Language of document : ECLI:EU:T:2019:877

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

19. Dezember 2019(*)

„Unionsmarke – Verfallsverfahren – Unionsbildmarke businessNavi – Ernsthafte Benutzung der Marke – Teilweiser Verfall – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑383/18

Sta*Ware EDV Beratung GmbH mit Sitz in Starnberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Bölling und M. Graf,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Accelerate IT Consulting GmbH mit Sitz in Ahlen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Hofmann,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 2. Mai 2018 (Sache R 434/2017‑5) zu einem Verfallsverfahren zwischen Sta*Ware EDV Beratung und Accelerate IT Consulting

erlässt


DAS GERICHT (Zweite Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Richters F. Schalin (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie des Richters B. Berke und der Richterin M. J. Costeira,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 26. Juni 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 30. August 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 6. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 7. Juni 2010 meldete die Streithelferin, die Accelerate IT Consulting GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen, für das die Farben Schwarz und Weiß beansprucht wurden:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 16: „Aktenordner, Broschüren, Bücher, Handbücher, Kataloge, Prospekte“;

–        Klasse 35: „Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung, betriebswirtschaftliche Beratung, Dateienverwaltung mittels Computer, Geschäftsführung für Dritte, Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben, Organisationberatung in Geschäftsangelegenheiten, organisatorische Beratung, organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich, Planungen [Hilfe] bei der Geschäftsführung, Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken“;

–        Klasse 42: „Aktualisieren von Computer-Software, Computerberatungsdienste, Computersoftwareberatung, Computersystemanalysen, Computersystem-Design, Datenverwaltung auf Servern, Dienstleistungen eines EDV-Programmierers, EDV-Beratung (Dienstleistungen eines Informatikers), Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Hard- und Softwareberatung, Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken, Installation und Wartung von Software für Internetzugänge, Installieren von Computerprogrammen, Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software, Leistungsüberwachung und Analyse des Netzwerkbetriebes, Serveradministration, technisches Projektmanagement im EDV-Bereich“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 145/2010 vom 6. August 2010 veröffentlicht. Die angegriffene Marke wurde am 19. November 2010 unter der Nr. 009155698 eingetragen.

5        Am 7. Januar 2016 stellte die Klägerin, die Sta*Ware EDV Beratung GmbH, einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke auf der Grundlage von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001), da diese Marke nicht innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ernsthaft benutzt worden sei. Dieser Antrag richtete sich gegen alle mit der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

6        Am 16. Juni 2016 legte die Streithelferin Widerspruch gegen den Antrag auf Erklärung des Verfalls ein. Sie machte geltend, sie habe zumindest seit dem 3. Oktober 2012 die angegriffene Marke in Deutschland für eine Software und die damit zusammenhängenden Waren und Dienstleistungen rechtserhaltend benutzt, und legte dafür Nachweise vor.

7        Am 13. Juli 2016 reichte die Klägerin ihre Stellungnahme ein, in der sie u. a. ausführte, dass die angegriffene Marke ausschließlich für Software oder die Lizenzierung von Software benutzt worden sei.

8        Am 16. September 2016 reichte die Streithelferin eine weitere Stellungnahme und einen weiteren Nachweis für die ernsthafte Benutzung ein.

9        Mit Entscheidung vom 16. Februar 2017 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag der Klägerin statt und erklärte die angegriffene Marke für sämtliche der oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen ab dem 7. Januar 2016 für verfallen. Sie gelangte insbesondere zu der Schlussfolgerung, dass eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke nicht hinreichend nachgewiesen worden sei.

10      Am 28. Februar 2017 legte die Streithelferin beim EUIPO gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) eine Beschwerde ein. In dem Beschwerdeverfahren legte sie u. a. weitere Nachweise zum Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke vor.

11      Am 14. Juli 2017 nahm die Klägerin Stellung zur Beschwerde der Streithelferin.

12      Mit Entscheidung vom 2. Mai 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt. Sie bestätigte die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung insoweit, als diese die angegriffene Marke der Klägerin für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 35 für verfallen erklärt hatte, hob diese Entscheidung jedoch insoweit auf, als sie die Dienstleistungen der Klasse 42 betraf.

13      In der angefochtenen Entscheidung beschloss die Beschwerdekammer aufgrund des ihr durch Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 eingeräumten Ermessens, die von der Streithelferin erstmals im Beschwerdeverfahren eingereichten Dokumente zu berücksichtigen. Sodann stellte sie fest, dass die von der Streithelferin vorgelegten Benutzungsnachweise größtenteils aus dem für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke relevanten Zeitraum, d. h. vom 7. Januar 2011 bis einschließlich 6. Januar 2016 (im Folgenden: relevanter Zeitraum), stammten und die angegriffene Marke in Deutschland benutzt worden sei. Ferner könnten die angegriffene Marke und der Wortbestandteil „businessNavi“, der auf dem überwiegenden Teil der vorgelegten Benutzungsnachweise erscheine, als insgesamt gleichwertig betrachtet werden, so dass bei sämtlichen Dokumenten davon ausgegangen werden könne, dass sie die Benutzung der angegriffenen Marke in der eingetragenen Form beträfen. Die Beschwerdekammer kam zu dem Schluss, dass sich aus der umfassenden Würdigung der vorgelegten Beweise ergebe, dass die rechtserhaltende Benutzung der angegriffenen Marke für die mit ihr bezeichneten Dienstleistungen der Klasse 42 nachgewiesen worden sei.

 Anträge der Parteien

14      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung teilweise aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

15      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

16      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

17      Die Klägerin trägt einen einzigen Klagegrund vor, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 18 der Verordnung 2017/1001) und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 22 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) (jetzt Art. 10 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung [EU] 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung [EU] 2017/1430 [ABl. 2018, L 104, S. 1]) und mit Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 (jetzt Art. 19 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625) rügt. Die Beschwerdekammer habe die vorgebrachten Tatsachen und Beweise zu Unrecht als ausreichenden Nachweis für eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke in Bezug auf die mit ihr bezeichneten Dienstleistungen der Klasse 42 angesehen.

