Language of document : ECLI:EU:T:2006:390

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

13. Dezember 2006(*)

„Gemeinsame Agrarpolitik – Gesundheitspolizei – Bovine spongiforme Enzephalopathie (‚Rinderwahnsinn‘) – Neue Variante der Creutzfeldt‑Jakob-Krankheit – Schadensersatzklage – Außervertragliche Haftung – Haftung der Gemeinschaft ohne rechtswidriges Verhalten ihrer Einrichtungen – Schaden – Kausalzusammenhang – Formfehler – Nationale Parallelverfahren – Verjährung – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑138/03

É. R., O. O., J. R., A. R., B. P. R., wohnhaft in Vaulx-en-Velin (Frankreich),

T. D., J. D., D. D., V. D., wohnhaft in Palaiseau (Frankreich),

D. E., É. E., wohnhaft in Ozoir-la-Ferrière (Frankreich),

C. R., wohnhaft in Vichy (Frankreich), H. R., M. S. R., I. R., B. R., M. R., wohnhaft in Pau (Frankreich),

C. S., wohnhaft in Paris (Frankreich),

Prozessbevollmächtigter: F. Honnorat, avocat,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten zunächst durch M. Balta und F. Ruggeri Laderchi, dann durch M. Balta und F. Florindo Gijón als Bevollmächtigte,

und

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten zunächst durch D. Booss und G. Berscheid, dann durch G. Berscheid und T. van Rijn als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Ersatzes der Schäden gemäß Artikel 235 EG und Artikel 288 Absatz 2 EG, die die Kläger infolge der Ansteckung – und des nachfolgenden Ablebens – von Angehörigen ihrer Familien mit einer neuen, in Zusammenhang mit dem Auftreten und der Ausbreitung der bovinen spongiformen Enzephalopathie in Europa stehenden Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit erlitten zu haben glauben und für die ihrer Ansicht nach der Rat und die Kommission haften,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. García-Valdecasas, des Richters J. D. Cooke und der Richterin I. Labucka,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2006

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

I –  Auftreten der bovinen spongiformen Enzephalopathie und der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung dieser Krankheiten

1        Die bovine spongiforme Enzephalopathie (im Folgenden: BSE), auch Rinderwahnsinn genannt, gehört zur Gruppe der übertragbaren spongiformen Enzephalopathien, für die eine Degeneration des Gehirns und das schwammartige Aussehen der Nervenzellen bei einer Analyse kennzeichnend sind. Diesen Krankheiten geht eine stille Inkubationsphase voraus, während deren die befallenen – anscheinend gesunden – Tiere keine erkennbaren klinischen Symptome zeigen. Wahrscheinliche Ursache von BSE ist eine Änderung der Zubereitung des Futters für Rinder durch Zufügung von Eiweißstoffen, die von Schafen stammen, die an der Traberkrankheit (englisch: scrapie) leiden. Die Übertragung der Krankheit soll hauptsächlich durch die Aufnahme von Futtermitteln, insbesondere von Fleisch- und Knochenmehl, erfolgt sein, das nicht beseitigte Erreger enthielt.

2        BSE wurde zum ersten Mal 1986 im Vereinigten Königreich entdeckt. Die Epidemie entwickelte sich in diesem Land rasch und stieg von 442 Fällen Ende 1987 auf ein maximales jährliches Auftreten im Jahr 1992 von nahezu 37 000 Fällen an. Seit Beginn der neunziger Jahre wurden BSE-Fälle in anderen Mitgliedstaaten festgestellt.

3        Im Juli 1988 beschloss das Vereinigte Königreich, zum einen den Verkauf von Futtermitteln für Wiederkäuer mit Wiederkäuer-Eiweiß und zum anderen die Fütterung von Wiederkäuern mit diesen Futtermitteln durch Züchter zu verbieten („Ruminant Feed Ban“ im Rahmen der Bovine Spongiform Encephalopathy Order [BSE-Verordnung] [1988, SI 1988/1039] mit späteren Änderungen).

4        Die Gemeinschaftsorgane trafen ab Juli 1989 ebenfalls Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE. Die meisten dieser Maßnahmen wurden auf der Grundlage der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl. L 395, S. 13) und der Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt (ABl. L 224, S. 29) erlassen, die der Kommission bei Gesundheitsgefahren für Tiere oder Menschen den Erlass von Schutzmaßnahmen gestatten.

5        So wurde mit der Entscheidung 89/469/EWG der Kommission vom 28. Juli 1989 zum Erlass von Maßnahmen zum Schutz gegen spongiforme Rinderenzephalopathie im Vereinigten Königreich (ABl. L 225, S. 51) eine Reihe von Beschränkungen im innergemeinschaftlichen Handel mit Rindern eingeführt, die vor Juli 1988 im Vereinigten Königreich geboren wurden. Diese Entscheidung wurde durch die Entscheidung 90/59/EWG der Kommission vom 7. Februar 1990 (ABl. L 41, S. 23) geändert, mit der das Verbot der Ausfuhr von Rindern aus dem Vereinigten Königreich auf alle mehr als sechs Monate alten Rinder ausgeweitet wurde. Die Entscheidung 90/261/EWG der Kommission vom 8. Juni 1990 zur Änderung der Entscheidung 89/469 und der Entscheidung 90/200/EWG über zusätzliche Anforderungen an gewisse Gewebe und Organe im Hinblick auf BSE (ABl. L 146, S. 29) legte fest, dass die Einhaltung dieses Verbots durch die Anbringung von Spezialmarken an den Tieren und den Einsatz eines Systems von Informatikregistern zur Kennzeichnung der Tiere sicherzustellen war. Ferner fügte die Entscheidung 90/134/EWG der Kommission vom 6. März 1990 (ABl. L 76, S. 23) der Liste der nach der Richtlinie 82/894/EWG des Rates vom 21. Dezember 1982 über die Mitteilung von Viehseuchen in der Gemeinschaft (ABl. L 378, S. 58) meldepflichtigen Seuchen BSE hinzu.

6        Die Entscheidung 90/200/EWG der Kommission vom 9. April 1990 über zusätzliche Anforderungen an gewisse Gewebe und Organe im Hinblick auf BSE (ABl. L 105, S. 24) führte eine Reihe von Maßnahmen zur Einschränkung des innergemeinschaftlichen Handels zwischen dem Vereinigten Königreich und den anderen Mitgliedstaaten für bestimmte Gewebe und Organe – Gehirn, Rückenmark, Mandeln, Thymusdrüse, Milz und Gedärme – von Rindern ein, die bei der Schlachtung älter als sechs Monate waren. Der Versand anderer nicht zum Verzehr durch den Menschen bestimmter Gewebe und Organe wurde ebenfalls verboten, und es wurde festgelegt, dass Rinder, bei denen ein klinischer Verdacht auf BSE besteht, abgesondert geschlachtet werden müssen und dass ihr Gehirn auf das Vorliegen von BSE zu untersuchen ist. Bei Feststellung von BSE waren der Schlachtkörper und die Nebenprodukte der Schlachtung zu beseitigen. Die Entscheidung 92/290/EWG der Kommission vom 14. Mai 1992 über bestimmte Schutzmaßnahmen für Rinderembryonen gegen BSE im Vereinigten Königreich (ABl. L 152, S. 37) schrieb allen Mitgliedstaaten vor, Rinderembryonen von Mutterkühen, bei denen BSE bestätigt oder vermutet worden war, nicht in andere Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu liefern. Für das Vereinigte Königreich sah diese Entscheidung das Verbot der Ausfuhr von Embryonen von vor dem 18. Juli 1988 geborenen Kühen vor und legte die für die Identifizierung der Spendertiere erforderlichen Maßnahmen fest.

7        Die Entscheidung 94/381/EG der Kommission vom 27. Juni 1994 über Schutzmaßnahmen in Bezug auf BSE und die Verfütterung von aus Säugetieren gewonnenen Futtermitteln (ABl. L 172, S. 23) untersagte für die gesamte Gemeinschaft das Verfüttern von aus jeglicher Säugetierart gewonnenen Futtermitteln an Wiederkäuer; allerdings konnten die Mitgliedstaaten, die ein System einführen konnten, das eine Unterscheidung zwischen aus Wiederkäuern und aus Nichtwiederkäuern gewonnenen Futtermitteln ermöglichte, von der Kommission ermächtigt werden, die Verfütterung von Futtermitteln, die aus anderen Tierarten als Wiederkäuern gewonnen werden, an Wiederkäuer zuzulassen.

8        Die Überwachungseinheit für die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (im Folgenden: CJK) in Edinburgh (Vereinigtes Königreich) stellte 1995 zehn Fälle von CJK fest. Diese unheilbare und tödliche Nervenerkrankung befällt Menschen und gehört zur Familie der menschlichen spongiformen Enzephalopathien. Die festgestellten Fälle wiesen eine hinreichend abweichende Form der klassischen CJK auf, um sie als neue Variante der CJK (im Folgenden: nVCJK) darstellen zu können. Die Patienten waren alle jung (19 bis 41 Jahre, Durchschnittsalter 29) und wiesen eine relativ lange Krankheitsphase (durchschnittlich 13 Monate), ein von der klassischen CJK abweichendes klinisches Bild und völlig neue histologische Merkmale auf, die bei der Autopsie festgestellt wurden.

9        Das Spongiform Encephalopathy Advisory Committee (Beratender Ausschuss für spongiforme Enzephalopathie; im Folgenden: SEAC), ein unabhängiger Ausschuss zur wissenschaftlichen Beratung der Regierung des Vereinigten Königreichs in BSE-Fragen, führte in einer Mitteilung vom 20. März 1996 zehn Fälle der nVCJK an und vertrat die Auffassung: „Obwohl es keinen unmittelbaren Beweis für einen Zusammenhang gibt, ist nach den zur Verfügung stehenden Daten … [im Augenblick] die wahrscheinlichste Erklärung für diese Fälle der Kontakt mit BSE vor der Einführung des Verbots bestimmter Sonderabfälle vom Rind im Jahre 1989.“

10      Am 27. März 1996 erließ die Kommission ihre Entscheidung 96/239/EG mit den zum Schutz gegen BSE zu treffenden Dringlichkeitsmaßnahmen (ABl. L 78, S. 47), mit der sie jeden Versand von lebenden Tieren, von Rindfleisch oder Rindfleischerzeugnissen aus dem Vereinigten Königreich in die anderen Mitgliedstaaten und in Drittländer untersagte. Diese Entscheidung galt u. a. für: erstens lebende Rinder, Rindersamen und Rinderembryonen, zweitens im Vereinigten Königreich geschlachtetes Rindfleisch, drittens Erzeugnisse von Rindern, die im Vereinigten Königreich geschlachtet wurden und geeignet sind, als Lebensmittel oder Tierfutter verwendet zu werden, und Produkte, die bestimmt sind für die Verwendung bei der Herstellung von Medizinalprodukten, Kosmetika und pharmazeutischen Erzeugnissen, sowie viertens Fleisch- und Knochenmehl, das von Säugetieren stammt.

11      Am 18. Juli 1996 setzte das Europäische Parlament einen Nichtständigen Untersuchungsausschuss für BSE ein. Am 7. Februar 1997 verabschiedete der Ausschuss einen Bericht über behauptete Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht bzw. Missstände bei der Anwendung desselben im Zusammenhang mit BSE unbeschadet der Zuständigkeiten der nationalen und gemeinschaftlichen Gerichte (im Folgenden: Bericht des Untersuchungsausschusses). Dieser Bericht stellte eine schlechte Bewältigung der BSE-Krise durch Kommission und Rat sowie die Behörden des Vereinigten Königreichs fest und kritisierte das Funktionieren der mit Veterinär- und Gesundheitsfragen befassten Gemeinschaftsausschüsse.

12      Die Entscheidung 97/534/EG der Kommission vom 30. Juli 1997 über das Verbot der Verwendung von Material angesichts der Möglichkeit der Übertragung transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 216, S. 95) untersagte die Verwendung von „spezifiziertem Risikomaterial“ (im Folgenden: SRM), nämlich erstens Schädel einschließlich Gehirn und Augen, Mandeln und Rückenmark von über zwölf Monate alten Rindern sowie von über zwölf Monate alten Schafen und Ziegen oder solchen, bei denen ein permanenter Schneidezahn das Zahnfleisch durchbrochen hat, sowie zweitens Milz von Schafen und Ziegen. Seit dem Inkrafttreten dieser Entscheidung war jede Verwendung von SRM sowie die Verwendung der Wirbelsäule von Rindern, Schafen und Ziegen zur Gewinnung von Separatorenfleisch verboten. Das SRM musste zudem bei der Zerstörung einer besonderen Behandlung unterzogen und verbrannt werden, unbeschadet ergänzender Maßnahmen der Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet geschlachtete Tiere. Der ursprünglich für das Inkrafttreten dieser Entscheidung vorgesehene Zeitpunkt, der 1. Januar 1998, wurde später auf den 30. Juni 2000 verschoben.

13      Am 29. Juni 2000 erließ die Kommission die Entscheidung 2000/418/EG zur Regelung der Verwendung von bestimmtem Tiermaterial angesichts des Risikos der Übertragung von TSE-Erregern und zur Änderung der Entscheidung 94/474/EG (ABl. L 158, S. 76); die letztgenannte Entscheidung der Kommission vom 27. Juli 1994 betraf Schutzmaßnahmen gegen BSE und die Aufhebung der Entscheidungen 89/469 und 90/200 (ABl. L 194, S. 96). Die Entscheidung 2000/418 hob die Entscheidung 97/534 auf, trat an deren Stelle und regelte endgültig die Verwendung von SRM, indem sie das Rinder-, Schaf- und Ziegenmaterial festlegte, das nach dem 1. Oktober 2000 in einem besonderen Verfahren, das die Nichtübertragbarkeit von BSE sicherstellen sollte, zu entfernen und zu zerstören war. Diese Entscheidung untersagte ebenfalls die Verwendung der Kopfknochen und der Wirbelsäulen dieser Tiere in bestimmten Fällen und die Verwendung bestimmter Schlachtmethoden.

