dauer eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens zwei Monaten bestanden haben und zu einer Zeit erfolgt sein, in der der Beamte an eine Pflichtversorgungseinrichtung angeschlossen war. Für den Fall der gleichzeitigen Geburt oder Adoption mehrerer Kinder beträgt der zu berücksichtigende Zeitraum der Unterbrechung der Tätigkeit für alle betreffenden Kinder insgesamt ebenfalls zwei Monate.

Die Unterbrechung der Tätigkeit muss während des Zeitraums zwischen dem ersten Tag der vierten Woche vor der Geburt oder Adoption und dem letzten Tag der 16. Woche nach der Geburt oder Adoption erfolgt sein.

Abweichend von den Bestimmungen des vorhergehenden Unterabsatzes muss die Unterbrechung der Tätigkeit für die in Art. L. 18 Abs. II Unterabs. 3, 4, 5 und 6 genannten Kinder, die der Betroffene unter den in Abs. III dieses Artikels genannten Bedingungen erzogen hat, erfolgt sein, bevor sie entweder das 16. Lebensjahr vollendet haben oder nicht mehr unterhaltsberechtigt im Sinne der Art. L. 512‑3 und R. 512‑2 bis R. 512‑3 des Code de la sécurité sociale (Sozialgesetzbuch) waren.

II. –  Für die Berechnung der Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit werden die einer Aussetzung der Erfüllung des Arbeitsvertrags oder einer Unterbrechung der tatsächlichen dienstlichen Tätigkeit entsprechenden Zeiträume im Rahmen

a)      des Mutterschaftsurlaubs …,

b)      des Vaterschaftsurlaubs …,

c)      des Adoptionsurlaubs …,

d)      des Elternurlaubs …,

e)      des Urlaubs zur Elternversorgung …,

f)      einer Freistellung zur Erziehung eines Kindes von unter acht Jahren berücksichtigt.

III. –  Die in Art. L. 24 Abs. I Nr. 3 Unterabs. 2 genannten Zeiträume sind die Zeiträume, für die der Betroffene keine Beiträge zu entrichten hatte und in denen er keinerlei berufliche Tätigkeit ausgeübt hat.“

 Bestimmungen über die Verbesserung

9        Art. 15 des Dekrets Nr. 2003‑1306 vom 26. Dezember 2003 über das Ruhegehaltssystem der Beamten, die der Caisse nationale de retraites des agents des collectivités locales angeschlossen sind (JORF vom 30. Dezember 2003, S. 22477), bestimmt:

„I. –  Den tatsächlichen Dienstjahren werden unter den für die staatlichen Zivilbeamten vorgesehenen Voraussetzungen die folgenden Verbesserungen zugeschlagen:

2.      Eine auf vier Vierteljahre festgelegte Verbesserung unter der Voraussetzung, dass die Beamten ihre Tätigkeit für jedes ihrer vor dem 1. Januar 2004 geborenen ehelichen oder leiblichen Kinder, für jedes ihrer vor dem 1. Januar 2004 adoptierten Kinder sowie für jedes der anderen in Art. 24 Abs. II genannten Kinder, deren Versorgung vor dem 1. Januar 2004 übernommen wurde und die vor Vollendung ihres 21. Lebensjahrs mindestens neun Jahre lang erzogen wurden, unterbrochen haben.

Diese Unterbrechung der Tätigkeit muss für die Dauer eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens zwei Monaten bestanden haben und im Rahmen eines Mutterschaftsurlaubs, eines Adoptionsurlaubs, eines Elternurlaubs oder eines Urlaubs zur Elternversorgung … oder einer Freistellung zur Erziehung eines Kindes von unter acht Jahren … erfolgt sein.

Die Bestimmungen der Nr. 2 gelten für ab dem 28. Mai 2003 festgesetzte Versorgungsbezüge.

3.      Beamtinnen, die während ihrer Ausbildung vor dem 1. Januar 2004 und vor der Einstellung in den öffentlichen Dienst, sofern diese innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt des für die Teilnahme am Auswahlverfahren erforderlichen Zeugnisses erfolgte, ein Kind geboren haben, steht die Verbesserung gemäß Nr. 2 zu, ohne dass ihnen entgegengehalten werden kann, die Voraussetzung einer Unterbrechung der Tätigkeit nicht zu erfüllen.

…“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

10      Herr Leone übte in den Jahren 1984 bis 2005 als Angehöriger der öffentlichen Krankenhausverwaltung im Krankenhausverbund Hospices Civils de Lyon die Tätigkeit eines Krankenpflegers aus.

11      Am 4. April 2005 beantragte Herr Leone als Vater von drei am 9. Oktober 1990, am 31. August 1993 und am 27. November 1996 geborenen Kindern die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch.

12      Mit Bescheid vom 18. April 2005 wies die CNRACL diesen Antrag mit der Begründung zurück, Herr Leone habe seine berufliche Tätigkeit nicht wie in Art. L. 24 Abs. I Nr. 3 des Pensionsgesetzbuchs verlangt für jedes seiner drei Kinder unterbrochen. Gegen diesen Bescheid erhob Herr Leone Klage, die mit Beschluss des Tribunal administratif de Lyon vom 18. Mai 2006 abgewiesen wurde.

13      Am 31. Dezember 2008 leiteten die Eheleute Leone ein gerichtliches Verfahren ein, mit dem sie den Ersatz des Schadens verlangten, der ihnen durch die unionsrechtswidrige mittelbare Diskriminierung entstanden sei, die Herr Leone erlitten habe. Diese Diskriminierung ergebe sich zum einen aus Art. L. 24 in Verbindung mit Art. R. 37 des Pensionsgesetzbuchs – hinsichtlich der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch – und zum anderen aus Art. 15 Nr. 2 des Dekrets Nr. 2003‑1306 – hinsichtlich der Verbesserung der Pension.

14      Nachdem diese Klage mit Urteil des Tribunal administratif de Lyon vom 17. Juli 2012 abgewiesen worden war, legten die Eheleute Leone Berufung bei der Cour administrative d’appel de Lyon ein.