18      Die Klägerin macht insbesondere geltend, dass erstens die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung versäumt habe, die ernsthafte Benutzung für jede der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 zu prüfen, und zweitens die vorgelegten Benutzungsnachweise zum ganz überwiegenden Teil keinen Bezug zu diesen Dienstleistungen aufwiesen. Daher gehe die Schlussfolgerung einer ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke fehl. Zudem sei es der Klägerin aufgrund dieser beiden Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht möglich gewesen, detailliert nachzuweisen, welche Dokumente von der Beschwerdekammer für bestimmte Dienstleistungen unrichtig bewertet worden seien. Das Gericht geht davon aus, dass dieses Vorbringen dahin auszulegen ist, dass die Klägerin der Beschwerdekammer vorwirft, ihre Begründungspflicht verletzt zu haben. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur Begründung der Entscheidungen des EUIPO den gleichen Umfang hat wie die nach Art. 296 AEUV und die Überlegungen des EUIPO, dem Urheber des Rechtsakts, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe der angefochtenen Entscheidung entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle ausüben kann (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, EU:C:2004:649, Rn. 63 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zunächst ist in einem gesonderten Klagegrund das Vorbringen einer Verletzung der Begründungspflicht zu prüfen.

 Vorbemerkungen

19      Nach Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung 2017/1001) und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung wird eine Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für ihre Nichtbenutzung vorliegen.

20      Nach der Rechtsprechung wird eine Marke ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Ferner wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (vgl. Urteil vom 13. Juni 2019, MPM-Quality/EUIPO – Elton Hodinářská [MANUFACTURE PRIM 1949], T‑75/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:413, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Nach Regel 22 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 2868/95, die nach deren Regel 40 Abs. 5 auf Anträge auf Erklärung des Verfalls anzuwenden ist, muss der Benutzungsnachweis Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Marke betreffen und ist grundsätzlich auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Katalogen, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 97 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001) genannten schriftlichen Erklärungen beschränkt. Diese Regel ist gemäß Art. 82 der Delegierten Verordnung 2018/625 auf das vorliegende Verfahren zeitlich anwendbar.

22      Um in einem gegebenen Fall zu prüfen, ob die fragliche Marke ernsthaft benutzt wurde, ist eine umfassende Beurteilung der zu den Akten genommenen Unterlagen vorzunehmen, wobei alle relevanten Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Eine solche Beurteilung hat anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu erfolgen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. Urteil vom 15. September 2011, centrotherm Clean Solutions/HABM – Centrotherm Systemtechnik [CENTROTHERM], T‑427/09, EU:T:2011:480, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Bezüglich des Umfangs der Benutzung der betreffenden Marke sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen. Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Umständen. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren oder Dienstleistungen durch eine große Häufigkeit oder gewisse zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. Urteil vom 15. September 2011, CENTROTHERM, T‑427/09, EU:T:2011:480, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Eine ernsthafte Benutzung setzt eine wirkliche Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt zur Identifizierung von Waren oder Dienstleistungen voraus. Somit bildet eine ernsthafte Benutzung einen Gegensatz zu einer nur geringfügigen Benutzung, die nicht für die Annahme genügt, dass eine Marke auf einem bestimmten Markt wirklich und tatsächlich benutzt wurde. Selbst wenn der Inhaber die Absicht hat, seine Marke wirklich zu benutzen, liegt dennoch keine ernsthafte Benutzung der Marke vor, solange diese objektiv nicht tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild des Zeichens auf dem Markt präsent ist, so dass die Verbraucher sie nicht als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen können (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2017, Intesa Sanpaolo/EUIPO – Intesia Group Holding [INTESA], T‑143/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:687, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzeszweck der Voraussetzung der ernsthaften Benutzung der Marke weder in der Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch in der Kontrolle der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darin besteht, den Markenschutz nur umfangreichen geschäftlichen Verwertungen vorzubehalten (vgl. Urteil vom 17. Januar 2018, Deichmann/EUIPO – Munich [Darstellung eines Kreuzes an der Seite eines Sportschuhs], T‑68/16, EU:T:2018:7, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Außerdem lässt sich die ernsthafte Benutzung einer Marke nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern sie muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (vgl. Urteil vom 9. September 2015, Inditex/HABM – Ansell [ZARA], T‑584/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:604, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Schließlich ergibt sich aus Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit deren Art. 51 Abs. 2 (jetzt Art. 58 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001), dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung grundsätzlich alle Waren oder Dienstleistungen betreffen muss, für die eine angegriffene Marke eingetragen ist. Wird der Nachweis der ernsthaften Benutzung nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen erbracht, für die eine angegriffene Marke eingetragen ist, und sind die übrigen Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 erfüllt, so kann die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die ihr Inhaber keine ernsthafte oder überhaupt keine Benutzung nachgewiesen hat, für verfallen erklärt werden (Urteil vom 18. Oktober 2016, August Storck/EUIPO – Chiquita Brands [Fruitfuls], T‑367/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:615, Rn. 21).

28      Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zu Recht angenommen hat, dass die von der Streithelferin vorgelegten Dokumente ausreichten, um für die von der angegriffenen Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 42 eine rechtserhaltende ernsthafte Benutzung der Marke im relevanten Zeitraum nachzuweisen.

 Zur Begründungspflicht

29      Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich aus dem Ziel von Art. 51 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und der Rechtsprechung, dass die Prüfung der ernsthaften Benutzung einer Marke für jedes mit der betreffenden Marke beanspruchte Produkt durchgeführt werden muss. In der angefochtenen Entscheidung habe die Beschwerdekammer jedoch die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen nicht genannt, sondern durch allgemeine Begriffe ersetzt. Die Beschwerdekammer hätte definieren müssen, inwieweit diese allgemeinen Begriffe den mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 entsprächen. Auch durch die Bezugnahme auf die Anlagen erschließe sich nicht, auf welche der mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen sich die Prüfung des Nachweises einer ernsthaften Benutzung bezogen habe.