14      Am 4. Dezember 2000 erließ der Rat seine Entscheidung 2000/766/EG über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und die Verfütterung von tierischem Protein (ABl. L 306, S. 32), die am 1. Januar 2001 in Kraft trat und den Mitgliedstaaten aufgab, die Verfütterung von verarbeiteten tierischen Proteinen an Nutztiere, die zur Nahrungsmittelproduktion gehalten, gemästet oder gezüchtet werden, zu untersagen.

15      Am 13. September 2001 verabschiedete der Rechnungshof den Sonderbericht Nr. 14/2001 über BSE (ABl. C 324, S. 1). In diesem Bericht überprüfte der Rechnungshof die von der EU ein- und durchgeführten Maßnahmen zur Erkennung und Bewältigung eines möglichen Ausbruchs von BSE, der Ausbreitung der Seuche und der Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier. Der Rechnungshof stellte insbesondere fest, dass die BSE-Strategie der Kommission im Allgemeinen zweckmäßig war und auf den verfügbaren wissenschaftlichen Kenntnissen aufbaute, ihre Wirksamkeit aber durch unzulängliche Umsetzung seitens der Mitgliedstaaten sowie die Tatsache beeinträchtigt wurde, dass der Kommission keine wirksamen Mittel zu Gebote standen, um die Mitgliedstaaten zur Ergreifung von Abhilfemaßnahmen anzuhalten.

II –  Die bei den Klägern gegebenen Umstände und die Verfahren bei französischen Verwaltungsstellen und Gerichten

16      Die Kläger haben die vorliegende Klage als Reflexgeschädigte und Rechtsnachfolger von fünf zwischen 1996 und 2002 in Frankreich an der nVCJK verstorbenen Personen erhoben.

17      É. R., O. O., J. R., A. R. und B. P. R. sind der Vater, die Mutter und die drei Brüder des am 4. Januar 1996 im Alter von 27 Jahren verstorbenen H. E. R.

18      T. D., J. D., D. D. und V. D. sind die Mutter, die Brüder und die Schwester der am 4. Februar 2000 im Alter von 36 Jahren verstorbenen L. D.

19      D. E. und É. E. sind die Eltern des am 25. April 2001 im Alter von 19 Jahren verstorbenen A. E. Sie klagen zugleich als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Tochter J. E., der Schwester von A. E.

20      C. R. ist die Witwe des am 10. Februar 2002 im Alter von 36 Jahren verstorbenen F. R. Sie klagt zugleich als gesetzliche Vertreterin von D. R., ihrer minderjährigen Tochter. H. R., M. S. R., I. R., B. R. und M. R. sind der Vater, die Mutter und die Schwestern von F. R.

21      C. S. ist der Witwer der am 14. Dezember 2002 im Alter von 32 Jahren verstorbenen S. C. S. Er klagt zugleich als gesetzlicher Vertreter ihrer minderjährigen Kinder M. S., S. S. S. und A. S.

22      Die Kläger erhoben bei den französischen Verwaltungsgerichten Schadensersatzklagen gegen die Behörden dieses Staates wegen des ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Verhaltens dieser Behörden in Form des Nichterlasses geeigneter Maßnahmen zur Beseitigung von BSE-Risiken. Am 5. Oktober 2005 wies das Tribunal administratif de Paris die Klagen mit der Begründung ab, dass die Zeitpunkte der Ansteckung der Opfer vor dem Monat Mai 1988 liegen könnten, bis zu dem die von den Klägern gerügte Säumnis der Französischen Republik zurückgehe. Die Kläger fochten diese Urteile bei der Cour administrative d’appel de Paris an. Im Übrigen traten sie im Rahmen eines dem Vice-président chargé de l’instruction beim Tribunal de grande instance Paris übertragenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen fahrlässiger Tötung der mit der nVCJK angesteckten Personen als Nebenkläger auf.

23      In Erfüllung der vom französischen Ministerium für Gesundheit, Familie und Behinderte mit Schreiben vom 25. Februar und 7. Juli 2004 festgelegten Verpflichtungen wurden den Klägern vom französischen Innenministerium im Juni 2004 und im Januar 2005 „Solidaritätszuwendungen“ gewährt. Diese Entschädigungen betrafen die Schäden der Opfer und ihrer Rechtsnachfolger aufgrund der nVCJK und wurden auf Vorschlag des Entschädigungsausschusses für Opfer der iatrogenen CJK im Anschluss an die Behandlung mit Wachstumshormonen gewährt, dessen Aufgabe auf die Beurteilung der Schäden der von der nVCJK befallenen Personen ausgedehnt worden war. Die Gesamtbeträge dieser Entschädigungen beliefen sich auf 1 431 000 Euro.

 Verfahren und Anträge der Parteien

24      Mit Schriftsatz, der am 24. April 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.

25      Mit Schreiben, das am 22. Mai 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat C. S. Prozesskostenhilfe für sich und seine drei minderjährigen Kinder beantragt, in deren Namen er die Klage als gesetzlicher Vertreter erhoben hatte. Mit Beschluss des Präsidenten der Fünften Kammer vom 9. Februar 2004 hat das Gericht die Prozesskostenhilfe gewährt.

26      In ihren Schriftsätzen haben die Beklagten die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zur Entscheidung über die Schadensersatzklagen beantragt, die die Kläger mit Ausnahme der Familie von H. E. R. gegen die französischen Behörden vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats erhoben haben. Diese Klagen beruhten auf den gleichen Tatsachen und den gleichen Rügen und beträfen die gleichen Schäden wie in der vorliegenden Rechtssache. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2003 haben die Kläger dem Aussetzungsantrag widersprochen. Da die Kläger widersprochen haben und der Aussetzungsantrag keinem der Tatbestände des Artikels 54 Absatz 3 der Satzung des Gerichtshofes und des Artikels 77 der Verfahrensordnung des Gerichts entspricht, hat das Gericht diesem Antrag nicht entsprochen.

27      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen hat das Gericht den Parteien Fragen gestellt und sie um Vorlage bestimmter Dokumente ersucht. Die Parteien sind dem innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.

28      Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 16. Februar 2006 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

29      Die Kläger beantragen,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        den Rat und die Kommission zu verurteilen, Entschädigungen in einer Gesamthöhe von 3 780 733,71 Euro nebst Ausgleichszinsen in Höhe von 10 % ab dem Zeitpunkt des Todes der jeweiligen Person sowie Verzugszinsen ab Erlass eines Zwischenurteils als Gesamtschuldner zu zahlen;

–        auf jeden Fall 1 Euro für die Wiedergutmachung jedes der festgestellten Schäden vorzubehalten, um ihr Klageinteresse aufrechtzuerhalten;

–        dem Rat und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

30      Der Rat und die Kommission beantragen,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

 Zur Zulässigkeit

31      Die Kommission und der Rat als Beklagte machen drei Unzulässigkeitseinreden geltend. Mit der ersten Einrede wird eine ungenaue Darlegung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände gerügt, auf die die Klage gestützt wird. Mit der zweiten Einrede wird die fehlende Erschöpfung des nationalen Rechtswegs und die Konnexität mit nationalen Verfahren beanstandet. Als dritte Einrede wird Verjährung der Klageansprüche geltend gemacht.

I –  Zum ersten Unzulässigkeitsgrund: ungenaue Darlegung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die die Klage gestützt wird

A –  Vorbringen der Parteien

32      Die Beklagten weisen darauf hin, dass jede Klageschrift gemäß Artikel 21 der Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung den Streitgegenstand angeben sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Eine Klage, mit der die Wiedergutmachung der angeblich von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schäden verlangt werde, müsse die Gesichtspunkte enthalten, die das beanstandete Verhalten, den Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden sowie Art und Umfang dieses Schadens erkennen ließen. Im vorliegenden Fall lasse die Klageschrift aber das beanstandete rechtswidrige Verhalten nicht zweifelsfrei erkennen, insbesondere weil das dem Rat und der Kommission und weiter auch das den französischen Behörden vorgeworfene Fehlverhalten miteinander vermischt würden. Außerdem rügt die Kommission, dass in der Klageschrift Angaben zum Auftreten der ersten klinischen Anzeichen der Krankheit fehlten, was zum einen den Beginn der fünfjährigen Verjährung und zum anderen in Abhängigkeit von diesem Zeitpunkt die Erheblichkeit der vorgeworfenen Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf jede der verstorbenen Personen der Beurteilung entziehe. Der Rat weist ferner darauf hin, dass die Kläger keine objektiven Gesichtspunkte für eine Verbindung zwischen der Ansteckung ihrer Familienangehörigen und den beanstandeten Verhaltensweisen anführten. Schließlich fehlten in der Klageschrift Angaben zu der Berechnungsmethode, die bei der Bemessung der angeblichen Schäden herangezogen worden sei, sowie Belege und objektive Daten, die deren Feststellung ermöglichen könnten.

33      Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die Rügen der Beklagten sich auf die Begründetheit ihrer Ansprüche und nicht auf die Zulässigkeit ihrer Klage bezögen. Die beanstandeten Verhaltensweisen, die Art und der Umfang der geltend gemachten Schäden sowie der ermittelte Kausalzusammenhang seien mit ausreichender Genauigkeit dargelegt worden.

B –  Würdigung durch das Gericht

34      Nach Artikel 21 der Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sie sich stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (Beschlüsse des Gerichts vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, Slg. 1993, II‑523, Randnr. 20, und vom 29. November 1993, Koelman/Kommission, T‑56/92, Slg. 1993, II‑1267, Randnr. 21). Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Klageschrift, die auf Ersatz von Schäden gerichtet ist, die ein Gemeinschaftsorgan verursacht haben soll, diesen Erfordernissen nur, wenn sie die Angaben enthält, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem behaupteten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. September 1996, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑387/94, Slg. 1996, II‑961, Randnr. 107; Beschluss des Gerichts vom 21. November 1996, Syndicat des producteurs de viande bovine u. a./Kommission, T‑53/96, Slg. 1996, II‑1579, Randnr. 22).

35      Im vorliegenden Fall erfüllt die Klageschrift die genannten Voraussetzungen. Die Kläger legen nämlich erstens breit und ausführlich die Handlungen und Unterlassungen, die sie den beklagten Organen vorwerfen, sowie die Grundsätze dar, die diese verletzt haben sollen (vgl. insbesondere Randnrn. 96 bis 204 der Klageschrift). Sie quantifizieren zweitens sehr genau die Entschädigungsbeträge, die jeder von ihnen beansprucht (vgl. Randnrn. 230 bis 244 der Klageschrift). Ebenso definieren sie den geltend gemachten „Ansteckungsschaden“, wobei sie Beispiele für Entschädigungen vortragen, die von den französischen Gerichten insoweit zugesprochen worden sind (vgl. Randnrn. 226 bis 228 der Klageschrift), und beschreiben die immateriellen Schäden, die sie ihrer Ansicht nach erlitten haben (vgl. Randnr. 229 der Klageschrift). Drittens legen die Kläger die Gründe für ihre Auffassung dar, dass zwischen den dem Rat und der Kommission vorgeworfenen Verhaltensweisen und den ihnen entstandenen Schäden ein Kausalzusammenhang bestehe. So weisen sie darauf hin, dass das Vorliegen einer Verbindung zwischen BSE und der nVCJK durch medizinische, wissenschaftliche und epidemiologische Argumente belegt worden sei (vgl. Randnrn. 248 bis 254 der Klageschrift), und weisen den beklagten Organen die Verantwortung für die Ansteckung ihrer Familienangehörigen zu, insbesondere wegen behaupteter Versäumnisse bei der Bewältigung der BSE-Krise (vgl. Randnrn. 256 bis 268 der Klageschrift).

36      Mithin ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Artikel 21 der Satzung des Gerichtshofes und 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung im vorliegenden Fall erfüllt sind.

37      Diese Unzulässigkeitseinrede ist daher zurückzuweisen.

II –  Zum zweiten Unzulässigkeitsgrund: fehlende Erschöpfung des nationalen Rechtswegs und Konnexität mit nationalen Verfahren

A –  Vorbringen der Parteien

38      Die Beklagten weisen darauf hin, dass die Einzelnen, wenn die nationalen Behörden Gemeinschaftsvorschriften durchzuführen hätten, sich der vor den nationalen Gerichten bestehenden Klagemöglichkeiten bedienen müssten, wenn diese den Schutz ihrer Rechte sicherstellen könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1987, De Boer Buizen/Rat und Kommission, 81/86, Slg. 1987, 3677, Randnr. 9). Sie stellen fest, dass Schadensersatzklagen, die sich auf den gleichen Sachverhalt und denselben Schaden stützten und mit denen die gleiche Entschädigung wie im vorliegenden Fall verlangt werde, von den Klägern mit Ausnahme der Familie von H. E. R. beim Tribunal administratif de Paris gegen die französischen Behörden erhoben worden seien. Die vorliegende Klage sei daher verfrüht und damit unzulässig. Außerdem bestehe die Gefahr widersprechender Entscheidungen sowie die Möglichkeit, dass die Kläger für ein und denselben Schaden doppelt entschädigt würden. Auf jeden Fall sei die Klage offensichtlich unzulässig, soweit sie den Schaden betreffe, der sowohl aus den Handlungen nationaler Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten als auch aus einer angeblich unzureichenden Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten seitens der Organe herrühre (Beschluss des Gerichts vom 3. Juli 1997, Smanor u. a./Kommission, T‑201/96, Slg. 1997, II‑1081, Randnrn. 30 und 31).

