Language of document : ECLI:EU:T:2009:520

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

17. Dezember 2009(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Sodamarkt in der Gemeinschaft – Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Vereinbarung, mit der einem Unternehmen eine Mindestabsatzmenge in einem Mitgliedstaat und der Aufkauf der Fehlmengen garantiert werden – Verjährung der Befugnis der Kommission, Geldbußen oder Sanktionen zu verhängen – Angemessene Verfahrensdauer – Wesentliche Formvorschriften – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Recht auf Akteneinsicht – Geldbuße – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Erschwerende und mildernde Umstände“

In der Rechtssache T‑58/01

Solvay SA, mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. Simont, P.‑A. Foriers, G. Block, F. Louis und A. Vallery,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch P. Oliver und J. Currall als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt N. Coutrelis,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/5/EG der Kommission vom 13. Dezember 2000 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/33.133 – B: Natriumkarbonat – Solvay, CFK) (ABl. 2003, L 10, S. 1), hilfsweise wegen Aufhebung oder Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) und A. Dittrich,

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. und 27. Juni 2008

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Die Klägerin, die Solvay SA, ist eine Gesellschaft belgischen Rechts, die in den Bereichen Pharmazie, Chemie, Kunststoff und Verarbeitung tätig ist. Sie stellt vor allem Natriumkarbonat her.

2        Natriumkarbonat kommt entweder als Erz in der Natur vor (natürliche Soda) oder wird durch ein chemisches Verfahren gewonnen (künstliche Soda). Natürliche Soda wird gewonnen, indem Erz zermahlen, gereinigt und kalziniert wird. Künstliche Soda entsteht durch eine Reaktion von Salz und Kalkstein im „Ammoniumsoda-Verfahren“, das von den Brüdern Solvay im Jahr 1863 entwickelt wurde.

3        Zur Zeit der Ereignisse des vorliegenden Rechtsstreits war die Klägerin im Bereich Natriumkarbonat über Vertriebseinheiten tätig, die in neun europäischen Ländern niedergelassen waren, und zwar in Deutschland, Österreich, Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal und der Schweiz. Sie besaß auch Produktionseinheiten in Deutschland, Österreich, Belgien, Spanien, Frankreich, Italien und Portugal. 1988 besaß sie u. a. einen Anteil 52,5 % am deutschen Markt.

4        Gemeinschaftshersteller waren im Zeitraum 1987–1989 neben der Klägerin die Gesellschaften Imperial Chemical Industries (im Folgenden: ICI), Rhône-Poulenc, AKZO, Matthes & Weber sowie die Gesellschaft Chemische Fabrik Kalk (im Folgenden: CFK), Tochtergesellschaft der Kali & Salz, die zur BASF-Gruppe gehörte. Sie hatten die folgenden jährlichen Produktionskapazitäten: Rhône-Poulenc 580 000 Tonnen, AKZO 435 000 Tonnen, Matthes & Weber 320 000 Tonnen und CFK etwa 260 000 Tonnen.

5        Im April 1989 führte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei den verschiedenen Gemeinschaftsherstellern von Natriumkarbonat Nachprüfungen gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung, durch. In den Geschäftsräumen der betroffenen Unternehmen fand sie verschiedene Unterlagen.

6        Am 19. Februar 1990 beschloss die Kommission, nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 von Amts wegen ein Verfahren gegen die Klägerin, ICI und CFK einzuleiten.

7        Am 13. März 1990 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin, an ICI und an CFK. Jede dieser Gesellschaften erhielt nur den sie betreffenden Teil oder die sie betreffenden Teile der Mitteilung der Beschwerdepunkte, denen die dazugehörigen belastenden Beweise beigefügt waren.

8        Die Kommission erstellte eine einzige Akte für alle in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Zuwiderhandlungen.

9        Was die vorliegende Rechtssache betrifft, kam die Kommission im Abschnitt III („Die Vereinbarung Solvay/CFK“) der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zusammen mit CFK an einer gegen Art. 81 EG verstoßenden Vereinbarung und/oder abgestimmten Verhaltensweise teilgenommen habe.

10      Am 28. Mai 1990 nahm die Klägerin zu den Beschwerdepunkten der Kommission schriftlich Stellung.

11      Am 19. Dezember 1990 erließ die Kommission die Entscheidung 91/298/EWG in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/33.133 – B: Soda – Solvay und CFK) (ABl. 1991, L 152, S. 16). In dieser Entscheidung, die mit Schreiben vom 1. März 1991 zugestellt wurde, stellte sie fest, dass „[die Klägerin] und [CFK] … dadurch gegen Artikel [81 EG] verstoßen [haben], dass sie seit etwa 1987 bis zum jetzigen Zeitpunkt an einer Marktaufteilungsvereinbarung teilgenommen haben, aufgrund der [die Klägerin] CFK eine jährliche Mindestabsatzmenge an kalzinierter Soda auf dem deutschen Markt, die auf der Grundlage des Jahresabsatzes von CFK im Jahr 1986 berechnet war, garantierte und CFK einen Ausgleich durch Aufkauf etwaiger Fehlmengen bis zur garantierten Mindestabsatzmenge gewährte“. Gegen die Klägerin und CFK wurden Geldbußen in Höhe von 3 Mio. ECU und 1 Mio. ECU verhängt.

12      Am selben Tag erließ die Kommission zudem die Entscheidung 91/297/EWG in einem Verfahren nach Art. [81 EG] (IV/33.133 – A: Soda – Solvay, ICI) (ABl. 1991, L 152, S. 1), in der sie feststellte, dass „[die Klägerin] und [ICI] gegen Artikel [81 EG] verstoßen [haben], indem sie seit 1. Januar 1973 zumindest bis zur Einleitung dieses Verfahrens an einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise teilgenommen haben, mit der sie ihre Sodaverkäufe in der Gemeinschaft auf ihren jeweiligen Heimatmarkt, d. h. den westeuropäischen Kontinent im Fall von Solvay und das Vereinigte Königreich und Irland im Fall von ICI, beschränkten“. Gegen die Klägerin und ICI wurde jeweils eine Geldbuße in Höhe von 7 Mio. ECU verhängt.

13      Am selben Tag erließ die Kommission außerdem die Entscheidung 91/299/EWG in einem Verfahren nach Artikel [82 EG] (IV/33.133 – C: Soda – Solvay) (ABl. 1991, L 152, S. 21), in der sie feststellte, dass „[die Klägerin] von etwa 1983 bis zum jetzigen Zeitpunkt gegen Artikel [82 EG] durch ein Verhalten verstoßen [hat], das darauf abzielte, den Wettbewerb auszuschalten oder weitgehend einzuschränken, und das darin bestand, … mit Abnehmern Vereinbarungen zu schließen, in denen ihnen zur Auflage gemacht wurde, für eine unbestimmte oder unvertretbar lange Zeit ihren gesamten Bedarf oder einen sehr großen Teil ihres Bedarfs an kalzinierter Soda von [ihr] zu beziehen, … erhebliche Rabatte und sonstige finanzielle Anreize für Spitzenmengen über die vertraglich vereinbarte Grundmenge der Abnehmer hinaus zu gewähren, um sicherzustellen, dass diese ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von [ihr] beziehen [und] die Gewährung von Rabatten davon abhängig zu machen, dass der Abnehmer einwilligt, seinen gesamten Bedarf von [ihr] zu beziehen“. Wegen der genannten Verstöße wurde gegen die Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 20 Mio. ECU festgesetzt.

14      Am selben Tag erließ die Kommission außerdem die Entscheidung 91/300/EWG in einem Verfahren nach Artikel [82 EG] (IV/33.133 – D: Soda – ICI) (ABl. 1991, L 152, S. 40), in der sie feststellte, dass ICI „von etwa 1983 bis zum jetzigen Zeitpunkt gegen Artikel [82 EG] durch ein Verhalten verstoßen [hat], das darauf abzielte, den Wettbewerb auszuschalten oder weitgehend einzuschränken, und das darin bestand, … erhebliche Rabatte und sonstige finanzielle Anreize für Spitzenmengen zu gewähren, um sicherzustellen, dass die Abnehmer ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von ICI beziehen[,] die Einwilligung von Abnehmern zu erwirken, ihren gesamten Bedarf oder den größten Teil ihres Bedarfs von ICI zu beziehen und/oder ihre Bezüge von konkurrierender Ware auf eine bestimmte Menge zu begrenzen[, und] zumindest in einem Fall die Gewährung von Rabatten und sonstigen finanziellen Vorteilen davon abhängig zu machen, dass der Abnehmer einwilligt, seinen gesamten Bedarf von ICI zu beziehen“. Gegen ICI wurde eine Geldbuße in Höhe von 10 Mio. ECU verhängt.

15      Am 2. Mai 1991 erhob die Klägerin beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 91/298. Am selben Tag beantragte die Klägerin auch die Nichtigerklärung der Entscheidungen 91/297 und 91/299. Am 14. Mai 1991 beantragte ICI die Nichtigerklärung der Entscheidungen 91/297 und 91/300. CFK erhob keine Klage und zahlte die Geldbuße von einer 1 Mio. ECU, die mit der Entscheidung 91/298 gegen sie verhängt worden war.

16      Mit Urteil vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission (T‑31/91, Slg. 1995, II‑1821, im Folgenden: Urteil Solvay II), erklärte das Gericht die Entscheidung 91/298, soweit sie die Klägerin betrifft, mit der Begründung für nichtig, dass die Feststellung dieser Entscheidung nach der Zustellung erfolgt war, was die Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne von Art. 230 EG darstellte.

17      Am selben Tag erklärte das Gericht wegen nicht ordnungsgemäßer Feststellung der angefochtenen Entscheidungen auch die Entscheidung 91/299 (Urteil Solvay/Kommission, T‑32/91, Slg. 1995, II‑1825, im Folgenden: Urteil Solvay III) sowie die Entscheidung 91/300 (Urteil ICI/Kommission, T‑37/91, Slg. 1995, II‑1901, im Folgenden: Urteil ICI II) für nichtig. Außerdem erklärte das Gericht die Entscheidung 91/297 wegen Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht für nichtig (Urteile Solvay/Kommission, T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, im Folgenden: Urteil Solvay I, und ICI/Kommission, T‑36/91, Slg. 1995, II‑1847, im Folgenden: Urteil ICI I), soweit sie die Klägerinnen dieser beiden Rechtssachen betraf.

18      Mit Rechtsmittelschriften, die am 30. August 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingereicht wurden, legte die Kommission Rechtsmittel gegen die Urteile Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt), Solvay III und ICI II (oben in Randnr. 17 angeführt) ein.

19      Mit Urteilen vom 6. April 2000, Kommission/ICI (C‑286/95 P, Slg. 2000, I‑2341) und Kommission/Solvay (C‑287/95 P und C‑288/95 P, Slg. 2000, I‑2391), wies der Gerichtshof die Rechtsmittel gegen die Urteile ICI II (oben in Randnr. 17 angeführt), Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) und Solvay III (oben in Randnr. 17 angeführt) zurück.

20      Am Dienstag, den 12. Dezember 2000 veröffentlichte eine Presseagentur folgende Pressemitteilung:

„Die Europäische Kommission wird am Mittwoch gegen die Chemieunternehmen Solvay SA und Imperial Chemical Industries plc … eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Union verhängen, wie eine Sprecherin am heutigen Dienstag mitteilte.

Die Geldbußen wegen des Vorwurfs des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf dem Sodamarkt waren ursprünglich vor zehn Jahren verhängt worden, das höchste europäische Gericht hatte sie jedoch aus Verfahrensgründen für nichtig erklärt.

Die Sprecherin erklärte, die Kommission werde am Mittwoch dieselbe Entscheidung, jedoch in korrekter Form, neu erlassen.

In der Sache ist die Entscheidung von den Unternehmen nie bestritten worden. Wir erlassen dieselbe Entscheidung neu, sagte sie.“

21      Am 13. Dezember 2000 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/5/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (COMP/33.133 – B: Natriumkarbonat – Solvay, CFK) (ABl. 2003, L 10, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

22      Am selben Tag erließ die Kommission außerdem die Entscheidungen 2003/6/EG in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (COMP/33.133 – C: Natriumkarbonat – Solvay) (ABl. 2003, L 10, S. 10) und 2003/7/EG in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (Sache COMP/33.133 – D: Natriumkarbonat – ICI) (ABl. 2003, L 10, S. 33).

23      Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet wie folgt:

„Artikel 1

Solvay […] hat dadurch gegen Artikel [81 EG] verstoßen, dass [sie] seit etwa 1987 bis mindestens Ende 1990 an einer Marktaufteilungsvereinbarung teilgenommen hat, aufgrund der Solvay CFK eine auf der Grundlage des Jahresabsatzes von CFK im Jahr 1986 berechnete jährliche Mindestabsatzmenge an kalzinierter Soda auf dem deutschen Markt garantierte und CFK einen Ausgleich durch Aufkauf etwaiger Fehlmengen bis zur garantierten Mindestabsatzmenge gewährte.

Artikel 2

Wegen des in Artikel 1 genannten Verstoßes wird Solvay mit einer Geldbuße in Höhe von 3 Mio. EUR belegt.

…“

24      Die angefochtene Entscheidung ist praktisch wortgleich mit der Entscheidung 91/298. Die Kommission nahm lediglich einige redaktionelle Änderungen vor und fügte einen neuen Abschnitt („Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und dem Gerichtshof“) hinzu.

25      In diesem neuen Abschnitt der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, im Folgenden: Urteil PVC II des Gerichts), aus, sie sei „berechtigt …, eine Entscheidung neu zu erlassen, wenn diese allein aufgrund von Formfehlern für nichtig erklärt wurde[,] ohne dass ein neues Verwaltungsverfahren eingeleitet werden muss“, und sie brauche „keine erneute mündliche Anhörung zu veranstalten, wenn der Wortlaut der neuen Entscheidung gegenüber der ersten Entscheidung keine neuen Beschwerdepunkte enthält“ (70. Erwägungsgrund).

26      Die Kommission führte in der angefochtenen Entscheidung ferner aus, die Verjährungsfrist sei gemäß Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) um den Zeitraum zu verlängern, in dem das Verfahren gegen die Entscheidung 91/298 vor dem Gericht und dem Gerichtshof anhängig gewesen sei (Erwägungsgründe 75 und 76). Sie habe somit angesichts der Umstände des vorliegenden Falles bis September 2004 Zeit gehabt, eine neue Entscheidung zu erlassen (78. Erwägungsgrund). Überdies würden die Verteidigungsrechte nicht verletzt, wenn die neue Entscheidung innerhalb eines angemessenen Zeitraums erlassen werde (70. Erwägungsgrund).

27      Zur eigentlichen Zuwiderhandlung erläuterte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung, zwischen der Klägerin und CFK sei eine Vereinbarung getroffen worden, wonach die Klägerin CFK eine Jahresmindestabsatzmenge auf dem deutschen Markt garantiert habe. Falls die Verkäufe von CFK in Deutschland die garantierte Mindestabsatzmenge nicht erreichen sollten, würde die Klägerin die „Fehlmengen aufkaufen“ (42. Erwägungsgrund). Nach den Ausführungen der Kommission war die Garantiemenge für CFK – wahrscheinlich in Anlehnung an die Verkaufszahlen von CFK in Deutschland im Jahr 1986 – ursprünglich auf 179 000 Tonnen festgesetzt und sodann, im Jahr 1989, auf 190 000 erhöht worden mit einem rückwirkenden Ausgleich für das Jahr 1988 (Erwägungsgründe 43, 45 und 46).

28      Die Kommission verwies in der angefochtenen Entscheidung auch auf eine Zusammenkunft vom 14. März 1989 mit maßgeblichen Vertretern von CFK und ihrer Muttergesellschaft Kali & Salz auf der einen und von Deutsche Solvay Werke (DSW), einer Tochtergesellschaft der Klägerin, auf der anderen Seite. Nach Ansicht der Kommission war es höchst bezeichnend, dass von dieser Sitzung kein offizieller Bericht erstellt worden sei. Jedoch sei ein kurzer handschriftlicher Vermerk bei DSW gefunden worden (47. Erwägungsgrund).

29      Die Kommission wies in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass der Zweck der Vereinbarung ganz offensichtlich darin bestanden habe, eine Marktstabilität auf künstliche Weise herbeizuführen, und dass als Gegenleistung für die Rückkehr zu einem Preisverhalten, das von der Klägerin als nicht störend angesehen worden sei, CFK ein Mindestanteil am deutschen Markt garantiert worden sei. Indem die Klägerin die Mengen vom Markt genommen habe, die CFK nicht habe verkaufen können, habe sie dafür gesorgt, dass das Preisniveau nicht durch den Wettbewerb habe verringert werden können. Die Kommission schloss daraus, dass die in Rede stehenden kartellartigen Vereinbarungen, die durchgeführt worden seien und ihren beabsichtigten Zweck erfüllt hätten, naturgemäß den Wettbewerb im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG einschränkten (Erwägungsgründe 55 bis 58).

30      Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten führte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, die Tatsache, dass die garantierte Mindestabsatzmenge sich lediglich auf Verkäufe auf dem deutschen Markt bezogen habe, schließe die Anwendung von Art. 81 EG keineswegs aus. Aus der Beteiligung der Klägerin in Brüssel folge eindeutig, dass die Vereinbarung ein Teil einer allgemeinen Politik zur Kontrolle des Marktes von kalzinierter Soda in der Gemeinschaft gewesen sei und dass mit der Vereinbarung zwischen der Klägerin und CFK nicht nur die Einschränkung des Wettbewerbs in einem wichtigen Teil des Gemeinschaftsmarkts, sondern auch die Aufrechterhaltung starrer Marktstrukturen und die Trennung der nationalen Märkte bezweckt worden seien. Die Kommission war auch der Ansicht, dass die von der Klägerin unter der Garantiezusage abgenommenen Mengen wahrscheinlich auf anderen Märkten in der Gemeinschaft abgesetzt worden wären, wenn es die Vereinbarung nicht gegeben hätte (59. Erwägungsgrund).

31      Die Kommission kam in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass die Klägerin und CFK gegen Art. 81 EG verstoßen hätten, indem sie „seit etwa 1986 bis Ende 1990“ an dieser Vereinbarung teilgenommen hätten (60. Erwägungsgrund).