30      Nach Art. 75 Satz 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 94 der Verordnung 2017/1001) sind die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass – wie oben in Rn. 18 ausgeführt – die Pflicht zur Begründung der Entscheidungen des EUIPO den gleichen Umfang wie die nach Art. 296 AEUV hat und die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss. Diese Verpflichtung soll dem Ziel dienen, die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und es außerdem dem Unionsrichter ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, EU:C:2004:649, Rn. 63 bis 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Die Begründungspflicht verlangt von den Beschwerdekammern jedoch nicht, dass sie bei ihren Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandeln. Es reicht also aus, wenn die betreffende Einrichtung die Tatsachen und die rechtlichen Erwägungen anführt, denen innerhalb der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 27. Februar 2018, Hansen Medical/EUIPO – Covidien [MAGELLAN], T‑222/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:99, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      In den Rn. 46 und 47 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer Folgendes ausgeführt:

„46      Die Dokumente zeigen, dass die Marke für die Lizenzierung einer Software (einschließlich Serverlizenzen) und damit zusammenhängende Dienstleistungen wie technische Beratungsdienste, Aktualisierungsdienste, Datenverwaltung sowie die Implementierung, Wartung und Betreuung vor und während der Vertragsdauer benutzt wurde. Konkret geht es um eine Softwarelösung für Unternehmen, die dem Kunden eine Informationsplattform für analytische Fragestellungen zur Verfügung stellt. Der Kunde kann zwischen verschiedenen Modulen wählen, um seine Daten zu analysieren, zu prüfen und aufzubewahren (z. B. Module Vertrieb, Finanzen, Beschaffung, Planung). Mithilfe der Software werden die Daten aus den Computersystemen des Kunden extrahiert, aufbereitet und strukturiert sowie ausgewertet. Die Dokumente zeigen, dass es sich um eine komplexe Software handelt, deren Implementierung mindestens 10 Tage dauert und die zahlreiche technische Beratungs- und Betreuungsdienste beinhaltet (siehe z. B. Anlagen 5, 6 sowie Anlage 7, Punkte 3-5). Die Beratungs‑, Unterstützungs- und Wartungsdienste werden teilweise ausdrücklich in den Rechnungen genannt (z. B. Rechnungen RG15JV008 und RG15JV016: ‚Remote Monitoring, Betriebssupport und Zurverfügungstellung der beim Kunden installierten Hardware … und aller Betriebssystemsoftwarekomponenten‘; RG13FL003: ‚Support für 12 Monate‘; Rechnung RG14KF024 und RG15KF024: ‚Softwarewartungskosten‘; RG15JV002: ‚Fehler- und Usermanagement … Anwendungsbetreuung und Anwendungsanpassungen‘).

47      Die Rechnungen betreffen Lizenzen bzw. Lizenzerneuerungen zwischen Oktober 2012 (RG13FL003) und Februar 2016 (RG16TM002). Obwohl das Datum der zuletzt genannten Rechnung außerhalb des relevanten Zeitraums liegt, handelt es sich bei dieser Rechnung um eine Lizenzerneuerung, so dass davon ausgegangen werden kann, dass der Lizenzvertrag auch im hier relevanten Zeitraum bereits bestand. Zudem liegen die Rechnungen im vier- bis fünfstelligen Eurobereich. So betrifft allein Rechnung RG15TM001 eine Summe von 94 000 EUR. Dass nicht auf jeder Rechnung ausdrücklich Beratungs‑, Betreuungs- oder Wartungsdienste vermerkt sind, ist irrelevant. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass die Implementierung der angebotenen Softwarelösung umfassende Beratungs- und Betreuungsdienste erforderlich macht. Daher ist in Bezug auf jeden nachgewiesenen Lizenzvertrag davon auszugehen, dass die Markeninhaberin über die Lizenzerteilung hinaus zusätzliche eigenständige EDV-Dienste (einschließlich Beratung, Betreuung und Wartung der Software) gegenüber ihren Kunden erbracht hat.“

33      Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass dann, wenn eine Marke für eine Gruppe von Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden ist, die hinreichend weit gefasst ist, um diese Gruppe in verschiedene Untergruppen aufteilen zu können, die sich jeweils als selbständig ansehen lassen, der Schutz, der durch den Nachweis ausgelöst wird, dass die Marke für einen Teil dieser Waren oder Dienstleistungen ernsthaft benutzt worden ist, nur derjenigen Untergruppe oder denjenigen Untergruppen zuteilwird, zu der oder zu denen die Waren oder Dienstleistungen gehören, für die die Marke tatsächlich benutzt worden ist. Ist dagegen eine Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden, die so genau definiert worden sind, dass es nicht möglich ist, innerhalb der betreffenden Gruppe eindeutige Unterteilungen vorzunehmen, deckt der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens zwangsläufig diese ganze Gruppe ab (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Denn der Begriff der teilweisen Benutzung bezweckt zwar, dass Marken, die für eine bestimmte Warengruppe nicht benutzt worden sind, verfügbar bleiben; er darf jedoch nicht bewirken, dass der Inhaber der Marke jeden Schutz für Waren oder Dienstleistungen verliert, die zwar nicht völlig mit denen, für die er eine ernsthafte Benutzung hat nachweisen können, identisch sind, die sich jedoch von diesen nicht wesentlich unterscheiden und zu ein und derselben Gruppe gehören, bei der jede Unterteilung willkürlich wäre. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es dem Inhaber einer Marke praktisch unmöglich ist, deren Benutzung für alle denkbaren Varianten der von der Eintragung betroffenen Waren oder Dienstleistungen nachzuweisen. Infolgedessen kann der Begriff „Teil der Waren oder Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 51 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht so verstanden werden, dass er sich auf alle kommerziellen Ausprägungen ähnlicher Waren oder Dienstleistungen bezieht, sondern nur so, dass er sich auf jene Waren oder Dienstleistungen bezieht, die unterschiedlich genug sind, um kohärente Gruppen oder Untergruppen bilden zu können (vgl. Urteil vom 27. Februar 2018, MAGELLAN, T‑222/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:99, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Insoweit verweist die Klägerin insbesondere unter Bezugnahme auf Rn. 28 des Urteils vom 27. Februar 2018, MAGELLAN (T‑222/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:99), auf die Rechtsprechung, nach der für die Auswahlentscheidung des Verbrauchers, da er vor allem eine Ware oder Dienstleistung sucht, die voraussichtlich seinen speziellen Bedürfnissen entspricht, der Zweck oder die Bestimmung der betreffenden Ware oder Dienstleistung ausschlaggebend ist. Folglich ist das Kriterium des Zwecks oder der Bestimmung, da es die Verbraucher vor jedem Kauf selbst heranziehen, ein Kriterium, das für die Definition einer Untergruppe von Waren oder Dienstleistungen maßgebend ist.