39      Die Kläger verweisen darauf, dass die Gemeinschaftsgerichte für die Entscheidung über Klagen auf Ersatz eines den Organen der Europäischen Union anzulastenden Schadens ausschließlich zuständig seien. Das Gericht sei befugt, sich jederzeit alle sachdienlichen Informationen für seine Entscheidung, wie etwa die Dokumente in einem nationalen Verfahren, zu beschaffen. Das stelle sicher, dass die Kläger nicht doppelten Ersatz für dieselben Schäden erhielten.

B –  Würdigung durch das Gericht

40      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schadensersatzklage der Artikel 235 EG und 288 Absatz 2 EG ein selbständiger Rechtsbehelf mit eigener Funktion im System der Klagemöglichkeiten und von Voraussetzungen abhängig, die ihrem besonderen Zweck entsprechen (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1995, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, T‑481/93 und T‑484/93, Slg. 1995, II‑2941, Randnr. 69). Allerdings ist die Schadensersatzklage im Hinblick auf das gesamte System des Individualrechtsschutzes zu beurteilen, und ihre Zulässigkeit kann daher in bestimmten Fällen von der Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs abhängig sein, der zur Verfügung steht, um die Nichtigerklärung einer Entscheidung der nationalen Behörde zu erlangen. Das setzt jedoch voraus, dass die nationalen Rechtsbehelfe den Schutz der Betroffenen wirksam sicherstellen und zum Ersatz des geltend gemachten Schadens führen können (Urteil des Gerichtshofes vom 26. Februar 1986, Krohn/Kommission, 175/84, Slg. 1986, 753, Randnr. 27, und Urteil De Boer Buizen/Rat und Kommission, Randnr. 9).

41      Eine solche Situation liegt jedoch hier nicht vor. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Wiedergutmachung der von den Klägern geltend gemachten Schäden nicht auch nur teilweise durch Nichtigerklärung eines Aktes oder bestimmter Akte einer nationalen Behörde erfolgen kann. Zweitens ist die von den Klägern erhobene Ersatzklage auf ihrer Ansicht nach rechtswidrige Handlungen des Rates und der Kommission gestützt. Mit Rücksicht insbesondere darauf, dass der Gemeinschaftsrichter gemäß Artikel 288 EG in Streitigkeiten über die Wiedergutmachung eines der Gemeinschaft zuzurechnenden Schadens ausschließlich entscheidet, könnten nationale Klagemöglichkeiten den Klägern im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres einen wirksamen Schutz ihrer Rechte vermitteln, namentlich nicht die Wiedergutmachung des gesamten von ihnen geltend gemachten Schadens (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 13. März 1992, Vreugdenhil/Kommission, C‑282/90, Slg. 1992, I‑1937, Randnr. 14, und vom 8. April 1992, Cato/Kommission, C‑55/90, Slg. 1992, I‑2533, Randnr. 17; Urteil des Gerichts vom 18. September 1995, Nölle/Rat und Kommission, T‑167/94, Slg. 1995, II‑2589, Randnrn. 41 und 42, Urteil Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Randnr. 72, und Urteil vom 11. Januar 2002, Biret et Cie/Rat, T‑210/00, Slg. 2002, II‑47, Randnrn. 37 und 38).

42      Wie der Gerichtshof im Übrigen entschieden hat, kann es sich, wenn von zwei Schadensersatzklagen wegen des gleichen Schadens die eine gegen einen Mitgliedstaat vor einem nationalen Gericht und die andere gegen die Gemeinschaft vor dem Gemeinschaftsgericht erhoben worden ist, als notwendig erweisen, vor der Festlegung des Schadensbetrags, für den die Gemeinschaft einzustehen hat, abzuwarten, bis sich das nationale Gericht zur etwaigen Haftung des Mitgliedstaats geäußert hat, um zu vermeiden, dass der Kläger aufgrund unterschiedlicher Beurteilung durch zwei verschiedene Gerichte unzureichenden oder zu hohen Schadensersatz erhält (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 14. Juli 1967, Kampffmeyer u. a./Kommission der EWG, 5/66, 7/66 und 13/66 bis 24/66, Slg. 1967, 332, 358, und vom 30. November 1967, Becher/Kommission, 30/66, Slg. 1967, 386, 405). Auf jeden Fall aber betrifft diese Frage nicht die Zulässigkeit einer Klage vor dem Gemeinschaftsgericht, sondern lediglich gegebenenfalls die endgültige Festlegung des Schadensersatzbetrags, den dieses zuzusprechen haben wird.

43      Was schließlich das Vorbringen des Rates und der Kommission betrifft, dass die behaupteten Schäden auf Maßnahmen der nationalen Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und die unangemessene Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten seitens der Gemeinschaftsorgane zurückzuführen seien, so genügt der Hinweis, dass dieses Vorbringen nicht zur Unzulässigkeit der vorliegenden Klage führen kann. Es ist gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung entweder des den Beklagten angelasteten rechtswidrigen Verhaltens oder der von den Klägern geltend gemachten Schäden zu untersuchen.

44      Demgemäß ist auch diese zweite Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen.

III –  Zur dritten Unzulässigkeitseinrede: Verjährung der Klageansprüche

A –  Vorbringen der Parteien

45      Die Beklagten verweisen darauf, dass gemäß Artikel 46 der Satzung des Gerichtshofes die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses verjährten, das ihnen zugrunde liege. Im vorliegenden Fall beginne diese Frist mit dem Zeitpunkt des Auftretens der ersten Krankheitssymptome; zu diesem Zeitpunkt seien der persönliche Schaden der Opfer und der Reflexschaden ihrer Angehörigen entstanden.

46      Die Beklagten bringen vor, H. E. R. sei am 4. Januar 1996 verstorben, die klinischen Anzeichen seiner Erkrankung seien aber bereits im August 1994 aufgetreten. Der wahrscheinliche Zusammenhang zwischen der nVCJK und BSE sei durch die Veröffentlichung der Mitteilung des SEAC vom 20. März 1996 aufgedeckt worden und habe in der Presse weite Verbreitung gefunden. Folglich sei die Verjährung des Klageanspruchs der Familie von H. E. R. längst eingetreten. Zweifel bestünden auch bezüglich der Verjährung der Ansprüche der Familien von L. D., A. E. und F. R., weil die Klageschrift nicht den genauen Zeitpunkt des Auftretens der ersten Anzeichen für die Erkrankung erkennen lasse, an der ihre Angehörigen gestorben seien. Die Beweislast dafür, dass diese ersten Symptome nicht früher als fünf Jahre vor Einreichung der Klageschrift sichtbar geworden seien, obliege aber den Klägern.

47      Die Kläger unterstreichen, dass die Verjährung der Schadensersatzansprüche nicht mit dem Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome der Krankheit beginnen könne. Die Kriterien für eine Diagnose der nVCJK könnten mit Sicherheit nur aufgrund post mortem durchgeführter Feststellungen ermittelt werden, da die ersten Anzeichen der Krankheit nicht für eine Diagnose ausreichten.

48      Der Tod von H. E. R. und die nachfolgende Autopsie, die die nVCJK-Diagnose bestätigt habe, hätten sich ereignet, bevor diese Krankheit amtlich durch wissenschaftliche Sachverständige bestätigt worden sei, also früher, als der Erreger von BSE und der nVCJK mit einem vernünftigen Grad an Sicherheit bekannt gewesen sei. Bis zur Verabschiedung der Stellungnahme des Leitenden Wissenschaftlichen Ausschusses (im Folgenden: LWA) vom 10. Dezember 1999 habe die Familie von H. E. R. nämlich nicht über die erforderlichen Anhaltspunkte für die Erkenntnis der Entstehungsursache des ihr entstandenen Schadens verfügt. Diese Stellungnahme habe das Vorliegen eines wissenschaftlichen Konsenses über den Erreger markiert, der BSE und die nVCJK miteinander verbinde, während bis dahin die Verbindung zwischen diesen beiden Krankheiten nur eine „plausible Hypothese“ gewesen sei. Außerdem sei das Gutachten der Gerichtssachverständigen, die eine gesicherte Diagnose erstellt hätten, der Familie von H. E. R. erst am 13. November 2003 amtlich übermittelt worden. Was die übrigen Opfer betreffe, so belegten die Gutachten der ärztlichen Sachverständigen, dass die Diagnose der nVCJK nicht früher als fünf Jahre vor Einreichung der Klageschrift erfolgt sei.

B –  Würdigung durch das Gericht

49      Gemäß Artikel 46 der Satzung des Gerichtshofes verjähren die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt. Die Verjährungsfrist läuft jedoch nicht, bevor alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind, und insbesondere – in Fällen, in denen die Haftung auf Rechtsetzungsakte zurückgeht – nicht vor Eintritt der Schadensfolgen dieser Akte (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1982, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und 5/81, Slg. 1982, 85, Randnr. 10, und Urteil Biret et Cie/Rat, Randnr. 41). Für den Fall schließlich, dass der Entstehungsgrund des Schadens vom Geschädigten erst spät erkannt werden kann, kann die Verjährung ihm gegenüber erst beginnen, wenn er diesen in Erfahrung bringen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 7. November 1985, Adams/Kommission, 145/83, Slg. 1985, 3539, Randnr. 50).

50      Im vorliegenden Fall kann den Klägern entgegen dem Vorbringen der Beklagten der Zeitpunkt des Auftretens der ersten klinischen Symptome für die Erkrankung ihrer Angehörigen nicht als Beginn der Verjährung ihrer Ansprüche entgegengehalten werden. Erstens nämlich stehen die betreffenden Schadenswirkungen in Zusammenhang sowohl mit der Ansteckung mit der nVCJK als auch mit dem Tod der von dieser Krankheit befallenen Personen. Vor dem Tod der Opfer können mithin diese Schäden nicht als voll konkretisiert angesehen werden. Zweitens ist unstreitig, dass in dem hier maßgebenden Zeitraum die Diagnose der nVCJK besonders schwer zu stellen war und häufig erst nach dem Tod des Patienten voll bestätigt werden konnte. Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Verjährungsfrist im vorliegenden Fall nicht vor den jeweiligen Zeitpunkten des Ablebens jedes Opfers oder – falls dies später erfolgt sein sollte – der endgültigen Diagnose der nVCJK zu laufen beginnen darf.

51      Bei den Familien von L. D., A. E. und F. R. ist der Tod ihrer an der nVCJK erkrankten Angehörigen nicht früher als fünf Jahre vor Erhebung der Klage eingetreten. L. D. ist nämlich am 4. Februar 2000, A. E. am 25. April 2001 und F. R. am 10. Februar 2002 verstorben. Außerdem ist festzustellen, dass nach den auf Ersuchen des Tribunal de grande instance de Paris und des Tribunal administratif de Paris für jedes der Opfer erstellten Gutachten der Gerichtssachverständigen vom 1. Oktober 2002, vom 13. April, 20. Mai und 6. Juni 2003 sowie vom 29. Januar 2004 in keinem dieser Fälle früher als fünf Jahre vor Einreichung der Klageschrift eine auch nur vorläufige Diagnose der nVCJK gestellt worden ist.

52      Demgegenüber ist festzuhalten, dass H. E. R. am 4. Januar 1996, d. h. mehr als sieben Jahre vor Einreichung der Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache verstorben ist. Die Kläger treten indessen der Einrede der Verjährung des Klaganspruchs der Familie von H. E. R. mit dem Hinweis entgegen, dass dieser erstens das Gutachten des Gerichtssachverständigen amtlich erst am 13. November 2003 übermittelt worden sei und zweitens ein wissenschaftlicher Konsens über den Erreger, der BSE und die nVCJK miteinander verbinde, vor der Verabschiedung der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 nicht bestanden habe. Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden.

53      Erstens nämlich wurde zwar das Gutachten der Gerichtssachverständigen vom 2. Juli 2003 auf Ersuchen des Ersten Untersuchungsrichters beim Tribunal de grande instance de Paris von zwei Sachverständigen erstellt und den Eltern von H. E. R. erst am 13. November 2003 übermittelt; gleichwohl wurde dieses Gutachten auf der Grundlage der Patientenakte von H. E. R. erstattet. Dieser Akte ist aber zu entnehmen, dass eine Gehirngewebeentnahme am 23. November 1995 bei dem Patienten eine vorläufige Diagnose der spongiformen Enzephalopathie ergab. Diese Diagnose wurde im November 1995 durch ergänzende Analysen bestärkt. Die Autopsie des Gehirns von H. E. R. bestätigte, dass er an einer „spongiformen Enzephalopathie nach Creutzfeldt-Jakob“ erkrankt war. Der Akte ist ebenfalls zu entnehmen, dass die Familie von H. E. R. 1996 über die Bestätigung dieser Diagnose informiert wurde, was die Kläger in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt haben.

54      Zweitens ist hervorzuheben, dass es, wie allgemein anerkannt ist, die Mitteilung des SEAC vom März 1996 war, die das Vorliegen einer wahrscheinlichen Verbindung zwischen BSE und der nVCJK auf wissenschaftlichen Grundlagen nachgewiesen hat. Diese Mitteilung markierte insbesondere durch ihre Verbreitung in der Presse den Beginn der Bewusstseinsbildung bei der breiten Öffentlichkeit, was die mit BSE verbundenen Risiken und die Verbindung zwischen dieser Seuche und der nVCJK angeht. Die Informationen in der Mitteilung des SEAC haben nämlich die Einschätzung der Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch diese Krankheit bei den Verbrauchern spürbar verändert (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Randnrn. 52 und 53, und Urteil des Gerichts vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, Slg. 1998, II‑3841, Randnr. 109). Demgegenüber scheint der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 zur Gefahr der Ansteckung von Menschen mit BSE über Lebensmittel eine solche Bedeutung im Rahmen einschlägiger wissenschaftlicher Forschungen nicht zuzukommen, da sie sich eher darauf beschränkt, eine Bestandsaufnahme ergänzender Forschungen zur Einschätzung und Verdeutlichung des BSE-Risikos für die menschliche Gesundheit vorzunehmen. Auf jeden Fall hat diese Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 keine vergleichbare Medienaufmerksamkeit und Einflussnahme auf die öffentliche Meinung erzielt wie die Mitteilung des SEAC von 1996. Somit ist die Auffassung der Kläger zurückzuweisen, dass die Familie von H. E. R. vernünftigerweise erst mit Verabschiedung der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 Kenntnis von der wahrscheinlichen Ursache der Erkrankung von H. E. R. habe erlangen können.