15      In diesem Kontext hat das vorlegende Gericht mit dem Hinweis, dass eine Haftung des Staates für seine Gesetze entstehen könne, wenn diese gegen die internationalen Verpflichtungen der Französischen Republik verstießen, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.     Bewirken die Bestimmungen von Art. L. 24 in Verbindung mit Art. R. 37 des Pensionsgesetzbuchs in der durch das Gesetz Nr. 2004‑1485 und das Dekret Nr. 2005‑449 geänderten Fassung eine mittelbare Diskriminierung zwischen Männern und Frauen im Sinne von Art. 157 AEUV?

2.     Bewirken die Bestimmungen von Art. 15 des Dekrets Nr. 2003-1306 eine mittelbare Diskriminierung zwischen Männern und Frauen im Sinne von Art. 157 AEUV?

3.     Ist für den Fall der Bejahung einer der ersten beiden Fragen eine solche mittelbare Diskriminierung gemäß den Bestimmungen von Art. 157 Abs. 4 AEUV gerechtfertigt?

 Verfahren vor dem Gerichtshof

16      Im Anschluss an die Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts haben die Eheleute Leone mit Schriftsatz, der am 25. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, beantragt, die vorliegende Rechtssache der Großen Kammer des Gerichtshofs zuzuweisen und das mündliche Verfahren wiederzueröffnen.

17      Abgesehen davon, dass die Betroffenen die in den Schlussanträgen vertretene Auffassung nicht teilen, stützen sie ihre Anträge im Wesentlichen erstens auf den Umstand, dass am 20. Januar 2014 eine Rentenreform erlassen worden sei, die zwar die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vergünstigungen nicht abändere, jedoch den künftigen Erlass eines Regierungsberichts vorsehe, in dem seinerseits eine Neufassung der familienbezogenen Vergünstigungen der Rentensysteme angekündigt werde. Es handele sich dabei um eine neue Tatsache, die die Wiedereröffnung der Verhandlung rechtfertige.

18      Zweitens machen die Kläger des Ausgangsverfahrens geltend, dass die Richtlinie 86/378/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (ABl. L 225, S. 40) in der durch die Richtlinie 96/97/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 46, S. 20) geänderten Fassung weder von der französischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen noch vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen behandelt worden sei. Sie könnten sich daher auf ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen berufen, das geeignet sei, eine Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zu rechtfertigen.

19      Insoweit ist erstens hinsichtlich des Antrags auf Zuweisung der Rechtssache an die Große Kammer des Gerichtshofs vorab darauf hinzuweisen, dass keine Bestimmung der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union oder der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Behandlung eines Antrags dieser Art im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorsieht.

20      Zwar kann nach Art. 60 Abs. 3 dieser Verfahrensordnung der Spruchkörper, an den eine Rechtssache verwiesen worden ist, in jedem Verfahrensstadium beim Gerichtshof anregen, die Rechtssache an einen größeren Spruchkörper zu verweisen, aber es handelt sich dabei um eine Maßnahme, über die die Kammer, der die Rechtssache zugewiesen worden ist, grundsätzlich von Amts wegen und frei entscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil Spanien/Rat, C‑310/04, EU:C:2006:521, Rn. 22).

21      Im vorliegenden Fall besteht nach Auffassung der Vierten Kammer des Gerichtshofs keine Veranlassung, beim Gerichtshof die Verweisung der vorliegenden Rechtssache an die Große Kammer anzuregen.

22      Zweitens kann nach Art. 83 der Verfahrensordnung der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält, wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

23      Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass weder eine dieser Parteien noch einer dieser Betroffenen eine mündliche Verhandlung beantragt hat, nachdem den Beteiligten Gelegenheit gegeben worden war, von den eingereichten Erklärungen Kenntnis zu nehmen, wie es Art. 76 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorsieht.

24      Zweitens ist der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts der Auffassung, dass er über alle für die Entscheidung erforderlichen Informationen verfügt.

25      Was insbesondere die von den Eheleuten Leone behauptete neue Tatsache angeht, ist das von ihnen geltend gemachte Gesetz, das nach dem streitigen Sachverhalt in Kraft getreten ist, nicht von entscheidender Bedeutung für die vom Gerichtshof zu erlassende Entscheidung.

26      Außerdem sind der Umstand, dass die französischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen oder anlässlich einer mündlichen Verhandlung, die sie zu diesem Zweck hätte beantragen können, die Richtlinie 86/378 nicht angeführt habe, und die Tatsache, dass auch der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen diese Richtlinie nicht behandelt habe, obwohl die Eheleute Leone sich in ihren Erklärungen darauf bezogen hätten, in keiner Weise geeignet, die Wiedereröffnung der Verhandlung aus dem Grund zu rechtfertigen, dass ein solches Vorbringen zwischen den Parteien nicht erörtert worden sei.

27      Nach alledem ist der Gerichtshof der Auffassung, dass keine Veranlassung besteht, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens anzuordnen.

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zulässigkeit

28      Die französische Regierung beantragt, das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig zu erklären, da das vorlegende Gericht weder den Zusammenhang, den es zwischen den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Vorschriften und Art. 157 AEUV herstelle, noch die Gründe dargelegt habe, aus denen es die Vereinbarkeit dieser Vorschriften mit diesem Artikel bezweifle.

29      Das vorlegende Gericht hätte erklären müssen, welche Auswirkungen dieser nationalen Vorschriften ihm im Hinblick auf die vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelten Kriterien geeignet erschienen, zur Feststellung mittelbarer Diskriminierungen zu führen. Ebenso hätte dieses Gericht die Gründe darlegen müssen, aus denen es den Standpunkt des Conseil d’État (Frankreich) nicht teile, der bereits entschieden habe, dass solche mittelbaren Diskriminierungen nicht vorlägen und es nicht erforderlich sei, dem Gerichtshof diese Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

30      Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Verfahrens ausschließlich Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Richters ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (vgl. u. a. Urteil Carmen Media Group, C‑46/08, EU:C:2010:505, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts kann nur dann abgelehnt werden, wenn offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteil Carmen Media Group, EU:C:2010:505, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Im vorliegenden Fall reichen jedoch die in der Vorlageentscheidung enthaltenen Angaben zum nationalen Recht und zu den Tatsachen aus, damit der Gerichtshof die Vorlagefragen sachdienlich beantworten kann, und sie stehen in offensichtlichem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits. Zu den Gründen, aus denen dem vorlegenden Gericht die Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts, auf die es sich in seinen Fragen bezieht, fraglich erscheint, und zum Zusammenhang, den es zwischen diesen Vorschriften und den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Vorschriften annimmt, ist darauf hinzuweisen, dass sie leicht der Vorlageentscheidung und insbesondere der Darlegung der Ansprüche und des Vorbringens der Parteien des Ausgangsverfahrens in dieser Entscheidung entnommen werden können.