36      Die Klägerin trägt vor, dass die einzelnen beanspruchten Dienstleistungen von vornherein keine homogene Gruppe bilden könnten, die einheitlich hätte abgehandelt werden können, da sie eine Vielzahl möglicher Zweckbestimmungen hätten. Daher hätten mehrere Kategorien gebildet werden müssen. Zudem hätte die Beschwerdekammer nicht mehrere spezifische Dienstleistungen des Verzeichnisses der betreffenden Dienstleistungen zu einer allgemeineren Gruppe zusammenfassen dürfen. Schließlich enthalte die angefochtene Entscheidung keine Ausführungen, weshalb die gesamten mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 als homogene Klasse angesehen würden.

37      Es ist jedoch festzustellen, dass die Beschwerdekammer ungeachtet der Kürze der Begründung der angefochtenen Entscheidung ihrer Pflicht zur Darlegung des Sachverhalts und der rechtlichen Erwägungen, denen in der Systematik der Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt, sehr wohl nachgekommen ist.

38      Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass die von der Streithelferin vorgelegten Dokumente gezeigt hätten, dass sie eine komplexe Software für Unternehmen vermarkte, die dem Kunden eine Informationsplattform für analytische Fragestellungen zur Verfügung stelle, deren Implementierung mindestens zehn Tage dauere und die zahlreiche technische Beratungs- und Betreuungsdienste beinhalte. Diese Feststellung der Beschwerdekammer wird im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet.

39      Anschließend hat die Beschwerdekammer – ohne eine förmliche Unterkategorisierung vorzunehmen – die Dienstleistungen, für die ihrer Ansicht nach die angegriffene Marke im relevanten Zeitraum benutzt wurde, in mehrere Gruppen unterteilt, und zwar u. a. technische Beratungsdienste, Aktualisierungsdienste, Datenverwaltung sowie die Implementierung, Wartung und Betreuung vor und während der Vertragsdauer, wobei diese Dienstleistungen allesamt mit der Lizenzierung der betreffenden Software (einschließlich Serverlizenzen) zusammenhingen.

40      Insoweit hat das EUIPO zu Recht vorgetragen, dass die Dienstleistungen selbst zwischen den vorgenannten Gruppen weitestgehend untrennbar miteinander verbunden sind. So geht die IT‑Erstellung mit der Beratung einher. Soweit die IT‑Erstellung auf eine bestehende IT‑Struktur zurückgreift, umfasst sie zwangsweise deren vorherige Analyse. In der Regel wird die erstellte Software auch beim Kunden installiert bzw. implementiert, konfiguriert, gewartet, verwaltet sowie überwacht.

41      Zudem ist – wie das EUIPO zutreffend vorgetragen hat – anzunehmen, dass Unternehmen sich oft für die Lizenzierung von Software zusammen mit den entsprechenden Dienstleistungen als „Paket“ und nicht als einzelne Dienstleistung entscheiden. Das ergibt sich auch aus den von der Streithelferin vorgelegten Broschüren und Rechnungen.

42      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung sehr wohl den Zweck und die Bestimmung der betreffenden Dienstleistungen berücksichtigt hat, was nach der oben in Rn. 35 angeführten Rechtsprechung ein maßgebliches Kriterium für die Definition der Unterkategorien von Dienstleistungen ist.

43      Außerdem wäre die Einteilung der betreffenden EDV-Dienste in kleinere Unterkategorien angesichts ihrer Überschneidung und Komplementarität im vorliegenden Fall völlig willkürlich.

44      Des Weiteren entsprechen die in den vorgelegten Rechnungen genannten Dienstleistungen (Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung), wie Remote Monitoring, Betriebssupport und Zurverfügungstellung der beim Kunden installierten Hardware und aller Betriebssystemsoftwarekomponenten, „Support für 12 Monate“, Softwarewartung, Fehler- und Usermanagement, Anwendungsbetreuung und Anwendungsanpassungen, entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehr wohl Beratungs‑, Unterstützungs- und Wartungsdiensten für Software.

45      Insoweit ist festzustellen, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung zwar grundsätzlich alle Waren oder Dienstleistungen betreffen muss, für die eine angegriffene Marke eingetragen ist (siehe oben, Rn. 27), doch kann von den Dienststellen des EUIPO nicht verlangt werden, die Prüfung der ernsthaften Benutzung der Marke für jede einzelne dieser Waren oder Dienstleistungen zu begründen. Wenn nämlich schon vom Inhaber der angegriffenen Marke nicht verlangt wird, den Nachweis der ernsthaften Benutzung für alle kommerziellen Ausprägungen ähnlicher Dienstleistungen zu erbringen, kann erst recht nicht von der Beschwerdekammer verlangt werden, eine einzelne Begründung für alle kommerziellen Ausprägungen ähnlicher Dienstleistungen anzugeben (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 27. Februar 2018, MAGELLAN, T‑222/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:99, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Insbesondere kann im vorliegenden Fall nicht verlangt werden, dass die von der Streithelferin erbrachten Dienstleistungen auf den Rechnungen genauso wie in der Klassifizierung der mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen bezeichnet werden. Außerdem hängen der Inhalt und die genaue Beschreibung eines Beratungs‑, Unterstützungs- oder Wartungsdiensts für Software stark von den besonderen Bedürfnissen der Kunden – hier Unternehmen – ab.

