Language of document : ECLI:EU:T:2011:739

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

14. Dezember 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke VÖLKL – Ältere internationale Marke VÖLKL – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Teilweise Zurückweisung der Anmeldung – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Ernsthafte Benutzung der älteren Marke – Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 22 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 – Zuständigkeit der Beschwerdekammer, wenn die Beschwerde nur einen Teil der mit der Anmeldung beanspruchten Waren oder Dienstleistungen betrifft – Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 – Antrag auf Änderung der Entscheidung der Beschwerdekammer – Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑504/09

Völkl GmbH & Co. KG mit Sitz in Erding (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Raßmann,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Marker Völkl International GmbH mit Sitz in Baar (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Bauer,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 30. September 2009 (Sache R 1387/2008‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Marker Völkl International GmbH und der Völkl GmbH & Co. KG

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias (Berichterstatter),

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 16. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 29. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 8. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Entscheidung vom 19. April 2010, mit der es abgelehnt worden ist, die Einreichung einer Erwiderung zu gestatten,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 25. April 2005 meldete die Klägerin, die Völkl GmbH & Co. KG, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen VÖLKL.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 3, 9, 18 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Pflegemittel für Schuhe“;

–        Klasse 9: „Spezialschuhe (Feuerwehrschuhe)“;

–        Klasse 18: „Leder und Lederwaren, ausgenommen Sport‑ und Reisetaschen“;

–        Klasse 25: „Schuhe, insbesondere Skistiefel, Après‑Ski‑Stiefel, Bergstiefel, Pelzstiefel, Kletterschuhe, Wanderschuhe, Sport- und Freizeitschuhe“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 5/2006 vom 30. Januar 2006 veröffentlicht.

5        Am 27. April 2006 erhob die Streithelferin, die Marker Völkl International GmbH, gegen die Eintragung der angemeldeten Marke Widerspruch gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 42 der Verordnung Nr. 207/2009).

6        Der Widerspruch wurde auf die internationale Wortmarke VÖLKL (im Folgenden: ältere Marke) gestützt, die am 31. Juli 1991 unter der Nr. 571440 eingetragen wurde. Diese Eintragung erstreckt sich u. a. auf Spanien und Italien und erfasst insbesondere die folgenden Waren der Klassen 18, 25 und 28:

–        Klasse 18: „Sporttaschen“;

–        Klasse 25: „Bekleidung“;

–        Klasse 28: „Turn- und Sportartikel“.

7        Der Widerspruch wurde auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) gestützt.

8        In ihrer am 20. Dezember 2006 beim HABM eingegangenen Stellungnahme verlangte die Klägerin insbesondere den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke für die zur Stützung des Widerspruchs beanspruchten Waren im Sinne von Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009).

9        Auf dieses Verlangen hin legte die Streithelferin als Anlage zu ihrer Stellungnahme, die am 1. März 2007 beim HABM einging, insbesondere die folgenden Beweisunterlagen vor:

–        Statistiken für die von ihr erzielten Umsätze insbesondere beim Verkauf von Skiern und Snowboards, Ski‑ und Snowboardbekleidung sowie Sportaccessoires wie Sporttaschen von 2002 bis 2006;

–        zwei Kataloge über die von ihr in der Saison 2006/2007 vertriebenen Waren, von denen sich einer auf Skier, Snowboards und Skitaschen und der andere auf Ski‑ und Snowboardbekleidung bezieht;

–        zwei Serien von Rechnungen über den Absatz von Waren der Streithelferin an ihre spanischen und italienischen Vertriebshändler.

10      Ferner übersandte die Streithelferin dem HABM am 2. März 2007 eine eidesstattliche Erklärung von Herrn G., einem Mitarbeiter einer zur Unternehmensgruppe der Streithelferin gehörenden Gesellschaft. Dieser bestätigte an Eides statt die von der Streithelferin von 2002 bis 2006 insbesondere mit dem Verkauf der oben in Randnr. 9 aufgeführten Waren erzielten Umsätze und erklärte, dass alle diese Waren die ältere Marke getragen hätten.

11      Am 31. Juli 2008 gab die Widerspruchsabteilung, die der Ansicht war, dass der Widerspruch nur die Anmeldung für die Waren „Skischuhe, Snowboardschuhe, Sportschuhe“ in Klasse 25 (im Folgenden: die drei Waren) betreffe, diesem statt, soweit diese Waren betroffen waren (Nr. 1 des verfügenden Teils der Entscheidung der Widerspruchsabteilung).

12      Die Widerspruchsabteilung vertrat die Auffassung, dass die Streithelferin den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke für die oben in Randnr. 6 aufgeführten Waren erbracht habe. Die Widerspruchsabteilung berief sich dafür in ihrer Entscheidung auf die Rechnungen, die Umsatzstatistiken und die eidesstattliche Erklärung von Herrn G., die von der Streithelferin vorgelegt worden waren, und befand, dass sie den maßgeblichen Zeitraum und die maßgeblichen Mitgliedstaaten, Spanien und Italien, beträfen und ein eindrucksvolles Absatzvolumen für die in Rede stehenden Waren belegten. Die Widerspruchsabteilung stellte fest, dass die Rechnungen ein Bildzeichen trugen (im Folgenden: erste Bildmarke), das nachfolgend wiedergegeben wird:

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13      Die Widerspruchsabteilung war jedoch der Meinung, dass die Benutzung dieses Zeichens eine Benutzung der älteren Marke in einer ihre Unterscheidungskraft nicht beeinflussenden Form im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009), der entsprechend anwendbar sei, darstelle. Im Übrigen wies die Widerspruchsabteilung das Vorbringen der Klägerin zurück, dass die geltend gemachte Benutzung der älteren Marke durch ein anderes Unternehmen und nicht durch die Streithelferin erfolgt sei. Da die Streithelferin selbst Handlungen der Benutzung ihrer Marke durch einen Dritten geltend mache, behaupte sie stillschweigend, dass diese Benutzung mit ihrer Zustimmung im Sinne von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009) erfolgt sei.

14      In Bezug auf die drei Waren nahm die Widerspruchsabteilung an, dass Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke bestehe, da die Marken identisch und die mit ihnen beanspruchten Waren ähnlich seien. Die Widerspruchsabteilung stellte ferner in Nr. 2 des verfügenden Teils ihrer Entscheidung fest, dass die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 angeführten Waren in den Klassen 3, 9 und 18 sowie für „Schuhe, ausgenommen Skischuhe, Snowboardschuhe und Sportschuhe“ in Klasse 25 (im Folgenden gemeinsam: die anderen Waren) erfolgen könne.

15      Am 25. September 2008 legte die Klägerin beim HABM gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

16      Mit Entscheidung vom 30. September 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), der Klägerin zugestellt am 16. Oktober 2009, hob die Erste Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der Widerspruchsabteilung „hinsichtlich der Feststellung der Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen“ auf und verwies sie zur weiteren Entscheidung an die Widerspruchsabteilung zurück (Nr. 1 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung). Dagegen wies sie die Beschwerde „[h]insichtlich der Entscheidung über den Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung“ der älteren Marke zurück (Nr. 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung).

17      Erstens führte die Beschwerdekammer aus, dass die Widerspruchsabteilung die angefochtenen Waren nicht richtig identifiziert habe. Sie meinte, die Widerspruchsschrift habe keine Angabe der Waren enthalten, gegen die sich der Widerspruch gerichtet habe. Daher gelte der Widerspruch gemäß Regel 15 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 303, S. 1) in geänderter Fassung als gegen alle Waren gerichtet, die Gegenstand der Anmeldung gewesen seien. Ferner stellte die Beschwerdekammer fest, dass „Sportschuhe“ und „Skischuhe“ unter der Bezeichnung „Skistiefel“ in der Anmeldung der Klägerin enthalten gewesen seien, während „Snowboardschuhe“ gar nicht angemeldet gewesen seien. Die Beschwerdekammer gelangte daher zu dem Ergebnis, dass sich die Widerspruchsabteilung mit Waren befasst habe, die das Warenverzeichnis für die angemeldete Marke gar nicht enthalten habe. Auch wenn die Parteien selbst diese Frage nicht aufgeworfen und sich auf die ernsthafte Benutzung der älteren Marke beschränkt hätten, müsse die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufgehoben werden, soweit sie die Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken betreffe (Randnrn. 15 bis 18 der angefochtenen Entscheidung).

18      Zweitens nahm die Beschwerdekammer ebenso wie die Widerspruchsabteilung an, dass die Streithelferin die ernsthafte Benutzung der älteren Marke in Italien und Spanien für die Waren nachgewiesen habe, für die sie geschützt sei (Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung).