55      Demgemäß ist davon auszugehen, dass die vorliegende Klage, was die Wiedergutmachung der Schäden infolge der Ansteckung und des Todes von H. E. R. betrifft, nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben worden ist.

56      Folglich ist der Klageanspruch von É. R., O. O., J. R., A. R. und B. P. R. als verjährt anzusehen. Im Übrigen ist die dritte Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

57      Die Kläger werfen der Kommission und dem Rat in erster Linie vor, eine höherrangige, dem Schutz des Einzelnen dienende Rechtsvorschrift dadurch verletzt zu haben, dass sie für die Gesundheit der Verbraucher kein erhöhtes Schutzniveau sichergestellt hätten. Hilfsweise machen sie geltend, dass angesichts der Außergewöhnlichkeit und der Besonderheit des betreffenden Schadens seine Wiedergutmachung von den Gemeinschaftsorganen auch ohne deren Verschulden sichergestellt werden müsse.

I –  Zur außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft für rechtswidriges Verhalten der beklagten Organe

A –  Vorbringen der Parteien

58      Die Kläger machen geltend, der Rat und die Kommission hätten bei der Einschätzung und Bewältigung der mit BSE verbundenen Risiken beständig und bewusst den Interessen der Rindfleischmarktteilnehmer zulasten der Gesundheit der Verbraucher den Vorrang eingeräumt. Diese Organe hätten ihre Obliegenheiten und Pflichten im Bereich der tierischen und menschlichen Gesundheit schuldhaft vernachlässigt und unzureichende, fehlerhafte, unangemessene oder verspätete Vorschriften und Maßnahmen erlassen, um den Risiken in Verbindung mit BSE und der nVCJK zu begegnen. Der Rat und die Kommission müssten daher für die Ansteckung der Familienangehörigen der Kläger mit der nVCJK haftbar gemacht werden, auch wenn nicht nur sie verantwortlich seien.

59      Die Beklagten erinnern daran, dass im Bereich der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft ein Schadensersatzanspruch unter den drei Voraussetzungen anerkannt werde, dass die Rechtsnorm, gegen die verstoßen worden sei, den Schutz des Einzelnen bezwecke und der Verstoß hinreichend qualifiziert sei, dass das tatsächliche Vorliegen des Schadens nachgewiesen sei und dass schließlich zwischen dem der Gemeinschaft anzulastenden Verstoß und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe (Urteil des Gerichts vom 14. November 2002, Rica Foods u. a./Kommission, T‑94/00, T‑110/00 und T‑159/00, Slg. 2002, II‑4677, Randnrn. 250 und 251, und Urteil Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Randnrn. 81 und 91). Sie stellen in Abrede, dass alle diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien, und verweisen darauf, dass die Beweislast bei den Klägern liege.

1.     Zu den dem Rat und der Kommission vorgeworfenen rechtswidrigen Verhaltensweisen

60      Die Kläger bringen vor, es sei vorrangig Aufgabe des Rates und der Kommission gewesen, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der mit der Ausbreitung von BSE verbundenen Risiken zu ergreifen. Gemäß Artikel 129 Absatz 1 Unterabsatz 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 152 Absatz 1 Unterabsatz 1 EG) und nach ständiger Rechtsprechung müssten die Organe die Erfordernisse des Gesundheitsschutzes bei der Durchführung sowohl der gemeinsamen Agrarpolitik (Urteil des Gerichtshofes vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, Slg. 1994, I‑4199, Randnr. 61) als auch des Grundsatzes des freien Warenverkehrs berücksichtigen (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 13. Juli 1996, The National Farmers’ Union u. a./Kommission, T‑76/96 R, Slg. 1996, II‑815).

61      Die Gemeinschaftsorgane verfügten zwar im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen bei der Definition der verfolgten Ziele und der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums; das gelte auch für die Festlegung des für die Gesellschaft als nicht hinnehmbar angesehenen Risikograds. Der Gemeinschaftsrichter müsse jedoch prüfen, ob die Gemeinschaftsorgane bei der Ausübung dieses Ermessens nicht einen offensichtlichen Fehler oder einen Ermessensmissbrauch begangen hätten (Urteile des Gerichtshofes vom 25. Januar 1979, Racke, 98/78, Slg. 1979, 69, Randnr. 5, und vom 21. Februar 1990, Wuidart u. a., C‑267/88 bis C‑285/88, Slg. 1990, I‑435, Randnr. 14).

62      Gemäß Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 174 Absatz 2 EG) sei der Vorsorgegrundsatz einer der Grundsätze, auf denen die Umweltpolitik der Gemeinschaft beruhe. Dieser Grundsatz gelte auch, wenn die Gemeinschaftsorgane im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit träfen (Urteil Vereinigtes Königreich/Kommission, Randnr. 100, und Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1998, National Farmers’ Union u. a., C‑157/96, Slg. 1998, I‑2211, Randnr. 64). Im Übrigen könnten die Organe, wenn Unsicherheiten bezüglich des Bestehens oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit bestünden, Schutzmaßnahmen treffen, ohne abwarten zu müssen, bis das tatsächliche Bestehen und die Schwere dieser Risiken in vollem Umfang dargelegt seien (Urteile Vereinigtes Königreich/Kommission, Randnr. 99, und National Farmers’ Union u. a., Randnr. 63; Urteil des Gerichts vom 16. Juli 1998, Bergaderm und Goupil/Kommission, T‑199/96, Slg. 1998, II‑2805, Randnr. 66).

63      Die Beklagten weisen darauf hin, dass Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitsschutzes im Kern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen, denen es obliege, sowohl auf der Grundlage des Artikels 30 EG für die auf Gemeinschaftsebene nicht harmonisierten Bereiche als auch aufgrund der verschiedenen Vorsorgeklauseln der Gemeinschaftsgesetzgebung für die harmonisierten Bereiche alle für notwendig gehaltenen Maßnahmen zu ergreifen. Sie verweisen insoweit insbesondere auf die Richtlinien 89/662 und 90/425. Die Mitgliedstaaten seien auch mit der Durchführung der Gemeinschaftsakte und der Kontrolle ihrer Anwendung durch Einzelne und durch Unternehmen betraut. Eine Schadensersatzklage gegen Gemeinschaftsorgane könne sich aber nur gegen Handlungen oder Unterlassungen richten, die tatsächlich in die ausschließliche Zuständigkeit dieser Organe fielen.

64      Die Kommission macht im Übrigen geltend, dass der Vorsorgegrundsatz bereits vor seiner Anerkennung durch die Rechtsprechung in den neunziger Jahren ihre Handlungen bei der Bewältigung der Krise des „Rinderwahnsinns“ geleitet habe. Die wahrscheinliche Verbindung zwischen der nVCJK und BSE sei erst 1996 bekannt geworden, und vor diesem Zeitpunkt seien die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass die Gefahr für den Menschen gering sei. Sie habe sich indessen nicht auf Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit beschränkt, sondern ab 1989 Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit getroffen. Zwar könnten diese Maßnahmen heute unzureichend erscheinen, doch müsse das Vorgehen der Kommission anhand der unvollständigen Kenntnisse der damaligen Zeit beurteilt werden.

65      Was die rechtswidrigen Verhaltensweisen betrifft, die dem Rat und der Kommission konkret vorgeworfen werden, bringen die Kläger erstens vor, dass die beklagten Organe bei der Bewältigung der mit BSE verbundenen Risiken offensichtliche Beurteilungsfehler begangen hätten. Zweitens werfen sie dem Rat und der Kommission einen Ermessensmissbrauch vor. Drittens machen sie einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend.

a)     Zur Rüge offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Bewältigung der BSE-Krise

66      Die Kläger bringen vor, die Beklagten hätten sachdienliche Maßnahmen bezüglich der mit BSE zusammenhängenden Risiken mit einer erheblichen Verspätung gegenüber den Maßnahmen der Behörden des Vereinigten Königreichs getroffen, die bereits im Juli 1988 die Verfütterung von Fleisch- und Knochenmehl an Wiederkäuer verboten hätten.

67      Die Kommission bestreitet eine Verspätung beim Erlass angemessener Maßnahmen. Die Rechtmäßigkeit eines Aktes sei anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Aktes zu beurteilen (Urteil vom 7. Februar 1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg. 1979, 321, Randnr. 7) und könne daher nicht von einer rückschauenden Beurteilung ihres Wirkungsgrades abhängen.

68      Die Kläger beanstanden erstens die Verspätung beim Erlass der ersten Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung von BSE. Die ersten Ausfuhrverbote für lebende Rinder aus dem Vereinigten Königreich seien erst am 28. Juli 1989 mit der Entscheidung 89/469 verhängt worden. Eine Meldepflicht für BSE-Fälle sei erst am 6. März 1990 mit der Entscheidung 90/134 eingeführt worden. Schließlich habe erst am 9. April 1990 die Entscheidung 90/200 die Ausfuhr bestimmter Gewebe und Organe von Rindern aus dem Vereinigten Königreich untersagt.

69      Die Kommission entgegnet, sie habe die ersten Maßnahmen gegen BSE schon einige Monate nach Veröffentlichung des Berichts der BSE-Arbeitsgruppe erlassen, den das Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung des Vereinigten Königreichs im Februar 1989 herausgegeben habe (Southwood-Bericht).

70      Die Kläger beanstanden zweitens die Behandlung objektiver Risikofaktoren durch die Beklagten wie die Verfütterung aus dem Vereinigten Königreich eingeführten Mehls und die Möglichkeit der Wiedereinführung des Erregers durch die Verwendung verarbeiteter Tierabfälle bei der Herstellung von Tierfutter. Sie verweisen darauf, dass die 1988 von den Behörden des Vereinigten Königreichs erlassenen Maßnahmen die Erzeuger des Vereinigten Königreichs nicht an der rechtmäßigen Ausfuhr dieses Mehls in andere Mitgliedstaaten gehindert hätten. Die Gemeinschaft habe aber die Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl aus Säugetiergewebe zur Verfütterung an Wiederkäuer erst durch den Erlass der Entscheidung 94/381 im Juli 1994 verboten. Ergebnis der Verspätung dieser Maßnahmen sei eine Seuchenentwicklung, wie sie durch die ersten fünf BSE-Fälle belegt werde, die 1991 in Frankreich gemeldet worden seien. Selbst nach dem Verbot der Verwendung von Säugetierproteinen bei der Fütterung von Wiederkäuern seien die europäischen Viehbestände dem Risiko der Verbreitung von BSE infolge der Kreuzkontamination in den Erzeugungs- und Vertriebswegen für Tierfutter weiterhin ausgesetzt gewesen.

71      Die Kommission weist darauf hin, dass die Veterinärausschüsse 1989 und 1990 den Erlass von Gemeinschaftsvorschriften zum Verbot von Fleisch- und Knochenmehl nicht empfohlen hätten. Angesichts der 1989 zum Ausdruck gebrachten Weigerung der Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, die über die Empfehlungen der wissenschaftlichen Ausschüsse hinausgegangen wären, sei sie selbst gezwungen gewesen, auf das Verbot dieses Mehls zu verzichten, habe aber die Mitgliedstaaten aufgefordert, eigene Verbote zu erlassen.

72      Die Kläger werfen drittens den beklagten Organen die verspätete Verhängung eines Embargos für alle Rinder und Rindererzeugnisse aus dem Vereinigten Königreich vor. Dieses Embargo sei erst mit dem Erlass der Entscheidung 96/239 am 27. März 1996 verhängt worden.

73      Die Kommission entgegnet, dass von 1989 bis 1996 kein Wissenschaftler eine solche Embargomaßnahme empfohlen habe. Im Lichte der Entdeckung einer möglichen Verbindung zwischen BSE und der nVCJK, die durch die Mitteilung des SEAC vom 20. März 1996 aufgezeigt worden sei, habe sie sofort eine neue Risikobewertung beschlossen. So habe sie am 22. März 1996 den Wissenschaftlichen Veterinärausschuss (WVA) und am 25. März 1996 den Ständigen Veterinärausschuss (SVA) einberufen. Auf Empfehlung des letztgenannten Ausschusses habe sie am 27. März 1996 die Entscheidung 96/239 erlassen.

74      Die Kläger beanstanden viertens die Verspätung bei der Anordnung eines Verwendungsverbots für SRM. Der Widerstand mehrerer Mitgliedstaaten im Rahmen sowohl des SVA als auch des Rates habe zur Folge gehabt, dass das für den 1. Januar 1998 vorgesehene Inkrafttreten der Entscheidung 97/534 mehrfach verschoben worden sei, so dass das Verbot von SRM erst am 1. Oktober 2000 mit dem Erlass der Entscheidung 2000/418 wirksam geworden sei. Dieses Verbot stelle aber die Hauptmaßnahme zum Schutz der menschlichen Gesundheit dar, weil der Genuss von SRM die unmittelbare Ursache der Ansteckung mit der nVCJK gewesen sei.