33      Zum anderen haben nach ständiger Rechtsprechung die nationalen Gerichte gemäß Art. 267 AEUV ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof, wenn sie der Auffassung sind, dass eine bei ihnen anhängige Rechtssache Fragen der Auslegung der unionsrechtlichen Bestimmungen aufwirft, über die diese Gerichte im konkreten Fall entscheiden müssen. So muss es einem Gericht, das nicht in letzter Instanz entscheidet, freistehen, dem Gerichtshof die Fragen vorzulegen, bei denen es Zweifel hat, wenn es der Ansicht ist, dass es aufgrund der rechtlichen Beurteilung des übergeordneten Gerichts zu einem unionsrechtswidrigen Urteil gelangen könnte (vgl. u. a. Urteil Elchinov, C‑173/09, EU:C:2010:581, Rn. 26 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Nach alledem sind die Einwände der französischen Regierung zurückzuweisen, und das Vorabentscheidungsersuchen ist als zulässig anzusehen.

 Zur Begründetheit

 Vorbemerkungen

35      Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass das Ausgangsverfahren einen Schadensersatzanspruch betrifft, der sich auf den Umstand stützt, dass dem Kläger des Ausgangsverfahrens in Anwendung der damals in Kraft stehenden nationalen Bestimmungen keine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch ab April 2005 und keine Verbesserung in Bezug auf das Dienstalter gewährt wurde, nachdem sein Antrag auf Erhalt dieser Vergünstigungen mit Bescheid der CNRACL vom 18. April 2005 abgelehnt worden war. Unter diesen Umständen ist, da der Vertrag von Lissabon erst am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist, für die Beantwortung der mit den Vorlagefragen aufgeworfenen Fragestellungen, wie insbesondere die Kommission und die Eheleute Leone geltend gemacht haben, Art. 141 EG und nicht Art. 157 AEUV – auf den sich das vorlegende Gericht in seinen Fragen formal bezogen hat – zu berücksichtigen.

36      Zum anderen wurden die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Bestimmungen betreffend die Verbesserungen der Pension, auf die sich die zweite Frage bezieht, infolge des Urteils Griesmar (C‑366/99, EU:C:2001:648) erlassen, aus dem sich ergibt, dass die zuvor geltende nationale Regelung gegen den in Art. 141 EG verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts verstieß.

37      In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass sich hinsichtlich der von der früheren nationalen Regelung vorgesehenen Verbesserungen der Pension, deren Gewährung nur vom Kriterium der Erziehung von Kindern abhing, die Beamtinnen und Beamten im Hinblick auf dieses Kriterium in einer vergleichbaren Situation befanden, so dass diese Regelung, indem sie diese Verbesserung nur den Beamtinnen gewährte und die Beamten, die nachweisen konnten, dass sie die Erziehung ihrer Kinder wahrgenommen hatten, davon ausschloss, eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eingeführt hatte, die Art. 141 EG widersprach (vgl. Urteil Griesmar, EU:C:2001:648, insbesondere Rn. 53 bis 58 und 67).

 Zur zweiten Frage

38      Mit seiner zweiten Frage, die als Erstes zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 141 EG dahin auszulegen ist, dass eine Regelung über die Verbesserung der Pension wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine mittelbare Diskriminierung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt bewirkt, die gegen diesen Artikel verstößt.

39      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die aufgrund eines Systems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden französischen Beamtenpensionssystems gezahlten Pensionen unter den Begriff „Entgelt“ im Sinne von Art. 141 EG fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile Griesmar, EU:C:2001:648, Rn. 26 bis 38, und Mouflin, C‑206/00, EU:C:2001:695, Rn. 22 und 23).

40      Nach ständiger Rechtsprechung steht der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen nach Art. 141 EG nicht nur der Anwendung von Vorschriften entgegen, die unmittelbare Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts enthalten, sondern auch der Anwendung von Vorschriften, die Ungleichbehandlungen von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern aufgrund von Kriterien aufrechterhalten, die nicht auf dem Geschlecht beruhen, sofern sich diese Ungleichbehandlungen nicht mit objektiv gerechtfertigten Faktoren erklären lassen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. u. a. Urteile Seymour-Smith und Perez, C‑167/97, EU:C:1999:60, Rn. 52, sowie Voß, C‑300/06, EU:C:2007:757, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Insbesondere liegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Arbeitnehmer des einen Geschlechts als solche des anderen Geschlechts benachteiligt (vgl. u. a. Urteil Z, C‑363/12, EU:C:2014:159, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine solche Maßnahme ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nur dann vereinbar, wenn die von ihr bewirkte Ungleichbehandlung zwischen den beiden Arbeitnehmerkategorien durch Faktoren sachlich gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. u. a. Urteile Rinner-Kühn, 171/88, EU:C:1989:328, Rn. 12, Voß, EU:C:2007:757, Rn. 38, und Brachner, C‑123/10, EU:C:2011:675, Rn. 70).

42      Im vorliegenden Fall wird jedem Beamten nach Art. 15 des Dekrets Nr. 2003‑1306 für die Berechnung der Pension eine auf vier Vierteljahre festgelegte Verbesserung beim Dienstalter für jedes seiner vor dem 1. Januar 2004 geborenen oder adoptierten Kinder sowie für Kinder, deren Versorgung vor diesem Zeitpunkt übernommen wurde und die neun Jahre lang erzogen wurden, unter der Voraussetzung gewährt, dass dieser Beamte eine Unterbrechung der Tätigkeit nachweisen kann, die für die Dauer eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens zwei Monaten bestanden hat und im Rahmen eines Mutterschaftsurlaubs, Adoptionsurlaubs, Elternurlaubs oder Urlaubs zur Elternversorgung oder einer Freistellung zur Erziehung eines Kindes von unter acht Jahren erfolgt ist. Nach dieser Bestimmung steht diese Verbesserung auch Beamtinnen zu, die während ihrer Ausbildung vor dem 1. Januar 2004 und vor der Einstellung in den öffentlichen Dienst, sofern diese innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt des für die Teilnahme am Auswahlverfahren erforderlichen Zeugnisses erfolgte, ein Kind geboren haben.