19      Zur Begründung dieser Schlussfolgerung führte die Beschwerdekammer in den Randnrn. 24 und 25 der angefochtenen Entscheidung Folgendes aus:

„24.      Die von der [Streithelferin] vorgelegten Rechnungen für die Jahre 2002 bis 2006 belegen die Verkaufszahlen dieser Jahre in Spanien und Italien, mithin nach Ort, Zeit und Umfang. Zwar weisen diese Rechnungen lediglich die [erste Bildmarke der Streithelferin] auf. Hinsichtlich der Rechnungen allein kann jedoch von der Widersprechenden nicht verlangt werden, eine Aufstellung der Verkaufszahlen nach denjenigen Produkten zu erstellen, die die [ältere Marke] getrennt aufweisen. Eine derartige Differenzierung der Produkte ist meist schlicht nicht möglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht alle Produkte dasselbe Zeichen identisch aufweisen. Eine Differenzierung erfordert in diesem Fall einen enormen administrativen Aufwand und kann regelmäßig nicht erwartet werden. Der Benutzungsnachweis wäre dem betroffenen Unternehmen dann fast unmöglich.

25.      Hinsichtlich der Art der Benutzung der Widerspruchsmarke geht aus den Katalogauszügen der [Streithelferin] hervor, dass sie zur Kennzeichnung ihrer Waren nicht allein die [erste Bildmarke] benutzt. Vielmehr sind auf den Waren auch [eine andere Bildmarke der Streithelferin] und die [ältere Marke] zu finden. Auf den dort einsehbaren Skiern, den Skistöcken und einer Vielzahl weiterer Artikel der Sportbekleidung ist die [ältere Marke] als reines Textelement isoliert zu finden. Die Waren der vorgelegten Kataloge finden sich auch auf den vorgelegten Rechnungen wieder. So weist beispielsweise die Rechnung für einen spanischen Abnehmer vom 12. Januar 2006 die Artikel mit den Nummern 106001 (Racetiger GS Racing Titanium), 106021 (Racetiger RC Titanium) und 106051 (Supersport Allstar Titanium) auf, die Rechnung vom 21. Dezember 2005 weist unter anderem die Waren mit den Nummern 106031 (Racetiger SC Titanium) und 106240 (Attiva Star) [auf]. Diese Artikel weisen die [ältere Marke] als reine Wortmarke und [eine andere Bildmarke der Streithelferin] an anderer Stelle auf dem Produkt auf. Der Katalog für die Skier bezieht sich aufgrund der spanischen Sprache allein auf den relevanten spanischen Markt, jedoch ergibt sich aus einem Vergleich mit den von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen für italienische Abnehmer, dass die Produkte auch in Italien vertrieben wurden. So weist beispielsweise die Rechnung mit Datum vom 18. November 2005 die Artikel mit der Nr. 106021 (Racetiger RC Titanium) aus. Dabei weisen diese Waren die [ältere Marke] als reine Textmarke auf. Einige dieser Artikel weisen zusätzlich an anderer Stelle [die andere Bildmarke der Streithelferin] auf.“

20      Die in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung erwähnte andere Bildmarke der Streithelferin (im Folgenden: zweite Bildmarke) wird im Folgenden wiedergegeben:

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21      Ferner befand die Beschwerdekammer unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichts, dass die Streithelferin keine isolierte Benutzung der älteren Marke nachweisen müsse, sondern dass es ausreiche, dass sie sie neben anderen Marken auf den betreffenden Waren verwendet habe (Randnrn. 26 und 27 der angefochtenen Entscheidung). Unter Berücksichtigung dieser Schlussfolgerungen hielt die Beschwerdekammer schließlich eine Prüfung der in der Rechtsprechung aufgeworfenen Frage einer Ausweitung des Schutzes einer eingetragenen Marke auf ein leicht abgewandeltes Zeichen für überflüssig (Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung).

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

22      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die Entscheidung der Widerspruchsabteilung aufzuheben, soweit mit ihr dem Widerspruch stattgegeben wird;

–        den Widerspruch zurückzuweisen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

23      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen, soweit sie gegen Nr. 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung, die den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke betrifft, gerichtet ist;

–        im Übrigen die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

24      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit

25      Es ist erstens die Zulässigkeit der Klage im Licht des Art. 65 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 zu prüfen. Gemäß dieser Bestimmung steht die Klage vor dem Gericht gegen eine Entscheidung einer Beschwerdekammer des HABM „den an dem Verfahren vor der Beschwerdekammer Beteiligten zu, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind“.

26      Durch eine Entscheidung nicht beschwert ist ein Beteiligter an diesem Verfahren, wenn die Beschwerdekammer dem Antrag dieses Beteiligten auf der Grundlage eines der Eintragungshindernisse oder der Gründe für die Nichtigkeit einer Marke oder, allgemeiner, nur eines Teils der von diesem Beteiligten vorgebrachten Argumente stattgibt, selbst wenn sie es unterlässt, die anderen Gründe oder Argumente, die dieser Beteiligte vorgebracht hat, zu prüfen, oder wenn sie diese zurückweist (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 14. Juli 2009, Hoo Hing/HABM – Tresplain Investments [Golden Elephant Brand], T‑300/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 29 bis 37).

27      Hingegen wird ein Beteiligter durch eine Entscheidung einer Beschwerdekammer im Sinne von Art. 65 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 beschwert, wenn durch sie über einen von diesem Beteiligten beim HABM gestellten Antrag in einem für ihn nachteiligen Sinne entschieden wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. März 2009, Laytoncrest/HABM – Erico [TRENTON], T‑171/06, Slg. 2009, II‑539, Randnrn. 20 und 21).

28      Diese zuletzt genannte Fallgestaltung umfasst den Fall, in dem die Beschwerdekammer zunächst einen Antrag zurückweist, dessen Erfolg das Verfahren vor dem HABM in einem für den antragstellenden Beteiligten vorteilhaften Sinne beendet hätte, und sodann die Sache zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückverweist; dies gilt ungeachtet der Möglichkeit, dass diese erneute Prüfung zu einer für diesen Beteiligten günstigen Entscheidung führen könnte. Eine solche Möglichkeit ist nicht ausreichend, um diesen Fall den oben in Randnr. 26 genannten Fällen zuzuordnen, in denen die Beschwerdekammer einem Antrag auf der Grundlage bestimmter zu seiner Stützung vorgebrachter Gründe oder Argumente stattgibt und die übrigen in der Antragsschrift enthaltenen Gründe oder Argumente zurückweist oder deren Prüfung unterlässt.

29      Im vorliegenden Fall ist es offensichtlich, dass die angefochtene Entscheidung, was die anderen Waren betrifft, dem Begehren der Klägerin nicht entsprochen hat. In Nr. 1 ihres verfügenden Teils wurde nämlich die Entscheidung der Widerspruchsabteilung hinsichtlich der Feststellung der Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen in vollem Umfang aufgehoben. Mit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung war aber, in Nr. 2 ihres verfügenden Teils, ausdrücklich festgestellt worden, dass die angemeldete Marke für die anderen Waren eingetragen werden könne, und insoweit für diese Waren dem Antrag der Klägerin auf Eintragung entsprochen worden.

30      Folglich ist die Klage zulässig, soweit sie auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gerichtet ist, da mit dieser die Nr. 2 des verfügenden Teils der Entscheidung der Widerspruchsabteilung betreffend die anderen Waren aufgehoben wurde.

31      Was die drei Waren betrifft, ist festzustellen, dass weder die Klägerin noch die Streithelferin in ihren Schriftsätzen die Frage der Zulässigkeit der Klage aufgeworfen haben, soweit sie sich auf diese Waren bezieht. Das HABM hat in seiner Klagebeantwortung ausgeführt, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke eine Vorfrage im Verhältnis zur Prüfung der Verwechslungsgefahr sei, die vom Gericht unabhängig von den sonstigen Klagegründen überprüft werden könne. Eine solche Prüfung sei im vorliegenden Fall sachdienlich, da für die von der Beschwerdekammer bisher nicht vorgenommene Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen den fraglichen Marken nur solche Waren zu berücksichtigen seien, für die die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen worden sei.

32      Das Gericht ist der Auffassung, dass die Klage auch zulässig ist, soweit sie sich auf die drei Waren bezieht.

33      Zwar ist, soweit es diese Waren betrifft, Nr. 1 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung darauf beschränkt, die Entscheidung der Vorinstanz aufzuheben, die für die Klägerin nachteilig war, und die Sache zur erneuten Entscheidung an diese Instanz zurückzuverweisen.