75      Die Kommission hält fest, dass entgegen dem Vorbringen der Kläger die Entscheidung 2000/418 nicht die erste Gemeinschaftsmaßnahme bezüglich des Verbots von SRM gewesen sei. Bereits die Entscheidung 90/200 habe ein Verbot der Ausfuhr von Material wie Gehirn, Rückenmark, Thymusdrüse, Mandeln, Milz und Darm aus dem Vereinigten Königreich vorgesehen. Im Zeitraum von 1989 bis 1996 habe sie alle in Stellungnahmen der wissenschaftlichen Ausschüsse empfohlenen Maßnahmen zur Beseitigung von SRM (früher „spezifische Rinderorgane“ oder „SRO“ genannt) erlassen.

76      Die Kläger machen fünftens geltend, dass zwar die beklagten Organe rasch Gewissheit über eine Ausdehnung von BSE auf andere europäische Länder als das Vereinigte Königreich erlangt hätten und sich der Bedeutung einer zukünftigen Einschätzung des epidemiologischen Status der Mitgliedstaaten bewusst gewesen seien, dass der LWA jedoch erst mit einer Stellungnahme vom 23. Januar 1998, geändert am 20. Februar 1998, empfohlen habe, das BSE-Risiko geografisch neu zu bewerten.

77      Die Kommission widerspricht der Auffassung, dass bereits seit 1990 eine solche zukünftige Einschätzung des epidemiologischen Status der Mitgliedstaaten unerlässlich gewesen wäre. Auf jeden Fall habe die Entscheidung 90/134 allen Mitgliedstaaten eine Meldepflicht für jeden BSE-Herd auferlegt, was es ermöglicht habe, die Entwicklung der Seuche in den verschiedenen Ländern zu überwachen.

b)     Zur Rüge eines Ermessensmissbrauchs

78      Die Kläger weisen darauf hin, dass die Kommission den Mitgliedstaaten mehrfach mit gerichtlichen Schritten gedroht habe, um sie davon abzubringen, einseitige Schutzmaßnahmen gegen Risiken in Zusammenhang mit BSE zu ergreifen, obwohl ihnen Artikel 36 EG-Vertrag (jetzt Artikel 30 EG) den Erlass solcher Maßnahmen gestatte. Sie verweisen insbesondere auf den Widerstand der Kommission gegen die vorübergehende Aussetzung der Einfuhren von lebenden Rindern und Rinderprodukten aus dem Vereinigten Königreich im Jahr 1990 durch Frankreich sowie gegen die Einführung vorübergehender Maßnahmen zum Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmittelzusätzen und von Erzeugnissen für die Kindernahrung mit anderen Geweben von Rindern und Schafen als Muskelgewebe durch Frankreich im Jahr 1992. Diese Drohungen hätten der Besorgnis entsprochen, das Risiko des BSE-Befalls in Frankreich zu verheimlichen und die Unzulänglichkeit der Gemeinschaftsmaßnahmen in diesem Bereich zu verbergen, und stellten einen Ermessensmissbrauch dar.

79      Die Beklagten verweisen darauf, dass der Ermessensmissbrauch beim Erlass eines Rechtsaktes durch ein Gemeinschaftsorgan darin bestehe, dass der Rechtsakt ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen werde, ein Verfahren zu umgehen, das der EG-Vertrag speziell vorsehe, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteil des Gerichtshofes vom 12. November 1996, Vereinigtes Königreich/Rat, C‑84/94, Slg. 1996, I‑5755, Randnr. 69). Da indessen das Funktionieren des Binnenmarkts, die Stabilität der Agrarmärkte und die Garantie eines gerechten Einkommensniveaus der Landwirte Ziele seien, die die Gemeinschaft im Rahmen der ihr durch den Vertrag zugewiesenen Befugnisse berechtigterweise verfolge, könnten die Rügen der Kläger einen Ermessensmissbrauch nicht belegen.

c)     Zur Rüge des Verstoßes gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung

80      Die Kläger bringen vor, die Beklagten hätten das schutzwürdige Vertrauen der europäischen Verbraucher missbraucht, weil sie, um zu verhindern, dass die Ausbreitung der BSE-Wirkungen zu einem Zusammenbruch des Rindfleischmarkts führe, eine Politik der Undurchsichtigkeit und fehlenden Transparenz verfolgt und darauf verzichtet hätten, eine „Risikopädagogik“ einzusetzen. Die Kläger beanstanden ebenfalls die fehlende Unabhängigkeit und Transparenz der wissenschaftlichen Stellungnahmen in der Gemeinschaft. Sie verweisen insoweit darauf, dass der Bericht des Untersuchungsausschusses des Parlaments vom 7. Februar 1997 das Übergewicht der Vertreter des Vereinigten Königreichs im WVA heftig kritisiert habe. Schließlich werfen sie der Kommission vor, bis 1994 keinerlei Inspektion für BSE durchgeführt zu haben.

81      Die Beklagten erinnern daran, dass niemand einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend machen könne, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gemacht habe (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 1996, Atlanta u. a./EG, T‑521/93, Slg. 1996, II‑1707, Randnr. 57). Die Verletzung solcher Zusicherungen sei aber im vorliegenden Fall nicht einmal geltend gemacht worden. Zum angeblichen Fehlen von Gemeinschaftsinspektionen bezüglich BSE zwischen 1990 und 1994 stellt die Kommission klar, dass ihre Aufgabe lediglich in der Kontrolle der Inspektionstätigkeit der Mitgliedstaaten bestehe.

2.     Zum Vorliegen eines Schadens

82      Die Kläger berufen sich erstens auf einen „Ansteckungsschaden“, d. h. einen nichtwirtschaftlichen persönlichen Nachteil, der sämtliche physiologischen, physischen und psychischen Beschwerden und Leiden umfasse, die jedes der Opfer der Krankheit erlitten habe und die im vorliegenden Fall außergewöhnlich gewesen seien. Dieser Ansteckungsschaden sei von den französischen Gerichten in Fällen einer iatrogenen (d. h. durch medizinische Behandlung verursachten) Ansteckung mit CJK infolge der Injektion von Wachstumshormonen mit 340 000 Euro eingeschätzt worden. Die Kläger führen zweitens immaterielle Schäden an und legen dar, dass die Leiden ihrer erkrankten Verwandten, die Ungewissheit der Diagnose und die Möglichkeit eigener Ansteckung eine außergewöhnliche Wirkung auf sie selbst gehabt hätten. Sie verlangen drittens Entschädigung für materielle Schäden wegen eingetretener Verluste wie auch entgangener Gewinne infolge der Krankheit ihrer Verwandten. Sie verlangen schließlich Ausgleichszinsen in Höhe von 10 % ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Todes der Opfer und Verzugszinsen ab einem etwaigen Zwischenurteil.

83      Im Einzelnen werden wegen der Ansteckung und des Todes von L. D. folgende Schadensersatzforderungen gestellt: 457 347,05 Euro für die Rechtsnachfolger des Opfers zur Wiedergutmachung des Ansteckungsschadens, 45 734,71 Euro als immaterieller Schaden aus dieser Ansteckung zugunsten der Mutter des Opfers und 30 489,80 Euro für jeden der beiden Brüder und die Schwester als immaterieller Schaden.

84      Im Fall von A. E. werden folgende Schadensersatzforderungen gestellt: 457 347,05 Euro für die Rechtsnachfolger des Opfers zur Wiedergutmachung des Ansteckungsschadens, 76 224,51 Euro als immaterieller Schaden aus dieser Ansteckung für jeden der beiden Elternteile des Opfers und ebenfalls 76 224,51 Euro für diese als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Tochter für deren immateriellen Schaden infolge der Ansteckung ihres älteren Bruders.

85      Im Fall von F. R. werden folgende Schadensersatzforderungen gestellt: 457 347 Euro für die Rechtsnachfolger des Opfers zur Wiedergutmachung des Ansteckungsschadens, 76 224,51 Euro als immaterieller Schaden aus dieser Ansteckung zugunsten der Witwe, 76 224,51 Euro für diese als gesetzliche Vertreterin ihres minderjährigen Kindes zur Wiedergutmachung des immateriellen Schadens und der gleiche Betrag für den materiellen Schaden, 45 735 Euro für jeden der beiden Elternteile als immateriellen Schaden infolge der Ansteckung sowie 30 489 Euro für jede der drei Schwestern des Opfers zur Wiedergutmachung des immateriellen Schadens.

86      Schließlich werden im Fall von S. C. S. folgende Schadensersatzforderungen gestellt: 457 347 Euro für den Witwer des Opfers als dessen Rechtsnachfolger und als gesetzlicher Vertreter ihrer minderjährigen Kinder zur Wiedergutmachung des Ansteckungsschadens, 76 224,51 Euro für den Witwer als eigener immaterieller Schaden aus der Ansteckung der verstorbenen Ehefrau und 76 224,51 Euro für den Witwer als gesetzlichen Vertreter der drei minderjährigen Kinder für jedes von diesen zur Wiedergutmachung des immateriellen Schadens und den gleichen Betrag für deren materiellen Schaden.

87      Die Beklagten machen geltend, dass die Klageschrift kaum Erklärungen dafür liefere, wie die Entschädigungen berechnet worden seien. Bei der Bemessung des materiellen Schadens infolge einer Krankheit müssten die Kosten in Verbindung mit der Pflege und der Versorgung für die Kranken, das entgangene Einkommen während der Dauer der Krankheit und die direkten materiellen Nachteile des Todes sowie der materielle Verlust infolge des lucrum cessans bei den Personen berücksichtigt werden, die von dem Opfer wirtschaftlich abhängig gewesen seien. Die Klageschrift enthalte indessen keine dieser Angaben. Im Übrigen stelle der immaterielle Schaden der Angehörigen der Kranken keinen zu entschädigenden Nachteil dar (Urteil des Gerichtshofes vom 8. Oktober 1986, Leussink u. a./Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, Randnr. 22), und der eigene immaterielle Schaden des Opfers sei nicht auf seine Rechtsnachfolger übertragbar. Schließlich müsse der Anwendung des von den Klägern verlangten Zinssatzes von 10 % widersprochen werden.

88      Die Kommission bringt überdies vor, dass die überwiegende Verantwortung für die geltend gemachten Schäden im vorliegenden Fall bei den Mitgliedstaaten liege, so dass ein Schadensersatzbetrag, wenn er zugesprochen werden sollte, dementsprechend gekürzt werden müsse.

3.     Zum Vorliegen eines Kausalzusammenhangs

89      Die Kläger bringen vor, dass das Vorliegen einer Verbindung zwischen BSE und der nVCJK heute sowohl durch medizinische und wissenschaftliche als auch durch epidemiologische Argumente bewiesen sei. Außerdem enthielten die Gutachten der medizinischen Sachverständigen eine sichere Diagnose der nVCJK für jedes der verstorbenen Opfer.

90      BSE sei zum ersten Mal im November 1986 im Vereinigten Königreich beschrieben worden, und die Behörden dieses Landes hätten die nVCJK am 20. März 1996 festgestellt; im Vereinigten Königreich habe es 163 000 BSE-Fälle und mehr als 150 Fälle der nVCJK gegeben. In Frankreich sei BSE 1991 mit der Meldung von fünf Fällen bei Tieren aufgetreten, die zwar nicht aus dem Vereinigten Königreich eingeführt worden seien, deren Ansteckung jedoch mit der Verfütterung von Fleischmehl aus dem Vereinigten Königreich in Zusammenhang stehe. Frankreich habe von allen Ländern des Kontinents mit insgesamt 679 Fällen bis zum 29. August 2002 den stärksten BSE-Befall erfahren und bis 2002 sechs sichere oder wahrscheinliche Fälle der nVCJK registriert.

91      Bei der Festlegung des Zeitraums, in dem die Verbraucher dem BSE-Risiko ausgesetzt gewesen seien, müssten diese Entwicklung der Auswirkung des Rinderwahnsinns in den einzelnen europäischen Ländern und die Entwicklung der Absatzströme von Rindern und Rindererzeugnissen mit Herkunft aus dem Vereinigten Königreich sowie die Entwicklung der Schutzvorschriften für die Gesundheit der Verbraucher in dem betreffenden Zeitraum berücksichtigt werden. Die ersten vorbeugenden Maßnahmen gegen BSE seien 1989 im Vereinigten Königreich beschlossen worden. Diese Maßnahmen hätten eine starke Zunahme der Einfuhren von Fleisch- und Knochenmehl aus dem Vereinigten Königreich in Frankreich bewirkt. Während in der Folge die Auswirkung von BSE im Vereinigten Königreich abgenommen habe, sei diese Krankheit ab 1991 auf dem europäischen Kontinent und vor allem in Frankreich aufgetreten. 1996 sei ein Gemeinschaftsembargo für Rinder und Rindererzeugnisse aus dem Vereinigten Königreich beschlossen worden, und in Frankreich seien die Innereien mit besonderem Risiko aus der Nahrungskette entfernt worden; diese Rücknahme sei aber auf Gemeinschaftsebene erst im Jahr 2000 wirksam geworden. In der Zwischenzeit habe Frankreich von 1988 bis 1996 48 000 Tonnen Innereien aus dem Vereinigten Königreich im Vergleich zu 3 180 Tonnen von 1978 bis 1987 eingeführt. Aufgrund dieser Feststellungen seien die französischen Verbraucher dem BSE-Risiko von Juli 1988 bis 1996 am stärksten ausgesetzt gewesen, weil der Erlass von Schutzmaßnahmen im Vereinigten Königreich und die Abnahme des Ansteckungsrisikos in diesem Land zu einem Anstieg des Ansteckungsrisikos in den anderen Ländern der Gemeinschaft geführt habe, was auf die Trägheit der nationalen und der Gemeinschaftsbehörden zurückzuführen sei.