43      Es ist festzustellen, dass eine Bestimmung, nach der eine Verbesserung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende für Beamte beider Geschlechter gelten soll, unter der Voraussetzung, dass sie ihre Laufbahn mindestens für zwei aufeinanderfolgende Monate unterbrochen haben, um sich der Kindererziehung zu widmen, als solche in Bezug auf das Geschlecht des Betroffenen scheinbar neutral ist, da insbesondere die von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehenen Möglichkeiten der Unterbrechung der Laufbahn rechtlich nicht nur einem der beiden Geschlechter offenstehen.

44      Insoweit steht fest, dass sowohl Beamte als auch Beamtinnen solche Möglichkeiten der Unterbrechung der Laufbahn im Rahmen eines Adoptionsurlaubs, eines Elternurlaubs, eines Urlaubs zur Elternversorgung oder einer Freistellung zur Erziehung eines Kindes von unter acht Jahren beanspruchen können.

45      Jedoch ist trotz dieses Anscheins der Neutralität festzustellen, dass das Kriterium in Art. 15 des Dekrets Nr. 2003‑1306 dazu führt, dass ein deutlich höherer Prozentsatz von Frauen als von Männern die betreffende Vergünstigung in Anspruch nimmt.

46      Der Umstand, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung über die Verbesserung der Pension den Mutterschaftsurlaub als gesetzlich vorgeschriebene Form der Unterbrechung der Tätigkeit, die das Recht auf eine Verbesserung gibt, umfasst, bedeutet nämlich im Hinblick auf die Mindestdauer und den verpflichtenden Charakter dieses Urlaubs nach französischem Recht, dass die Beamtinnen, die die leibliche Mutter ihres Kindes sind, grundsätzlich die in dieser Verbesserung bestehende Vergünstigung beanspruchen können.

47      Bei den männlichen Beamten tragen dagegen im vorliegenden Fall mehrere Faktoren dazu bei, dass die Zahl derjenigen, die diese Vergünstigung tatsächlich in Anspruch nehmen können, erheblich verringert wird.

48      Erstens haben – anders als der Mutterschaftsurlaub – die Fälle des Urlaubs oder der Freistellung, die einen Anspruch auf diese Verbesserung der Pension begründen können, für einen Beamten fakultativen Charakter.

49      Zweitens ergibt sich insbesondere aus den schriftlichen Erklärungen der französischen Regierung, dass gesetzliche Fälle wie der Elternurlaub, der Urlaub zur Elternversorgung oder die Freistellung mit dem Entfall sowohl des Entgelts als auch des Erwerbs von Pensionsansprüchen einhergehen. Außerdem gehen der Urlaub zur Elternversorgung und die Freistellung mit einer Verringerung bzw. dem Nichterwerb des Anspruchs auf Aufstieg in den Dienstaltersstufen einher.

50      Die Tatsache, dass eine Verbesserungsregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende hauptsächlich für die Inanspruchnahme durch Beamtinnen in Betracht kommt, wurde im Übrigen ausdrücklich vom Conseil d’État in seinem Urteil vom 29. Dezember 2004, D’Amato u. a. (Nr. 265097), festgestellt, das die französische Regierung zur Stützung ihrer Erklärungen vorgelegt hat. Eine ähnliche Feststellung traf auch die Haute Autorité de lutte contre les discriminations et pour l’égalité (Hohe Behörde zur Bekämpfung von Diskriminierungen und zur Förderung der Gleichbehandlung) in ihrem Beschluss Nr. 2005-32 vom 26. September 2005, auf den sich die Eheleute Leone in ihren schriftlichen Erklärungen berufen.

51      Nach alledem kann die Voraussetzung der Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit für zwei Monate, von der die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung grundsätzlich die Gewährung der Verbesserung abhängig macht, trotz scheinbarer Neutralität in Bezug auf das Geschlecht der betroffenen Beamten im vorliegenden Fall von einem erheblich niedrigeren Prozentsatz von Beamten als von Beamtinnen erfüllt werden, so dass sie tatsächlich wesentlich mehr Arbeitnehmer des einen Geschlechts als solche des anderen Geschlechts benachteiligt.

52      Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die so bewirkte Ungleichbehandlung zwischen den weiblichen und den männlichen Arbeitnehmern gegebenenfalls durch Faktoren sachlich gerechtfertigt werden kann, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

53      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das insbesondere der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik dienen und zur Erreichung des mit der in Rede stehenden Regelung verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile Seymour-Smith und Perez, EU:C:1999:60, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Brachner, EU:C:2011:675, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Ferner können solche Mittel nur dann als zur Erreichung des geltend gemachten Ziels geeignet angesehen werden, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, dieses Ziel zu erreichen, und in kohärenter und systematischer Weise angewandt werden (Urteile Hartlauer, C‑169/07, EU:C:2009:141, Rn. 55, Georgiev, C‑250/09 und C‑268/09, EU:C:2010:699, Rn. 56, Fuchs und Köhler, C‑159/10 und C‑160/10, EU:C:2011:508, Rn. 85, sowie Brachner, EU:C:2011:675, Rn. 71).