34      Jedoch wird in Nr. 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung, nachdem die Klägerin vor der Widerspruchsabteilung den Nachweis einer ernsthaften Benutzung der älteren Marke verlangt hatte, die Feststellung getroffen, dass dieser Nachweis erbracht worden sei, obwohl die Klägerin mit diesem Verlangen die gegenteilige Feststellung erreichen wollte, die zur Zurückweisung des Widerspruchs geführt hätte.

35      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung mit dem Verlangen des Nachweises der ernsthaften Benutzung die spezifische Vorfrage der ernsthaften Benutzung der älteren Marke in das Widerspruchsverfahren einbezogen wird, die, wenn sie vom Markenanmelder einmal aufgeworfen worden ist, vor der Entscheidung über den Widerspruch selbst beantwortet werden muss (Urteile des Gerichts vom 16. März 2005, L’Oréal/HABM – Revlon [FLEXI AIR], T‑112/03, Slg. 2005, II‑949, Randnr. 26, vom 22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg. 2007, II‑757, Randnr. 37, und vom 18. Oktober 2007, AMS/HABM – American Medical Systems [AMS Advanced Medical Services], T‑425/03, Slg. 2007, II‑4265, Randnr. 106).

36      Wegen ihres Charakters als spezifische Vorfrage ist diese Frage nicht Teil der Prüfung des eigentlichen Widerspruchs, der auf die Gefahr einer Verwechslung mit der älteren Marke gestützt wird. Wenn also, wie im vorliegenden Fall, die Widerspruchsabteilung feststellt, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke erbracht worden sei, und sodann dem Widerspruch stattgibt, kann die Beschwerdekammer die Frage dieses Nachweises nur dann prüfen, wenn der Markenanmelder diese Frage speziell in seiner Beschwerde vor dieser Kammer aufwirft (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Inditex/HABM – Marín Díaz de Cerio [OFTEN], T‑292/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 33, 39 und 40).

37      Da die Beschwerdekammer mit Nr. 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung das von der Klägerin vor ihr speziell vorgebrachte Verlangen des Nachweises der ernsthaften Benutzung der älteren Marke zurückgewiesen hat und da sie, was den vorliegenden Fall von dem oben in Randnr. 26 angesprochenen unterscheidet, den Widerspruch auch nicht aus einem anderen Grund zurückgewiesen hat, ist nach den vorstehenden Erwägungen ihre Entscheidung in Bezug auf die drei Waren den oben in Randnr. 28 angesprochenen Fallgestaltungen zuzuordnen. Folglich ist davon auszugehen, dass die Klägerin durch sie beschwert und somit befugt ist, sie vor dem Gericht anzufechten.

38      Zwar trifft es zu, dass die Widerspruchsabteilung gemäß Nr. 1 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung aufgefordert ist, eine erneute Prüfung der Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten und der älteren Marke vorzunehmen, doch dürfte diese erneute Prüfung im Hinblick auf Nr. 2 des verfügenden Teils dieser Entscheidung nicht die spezifische Vorfrage der ernsthaften Benutzung der älteren Marke umfassen, die von der Beschwerdekammer abschließend entschieden worden ist.

39      Zweitens ist die vom HABM gerügte Zulässigkeit des zweiten und dritten Antrags der Klägerin zu prüfen, die auf die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, soweit mit dieser dem Widerspruch stattgegeben wurde, sowie die Zurückweisung des Widerspruchs abzielen. Das HABM macht geltend, dass diese Anträge unzulässig seien, weil sie in Wirklichkeit darauf gerichtet seien, dass das Gericht dem HABM eine Anweisung erteile, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichts falle.

40      Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Entgegen den Ausführungen des HABM zielen diese Anträge in Wirklichkeit darauf ab, dass das Gericht die Entscheidung trifft, die nach Ansicht der Klägerin die Beschwerdekammer hätte treffen müssen, als sie mit der Beschwerde befasst war. Aus Art. 64 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer die Entscheidung der Dienststelle, die die angefochtene Entscheidung erlassen hat, aufheben und im Rahmen der Zuständigkeit dieser Dienststelle tätig werden kann, im vorliegenden Fall also über den Widerspruch entscheiden und diesen zurückweisen kann. Folglich gehören diese Maßnahmen zu denen, die das Gericht aufgrund seiner in Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 verankerten Änderungsbefugnis treffen kann (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, MFE Marienfelde/HABM − Vétoquinol [HIPOVITON], T‑334/01, Slg. 2004, II‑2787, Randnr. 19, vom 12. September 2007, Koipe/HABM – Aceites del Sur [La Española], T‑363/04, Slg. 2007, II‑3355, Randnrn. 29 und 30, und vom 11. Februar 2009, Bayern Innovativ/HABM – Life Sciences Partners Perstock [LifeScience], T‑413/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 15 und 16).

41      Der zweite und der dritte Klageantrag sind demnach zulässig.

42      Allerdings ist der dritte Klageantrag, der darauf abzielt, dass das Gericht den Widerspruch zurückweist, im Licht der von der Klägerin im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgebrachten Argumentation aufzufassen, nach der die Streithelferin den Widerspruch im Widerspruchsformular eindeutig auf die drei Waren beschränkt habe, was von der Beschwerdekammer übersehen worden sei.

43      Der dritte Klageantrag betrifft somit nur die drei Waren. Was die anderen Waren angeht, so würde bereits durch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, wie sie die Klägerin mit ihrem ersten Antrag begehrt, die Wirksamkeit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, der zufolge die Anmeldemarke für diese anderen Waren eingetragen werden kann, uneingeschränkt wiederhergestellt, womit diese Aufhebung als solche ausreichend wäre, um dem Begehren der Klägerin hinsichtlich dieser anderen Waren in vollem Umfang zu entsprechen.

44      Nach alledem ist die Klage zulässig, und zwar sowohl hinsichtlich des ersten Klageantrags, der auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in ihrer Gesamtheit abzielt, als auch hinsichtlich des zweiten und dritten Klageantrags, die im Wesentlichen auf die Zurückweisung des Widerspruchs in Bezug auf die drei Waren abzielen.

 Zur Begründetheit

45      Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die in Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verankerte Dispositionsmaxime, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der reformatio in peius der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung der Vorinstanz des HABM durch die Beschwerdekammer, drittens einen Verstoß gegen die in Art. 37 Abs. 3 und Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verankerten Verteidigungsrechte und viertens einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie gegen Regel 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 geltend macht.

 Zum ersten und zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die in Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 verankerte Dispositionsmaxime und Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der reformatio in peius der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung der Vorinstanz des HABM durch die Beschwerdekammer

46      Der erste und der zweite Klagegrund sind zusammen zu untersuchen.

47      Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Widerspruch gegen alle Waren der Anmeldemarke gerichtet worden sei. Die Streithelferin habe ihren Widerspruch im Widerspruchsformblatt ausdrücklich auf die drei Waren beschränkt. Es sei in diesem Zusammenhang unerheblich, dass das Warenverzeichnis für die Anmeldemarke „Snowboardschuhe“ nicht enthalten habe. Die Widerspruchsabteilung hätte den Widerspruch in Bezug auf diese Waren als unzulässig zurückweisen müssen. Dieser Umstand rechtfertige dagegen nicht eine Ausdehnung des Widerspruchs auf sämtliche mit der Anmeldemarke beanspruchten Waren, wie die Beschwerdekammer sie vorgenommen habe.

48      In ihrem Vorbringen zum zweiten Klagegrund verweist die Klägerin darauf, dass sich die Widerspruchsabteilung auf eine Prüfung der Verwechslungsgefahr nur hinsichtlich der drei Waren beschränkt habe. Indem die Beschwerdekammer die Sache an die Widerspruchsabteilung mit der Maßgabe zurückverwiesen habe, dass die Prüfung der Verwechslungsgefahr auf sämtliche von der Klägerin angemeldete Waren auszudehnen sei, habe sie die Klägerin in eine ungünstigere rechtliche Lage als vor der Einlegung der Beschwerde versetzt. Die Beschwerdekammer habe auf diese Weise eine durch Art. 59 der Verordnung Nr. 207/2009 verbotene reformatio in peius der Entscheidung der unteren Instanz vorgenommen.

49      In seiner Stellungnahme sowohl zum ersten als auch zum zweiten Klagegrund führt das HABM aus, dass der Klage stattzugeben sei, soweit sie sich gegen Nr. 1 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung richte. Die Widerspruchsabteilung sei zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Widerspruch auf die drei Waren beschränke. Aus nicht ersichtlichen Gründen habe die Beschwerdekammer diese Beschränkung übersehen.