92      Im Einzelnen seien mehrere wissenschaftliche Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Herausnahme von SRM aus der Nahrungskette zum Schutz der menschlichen Gesundheit nützlich und angemessen gewesen sei. Zu bestreiten sei im Übrigen das Vorbringen, dass der Schaden auf die Tätigkeit der Wirtschaftsteilnehmer zurückzuführen sei, die einen rechtswidrigen Handel mit Rindererzeugnissen betrieben hätten, denn aus den wissenschaftlichen Stellungnahmen und den medizinischen Gutachten ergebe sich, dass die betreffenden Opfer durch den Verzehr verseuchten Gewebes vor dessen Verbot in Frankreich im April 1996 angesteckt worden seien, mithin vor den Maßnahmen des allgemeinen Embargos gegen die Vermarktung von Rindern und Rindererzeugnissen aus dem Vereinigten Königreich.

93      Schließlich seien für die Ansteckung ihrer Angehörigen nicht allein die Kommission und der Rat haftbar. Die französischen Behörden hätten nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass die französischen Verbraucher dem BSE-Risiko ausgesetzt würden. Dass ein Mitgliedstaat Fehler begangen habe, könne aber nicht ausschließen, dass die Gemeinschaft für die Entstehung des Schadens mitverantwortlich sei. In einem solchen Fall könne das Opfer den Mitgliedstaat vor den nationalen Gerichten und die Gemeinschaft vor dem Gemeinschaftsgericht haftbar machen (Urteil Kampffmeyer u. a./Kommission der EWG).

94      Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Kläger das Vorliegen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen dem ihnen vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden nicht dargetan hätten.

95      Sie machen geltend, die von den Klägern vorgelegten medizinischen Gutachten ließen nicht die endgültige Feststellung zu, dass die Ansteckung der Opfer mit dem BSE-Erreger im vorliegenden Fall durch Nahrungsaufnahme erfolgt sei. Auch hätten die Kläger zur genauen Natur der Produkte, die Träger des Erregers gewesen seien, oder zu den Essgewohnheiten der verstorbenen Personen keine Anhaltspunkte vorgetragen oder Beweise angeboten. Insbesondere hätten sie nicht angegeben, ob die Ansteckung durch französische Erzeugnisse oder durch aus dem Vereinigten Königreich eingeführte Produkte verursacht worden sei. Angesichts der überaus beschränkten Zahl der BSE-Fälle außerhalb des Vereinigten Königreichs und insbesondere in Frankreich (hier seien zwischen 1988 und 1996 25 Fälle im Vergleich zu 167 875 im Vereinigten Königreich festgestellten Fällen bestätigt worden) sei es statistisch sehr unwahrscheinlich, dass die französischen Opfer sich die Ansteckung durch den Verbrauch von französischem Fleisch von BSE-infizierten Tieren zugezogen hätten. Näher liege die Annahme, dass die Opfer in Frankreich oder andernorts Fleisch aus dem Vereinigten Königreich zu sich genommen hätten, das von Tieren gestammt habe, die sich in den achtziger Jahren angesteckt hätten.

96      Ein unmittelbarer Kausalzusammenhang könne wegen der wissenschaftlichen Unsicherheit, die immer noch die Forschung über BSE, die nVCJK und die Verbindung zwischen beiden Krankheiten bestimme, im vorliegenden Fall nicht anerkannt werden. Nach der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 beträfen diese Unsicherheiten insbesondere die Höchstdauer der Inkubationszeit ? oder Latenz ? der nVCJK ? die von einem bis zu mehr als 25 Jahren dauern könne ?, die Mindestansteckungsdosis, die genaue Natur des Erregers und die Art und Weise, in der sich die Ansteckung in den verschiedenen Geweben eines angesteckten Tiers oder Menschen ausbreite.

97      Insbesondere wegen der Dauer der Inkubationszeit der nVCJK sei es unmöglich, den Zeitpunkt festzustellen, zu dem sich die verstorbenen Personen hätten anstecken können (vgl. insoweit die Stellungnahme der BSE-Untergruppe des WVA vom 7. November 1995). Die Unmöglichkeit, den genauen Zeitpunkt der Ansteckung zu ermitteln, stehe einer Nachprüfung im Wege, ob die beklagten Organe zu diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen seien, angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

98      Die Kommission weist ferner darauf hin, dass bestimmte Mitgliedstaaten, wie sich aus dem Sonderbericht des Rechnungshofs Nr. 14/2001 ergebe, Zurückhaltung bei der Umsetzung der Gemeinschaftsmaßnahmen in ihr nationales Recht gezeigt, damit die Einrichtung eines wirksamen Schutzes der öffentlichen und der Tiergesundheit verzögert und die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften nicht optimal überwacht hätten.

B –  Würdigung durch das Gericht

99      Nach ständiger Rechtsprechung hängt die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für rechtswidriges Verhalten ihrer Einrichtungen im Sinne von Artikel 288 Absatz 2 EG von einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich von der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, vom tatsächlichen Vorliegen eines Schadens und vom Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16; Urteile des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T‑175/94, Slg. 1996, II‑729, Randnr. 44, vom 16. Oktober 1996, Efisol/Kommission, T‑336/94, Slg. 1996, II‑1343, Randnr. 30, und vom 11. Juli 1997, Oleifici Italiani/Kommission, T‑267/94, Slg. 1997, II‑1239, Randnr. 20).

100    In Bezug auf die erste Voraussetzung verlangt die Rechtsprechung den Nachweis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 42). Für die Beurteilung der Frage, ob das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes erfüllt ist, besteht das entscheidende Kriterium darin, ob das betreffende Gemeinschaftsorgan die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Wenn dieses Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Ermessensspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 2002, Kommission/Camar und Tico, C‑312/00 P, Slg. 2002, I‑11355, Randnr. 54, und Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001, Comafrica und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, T‑198/95, T‑171/96, T‑230/97, T‑174/98 und T‑225/99, Slg. 2001, II‑1975, Randnr. 134).

101    Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft werden müssen (Urteil KYDEP/Rat und Kommission, Randnrn. 19 und 81, und Urteil des Gerichts vom 20. Februar 2002, Förde-Reederei/Rat und Kommission, T‑170/00, Slg. 2002, II‑515, Randnr. 37).

102    Im vorliegenden Fall ist mit der Prüfung der Frage zu beginnen, ob zwischen dem als rechtswidrig gerügten Verhalten der beklagten Organe und dem von den Klägern geltend gemachten Schaden ein Kausalzusammenhang besteht.

103    Ein Kausalzusammenhang im Sinne von Artikel 288 Absatz 2 EG liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn ein sicherer und unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des betreffenden Organs und dem geltend gemachten Schaden besteht; dafür tragen die Kläger die Beweislast (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Januar 1987, GAEC de la Ségaude/Rat und Kommission, 253/84, Slg. 1987, 123, Randnr. 20, und vom 30. Januar 1992, Finsider u. a./Kommission, C‑363/88 und C‑364/88, Slg. 1992, I‑359, Randnr. 25; Urteil Coldiretti u. a./Rat und Kommission, Randnr. 101).

104    Im vorliegenden Fall bestehen die dem Rat und der Kommission von den Klägern vorgeworfenen rechtswidrigen Verhaltensweisen im Wesentlichen in fehlerhaften Unterlassungen bei der Erfüllung ihrer Pflichten im Bereich der tierischen und der menschlichen Gesundheit sowie im Erlass von unzureichenden, fehlerhaften, unangemessenen oder verspäteten Vorschriften und Maßnahmen, um den Risiken in Verbindung mit BSE und der nVCJK zu begegnen. Nach dem Vorbringen der Kläger haben die eingetretenen Schäden ihre unmittelbare Ursache in der Ansteckung ihrer Familienangehörigen mit der nVCJK und deren durch diese Krankheit herbeigeführtem Tod. Der Rat und die Kommission müssten daher für diese Ansteckung haftbar gemacht werden, auch wenn nicht nur sie verantwortlich seien.

105    Es ist daher zu prüfen, ob die Kläger Beweise oder Indizien beigebracht haben, die belegen könnten, dass erstens ihre Angehörigen mit der nVCJK angesteckt waren und diese Ansteckung durch den Genuss von BSE‑infiziertem Rindfleisch entstanden ist und dass zweitens diese Ansteckung auf die den Beklagten vorgeworfenen Handlungen und Unterlassungen zurückgeführt werden kann.

106    Zur ersten Frage, d. h. der Ursache des Todes der Angehörigen der Kläger, ist vorab festzustellen, dass aufgrund zweier Gruppen von den Klägern vorgelegter Gutachten medizinischer Sachverständiger – zum einen die auf Ersuchen des Tribunal de grande instance de Paris erstatteten Gutachten vom 1. Oktober 2002 sowie vom 13. April, 20. Mai und 6. Juni 2003 und zum anderen die auf Ersuchen des Tribunal administratif de Paris erstatteten Gutachten vom 29. Januar 2004 – die nVCJK-Diagnose bei allen Opfern unzweideutig war und jede alternative Diagnose ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Diese Gutachten kommen ferner zu dem Ergebnis, dass die wahrscheinlichste Ansteckungsart bei diesen Fällen der nVCJK die orale war, d. h. eine Lebensmittelansteckung. Somit wurde eine iatrogene, d. h. durch medizinische Behandlung verursachte, CJK ausgeschlossen. Diese Gutachten bestätigen genauer gesagt, dass es sich um Infektionen handelte, die ausgehend von BSE auf den Menschen übertragen wurden.

107    Im Übrigen ist festzustellen, dass in wissenschaftlichen Kreisen heute allgemein anerkannt zu sein scheint, dass die nVCJK auf eine Ansteckung durch den BSE-Erreger zurückzuführen ist. Die Beklagten haben selbst eingeräumt, dass wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass BSE und nVCJK gemeinsame physische, chemische und biologische Merkmale aufweisen. Auch die Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 zur Gefahr der Ansteckung von Menschen durch BSE über Lebensmittel (siehe oben, Randnr. 48) bestätigt, dass nach wissenschaftlicher Erkenntnis BSE und nVCJK höchstwahrscheinlich durch den gleichen Erreger verursacht werden, und schließt daraus, dass die menschlichen Opfer wahrscheinlich durch den Verzehr von BSE‑infiziertem Material angesteckt worden sind. Schließlich hält die Entscheidung 2000/418 in ihrer Präambel fest: „Es wird zunehmend klar, dass der BSE-Erreger mit dem nVCJK-Erreger identisch ist.“

108    Das Gericht hält es demnach für hinreichend erwiesen, dass die Angehörigen der Kläger an der nVCJK verstorben sind und dass diese Erkrankung auf den Verzehr des Fleischs von Rindern zurückzuführen ist, die mit BSE infiziert waren.

109    Zur zweiten Frage, ob die Ansteckung der verstorbenen Angehörigen der Kläger auf die den Beklagten vorgeworfenen Handlungen und Unterlassungen zurückgeführt werden kann, machen die Kläger im Kern geltend, dass Rat und Kommission nicht zum richtigen Zeitpunkt die notwendigen und geeigneten Maßnahmen ergriffen hätten, die geboten gewesen seien, um den Risiken zu begegnen, die die BSE-Krise für die öffentliche Gesundheit dargestellt habe. Diese Organe hafteten somit dafür, dass sie die Ausbreitung von BSE ? vom Viehbestand des Vereinigten Königreichs, wo sie zuerst aufgetreten sei, auf die Viehbestände anderer Mitgliedstaaten ? und deren Übertragung auf Menschen in Form der nVCJK nicht verhindert hätten.

110    Bei der Prüfung dieser Frage sind zunächst die Zeitpunkte der Ansteckung der Opfer und die Inkubationszeit der Krankheit zu untersuchen; sodann ist das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen den festgestellten Schäden und den verschiedenen als rechtswidrig charakterisierten Verhaltensweisen zu prüfen, die dem Rat und der Kommission konkret vorgeworfen werden.

111    Auf jeden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit der Übertragung von BSE auf den Menschen wissenschaftlich erst im März 1996 nachgewiesen wurde, als das SEAC seine Mitteilung über eine wahrscheinliche Verbindung zwischen BSE und der nVCJK herausgab. Wie die Beklagten darlegen, muss aber ihre Handlungsweise anhand des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse und des Maßes an Umsicht und Vorsorge beurteilt werden, das im hier maßgebenden Zeitraum erwartet werden konnte.

1.     Zu den Zeitpunkten der Ansteckung der Opfer und zur Inkubationszeit der Krankheit

112    Den Akten ist zu entnehmen, dass die Zeitpunkte der Ansteckung der Angehörigen der Kläger nicht genau ermittelt werden können. Die Kläger machen insoweit geltend, dass die hauptsächliche BSE-Ansteckungsgefahr für französische Verbraucher innerhalb eines Zeitraums anzusiedeln sei, der von Juli 1988 – dem Zeitpunkt, in dem die Behörden des Vereinigten Königreichs die ersten Schutzmaßnahmen gegen BSE ergriffen hätten – bis März oder April 1996 reiche – als die Gemeinschaft ein Embargo für Rindererzeugnisse, Fleisch- und Knochenmehl aus dem Vereinigten Königreich verhängt und Frankreich den Verbrauch von SRM verboten habe (siehe oben, Randnr. 91). Die Kläger haben insbesondere vorgebracht, dass ihre Angehörigen spätestens 1996 angesteckt worden seien (siehe oben, Randnr. 92). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach den Gutachten der vom Tribunal de grande instance de Paris und vom Tribunal administratif de Paris beauftragten Sachverständigen die Zeitpunkte der Ansteckung der verstorbenen Familienangehörigen der Kläger zwar nicht genau ermittelt werden können, aber wahrscheinlich zwischen 1980 und 1996 liegen.

