Language of document : ECLI:EU:C:2014:2311

Verbundene Rechtssachen C‑344/13 und C‑367/13

Cristiano Blanco

und

Pier Paolo Fabretti

gegen

Agenzia delle Entrate – Direzione Provinciale I di Roma – Ufficio Controlli

(Vorabentscheidungsersuchen der

Commissione tributaria provinciale di Roma)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Steuerrecht – Einkünfte aus Gewinnen bei Glücksspielen – Unterschiedliche Besteuerung von Gewinnen bei Glücksspielen in Spielkasinos im In- und Ausland“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 22. Oktober 2014

Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiel – Nationale Regelung, die eine unterschiedliche Besteuerung von Einkünften aus Glücksspielen in Spielkasinos im Inland und im Ausland vorsieht – Unzulässigkeit – Rechtfertigung – Fehlen

(Art. 52 AEUV und 56 AEUV)

Die Art. 52 AEUV und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die Gewinne bei Glücksspielen in Spielkasinos in anderen Mitgliedstaaten der Einkommensteuer unterwerfen und ähnliche Einkünfte aus Spielkasinos im Inland von dieser Steuer befreien.

Da eine solche Regelung offensichtlich diskriminierend ist, kann sie nur gerechtfertigt werden, soweit sie den Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit im Sinne von Art. 52 AEUV entsprechende Ziele verfolgt und die mit ihr auferlegten Beschränkungen den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen. Dies ist bei dieser Regelung jedoch nicht der Fall, da, was zum einen die Ziele hinsichtlich der Verhinderung der Geldwäsche und der Erforderlichkeit, die Verbringung von Kapital ungewissen Ursprungs ins Ausland, oder seine Einfuhr in den betreffenden Mitgliedstaat zu beschränken, anbelangt, die Behörden dieses Mitgliedstaats nicht allgemein und unterschiedslos davon ausgehen dürfen, dass Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, kriminelle Handlungen begehen. Was zum anderen die Bekämpfung der Spielsucht betrifft, die dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zugeordnet werden kann, ist die fragliche Regelung nicht geeignet, die Verwirklichung des Ziels der Bekämpfung der Spielsucht in kohärenter Weise zu gewährleisten, da die Befreiung von Gewinnen aus Spielkasinos im betreffenden Mitgliedstaat einen Anreiz für die Verbraucher darstellen könnte, an Glücksspielen teilzunehmen, die ihnen diese Befreiung ermöglichen.

(vgl. Rn. 32, 33, 39, 41, 44, 46-48 und Tenor)