50      Die Streithelferin bestätigt in demselben Zusammenhang, dass sie ihren Widerspruch auf die drei Waren beschränkt habe. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe die Widerspruchsabteilung den Widerspruch für „Snowboardschuhe“ zu Recht nicht als unzulässig erachtet, da mit der Anmeldung der Klägerin alle Arten von Schuhen einschließlich Snowboardschuhen beansprucht worden seien. Die im Warenverzeichnis der Anmeldung zu Klasse 25 aufgeführten verschiedenen Arten von Schuhen (siehe oben, Randnr. 3) seien mit dem Zusatz „insbesondere“ versehen, was belege, dass sie nur beispielhaft aufgeführt seien. Die Richtlinien für das Widerspruchsverfahren beim HABM erwähnten die Möglichkeit, einen Oberbegriff durch Bezeichnung einer spezifischen Ware einzuschränken.

51      Vorab stellt das Gericht fest, dass das HABM zwar nicht über die erforderliche Befugnis zur Erhebung einer Klage gegen eine Entscheidung einer Beschwerdekammer verfügt, es jedoch umgekehrt nicht verpflichtet sein kann, systematisch jede angefochtene Entscheidung einer Beschwerdekammer zu verteidigen oder zwingend die Abweisung jeder gegen eine solche Entscheidung gerichteten Klage zu beantragen. Daher ist das HABM nicht daran gehindert, sich einem Antrag der Klägerin anzuschließen, wie es im vorliegenden Fall in Bezug auf den ersten Antrag der Klägerin geschehen ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnrn. 26 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Sodann ist festzustellen, dass der zweite Klagegrund trotz seiner Überschrift die spezifischere Frage aufwirft, ob eine Beschwerdekammer des HABM für die Prüfung eines Widerspruchs gegen die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen zuständig ist, wenn die Kammer nur mit der Beschwerde des Markenanmelders gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung befasst ist, die dem Widerspruch für andere von derselben Marke erfasste Waren und Dienstleistungen stattgegeben hat. Die Prüfung dieser Frage muss der Prüfung der Rüge der in der angefochtenen Entscheidung aufgestellten Behauptung, dass die Streithelferin das Verzeichnis der Waren, auf die sich der Widerspruch beziehe, nicht beschränkt habe, logischerweise vorausgehen.

53      Gemäß Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 entscheidet die Beschwerdekammer nach ihrer Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, über diese und kann dabei „im Rahmen der Zuständigkeit der Dienststelle tätig“ werden, „die die angefochtene Entscheidung erlassen hat“. Im vorliegenden Fall heißt dies, dass sie über den Widerspruch durch seine Zurückweisung oder eine Stattgabe selbst entscheiden und damit die angefochtene Entscheidung entweder bestätigen oder unwirksam werden lassen kann. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul (C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213, Randnrn. 57), entschieden hat, folgt aus dieser Bestimmung, dass die Beschwerdekammer durch die Wirkung der bei ihr anhängig gemachten Beschwerde damit betraut wird, eine vollständige neue Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht vorzunehmen.

54      Betrifft jedoch die Beschwerde vor der Beschwerdekammer nur einen Teil der von der Anmeldung oder von dem Widerspruch erfassten Waren oder Dienstleistungen, berechtigt diese Beschwerde die Beschwerdekammer zwar zu einer neuen Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs, aber nur in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen, da sie mit der Anmeldung und der Beschwerde, was die übrigen Waren und Dienstleistungen betrifft, nicht befasst worden ist.

55      So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat vor der Beschwerdekammer eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nur erhoben, soweit diese dem Widerspruch stattgegeben und die Anmeldung in Bezug auf die drei Waren zurückgewiesen hatte. Sie konnte im Übrigen keine Beschwerde gegen diese Entscheidung erheben, soweit mit dieser festgestellt worden war, dass die angemeldete Marke für die übrigen von ihr erfassten Waren zur Eintragung zugelassen werden könne. Nach Art. 59 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 steht nämlich „[d]ie Beschwerde … denjenigen zu, die an einem Verfahren beteiligt waren, das zu einer Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind“; hieraus ergibt sich, dass ein Beteiligter, dessen Anträgen in einer Entscheidung der unteren Instanz des HABM stattgegeben wurde, zur Erhebung einer Beschwerde vor der Beschwerdekammer nicht mehr befugt ist (Beschluss des Gerichts vom 11. Mai 2006, TeleTech Holdings/HABM – Teletech International [TELETECH INTERNATIONAL], T‑194/05, Slg. 2006, II‑1367, Randnr. 22).

56      Folglich hat die Beschwerdekammer, wie die Klägerin im Wesentlichen mit ihrem zweiten Klagegrund geltend macht, die Grenzen ihrer in Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 festgelegten Zuständigkeit überschritten, indem sie Nr. 2 des verfügenden Teils der Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Bezug auf die anderen Waren aufgehoben hat. Der zweite Klagegrund ist demnach begründet.

57      Jedenfalls ist es zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig und wird im Übrigen durch das Widerspruchsformular bestätigt, das sich in der dem Gericht gemäß Art. 133 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts übermittelten Akte des Verfahrens vor dem HABM befindet, dass der Widerspruch entgegen den Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich allein auf die drei Waren beschränkt war. Folglich ist auch der erste Klagegrund begründet.

58      Unter diesen Umständen braucht der dritte Klagegrund nicht geprüft zu werden. Da die Beschwerdekammer gar nicht berechtigt war, die Anmeldung in Bezug auf die anderen Waren zu prüfen, erübrigt es sich, über die Frage zu entscheiden, ob sie die Klägerin von ihrer Absicht, eine solche Prüfung durchzuführen, hätte informieren und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen. Der vierte Klagegrund ist dagegen zu prüfen, da er die drei Waren betrifft, d. h. einen anderen Aspekt der angefochtenen Entscheidung als den von den ersten drei Klagegründen betroffenen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie Regel 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95

59      Mit dem vierten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die Streithelferin die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nicht nachgewiesen habe. Soweit die Beschwerdekammer zum gegenteiligen Ergebnis gelangt sei, habe sie gegen Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 sowie Regel 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 verstoßen.

60      Das Vorbringen der Klägerin gliedert sich in zwei Teile. Mit dem ersten Teil rügt sie die Beurteilung der von der Streithelferin zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke vorgelegten Unterlagen durch die Beschwerdekammer.

61      Mit dem zweiten Teil macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer angesichts der Unzulänglichkeit der vorgelegten Belege für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke hätte prüfen müssen, ob für diesen Nachweis die Verwendung der ersten Bildmarke der Streithelferin berücksichtigt werden dürfe. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Berücksichtigung der Benutzung dieser Marke in Widerspruch zur Rechtsprechung und zur Entscheidungspraxis des HABM stehe.

62      Vorab ist der zweite Teil als ins Leere gehend zurückzuweisen. Wie aus Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung (siehe auch Randnr. 20 des vorliegenden Urteils) hervorgeht, war die Beschwerdekammer nämlich der Auffassung, dass in Anbetracht der von der Streithelferin vorgelegten Beweisunterlagen die ernsthafte Benutzung der älteren Marke in ihrer eingetragenen Form als nachgewiesen angesehen werden könne, und entschied daher, die Benutzung der ersten Bildmarke der Streithelferin für die Beurteilung dieser Frage außer Betracht zu lassen.

63      Folglich wäre, wenn die Beschwerdekammer, wie die Klägerin mit dem ersten Teil dieses Klagegrundes geltend macht, die Nachweise für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke zu Unrecht als ausreichend befunden hat, die angefochtene Entscheidung ungeachtet einer eventuellen Benutzung der ersten Bildmarke der Streithelferin aufzuheben. Da diese Frage in der Sache nicht von der Beschwerdekammer geprüft worden ist, kommt es dem Gericht nicht zu, sie erstmals im Rahmen seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 72 und 73, und Urteil des Gerichts vom 12. Mai 2010, Beifa Group/HABM − Schwan-Stabilo Schwanhäußer [Schreibinstrument], T‑148/08, Slg. 2010, II‑1681, Randnr. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Im Rahmen des ersten Teils des vierten Klagegrundes bringt die Klägerin eine Reihe von Argumenten vor, um die Fehlerhaftigkeit der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer darzutun, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen worden sei.

65      Erstens seien die von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen nicht mit der älteren Marke, sondern mit der ersten Bildmarke versehen. Es sei zu bezweifeln, dass die Differenzierung der in einer Rechnung aufgeführten Waren nach der Marke, mit denen sie versehen seien, unmöglich sei, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen festgestellt habe. Jedenfalls müssten für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke Rechnungen vorgelegt werden, die sich auf diese Marke bezögen.