55      Es ist Sache des betreffenden Mitgliedstaats, in seiner Eigenschaft als Urheber der möglicherweise diskriminierenden Vorschrift darzutun, dass diese einem legitimen Ziel der Sozialpolitik dient, dass dieses Ziel nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat und dass er vernünftigerweise annehmen durfte, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet seien (Urteil Brachner, EU:C:2011:675, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass es zwar letztlich Sache des für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständigen nationalen Gerichts ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang die fragliche Rechtsvorschrift durch einen solchen objektiven Faktor gerechtfertigt ist, doch kann der Gerichtshof, der im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die Fragen des vorlegenden Gerichts sachdienlich zu beantworten hat, auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise geben, die dem vorlegenden Gericht die Entscheidung ermöglichen (vgl. u. a. Urteil Brachner, EU:C:2011:675, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Hinsichtlich der Feststellung der von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über die Verbesserung verfolgten Ziele hat die französische Regierung, der es, wie in Rn. 55 des vorliegenden Urteils ausgeführt, obliegt, darzutun, dass diese Regelung gegebenenfalls einem legitimen Ziel dient und dieses Ziel nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, in ihren Erklärungen darauf hingewiesen, dass die betreffende Verbesserung den Zweck hat, die Laufbahnnachteile auszugleichen, die sich aus der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit aufgrund der Geburt, der Aufnahme in den Haushalt oder der Erziehung von Kindern ergeben.

58      Insoweit stellt zwar das Bestreben, die Nachteile der Gesamtheit der weiblichen und männlichen Arbeitnehmer hinsichtlich des Verlaufs ihrer Laufbahn, die sie für eine gewisse Zeit unterbrochen haben, um sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen, auszugleichen, als solches ein legitimes Ziel der Sozialpolitik dar.

59      Jedoch reichen allgemeine Behauptungen nicht aus, um darzutun, dass das Ziel einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, und um vernünftigerweise die Annahme zu begründen, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet seien (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Seymour-Smith und Perez, EU:C:1999:60, Rn. 76, sowie Nikoloudi, C‑196/02, EU:C:2005:141, Rn. 52).

60      Im vorliegenden Fall ist umso mehr auf die wirksame Einhaltung der verschiedenen in den Rn. 52 bis 55 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen zu achten als, wie in den Rn. 36 und 37 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung über die Verbesserung zu dem Zweck erlassen wurde, das nationale Recht in Einklang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen zu bringen, nachdem der Gerichtshof festgestellt hatte, dass das frühere innerstaatliche Regelwerk mit diesem Grundsatz nicht vereinbar war.

61      Insoweit haben die Kommission und die Eheleute Leone insbesondere geltend gemacht, die Französische Republik habe diese frühere Regelung durch eine neue Regelung ersetzt, die unter dem Deckmantel von Maßnahmen, die in Bezug auf das Geschlecht der Personen, für die diese Maßnahmen gälten, neutral schienen, in Wahrheit die Ziele dieser früheren Regelung aufrechterhalten sowie den status quo und eine Verfestigung seiner konkreten Auswirkungen sichergestellt habe.

62      Laut den Eheleuten Leone hat nämlich die anwendbare neue Regelung weiterhin dasselbe Ziel und denselben Grund wie die alte, nämlich im Wesentlichen den Ausgleich der beruflichen Nachteile, die sich aus der vom Beamten in seiner beruflichen Laufbahn für die Erziehung der Kinder aufgewendeten Zeit ergäben. Die Französische Republik habe daher allein deshalb auf das künstliche Kriterium der Unterbrechung der beruflichen Laufbahn zurückgegriffen, um die finanziellen Folgen zu vermeiden, die sich aus einer korrekten Anwendung des Unionsrechts ergeben könnten, und dieser Mitgliedstaat habe nicht nachgewiesen, dass die eingeführten Änderungen einem legitimen Ziel dienten, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun habe.

63      Die französische Regierung macht geltend, die Unterbrechung der beruflichen Laufbahn zur Versorgung der Kinder habe eine unmittelbare Auswirkung auf die Höhe der Pension des Beamten, entweder aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Unterbrechungszeiträume für deren Berechnung oder aufgrund der Verlangsamung der Laufbahn, zu der diese führten, und die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verbesserung solle eine solche Auswirkung bei der Feststellung dieser Pension finanziell ausgleichen.

64      Im Einklang mit der in Rn. 56 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung obliegt es dem Gerichtshof, auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Akten und der vor ihm abgegebenen Erklärungen folgende Hinweise zu geben, die dem vorlegenden Gericht die Entscheidung ermöglichen.

65      Erstens gehen, wie sich aus den Erklärungen der französischen Regierung ergibt, der Mutterschafts- und Adoptionsurlaub mit dem Recht einher, weiterhin Pensionsansprüche und Ansprüche auf den Aufstieg in den Dienstaltersstufen zu erwerben, während der Elternurlaub durch eine vollständige und der Urlaub zur Elternversorgung durch eine teilweise Aufrechterhaltung der Ansprüche auf Aufstieg in den Dienstaltersstufen gekennzeichnet sind. Unter diesen Umständen ist es fraglich, inwieweit die Gewährung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verbesserung tatsächlich eine fehlende Berücksichtigung dieser Unterbrechungszeiträume bei der Berechnung der Pension oder Nachteile aus der Verlangsamung der Laufbahn des Beamten ausgleichen soll, wie diese Regierung vorträgt.

66      Gleiches gilt auf den ersten Blick für die Tatsache, dass diese Verbesserung einheitlich, ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Dauer der Unterbrechung, auf ein ganzes Jahr festgesetzt ist.

67      In diesem Zusammenhang ist außerdem darauf hinzuweisen, dass der Umfang dieser Verbesserung im Verhältnis zu derjenigen unverändert blieb, die die frühere Regelung über die Verbesserung kennzeichnete, die infolge des Urteils Griesmar (EU:C:2001:648) als Verstoß gegen Art. 141 EG angesehen wurde. Jedoch verfolgte die damals geltende Verbesserung im Rahmen dieser Regelung, wie in diesem Urteil dargelegt wurde, ein anderes Ziel, nämlich die Nachteile auszugleichen, die Frauen hinsichtlich ihrer Laufbahn aufgrund der Tatsache hinzunehmen hätten, dass sie sich während ihrer beruflichen Laufbahn der Kindererziehung widmeten.