32      Hinsichtlich der gegen die Klägerin und CFK festgesetzten Geldbußen führte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, dass es sich um einen „schwerwiegenden“ Verstoß gehandelt habe, da Marktaufteilungsvereinbarungen naturgemäß erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen darstellten. Was die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, so ging die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen davon aus, dass die Vereinbarung im Laufe des Jahres 1987 geschlossen worden war (Erwägungsgründe 62 und 63).

33      Außerdem ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die marktbeherrschende Stellung der Klägerin als führende Herstellerin in Deutschland und in der Gemeinschaft berücksichtigte (64. Erwägungsgrund). Die Kommission stellte auch fest, dass die Zuwiderhandlung überlegt begangen worden sei und dass beide Parteien von der Unvereinbarkeit ihrer Vereinbarungen mit dem Gemeinschaftsrecht gewusst haben müssten (65. Erwägungsgrund).

34      Schließlich wies die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass gegen die Klägerin von der Kommission bereits verschiedentlich erhebliche Geldbußen wegen unzulässiger Absprachen in der chemischen Industrie verhängt worden seien.

35      Am 13. Dezember 2000 gab die Kommission ebenfalls eine Pressemitteilung heraus, in der sie den Erlass von Entscheidungen ankündigte, in denen sie gegen die Klägerin und ICI Geldbußen festsetzen werde, die mit denjenigen identisch seien, die ursprünglich in den Sachen „Natriumkarbonat“ gegen sie verhängt worden seien.

 Verfahren

36      Mit Klageschrift, die bei der Kanzlei des Gerichts am 12. März 2001 eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

37      Am 8. Mai 2001 ist die Rechtssache der Vierten Kammer des Gerichts zugewiesen und ein Berichterstatter bestimmt worden.

38      Mit Ermächtigung des Gerichts haben die Klägerin und die Kommission am 6. bzw. 23. Dezember 2002 dazu Stellung genommen, welche Folgen in der vorliegenden Rechtssache aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002 Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, im Folgenden: Urteil PVC II des Gerichtshofs), zu ziehen sind.

39      Im Zusammenhang mit der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ab 1. Oktober 2003 wurde der Berichterstatter der Ersten Kammer zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin am 8. Oktober 2003 zugewiesen worden ist.

40      Am 19. Dezember 2003 hat das Gericht die Kommission aufgefordert, die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die Anlagen dazu und ein detailliertes Verzeichnis aller Schriftstücke vorzulegen, die zur Akte gehören. Dieses Verzeichnis sollte einen kurzen Hinweis auf den Autor, die Art und den Inhalt jedes Schriftstücks enthalten. Das Gericht hat die Kommission auch gebeten, anzugeben, welche dieser Schriftstücke der Klägerin im Verwaltungsverfahren zugänglich waren.

41      Am 13. Februar 2004 hat die Kommission die Mitteilung der Beschwerdepunkte und ihre Anlagen sowie das geforderte Verzeichnis vorgelegt. Für die Beantwortung der letzten Frage des Gerichts hat sie eine Frist beantragt.

42      Mit Schreiben vom 10. März 2004 hat die Kommission erklärt, die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren die Schriftstücke einsehen können, die die Mitteilung der Beschwerdepunkte stützten und die dieser beigefügt gewesen seien. Darüber hinaus hat sie darauf hingewiesen, dass die Akte aus 65 „Teilakten“ bestehe, von denen 22 vom Sitz der Klägerin oder einer ihrer Tochtergesellschaften stammten (und zwar die „Teilakten“ mit den Nrn. 2 bis 14, 24 bis 27, 50 bis 52 und 62 bis 65 sowie ein Teil der „Teilakte“ Nr. 61). Nach Ansicht der Kommission wurde bei dem im Jahr 1990 angewandten Verfahren die bestehende Rechtsprechung zum Recht auf Akteneinsicht beachtet. Nach erneuter Durchsicht der Ermittlungsakte habe in diesem Stadium nichts auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren hingedeutet, auch nicht, wenn man diese Ermittlungsakte im Licht der späteren Rechtsprechung zum Recht auf Akteneinsicht prüfe.

43      Mit Schreiben vom 21. Juni 2004 hat die Kommission der Kanzlei des Gerichts ein revidiertes Inhaltsverzeichnis der in der Verwaltungsakte enthaltenen Schriftstücke übersandt, das vollständiger war als das vom 13. Februar 2004. Wie in dem vorhergehenden Verzeichnis wurde in diesem revidierten Inhaltsverzeichnis auf 65 „Teilakten“ Bezug genommen. Es wurden darin auch einige Schriftstücke aufgezählt, die überwiegend von der Gesellschaft Oberland Glas stammten.

44      Mit Schreiben vom 21. Juli 2004 hat das Gericht die Klägerin aufgefordert, von den in dem revidierten Inhaltsverzeichnis aufgeführten Schriftstücken diejenigen zu benennen, von denen sie im Verwaltungsverfahren keine Kenntnis erhalten hatte und die ihres Erachtens Hinweise enthalten könnten, die für ihre Verteidigung möglicherweise nützlich gewesen wären.

45      Mit Schreiben vom 29. September 2004 hat sich die Klägerin darauf berufen, dass das revidierte Verzeichnis unvollständig und ungenau sei. Sie hat auch von den in dem revidierten Verzeichnis erfassten Schriftstücken diejenigen bezeichnet, die ihr für ihre Verteidigung nützlich erschienen und die sie gerne einsehen würde. Nach ihrer Ansicht hätten ihr diese Schriftstücke nähere Ausführungen zu den Auswirkungen der fraglichen Vereinbarung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ermöglichen können.

46      Im Zusammenhang mit der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ab 13. September 2004 wurde der Berichterstatter der Vierten Kammer in ihrer neuen Zusammensetzung zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin am 7. Oktober 2004 zugewiesen worden ist.

47      Am 17. Dezember 2004 hat das Gericht die Kommission aufgefordert, die Schriftstücke aus der Akte, die die Klägerin in ihrem Schreiben vom 29. September 2004 genannt hat, in einer vertraulichen und einer nichtvertraulichen Fassung bei der Kanzlei einzureichen.

48      Mit Schreiben vom 28. Januar 2005 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts die vertrauliche Fassung der angeforderten Schriftstücke aus der Akte vorgelegt. Sie hat eine zusätzliche Frist für die Vorlage einer eventuellen nichtvertraulichen Fassung beantragt, da die betroffenen Unternehmen zu ihrem Interesse an der Aufrechterhaltung der Vertraulichkeit befragt werden müssten. Die Kommission hat ferner Folgendes ausgeführt:

„Auch wenn das Verzeichnis alle Akten umfasst, die sich bis heute in ihrem Besitz befinden, sind darin doch nicht alle Akten aufgeführt, die dem Gericht in der ersten Rechtssache Natriumkarbonat genannt worden sind. Die wenigen fehlenden Akten sind trotz langer Suche unauffindbar geblieben.“

49      Mit Schreiben vom 15. März 2005 hat die Kommission nach dem Hinweis, dass die betroffenen Unternehmen keine vertrauliche Behandlung verlangten, folgende Erklärungen vorgelegt:

„Was die Akten betrifft, die unauffindbar geblieben sind, bedauert die Kommission, keine völlig zuverlässige Antwort auf die Fragen des Gerichts geben zu können.

Zur Verwaltungsakte (d. h. die das Verfahren ab der Einleitung der Untersuchung bis zum Versenden der Mitteilung der Beschwerdepunkte umfassende Akte), die sich zur Zeit im Besitz der Kommission befindet, gehören 65 nummerierte Ordner, die den Zeitraum bis September 1989 abdecken, die Akte mit der Nummer 71, die die Mitteilung der Beschwerdepunkte von März 1990 und ihre Anlagen enthält, sowie ein nicht nummerierter Ordner mit der Bezeichnung ‚Oberland Glas‘. Folglich ist es wahrscheinlich, dass fünf Ordner fehlen.

Was den Inhalt der fehlenden Ordner angeht, bedauert die Kommission, dass es nicht möglich ist, eine vollständige Liste der verschwundenen Schriftstücke zu erstellen, da die Inhaltsverzeichnisse dieser Ordner ebenfalls unauffindbar sind. Danach besteht durchaus Grund zur Annahme, dass zumindest in einigen von ihnen Korrespondenz nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 enthalten war, was der Erklärung entspricht, die die Kommission dem Gericht in Bezug auf die Verwaltungsakte im Jahr 1990 gegeben hat. Es ist zum Beispiel wahrscheinlich, dass sich die Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen der Kommission vom 19. Juni 1989 in den fehlenden Akten befindet: Dieses an ICI gerichtete Verlangen befindet sich in der Verwaltungsakte, die noch immer in den Händen der Kommission ist, die Antwort fehlt jedoch.“

50      Am 14. April 2005 hat die Klägerin in der Kanzlei des Gerichts die in ihrem Schreiben vom 29. September 2004 genannten Schriftstücke der Akte eingesehen.

51      Am 15. Juli 2005 hat die Klägerin zur Nützlichkeit der eingesehenen Dokumente für ihre Verteidigung Stellung genommen. Am 17. November 2005 hat die Kommission auf die Stellungnahme der Klägerin geantwortet.

52      Nach der Beendigung der Amtstätigkeit des zunächst benannten Berichterstatters hat der Präsident des Gerichts mit Entscheidung vom 22. Juni 2006 einen neuen Berichterstatter ernannt.

53      Im Zusammenhang mit der Änderung der Zusammensetzung der Kammern ab dem 25. September 2007, wurde der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt, der die vorliegende Rechtssache daraufhin am 5. Oktober 2007 zugewiesen worden ist.

54      Da der Richter Tchipev am 12. Februar 2008 verhindert war, an der Sitzung teilzunehmen, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts den Richter Dittrich dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen.

55      Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und es hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung am 5. Mai 2008 schriftliche Fragen an die Klägerin und die Kommission gerichtet. Die Parteien haben diese fristgemäß beantwortet.

56      Die Parteien haben in der Sitzung vom 26. Juni 2008 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

 Anträge der Parteien

57      Die Klägerin beantragt,

–        das Erlöschen der Sanktionsmaßnahmen durch Zeitablauf festzustellen und auf jeden Fall die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, festzustellen, dass die Befugnis der Kommission, Geldbußen zu verhängen, verjährt war, und auf jeden Fall Art. 2 der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als darin eine Geldbuße in Höhe von 3 Mio. Euro gegen sie festgesetzt wird;

–        äußerst hilfsweise, festzustellen, dass gegen sie keine Geldbuße festzusetzen ist, oder zumindest die Geldbuße erheblich herabzusetzen;

–        als prozessleitende Maßnahme der Kommission aufzugeben, alle internen Dokumente in Bezug auf den Erlass der angefochtenen Entscheidung vorzulegen, insbesondere die Protokolle aller Zusammenkünfte des Kollegiums der Kommissionsmitglieder, in denen die angefochtene Entscheidung besprochen wurde;

–        der Kommission aufzugeben, alle Schriftstücke, die zu ihrer Akte in der Sache COM/33.133 gehören, vorzulegen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

58      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

59      Die Klägerin beantragt in erster Linie die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und hilfsweise die Aufhebung oder Herabsetzung der in dieser Entscheidung gegen sie festgesetzten Geldbuße.

 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

60      Die Klägerin macht im Wesentlichen vier auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung gerichtete Klagegründe geltend. Sie werden erstens auf den Zeitablauf, zweitens auf die Verletzung wesentlicher Formvorschriften, drittens auf die fehlende Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und viertens auf eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht gestützt.

 Zum ersten Klagegrund: Zeitablauf

61      Der erste Klagegrund gliedert sich in zwei Teile: eine fehlerhafte Anwendung der Verjährungsvorschriften der Verordnung Nr. 2988/74 und die Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer.

 Zum ersten Teil: fehlerhafte Anwendung der Verjährungsvorschriften

–       Vorbringen der Parteien

62      Die Klägerin macht geltend, die Argumentation der Kommission in Bezug auf die Beachtung der Verjährungsregeln widerspreche dem Wortlaut und dem Geist der Verordnung Nr. 2988/74.

63      Nach Ansicht der Klägerin war Gegenstand des von der Kommission am 30. August 1995 eingelegten Rechtsmittels, das nach Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs keine aufschiebende Wirkung habe, nicht die Entscheidung 91/298, die rückwirkend weggefallen sei, sondern das Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt). Gemäß Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs sei das Rechtsmittel nämlich auf Rechtsfragen beschränkt, und der Gerichtshof nehme eine Rechtmäßigkeitsprüfung unter Bezugnahme auf die selbständige Beurteilung der Sachverhaltsfragen durch das Gericht vor.

64      Zwar sei das in Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 genannte „Verfahren vor dem Gerichtshof“ derzeit so zu verstehen, dass es das Gericht einschließe, doch könne die Errichtung eines zweistufigen Rechtszugs nicht ermöglichen, den Zeitraum des Ruhens der Verjährung auf ein Verfahren auszudehnen, das nicht die angefochtene Entscheidung zum Gegenstand habe. Darüber hinaus würde die Ansicht, Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 bedeute, dass die Verjährung während der Dauer eines Rechtsmittelverfahrens ruhe, darauf hinauslaufen, einer rückwirkend für nichtig erklärten Entscheidung Wirksamkeit zu verleihen, wofür es in der gemeinsamen Praxis der Mitgliedstaaten keinen Präzedenzfall gebe.

65      Unter Bezugnahme auf Randnr. 1098 des Urteils PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) weist die Klägerin darauf hin, dass der Zweck von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 sei, die Verjährung ruhen zu lassen, wenn die Kommission aus einem objektiven, von ihr nicht zu vertretenden Grund wegen der Anhängigkeit einer Klage an einem Tätigwerden gehindert sei. Nach Ansicht der Klägerin konnte sich die Kommission im vorliegenden Fall darauf berufen, an einem Tätigwerden gehindert zu sein, solange die Klage vor dem Gericht anhängig gewesen sei. Dagegen habe es der Kommission vorbehaltlich der Beachtung des Grundsatzes der Einhaltung einer angemessenen Frist frei gestanden, ab der Verkündung des Urteils des Gerichts eine neue Entscheidung zu erlassen. Die Kommission sei deshalb mit der Einlegung eines Rechtsmittels das Risiko der Verjährung ihres Handelns eingegangen, obwohl sie das Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF u. a. (C‑137/92 P, Slg. 1994, I‑2555), gekannt habe, in dem über das Fehlen einer Feststellung von Handlungen, die vom Kollegium der Kommissionsmitglieder erlassen worden seien, entschieden worden sei. Somit könne die Untätigkeit der Kommission während der Anhängigkeit ihres Rechtsmittels beim Gerichtshof aus keinem objektiven Grund gerechtfertigt werden.

66      Infolgedessen habe nur die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht für die Verlängerung der Verjährungsfrist berücksichtigt werden dürfen. Diese sei somit am 15. Januar 2000, also vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung, abgelaufen.

67      Die Klägerin macht auch darauf aufmerksam, dass das Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) dieser Auslegung nicht widerspreche. In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, sei die neue Entscheidung der Kommission innerhalb eines Zeitraums erlassen worden, der kürzer gewesen sei als die nur um den „Ruhenszeitraum“ in Bezug auf das Verfahren vor dem Gericht verlängerte Frist von fünf Jahren. Somit sei im Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) nicht die Frage geprüft worden, ob ein Rechtsmittel aufschiebende Wirkung im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 habe.

68      In der Erwiderung fügt die Klägerin hinzu, die Ansicht der Kommission bedeute, dass dem Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) jede Wirkung genommen werde, solange es nicht vom Gerichtshof bestätigt worden sei, wodurch die Maßgeblichkeit dieses Urteils missachtet werde. Außerdem sei eine weite Auslegung von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74, die auch Situationen erfasse, in denen die Kommission nicht daran gehindert sei, tätig zu werden, mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar.

69      Schließlich bleibt die Klägerin in ihrer nach dem Urteil PVC II des Gerichtshofs (oben in Randnr. 38 angeführt) abgegebenen Stellungnahme bei der Ansicht, dass in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, weder das Gericht noch der Gerichtshof die Absicht hätten haben können, die Frage zu entscheiden, ob das von der Kommission gegen ein Nichtigkeitsurteil des Gerichts eingelegte Rechtsmittel ein Ruhen der Verjährung während der Dauer des Rechtsmittelverfahrens bewirke.

70      Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

71      Vorab ist festzustellen, dass durch die Verordnung Nr. 2988/74 eine vollständige Regelung eingeführt worden ist, die im Einzelnen die Fristen festgelegt hat, innerhalb deren die Kommission ohne einen Verstoß gegen das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit Geldbußen gegen Unternehmen festsetzen kann, gegen die Verfahren nach den Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft anhängig sind (Urteile des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 324, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 223).

72      Somit tritt nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 sowie Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 die Verfolgungsverjährung ein, wenn die Kommission innerhalb von fünf Jahren nach dem Beginn der Verjährungsfrist keine Geldbuße oder Sanktion festgesetzt hat, ohne zwischenzeitlich eine Unterbrechungshandlung vorzunehmen, spätestens aber zehn Jahre nach Verjährungsbeginn, wenn Unterbrechungshandlungen vorgenommen wurden. Nach Art. 2 Abs. 3 der fraglichen Verordnung verlängert sich die Verjährungsfrist jedoch um den Zeitraum, in dem nach ihrem Art. 3 die Verjährung ruht (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 140).

73      Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 ruht die Verfolgungsverjährung, solange wegen der Entscheidung der Kommission ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig ist.

74      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die Verjährungsvorschriften in der fraglichen Rechtssache folgendermaßen angewandt hat.

75      Zunächst hat nach Ansicht der Kommission die Verjährungsfrist bei den hier vorliegenden dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen Ende 1990 begonnen. Selbst wenn man unterstelle, dass die Zuwiderhandlung am 19. Dezember 1990 beendet gewesen sei und der Erlass und die Zustellung der Entscheidung 91/298 die Verjährungsfrist nicht unterbrochen hätten, hätte sie über eine Frist bis mindestens Ende 1995 verfügt, um ihre Entscheidung zu erlassen (74. Erwägungsgrund).