66      Zweitens gehe aus den anderen als Nachweis für die ernsthafte Benutzung der älteren Marke vorgelegten Unterlagen nicht genau hervor, ob sie sich auf mit dieser Marke versehene Waren bezögen. Der in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung erwähnte Produktkatalog reiche insoweit nicht aus, da er zum einen mehrere Waren enthalte, die nur mit der ersten oder zweiten Bildmarke der Streithelferin versehen seien, und zum anderen nur die Saison 2006/2007 betreffe und sich nur auf den spanischen Markt beziehe.

67      Drittens beträfen die Verkäufe von mit der älteren Marke versehenen Artikeln, die in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung erwähnt würden, verschwindend geringe Mengen, die nach der Rechtsprechung und der Entscheidungspraxis des HABM für den Nachweis der ernsthaften Benutzung einer für Massenwaren eingetragenen Marke wie der älteren Marke nicht genügten.

68      Das HABM und die Streithelferin sind der Auffassung, dass die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt habe, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen worden sei.

69      Das HABM meint, die Beschwerdekammer habe sich in Bezug auf den Nachweis des Ortes, der Zeit und des Umfangs der Benutzung der älteren Marke zutreffend auf die von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen gestützt. Entgegen der Ansicht der Klägerin komme es nicht darauf an, dass die ältere Marke auf den Rechnungen selbst angegeben sei, da der maßgebliche Gesichtspunkt die Anbringung der Marke auf den Produkten selbst sei.

70      Was die Prüfung der Art der Benutzung der Marke angehe, habe sich die Beschwerdekammer richtigerweise auf die von der Streithelferin vorgelegten Kataloge gestützt, die es erlaubten, mit Hilfe der Artikelnummern der betreffenden Waren einen Zusammenhang zwischen den Waren und den Rechnungen der Streithelferin herzustellen. Im Übrigen sei es abwegig, anzunehmen, dass die allein mit der älteren Marke gekennzeichneten Waren nur aus Gründen einer symbolischen Benutzung dieser Marke in diese Kataloge aufgenommen worden seien.

71      Zum Verweis der Klägerin auf die angeblich verschwindend geringen Mengen der in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Verkäufe macht das HABM geltend, die Beschwerdekammer habe nicht die mit jedem mit der älteren Marke versehenen Artikel erzielten Umsätze im Einzelnen beziffert, sondern nur beispielhaft auf einige Posten der von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen hingewiesen. Es gebe weitere Beispiele für Verkäufe von mit dieser Marke gekennzeichneten Waren, jedenfalls sei aber eine rein zahlenmäßige Aufstellung der mit diesen Waren erzielten Umsätze nicht erforderlich, da nach der Rechtsprechung ein Mindestmaß der Benutzung nicht festgesetzt werden könne.

72      Die Streithelferin macht geltend, die Behauptung der Klägerin, die von der Beschwerdekammer berücksichtigten Rechnungen bewiesen nur die Abnahme von 21 Artikeln, sei unzutreffend, wie mehrere andere Beispiele von Verkäufen mit der älteren Marke versehener Waren zeigten, die in diesen Rechnungen aufgelistet seien. Im Übrigen weise die Beschwerdekammer zu Recht darauf hin, dass es unzumutbar sei, wenn die Streithelferin jedes einzelne Produkt in den vorgelegten Rechnungen identifizieren müsse.

73      Die in Rede stehenden Rechnungen seien illustrativ vorgelegte Beispiele und bezögen sich nicht auf sämtliche Verkäufe der Streithelferin in Spanien und Italien im maßgebenden Zeitraum. Das eindrucksvolle Handelsvolumen gehe aus der oben in Randnr. 10 erwähnten eidesstattlichen Versicherung von Herrn G. hervor.

74      Im Übrigen verkenne das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die angeblich geringen Verkaufsmengen der mit der älteren Marke versehenen Waren, dass das HABM eine Gesamtwürdigung der Beweise für die ernsthafte Benutzung einer Marke vornehmen müsse. Eine solche Gesamtwürdigung lasse im vorliegenden Fall aber keinen Zweifel an der ernsthaften Benutzung der älteren Marke. Jedenfalls erscheine der von der Klägerin bemängelte Umfang der Verkäufe in Anbetracht der von der Rechtsprechung festgelegten Kriterien nicht als unzureichend.

75      Das Gericht erinnert daran, dass gemäß Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 der Urheber einer mit einem Widerspruch angegriffenen Gemeinschaftsmarkenanmeldung den Nachweis verlangen kann, dass die ältere Marke, auf die dieser Widerspruch gestützt wird und die Gegenstand einer internationalen Registrierung mit Wirkung in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung in diesen Mitgliedstaaten ernsthaft benutzt worden ist.

76      Ferner hat sich nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 in geänderter Fassung der Nachweis der Benutzung auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke zu beziehen.

77      Nach ständiger Rechtsprechung lässt sich den genannten Vorschriften sowie dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 entnehmen, dass der Normzweck des Erfordernisses, dass die ältere Marke ernsthaft benutzt worden sein muss, um einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung entgegengehalten werden zu können, darin besteht, Markenkonflikte zu begrenzen, soweit kein berechtigter wirtschaftlicher Grund vorliegt, der einer tatsächlichen Funktion der Marke auf dem Markt entspringt. Dagegen zielen diese Bestimmungen weder auf eine Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch auf eine Überprüfung der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darauf ab, den Markenschutz nur umfangreichen geschäftlichen Verwertungen von Marken vorzubehalten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Sunrider/HABM – Espadafor Caba [VITAFRUIT], T‑203/02, Slg. 2004, II‑2811, Randnrn. 36 bis 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der durch ihre Eintragung geschützten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, Slg. 2003, I‑2439, Randnr. 43). Ferner wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (Urteil VITAFRUIT, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 39, vgl. in diesem Sinne entsprechend auch Urteil Ansul, Randnr. 37).

79      Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (Urteil VITAFRUIT, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 40, vgl. auch entsprechend Urteil Ansul, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 43).

80      Bezüglich des Umfangs der Benutzung der älteren Marke sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen (Urteile VITAFRUIT, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 41, und HIPOVITON, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 35).

81      Bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer älteren Marke ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Umständen. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder große zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile VITAFRUIT, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 42, und HIPOVITON, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 36).

82      Der erzielte Umsatz und die Menge der unter der älteren Marke verkauften Waren können nicht absolut beurteilt werden, sondern müssen im Zusammenhang mit anderen relevanten Umständen wie dem Umfang der Geschäftstätigkeit, den Produktions- oder Vertriebskapazitäten oder dem Grad der Diversifizierung des Unternehmens, das die Marke verwertet, sowie den Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt gesehen werden. Daher braucht die Benutzung der älteren Marke nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden (Urteile VITAFRUIT, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 42, und HIPOVITON, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 36). Selbst eine geringfügige Benutzung kann also als ernsthaft eingestuft werden, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen. Folglich ist es nicht möglich, von vornherein und abstrakt zu bestimmen, ab welcher mengenmäßigen Grenze eine Benutzung als ernsthaft anzusehen ist, so dass ein Mindestmaß der Benutzung, das das HABM oder auf eine entsprechende Klage hin das Gericht daran hindern würde, sämtliche Umstände des ihnen unterbreiteten Streitfalls zu würdigen, nicht festgesetzt werden kann (Urteil des Gerichtshofs vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg. 2006, I‑4237, Randnr. 72).

83      Wie aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervorgeht, unterliegen den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen nur die Marken, deren Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt wurde. Daher ist eine Marke diesen Sanktionen bereits dann entzogen, wenn sie während eines Teils des maßgeblichen Zeitraums ernsthaft benutzt wurde (Urteile VITAFRUIT, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 45, und HIPOVITON, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 40).

84      Schließlich lässt sich die ernsthafte Benutzung einer Marke nicht auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2002, Kabushiki Kaisha Fernandes/HABM – Harrison [HIWATT], T‑39/01, Slg. 2002, II‑5233, Randnr. 47, und vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, Slg. 2004, II‑3445, Randnr. 28).

85      Anhand dieser Erwägungen ist zu beurteilen, ob die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertrat, dass die von der Streithelferin vorgelegten Nachweise eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke belegten.

86      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass es sich bei dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum nach Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 22 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, um den Zeitraum zwischen dem 30. Januar 2001 und dem 30. Januar 2006 handelt, da die Gemeinschaftsmarkenanmeldung der Klägerin am 30. Januar 2006 veröffentlicht wurde.

87      Sodann ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zwar genauso wie die Widerspruchsabteilung der Auffassung war, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Marke während des oben genannten Zeitraums nachgewiesen worden sei, diese Schlussfolgerung jedoch auf Gründe gestützt hat, die sich wesentlich von den in der Entscheidung der Widerspruchsabteilung angegebenen unterscheiden.