47      Des Gleichen ist festzustellen, dass aus den von der Klägerin in Rn. 16 der Klageschrift angeführten Verweisen auf die Rechtsprechung (Urteile vom 27. März 2014, Intesa Sanpaolo/HABM – equinet Bank [EQUITER], T‑47/12, EU:T:2014:159, Rn. 27, vom 8. Mai 2017, Les Éclaires/EUIPO – L’éclaireur International [L’ECLAIREUR], T‑680/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:320, Rn. 31, vom 17. November 2017, Endoceutics/EUIPO – Merck [FEMIBION)] T‑802/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:818, Rn. 19, und vom 17. Januar 2018, Darstellung eines Kreuzes an der Seite eines Sportschuhs, T‑68/16, EU:T:2018:7, Rn. 27) keine Pflicht der Beschwerdekammer hervorgeht, eine Prüfung der ernsthaften Benutzung der Marke für jede betreffende Dienstleistung getrennt vorzunehmen.

48      Insbesondere hat das Gericht in den Rn. 27 bis 30 des Urteils vom 27. März 2014, EQUITER (T‑47/12, EU:T:2014:159), einen Begründungsmangel festgestellt, weil die Beschwerdekammer den Nachweis der ernsthaften Benutzung für Dienstleistungen bejaht hatte, die sich jedoch nicht als solche unter den Dienstleistungen befanden, für die die ältere Marke eingetragen worden war, und das EUIPO keine Angaben zu einer möglichen Übereinstimmung zwischen ihnen hatte geben können. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Beschwerdekammer hat nämlich die Überlegungen, die sie bewogen hatten, die in der angefochtenen Entscheidung genannten Benutzungsnachweise mit der angegriffenen Marke zu verknüpfen, und die Beweiskraft dieser Nachweise dargelegt, die ihr den Schluss erlaubt hatten, dass für die Dienstleistungen der Klasse 42, für die die angegriffene Marke eingetragen worden war, der Nachweis der ernsthaften Benutzung erbracht worden sei.

49      Die Klägerin verweist auch darauf, dass die Beschwerdekammer in Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung zwar Aktualisierungsdienste und Datenverwaltung erwähne, jedoch aus den berücksichtigten Rechnungen nicht ersichtlich sei, dass diese Dienstleistungen erbracht worden seien. Die Beschwerdekammer habe daher für diese Dienstleistungen die ernsthafte Benutzung der Marke nicht geprüft. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass Beratungs‑, Unterstützungs- und Wartungsdienste teilweise ausdrücklich in den Rechnungen genannt werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Aktualisierungsdienste zur Softwarewartung und in gewissem Maße zur Programmerstellung gehören. Was die Datenverwaltung anbelangt, ist festzustellen, dass sie mit der Software einhergeht, mit der dem Kunden „verschiedene Module [angeboten werden], um seine Daten zu analysieren, zu prüfen und aufzubewahren“ (siehe Rn. 46 der angefochtenen Entscheidung).

50      Des Gleichen gehört die „Hardwareberatung“, für die die angegriffene Marke eingetragen worden ist, entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehr wohl zu den von der Beschwerdekammer genannten Beratungsdiensten. Die Klägerin trägt insoweit offenbar vor, dass die mit der angegriffenen Marke beanspruchte Dienstleistung „Hard- und Softwareberatung“ der Klasse 42 zumindest in zwei Unterkategorien unterteilt werden sollte. Sie erläutert jedoch nicht, wie und warum „Hardwareberatung“ und „Softwareberatung“ unabhängig voneinander betrachtet werden könnten.

51      Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer ihre Prüfung auf sämtliche der ihr zur Verfügung gestellten Dokumente gestützt und die Beweise umfassend gewürdigt hat, wie es von der Rechtsprechung verlangt wird. So werden in den Rn. 37 bis 48 der angefochtenen Entscheidung die Gründe und die tatsächlichen Umstände, die die Beschwerdekammer zugrunde gelegt hat, um ihre Entscheidung zu rechtfertigen, kurz – aber klar – dargelegt. Aufgrund dieser Vorgehensweise hatte sie nicht für jedes Element des Indizienbündels, auf das sie die Entscheidung gestützt hat, den Beweiswert zu erläutern, wie aus der oben in den Rn. 30 und 31 angeführten Rechtsprechung hervorgeht. Ferner ergibt sich aus der Prüfung der übrigen Rügen der Klägerin, dass diese Begründung es ihr ermöglicht hat, die angegriffene Entscheidung zu verstehen und deren Begründetheit im Klagewege zu beanstanden, und dass auch das Gericht seine Kontrolle hat ausüben können. Daher weist die angefochtene Entscheidung keinen Begründungsmangel auf.

 Zu der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Benutzung der angegriffenen Marke im relevanten Zeitraum

52      Die Klägerin stellt die Würdigung der von der Streithelferin vorgelegten Beweise durch die Beschwerdekammer in Frage und beanstandet im Wesentlichen deren Schlussfolgerung, dass eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke nachgewiesen worden sei.

53      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

54      Da der Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke am 7. Januar 2016 gestellt wurde, reicht der relevante Zeitraum von fünf Jahren gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 vom 7. Januar 2011 bis einschließlich 6. Januar 2016, wie die Beschwerdekammer in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat.

55      Bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung der angegriffenen Marke hat die Beschwerdekammer u. a. folgende von der Streithelferin vorgelegte Beweise berücksichtigt:

–        eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Streithelferin vom 16. Juni 2016 (im Folgenden: eidesstattliche Versicherung vom 16. Juni 2016);

–        im und nach dem relevanten Zeitraum ausgestellte Rechnungen;

–        Broschüren;

–        Projektkostenvoranschlag.

56      Diese Beweise sind daher im Hinblick auf den Umfang und den Zeitraum der Benutzung sowie die Form, in der die angegriffene Marke benutzt worden ist, zu prüfen.