76      Sodann sei die Verjährungsfrist um den Zeitraum zu verlängern, in dem das Verfahren beim Gericht anhängig gewesen sei (75. Erwägungsgrund). Da im vorliegenden Fall am 2. Mai 1991 Klage vor dem Gericht erhoben worden sei und das Gericht am 29. Juni 1995 ein Urteil erlassen habe, und da das Rechtsmittel beim Gerichtshof am 30. August 1995 eingelegt worden sei und dessen Urteil am 6. April 2000 ergangen sei, habe die Verjährung mindestens acht Jahre, neun Monate und vier Tage geruht (77. Erwägungsgrund). Infolgedessen habe die Kommission bis September 2004 Zeit gehabt, eine neue Entscheidung zu erlassen (78. Erwägungsgrund).

77      Somit sei die angefochtene Entscheidung vom 13. Dezember 2000 vor Ablauf der Verjährungsfrist erlassen worden.

78      Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Verjährungsfrist mit der Beendigung der Zuwiderhandlung begonnen hat, d. h. im Jahr 1989, wie in den nachstehenden Randnrn. 293 bis 305 gezeigt wird, und nicht im Jahr 1990, wie die Kommission angibt.

79      Sodann ist, wie die Parteien zutreffend ausführen, die Bezugnahme in Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 auf „ein … vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig[es Verfahren]“ so zu verstehen, dass damit seit der Errichtung des Gerichts in erster Linie ein bei diesem anhängiges Verfahren gemeint ist, da Klagen gegen Sanktionen oder Geldbußen im Bereich des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft in seine Zuständigkeit fallen. Somit ruhte die Verjährung während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gericht.

80      Schließlich ergibt sich aus Randnr. 157 des Urteils PVC II des Gerichtshofs (oben in Randnr. 38 angeführt), dass die Verjährung im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 so lange ruht, wie die fragliche Entscheidung Gegenstand eines Verfahrens „vor dem Gericht und dem Gerichtshof“ ist. Daher ruhte im vorliegenden Fall die Verjährung auch während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gerichtshof, ohne dass es nötig ist, zu dem Zeitraum von der Verkündung des Urteils des Gerichts bis zur Anrufung des Gerichtshofs zu entscheiden.

81      Infolgedessen war im vorliegenden Fall keine Verjährung eingetreten, da die Verjährungsfrist im Jahr 1989 begonnen und die Kommission am 13. Dezember 2000 eine Geldbuße verhängt hat, somit innerhalb des um den Zeitraum des Ruhens der Verjährung verlängerten Zeitraums von fünf Jahren nach dem Beginn der Verjährungsfrist. Der Irrtum der Kommission in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des Zeitpunkts der Beendigung der Zuwiderhandlung wirkt sich nicht auf die Tatsache aus, dass die angefochtene Entscheidung unter Beachtung der Verjährungsregeln der Verordnung Nr. 2988/74 erlassen worden ist.

82      Keines der von der Klägerin vorgetragenen Argumente kann dies in Frage stellen.

83      Erstens haben nämlich Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 einen unterschiedlichen Anwendungsbereich. Der Umstand, dass ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, kann Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74, der Situationen betrifft, in denen die Kommission die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters abwarten muss, nicht jede Wirksamkeit nehmen. Der Ansicht der Klägerin, die Kommission dürfe den Zeitraum nicht berücksichtigen, in dem ein Rechtsmittel beim Gerichtshof anhängig sei, kann nicht gefolgt werden, da dadurch das Rechtsmittelurteil des Gerichtshofs seinen Sinn und Zweck sowie seine Wirkung verlieren würde.

84      Was zweitens das Argument der Klägerin betrifft, die Einführung von zwei Rechtszügen erlaube es nicht, den Zeitraum des Ruhens der Verjährung auszudehnen, so ist daran zu erinnern, dass Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 die Kommission vor dem Eintritt der Verjährung in Situationen schützt, in denen sie im Rahmen von Verfahren, deren Ablauf sie nicht steuern kann, die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters abwarten muss, bevor sie erfährt, ob die angefochtene Handlung rechtswidrig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 144).

85      Was drittens das Vorbringen betrifft, das Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht maßgeblich, so ergibt sich im Gegenteil eindeutig aus dem Wortlaut dieses Urteils, dass generell der Verjährungsfrist der Zeitraum hinzuzufügen ist, in dem die Verjährung ruhte, und zwar nicht nur der Zeitraum, in dem das Verfahren beim Gericht anhängig war, sondern auch der Zeitraum, in dem das Verfahren beim Gerichtshof anhängig war.

86      Was viertens das Argument anbelangt, das Ruhen der Verjährung während eines Rechtsmittelverfahrens führe letztlich dazu, einer in der ersten Instanz für nichtig erklärten Entscheidung Wirkungen einzuräumen, genügt der Hinweis, dass das Ruhen der Verjährung der Kommission nur ermöglicht, eventuell eine neue Entscheidung zu erlassen, falls das Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts, mit dem eine Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt wird, zurückgewiesen wird. Dieses Ruhen der Verjährung wirkt sich in keiner Weise auf die Entscheidung aus, die mit dem Urteil des Gerichts für nichtig erklärt worden ist.

87      Fünftens ist die Kommission im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels zwar formell nicht daran gehindert, nach der Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung durch das Gericht tätig zu werden und eine neue Entscheidung zu erlassen. Jedoch ruht bei einer Klage gegen eine mit Sanktionen verbundene abschließende Entscheidung die Verfolgungsverjährung, bis der Gemeinschaftsrichter endgültig über diese Klage entschieden hat (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 147). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs schützt nämlich Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 die Kommission vor dem Eintritt der Verjährung in Situationen, in denen sie im Rahmen von Verfahren, deren Ablauf sie nicht steuern kann, die Entscheidung des Gemeinschaftsrichters abwarten muss, bevor sie erfährt, ob die angefochtene Handlung rechtswidrig ist. Dieser Art. 3 betrifft somit Fälle, in denen die Untätigkeit des Organs nicht auf mangelnden Bemühungen beruht (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 144). Folglich kann es der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in Ausübung ihrer Verteidigungsrechte ein Rechtsmittel eingelegt und vor dem Erlass einer neuen Entscheidung das Urteil Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt) abgewartet hat.

88      Sechstens führt die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung von Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 zu ernsthaften praktischen Schwierigkeiten. Muss die Kommission nämlich nach der Nichtigerklärung einer Entscheidung durch das Gericht eine neue Entscheidung erlassen, ohne das Urteil des Gerichtshofs abzuwarten, besteht die Gefahr, dass zwei Entscheidungen mit demselben Gegenstand nebeneinander bestehen, falls der Gerichtshof das Urteil des Gerichts aufheben sollte.

89      Außerdem widerspricht es offensichtlich den Erfordernissen der Ökonomie des Verwaltungsverfahrens, die Kommission, nur um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, zum Erlass einer neuen Entscheidung zu verpflichten, bevor sie weiß, ob die ursprüngliche Entscheidung rechtswidrig ist.

90      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

–       Vorbringen der Parteien

91      Die Klägerin trägt vor, dass sie am 13. März 1990, dem Tag, an dem ihr die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt worden sei, d. h. elf Jahre vor dem Zeitpunkt der Einreichung der vorliegenden Klage, von der „Anschuldigung gegen sie“ Kenntnis erlangt habe. Außerdem sei die vorliegende Sache für sie von besonderer Bedeutung, da die Kommission ihr in der Entscheidung 91/298 und dann in der angefochtenen Entscheidung einen schweren Verstoß vorgeworfen und eine Geldbuße in Höhe von 3 Mio. Euro gegen sie verhängt habe. Zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage habe aber noch keine endgültige Entscheidung zu den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen sie erhobenen Anschuldigungen vorgelegen.

92      Unter Bezugnahme auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet wurde, weist die Klägerin darauf hin, dass bei dem im Februar 1990 begonnenen Verfahren insgesamt betrachtet eine angemessene Dauer offensichtlich überschritten worden sei. Die Gemeinschaftsrechtsprechung sehe insoweit nicht vor, dass die Verfahrensdauer abschnittweise zu beurteilen sei. Folglich gebe es keinerlei Rechtfertigung dafür, dass die Kommission fünfeinhalb Jahre gewartet habe, um eine neue Entscheidung zu erlassen, zumal das Rechtsmittel vor dem Gerichtshof keine aufschiebende Wirkung habe.

93      Nach dem Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) habe die Kommission nicht nur ein Rechtsmittel eingelegt, bei dem sie davon habe ausgehen können, dass es im Licht des Urteils Kommission/BASF u. a. (oben in Randnr. 65 angeführt) zurückgewiesen werde, sondern auch vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung seinen Ausgang abgewartet. Darüber hinaus habe die Kommission nach dem Urteil Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt) noch acht Monate gewartet, während in der Rechtssache, in der das Urteil PVC II des Gerichts ergangen sei (oben in Randnr. 25 angeführt), die neue Entscheidung innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Monaten erlassen worden sei.

94      Außerdem verwechsle die Kommission die angemessene Verfahrensdauer mit der Verjährungsfrist, indem sie zu Unrecht davon ausgehe, dass sie mit dem Erlass einer neuen Entscheidung bis zum Jahr 2004 habe warten dürfen. So gebe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht an, worauf sie ihre Ansicht stütze, im vorliegenden Fall sei eine angemessene Verfahrensdauer eingehalten worden. Nach Ansicht der Klägerin kann unabhängig von der eventuellen Rechtfertigung der Länge der einzelnen Verfahrensabschnitte „ein Zeitraum von 14 bis 16 Jahren, ja sogar mehr, für das gesamte Verfahren von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichts oder des Gerichtshofs“ nicht als angemessen angesehen werden.

95      Folglich habe das Gericht das Überschreiten einer angemessenen Verfahrensdauer festzustellen und die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, da es in diesem Stadium nicht mehr möglich sei, innerhalb einer angemessenen Frist zu den gegen die Klägerin erhobenen Anschuldigungen Stellung zu nehmen. Jede andere Entscheidung, z. B. die Berücksichtigung der Überschreitung einer angemessenen Verfahrensdauer bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße, helfe nicht dem Verstoß gegen Art. 6 EMRK ab. Darüber hinaus trägt die Klägerin vor, dass sie nach den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgestellten Grundsätzen nicht zu beweisen habe, dass diese Überschreitung einer angemessenen Verfahrensdauer ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe; dies sei ein anderer Nichtigkeitsgrund. Das Kriterium der Verletzung der Verteidigungsrechte unterscheide sich nämlich von dem Recht, im Strafrecht eine Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist zu erhalten.

96      Auf jeden Fall werde sie durch die Überschreitung einer angemessenen Verfahrensdauer und die sich daraus ergebende Verschlechterung der Beweissituation an ihrer Verteidigung gehindert, indem ihr insbesondere die Möglichkeit genommen werde, ihre Argumente aus der Klageschrift zu untermauern. Zudem könne sie sich nicht mehr an ihre ehemaligen in dem betreffenden Sektor und bei der betreffenden Tochtergesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer wenden. Somit werde sie „in ihrer Verteidigung konkret behindert“.

97      Die Klägerin ist der Ansicht, dass die pflichtwidrige Untätigkeit der Kommission während fünfeinhalb Jahren nach dem Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) besonders geahndet werden müsse. Sie sei zu der Annahme berechtigt gewesen, die Kommission habe davon abgesehen, den Vorgang wieder aufzunehmen, so dass sie sich nicht darum bemüht habe, Aufzeichnungen zu möglicherweise für ihre Verteidigung nützlichen Fakten und Dokumenten systematisch aufzubewahren. Außerdem sei sie durch ihre Archivierungspolitik gezwungen, die Archive, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, nach zehn, ja sogar nach fünf Jahren, systematisch zu vernichten.

98      Schließlich widerspreche es der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, anzunehmen, dass die Beweislast für die Unangemessenheit bei der Klägerin liege, da es nach dieser Rechtsprechung den nationalen Behörden obliege, bei lang andauernder Untätigkeit die Gründe dafür darzulegen, und eine Rechtfertigung nur bei außergewöhnlichen Umständen möglich sei. Die Klägerin trägt auch vor, dass ihr, im Gegensatz zur Kommission, kein Verhalten vorgeworfen werden könne, das auf die Verzögerung des Verfahrens seit 1989 gerichtet sei. Es habe sich gezeigt, dass die Kommission nicht in der Lage sei, ihre internen Feststellungsregeln und den Grundsatz der Rechtssicherheit zu beachten, was die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Entscheidung um mehrere Jahre verzögert habe.

99      Die Kommission tritt den Argumenten der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

100    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer im Bereich des Wettbewerbs im Rahmen der gemäß der Verordnung Nr. 17 eingeleiteten Verwaltungsverfahren, die die dort vorgesehenen Sanktionen auslösen können, und im Verfahren vor dem Gemeinschaftsrichter zu beachten ist (Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 179).

101    Erstens stützt die Klägerin ihre Rüge der Unangemessenheit der Dauer des Verwaltungsverfahrens auf die Tatsache, dass die Kommission, obwohl das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung habe, ohne Grund fünfeinhalb Jahre gewartet habe, um nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/298 durch das Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) eine neue Entscheidung zu erlassen.

102    Wie aber bei der Prüfung des ersten Teils des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, ruhte nach der Einlegung des Rechtsmittels gegen das Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) die Verjährung gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 2988/74 während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Gerichtshof. Folglich kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe allein deswegen, weil sie das Urteil des Gerichtshofs im Rahmen dieses Rechtsmittels abgewartet hatte, bevor sie die angefochtene Entscheidung erließ, den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer verletzt.

103    Zweitens macht die Klägerin ganz allgemein geltend, dass die gesamte Dauer des Verwaltungsverfahrens, d. h. ab dem Versenden der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung, nicht mehr angemessen gewesen sei.

104    Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

105    Im Rahmen der Prüfung der Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ist nämlich zwischen Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Verfahren zu unterscheiden. Somit kann der Zeitraum, in dem der Gemeinschaftsrichter die Rechtmäßigkeit der Entscheidung 91/298 und das Urteil Solvay II (oben in Randnr. 16 angeführt) nachgeprüft hat, bei der Bestimmung der Dauer des Verfahrens vor der Kommission nicht berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnrn. 202 bis 204).

106    Drittens beanstandet die Klägerin die Dauer des Verwaltungsverfahrens zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt) und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung.

107    Insoweit ist zu beachten, dass dieser Zeitraum am 6. April 2000, dem Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt), begann und am 13. Dezember 2000 mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung endete. Dieser Abschnitt des Verwaltungsverfahrens dauerte somit acht Monate und sieben Tage.

108    In diesem Zeitraum hat die Kommission lediglich formale Änderungen der Entscheidung 91/298 vorgenommen; insbesondere hat sie einen neuen Abschnitt über die „Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und dem Gerichtshof“ eingeführt, in dem die Einhaltung der Verjährungsfristen beurteilt wird. Darüber hinaus ging dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine zusätzliche Ermittlungshandlung voraus, da sich die Kommission auf die Ergebnisse der zehn Jahre zuvor durchgeführten Untersuchung gestützt hat. Es ist jedoch einzuräumen, dass sich selbst unter diesen Umständen bestimmte Nachprüfungen und eine gewisse Abstimmung innerhalb der Verwaltung als unerlässlich erweisen können, um zu einem solchen Ergebnis zu gelangen.

109    Unter diesem Gesichtspunkt ist der Zeitraum von acht Monaten und sieben Tagen zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt) und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht als unangemessen anzusehen.

110    Was viertens die Dauer des Verwaltungsverfahrens von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der Entscheidung 91/298 betrifft, hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dass sie als solche beanstandet werden könne. Sie hat nämlich nur vorgetragen, die Angemessenheit der Verfahrensdauer müsse ab dem 13. März 1990 beurteilt werden, dem Tag, an dem ihr die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt worden sei, ohne den Zeitraum von elfeinhalb Monaten zu beanstanden, der zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Erlass der Entscheidung 91/298 am 1. März 1991 vergangen war.

111    Nach alledem hat die Klägerin nichts vorgetragen, aufgrund dessen die Dauer des gesamten Verwaltungsverfahrens im vorliegenden Fall als übermäßig lang angesehen werden könnte.

112    Selbst wenn man nämlich den Abschnitt des Verwaltungsverfahrens, der der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorausgeht, berücksichtigen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnr. 51), ist die Dauer des gesamten Verwaltungsverfahrens, insbesondere im Licht der ab April 1989 durchgeführten Nachprüfungen, der anschließenden Auskunftsverlangen und der Verfahrenseinleitung von Amts wegen am 19. Februar 1990 nicht als übermäßig lang anzusehen. Unter diesen Umständen kann weder die Dauer von etwa elf Monaten zwischen den ab April 1989 von der Kommission durchgeführten Nachprüfungen und dem Tag der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch die Dauer des gesamten Verwaltungsverfahrens als unangemessen angesehen werden.

113    Jedenfalls würde ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer die Nichtigerklärung einer nach Abschluss eines Verwaltungsverfahrens im Bereich des Wettbewerbs erlassenen Entscheidung nur rechtfertigen, soweit damit auch die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens verletzt worden wären. Wenn nämlich nicht erwiesen ist, dass die übermäßig lange Verfahrensdauer die Möglichkeit für die betroffenen Unternehmen, sich wirksam zu verteidigen, beeinträchtigt hat, wirkt sich die Nichtbeachtung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens aus (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnr. 122).

114    Die Klägerin trägt insoweit vor, es sei für sie schwierig, sich gegen Anschuldigungen zu verteidigen, die einen Sachverhalt beträfen, der sich seinerzeit zugetragen habe solle, da sie sich nicht mehr an ihre zur maßgeblichen Zeit in dem betreffenden Sektor und bei der betreffenden Tochtergesellschaft tätigen Beschäftigten wenden könne.

115    Die Kommission hat jedoch zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt) und der angefochtenen Entscheidung keine Ermittlungshandlung durchgeführt.

116    Außerdem ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass sie auf denselben Gründen beruht wie die Entscheidung 91/298, dass der Inhalt dieser beiden Entscheidungen nahezu identisch ist und dass die Kommission keinen neuen Punkt berücksichtigt hat, der die Ausübung eines Verteidigungsrechts erfordert.

117    Unter diesen Umständen sind die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht verletzt worden.

118    Was fünftens das gerichtliche Verfahren anbelangt, stellt die Klägerin in der Klageschrift die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht und anschließend vor dem Gerichtshof betreffend die Entscheidung 91/298 nicht unmittelbar in Frage.

