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Klage, eingereicht am 11. November 2014 – Europäische Kommission/Hellenische Republik

(Rechtssache C-504/14)

Verfahrenssprache: Griechisch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: M. Patakia und C. Hermes)

Beklagte: Hellenische Republik

Anträge

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen

aus Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen1 verstoßen hat, dass sie a) die Maßnahmen, die geeignet sind, um die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die dieses Gebiet ausgewiesen wurde, zu vermeiden, nicht erlassen hat und b) Eingriffe zugelassen hat (ohne eine angemessene Verträglichkeitsprüfung im Sinne von Art. 6 Abs. 3 durchzuführen), die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, indem sie das Nistgebiet der dort vorkommenden prioritären Art Caretta caretta verkleinern und zerstören, diese Art stören und schließlich die Dünenlebensräume 2110, 2220 und den prioritären Lebensraum 2250 verkleinern und zerstören, und

aus Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d dieser Richtlinie verstoßen hat, dass sie die Maßnahmen nicht erlassen hat, die notwendig sind, um ein wirksames System zum strengen Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta (eine prioritäre Art) im Golf von Kyparissia einzuführen und anzuwenden, damit jede Störung dieser Art während der Fortpflanzungszeit und jede Tätigkeit, die eine Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungsstätten verursachen könnte, verhindert wird;

der Hellenischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

1.    Die vorliegende Vertragsverletzung betrifft a) die Auswirkungen verschiedener Projekte und Tätigkeiten auf das Natura-2000-Gebiet GR 2550005 „Thines Kyparissias“ (seit 1. April 1997 als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung, GGB, vorgeschlagen und seit 1. September 2006 als GGB eingestuft), insbesondere auf die prioritäre Art Caretta caretta und die Dünenlebensräume einschließlich des prioritären Lebensraums 2250* Mediterrane Küstendünen mit Wacholder Juniperus spp., und b) das Versäumnis, die Maßnahmen zu erlassen, die erforderlich sind, um ein wirksames System zum strengen Schutz der Meeresschildkröte Caretta caretta in dem betreffenden Gebiet einzuführen und anzuwenden, damit jede Störung dieser Art während der Fortpflanzungszeit und jede Tätigkeit, die eine Beschädigung oder Zerstörung ihrer Fortpflanzungsstätten verursachen könnte, verhindert wird.

2.    Im Jahr 1998 wurde nach Genehmigung durch das zuständige Ministerium das Programm LIFE-Nature LIFE98NAT/GR/5262 („Application of Management Plan for Caretta caretta in Southern Kyparissia“) begonnen. Es endete 2002 mit der Ausarbeitung einer Besonderen Umweltstudie (nach griechischem Recht), in der bereits die Eigenschaften der Art und das Erfordernis ihres wirksamen Schutzes festgestellt wurden.

3.    Nach NGO-Berichten und einem Besuch dieses Gebiets durch eine Delegation der Kommission im Juli 2011 leitete diese ein Verfahren wegen Verletzung der in den Anträgen der vorliegenden Klage angeführten Bestimmungen der Richtlinie 92/43/EWG ein.

4.    Die Kommission macht geltend, die Hellenische Republik habe es unter Verstoß gegen Art. 12 der Richtlinie unterlassen,

ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV der Richtlinie genannten Arten einzuführen,

das jede absichtliche Störung, insbesondere während der Fortpflanzungszeiten, und

jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten verbietet.

5.    Insbesondere fehlten vollständige und zusammenhängende griechische Gesetzesvorgaben sowie die Durchführung konkreter, spezifischer und wirksamer Schutzmaßnahmen, während Tätigkeiten toleriert würden, die nicht nur die Fortpflanzungsstätten beschädigen oder vernichten könnten, sondern auch die Schildkröten stören könnten, besonders während der Brutzeit, beim Schlüpfen und bei der Wanderung der neugeborenen Schildkröten ins Meer.

6.    Außerdem seien die Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie verletzt worden, da

a)    die Verschlechterung der Lebensräume und erhebliche Störungen in ausgewiesenen Gebieten nicht vermieden worden seien. Tatsächlich habe es Griechenland, indem es eine Reihe unkontrollierter bzw. ungeregelter Tätigkeiten unter Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 toleriert habe, im konkreten Fall unterlassen, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung einer solchen Verschlechterung der Lebensräume und Störung der Arten zu treffen;

b)    die fraglichen Tätigkeiten durchgeführt worden seien, ohne dass zuvor die erforderliche, angemessene Prüfung der Verträglichkeit entweder jedes einzelnen Projekts oder ihrer kumulativen Auswirkungen durchgeführt worden sei, obwohl nach Art. 6 Abs. 3 alle Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Erhaltung des Gebiets in Verbindung stünden oder hierfür nicht notwendig seien, dieses Gebiet jedoch erheblich beeinträchtigen könnten, eine Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Erhaltung des Gebiets erforderten.

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1 ABl. L 206, S. 7.