88      Die Widerspruchsabteilung stützte sich nämlich zum einen, wie aus ihrer oben in den Randnrn. 12 und 13 zusammengefassten Entscheidung hervorgeht, nicht nur auf die Rechnungen der Streithelferin, sondern auch auf die von ihr vorgelegten Statistiken sowie die eidesstattliche Erklärung von Herrn G. Zum anderen stützte sie sich, was die fraglichen Rechnungen betrifft, ausschließlich darauf, dass sich auf diesen Rechnungen die erste Bildmarke befand, was von ihr als ausreichender und adäquater Nachweis für die Benutzung der mit dem Wortbestandteil dieser Marke identischen älteren Marke angesehen wurde. Die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vermittelt allerdings den Eindruck, dass ihr nicht bekannt war, dass es sich bei der ersten Bildmarke nicht bloß um eine Kombination der älteren Marke mit einem Bildelement handelte, sondern um eine gesonderte eingetragene Marke. Die Widerspruchsabteilung hat somit nicht zu der Frage Stellung genommen, ob die ernsthafte Benutzung einer ein Wortelement enthaltenden Bildmarke auch als Nachweis für die ernsthafte Benutzung einer gesonderten Wortmarke dienen kann, die nur aus diesem Wortelement besteht.

89      Die Beschwerdekammer wiederum bezog sich allein auf zwei Arten von Beweisunterlagen, die von der Streithelferin vorgelegt worden waren, nämlich die Rechnungen und die Kataloge (siehe Randnrn. 24 und 25 der angefochtenen Entscheidung). Sie war ferner der Auffassung, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Marke in ihrer eingetragenen Form nachgewiesen worden sei und dass es daher nicht notwendig sei, in dieser Hinsicht die mögliche ernsthafte Benutzung der ersten Bildmarke zu berücksichtigen, wie aus Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht.

90      Insbesondere vertrat die Beschwerdekammer in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung die Ansicht, die von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen für die Jahre 2002 bis 2006 belegten „die Verkaufszahlen dieser Jahre in Spanien und Italien, mithin nach Ort, Zeit und Umfang“. In Randnr. 25 dieser Entscheidung erwähnte sie die Kataloge der Streithelferin, die sie als Belege für die Art der Benutzung der älteren Marke ansah, da diese „[a]uf den dort einsehbaren Skiern, den Skistöcken und einer Vielzahl weiterer Artikel der Sportbekleidung … als reines Textelement isoliert zu finden“ sei.

91      Die Beschwerdekammer stellte außerdem fest, dass sich die in den Katalogen gezeigten Waren „auch auf den vorgelegten Rechnungen [wiederfinden]“ und nahm insofern „beispielsweise“ auf zwei Rechnungen über Verkäufe von fünf verschiedenen Waren an einen spanischen Abnehmer Bezug. Sie räumte ein, dass der auf Spanisch verfasste Katalog für Skier sich nur auf den spanischen Markt beziehe, fügte aber hinzu, dass sich aus dem Vergleich mit den an den italienischen Vertriebshändler der Streithelferin gerichteten Rechnungen ergebe, dass die in diesem Katalog geführten Waren auch in Italien vertrieben würden. In dieser Hinsicht erwähnte sie „beispielsweise“ eine Rechnung vom 18. November 2005 über den Verkauf eines mit der älteren Marke versehenen Artikels.

92      Wie bereits oben in Randnr. 53 festgestellt worden ist, wird die Beschwerdekammer durch die Wirkung der bei ihr anhängig gemachten Beschwerde damit betraut, eine vollständige neue Prüfung der Begründetheit des Widerspruchs sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht vorzunehmen. Nach dieser Prüfung kann sie u. a. die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf der Grundlage von anderen Gründen als den von dieser angegebenen bestätigen. Unter solchen Umständen bildet im Fall einer Klage vor dem Gericht gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer den Gegenstand der Kontrolle die Rechtmäßigkeit der von der Beschwerdekammer angegebenen Gründe und nicht die der in der Entscheidung der Widerspruchsabteilung enthaltenen Gründe.

93      Zwar ist wiederholt entschieden worden, dass dann, wenn die Beschwerdekammer die Entscheidung der unteren Instanz des HABM bestätigt, diese Entscheidung sowie ihre Begründung zu dem Kontext gehören, in dem die Entscheidung der Beschwerdekammer erlassen wurde, und dass dieser Kontext, der den Parteien bekannt ist, es dem Richter ermöglicht, seine Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Richtigkeit der Beurteilung der Beschwerdekammer in vollem Umfang auszuüben (Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Slg. 2008, II‑1927, Randnr. 47, und vom 24. September 2008, HUP Uslugi Polska/HABM – Manpower [I.T.@MANPOWER], T‑248/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 48). Diese Erwägung erlaubt allerdings nicht die Berücksichtigung der Begründung der Entscheidung der nachgeordneten Dienststelle, wenn die Beschwerdekammer zwar zu demselben Ergebnis gelangt ist wie die untere Instanz, sich jedoch die Begründung von deren Entscheidung nicht zu eigen gemacht und in ihrer eigenen Entscheidung nicht einmal darauf Bezug genommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. Juni 2010, Matratzen Concord/HABM – Barranco Schnitzler [MATRATZEN CONCORD], T‑351/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26).

94      Da dies vorliegend der Fall ist, ist die Kontrolle der Gründe, die die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung für ihre Schlussfolgerung ausgeführt hat, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen sei, ohne Berücksichtigung der in der Entscheidung der Widerspruchsabteilung enthaltenen Begründung durchzuführen.

95      Hierzu ist festzustellen, dass die Akte des HABM in der Tat eine große Zahl von Rechnungen enthält, die belegen, dass die Streithelferin bestimmte Waren an eine Gesellschaft in Italien und an eine andere Gesellschaft in Spanien verkauft hat, bei denen es sich nach den Angaben der Streithelferin vor dem HABM um die Vertriebshändler der Waren der Streithelferin in diesen beiden Ländern handelt. Die fraglichen Rechnungen weisen in ihrem Kopf die erste Bildmarke der Streithelferin auf. Auf einigen von ihnen steht diese Marke neben einem anderen Bildzeichen, das den Wortbestandteil „Marker“ beinhaltet. Auf jeder Rechnung werden die verkauften Artikel durch eine Nummer und eine Modellbezeichnung identifiziert, wobei weder die Art der Ware, um die es sich handelt, noch die ältere Marke erwähnt werden. Die Mengen und der Gesamtwert der betreffenden Waren jeder Rechnung scheinen bedeutend zu sein, da mehrere Rechnungen Verkäufe über Beträge von mehreren Hunderttausend Euro betreffen. Der Zeitraum der Verkäufe reicht vom 19. Februar 2002 bis 14. Dezember 2006 für die Verkäufe in Italien und vom 11. Dezember 2002 bis 18. August 2006 für die Verkäufe in Spanien und erfasst somit in beiden Fällen einen großen Teil des oben in Randnr. 86 genannten maßgeblichen Zeitraums.

96      Die Tatsache, dass die ältere Marke auf diesen Rechnungen nicht genannt wird, ist für sich genommen nicht ausreichend, um zu belegen, dass diese Rechnungen für den Nachweis der ernsthaften Benutzung dieser Marke irrelevant sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2007, La Mer Technology/HABM – Laboratoires Goëmar [LA MER], T‑418/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 65). Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, da die Rechnungen nicht für die Endverbraucher der mit der älteren Marke versehenen Waren, hier die allgemeinen Verkehrskreise, bestimmt waren, sondern für die Vertriebshändler der Streithelferin.

97      Damit diese Rechnungen relevante Beweisunterlagen für die Benutzung der älteren Marke in Bezug auf die oben in Randnr. 6 genannten Waren darstellen konnten, war es dennoch erforderlich, zu prüfen, ob sie tatsächlich solche Waren betrafen, und wenn ja, ob diese Waren die ältere Marke trugen oder diese Marke zumindest gemäß ihrer Hauptfunktion öffentlich und nach außen hin im Zusammenhang mit dem Verkauf dieser Waren an den Verbraucher benutzt wurde.

98      Dass die Streithelferin für diese Prüfung gesonderte Verkaufszahlen allein für diejenigen Waren vorlegt, die mit der älteren Marke gekennzeichnet waren – was die Beschwerdekammer für sehr aufwendig und letztlich unmöglich erachtete –, war dabei nicht unerlässlich. Es wäre ausreichend gewesen, auf den Rechnungen, falls erforderlich durch Bezugnahme auf andere Beweisunterlagen, Waren der oben in Randnr. 6 genannten Kategorien zu identifizieren, die die ältere Marke tragen, und zwar für eine Menge, bei der jede Möglichkeit einer rein symbolischen Benutzung dieser Marke ausgeschlossen werden könnte und die folglich ausreichend wäre, um ihre ernsthafte Benutzung nachzuweisen.