 Zum Umfang der Benutzung

57      Die Klägerin bestreitet, dass der Umfang der Benutzung ausreichend ist. Die Beschwerdekammer habe einen zu hohen Gesamtumsatz zugrunde gelegt, den sie zudem nicht im Verhältnis zum gesamten Markt betrachtet habe. Außerdem sei der zu niedrige Umsatz auch nicht durch die Häufigkeit und Dauer der Benutzung ausgeglichen worden.

58      Nach Ansicht der Klägerin geht der in der eidesstattlichen Versicherung vom 16. Juni 2016 angegebene und von der Beschwerdekammer zugrunde gelegte Umsatz nicht aus den Benutzungsnachweisen hervor. Der größte Teil dieses Umsatzes sei durch Software, die nicht zu den Dienstleistungen der Klasse 42 gehöre, und durch Lizenzierung dieser Software erzielt worden. Zudem beziehe sich der behauptete Umsatz auch auf den Verkauf von Waren der Klassen 16 und 35 und auf einen um rund 1,5 Jahre längeren Zeitraum als den relevanten Zeitraum.

59      Wie das EUIPO vorträgt, belaufen sich die bei der Nichtigkeitsabteilung vorgelegten Rechnungen auf folgende Beträge: 18 802 Euro (RG 16TM002 vom 12. Februar 2016), 2 582,30 Euro (RG 15JV008 vom 1. Juli 2015), 2 582,30 Euro (RG 15JV016 vom 2. November 2015), 25 606,42 Euro (RG 13FL 003 vom 21. Februar 2013), 5 121,28 Euro (RG 14FL 004 vom 14. März 2014), 5 377,35 Euro (RG 15FL 004 vom 14. März 2015), 1 735,73 Euro (RG 13KF013 vom 1. August 2013), 20 330,91 Euro (RG 14KF024 vom 21. November 2014), 13 800,43 Euro (RG 15KF024 vom 2. Dezember 2015), 94 010 Euro (RG 15TM001 vom 2. März 2015), und die erstmals bei der Beschwerdekammer vorgelegten Rechnungen belaufen sich auf folgende Beträge: 15 980,58 Euro (RG 15JV001 vom 2. Februar 2015) und 6 547,98 Euro (RG 15JV002 vom 2. März 2015).

60      Hierzu führt das EUIPO aus, dass diese Rechnungen zwar in erster Linie die Lizenzierung der businessNavi-Software zum Gegenstand hätten, aber auch regelmäßig die betreffenden Dienstleistungen der Klasse 42 umfassten.

61      Dies wurde auch von der Beschwerdekammer berücksichtigt, die in Rn. 47 der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt hat: „Dass nicht auf jeder Rechnung ausdrücklich Beratungs‑, Betreuungs- oder Wartungsdienste vermerkt sind, ist irrelevant. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass die Implementierung der angebotenen Softwarelösung umfassende Beratungs- und Betreuungsdienste erforderlich macht. Daher ist in Bezug auf jeden nachgewiesenen Lizenzvertrag davon auszugehen, dass die Markeninhaberin über die Lizenzerteilung hinaus zusätzliche eigenständige EDV-Dienste (einschließlich Beratung, Betreuung und Wartung der Software) gegenüber ihren Kunden erbracht hat“ (siehe oben, Rn. 32).

62      Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Beschwerdekammer ihre Entscheidung auf die (oben in Rn. 59 genannten) Rechnungen und Broschüren gestützt hat, die ihrer Ansicht nach die eidesstattliche Versicherung vom 16. Juni 2016 bestätigen. Daraus ist auch zu schließen, dass die Beschwerdekammer davon ausgehen durfte, dass sie über hinreichende Informationen verfügte, um die Benutzung der angegriffenen Marke zu beurteilen, ohne dass andere Informationen wie beispielsweise Praktiken, die nach Ansicht der Klägerin auf dem betreffenden Markt üblich sind, berücksichtigt werden müssten.

63      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beträge, die zum einen für die Lizenzierung von Software und zum anderen für die damit verbundenen Implementierungsleistungen berechnet wurden, in den Rechnungen nicht gesondert ausgewiesen sind, so dass es nicht möglich ist, einen Umsatz zu ermitteln, der ausschließlich aus der Erbringung der Dienstleistungen erzeugt wurde. Zudem sind in der von der Beschwerdekammer speziell angeführten Rechnung RG 15TM001 vom 2. März 2015 über einen Betrag von 94 010 Euro die Lizenzierung und nicht die damit verbundenen verschiedenen Dienstleistungen genannt.

64      Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verkauf der Lizenz selbst bereits mit einem Support- und Beratungsdienst im Rahmen ihrer Installation sowie mit einer Wartung im Rahmen ihrer Nutzung verbunden ist, ohne dass dies auf der Rechnung zwingend ausdrücklich erwähnt wird. Das geht auch aus den Präsentationsbroschüren der Software hervor. Zudem ist der Gesamtheit der Rechnungen zu entnehmen, dass die Lizenzen mehrheitlich mit „Beratungs‑, Unterstützungs- und Wartungsdiensten“ verbunden sind.

65      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Rn. 43 und 45 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass in der eidesstattlichen Versicherung vom 16. Juni 2016 ein Gesamtumsatz von 250 000 Euro angegeben sei, und angenommen hat, dass die Rechnungen und Broschüren die in dieser eidesstattlichen Versicherung enthaltenen Angaben zur Benutzung der angegriffenen Marke für die von ihr erfassten Dienstleistungen der Klasse 42 bestätigten.

66      Im Übrigen ist der in Rn. 4 der angefochtenen Entscheidung genannte Umsatz von 379 897,44 Euro, der im Hinweis auf die vom Inhaber der angegriffenen Marke bei der Nichtigkeitsabteilung eingereichten Stellungnahme und Benutzungsnachweise enthalten ist, insofern unzutreffend, als er – wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat – genau dem Doppelten des Umsatzes entspricht, der durch die von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen nachgewiesen ist.