113    Insoweit ist zu beachten, dass die nVCJK durch die lange Dauer ihrer Inkubationszeit gekennzeichnet ist. Die Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 zur Gefahr der Ansteckung von Menschen mit BSE über Lebensmittel (siehe oben, Randnr. 48) gibt zwar an, diese Dauer bleibe unbekannt, meint aber gleichwohl, dass sie von einigen Jahren bis zu mehr als 25 Jahre dauern könne. Die Kläger haben selbst darauf hingewiesen, dass die übertragbaren spongiformen Enzephalopathien sich durch eine lange Latenzphase beim angesteckten Individuum auszeichneten, die beim Menschen bis zu 30 Jahre dauern könne (vgl. Randnr. 103 der Klageschrift). Schließlich weisen die im Auftrag des Tribunal de grande instance de Paris und des Tribunal administratif de Paris erstellten Sachverständigengutachten darauf hin, dass „[d]ie klinischen Daten und die Modellbildungen bezüglich der Inkubationsdauer eine Frist von 15 bis 20 Jahren zwischen der Ansteckung durch den BSE-Erreger und dem Auftreten der neuen Variante beim Menschen nahelegen“, und stellen klar, dass „es sich, unabhängig davon, um welche Form von [CJK] es sich handelt und welchen Ursprung sie hat, um eine Krankheit handelt, die eine sehr lange Inkubationszeit (mehrere Jahre) hat“, dass „diese Inkubation von Fall zu Fall unterschiedlich lang ist“ und dass „die mit [BSE] verbundene Variante ebenfalls dieses Entwicklungsmerkmal der Krankheit aufweist“. Schließlich ist daran zu erinnern, dass BSE, die ursächlich für die Ansteckung mit der nVCJK ist, auch bei Rindern eine Inkubationszeit aufweist, die mehrere Jahre betragen kann. Nach der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 beträgt die Inkubationszeit für BSE durchschnittlich fünf Jahre und liegt in den meisten Fällen zwischen vier und sechs Jahren.

114    Aufgrund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, dass sich die an der nVCJK erkrankten Angehörigen der Kläger im vorliegenden Fall mit dem Erreger dieser Krankheit nicht nur zwischen 1988 und 1996, wie die Kläger meinen, sondern auch vor 1988 angesteckt haben können. Hierzu ist erstens daran zu erinnern, dass die Möglichkeit der Übertragung von BSE auf den Menschen wissenschaftlich erst 1996 anerkannt worden ist. Zweitens ist BSE, wie es in der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 heißt (siehe oben, Randnr. 48), eine neue Krankheit, die im Vereinigten Königreich wahrscheinlich zwischen 1980 und 1985 erstmals auftrat, jedoch erst im November 1986 ermittelt und beschrieben wurde. Die Ansteckung der betreffenden Opfer kann daher sehr wohl zu einem Zeitpunkt erfolgt sein, zu dem die Risiken in Zusammenhang mit BSE, insbesondere für die menschliche Gesundheit, in der Wissenschaft weitgehend unbekannt waren.

115    Im Einzelnen kann, da diese Ansteckung möglicherweise vor 1988 erfolgt ist, nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass die geltend gemachten Schäden notwendig und unmittelbar auf die von den Klägern dem Rat und der Kommission vorgeworfenen rechtswidrigen Verhaltensweisen zurückzuführen sind, die zeitlich allesamt nach diesem Zeitpunkt liegen.

2.     Zum Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen den geltend gemachten Schäden und den beanstandeten Verhaltensweisen des Rates und der Kommission

116    Die beiden grundlegenden Beanstandungen der Kläger bezüglich der Bewältigung von BSE und nVCJK durch den Rat und die Kommission gehen dahin, dass diese zum einen das Verbot der Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl bei der Fütterung von Zuchtvieh, das nach Meinung der Kläger die Ausbreitung von BSE außerhalb des Vereinigten Königreichs verursachte, und zum anderen die Herausnahme von SRM aus der Nahrungskette, auf die die Ansteckung der menschlichen Opfer mit der nVCJK zurückzuführen sein soll, verspätet angeordnet hätten. Außerdem führen die Kläger andere Verhaltensweisen der Beklagten an, die einen offensichtlichen Beurteilungsfehler erkennen ließen, und werfen ihnen ferner einen Ermessensmissbrauch und einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung vor.

a)     Zum Vorwurf des verspäteten Erlasses des Verbots von Fleisch- und Knochenmehl

117    Die Kläger bringen vor, dass BSE sich in Kontinentaleuropa und insbesondere in Frankreich namentlich durch die Verwendung von aus dem Vereinigten Königreich eingeführtem verseuchten Fleisch- und Knochenmehl bei der Fütterung von Zuchttieren ausgebreitet habe. Die Behörden dieses Landes hätten 1988 die Fütterung von Wiederkäuern mit Wiederkäuermehl, nicht aber die Ausfuhr dieses Mehls in andere Mitgliedstaaten verboten. Dies habe zu einem erheblichen Anstieg der Einfuhr verseuchten Mehls aus dem Vereinigten Königreich in Frankreich geführt, dessen Verfütterung an französische Rinder ursächlich für das Auftreten von BSE in diesem Land gewesen sei. Die Beklagten hätten aber die Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl aus dem Gewebe von Säugetieren bei der Fütterung von Wiederkäuern erst im Juni 1994 mit dem Erlass der Entscheidung 94/381 untersagt. Das mit dieser Entscheidung eingeführte teilweise Verbot der Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl habe überdies die Ansteckung der Rinder mit dem Erreger wegen der Kreuzkontaminationen nicht vermeiden können. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger erläutert, dass diese rechtswidrigen Verhaltensweisen der Beklagten bei der Bewältigung des Rinderwahnsinns Auswirkungen auf die Risiken für die menschliche Gesundheit gehabt habe, da die Gefahr der Ansteckung von Menschen mit der nVCJK mit der Ausbreitung von BSE zusammenhänge,

118    Vorab ist festzustellen, dass, auch wenn der genaue Ursprung von BSE nicht in vollem Umfang bekannt zu sein scheint, die wissenschaftlichen Arbeiten über diese Krankheit erkennen lassen, dass ? abgesehen von einer geringen Anzahl von Fällen (weniger als 10 %), die durch Übertragung über das Muttertier verursacht wurden ? BSE höchstwahrscheinlich aus der Verfütterung von infiziertem Fleisch- und Knochenmehl herrührt. Es ist nämlich, wie die Entscheidung 94/381 erkennen lässt, davon auszugehen, dass das Vorliegen von BSE bei Rindern auf aus Wiederkäuern gewonnene Futtermittel zurückzuführen ist, die den Erreger der Traberkrankheit und später den BSE-Erreger enthielten und nicht ausreichend behandelt wurden, um die infektiösen Erreger zu inaktivieren. Folglich musste bei der Bekämpfung der Ausbreitung dieser Krankheit insbesondere verhindert werden, dass Gewebe, das möglicherweise den BSE-Erreger enthielt, in die Tierfutterkette geriet.

119    Obwohl die Behörden des Vereinigten Königreichs im Juli 1988 den Züchtern in ihrem Hoheitsgebiet untersagt hatten, Fleisch- und Knochenmehl, das Wiederkäuerproteine enthielt, an Wiederkäuer zu verfüttern, erließen die Beklagten zunächst auf Gemeinschaftsebene keine vergleichbaren Maßnahmen. Sie verboten nämlich, wie die Kläger vorbringen, erst im Juni 1994 mit der Entscheidung 94/381 die Verwendung von Proteinen von Säugetieren bei der Fütterung von Wiederkäuern in der gesamten Gemeinschaft. Auch die Ausfuhr von Fleisch- und Knochenmehl aus dem Vereinigten Königreich in andere Mitgliedstaaten wurde ausdrücklich erst 1996 mit der Entscheidung 96/239 verboten.

120    Die Merkmale der Krankheit und speziell die Ursachen ihrer Übertragung waren allerdings zu dieser Zeit nicht in vollem Umfang bekannt. Außerdem trat BSE vor 1994 in anderen Ländern als dem Vereinigten Königreich ? und in weit geringerem Umfang Irland ? nur vereinzelt auf. Zwischen 1988 und 1994 war BSE in Kontinentaleuropa lediglich in Deutschland (4 Fälle), Dänemark (1 Fall), Frankreich (10 Fälle), Italien (2 Fälle) und Portugal (18 Fälle) entdeckt worden.

121    Auf jeden Fall ist festzuhalten, dass 1991, wie sich aus der Antwort der Kommission auf die Fragen des Untersuchungsausschusses des Parlaments im September 1996 ergibt, alle Mitgliedstaaten bereits auf entsprechende Empfehlungen der Kommission nationale Maßnahmen zum Verbot der Einfuhr von Fleisch- und Knochenmehl aus dem Vereinigten Königreich getroffen hatten.

122    Ferner erließen sieben Mitgliedstaaten 1989 und 1990 Maßnahmen zum Verbot der Verwendung von Proteinen aus Säugetiergewebe bei der Fütterung von Wiederkäuern. Namentlich die Französische Republik untersagte die Verwendung von Säugetierproteinen bei der Fütterung von Rindern im Juli 1990. Gemäß Artikel 1 des Erlasses vom 24. Juli 1990 zum Verbot der Verwendung bestimmter Proteine tierischen Ursprungs bei der Fütterung und der Herstellung von Futter für Rinder (JORF vom 11. August 1990, S. 9837) in der Fassung von Artikel 1 des Erlasses vom 26. September 1990 (JORF vom 7. Oktober 1990, S. 12162) ist „[d]ie Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl und von Proteinen tierischen Ursprungs mit Ausnahme der Proteine von Milchprodukten, Geflügel, Eierprodukten, Fischen und Meerestieren, wenn sie getrennt gefangen, behandelt und gelagert werden, für die Fütterung von Rindern oder für die Herstellung von Futter, das für diese Tiere bestimmt ist, untersagt“.

123    Im Übrigen entwickelten die Beklagten seit 1994 schrittweise eine Strategie, die speziell darauf abzielte, in der gesamten Gemeinschaft zu verhindern, dass Gewebe, das möglicherweise den BSE-Erreger enthielt, in die Tierfütterungskette gelangte. Unter diesen Maßnahmen ist die Entscheidung 94/381 hervorzuheben, die für die gesamte Gemeinschaft die Verwendung von Säugetiereiweiß bei der Fütterung von Wiederkäuern verbot ? allerdings mit der Möglichkeit, im Einzelfall die Anwendung von Systemen zu genehmigen, die eine Unterscheidung zwischen aus Wiederkäuern und nicht aus Wiederkäuerarten gewonnenen tierischen Futtermitteln ermöglichten.

124    Die Kläger halten diese Vorschriften allerdings für unzureichend, insbesondere weil die Entscheidung 94/381 Säugetiereiweiß nur für die Verfütterung an Wiederkäuer, nicht aber an andere Zuchttiere – vor allem an Schweine und Geflügel – verboten habe. Dieses Teilverbot habe sich später als Herd der Kreuzkontamination und damit der Ausbreitung von BSE herausgestellt.

125    Insoweit ist festzustellen, dass das ausnahmslose Verbot der Verwendung von tierischem Eiweiß bei der Fütterung aller Zuchttiere in der gesamten Gemeinschaft erst mit der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Entscheidung 2000/766 angeordnet wurde. Es ist jedenfalls hervorzuheben, dass der Erlass dieser Entscheidung aufgrund von Systemmängeln in der Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften über Fleisch- und Knochenmehl in mehreren Mitgliedstaaten erforderlich geworden war (vgl. vierte bis sechste Begründungserwägung der Entscheidung 2000/766).

126    Die meisten Mitgliedstaaten, darunter die Französische Republik, duldeten nämlich, wie sich aus dem Sonderbericht Nr. 14/2001 des Rechnungshofs (siehe oben, Randnr. 15) ergibt, ein bestimmtes Ausmaß der Kontamination, obwohl die Gemeinschaftsregelung keine Toleranzen zuließ. Ebenso ließen Kontrollen durch das Lebensmittel- und Veterinäramt der Kommission (LVA) zwischen 1998 und 2000 Mängel bei der Kontrolle des Handelsverkehrs mit dem fraglichen Mehl in den meisten Mitgliedstaaten erkennen. Die Kontrollen durch das LVA deuteten ferner darauf hin, dass die Futtermittelindustrie keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hatte, um eine Kontamination des Tierfutters mit Fleisch- und Knochenmehl zu verhindern und dass die betreffenden Futtermittel u. a. in Frankreich nicht immer korrekt etikettiert waren. Diese Versäumnisse hätten dazu beigetragen, dass die Landwirte unwissentlich potenziell infiziertes Futter an ihre Rinder verfütterten (vgl. Sonderbericht Nr. 14/2001 des Rechnungshofs, Nr. 33).