68      Insoweit steht zwar eine Verbesserung der Pension entsprechend einem Jahr pro im Haushalt aufgezogenem Kind zweifellos mit dem letztgenannten Ziel im Zusammenhang, jedoch wirft die unveränderte Aufrechterhaltung des Umfangs dieses Vorteils im Rahmen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung, wie soeben ausgeführt, Fragen dahin auf, ob mit dieser Regelung das in Rn. 57 des vorliegenden Urteils dargelegte Ziel verfolgt werden kann.

69      Zweitens ist zu dem in Rn. 54 des vorliegenden Urteils genannten Erfordernis, das letztgenannte Ziel in kohärenter und systematischer Weise anzuwenden, Folgendes festzustellen.

70      Zum einen ergibt sich aus Art. 15 Abs. 3 des Dekrets Nr. 2003‑1306, dass Beamtinnen, die während ihrer Ausbildung vor dem 1. Januar 2004 und vor der Einstellung in den öffentlichen Dienst, sofern diese innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt des für die Teilnahme am Auswahlverfahren erforderlichen Zeugnisses erfolgte, ein Kind geboren haben, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verbesserung zusteht, ohne dass ihnen entgegengehalten werden kann, die Voraussetzung einer Unterbrechung der Tätigkeit nicht zu erfüllen.

71      Soweit jedoch die damit eingeführte Ausnahme zur Gewährung einer Verbesserung an einen Beamten führt, der seine Laufbahn nicht unterbrochen hat und daher keine Nachteile erleiden konnte, denen diese Verbesserung abhelfen soll, scheint eine solche Bestimmung von vornherein gegen das angeführte Erfordernis der Kohärenz und der Systematik zu verstoßen.

72      Zum anderen hängt nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über die Verbesserung bei bestimmten Kindern, wie den Kindern des Ehegatten, Kindern, für die dem Pensionsberechtigten oder seinem Ehegatten die elterliche Sorge übertragen wurde, Kindern, für die dem Pensionsberechtigten oder seinem Ehegatten die Vormundschaft übertragen wurde, sofern mit der Vormundschaft die tatsächliche, dauerhafte Betreuung des Kindes verbunden ist, oder Kindern, die im Haushalt des Pensionsberechtigten oder seines Ehegatten aufgenommen wurden, die Gewährung der betreffenden Verbesserung nicht nur von einer Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit für zwei Monate, sondern auch von der Voraussetzung ab, dass diese Kinder mindestens neun Jahre lang erzogen wurden.

73      Auch eine solche zusätzliche Voraussetzung scheint jedoch von vornherein nicht im Einklang mit dem im vorliegenden Fall von der französischen Regierung angeführten Ziel zu stehen.

74      Schließlich ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass, wie zuvor ausgeführt, der Erlass der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über die Verbesserung die Folge des sich aus dem Urteil Griesmar (EU:C:2001:648) ergebenden Erfordernisses ist, der Unvereinbarkeit der früheren Regelung über die Verbesserung mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts abzuhelfen.

75      Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung über die Verbesserung für die Feststellung von Pensionen gelten sollte, die ab dem 28. Mai 2003 unter Berücksichtigung der vor dem 1. Januar 2004 geborenen, adoptierten oder in den Haushalt aufgenommenen Kinder erfolgte, hatte sie daher zum Gegenstand, die Verbesserungen zu regeln, deren Feststellung bis dahin unter diese frühere Regelung gefallen war.

76      In diesem Urteil hat der Gerichtshof jedoch entschieden, dass diese frühere Regelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstieß, soweit sie die Beamten, die nachweisen konnten, dass sie die Erziehung ihrer Kinder wahrgenommen hatten, von der Verbesserung ausschloss (Urteil Griesmar, EU:C:2001:648, Rn. 67).

77      Dazu ist darauf hinzuweisen, dass, obwohl die Modalitäten der Gewährung der von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehenen Verbesserung nur für Pensionen gelten sollen, die im Wesentlichen nach dem Inkrafttreten dieser Regelung festgestellt werden, Letztere jedoch bewirken kann, dass bestimmten Beamten für die Zukunft ein Anspruch entzogen wurde, den sie aufgrund der unmittelbaren Wirkung von Art. 141 EG hatten. Zwar verwehrt das Unionsrecht einem Mitgliedstaat nicht, so zu handeln, doch gilt dies nur, sofern bei den insoweit erlassenen Maßnahmen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beachtet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Roks u. a., C‑343/92, EU:C:1994:71, Rn. 29 und 30).

78      Hingegen scheint dies, wie sich aus den Rn. 65 bis 73 des vorliegenden Urteils ergibt, vorbehaltlich der endgültigen Würdigung, die insoweit Sache der nationalen Gerichte ist, bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über die Verbesserung nicht der Fall zu sein.

79      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 141 EG dahin auszulegen ist, dass eine Regelung über die Verbesserung der Pension wie die im Ausgangsverfahren fragliche eine mittelbare Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt bewirkt, die diesem Artikel zuwiderläuft, es sei denn, sie lässt sich durch objektive Faktoren, wie ein legitimes Ziel der Sozialpolitik, rechtfertigen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und ist zur Gewährleistung des angeführten Ziels geeignet und notwendig, was voraussetzt, dass sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel zu erreichen, und in kohärenter und systematischer Weise angewandt wird.

 Zur ersten Frage

80      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 141 EG dahin auszulegen ist, dass Bestimmungen über den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, entgegen diesem Artikel eine mittelbare Diskriminierung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt bewirken.

81      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Art. L. 24 und R. 37 des Pensionsgesetzbuchs, die den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch betreffen, wie die Bestimmungen über die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verbesserungsregelung erlassen wurden, um den Erkenntnissen aus dem Urteil Griesmar (EU:C:2001:648) Rechnung zu tragen.

82      Nach diesen Artikeln hängt der Anspruch auf Versetzung in einen solchen vorzeitigen Ruhestand eines Beamten, der Elternteil von drei Kindern oder eines über ein Jahr alten Kindes mit einer Behinderung von mindestens 80 % ist, davon ab, dass der Betroffene für jedes Kind eine Unterbrechung der Tätigkeit für die Dauer eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens zwei Monaten nachweisen kann, die im Rahmen eines Mutterschaftsurlaubs, Vaterschaftsurlaubs, Adoptionsurlaubs, Elternurlaubs oder Urlaubs zur Elternversorgung oder einer Freistellung zur Erziehung eines Kindes von unter acht Jahren erfolgt ist. Für den Fall der gleichzeitigen Geburt oder Adoption mehrerer Kinder beträgt der zu berücksichtigende Zeitraum der Unterbrechung der Tätigkeit für alle betreffenden Kinder insgesamt ebenfalls zwei Monate.