99      Die beiden von der Streithelferin vorgelegten Kataloge stellten Beweisunterlagen dar, die zu diesem Zweck dienen konnten, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat. Der erste dieser Kataloge ist auf Spanisch verfasst und zeigt verschiedene Modelle von Skiern, die von der Streithelferin vermarktet wurden. Er enthält für jedes Modell ein Foto des Artikels, seinen Namen sowie verschiedene andere relevante Informationen, darunter insbesondere die von der Streithelferin für seine Identifizierung verwendete Nummer. Der zweite Katalog ist auf Italienisch und Englisch verfasst und enthält entsprechende Angaben für von der Streithelferin vermarktete Sportbekleidung.

100    Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, wies eine große Zahl der in den beiden Katalogen gezeigten Waren die ältere Marke auf. In mehreren Fällen erscheint diese zusammen mit der ersten Bildmarke oder der zweiten Bildmarke der Streithelferin. Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen festgestellt hat, ist dieser Umstand jedoch unerheblich für die Frage, ob die Streithelferin die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachgewiesen hat. Es gibt nämlich keine gemeinschaftsmarkenrechtliche Bestimmung, wonach der Widersprechende nachzuweisen hat, dass er die ältere Marke isoliert und unabhängig von jeder anderen Marke benutzt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Dezember 2005, Castellblanch/HABM − Champagne Roederer [CRISTAL CASTELLBLANCH], T‑29/04, Slg. 2005, II‑5309, Randnrn. 33 und 34).

101    Die fraglichen Kataloge stellen somit nicht nur Beweisunterlagen für die Art der durch die Streithelferin erfolgten Benutzung der älteren Marke dar. Da sie u. a. auch die Nummern der in ihnen abgebildeten Artikel enthielten, erlaubten sie es, zu prüfen, ob diese Artikel auch in den von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen erwähnt wurden.

102    Für den Zweck dieser Prüfung nahm die Beschwerdekammer unter Verwendung des Ausdrucks „beispielsweise“ in nicht abschließender Weise in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung Bezug auf sechs verschiedene Artikel, die in drei „Rechnungen“ vom 18. November und 21. Dezember 2005 und vom 12. Januar 2006 genannt werden. Aus den Katalogen der Streithelferin ergibt sich, dass es sich bei allen diesen sechs Artikeln um Skier handelt (d. h. um „Turn- und Sportartikel“ der Klasse 28), und dass sie tatsächlich die ältere Marke tragen.

103    Allgemeiner kann nach der Zusammenschau der drei in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente und des Skikatalogs der Streithelferin festgestellt werden, dass die Rechnung vom 18. November 2005 insgesamt sechs Paar Ski verschiedener Art erwähnt, die mit der älteren Marke versehen sind. Die Rechnung vom 21. Dezember 2005 erwähnt insgesamt zehn Paar Ski verschiedener Art, die, wie der Katalog zeigt, alle die ältere Marke trugen. Die „Rechnung für einen spanischen Abnehmer vom 12. Januar 2006“ erwähnt 43 Paar Ski verschiedener Art, die ebenfalls die ältere Marke trugen. Allerdings handelt es sich bei diesem Dokument seiner eigenen Überschrift nach nicht um eine Rechnung, sondern um einen Lieferschein, der keine Preisangabe zu den Artikeln enthält, auf die er sich bezieht. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Streithelferin in Beantwortung einer Frage des Gerichts erklärt, dass es sich nicht um ein Dokument für die Buchhaltung handele.

104    Ferner befindet sich unter den zahlreichen von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen eine Rechnung vom 20. Dezember 2005, die an ihren italienischen Vertriebshändler adressiert ist. Sie umfasst 27 Seiten, betrifft Waren in einem Gesamtwert von 54 938,98 Euro und erwähnt auf den ersten beiden Seiten mehrere Paar Ski verschiedener Art, die, wie mit Hilfe des Skikatalogs bestätigt werden kann, die ältere Marke trugen. Allerdings beträgt der genannte Preis für alle Paar Ski mit Ausnahme eines zum Preis von 88 Euro verkauften Paars 0 Euro. In Beantwortung einer in der mündlichen Verhandlung gestellten Frage des Gerichts hat der Vertreter der Streithelferin erklärt, dass er den Hintergrund der fraglichen Rechnung nicht kenne, es sei aber üblich, wenn neue Skimodelle Händlern zu Testzwecken zur Verfügung gestellt würden, in der entsprechenden Rechnung einen Preis von 0 Euro anzugeben. Diese Erklärungen sind im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.

105    Eine andere an den italienischen Vertriebshändler der Streithelferin adressierte Rechnung vom 12. Januar 2006 betrifft den Verkauf von Waren mit einem Gesamtwert von 408 625,40 Euro. Bei einer großen Zahl der erwähnten Waren handelt es sich um Skier, die die ältere Marke tragen. Insbesondere erwähnt die Rechnung den Verkauf von 600 Einheiten Ski des Modells „Racetiger GS Racing Tit Moti 06/07“ mit der Artikelnr. 106001 in einem Gesamtwert von 124 200 Euro und von 350 Einheiten Ski des Modells „Racetiger SL Racing Motion 06/07“ mit der Artikelnr. 106011 in einem Gesamtwert von 72 450 Euro. Diese beiden Modelle sind im Skikatalog der Streithelferin enthalten, und somit kann bestätigt werden, dass sie mit der älteren Marke versehen waren.

106    Eine dritte, an den spanischen Vertriebshändler der Streithelferin gerichtete Rechnung vom 27. Januar 2006 über einen Gesamtwert von 13 631,90 Euro betrifft Verkäufe von Skiern der verschiedenen im Skikatalog der Streithelferin genannten und mit der älteren Marke versehenen Modelle in einer Anzahl von einem bis vier Paar je Modell.

107    Jedoch betreffen mit Ausnahme der drei in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente, der drei oben in den Randnrn. 104 bis 106 erwähnten Rechnungen und bestimmter Rechnungen aus der Zeit nach dem oben in Randnr. 86 genannten maßgeblichen Zeitraum die übrigen von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen, d. h. ihre große Mehrheit, Waren, die nicht in den von der Streithelferin zur Akte gegebenen Katalogen identifiziert werden können, da sie Artikelnummern tragen, die in diesen Katalogen nicht erwähnt werden.

108    In der mündlichen Verhandlung dazu aufgefordert, zur Identifizierung der betreffenden Waren durch die Artikelnummern, die in den meisten der von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen erwähnt wurden, Stellung zu nehmen, hat der Vertreter der Streithelferin im Wesentlichen erklärt, dass sich die von der Streithelferin verwendeten Artikelnummern aus logistischen Gründen häufig von einer Saison zur anderen änderten. Diese Erklärung, so plausibel sie erscheint, löst aber nicht das Problem der Identifizierung der Waren, die in den Rechnungen mit Artikelnummern bezeichnet werden, die nicht in den Katalogen der Streithelferin enthalten sind.

109    So ließ ohne zusätzliche Erläuterungen keine Rechnung die Schlussfolgerung zu, dass die Streithelferin im maßgeblichen Zeitraum „Sporttaschen“ der Klasse 18 und „Bekleidung“ der Klasse 25 mit der älteren Marke verkaufte. Es trifft zwar zu, dass derjenige von den beiden von der Klägerin vorgelegten Katalogen, der sich auf Skier bezog, verschiedene Arten von Taschen zeigt, die die ältere Marke tragen, und dass der andere Katalog bestimmte Bekleidungsartikel mit dieser Marke zeigt. Keiner dieser Artikel befindet sich jedoch auf den Rechnungen aus dem maßgeblichen Zeitraum, die von der Streithelferin vorgelegt worden sind. Das HABM bringt in seiner Klagebeantwortung ein einziges Beispiel für eine solche Erwähnung vor, das jedoch eine vom 18. August 2006, also nach dem maßgeblichen Zeitpunkt, datierende Rechnung betrifft. Außerdem ist festzustellen, dass die Kataloge der Streithelferin allein für sich genommen nicht als hinreichende Belege für die Benutzung der älteren Marke angesehen werden können, da aus der Akte keine Angaben über ihre Verbreitung hervorgehen.

110    Was die „Turn- und Sportartikel“ der Klasse 28 betrifft, belegen, wie oben in den Randnrn. 102 bis 105 festgestellt worden ist, verschiedene Rechnungen den Verkauf von Skiern, bei denen es sich um Waren handelt, die in diese Kategorie gehören, wobei zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob die betreffenden Verkaufsmengen ausreichend für eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke waren.