119    Auf jeden Fall gilt der auf Art. 6 Abs. 1 EMRK beruhende allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, dass jedermann Anspruch auf ein faires Verfahren und insbesondere auf ein Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist hat, im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der gegen ein Unternehmen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt werden. Die Angemessenheit der Frist ist anhand der Umstände jeder einzelnen Rechtssache und insbesondere anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Rechtssache sowie des Verhaltens des Klägers und der zuständigen Behörden zu beurteilen. Die Liste dieser Kriterien ist nicht abschließend, und die Beurteilung der Angemessenheit der Frist erfordert keine systematische Prüfung der Umstände des Falles anhand jedes Kriteriums, wenn die Dauer des Verfahrens anhand eines von ihnen gerechtfertigt erscheint. So kann die Komplexität der Sache herangezogen werden, um eine auf den ersten Blick zu lange Dauer zu rechtfertigen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnrn. 115 bis 117 und die dort angeführte Rechtsprechung).

120    Darüber hinaus hat der Gerichtshof im Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417), nach der Feststellung, dass das Gericht eine angemessene Verfahrensdauer überschritten hatte, aus Gründen der Prozessökonomie und im Hinblick darauf, dass gegen einen solchen Verfahrensfehler ein unmittelbarer und effektiver Rechtsbehelf gegeben sein muss, auf den Rechtsmittelgrund der überlangen Verfahrensdauer hin das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben, als darin die Geldbuße der Rechtsmittelführerin auf 3 Mio. ECU festgesetzt wurde. Da jeder Anhaltspunkt dafür fehlte, dass die Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hätte, hat der Gerichtshof entschieden, dass dieser Rechtsmittelgrund nicht zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann, sondern dass ein Betrag von 50 000 ECU eine angemessene Entschädigung für die überlange Dauer des Verfahrens darstellt, und er hat folglich die gegen das betroffene Unternehmen festgesetzte Geldbuße herabgesetzt.

121    Somit hätte, da kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass sich die Verfahrensdauer auf den Ausgang des Rechtsstreits ausgewirkt hätte, ein eventuelles Überschreiten der angemessenen Verfahrensdauer durch den Gemeinschaftsrichter, selbst wenn man es als erwiesen ansähe, im vorliegenden Fall keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

122    Die Klägerin hat in der Klageschrift ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Herabsetzung der Geldbuße als Entschädigung für die behauptete Verletzung ihres Rechts auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Frist verzichtet. Sie hat auch keinen Antrag auf Schadensersatz gestellt.

123    Folglich ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und somit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften

124    Der zweite Klagegrund gliedert sich im Wesentlichen in sieben Teile: erstens Verstoß gegen das Kollegialprinzip, zweitens Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, drittens Verletzung des Rechts der Klägerin, sich erneut zu äußern, viertens Fehlen einer erneuten Anhörung des Beratenden Ausschusses, fünftens vorschriftswidrige Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses, sechstens Verstoß gegen das Recht auf Akteneinsicht und siebtens Verstoß gegen die Grundsätze der Unparteilichkeit, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verhältnismäßigkeit.

125    Das Gericht hält es für zweckmäßig, den sechsten Teil des zweiten Klagegrundes nach der Prüfung des die materiell-rechtliche Seite der Rechtssache betreffenden Klagegrundes im Rahmen eines vierten Klagegrundes zu prüfen, mit dem der Verstoß gegen das Recht auf Akteneinsicht gerügt wird.

 Zum ersten Teil: Verstoß gegen das Kollegialprinzip

–       Vorbringen der Parteien

126    Die Klägerin weist darauf hin, dass die angefochtene Entscheidung gemäß dem Begleitschreiben vom 10. Januar 2001, das von dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet sei, am 13. Dezember 2000 vom Kollegium der Kommissionsmitglieder erlassen worden sei.

127    Aus den in einer Pressemitteilung einer Presseagentur vom 12. Dezember 2000 wiedergegebenen Erklärungen der Sprecherin der Kommission ergebe sich aber, dass der Beschluss, die Entscheidung 91/298 neu zu erlassen, bereits spätestens am Vorabend des Tages, an dem das Kollegium der Kommissionsmitglieder zur Beratung zusammengekommen sei, getroffen worden sei.

128    Nach Ansicht der Klägerin ist in Ermangelung eines Hinweises darauf, dass das Kollegium der Kommissionsmitglieder vor dem 12. Dezember 2000 zur Beratung zusammengekommen sei, der Schluss zu ziehen, dass die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen das Kollegialprinzip erlassen worden sei.

129    Selbst wenn die angefochtene Entscheidung tatsächlich vom Kollegium der Kommissionsmitglieder erlassen worden wäre, ergäbe sich aus der Pressemitteilung einer Presseagentur vom 12. Dezember 2000, dass die Kommission offensichtlich beschlossen habe, eine neue, mit der Entscheidung 91/298 inhaltlich identische Entscheidung zu erlassen, weil die Klägerin die letztgenannte Entscheidung in der Sache nie beanstandet habe. Die Klägerin führt jedoch aus, sie habe die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Rechts- und Sachlage sowie das Prinzip und die Höhe der Geldbuße beanstandet. Folglich sei das Kollegium der Kommissionsmitglieder zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss gefasst worden sei, die angefochtene Entscheidung zu erlassen, über den Standpunkt der Klägerin nicht richtig informiert gewesen.

130    Die Klägerin beantragt auch, der Kommission aufzugeben, alle internen Unterlagen betreffend den Erlass der angefochtenen Entscheidung und insbesondere die Protokolle aller Sitzungen des Kollegiums der Kommissionsmitglieder, in denen der Entscheidungsentwurf besprochen worden sei, sowie die dem Kollegium unterbreiteten Unterlagen vorzulegen.

131    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

132    Nach ständiger Rechtsprechung beruht das Kollegialprinzip auf der Gleichheit der Mitglieder der Kommission bei der Mitwirkung an der Entscheidungsfindung und bedeutet insbesondere, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden und dass alle Mitglieder des Kollegiums für sämtliche erlassenen Entscheidungen politisch gemeinsam verantwortlich sind (Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Kommission/Deutschland, C‑191/95, Slg.1998, I‑5449, Randnr. 39, und vom 13. Dezember 2001, Kommission/Frankreich, C‑1/00, Slg. 2001, I‑9989, Randnr. 79).

133    Die Beachtung des Kollegialprinzips und insbesondere das Erfordernis, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden, ist für die von den Rechtswirkungen dieser Entscheidungen betroffenen Rechtssubjekte zwangsläufig insoweit von Interesse, als sie die Gewähr dafür haben müssen, dass die Entscheidungen tatsächlich vom Kollegium getroffen sind und dessen Willen genau entsprechen. Dies gilt insbesondere für die ausdrücklich als Entscheidungen gekennzeichneten Rechtsakte, die die Kommission gegenüber Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen im Interesse der Einhaltung der Wettbewerbsregeln erlässt und mit denen eine Zuwiderhandlung gegen diese Regeln festgestellt, Anordnungen gegenüber diesen Unternehmen erlassen und ihnen finanzielle Sanktionen auferlegt werden können (Urteil Kommission/BASF u. a., oben in Randnr. 65 angeführt, Randnrn. 64 und 65).

134    Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin darauf, dass laut einer Pressemitteilung einer Presseagentur vom 12. Dezember 2000 die Sprecherin der Kommission angekündigt habe, die Kommission werde am 13. Dezember 2000 dieselbe Entscheidung neu erlassen.

135    Selbst wenn die Sprecherin der Kommission die Äußerungen gemacht hat, auf die sich die Klägerin bezieht, kann die bloße Tatsache, dass eine Pressemitteilung einer privaten Gesellschaft eine Erklärung erwähnt, die keinerlei offiziellen Charakter hat, nicht genügen, um davon auszugehen, dass die Kommission gegen das Kollegialprinzip verstoßen hat. Das Kollegium der Mitglieder der Kommission war in keiner Weise durch diese Erklärung gebunden, und es hätte in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2000 nach einer gemeinsamen Beratung auch den Beschluss fassen können, die angefochtene Entscheidung nicht zu erlassen.

136    Die offizielle Pressemitteilung der Kommission wurde am 13. Dezember 2000 veröffentlicht.

137    Im Übrigen geht ein solches Argument ins Leere, selbst wenn die Sprecherin der Kommission erklärt haben sollte, die Klägerin habe die materiell-rechtliche Seite der Entscheidung 91/298 nie beanstandet. Aus dem 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Kommission aus dem Grund eine neue, mit der Entscheidung 91/298 inhaltlich nahezu identische Entscheidung erlassen hat, weil die Entscheidung 91/298 wegen eines Formfehlers für nichtig erklärt worden war. Dass die Klägerin die materiell-rechtliche Seite der Entscheidung 91/298 womöglich beanstandet hat, ist somit unerheblich.

138    Infolgedessen ist der Kommission nicht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufzugeben, alle internen Unterlagen, die sich auf den Erlass der angefochtenen Entscheidung beziehen, vorzulegen.

139    Somit ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

–       Vorbringen der Parteien

140    Nach Darstellung der Klägerin haben die in der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Geschäftsordnung der Kommission (ABl. 1999, L 252, S. 41) festgelegten Feststellungsförmlichkeiten nicht den Vorgaben der Urteile Kommission/BASF u. a. (oben in Randnr. 65 angeführt, Randnrn. 73 bis 76) und Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt, Randnrn. 44 bis 49) entsprochen.

141    Art. 16 Abs. 1 der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Geschäftsordnung der Kommission sehe nämlich kein Formerfordernis für die Feststellung der angefochtenen Entscheidung vor, die nicht unterschrieben sei, auch wenn sie den Namen des für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglieds der Kommission nenne. Insbesondere sei nicht vorgesehen, dass die gefassten Beschlüsse in dem Moment, in dem die Zusammenfassung erstellt werde, mit dieser verbunden werden müssten, so dass die „Feststellung der einen oder anderen dieser Zusammenfassungen keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem gefassten Beschluss aufweise“. Insoweit unterscheide sich Art. 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Kommission von Art. 15 des Beschlusses des Rates vom 5. Juni 2000 zur Festlegung seiner Geschäftsordnung (ABl. L 149, S. 21).

142    Somit missachte die Geschäftsordnung der Kommission den grundlegenden Charakter von Feststellungsförmlichkeiten und verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Infolgedessen sei die angefochtene Entscheidung nicht rechtmäßig festgestellt worden.

143    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

144    Das Vorbringen der Klägerin ist dahin zu verstehen, dass sie die Rechtswidrigkeit einer Bestimmung der beim Erlass der angefochtenen Entscheidung geltenden Geschäftsordnung der Kommission geltend macht.

145    Eine solche Einrede der Rechtswidrigkeit ist als zulässig anzusehen.

146    Nach der Rechtsprechung ist Art. 241 EG nämlich auch auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung eines Organs anzuwenden, die zwar nicht die Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung bilden und keine gleichartigen Wirkungen wie die Bestimmungen einer Verordnung im Sinne dieses Artikels entfalten, aber die wesentlichen Formvorschriften festlegen, deren Beachtung für den Erlass dieser Entscheidung erforderlich ist und die deshalb die Rechtssicherheit für die Adressaten dieser Entscheidung gewährleisten. Jeder Adressat einer Entscheidung kann nämlich inzidenter die Rechtswidrigkeit des Rechtsakts geltend machen, von dem die formelle Gültigkeit dieser Entscheidung abhängt, auch wenn der betreffende Rechtsakt nicht die Rechtsgrundlage der Entscheidung ist, sofern der Betroffene nicht die Möglichkeit hatte, die Nichtigerklärung dieses Rechtsakts vor der Mitteilung der streitigen Entscheidung zu beantragen. Infolgedessen kann gegenüber den Bestimmungen der Geschäftsordnung der Kommission eine Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben werden, sofern sie dem Schutz des Einzelnen dienen (Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 286 und 287).

147    Im Übrigen ist die Einrede der Rechtswidrigkeit auf das zu beschränken, was für die Entscheidung des Rechtsstreits unerlässlich ist.

148    Art. 241 EG hat nämlich nicht den Zweck, einer Partei zu gestatten, die Unanwendbarkeit eines Rechtsakts allgemeinen Charakters mit jeder beliebigen Klage geltend zu machen. Der allgemeine Rechtsakt, dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, muss unmittelbar oder mittelbar auf den streitgegenständlichen Fall anwendbar sein, und es muss ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen der angegriffenen Einzelfallentscheidung und dem betreffenden allgemeinen Rechtsakt bestehen (vgl. Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 288 und 289 und die dort angeführte Rechtsprechung).

149    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung nach Art. 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung festgestellt wurde. Es besteht somit ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen dieser Entscheidung und dem Artikel der Geschäftsordnung, dessen Rechtswidrigkeit die Klägerin geltend macht. Somit kann Art. 16 Abs. 1 der beim Erlass der angefochtenen Entscheidung geltenden Geschäftsordnung Gegenstand einer Einrede der Rechtswidrigkeit sein.

150    Es ist somit zu prüfen, ob die in der Geschäftsordnung der Kommission festgelegten Formalitäten für die Feststellung den Anforderungen des Grundsatzes der Rechtssicherheit entsprechen.

151    Im vorliegenden Fall ist Art. 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Kommission in der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Fassung maßgeblich, der folgendermaßen lautet:

„Die von der Kommission in einer Sitzung gefassten Beschlüsse sind in der Sprache oder in den Sprachen, in denen sie verbindlich sind, untrennbar mit der Zusammenfassung verbunden, die unmittelbar nach dem Ende der Kommissionssitzung, in der sie angenommen wurden, erstellt wird. Diese Beschlüsse werden durch die Unterschrift des Präsidenten und des Generalsekretärs auf der letzten Seite der Zusammenfassung festgestellt.“

152    Im Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) wurde die Rechtmäßigkeit von Art. 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Kommission vom 17. Februar 1993 (ABl. L 230, S. 15) geprüft, der wie folgt lautete:

„Die von der Kommission in einer Sitzung … gefassten Beschlüsse werden in der Sprache oder in den Sprachen, in denen sie verbindlich sind, dem Protokoll der Kommissionssitzung beigefügt, in der diese Beschlüsse angenommen wurden oder in der ihre Annahme vermerkt wurde. Diese Beschlüsse werden durch die Unterschriften des Präsidenten und des Generalsekretärs auf der ersten Seite dieses Protokolls festgestellt.“

153    In diesem Urteil hat das Gericht entschieden, dass die in dieser Bestimmung festgelegten Modalitäten als solche eine hinreichende Garantie dafür boten, dass im Streitfall die vollkommene Übereinstimmung der zugestellten oder veröffentlichten Texte mit dem vom Kollegium angenommenen Text und damit zugleich mit dem Willen der sie erlassenden Stelle geprüft werden konnten. Da dieser Text dem Protokoll beigefügt war und die erste Seite dieses Protokolls vom Präsidenten und vom Generalsekretär unterschrieben war, bestand eine Verbindung zwischen diesem Protokoll und den Schriftstücken, auf die es sich bezog, die es erlaubte, sich über den genauen Inhalt und die genaue Form der Entscheidung des Kollegiums zu vergewissern. Dabei sprach eine Vermutung dafür, dass eine Behörde gemäß den geltenden Rechtsvorschriften gehandelt hatte, solange die Rechtswidrigkeit ihres Handelns nicht vom Gemeinschaftsrichter festgestellt worden war. Infolgedessen war die Feststellung nach den Modalitäten des Art. 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung als rechtmäßig anzusehen (Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 302 bis 304).

154    Art. 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Kommission in der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Fassung sieht ein Feststellungsverfahren vor, das formalistischer ist als das im Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) geprüfte.

155    Zwischen den beiden Fassungen des Textes wurden nämlich folgende Änderungen vorgenommen: die in einer Sitzung gefassten Beschlüsse werden dem Protokoll nicht mehr nur „beigefügt“, sondern sind „untrennbar … verbunden“; das Wort „Protokoll“ wurde ersetzt durch „Zusammenfassung“; die Zusammenfassung wird „unmittelbar nach dem Ende der Kommissionssitzung“ erstellt; schließlich erfolgt die Unterschrift nicht mehr auf der „ersten Seite [des] Protokolls“, sondern auf der „letzten Seite der Zusammenfassung“.

156    Diese Änderungen stärken insgesamt die Verfahrensgarantien, die die Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit sicherstellen sollen.

157    Folglich ist Art. 16 Abs. 1 der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Geschäftsordnung der Kommission nicht rechtswidrig.

158    Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil: Verletzung des Rechts der Klägerin, sich erneut zu äußern

–       Vorbringen der Parteien

159    Die Klägerin räumt ein, dass nach den Ausführungen in den Randnrn. 246 bis 252 des Urteils PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) in dem Fall, dass eine Entscheidung der Kommission wegen eines Formfehlers für nichtig erklärt wird, eine erneute Anhörung der betroffenen Unternehmen vor Erlass der neuen Entscheidung nur erforderlich ist, soweit diese neue Beschwerdepunkte enthält.

160    Diese Entscheidung sei jedoch auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles nicht übertragbar. Zum einen enthalte das Verwaltungsverfahren zahlreiche Fehler wegen der Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht. Zum anderen werde in der angefochtenen Entscheidung auf die Analyse der Entscheidung 91/297 zurückgegriffen, die aus anderen als rein formalen Gründen für nichtig erklärt und nicht neu erlassen worden sei.

161    Die Nichtigerklärung der Entscheidung 91/297 habe somit die Gültigkeit der Maßnahmen beeinträchtigt, die zur Vorbereitung der angefochtenen Entscheidung getroffen worden seien. Im Urteil Solvay I (oben in Randnr. 17 angeführt) habe das Gericht festgestellt, dass die vollkommene Ablehnung der Übermittlung der Schriftstücke seitens der Kommission das Recht der Klägerin auf Akteneinsicht verletzt habe. Außerdem wirke sich dieser Verfahrensfehler auf das Verwaltungsverfahren, das zum Erlass der Entscheidung 91/298 geführt habe, ebenso aus wie auf das die Entscheidung 91/297 betreffende Verfahren. Somit hätte die Kommission das Verfahren wiedereröffnen, ihr vollständige Einsicht in ihre Akte gewähren und ihr dann ermöglichen müssen, in vollem Umfang schriftlich und mündlich dazu Stellung zu nehmen.