67      Aus der die Art und den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke betreffenden Begründung der angefochtenen Entscheidung geht jedoch nicht hervor, dass die Beschwerdekammer dieselben Rechnungen zweimal berücksichtigt hätte, wie im Übrigen Rn. 47 der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, in der die Beschwerdekammer auf die Rechnung RG 15TM001 vom 2. März 2015 Bezug nimmt, die „allein … eine Summe von 94 000 [Euro betrifft]“. Ebenso wenig geht aus den Rn. 41 bis 48 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung auf einen Umsatz von 379 897,44 Euro gestützt hätte. In deren Rn. 43 erwähnt sie allenfalls einen Gesamtumsatz von 250 000 Euro unter Hinweis auf die eidesstattliche Versicherung vom 16. Juni 2016. Ausweislich der Rn. 46 und 47 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung nämlich auf eine Reihe von Gesichtspunkten gestützt, wie die Komplexität der von der angegriffenen Marke betroffenen EDV-Dienste, den von den Rechnungen abgedeckten Zeitraum oder den hohen Betrag einiger Rechnungen, die zusammen genommen eine tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen.

68      Jedenfalls ist festzustellen, dass, während die Klägerin von der unzutreffenden Prämisse ausgeht, dass nur die Rechnungen RG 15JV001 vom 2. Februar 2015 und RG 15JV002 vom 2. März 2015 Beweiskraft hätten, alle Rechnungen zusammen mit den Broschüren vielmehr einen geringen Umsatz belegen.

69      Daher ist das Vorbringen, mit dem ein Fehler aufgrund der Berücksichtigung eines falschen Gesamtumsatzes gerügt wird, unbegründet.

 Zum Benutzungszeitraum

70      Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung stütze sich größtenteils auf Dokumente, die keinen Bezug zum relevanten Zeitraum aufwiesen, nämlich einen Projektkostenvorschlag vom 11. März 2016 oder die eidesstattliche Versicherung vom 16. Juni 2016. Die Softwarebroschüren seien undatiert. Diese Argumente sind jedoch zurückzuweisen.

71      Es ist darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung innerhalb des relevanten Zeitraums gegebenenfalls Umstände berücksichtigt werden können, die nach diesem Zeitraum liegen. Solche Umstände können es erlauben, die Tragweite der Benutzung der Marke innerhalb des relevanten Zeitraums sowie die tatsächlichen Absichten des Inhabers innerhalb dieses Zeitraums zu bestätigen oder besser zu beurteilen (vgl. Urteil vom 13. April 2011, Bodegas y Viñedos Puerta de Labastida/HABM – Unión de Cosecheros de Labastida [PUERTA DE LABASTIDA], T‑345/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:173, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Des Gleichen können undatierte Dokumente in bestimmten Fällen zugrunde gelegt werden, um die Benutzung der angegriffenen Marke nachzuweisen, sofern sie Tatsachen bestätigen können, die sich aus anderen Beweismitteln herleiten lassen (vgl. Urteil vom 6. Juni 2019, Torrefazione Caffè Michele Battista/EUIPO – Battista Nino Caffè [Battistino], T‑220/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:383, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). Des Weiteren steht in Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 entgegen dem von der Klägerin gewählten Ansatz keineswegs, dass jedes Beweismittel notwendigerweise Angaben über jeden der vier Aspekte, auf die sich der Nachweis der ernsthaften Benutzung beziehen muss, nämlich Ort, Zeit, Art und Umfang der Benutzung, enthalten müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2017, Savant Systems/EUIPO – Savant Group [SAVANT], T‑110/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:521, Rn. 42).

73      Erstens wurden die oben in Rn. 59 genannten Rechnungen im relevanten Zeitraum ausgestellt, außer der Rechnung RG 16TM002 vom 12. Februar 2016, anhand deren sich jedoch der Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke im relevanten Zeitraum bestätigen lässt, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat.

74      Zweitens betrifft die eidesstattliche Versicherung vom 16. Juni 2016 sehr wohl den relevanten Zeitraum, da der Geschäftsführer der Streithelferin die Benutzung der angegriffenen Marke seit 2010 erwähnt. Drittens ist, auch wenn der Projektkostenvorschlag vom 11. März 2016 nicht zu berücksichtigen ist, da er zwei Monate nach dem relevanten Zeitraum erstellt wurde, festzustellen, dass im Rahmen der umfassenden Würdigung der Benutzungsnachweise die von der Klägerin genannten undatierten Broschüren zusammen mit den datierten Rechnungen berücksichtigt werden können.

75      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung ein Bündel von Beweismitteln geeignet sein kann, die nachzuweisenden Tatsachen zu belegen, auch wenn jedes einzelne dieser Beweismittel für sich genommen nicht geeignet wäre, den Nachweis zu erbringen, dass diese Tatsachen zutreffen (Urteil vom 30. September 2014, Scooters India/HABM – Brandconcern [LAMBRETTA], T‑132/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:843, Rn. 25).

 Zur ernsthaft benutzten Form der Marke

76      Die Klägerin macht geltend, der überwiegende Teil der vorgelegten Benutzungsnachweise zeige nur den Wortbestandteil „businessNavi“ und nicht die angegriffene Bildmarke. Nur die Bildform der angegriffenen Marke aber verleihe ihr die erforderliche Unterscheidungskraft. Zudem seien alle anderen Dienste außer der Softwarelizenzierung unter der nachstehend abgebildeten Dachmarke erbracht worden:

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77      Gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) umfasst der Nachweis der ernsthaften Benutzung einer Unionsmarke auch den Nachweis ihrer Benutzung in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch ihre Unterscheidungskraft beeinflusst wird. Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne der Verordnung Nr. 207/2009 bedeutet, dass diese Marke geeignet ist, die Ware oder die Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine strikte Übereinstimmung nicht erforderlich ist, wenn die Unterschiede zwischen dem Zeichen in seiner benutzten Form und dem Zeichen in der angemeldeten Form nur geringfügig sind. Es genügt, dass die Form, in der die Zeichen benutzt werden, insgesamt gleichwertig ist (vgl. Urteil vom 5. März 2019, Meblo Trade/EUIPO – Meblo Int [MEBLO], T‑263/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:134, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Der Zweck dieser Bestimmung, die es vermeidet, eine strikte Übereinstimmung zwischen der verwendeten Form der Marke und derjenigen, in der die Marke eingetragen worden ist, vorzuschreiben, besteht darin, es dem Inhaber der letztgenannten Marke zu erlauben, im Rahmen seines Geschäftsbetriebs Veränderungen an dem Zeichen vorzunehmen, die es, ohne die Unterscheidungskraft der Marke zu beeinflussen, erlauben, sie den Anforderungen der Vermarktung und der Förderung des Absatzes der betreffenden Waren oder Dienstleistungen besser anzupassen. Dem Zweck dieser Bestimmung entsprechend ist ihr sachlicher Geltungsbereich als auf die Situationen beschränkt zu betrachten, in denen das Zeichen, das vom Inhaber einer Marke konkret zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, verwendet wird, die Form darstellt, in der diese Marke gewerblich genutzt wird. Für solche Situationen sieht die erwähnte Bestimmung vor, dass die Pflicht zur Benutzung der eingetragenen Marke dann, wenn das im Handelsverkehr verwendete Zeichen von der Form, in der es eingetragen worden ist, nur in geringfügigen Bestandteilen abweicht und die beiden Zeichen somit als insgesamt gleichwertig betrachtet werden können, dadurch erfüllt werden kann, dass der Nachweis der Benutzung des Zeichens erbracht wird, das deren im Handelsverkehr benutzte Form darstellt (Urteil vom 23. Oktober 2017, Galletas Gullón/EUIPO – O2 Holdings [Form einer Kekspackung], T‑404/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:745, Rn. 27).

79      Im vorliegenden Fall zeigen die vorgelegten Dokumente die angegriffene Marke in der eingetragenen Form sowie in ihrer vereinfachten Form, die nur aus dem Wortbestandteil „businessNavi“ besteht, wobei diese Form häufiger benutzt wird.

80      In Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer angenommen, dass es sich bei der oben in Rn. 76 genannten vereinfachten Variante um eine Form der Verwendung handele, die nur in geringfügigen Bestandteilen von der eingetragenen Marke abweiche. Die Pfeilspitze in Grau oben rechts und die leicht stilisierte Darstellung der Buchstaben werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen als banal empfunden, und die Weglassung der Pfeilspitze und der Stilisierung ändere den Gesamteindruck der angegriffenen Marke, der durch den Wortbestandteil „businessNavi“ geprägt sei, nicht. Die Beschwerdekammer hat daraus geschlossen, dass beide Zeichen somit als insgesamt gleichwertig betrachtet werden könnten, so dass die entsprechenden Benutzungsnachweise als Benutzung der angegriffenen Marke in der eingetragenen Form angesehen werden könnten.

81      Die Klägerin macht geltend, das bloße Wortzeichen „businessNavi“ werde zumindest in Deutschland für die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 als beschreibend wahrgenommen. Es sei für das angesprochene, gewerbliche Publikum mit allgemein höherer Aufmerksamkeit offensichtlich, dass das Zeichen wegweisende, beratende und unterstützende Dienstleistungen im Unternehmenswesen bezeichnen könne, wenn es in Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 gesetzt werde.

82      Insoweit ist klarzustellen, dass die Dienstleistungen der Klasse 42, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, EDV-Dienste und keine allgemeinen Dienstleistungen im Unternehmenswesen sind.

83      Des Weiteren ist festzustellen, dass der dominierende Bestandteil der angegriffenen Marke tatsächlich der Wortbestandteil „businessNavi“ ist, der zudem den Großbuchstaben „N“ und damit ein Stilelement enthält, das auch in dem Bildbestandteil der Marke enthalten ist. Die Benutzung der angegriffenen Marke in dieser Form, die ausschließlich aus dem Wortbestandteil „businessNavi“ besteht, ist als mit der Benutzung der Bildform der angegriffenen Marke in der eingetragenen Form insgesamt gleichwertig anzusehen.

84      Nach der Rechtsprechung kann der Umstand, dass die eingetragene Marke manchmal mit und manchmal ohne zusätzliche Elemente benutzt wird, eines der Kriterien darstellen, aus dem geschlossen werden kann, dass die Unterscheidungskraft nicht beeinflusst wird (vgl. Urteil vom 10. Juni 2010, Atlas Transport/HABM – Hartmann [ATLAS TRANSPORT], T‑482/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:229, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85      Was die Benutzung des Bildbestandteils „accelerate“ anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung im Unionsmarkenrecht keine Vorschrift gibt, die den Nachweis der Benutzung der einzelnen angegriffenen Marke erfordert, unabhängig von jeder anderen Marke oder jedem anderen Zeichen. Daher ist es möglich, dass zwei oder mehr Marken gemeinsam und eigenständig, mit oder ohne Herstellernamen, benutzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Oktober 2018, LA Superquimica/EUIPO – D‑Tack [D-TACK], T‑24/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:668, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Im vorliegenden Fall ist der Bildbestandteil „accelerate“, der dem Firmennamen der Streithelferin entspricht, im Seitenkopf mehrerer Dokumente benutzt worden. Seine Benutzung dürfte den Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke nicht beeinträchtigen. Die gleichzeitige Verwendung des Gesellschaftsnamens oder einer Marke mit der angegriffenen Marke beeinträchtigt nämlich nicht an sich die Identifizierungsfunktion der Marke für die in Rede stehenden Dienstleistungen (vgl. entsprechend Urteil vom 10. Oktober 2018, D‑TACK, T‑24/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:668, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

87      Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

88      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

89      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Sta*Ware EDV Beratung GmbH trägt die Kosten.

Schalin

Berke

Costeira

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Dezember 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      R. da Silva Passos


*      Verfahrenssprache: Deutsch.