83      Bei leiblichen oder adoptierten Kindern muss diese Unterbrechung während des Zeitraums zwischen dem ersten Tag der vierten Woche vor der Geburt oder Adoption und dem letzten Tag der 16. Woche nach der Geburt oder Adoption erfolgt sein.

84      Für Kinder, deren Versorgung übernommen wurde, sehen die oben angeführten Bestimmungen vor, dass diese mindestens neun Jahre lang vom betreffenden Beamten erzogen worden sein müssen und dass die Unterbrechung der Tätigkeit erfolgt sein muss, bevor sie entweder das 16. Lebensjahr vollendet haben oder nicht mehr unterhaltsberechtigt waren.

85      Aus diesen Bestimmungen geht auch hervor, dass die Zeiträume, für die der Betroffene keine Beiträge zu entrichten hatte und in denen er keinerlei berufliche Tätigkeit ausübte, der Unterbrechung der Tätigkeit gleichstehen.

86      Aus Gründen, die den in den Rn. 43 bis 49 des vorliegenden Urteils dargelegten entsprechen, ist zunächst festzustellen, dass diese Bestimmungen zwar den Anschein der Neutralität in Bezug auf das Geschlecht der betroffenen Beamten haben, jedoch die Modalitäten, von denen diese die Gewährung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vergünstigung abhängig machen, im vorliegenden Fall dazu führen können, dass ein deutlich höherer Prozentsatz von Frauen als von Männern diese in Anspruch nimmt.

87      Unter diesen Umständen ist sodann entsprechend den in den Rn. 52 bis 55 dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen zu prüfen, ob die so bewirkte Ungleichbehandlung zwischen den weiblichen und den männlichen Arbeitnehmern dennoch durch Faktoren sachlich gerechtfertigt werden kann, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

88      Dazu hat die französische Regierung in ihren Erklärungen ausgeführt, die betreffenden nationalen Bestimmungen verfolgten denselben Zweck wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verbesserung, nämlich die Laufbahnnachteile auszugleichen, die sich aus der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit aufgrund der Geburt, der Aufnahme in den Haushalt oder der Kindererziehung ergäben.

89      Wie in Rn. 56 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist es letztlich Sache des nationalen Gerichts, in Anbetracht aller relevanten Umstände zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Modalitäten, die die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung über den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch kennzeichnen, diese ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist, tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel zu erreichen, und hinsichtlich dieses Ziels in kohärenter und systematischer Weise angewandt wird. Der Gerichtshof kann jedoch Hinweise geben, die dem vorlegenden Gericht die Entscheidung ermöglichen.

90      Zum tatsächlichen Anliegen, das im vorliegenden Fall angeführte Ziel zu erreichen, und zum insoweit bestehenden Erfordernis der Kohärenz und Systematik ist jedoch insbesondere darauf hinzuweisen, dass zunächst nicht von vornherein ersichtlich ist, dass die vorzeitige Versetzung von Beamten in den Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch Benachteiligungen in der Laufbahn ausgleichen kann, die sich aus einer dreifachen Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit für zwei Monate aufgrund der Geburt, der Aufnahme in den Haushalt oder zur Erziehung von Kindern oder aus einer einzigen Unterbrechung der Laufbahn für zwei Monate aufgrund der Geburt oder der Aufnahme eines Kindes in den Haushalt mit einer Behinderung von mindestens 80 % ergeben. Die französische Regierung hat auch nicht nicht dargetan, inwiefern diese Tatsache diese Laufbahnnachteile ausgleichen kann.

91      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Merkmale, die die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vergünstigung kennzeichnen, sich hinsichtlich des Ziels, die behaupteten Benachteiligungen auszugleichen, von vornherein nicht in kohärenter Weise rechtfertigen zu lassen scheinen.

92      Dies gilt erstens, wie bereits in den Rn. 72 und 73 des vorliegenden Urteils zur im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verbesserung ausgeführt, für den Umstand, dass bei bestimmten Kindern die Vergünstigung des vorzeitigen Ruhestands mit sofortigem Pensionsanspruch nicht nur von einer Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit für zwei Monate abhängt, sondern auch von der zusätzlichen Voraussetzung, dass diese Kinder mindestens neun Jahre lang von dem betreffenden Beamten aufgezogen wurden.

93      Dies gilt zweitens auch für die Tatsache, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vergünstigung Beamten unabhängig davon gewährt wird, ob sie ihre Laufbahn dreimal für zwei Monate für drei verschiedene Kinder oder nur einmal für zwei Monate für ein Kind mit einer Behinderung von mindestens 80 % unterbrochen haben. Die Laufbahnnachteile, die sich aus einer Unterbrechung der Dienstzeit für die Dauer von zwei Monaten ergeben sollen und die diese Vergünstigung ausgleichen soll, sind nämlich nicht von vornherein unterschiedlich, je nachdem, ob das geborene oder adoptierte Kind eine Behinderung hat oder nicht.

94      Entsprechendes gilt drittens für den Umstand, dass sich aus den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen zu ergeben scheint, dass für den Fall der gleichzeitigen Geburt oder Adoption mehrerer Kinder der einheitliche Zeitraum von zwei Monaten der sich daraus ergebenden Laufbahnunterbrechung so viele Male erfasst wird, wie es der Zahl der betreffenden Kinder entspricht. Die Laufbahnnachteile, die sich aus einer Unterbrechung der Dienstzeit für die Dauer von zwei Monaten ergeben sollen und die diese Vergünstigung ausgleichen soll, sind jedoch nicht von vornherein unterschiedlich, je nachdem, ob diese Unterbrechung aufgrund einer oder mehrerer Geburten oder Adoptionen erfolgt.