162    Außerdem sei die Auslegung im Urteil PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt) rechtsfehlerhaft, weil danach für das betroffene Unternehmen das Recht, sich zu äußern, allein auf die Möglichkeit beschränkt werde, zu den ihm gegenüber in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen. Jedes betroffene Unternehmen habe nämlich auch das Recht, sich zum Prinzip, zur Zweckmäßigkeit und zur Höhe der Geldbuße zu äußern. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung führt die Klägerin aus, dass es den Unternehmen, die als Adressaten einer Entscheidung in Frage kämen, in der festgestellt werde, dass sie eine Zuwiderhandlung begangen hätten, und in der deshalb eine Geldbuße gegen sie verhängt werde, möglich sein müsse, im Stadium des Verwaltungsverfahrens in vollem Umfang zur Geldbuße Stellung zu nehmen. Die Klägerin trägt vor, dass sie wegen der in der vorliegenden Rechtssache verstrichenen Zeit zur Verjährung der Befugnis der Kommission, Geldbußen gegen sie zu verhängen, und zum Überschreiten einer angemessenen Verfahrensdauer sowie zur Höhe der Geldbuße neue Bemerkungen anzubringen gehabt hätte.

163    Nach der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/297 hätte sie zur internen Kohärenz der Analyse der Kommission, die in der angefochtenen Entscheidung behaupte, die in Rede stehende Zuwiderhandlung verstärke die Auswirkungen einer allgemeinen wettbewerbswidrigen Politik, und zur Richtigkeit bestimmter Aussagen in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des Bestehens eines Kartells mit ICI, die unmittelbar aus der Entscheidung 91/297 übernommen worden seien, gehört werden müssen.

164    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

165    Wenn die Kommission nach der Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der Sanktionen gegen Unternehmen verhängt wurden, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen haben, wegen eines Verfahrensfehlers, der ausschließlich die Modalitäten ihrer endgültigen Annahme durch das Kollegium der Mitglieder der Kommission betrifft, eine neue Entscheidung mit einem im Wesentlichen identischen Inhalt und aufgrund der gleichen Beschwerdepunkte erlässt, ist sie nicht verpflichtet, eine erneute Anhörung der betroffenen Unternehmen durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnrn. 83 bis 111).

166    Die Rechtsfragen, die sich im Rahmen der Anwendung von Art. 233 EG stellen können – wie die nach dem Zeitablauf, der Möglichkeit weiterer Verfolgungsmaßnahmen, einer mit der Wiederaufnahme des Verfahrens verbundenen Akteneinsicht, dem Tätigwerden des Anhörungsbeauftragten und des Beratenden Ausschusses sowie etwaigen Auswirkungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 17 –, machen ebenfalls keine erneuten Anhörungen erforderlich, da sie den Inhalt der Beschwerdepunkte nicht ändern, die allein gegebenenfalls Gegenstand einer späteren gerichtlichen Überprüfung sein können (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 93).

167    Im vorliegenden Fall hat die Kommission den Inhalt der Entscheidung 91/298 fast vollständig übernommen. Sie hat die angefochtene Entscheidung lediglich um einen Abschnitt ergänzt, der das Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof betrifft.

168    Die Kommission hat zwar in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der den Sachverhalt betrifft, auch Erwägungen aus der Entscheidung 91/297 hinzugefügt, die dann durch das Urteil Solvay I (oben in Randnr. 17 aufgeführt) für nichtig erklärt wurde.

169    Zum einen wurde jedoch in der Entscheidung 91/298, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt, hinsichtlich der Informationen über das Produkt und den Sodamarkt ausdrücklich auf die Entscheidung 91/297 verwiesen (vgl. Teil I B der Erwägungsgründe der Entscheidung 91/298). In der Erwiderung räumt die Klägerin zudem ein, dass die Passagen der Entscheidung 91/297, die in der angefochtenen Entscheidung übernommen wurden, „in vollem Umfang Bestandteil“ der Entscheidung 91/298 waren.

170    Zum anderen sind diese nur sachbezogenen Informationen nicht maßgeblich hinsichtlich der Zuwiderhandlung, die der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache vorgeworfen wird. Im vorliegenden Fall betrifft das in Rede stehende Verhalten nämlich ein Kartell zwischen der Klägerin und CFK und nicht die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zwischen der Klägerin und ICI.

171    Die angefochtene Entscheidung und die Entscheidung 91/298 haben folglich einen im Wesentlichen gleichen Inhalt und beruhen auf den gleichen Gründen.

172    Infolgedessen musste die Kommission gemäß der oben in den Randnrn. 165 und 166 angeführten Rechtsprechung vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung die Klägerin nicht erneut anhören.

173    Im Übrigen ist das Vorbringen zur Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht Gegenstand einer eigenständigen Rüge und wird somit an anderer Stelle geprüft.

174    Infolgedessen ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum vierten Teil: keine erneute Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen

–       Vorbringen der Parteien

175    Die Klägerin beanstandet die Beurteilung in den Randnrn. 254 bis 257 des Urteils PVC II des Gerichts (oben in Randnr. 25 angeführt), wonach in dieser Rechtssache eine erneute Anhörung des Beratenden Ausschusses nicht erforderlich war. Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich die Verpflichtung, den Beratenden Ausschuss anzuhören, entgegen der Entscheidung des Gerichts in diesem Urteil nicht aus Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze (1) und (2) der Verordnung Nr. 17 (ABl. 127, S. 2268), der nur die zeitliche Abfolge des einzuhaltenden Verfahrens regle, sondern aus Art. 10 der Verordnung Nr. 17 in der zur maßgeblichen Zeit geltenden Fassung. Auch wenn die Anhörung des Beratenden Ausschusses eine wichtige Verfahrensgarantie sei, verfolge sie ein anderes Ziel als die bloße Anhörung des Unternehmens, das von dem Entscheidungsvorschlag betroffen sei, was durch die Tatsache bestätigt werde, dass der Verzicht des Unternehmens auf die Anhörung die Kommission nicht davon befreie, den Beratenden Ausschuss anzuhören.

176    Infolgedessen hätte im vorliegenden Fall der Beratende Ausschuss zum Vorhaben der Kommission, nach dem Urteil Kommission/Solvay (oben in Randnr. 19 angeführt) die angefochtene Entscheidung zu erlassen, insbesondere zur Frage der Beachtung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer, angehört werden müssen.

177    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

178    Art. 10 der Verordnung Nr. 17 in der zur maßgeblichen Zeit geltenden Fassung lautet:

„3.      Ein Beratender Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen ist vor jeder Entscheidung, die ein Verfahren nach Absatz (1) abschließt, sowie vor jeder Entscheidung über Erneuerung, Änderung oder Widerruf einer nach Artikel [81] Absatz (3) [EG] abgegebenen Erklärung anzuhören.

5.      Die Anhörung erfolgt in einer gemeinsamen Sitzung, zu der die Kommission einlädt; diese Sitzung findet frühestens vierzehn Tage nach Absendung der Einladung statt. Der Einladung sind eine Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der wichtigsten Schriftstücke sowie ein vorläufiger Entscheidungsvorschlag für jeden zu behandelnden Fall beizufügen.“

179    Außerdem bestimmt Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63:

„Bevor die Kommission den Beratenden Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen anhört, nimmt sie eine Anhörung nach Artikel 19 Absatz (1) der Verordnung Nr. 17 vor.“

180    Nach ständiger Rechtsprechung folgt aus Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63, dass die Anhörung der betroffenen Unternehmen und die des Beratenden Ausschusses in denselben Fällen erforderlich ist (Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, Slg. 1989, 2859, Randnr. 54, und Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 115).

181    Die Verordnung Nr. 99/63 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 2842/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Anhörung in bestimmten Verfahren nach Artikel [81 EG] und [82 EG] (ABl. L 354, S. 18) ersetzt, die zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung in Kraft war und deren Art. 2 Abs. 1 einen Wortlaut hat, der dem von Art. 1 der Verordnung Nr. 99/63 nahe kommt.

182    Nach der angefochtenen Entscheidung ist der Beratende Ausschuss für Kartell‑ und Monopolfragen im vorliegenden Fall vor der Entscheidung 91/298 angehört worden. Die Klägerin beanstandet weder die Durchführung noch die Rechtmäßigkeit dieser Anhörung.

183    Da die angefochtene Entscheidung gegenüber der Entscheidung 91/298 keine wesentlichen Änderungen enthält, musste die Kommission die Klägerin vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht erneut anhören, und sie hatte auch keine erneute Anhörung des Beratenden Ausschusses durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 118).

184    Infolgedessen ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum fünften Teil: nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen

–       Vorbringen der Parteien

185    Die Klägerin macht geltend, dass nach der Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen, die vor dem Erlass der Entscheidung 91/298 und der angefochtenen Entscheidung stattgefunden habe, am 1. Januar 1995 drei Staaten der Gemeinschaft beigetreten seien. Da sich der Beratende Ausschuss aus jeweils einem Vertreter jedes Mitgliedstaats zusammensetze, sei er zu dem Zeitpunkt, als die Kommission den Vorschlag erstellt habe, der zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt habe, nicht mehr ordnungsgemäß zusammengesetzt gewesen. Die Kommission hätte somit eine erneute Anhörung des ordnungsgemäß zusammengesetzten Beratenden Ausschusses durchführen müssen.

186    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

187    Art. 10 Abs. 4 der Verordnung Nr. 17 in der zur maßgeblichen Zeit geltenden Fassung lautet:

„Der Beratende Ausschuss setzt sich aus für Kartell- und Monopolfragen zuständigen Beamten zusammen. Jeder Mitgliedstaat bestimmt als seinen Vertreter einen Beamten, der im Falle der Verhinderung durch einen anderen Beamten ersetzt werden kann.“

188    Nach der Rechtsprechung lässt eine Änderung in der Zusammensetzung eines Organs die Kontinuität des Organs selbst unberührt, dessen endgültige oder vorbereitende Handlungen grundsätzlich alle ihre Wirkungen beibehalten (Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 36).

189    Außerdem gibt es im Gemeinschaftsrecht keinen allgemeinen Grundsatz der Kontinuität der Zusammensetzung des Verwaltungsorgans, das mit einer Sache befasst ist, die zur Verhängung einer Geldbuße führen kann (Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 322 und 323).

190    Somit brauchte die Kommission den Beratenden Ausschuss nach dem Beitritt von drei weiteren Staaten zur Gemeinschaft nicht erneut anzuhören.

191    Folglich ist der fünfte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum siebten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Unparteilichkeit, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verhältnismäßigkeit

–       Vorbringen der Parteien

192    Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung gebe praktisch Wort für Wort eine Entscheidung wieder, die zehn Jahre zuvor erlassen worden sei, und sie trage in keiner Weise dem Zeitablauf und den Folgen der Nichtigerklärung der Entscheidung 91/297 Rechnung. Außerdem hätte ihr die Kommission vollständige Akteneinsicht gewähren müssen.

193    Darüber hinaus sei die angefochtene Entscheidung unverhältnismäßig, da sie lange Zeit nach den Vorkommnissen zur Wiedereröffnung eines Verfahrens führe, so dass ihr auf alle Fälle jede nützliche Wirkung fehle.

194    Überdies habe die Kommission keine Gründe dafür genannt, warum sie es für angebracht gehalten habe, ihr erneut eine „drakonische Entscheidung“ aufzuerlegen, obwohl sie im Übrigen darauf verzichtet habe, im Anschluss an die Nichtigerklärung der Entscheidung 91/297 eine neue Entscheidung zu erlassen. Die Kommission habe jedoch die Zuwiderhandlungen, die zu den Entscheidungen 91/297, 91/298 und 91/299 geführt hätten, als Gesamtheit behandelt, und die Entscheidungen seien unter diesem Blickwinkel abgefasst worden. Das Gericht könne somit die Gründe für den Beschluss der Kommission, eine neue Entscheidung zu erlassen, deren Inhalt praktisch identisch sei mit dem der Entscheidung 91/298, nicht beurteilen.

195    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

196    Die Klägerin greift unter dem Deckmantel der Rüge eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Unparteilichkeit, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verhältnismäßigkeit die gleichen Argumente wieder auf, die sie bereits geltend gemacht hat, insbesondere den Zeitablauf und das Recht auf Akteneinsicht, die das Gericht an anderer Stelle prüft.

197    Das einzige neue Element betrifft das Fehlen einer Begründung hinsichtlich der Tatsache, dass die Kommission eine neue Entscheidung erlassen hat, deren Inhalt nahezu identisch ist mit dem der Entscheidung 91/298. Die Kommission hat aber ihre Gründe dafür, die Entscheidung 91/298 neu zu erlassen, in den der Entscheidung 91/298 hinzugefügten Erwägungsgründen 67 bis 78 der angefochtenen Entscheidung dargelegt. Folglich geht die Rüge der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht fehl.

198    Somit ist der siebte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

199    Nach alledem ist der zweite Klagegrund vorbehaltlich der im Rahmen des vierten Klagegrundes erfolgenden Prüfung des sechsten Teils, mit dem eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht gerügt wird, insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: keine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

 Vorbringen der Parteien

200    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die angefochtene Entscheidung „schlecht begründet“, da sie versuche, die Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten nachzuweisen, indem sie lediglich auf eine angebliche allgemeine Politik der Klägerin zur Kontrolle des Marktes von kalzinierter Soda in der Gemeinschaft hinweise und ausführe, dass die behauptete Vereinbarung zwischen der Klägerin und CFK Teil dieser allgemeinen Politik gewesen sei.

201    Dieser Vorwurf einer allgemeinen Politik gehe auf die Betrachtungsweise der Kommission zurück, die in den „Natriumkarbonat“-Fällen immer der Ansicht gewesen sei, dass sich die behaupteten Zuwiderhandlungen gegen die Art. 81 EG und 82 EG gegenseitig verstärkten und eine globale Strategie zur Abschottung der Märkte und zur Beschränkung des Wettbewerbs bildeten.

202    Es sei der Kommission aber erstens nie gelungen, zu beweisen, dass ein angebliches „europäisches Kartell“ zwischen allen Herstellern von Natriumkarbonat existiere.

203    Zweitens handele es sich bei den von der Kommission gerügten Verhaltensweisen, betrachte man sie als missbräuchlich, um Einzelfälle ohne bedeutende Auswirkung auf den Wettbewerb.

204    Drittens betreffe die behauptete Vereinbarung geringe Mengen; die Kommission erwähne 11 000 Tonnen in zwei Jahren bezogen auf einen Markt von mehr als 1 Mio. Tonnen, was ungefähr 1 % des jährlichen Verbrauchs auf dem deutschen Markt und ungefähr 4 % der gesamten Produktionskapazität von CFK ausmache. Außerdem beziehe sich die Vereinbarung von vornherein auf die Sodamengen, die CFK auf dem Markt nicht habe absetzen können. Somit könne die angebliche Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht spürbar beeinträchtigen.

205    In der Erwiderung führt die Klägerin aus, sie habe zwar keinen eigenen Klagegrund zum Bestehen der angeblichen, ihr von der Kommission zur Last gelegten Vereinbarung mit CFK geltend gemacht, doch bedeute dies nicht, dass sie das Bestehen einer solchen Vereinbarung einräume.

206    Die Klägerin führt weiter aus, dass die Preise in Deutschland höher gewesen seien als im Rest der Gemeinschaft. Wenn CFK somit diese Mengen in anderen Mitgliedstaaten hätte absetzen wollen, hätte dies bei ihr zu einer Einkommenseinbuße geführt, und es wäre nicht in ihrem Interesse gewesen, diese durch eine Senkung der Preise auf diesen Märkten noch zu erhöhen. Ohne die angebliche Vereinbarung hätte CFK ein Interesse daran gehabt, die Mengen, die DSW nicht übernommen hätte, auf dem deutschen Markt abzusetzen.

207    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

208    Art. 81 Abs. 1 EG ist nur auf solche Vereinbarungen anwendbar, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Vereinbarung zwischen Unternehmen geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinne beeinflussen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, Slg. 1985, 2545, Randnr. 22; Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Randnr. 63). Somit liegt im Allgemeinen eine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels vor, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1994, DLG, C‑250/92, Slg. 1994, I‑5641, Randnr. 54, und vom 29. April 2004, British Sugar/Kommission, C‑359/01 P, Slg. 2004, I‑4933, Randnr. 27).

209    Dabei ist es von geringer Bedeutung, ob der Einfluss eines Kartells auf den Handel ungünstig, neutral oder günstig ist. Eine Wettbewerbsbeschränkung ist nämlich geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sie die Handelsströme von der Richtung ablenken kann, die sie andernfalls genommen hätten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Oktober 1980, Van Landewyck u. a./Kommission, 209/78 bis 215/78 und 218/78, Slg. 1980, 3125, Randnr. 172).

210    Außerdem reicht die Eignung eines Kartells zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, d. h. seine potenzielle Wirkung, aus, damit es in den Anwendungsbereich von Art. 81 EG fällt, und es bedarf keines Nachweises einer tatsächlichen Beeinträchtigung des Handelsverkehrs (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a., C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Randnr. 48, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 166). Es ist jedoch erforderlich, dass die potenzielle Wirkung des Kartells auf den zwischenstaatlichen Handel spürbar ist, oder mit anderen Worten, dass es nicht geringfügig ist (Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1998, Javico, C‑306/96, Slg. 1998, I‑1983, Randnrn. 12 und 17, und Urteil CMA CGM u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 207).

211    Zudem hat ein Kartell, das sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt, schon seinem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, indem es die vom EG-Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1972, Vereeniging van Cementhandelaren/Kommission, 8/72, Slg. 1972, 977, Randnr. 29, und vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Randnr. 37).

212    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ihre Ansicht, die in Rede stehende Vereinbarung beeinträchtige den Handel zwischen Mitgliedstaaten, auf drei Punkte gestützt: Erstens sei die Vereinbarung „Teil [einer] allgemeine[n] Politik zur Kontrolle des Marktes von kalzinierter Soda in der EG“; zweitens werde mit der Vereinbarung „nicht nur die Einschränkung des Wettbewerbs in einem wichtigen Teil des Gemeinschaftsmarktes, sondern auch die Aufrechterhaltung starrer Marktstrukturen und die Trennung der nationalen Märkte bezweckt“; drittens „wären wahrscheinlich die von Solvay unter der Garantiezusage abgenommenen Mengen von CFK auf anderen Märkten in der Gemeinschaft abgesetzt worden, wenn es die Vereinbarung nicht gegeben hätte“.

213    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin in ihren Schreiben die beiden letztgenannten Punkte der Argumentation der Kommission nicht bestreitet.

214    Die Klägerin macht keinen Klagegrund geltend, mit dem das Bestehen einer Vereinbarung zwischen ihr und CFK bestritten wird, nach der sie, wie es in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung heißt, „CFK eine … jährliche Mindestabsatzmenge an kalzinierter Soda auf dem deutschen Markt garantierte und CFK einen Ausgleich durch Aufkauf etwaiger Fehlmengen bis zur garantierten Mindestabsatzmenge gewährte“.

215    Eine Vereinbarung über eine garantierte jährliche Mindestabsatzmenge auf einem nationalen Markt wie in der vorliegenden Rechtssache kann definitionsgemäß die Handelsströme von der Richtung ablenken, die sie andernfalls genommen hätten. Sie führt nämlich dazu, dass ein Teil der Natriumkarbonatproduktion, die in andere Mitgliedstaaten hätte exportiert werden können, vom Markt genommen wird.

216    Selbst wenn somit das Vorbringen der Klägerin zum Fehlen einer allgemeinen Politik zur Kontrolle des Sodamarktes zuträfe, hätte es keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, da die Schlussfolgerung der Kommission, mit der eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten festgestellt wird, dadurch ausreichend bewiesen ist, dass die in Rede stehende Vereinbarung geeignet war, die Handelsströme von der Richtung abzulenken, die sie andernfalls genommen hätten.

217    Die Klägerin beruft sich auch darauf, dass die Vereinbarung in Anbetracht der geringen Bedeutung der in Rede stehenden Mengen nicht geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

218    Laut dem 43. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung war, während auf dem deutschen Sodamarkt in den Jahren 1986 und 1987 ungefähr 1 080 000 Tonnen abgesetzt wurden, die Garantiemenge für CFK im Jahr 1987 ursprünglich auf 179 000 Tonnen festgesetzt worden, eine Menge, die dann erhöht wurde. Insoweit ist nicht auf die Menge abzustellen, die die Klägerin tatsächlich jedes Jahr bei CFK gekauft hat, sondern auf die Menge, die die Klägerin nach der Vereinbarung möglicherweise bei CFK kaufen musste, nämlich ursprünglich 179 000 Tonnen.

219    Wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung zu Recht ausführt, kann diese Menge von 179 000 Tonnen, die 1987 16,57 % des deutschen Marktes darstellte, nicht als unbedeutend angesehen werden.

220    Nach alledem war die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht der Meinung, dass sich das in Rede stehende Kartell auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken konnte.

221    Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht

222    Der vierte Klagegrund umfasst im Wesentlichen zwei Teile, mit denen geltend gemacht wird, dass sich unter den im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen eingesehenen Unterlagen der Akte für die Verteidigung nützliche Schriftstücke befanden und dass die Klägerin keine vollständige Akteneinsicht hatte.

223    Vorab ist festzustellen, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts ist, das unter allen Umständen, insbesondere aber in allen Verfahren, die zu Sanktionen führen können, zu beachten ist, selbst wenn es sich dabei um ein Verwaltungsverfahren handelt. Sie verlangt, dass die betroffenen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen bereits während des Verwaltungsverfahrens in die Lage versetzt werden, zum Vorliegen und zur Bedeutung der von der Kommission geltend gemachten Tatsachen, Beschwerdepunkte und Umstände angemessen Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 23. Mai 1978, Hoffmann-La Roche/Kommission, 102/77, Slg. 1978, 1139, Randnr. 11, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085, Randnr. 49).

224    Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit gibt, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 68, und Urteil vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 145).

225    In Bezug auf belastende Elemente muss das betroffene Unternehmen dartun, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission in ihrer Entscheidung gekommen ist, anders ausgefallen wäre, wenn ein nicht übermitteltes Schriftstück, auf das die Kommission ihre Vorwürfe gegen dieses Unternehmen gestützt hat, als belastendes Beweismittel ausgeschlossen werden müsste. Bei entlastenden Elementen muss das betroffene Unternehmen nachweisen, dass das Unterbleiben ihrer Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu Ungunsten dieses Unternehmens beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer etwaigen Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf Schwere und Dauer des dem Unternehmen zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können. Die Möglichkeit, dass ein nicht übermitteltes Schriftstück Einfluss auf den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission hätte haben können, kann nur nach einer vorläufigen Prüfung bestimmter Beweismittel nachgewiesen werden, die zeigt, dass die nicht übermittelten Schriftstücke eine Bedeutung – für diese Beweismittel – hätten haben können, die nicht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnrn. 73 bis 76, und Urteil vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 146).

226    Schließlich könnte ein Verstoß gegen das Recht auf Akteneinsicht nur dann eine völlige oder teilweise Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission nach sich ziehen, wenn die nicht ordnungsgemäße Einsicht in die Ermittlungsakte im Verwaltungsverfahren das betroffene oder die betroffenen Unternehmen daran gehindert hätte, Unterlagen, die für ihre Verteidigung hätten nützlich sein können, zur Kenntnis zu nehmen, und auf diese Weise ihre Verteidigungsrechte verletzt hätte. Dies wäre der Fall, wenn durch die Offenlegung eines Schriftstücks eine, sei es auch nur entfernte, Möglichkeit bestanden hätte, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, falls das betroffene Unternehmen das Schriftstück in diesem Verfahren hätte heranziehen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnrn. 73 bis 76).

227    Im Licht dieser Erwägungen ist zu beurteilen, ob die Kommission in der vorliegenden Rechtssache die Verteidigungsrechte der Klägerin beachtet hat.

 Zum ersten Teil: Vorhandensein von für die Verteidigung nützlichen Schriftstücken unter den im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen eingesehenen Unterlagen der Akte

228    Wie sich aus der in den vorstehenden Randnummern angeführten Rechtsprechung ergibt, muss das betroffene Unternehmen bei entlastenden Beweisen nachweisen, dass das Unterbleiben ihrer Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte.

229    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihre Stellungnahme am 15. Juli 2005 nach Einsichtnahme in die Unterlagen der Akte vorgelegt.

–       Vorbringen der Parteien

230    Die Klägerin macht geltend, der Zugang zu diesen Unterlagen im Verwaltungsverfahren hätte ihr ermöglicht, für ihre Verteidigung nützliche Argumente in Bezug auf eine fehlende Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten vorzutragen.

231    Zum einen wäre es ihr aufgrund der Unterlagen in der Ermittlungsakte, die sie im Verwaltungsverfahren nicht habe einsehen können, möglich gewesen, nachzuweisen, dass sie keine Handelsstrategie zur Kontrolle des Marktes entwickelt habe und dass CFK im gleichen Zeitraum Natriumkarbonat an andere Wettbewerber geliefert habe. Insbesondere ergebe sich aus einem internen Vermerk von CFK, dass diese ihr im Jahr 1988, nach Produktionsschwierigkeiten, die sie in ihren Fabriken im Süden Europas zu bewältigen gehabt habe, 2 544 Tonnen Natriumkarbonat geliefert habe. Darüber hinaus bewiesen andere in der Ermittlungsakte befindliche Schriftstücke, die sie im Verwaltungsverfahren nicht habe einsehen können, dass sich alle Hersteller von Natriumkarbonat regelmäßig gegenseitig beliefert hätten.

232    Zum anderen bewiesen die Unterlagen, die sie im Verwaltungsverfahren nicht habe einsehen können, dass in den Jahren, in denen CFK die streitigen Lieferungen vorgenommen habe, die Typologie und der Umfang ihrer Exporte in die anderen Staaten der Gemeinschaft vergleichbar geblieben seien. Somit hätten die Lieferungen an sie keine Auswirkungen auf die Handelsströme in der Gemeinschaft gehabt.

233    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

234    Zunächst ist festzustellen, dass der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogene Umstand, dass die in Rede stehende Vereinbarung Teil einer allgemeinen Politik zur Kontrolle des Sodamarktes in der Gemeinschaft gewesen sei, keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hat (siehe oben, Randnr. 216). Folglich könnten die Schriftstücke, auf die sich die Klägerin nach der Akteneinsicht beruft, auch wenn sich mit ihnen belegen lassen sollte, dass sie keine Handelsstrategie zur Kontrolle des Marktes verfolgte, keine Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung bewirken.

235    Auf jeden Fall verfügte die Klägerin, die zur maßgeblichen Zeit die führende Herstellerin von Natriumkarbonat in der Gemeinschaft war, zwangsläufig über die Informationen, die es ihr ermöglichten, im Jahr 1990 geltend zu machen und zu belegen, dass sich die Hersteller von Natriumkarbonat regelmäßig gegenseitig belieferten. Insbesondere führt die Klägerin mehrere Schriftstücke an, die zeigen, dass zwischen ihr und ihren Wettbewerbern Verkäufe von Natriumkarbonat getätigt wurden, was ihr offensichtlich bekannt sein musste.

236    Im Übrigen ist das Argument, dass die Lieferungen an die Klägerin sich nicht auf die Handelsströme in der Gemeinschaft ausgewirkt hätten, nicht geeignet, die Schlussfolgerung der Kommission hinsichtlich der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten in Frage zu stellen. Wie die Kommission nämlich im 58. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführt, bestand der Zweck der Vereinbarung darin, Marktstabilität auf künstliche Weise herbeizuführen, was von der Klägerin nicht bestritten wird. Da die Vereinbarung aber darauf abzielte, die bestehende Struktur des Natriumkarbonatmarktes aufrechtzuerhalten, ist die logische Folge, dass die Exporte von CFK in die Gemeinschaft stabil bleiben mussten. Somit vermag das Argument der Klägerin die Erwägungen der Kommission zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten keineswegs in Frage zu stellen, sondern ist eher geeignet, sie zu stützen.

237    Somit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass durch die Offenlegung dieser Schriftstücke eine, sei es auch nur entfernte, Möglichkeit bestanden hätte, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, falls sie die Schriftstücke in diesem Verfahren hätte heranziehen können, wie die Rechtsprechung verlangt (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnrn. 73 bis 76).

238    Somit ergibt sich aus der Prüfung der Schriftstücke, auf die sich die Klägerin nach der im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen erfolgten Akteneinsicht beruft, dass die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht verletzt hat. Folglich ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: keine vollständige Akteneinsicht der Klägerin

–       Vorbringen der Parteien

239    In der Klageschrift macht die Klägerin geltend, dass es ihr niemals möglich gewesen sei, ein vollständiges Inhaltsverzeichnis der Akte der Kommission zu erhalten. Außerdem habe ihr die Kommission im Verwaltungsverfahren, das dem Erlass der Entscheidung 91/298 vorausgegangen sei, nur Einsicht in die belastenden Schriftstücke gewährt, die der Mitteilung der Beschwerdepunkte beigefügt gewesen seien. Infolgedessen sei ihr nach der Beschreibung der Akte im Urteil Solvay I (oben in Randnr. 17 angeführt) Einsicht in einen Komplex von „Teilakten“ verweigert worden, die ihre Wettbewerber betroffen hätten (Rhône-Poulenc, CFK, Matthes & Weber, Akzo und ICI), sowie in etwa zehn Akten mit Antworten auf Auskunftsverlangen nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 in der zur maßgeblichen Zeit anwendbaren Fassung, insbesondere auf diejenigen, die die Kommission an einige ihrer Abnehmer gerichtet habe. Sie sei auf diese Weise daran gehindert worden, zu prüfen, ob diese Akten für ihre Verteidigung nützliche Punkte enthalten hätten, insbesondere was die Wettbewerbssituation auf dem deutschen Markt, den Kontext der angeblichen Vereinbarung sowie ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten betreffe. Die Verschlechterung der Beweissituation aufgrund der seit dem beanstandeten Sachverhalt vergangenen Zeit hätte diese Akteneinsicht umso wichtiger gemacht.

240    In ihrer Stellungnahme vom 15. Juli 2005, die sie nach der Akteneinsicht in der Kanzlei des Gerichts vorgelegt hat, trägt die Klägerin vor, sie könne nicht angeben, in welchem Umfang die in den Akten fehlenden Schriftstücke für ihre Verteidigung nützlich gewesen wären. Sie weist in dieser Hinsicht darauf hin, dass die Kommission zum einen den Verlust von fünf Ordnern ausdrücklich eingeräumt habe und zum anderen nicht garantieren könne, dass die Ordner, die sich noch in ihrem Besitz befänden, vollständig seien, da es keine durchgehende Nummerierung der Schriftstücke und kein Inhaltsverzeichnis gebe. Deshalb müsse die angefochtene Entscheidung insgesamt für nichtig erklärt werden, da das Gericht deren Rechtmäßigkeit nicht prüfen könne.

241    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

–       Würdigung durch das Gericht

242    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren, das dem Erlass der Entscheidung 91/298 vorausging, kein Verzeichnis der Schriftstücke, die zur Akte gehören, erstellt hat und der Klägerin nur die belastenden Schriftstücke, die der Mitteilung der Beschwerdepunkte beigefügt waren, übermittelt hat.

243    Die Kommission hat sich insoweit in der mündlichen Verhandlung darauf berufen, dass es in bestimmten Fällen die Praxis gewesen sei, den betroffenen Unternehmen wegen des umfangreichen Akteninhalts eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zu übermitteln, der nur bestimmte Schriftstücke beigefügt worden seien, wobei diesen Unternehmen dann mitgeteilt worden sei, sie könnten in den Räumlichkeiten der Kommission alle zugänglichen Schriftstücke mit Hilfe eines Verzeichnisses einsehen. In der Sache, in der die Entscheidung 91/298 ergangen sei, habe der Berichterstatter jedoch beschlossen, „das Verfahren zu vereinfachen“, und er habe, da nach seiner Ansicht alle herangezogenen Schriftstücke mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt worden seien, eine Einsichtnahme für unnötig und infolgedessen ein Verzeichnis nicht für erforderlich gehalten.

244    In ihrem Zwölften Bericht über die Wettbewerbspolitik hat die Kommission auf den Seiten 40 und 41 aber folgende Regeln in Bezug auf die Akteneinsicht aufgestellt:

„[Die Kommission erteilt] den am Verfahren beteiligten Unternehmen Akteneinsicht … Um die Parteien über den Inhalt der Verfahrensakte zu informieren, wird ihnen zusammen mit den Beschwerdepunkten oder dem ihre Beschwerde ablehnenden Bescheid eine Liste aller Unterlagen übersandt, die zu dieser Akte gehören. Dabei gibt die Kommission an, in welche Unterlagen oder Teile von ihnen Einsicht gewährt werden kann. Die Unternehmen können die zugänglichen Unterlagen an Ort und Stelle einsehen. Wünscht ein Unternehmen nur wenige Geschäftsunterlagen einzusehen, so kann die Kommission ihm Abschriften übermitteln. Die nachstehenden Schriftstücke werden von der Kommission als vertraulich betrachtet und können folglich nicht eingesehen werden: Schriftstücke oder Teile davon, die Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen enthalten; interne Schriftstücke der Kommission wie Vermerke, Entwürfe und sonstige Arbeitspapiere; andere vertrauliche Angaben, wie solche zur Person von Beschwerdeführern, die ihre Identität nicht gegenüber Dritten preisgeben möchten, oder Auskünfte, die der Kommission mit der ausdrücklichen Bitte um vertrauliche Behandlung übermittelt wurden.“

245    Aus diesen Regeln ergibt sich, dass die Kommission in dem Verwaltungsverfahren, das dem Erlass der Entscheidung 91/298 vorausging, verpflichtet war, der Klägerin die Gesamtheit der belastenden und entlastenden Schriftstücke zugänglich zu machen, die sie im Laufe der Untersuchung gesammelt hat; hiervon ausgenommen sind nur Geschäftsgeheimnisse anderer Unternehmen, interne Schriftstücke der Kommission und andere vertrauliche Informationen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, T‑7/89, Slg. 1991, II‑1711, Randnrn. 51 bis 54, und vom 18. Dezember 1992, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑10/92 bis T‑12/92 und T‑15/92, Slg. 1992, II‑2667, Randnrn. 39 bis 41).

246    Folglich ist die Kommission in der Sache, in der die Entscheidung 91/298 ergangen ist, von den Regeln, die sie sich 1982 auferlegt hatte, abgewichen, indem sie kein Verzeichnis der Schriftstücke in der Akte erstellt und der Klägerin keine Einsicht in die Gesamtheit der Schriftstücke gewährt hat, die sich in der Akte befanden.

247    Da die Entscheidung 91/298 vom Gericht wegen fehlender Feststellung für nichtig erklärt worden war, hielt sich die Kommission für berechtigt, die angefochtene Entscheidung ohne Wiedereröffnung des Verwaltungsverfahrens zu erlassen.

248    Somit hat die Kommission vor Erlass der angefochtenen Entscheidung der Klägerin nicht die Gesamtheit der ihr zugänglichen Schriftstücke der Akte übermittelt und sie nicht aufgefordert, diese Schriftstücke in ihren Räumlichkeiten einzusehen, so dass das Verwaltungsverfahren insoweit fehlerhaft war.

249    Nach ständiger Rechtsprechung werden jedoch die Verteidigungsrechte durch eine Verfahrensunregelmäßigkeit nur dann verletzt, wenn diese sich konkret auf die Verteidigungsmöglichkeit der betroffenen Unternehmen ausgewirkt hat (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnr. 55, und vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, Slg. 2005, II‑5575, Randnr. 632).

250    Unter diesen Umständen hat das Gericht im Rahmen der Klage gegen die angefochtene Entscheidung prozessleitende Maßnahmen zur Gewährleistung einer vollständigen Akteneinsicht angeordnet, um zu klären, ob die Weigerung der Kommission, ein Schriftstück offenzulegen oder zu übermitteln, die Verteidigung der Klägerin beeinträchtigen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnr. 102).

251    Da sich diese Prüfung auf eine gerichtliche Kontrolle der geltend gemachten Klagegründe beschränkt, wird mit ihr ein Ersatz für die umfassende Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens weder bezweckt noch bewirkt. Die verspätete Kenntnisnahme von bestimmten Aktenstücken versetzt das Unternehmen, das Klage gegen eine Entscheidung der Kommission erhoben hat, nicht in die Lage, in der es sich befunden hätte, wenn es sich bei der Abgabe seiner schriftlichen und mündlichen Erklärungen gegenüber dem Gemeinschaftsorgan auf diese Schriftstücke hätte berufen können (vgl. Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnr. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wurde darüber hinaus die Akteneinsicht im Stadium des Gerichtsverfahrens gewährt, so braucht das betroffene Unternehmen nicht zu beweisen, dass die Entscheidung der Kommission anders gelautet hätte, wenn es Einsicht in die nicht übermittelten Unterlagen erhalten hätte, sondern lediglich, dass es die fraglichen Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Randnr. 128, und Urteil PVC II des Gerichtshofs, oben in Randnr. 38 angeführt, Randnr. 318).

252    Im vorliegenden Fall hat die Kommission auf Verlangen des Gerichts die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die dieser beigefügten Schriftstücke vorgelegt. Sie hat auch ein Verzeichnis der Schriftstücke, die zur Akte in ihrer aktuellen Zusammensetzung gehören, erstellt.

253    Insoweit ist aber erstens festzustellen, dass der genaue Inhalt der ursprünglichen Akte nicht sicher feststeht. Zwar hat die Kommission mitgeteilt, dass es sich bei der Akte in ihrer aktuellen Zusammensetzung um eine Kopie der ursprünglichen Akte handele, die aus von 1 bis 71 nummerierten „Teilakten“ bestanden habe. Gleichzeitig hat die Kommission das Gericht aber von der Existenz einer nicht nummerierten Teilakte mit der Bezeichnung „Oberland Glas“ in Kenntnis gesetzt.

254    Zweitens hat die Kommission ausdrücklich eingeräumt, dass sie die fünf „Teilakten“ mit den Nrn. 66 bis 70 verloren habe. Aus ihrem Schreiben vom 15. März 2005 ergibt sich nämlich, dass sie zu diesem Schluss gekommen ist, als sie feststellte, dass sie „Teilakten“ mit den Nrn. 1 bis 65 besaß und dass die „Teilakte“ Nr. 71 die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthielt.

255    In ihren Erklärungen vom 18. November 2005 hat die Kommission mitgeteilt, dass es „wenig wahrscheinlich“ sei, dass die unauffindbaren Akten entlastendes Material enthielten. In der mündlichen Verhandlung erklärte sie auf die Aufforderung, die Bedeutung dieses Satzes zu erläutern, es sei „plausibel“, dass diese „Teilakten“ kein entlastendes Schriftstück enthielten, und „statistisch“ gesehen könnten sie für die Verteidigung der Klägerin nicht von Nutzen sein.

256    Aus diesen Antworten folgt, dass die Kommission nicht in der Lage ist, für jedes in den „Teilakten“ mit den Nrn. 66 bis 70 enthaltene Schriftstück den Autor, die Art und den Inhalt sicher zu ermitteln.

257    Es ist deshalb zu untersuchen, ob die Klägerin die Möglichkeit hatte, alle für ihre Verteidigung möglicherweise erheblichen Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, und, wenn dies nicht der Fall war, ob der Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht eine solche Bedeutung zukommt, dass sie eine Aushöhlung dieser Verfahrensgarantie bewirkt. Nach der Rechtsprechung gehört die Akteneinsicht nämlich zu den Verfahrensgarantien, die die Verteidigungsrechte schützen sollen (Urteil Solvay I, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnr. 59), und die Verletzung des Rechts auf Einsicht in die Akten der Kommission im Verfahren vor dem Erlass der Entscheidung kann grundsätzlich deren Nichtigerklärung nach sich ziehen, wenn die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens beeinträchtigt worden sind (Urteil Corus UK/Kommission, oben in Randnr. 251 angeführt, Randnr. 127).

258    In dieser Hinsicht ist zu prüfen, ob die Verteidigungsrechte der Klägerin in Bezug auf die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung gegen sie erhobenen Vorwürfe verletzt worden sind.

259    Nach der Rechtsprechung ist anhand der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu prüfen, ob eine Verletzung der Verteidigungsrechte vorliegt, da dies im Wesentlichen von den Rügen abhängt, die die Kommission bei der Feststellung der dem betroffenen Unternehmen zur Last gelegten Zuwiderhandlung erhoben hat (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnr. 127). Es sind daher die Sachrügen kurz zu prüfen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht hat (Urteil Solvay I, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnr. 60).

260    Das Vorliegen einer Verletzung der Verteidigungsrechte ist auch unter Berücksichtigung des konkreten Vorbringens des betroffenen Unternehmens gegen die angefochtene Entscheidung zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil ICI II, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnr. 59).

261    Im vorliegenden Fall hat das Gericht im Rahmen der anhängigen Klage das Vorbringen der Klägerin und die in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Sachrügen geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen ist.

262    Nachdem die Klägerin in der Klageschrift kein Argument vorgetragen hat, mit dem die Existenz der Vereinbarung, auf die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Bezug nahm, bestritten wurde, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie in den fehlenden Teilakten Schriftstücke hätte entdecken können, die ihr erlaubt hätten, die Feststellungen der Kommission in Frage zu stellen. Außerdem hätte die Klägerin, wenn sie die Vereinbarung, auf die sich die angefochtene Entscheidung bezieht, nicht geschlossen hätte, dies auch ohne vollständige Akteneinsicht in der Klageschrift geltend machen können. Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, es gebe keine allgemeine Politik zur Kontrolle des Sodamarktes, so ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Randnr. 215 ausgeführt worden ist, eine Garantievereinbarung wie die in Rede stehende Vereinbarung definitionsgemäß die Handelsströme von der Richtung ablenken kann, die sie andernfalls genommen hätten.

263    Somit ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin nicht die Möglichkeit hatte, sämtliche Schriftstücke in der Ermittlungsakte, die für ihre Verteidigung sachdienlich sein konnten, zu prüfen. Selbst wenn die Klägerin nicht alle Schriftstücke, die sich in der Ermittlungsakte befanden, einsehen konnte, hat dieser Umstand sie im vorliegenden Fall nicht daran gehindert, ihre Verteidigung in Bezug auf die Sachrügen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung herangezogen hat, sicherzustellen.

264    Somit ist die angefochtene Entscheidung unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht deshalb für nichtig zu erklären, weil fünf „Teilakten“, die die Klägerin nie einsehen konnte, aus der Akte verschwunden sind. Folglich ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes und somit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 2. Zu den Anträgen auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

265    Die Anträge der Klägerin auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße gliedern sich im Wesentlichen in fünf Klagegründe, mit denen erstens eine fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, zweitens eine fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung, drittens die unrechtmäßige Annahme erschwerender Umstände durch die Kommission, viertens das Vorliegen mildernder Umstände und fünftens die Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße, insbesondere im Hinblick auf den Zeitablauf, gerügt werden.

 Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung

 Vorbringen der Parteien

266    Die Klägerin trägt vor, die Kommission müsse die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen), beachten. Da jedoch im vorliegenden Fall der Sachverhalt vor deren Erlass gelegen habe, sei die Kommission grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen, sie zu berücksichtigen, mit zwei Ausnahmen: zum einen, wenn diese Leitlinien die Grundsätze der Kommissionspraxis wiedergäben, und zum anderen, wenn sie zu einer Milderung der Politik der Kommission in Bezug auf die Festsetzung der Höhe der Geldbuße führten.

267    Hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung erläutere die Kommission nicht, inwieweit es sich bei der angeblichen Vereinbarung um eine Marktaufteilungsvereinbarung handele, da diese Bezeichnung zum ersten und einzigen Mal im 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erscheine. Außerdem habe die Kommission die geringfügigen Mengen, auf die sich die angebliche Vereinbarung beziehe, nicht berücksichtigt. Schließlich habe die Kommission weder begründet noch dargelegt, dass die in Rede stehende Vereinbarung unter striktester Geheimhaltung durchgeführt worden sei.

268    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

269    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar bei der Festsetzung der einzelnen Geldbußen über ein Ermessen verfügt, ohne verpflichtet zu sein, eine genaue mathematische Formel anzuwenden; das Gericht hat jedoch nach Art. 17 der Verordnung Nr. 17 bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße festgesetzt ist, die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Sinne von Art. 229 EG und kann somit die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen (Urteile des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 165, und FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 208 angeführt, Randnr. 358).

270    Erstens ist hinsichtlich der Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen daran zu erinnern, dass die Entscheidung 91/298 wegen eines Formfehlers für nichtig erklärt worden war und die Kommission deshalb ohne Einleitung eines neuen Verwaltungsverfahrens zum Erlass einer neuen Entscheidung berechtigt war.

271    Da der Inhalt der angefochtenen Entscheidung nahezu identisch ist mit dem der Entscheidung 91/298 und diese beiden Entscheidungen auf die gleichen Gründe gestützt werden, unterliegt die angefochtene Entscheidung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße den Regeln, die beim Erlass der Entscheidung 91/298 galten.

272    Die Kommission hat nämlich das Verfahren in dem Stadium wieder aufgenommen, in dem der Verfahrensfehler begangen wurde, und hat, ohne den Fall im Licht von Regeln, die beim Erlass der Entscheidung 91/298 nicht existierten, neu zu beurteilen, eine neue Entscheidung erlassen. Bei dem Erlass einer neuen Entscheidung ist naturgemäß die Anwendung von Leitlinien, die nach dem erstmaligen Erlass ergangen sind, ausgeschlossen.

273    Somit sind die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

274    Zweitens war die Kommission der Ansicht, dass es sich bei der der Klägerin vorgeworfenen Zuwiderhandlung, nämlich der Vereinbarung mit CFK, um einen „schwerwiegenden“ Verstoß handelte (62. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

275    Nach der Rechtsprechung ist die Höhe der Geldbußen nach Maßgabe der Umstände des Verstoßes und seiner Schwere abzustufen, und die Schwere des Verstoßes ist für die Zwecke der Festsetzung des Betrags der Geldbuße namentlich unter Berücksichtigung der Art der erreichten Wettbewerbsbeschränkungen zu würdigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994, CB und Europay/Kommission, T‑39/92 und T‑40/92, Slg. 1994, II‑49, Randnr. 143 und die dort angeführte Rechtsprechung).

276    Im vorliegenden Fall rechtfertigt die der Klägerin vorgeworfene Verhaltensweise die von der Kommission vorgenommene Einstufung als „schwerwiegend“.

277    Die in Rede stehende Vereinbarung war nämlich darauf gerichtet, den Wettbewerb auf dem deutschen Markt einzuschränken, indem der Kauf einer bestimmten Menge Natriumkarbonat bei CFK garantiert wurde, um das Preisniveau aufrechtzuerhalten.

278    Im 58. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dessen Inhalt von der Klägerin nicht bestritten wird, wird der Zweck der in Rede stehenden Vereinbarung wie folgt dargestellt:

„Der Zweck der Vereinbarung bestand eindeutig darin, eine Marktstabilität auf künstliche Weise herbeizuführen. Als Gegenleistung für die Rückkehr zu einem Preisverhalten, das von Solvay als nicht störend angesehen wurde, wurde CFK ein Mindestanteil am deutschen Markt garantiert. Indem Solvay die Mengen vom Markt nahm, die CFK nicht verkaufen konnte, sorgte Solvay dafür, dass das Preisniveau nicht durch den Wettbewerb verringert werden konnte. Aus den Unterlagen geht eindeutig hervor, dass die Vereinbarungen durchgeführt wurden und ihren beabsichtigten Zweck erfüllten. Klassische kartellartige Vereinbarungen dieser Art schränken naturgemäß den Wettbewerb im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 [EG] ein.“

279    Somit handelt es sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin um eine Marktaufteilungsvereinbarung in dem Sinne, dass sich die beteiligten Unternehmen darüber verständigten, den Absatz der Produktion von CFK auf dem deutschen Markt zu regulieren.

280    Derartige Kartelle bilden aber Beispiele von Kartellen, die Art. 81 Abs. 1 Buchst. c EG ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt. Sie sind nämlich in der Rechtsprechung als offenkundige Beschränkungen des Wettbewerbs angesehen worden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg.1998, II‑3141, Randnr. 136, und vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 173).

281    Was drittens das Argument anbelangt, die von der Vereinbarung betroffenen Mengen seien unbedeutend, genügt der Hinweis, dass dieses Argument bereits geprüft und zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Randnrn. 218 und 219).

282    Was viertens das Argument betrifft, die Durchführung der Vereinbarung sei nicht unter Geheimhaltung erfolgt, so heißt es dazu im 47. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung:

„Am 14. März 1989 fand eine Zusammenkunft mit maßgeblichen Vertretern von CFK und ihrer Muttergesellschaft Kali & Salz auf der einen Seite und DSW auf der anderen Seite statt. Höchst bezeichnend ist, dass von dieser Sitzung kein offizieller Bericht erstellt wurde; weder bei CFK, noch bei Kali & Salz liegt irgendetwas über dieses Treffen vor. [E]in… kurze[r] handschriftliche[r] Vermerk [über diese Zusammenkunft wurde jedoch] bei DSW gefunden …“

283    In der Klageschrift beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass die Kommission „weder begründet noch nachgewiesen“ habe, dass die in Rede stehende Vereinbarung unter striktester Geheimhaltung durchgeführt worden sei. Die Kommission macht geltend, dass ein offizieller Bericht fehle, obwohl ein handschriftlicher Vermerk bei DSW gefunden worden sei.

284    Es ist jedoch nicht möglich, allein wegen des Fehlens eines offiziellen Berichts davon auszugehen, dass die Vereinbarung unter striktester Geheimhaltung durchgeführt wurde, zumal, wie die Kommission einräumt, ein interner Vermerk über diese Zusammenkunft von der deutschen Tochtergesellschaft der Klägerin erstellt worden war.

285    Somit durfte die Kommission bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes nicht berücksichtigen, dass es sich um eine geheime Vereinbarung handelte.

286    Gleichwohl konnte die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass die fragliche Vereinbarung eine offenkundige Einschränkung des Wettbewerbs darstellt, die von der Klägerin begangene Zuwiderhandlung auf jeden Fall als schwer einstufen.

287    Folglich ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

 Vorbringen der Parteien

288    Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission nicht dargetan, dass für das Jahr 1990 irgendeine Mengengarantie gegeben worden sei. Somit müsste, das Vorliegen der Zuwiderhandlung unterstellt, zumindest ihre Dauer um ein Viertel reduziert werden.

289    Die Kommission hält dem entgegen, dass in der am 14. März 1990 an die Klägerin und CFK gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt worden sei, dass die Zuwiderhandlung „bis zum heutigen Tage“ angedauert habe. Sie habe somit den betroffenen Unternehmen Gelegenheit gegeben, ihren Standpunkt zur Dauer der Zuwiderhandlung mitzuteilen. In ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hätten die Klägerin und CFK sich darauf beschränkt, das Vorliegen einer Vereinbarung im Ganzen zu bestreiten, ohne zur Frage der Dauer Stellung zu nehmen, und sie hätten ihr keinen Anhaltspunkt dafür geliefert, dass die Vereinbarung beendet worden sei.

290    Die Kommission macht geltend, in Anbetracht der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens der Klägerin und von CFK in ihren Antworten auf die Beschwerdepunkte sei sie zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Vereinbarung im Jahr 1990 fortbestanden habe. Die Kommission verweist insoweit auf die Schlussanträge von Generalanwalt Sir Gordon Slynn in der Rechtssache Musique Diffusion française u. a./Kommission (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, 1914), in denen er darauf hinweise, dass ein einmal festgestelltes Kartell bis zum Beweis des Gegenteils als fortbestehend gelte. Im vorliegenden Fall habe sich die Kommission auf besondere Umstände gestützt, die nicht mit dem Wesen der Vereinbarung zusammenhingen, sondern mit den Erklärungen der betroffenen Unternehmen zur Existenz der Vereinbarung.

291    Schließlich macht die Kommission geltend, die Klägerin berufe sich nur darauf, dass sie die Gewährung einer Mengengarantie im Jahr 1990 nicht nachgewiesen habe, ohne jedoch anzugeben, wann die Vereinbarung beendet worden sei. Sie weist darauf hin, dass im Jahr 1989 eine solche Garantie gegeben worden sei und die Menge sich im Rahmen einer Strukturpolitik und nicht von punktuellen Lieferungen erhöht habe.

 Würdigung durch das Gericht

292    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin den Zeitpunkt der Beendigung der Zuwiderhandlung bestreitet, nicht aber den des Beginns der Zuwiderhandlung, der im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung mit „etwa 1987“ angesetzt wird.

293    Nach der Rechtsprechung des Gerichts braucht für die Berechnung der Dauer einer Zuwiderhandlung, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt, nur bestimmt zu werden, wie lange die Vereinbarung bestanden hat, d. h. der Zeitraum von ihrem Abschluss bis zu ihrer Beendigung (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 280).

294    Die Dauer der Zuwiderhandlung ist ein Tatbestandsmerkmal des Begriffs „Zuwiderhandlung“ im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG, für das hauptsächlich die Kommission beweispflichtig ist. Soweit es an Beweisen fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, muss die Kommission nach der Rechtsprechung zumindest Beweise beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T‑43/92, Slg. 1994, II‑441, Randnr. 79, und vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 51).

295    Diese Beweislastverteilung kann jedoch Änderungen unterliegen, soweit die tatsächlichen Gesichtspunkte, auf die sich eine Partei beruft, die andere Partei zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen können, weil sonst der Schluss zulässig ist, dass der Beweis erbracht wurde (Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 294 angeführt, Randnr. 53; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnr. 79).

296    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Klägerin dadurch gegen Art. 81 EG verstoßen habe, „dass [sie] seit etwa 1987 bis mindestens Ende 1990 an einer Marktaufteilungsvereinbarung teilgenommen hat“. Außerdem bezieht sie sich im 60. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf den Zeitraum „seit etwa 1986 bis Ende 1990“.