111    Diese Frage kann jedoch nicht vom Gericht entschieden werden. Es ist nämlich festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht angenommen hat, dass die in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Verkäufe allein die ernsthafte Benutzung der älteren Marke belegten. Im Gegenteil geht aus den in dieser Randnummer verwendeten Formulierungen hervor, dass diese Verkäufe als reine Beispiele genannt wurden. Mit anderen Worten, die Beschwerdekammer war stillschweigend, aber eindeutig der Auffassung, dass die anderen von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen ebenfalls, zumindest teilweise, Verkäufe von Waren betreffen, die von der älteren Marke erfasst und mit dieser versehen sind. Auf dieser Grundlage ist die Beschwerdekammer zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die ernsthafte Benutzung dieser Marke nachgewiesen worden sei. Es ist somit Sache des Gerichts, im Rahmen seiner Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdekammer zu prüfen, ob die der Beschwerdekammer vorliegende Akte eine solche Schlussfolgerung zuließ.

112    Dies ist zu verneinen. Wie nämlich bereits oben in Randnr. 107 ausgeführt worden ist, konnten die Waren, auf die sich der weitaus größte Teil der von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen bezog, nicht eindeutig identifiziert werden. Anders als die von der Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung verwendeten Formulierungen zu verstehen geben, waren die drei dort genannten Dokumente keine zufällig ausgewählten typischen Beispiele, sondern gehörten zu einer sehr kleinen Gruppe von Dokumenten, die alle aus einem etwas mehr als zwei Monate, nämlich vom 18. November 2005 bis 27. Januar 2006, dauernden Zeitraum datierten und die die einzigen waren, für die bestätigt werden konnte, dass sie Waren betrafen, die von der älteren Marke erfasst und mit dieser versehen waren.

113    Hieraus folgt, dass die von der Beschwerdekammer berücksichtigten Belege für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke, nämlich die von der Streithelferin zur Akte gegebenen Rechnungen und Kataloge, nicht ausreichten, um die Schlussfolgerung der angefochtenen Entscheidung zu untermauern, dass die ältere Marke während des gesamten von diesen Rechnungen betroffenen Zeitraums Gegenstand einer ernsthaften Benutzung für die von ihr erfassten Waren der Klassen 18, 25 und 28 gewesen ist. Allenfalls stellten diese Beweise Indizien dar, die es erlaubten, eine solche Benutzung als wahrscheinlich anzusehen. Nach der oben in Randnr. 84 angeführten Rechtsprechung reicht aber eine bloße Annahme, so wahrscheinlich sie auch erscheinen mag, nicht für die Anwendung des Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 aus, der den Nachweis einer solchen Benutzung verlangt.

114    Die Beschwerdekammer hätte also ihre Analyse des Akteninhalts vertiefen und auch die anderen von der Streithelferin vorgelegten Beweisunterlagen berücksichtigen müssen, insbesondere die eidesstattliche Erklärung von Herrn G., deren Beweiswert zu bestimmen war. Gegebenenfalls hätte sie die Beteiligten gemäß Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 dazu auffordern können, zusätzliche Stellungnahmen einzureichen, oder sogar gemäß Art. 78 der Verordnung Beweiserhebungen durchführen können (vgl. in diesem Sinne Urteil HIPOVITON, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnrn. 57 und 58).

115    Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist somit festzustellen, dass auch der vierte Klagegrund begründet ist; er greift daher durch.

 Zum Antrag auf Änderung

116    Wie oben in Randnr. 40 festgestellt worden ist, beantragt die Klägerin mit ihrem zweiten und dritten Antrag die Änderung der angefochtenen Entscheidung. Somit ist zu prüfen, ob der erste, zweite und vierte Klagegrund, zu denen bereits festgestellt worden ist, dass sie im Hinblick auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung durchgreifen, eine solche Änderung rechtfertigen.

117    Erstens ist daran zu erinnern, dass die Klägerin im Rahmen ihres Vorbringens zum ersten Klagegrund (siehe oben, Randnr. 47) geltend macht, dass die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung, dass „Snowboardschuhe“ von der Anmeldung nicht erfasst gewesen seien, zutreffend sei, hieraus jedoch die Konsequenz der Zurückweisung des Widerspruchs in Bezug auf diese Schuhe gezogen werden müsse.

118    Dieser Teil des Vorbringens der Klägerin zielt somit im Wesentlichen auf die Änderung der angefochtenen Entscheidung dahin ab, dass Nr. 1 des verfügenden Teils der Entscheidung aufgehoben und der Widerspruch zurückgewiesen wird, soweit er sich auf „Snowboardschuhe“ bezieht.

119    Dieses Begehren ist unbegründet und zurückzuweisen. Wie die Streithelferin zu Recht geltend macht, waren alle Waren, auf die der Widerspruch abzielte, von der Anmeldung der Klägerin erfasst. Was die Waren der Klasse 25 betrifft, nennt der Wortlaut dieser Anmeldung (siehe oben, Randnr. 4) zuerst „Schuhe“ und dann, hinter dem vorangestellten Ausdruck „insbesondere“, verschiedene Arten von Schuhen. Nach der Rechtsprechung bedeutet dieser Ausdruck, wenn er in einem Warenverzeichnis verwendet wird, dass lediglich Beispiele vorliegen (Urteil des Gerichts vom 12. November 2008, Scil proteins/HABM – Indena [affilene], T‑87/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38, vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. April 2003, Durferrit/HABM – Kolene [NU-TRIDE], T‑224/01, Slg. 2003, II‑1589, Randnr. 41). In einem Warenverzeichnis verwendet, dient er dazu, Waren herauszustellen, die für den Markeninhaber von besonderem Interesse sind, ohne jedoch damit eine andere Ware von diesem Verzeichnis auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil affilene, Randnr. 39). Folglich hat die Klägerin die Eintragung ihrer Marke für „Schuhe“ im Allgemeinen beantragt und somit auch für „Skischuhe, Snowboardschuhe und Sportschuhe“, auf die der Widerspruch abzielte.

120    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Anmeldung, was die Waren der Klasse 25 betrifft, auch „Sportschuhe“ erfasst, die eine allgemeinere Kategorie darstellen, in der auch „Snowboardschuhe“ enthalten sind.

121    Zweitens ist, soweit mit dem Änderungsantrag begehrt wird, dass das Gericht selbst feststellt, dass die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nicht nachgewiesen worden sei, und den Widerspruch aus diesem Grund zurückweist, festzustellen, dass das HABM die Frage der ernsthaften Benutzung der älteren Marke zwar in der Sache geprüft hat, diese Prüfung aber unvollständig war, wie oben in den Randnrn. 113 und 114 festgestellt worden ist. Die Prüfung dieser Frage durch das Gericht bedeutete in der Sache eine Wahrnehmung von Verwaltungs- und Ermittlungsaufgaben, die dem HABM obliegen, und liefe damit dem institutionellen Gleichgewicht zuwider, das dem Grundsatz der Zuständigkeitsverteilung zwischen dem HABM und dem Gericht zugrunde liegt. Unter diesen Umständen ist diesem Antrag der Klägerin nicht stattzugeben (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 2009, Fiorucci/HABM – Edwin [ELIO FIORUCCI], T‑165/06, Slg. 2009, II‑1375, Randnr. 67, vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 4. Oktober 2006, Freixenet/HABM [Form einer mattierten mattschwarzen Flasche], T‑188/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47).

122    Somit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage im Übrigen abzuweisen.

 Kosten

123    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 kann das Gericht jedoch die Kosten teilen, wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

124    Im vorliegenden Fall hat das HABM beantragt, jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen, und hat im Übrigen den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit Ausnahme der Teile unterstützt, die sich auf den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke beziehen (siehe oben, Randnr. 49). Dieser Umstand stellt jedoch keinen außergewöhnlichen Grund im Sinne von Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung dar, der eine Teilung der Kosten rechtfertigt, und hindert nicht daran, dem HABM gemäß dem Antrag der Klägerin deren Kosten aufzuerlegen, da die angefochtene Entscheidung von einer Beschwerdekammer des HABM erlassen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil VENADO mit Rahmen u. a., oben in Randnr. 51 angeführt, Randnr. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit sind dem HABM die Kosten einschließlich der Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

125    Da die Streithelferin mit ihren Anträgen unterlegen ist, trägt sie ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 30. September 2009 (Sache R 1387/2008‑1) wird aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Das HABM trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Völkl GmbH & Co. KG.

4.      Die Marker Völkl International GmbH trägt ihre eigenen Kosten.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.