95      Viertens wird es Sache des vorlegenden Gerichts sein, zu prüfen, ob Art. L. 24 Abs. I Nr. 3 und Art. R. 37 Abs. III des Pensionsgesetzbuchs, nach denen der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vorteil unter Berücksichtigung der Zeiträume gewährt wird, in denen der Betroffene keinerlei berufliche Tätigkeit ausgeübt hat, je nach ihrer genauen Tragweite gegebenenfalls auch gegen das angeführte Erfordernis der Kohärenz verstoßen.

96      Hinzu kommt, dass das vorlegende Gericht bei der Prüfung, die es durchzuführen hat, um sich zu vergewissern, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das angegebene Ziel zu erreichen, und hinsichtlich dieses Ziels in kohärenter und systematischer Weise angewandt wird, auch veranlasst sein könnte, die möglichen Verbindungen zu berücksichtigen, die zwischen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch und der früheren nationalen Regelung bestehen, die sie abgelöst hat und über die der Gerichtshof keine hinreichenden Informationen besitzt. Insoweit könnte sich dieses nationale Gericht insbesondere veranlasst sehen, zu prüfen, inwieweit diese Verbindungen, wie im vorliegenden Urteil zu der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über die Verbesserung ausgeführt wurde, einen Einfluss auf diese Prüfung haben könnten.

97      In der vorliegenden Rechtssache ist in Anbetracht der Feststellungen in Rn. 81 des vorliegenden Urteils sodann darauf hinzuweisen, dass die Erwägungen zu dieser Verbesserungsregelung in den Rn. 74 bis 78 des vorliegenden Urteils gegebenenfalls auch hinsichtlich der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch entsprechend gelten.

98      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 141 EG dahin auszulegen ist, dass eine Regelung über die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch, wie die im Ausgangsverfahren fragliche, eine mittelbare Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt bewirkt, die diesem Artikel zuwiderläuft, es sei denn, sie lässt sich durch objektive Faktoren, wie ein legitimes Ziel der Sozialpolitik, rechtfertigen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und ist zur Gewährleistung des angeführten Ziels geeignet und notwendig, was voraussetzt, dass sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel zu erreichen, und in kohärenter und systematischer Weise angewandt wird.

 Zur dritten Frage

99      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die nach Prüfung der ersten und der zweiten Frage gegebenenfalls festgestellten mittelbaren Diskriminierungen nach Art. 141 Abs. 4 EG gerechtfertigt sein können.

100    Letztere Bestimmung sieht vor, dass im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.

101    Im vorliegenden Fall genügt insoweit der Hinweis, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verbesserung keine Maßnahme darstellt, die von dieser Bestimmung des EG-Vertrags erfasst wird, da sie sich darauf beschränkt, den Beamten zum Zeitpunkt ihrer Versetzung in den Ruhestand eine Verbesserung beim Dienstalter zu gewähren, ohne den Schwierigkeiten abzuhelfen, auf die sie während ihrer beruflichen Laufbahn stoßen können, und nicht geeignet ist, die Nachteile, die diese Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Laufbahn hinzunehmen haben, dadurch auszugleichen, dass ihnen in dieser beruflichen Laufbahn geholfen und damit die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben effektiv gewährleistet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Griesmar, EU:C:2001:648, Rn. 63 bis 65; vgl. auch Urteile Kommission/Italien, C‑46/07, EU:C:2008:618, Rn. 57 und 58, sowie Kommission/Griechenland, C‑559/07, EU:C:2009:198, Rn. 66 bis 68).

102    Gleiches gilt für eine Maßnahme wie die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch, da diese Maßnahme, die sich darauf beschränkt, eine vorzeitige Beendigung der beruflichen Laufbahn zu begünstigen, ebenso wenig den Schwierigkeiten abhelfen kann, auf die die Beamten während ihrer beruflichen Laufbahn stoßen können, indem ihnen in dieser beruflichen Laufbahn geholfen oder dadurch die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben effektiv gewährleistet würde.

103    Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 141 Abs. 4 EG dahin auszulegen ist, dass unter die in dieser Bestimmung genannten Maßnahmen nicht nationale Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen fallen, die sich darauf beschränken, den betreffenden Arbeitnehmern zu gestatten, in den Genuss eines vorzeitigen Ruhestands mit sofortigem Pensionsanspruch zu kommen, und ihnen bei der Versetzung in den Ruhestand eine Verbesserung beim Dienstalter zu gewähren, ohne den Schwierigkeiten abzuhelfen, auf die sie während ihrer beruflichen Laufbahn stoßen können.

 Kosten

104    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 141 EG ist dahin auszulegen, dass eine Regelung über die Verbesserung der Pension wie die im Ausgangsverfahren fragliche eine mittelbare Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt bewirkt, die diesem Artikel zuwiderläuft, es sei denn, sie lässt sich durch objektive Faktoren, wie ein legitimes Ziel der Sozialpolitik, rechtfertigen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und ist zur Gewährleistung des angeführten Ziels geeignet und notwendig, was voraussetzt, dass sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel zu erreichen, und in kohärenter und systematischer Weise angewandt wird.

2.      Art. 141 EG ist dahin auszulegen, dass eine Regelung über die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand mit sofortigem Pensionsanspruch, wie die im Ausgangsverfahren fragliche, eine mittelbare Ungleichbehandlung von Männern und Frauen beim Arbeitsentgelt bewirkt, die diesem Artikel zuwiderläuft, es sei denn, sie lässt sich durch objektive Faktoren, wie ein legitimes Ziel der Sozialpolitik, rechtfertigen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und ist zur Gewährleistung des angeführten Ziels geeignet und notwendig, was voraussetzt, dass sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel zu erreichen, und in kohärenter und systematischer Weise angewandt wird.

3.      Art. 141 Abs. 4 EG ist dahin auszulegen, dass unter die in dieser Bestimmung genannten Maßnahmen nicht nationale Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen fallen, die sich darauf beschränken, den betreffenden Arbeitnehmern zu gestatten, in den Genuss eines vorzeitigen Ruhestands mit sofortigem Pensionsanspruch zu kommen, und ihnen bei der Versetzung in den Ruhestand eine Verbesserung beim Dienstalter zu gewähren, ohne den Schwierigkeiten abzuhelfen, auf die sie während ihrer beruflichen Laufbahn stoßen können.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch