Language of document : ECLI:EU:T:2013:182





Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 12. April 2013 – SACEM/Kommission

(Rechtssache T‑422/08)

„Wettbewerb – Kartelle – Urheberrechte in Bezug auf die öffentliche Aufführung von Musikwerken über Internet, Satellit und Kabelweiterverbreitung – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Aufteilung des räumlichen Marktes – Bilaterale Vereinbarungen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften – Abgestimmte Verhaltensweise, mit der die Erteilung von Lizenzen für mehrere Gebiete und mehrere Repertoires ausgeschlossen wird – Beweis – Unschuldsvermutung“

1.                     Nichtigkeitsklage – Rechtmäßigkeitskontrolle – Kriterien – Berücksichtigung allein des Sachverhalts und der Rechtslage, die zur Zeit des Erlasses der streitigen Handlung bestanden (Art. 230 EG) (vgl. Randnr. 70)

2.                     Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Verträge zwischen nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten über die gegenseitige Vertretung – Klauseln der ausschließlichen Mitgliedschaft in Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, die an die Nationalität der Urheber anknüpfen – Wettbewerbswidriger Zweck – Aufteilung des Marktes – Abschottung des Marktes – Besonders schwerwiegende Zuwiderhandlungen – Verbot (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 75)

3.                     Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beurteilungskriterien – Wettbewerbswidriger Zweck – Hinreichende Feststellung – Unterscheidung zwischen Zuwiderhandlungen dem Zweck nach und Zuwiderhandlungen der Wirkung nach (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 76-78)

4.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Befugnisse der Kommission – Feststellung einer bereits beendeten Zuwiderhandlung – Berechtigtes Interesse an dieser Feststellung – Gefahr einer Rückkehr zu der beanstandeten Verhaltensweise, die eine Klärung der Rechtslage erfordert (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 7 Abs. 2) (vgl. Randnr. 80)

5.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung – Umfang der Beweislast (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnrn. 93, 141)

6.                     Unionsrecht – Grundsätze – Grundrechte – Unschuldsvermutung – Verfahren in Wettbewerbssachen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt, aber keine Geldbuße verhängt wird – Anwendbarkeit (Art. 81 Abs. 1 EG; Art. 6 Abs. 2 EU; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 48 Abs. 1) (vgl. Randnrn. 94-98)

7.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Indizienbündel – Bei jedem einzelnen Indiz erforderlicher Grad der Beweiskraft – Beweise, die ausschließlich auf dem Verhalten der Unternehmen beruhen – Beweispflichten der Unternehmen, die die Zuwiderhandlung bestreiten – Pflichten der Kommission, wenn sie die Plausibilität der von den Unternehmen vorgelegten Erklärungen in Abrede stellt (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Randnrn. 99-102, 163)

8.                     Kartelle – Verbot – Kartelle, deren Wirkungen über ihr formales Außerkrafttreten hinaus fortbestehen – Anwendung von Art. 81 EG (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 126)

9.                     Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Parallelverhalten – Vermutung des Vorliegens einer Abstimmung – Grenzen – Weigerung der nationalen Gesellschaften zur Wahrnehmung von Urheberrechten, einem Benutzer aus einem anderen Mitgliedstaat unmittelbaren Zugang zu ihren Beständen zu gewähren – Beeinträchtigung des Wettbewerbs (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 140)

Gegenstand

Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 3435 endgültig der Kommission vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC)

Tenor

1.

Der von der Europäischen Kommission gestellte Antrag auf prozessleitende Maßnahmen wird zurückgewiesen.

2.

Art. 3 der Entscheidung K(2008) 3435 endgültig der Kommission vom 16. Juli 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR‑Abkommen (Sache COMP/C2/38.698 – CISAC) wird für nichtig erklärt, soweit er die Société des auteurs, compositeurs et éditeurs de musique (SACEM) betrifft.

3.

Art. 4 Abs. 2 und 3 der Entscheidung K(2008) 3435 endgültig wird für nichtig erklärt, soweit er sich auf Art. 3 dieser Entscheidung bezieht und die SACEM betrifft.

4.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.

Die SACEM trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten mit Ausnahme der Kosten, die ihr im Zusammenhang mit den Streithilfen zur Unterstützung der Kommission entstanden sind.

6.

Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

7.

Die Sociedad General de Autores y Editores (SGAE) trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten.

8.

Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten der SACEM mit Ausnahme der Kosten, die ihr im Zusammenhang mit den Streithilfen zur Unterstützung der Kommission entstanden sind, und die Hälfte der Kosten der SGAE.

9.

Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der SACEM im Zusammenhang mit ihrer Streithilfe.

10.

Die RTL Group SA, die CLT‑UFA, die Music Choice Europe Ltd, die ProSiebenSat.1 Media AG, die Modern Times Group MTG AB, die Viasat Broadcasting UK Ltd und der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der SACEM im Zusammenhang mit ihren Streithilfen.

11.

Die SACEM, die Kommission, die RTL Group, die CLT‑UFA und die Music Choice Europe Ltd tragen jeweils ihre eigenen durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.