297    Dagegen hat die Kommission im zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt: „Ab einem unbekannten Zeitpunkt, vermutlich im Jahr 1987 bis zumindest 1989, haben sich Solvay und CFK an einer im Widerspruch zu Art. 81 [EG] stehenden Vereinbarung bzw. aufeinander abgestimmten Verhaltensweise beteiligt, aufgrund der Solvay in den Jahren 1987, 1988 und 1989 CFK eine Mindestabsatzmenge garantierte.“

298    Somit ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Beendigung der Zuwiderhandlung widersprüchlich.

299    Außerdem werden in dem Abschnitt der angefochtenen Entscheidung, der die Garantievereinbarung betrifft (Erwägungsgründe 42 bis 48), nur Zahlen angegeben, die bis zum Jahr 1989 reichen, und im Abschnitt zur Dauer der Zuwiderhandlung (Erwägungsgründe 63 bis 66) wird das Jahr 1990 nicht genannt.

300    Die Kommission führt unter Berufung auf die Schlussanträge von Generalanwalt Sir Gordon Slynn in der Rechtssache Musique Diffusion française u. a./Kommission (oben in Randnr. 290 angeführt) aus, da sie das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festgestellt habe, gelte diese als fortbestehend, und im vorliegenden Fall sei es Sache der Klägerin gewesen, nachzuweisen, dass die Vereinbarung im Jahr 1990 nicht mehr angewandt worden sei.

301    Wie oben ausgeführt wurde, tritt die Auffassung der Kommission, die in Rede stehende Vereinbarung habe bis Ende 1990 bestanden, nur im verfügenden Teil und im 60. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, der auf die Schlussfolgerung der Kommission hinweist, ein Verstoß gegen Art. 81 EG liege vor, ohne dass in den die Einstufung der Vereinbarung betreffenden Gründen (Erwägungsgründe 53 bis 59 der angefochtenen Entscheidung) oder in denen, die sich mit der Dauer der Vereinbarung befassen (Erwägungsgründe 63 bis 66 der angefochtenen Entscheidung), irgendeine Grundlage dafür zu finden ist. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der widersprüchlichen Gründe in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Beendigung der Zuwiderhandlung kann die Vermutung, auf die sich die Kommission beruft, im vorliegenden Fall nicht gelten, auch wenn die Klägerin keinen Anhaltspunkt vorgetragen hat, der auf eine Beendigung des Kartells Ende 1989 hindeutet.

302    Selbst wenn man nämlich annimmt, dass besondere Umstände vorliegen können, aufgrund deren eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Dauer einer Zuwiderhandlung vorgenommen werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 2801 bis 2804), folgt daraus nicht, dass die Kommission in einer Entscheidung, in der ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG festgestellt wird, davon absehen kann, unter Anführung von Belegen das Ende der Zuwiderhandlung anzugeben und Informationen zur Dauer der Zuwiderhandlung zu liefern, über die sie gegebenenfalls verfügt.

303    Nach alledem hat die Kommission als die hauptsächlich Beweispflichtige nicht nachgewiesen, dass die fragliche Zuwiderhandlung bis zum Ende des Jahres 1990 fortgesetzt wurde.

304    Somit ist davon auszugehen, dass die fragliche Zuwiderhandlung von 1987 bis 1989 und nicht von 1987 bis 1990 stattgefunden hat. Infolgedessen ist Art. 1 der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als darin festgestellt wird, dass die Klägerin seit etwa 1987 bis mindestens Ende 1990 an einer Marktaufteilungsvereinbarung teilgenommen habe.

305    Unter diesen Umständen ist die angefochtene Entscheidung zu ändern und die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße um 25 % herabzusetzen.

306    Folglich ist die Geldbuße um 750 000 Euro herabzusetzen.

 Zum dritten Klagegrund: fälschliche Annahme erschwerender Umstände durch die Kommission

 Vorbringen der Parteien

307    Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission weder begründet noch gerechtfertigt, dass es sich bei ihrer Position auf dem relevanten Markt um eine beherrschende Stellung handele, so dass diese Beurteilung zurückzuweisen sei.

308    Darüber hinaus werde in der angefochtenen Entscheidung nicht nachgewiesen, dass die behauptete Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen worden sei.

309    Die Kommission macht geltend, in den Erwägungsgründen 18 und 22 der angefochtenen Entscheidung werde erwähnt, dass die Klägerin als Hauptproduzentin in Deutschland und der Gemeinschaft mit einem Marktanteil von 52 % und 60 % eine beherrschende Stellung hatte. Diese Begründung sei im Hinblick auf die Entscheidung 91/299 vom selben Tage zu beurteilen.

310    Außerdem werde der vorsätzliche Charakter der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung erwähnt. Aus dem 58. Erwägungsgrund ergebe sich nämlich, dass den Parteien bewusst gewesen sei, an einer Vereinbarung teilzunehmen, die den Wettbewerb auf dem Markt einschränke.

 Würdigung durch das Gericht

311    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der 64. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wie folgt lautet:

„Bei der Festsetzung der Höhe der gegen jedes Unternehmen zu verhängenden Geldbuße berücksichtigt die Kommission die marktbeherrschende Stellung von Solvay als führender Hersteller in der Bundesrepublik Deutschland und in der Gemeinschaft. Solvay ging davon aus, dass [sie] in dieser Eigenschaft in besonderem Maße für die Sicherung der ‚Marktstabilität‘ verantwortlich war. CFK war ein verhältnismäßig kleiner Sodahersteller, aber ein fügsamer Partner in dem unzulässigen Geschäft.“

312    Außerdem wird im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf Folgendes hingewiesen:

„Die Zuwiderhandlung wurde überlegt begangen, und beide Partner müssen von der offensichtlichen Unvereinbarkeit ihrer Vereinbarungen mit dem Gemeinschaftsrecht gewusst haben.“

313    Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, die Kommission habe die Beurteilung ihrer Stellung auf dem relevanten Markt als beherrschende Stellung nicht begründet, ist Folgendes auszuführen.

314    Nach der Rechtsprechung ist mit dem Begriff der beherrschenden Stellung die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten. Eine Einheit mit einem Marktanteil von über 50 % kann eine solche Unabhängigkeit ohne Rücksicht darauf besitzen, ob es sich um eine individuelle oder eine kollektive Einheit handelt (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnrn. 931 und 932).

315    In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission aber darauf hingewiesen, dass die Klägerin „[m]it fast 60 % des gesamten Gemeinschaftsmarktes … der Hauptproduzent [war]“ (18. Erwägungsgrund) und dass ihr Marktanteil „in Deutschland … 52 %“ betrug (22. Erwägungsgrund).

316    Somit ist die Rüge der fehlenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der beherrschenden Stellung der Klägerin zurückzuweisen.

317    Sollte die Klägerin in der Sache das Nichtvorliegen einer beherrschenden Stellung geltend machen, so ist dieser Klagegrund unzulässig. Die Klägerin beschränkt sich nämlich auf folgende Angaben:

„In Bezug auf das Nichtvorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem betreffenden Natriumkarbonatmarkt (den betreffenden Natriumkarbonatmärkten) weist [sie] das Gericht auf die Ausführungen im Rahmen der am heutigen Tage von [ihr] eingereichten Klage gegen die Entscheidung in der Art. 82 EG betreffenden Sache hin. Die Klägerin fügt die maßgeblichen Seiten dieser Klage der vorliegenden Klageschrift bei.“

318    Nach der Rechtsprechung des Gerichts ist es aber, um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Die Klageschrift kann zwar in einzelnen Punkten durch Verweisungen auf bestimmte Stellen beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen wesentlicher Bestandteile in der Klageschrift ausgleichen. Zudem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion. Diese Auslegung von Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung gilt auch für die Voraussetzungen der Zulässigkeit der Erwiderung, die nach Art. 47 § 1 der Verfahrensordnung die Klageschrift ergänzen soll (Urteil PVC II des Gerichts, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnrn. 39 und 40).

319    Zum Vorbringen der Klägerin, in der angefochtenen Entscheidung werde nicht nachgewiesen, dass die behauptete Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen worden sei, und sie sei insoweit nicht begründet, ist Folgendes auszuführen.

320    Nach ständiger Rechtsprechung ist es für eine vorsätzlich begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags nicht erforderlich, dass sich das Unternehmen der Beschränkung des Wettbewerbs bewusst gewesen ist, sondern es genügt, dass es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, dass das beanstandete Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte, und es kommt nicht darauf an, ob das Unternehmen sich der Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG bewusst war oder nicht (vgl. Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 280 angeführt, Randnr. 155 und die dort angeführte Rechtsprechung).

321    Im Hinblick auf diese Rechtsprechung und angesichts des Vorliegens einer Marktaufteilungsvereinbarung konnte sich die Klägerin nicht in Unkenntnis darüber befinden, dass die in Rede stehende Vereinbarung eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte, so dass die Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen wurde.

322    Die angefochtene Entscheidung ist insoweit auch hinreichend begründet. In den Erwägungsgründen 57 und 58 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission nämlich festgestellt, dass die in Rede stehende Vereinbarung die Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte und dass „[d]er Zweck der Vereinbarung … eindeutig darin [bestand], eine Marktstabilität auf künstliche Weise herbeizuführen“. Darüber hinaus hat sie im 65. Erwägungsgrund darauf hingewiesen, dass beide Parteien von der offensichtlichen Unvereinbarkeit ihrer Vereinbarungen mit dem Gemeinschaftsrecht gewusst haben müssen.

323    Folglich hat die Kommission die angefochtene Entscheidung rechtlich hinreichend begründet.

324    Es ist ausgeschlossen, dass die Klägerin in den fehlenden Teilakten zu diesen Punkten hätte Hinweise finden können, die für ihre Verteidigung von Nutzen gewesen wären.

325    Da nämlich zum einen die beherrschende Stellung der Klägerin im Wesentlichen aufgrund ihres Marktanteils festgestellt worden ist, spricht nichts für die Annahme, dass die Klägerin in den fehlenden Teilakten Schriftstücke hätte finden können, die die Feststellung entkräftet hätten, dass sie auf dem Markt für Natriumkarbonat eine beherrschende Stellung innehatte (vgl. in diesem Sinne Urteil ICI II, oben in Randnr. 17 angeführt, Randnr. 61).

326    Was ferner den Umstand betrifft, dass die Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen wurde, so ist es ausgeschlossen, dass die Klägerin in den verschwundenen Teilakten Schriftstücke hätte finden können, die für ihre Verteidigung von Nutzen gewesen wären, da es nicht erforderlich ist, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen Art. 81 EG bewusst ist.

327    Somit ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Vorliegen mildernder Umstände

328    Der vierte Klagegrund ist in zwei Teile gegliedert, mit denen die Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission und die fehlende Auswirkung auf den Wettbewerb geltend gemacht werden.

 Zum ersten Teil: Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission

329    Die Klägerin macht geltend, sie habe sowohl bei den Besuchen der Kommission in ihren Geschäftsräumen als auch durch die Beantwortung der Auskunftsverlangen an der Untersuchung mitgewirkt.

330    Art. 11 („Auskunftsverlangen“) der Verordnung Nr. 17 lautet:

„4.      Zur Erteilung der Auskunft sind die Inhaber der Unternehmen oder deren Vertreter, bei juristischen Personen, Gesellschaften und nicht rechtsfähigen Vereinen die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen verpflichtet.

5.      Wird eine von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verlangte Auskunft innerhalb einer von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskunft durch Entscheidung an. Die Entscheidung bezeichnet die geforderten Auskünfte, bestimmt eine angemessene Frist und weist auf die in Artikel 15 Absatz (1) Buchstabe b) und Artikel 16 Absatz (1) Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.“

331    Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt eine Mitwirkung an der Untersuchung, die nicht über das hinausgeht, wozu die Unternehmen nach Art. 11 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 17 verpflichtet sind, keine Herabsetzung der Geldbuße (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, Solvay/Kommission, T‑12/89, Slg. 1992, II‑907, Randnrn. 341 und 342, und vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917, Randnr. 218). Dagegen ist eine solche Herabsetzung gerechtfertigt, wenn das Unternehmen Auskünfte gegeben hat, die weit über das hinausgehen, was die Kommission gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 verlangen kann (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Daesang und Sewon Europe/Kommission, T‑230/00, Slg. 2003, II‑2733, Randnr. 137).

332    Im vorliegenden Fall trägt die Klägerin aber nur vor, dass sie auf die an sie gerichteten Auskunftsverlangen geantwortet habe. Da dieses Verhalten zu den Pflichten der Klägerin gehört, kann es keinen mildernden Umstand darstellen.

333    Was die behauptete Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission bei den Besuchen in ihren Geschäftsräumen anbelangt, gehört dieses Verhalten ebenfalls zu den Pflichten des Unternehmens und kann keinen mildernden Umstand darstellen.

334    Somit ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: fehlende Auswirkung auf den Wettbewerb

335    Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte berücksichtigen müssen, dass sich die behauptete Vereinbarung in Anbetracht der unbedeutenden Mengen nicht auf den Wettbewerb ausgewirkt habe.

336    Insoweit genügt der Hinweis, dass bei der Vereinbarung zwischen der Klägerin und CFK, die 16,57 % des deutschen Marktes im Jahr 1987 entsprach, nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie unbedeutende Mengen betraf (siehe oben, Randnrn. 218 und 219).

337    Somit ist das Vorbringen der Klägerin, das in tatsächlicher Hinsicht fehlgeht, zurückzuweisen.

338    Folglich ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes und damit der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße, insbesondere im Hinblick auf den Zeitablauf

339    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission berücksichtigen müssen, dass seit der Beendigung der behaupteten Zuwiderhandlung mehr als elf Jahre vergangen seien. Für die Klägerin stellt sich die Frage nach der „Aktualität“ des Sanktionscharakters und der abschreckenden Wirkung der Geldbuße, da sie ihre Handelspolitik den Anforderungen der Kommission entsprechend angepasst habe. Sie sieht auch keine Rechtfertigungsmöglichkeit unter dem Aspekt der abschreckenden Wirkung der Geldbuße gegenüber dritten Unternehmen.

340    In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission den der Klägerin vorgeworfenen Verstoß zu Recht als „schwerwiegend“ angesehen hat. Im 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat sie insbesondere darauf hingewiesen, dass Marktaufteilungsvereinbarungen naturgemäß erhebliche Wettbewerbseinschränkungen darstellten und dass im vorliegenden Fall die Parteien den Wettbewerb untereinander durch eine Regelung eingeschränkt hätten, die künstliche Bedingungen einer Marktstabilität herstellen sollte.

341    Somit war die Kommission berechtigt, der Klägerin eine Geldbuße aufzuerlegen.

342    Rein informatorisch sei angemerkt, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, auch wenn sie im vorliegenden Fall nicht anwendbar sind, bei „schweren“ Verstößen Ausgangsbeträge von 1 Mio. Euro bis 20 Mio. Euro für die Festsetzung der voraussichtlichen Geldbuße vorsehen.

343    Was den Zeitablauf betrifft, ergibt sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes, dass die Kommission in der vorliegenden Rechtssache die Verordnung Nr. 2988/74 und den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer beachtet hat. Somit kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, die angefochtene Entscheidung verspätet erlassen zu haben.

344    Sodann ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission bei der Ermittlung des Betrags der Geldbußen wegen Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht nicht nur die Schwere der Zuwiderhandlung und die besonderen Umstände des Einzelfalls, sondern auch den Kontext der Zuwiderhandlung berücksichtigen und sicherstellen muss, dass ihr Vorgehen vor allem in Bezug auf solche Zuwiderhandlungen, die die Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft besonders beeinträchtigen, abschreckende Wirkung hat (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt, Randnr. 106, und Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 272).

345    Somit kann eine Geldbuße, selbst wenn sie nach gewisser Zeit erneut verhängt wird, ihren Sanktionscharakter und ihre abschreckende Wirkung nicht verlieren, wenn erwiesen ist, dass das betroffene Unternehmen gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen hat, insbesondere, wenn es sich wie im vorliegenden Fall um einen schweren Verstoß handelt.

346    Folglich ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

347    Im Ergebnis ist die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als sie zu Unrecht davon ausgeht, dass die Zuwiderhandlung von etwa 1987 bis Ende 1990 stattgefunden habe.

348    Infolgedessen ist der Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf 2,25 Mio. Euro festzusetzen.

 Kosten

349    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt.

350    Im vorliegenden Fall sind die Anträge der Klägerin für teilweise begründet erklärt worden. Das Gericht ist der Ansicht, dass bei angemessener Würdigung der Umstände des Einzelfalls der Klägerin drei Viertel ihrer eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten der Kommission und der Kommission ein Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Klägerin aufzuerlegen sind.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 der Entscheidung 2003/5/EG der Kommission vom 13. Dezember 2000 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/33.133 – B: Natriumkarbonat – Solvay, CFK) wird für nichtig erklärt, soweit es darin heißt, dass die Solvay SA im Jahr 1990 gegen Art. 81 EG verstoßen hat.

2.      Der Betrag der gegen Solvay verhängten Geldbuße wird auf 2,25 Mio. Euro festgesetzt.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Die Klägerin trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Europäischen Kommission.

5.      Die Kommission trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Klägerin.

Meij

Vadapalas

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Dezember 2009.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

Verfahren

Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

Zum ersten Klagegrund: Zeitablauf

Zum ersten Teil: fehlerhafte Anwendung der Verjährungsvorschriften

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften

Zum ersten Teil: Verstoß gegen das Kollegialprinzip

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Teil: Verletzung des Rechts der Klägerin, sich erneut zu äußern

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum vierten Teil: keine erneute Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum fünften Teil: nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum siebten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Unparteilichkeit, der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verhältnismäßigkeit

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Klagegrund: keine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum vierten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht

Zum ersten Teil: Vorhandensein von für die Verteidigung nützlichen Schriftstücken unter den im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen eingesehenen Unterlagen der Akte

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Teil: keine vollständige Akteneinsicht der Klägerin

– Vorbringen der Parteien

– Würdigung durch das Gericht

2. Zu den Anträgen auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum zweiten Klagegrund: fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum dritten Klagegrund: fälschliche Annahme erschwerender Umstände durch die Kommission

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum vierten Klagegrund: Vorliegen mildernder Umstände

Zum ersten Teil: Zusammenarbeit der Klägerin mit der Kommission

Zum zweiten Teil: fehlende Auswirkung auf den Wettbewerb

Zum fünften Klagegrund: Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße, insbesondere im Hinblick auf den Zeitablauf

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.