127    Folglich ist nicht dargetan worden, dass die Bewältigung der Probleme im Zusammenhang mit der Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl bei der Fütterung von Zuchttieren, u. a. von Wiederkäuern, eine entscheidende Ursache für die Ausbreitung von BSE außerhalb des Vereinigten Königreichs und insbesondere in Frankreich und damit für die Ansteckung der Familienangehörigen der Kläger mit der nVCJK gewesen ist. Insbesondere angesichts der Maßnahmen mehrerer Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, zum Verbot der Einfuhr von Fleisch- und Knochenmehl aus dem Vereinigten Königreich und der Verwendung von Eiweiß aus dem Gewebe von Säugetieren bei der Fütterung von Wiederkäuern sowie der Versäumnisse der nationalen Behörden und der privaten Wirtschaftsteilnehmer bei der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften hält es das Gericht nicht für erwiesen, dass die behaupteten Schäden nicht eingetreten wären, wenn die Kommission und der Rat die Maßnahmen, deren Unterlassung die Kläger ihnen vorwerfen, getroffen – oder früher getroffen – hätten. Erst recht ist nicht erwiesen, dass die von den Klägern insoweit angeführten Handlungsweisen die sichere und unmittelbare Ursache für die Ansteckung der Familienangehörigen der Kläger mit der nVCJK sein können.

b)     Zum Vorwurf des verspäteten Verbots der Verwendung von SRM

128    Die Kläger machen im Kern geltend, dass das Verbot der Verwendung von SRM die wichtigste Schutzmaßnahme gegen das Risiko sei, das die nVCJK für die menschliche Gesundheit darstelle, weil diese Risikomaterialien die Hauptansteckungsquelle für den Menschen seien. Obwohl eine solche Maßnahme seit 1989 in mehreren wissenschaftlichen Stellungnahmen als notwendig bezeichnet worden sei, hätten die Beklagten sie nur mit erheblicher Verspätung getroffen. Das Verbot der Verwendung jeder Art von SRM sei nämlich erst 1997 mit dem Erlass der Entscheidung 97/534 beschlossen worden. Darüber hinaus sei das ursprünglich für den 1. Januar 1998 vorgesehene Inkrafttreten dieser Entscheidung von Kommission und Rat schrittweise um fast drei Jahre hinausgezögert worden. Daher sei dieses Verbot in der gesamten Gemeinschaft erst am 1. Oktober 2000 im Anschluss an den Erlass der Entscheidung 2000/418 in Kraft getreten.

129    Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Stellungnahme des WVA vom 27. November 1989, anders als die Kläger offenbar geltend machen, zu dem Ergebnis gelangte, dass es zu dieser Zeit keine Belege für eine Übertragbarkeit der spongiformen Enzephalopathien bei Tieren auf den Menschen gebe, auch wenn nicht auszuschließen sei, dass von Geweben mit hohem Infektionspotenzial ein geringes Risiko für die menschliche Gesundheit ausgehen könnte. Demgemäß empfahl der WVA lediglich, bestimmte Rinderinnereien (nämlich Gehirn, Rückenmark, Thymusdrüse, Mandeln, Milz und Gedärme) aus Ländern mit BSE-Verbreitung aus der menschlichen Nahrungskette auszuschließen.

130    Bis 1989 waren BSE-Fälle nur im Vereinigten Königreich festgestellt worden. Danach wurden zwischen 1989 und 1996 die allermeisten BSE-Fälle ebenfalls in diesem Land festgestellt. Im Vereinigten Königreich wurden in diesem Zeitraum 165 402 BSE-Fälle gezählt. In Irland gab es nur 189 Fälle. Schließlich wurden in Frankreich im gleichen Zeitraum nur 25 BSE-Fälle festgestellt, und auch in den übrigen kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten gab es nur sehr wenige Fälle (64 Fälle in Portugal, 4 Fälle in Deutschland, 2 Fälle in Italien und 1 Fall in Dänemark).

131    Ab 1989 ergriffen die Beklagten eine erste Reihe von Maßnahmen, um die Ausbreitung von BSE vom Vereinigten Königreich aus zu verhindern, und führten insbesondere bestimmte Beschränkungen des innergemeinschaftlichen Handels mit Rindern aus diesem Land ein (vgl. insbesondere die Entscheidungen 89/469, 90/59 und 90/261). Ferner erließ die Kommission im April 1990 die Entscheidung 90/200, mit der die Versendung von Gehirn, Rückenmark, Thymusdrüse, Mandeln, Milz und Gedärmen von Rindern, die bei der Schlachtung älter als sechs Monate waren, aus dem Vereinigten Königreich – dem einzigen Land, wo BSE seinerzeit verbreitet war – verboten wurde.

132    Die Kläger werfen indessen den Beklagten vor, zu diesem Zeitpunkt kein allgemeines Verbot der Verwendung von SRM in der gesamten Gemeinschaft verhängt zu haben, und stehen auf dem Standpunkt, dass diese Untätigkeit ursächlich für die Ansteckung ihrer Angehörigen gewesen sei.

133    In einem Bereich wie dem der tierischen und menschlichen Gesundheit muss das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen einem Verhalten und einem Schaden anhand einer Untersuchung der Verhaltensweisen ermittelt werden, die von den Organen aufgrund des seinerzeitigen Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse erwartet werden konnten. Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass die Möglichkeit der Übertragung von BSE auf den Menschen bis März 1996 wissenschaftlich nicht bewiesen war (siehe oben, Randnrn. 8, 9 und 111). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die wissenschaftlichen Ausschüsse und die Veterinärausschüsse der Gemeinschaft vor Oktober 1996 die Einführung eines allgemeinen Verbots der Verwendung von SRM in der gesamten Gemeinschaft nicht vorgeschlagen hatten, da Maßnahmen bezüglich dieser Materialien nur für das Vereinigte Königreich als notwendig erachtet wurden. Mithin kann den Beklagten für die Zeit vor 1996 nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die Verwendung von SRM nicht vollständig in der gesamten Gemeinschaft verboten haben.

134    Außerdem ist zu beachten, dass das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs voraussetzt, dass das beanstandete Verhalten die sichere und unmittelbare Ursache des behaupteten Schadens ist und dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Verhalten, das den geltend gemachten Schaden herbeigeführt haben soll, in einem Unterlassen besteht, eine besondere Gewissheit gegeben sein muss, dass dieser Schaden tatsächlich durch die gerügten Unterlassungen verursacht wurde und nicht durch andere als die den beklagten Organen vorgeworfenen Verhaltensweisen herbeigeführt worden sein kann.

135    Im vorliegenden Fall besteht diese Gewissheit nach Überzeugung des Gerichts nicht.

136    So kann nicht mit hinreichender Gewissheit davon ausgegangen werden, dass es selbst für den Fall, dass die beklagten Organe ein vollständiges Verbot der Verwendung von SRM beschlossen hätten, nicht trotzdem zur Ansteckung der Familienangehörigen der Kläger gekommen wäre. Das Gericht weist insoweit insbesondere darauf hin, dass die im vorliegenden Fall von den beklagten Organen zu treffenden normativen Maßnahmen in ihrer Wirksamkeit sehr stark vom Tätigwerden der Mitgliedstaaten abhängig waren, die immer noch nicht mit ausreichender Strenge für eine strikte Anwendung der veterinärpolizeilichen Vorschriften gesorgt hatten (siehe unten, Randnr. 144).

137    Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die SRM, wie aus der Stellungnahme des LWA vom 10. Dezember 1999 hervorgeht (siehe oben, Randnr. 48), zwar anscheinend bei Weitem den wichtigsten Ansteckungsherd für die nVCJK darstellen, aber ein „ideales“ Niveau des Schutzes der Verbraucher gegen diese Krankheit ein völliges Fehlen mit BSE infizierter Tiere in der menschlichen Nahrungskette voraussetzen würde, da die Beseitigung der SRM insoweit lediglich ein „zweites Schutzniveau“ bedeutet. Der LWA weist nämlich darauf hin, dass weder vollständig bekannt sei, bei welcher Mindestmenge von mit BSE verseuchtem Material es zu einer Ansteckung des Menschen komme, noch, wie sich der Krankheitserreger auf die verschiedenen Gewebearten eines Tieres verteile, und kommt zu dem Ergebnis, dass somit jeder Kontakt des Menschen mit dem Erreger vermieden werden sollte.

138    Demgemäß ist das Gericht der Auffassung, dass zwar ein frühzeitiges vollständiges Verbot des Verbrauchs und der Verwendung von SRM in der gesamten Gemeinschaft, das streng und wirksam in allen Mitgliedstaaten angewandt worden wäre, das Risiko der Ansteckung europäischer Verbraucher mit der nVCJK, wenn es früher beschlossen worden wäre, verringert hätte, dass sich indessen nicht mit ausreichender Sicherheit sagen lässt, dass der Erlass eines solchen Verbots durch die beklagten Organe die Ansteckung der Familienangehörigen der Kläger verhindert hätte. Auf jeden Fall hätte eine solche Maßnahme, berücksichtigt man die wahrscheinlichen Zeitpunkte ihrer Ansteckung und die jeweiligen Inkubationszeiten von BSE und der nVCJK (siehe oben, Randnrn. 112 bis 114), nicht nur früher als 1996 – dem Zeitpunkt, zu dem die Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen wissenschaftlich anerkannt wurde ?, sondern schon vor 1990 – dem Zeitpunkt, zu dem in Kontinentaleuropa der erste Fall von BSE entdeckt wurde – oder sogar vor 1986 – dem Zeitpunkt, zu dem die BSE-Krankheit zum ersten Mal im Vereinigten Königreich festgestellt und beschrieben wurde – getroffen werden müssen, um im vorliegenden Fall wirksam sein zu können. Es kann aber, wie oben in Randnummer 133 bereits ausgeführt wurde, den Beklagten nicht angelastet werden, dass sie die Verwendung von SRM in der gesamten Gemeinschaft nicht vor 1996 vollständig verboten haben.

139    Soweit es schließlich um die den beklagten Organen vorgeworfenen Verspätungen beim Erlass von Maßnahmen in Bezug auf die Verwendung von SRM zwischen 1997 und 2000 geht, sind diese Beanstandungen nach Auffassung des Gerichts für die vorliegende Rechtssache unerheblich. Nach dem Vorbringen der Kläger selbst sind nämlich ihre Angehörigen spätestens 1996 mit der nVCJK angesteckt worden (siehe oben, Randnr. 92). Ebenso wird in den Gutachten der vom Tribunal de grande instance de Paris und vom Tribunal administratif de Paris beauftragten Sachverständigen festgestellt, dass die Ansteckung der verstorbenen Familienangehörigen der Kläger wahrscheinlich vor 1996 erfolgt ist (siehe oben, Randnr. 112). Folglich können als rechtswidrig beanstandete Verhaltensweisen der Beklagten nach 1996 den im vorliegenden Fall geltend gemachten Schaden nicht verursacht haben.

140    Demgemäß ist das Gericht der Auffassung, dass das Verhalten, das die Kläger den beklagten Organen mit Bezug auf das Verbot der SRM vorwerfen, nicht als sichere und unmittelbare Ursache für die im vorliegenden Fall geltend gemachten Schäden angesehen werden kann.

c)     Zu den übrigen dem Rat und der Kommission vorgeworfenen Verhaltensweisen

141    Neben den ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Verhaltensweisen bei der Behandlung von Mehl und SRM, die vorstehend geprüft wurden, bringen die Kläger weitere Beanstandungen der Tätigkeit der Beklagten im Rahmen der Bekämpfung von BSE und der nVCJK vor. Sie sind insbesondere der Auffassung, dass diese offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Bewältigung der mit diesen Krankheiten verbundenen Risiken begangen hätten. Die Kläger werfen den Beklagten ferner einen Ermessensmissbrauch vor, weil sie, um die Interessen der Rinderbranche und des Rindermarktes zu schützen, versucht hätten, die Mitgliedstaaten davon abzubringen, einseitige Maßnahmen zum Schutz gegen die BSE-Risiken zu ergreifen. Schließlich rügen die Kläger einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung, insbesondere weil die Dienststellen der Kommission schlecht organisiert, die Veterinärinspektionen der Gemeinschaft unzureichend und mangelhaft und die Überwachung der Veterinärkontrollen der Mitgliedstaaten fehlerhaft gewesen seien.

142    Hierzu ist festzustellen, dass die Kläger in keiner Weise einen konkreten Kausalzusammenhang zwischen den behaupteten Regelwidrigkeiten und den im vorliegenden Fall geltend gemachten Schäden belegt haben, die, wie bereits ausgeführt, in der Ansteckung mit der nVCJK und dem darauf folgenden Tod ihrer Familienangehörigen bestehen sollen.

143    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Verantwortung für eine wirksame Kontrolle der Anwendung der Veterinärvorschriften in erster Linie Sache der Mitgliedstaaten ist. Speziell bezüglich der Veterinärkontrollen im innergemeinschaftlichen Handel ergibt sich aus den Richtlinien 89/66 und 90/425, dass diese Kontrollen vorrangig den Behörden des Versandmitgliedstaats der Waren und in geringerem Maße denen des Bestimmungsstaats obliegen. Konkret müssen die Mitgliedstaaten, wenn in ihrem Hoheitsgebiet eine Zoonose oder eine Krankheit auftritt, die eine Gefahr für die Tiere oder die menschliche Gesundheit darstellen kann, unverzüglich die in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Gegenmaßnahmen oder vorbeugenden Maßnahmen treffen und sonstige geeignete Maßnahmen ergreifen.

144    Zudem belegen, wie es im Sonderbericht Nr. 14/2001 des Rechnungshofs heißt, die seit 1996 vom LVA durchgeführten Kontrollen, dass die meisten Mitgliedstaaten sich nicht energisch genug um eine angemessene Umsetzung der BSE-Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet bemüht haben. Dem Rechnungshof zufolge hat diese mangelhafte Umsetzung der Gemeinschaftsregelung seitens der Mitgliedstaaten dazu beigetragen, dass BSE nicht getilgt wurde, sondern sich ausgebreitet hat. Ebenso muss die Verantwortung bestimmter privater Wirtschaftsteilnehmer für die Ausbreitung der Krankheit berücksichtigt werden. So wurde im besagten Bericht des Rechnungshofs festgestellt, dass die Futtermittelindustrie bei der Umsetzung der BSE-Vorschriften der Gemeinschaft nicht energisch genug vorgegangen ist.

145    Demgemäß ist das Gericht der Auffassung, dass die Kläger nicht belegt haben, dass diese als rechtswidrig beanstandeten Verhaltensweisen als sichere und unmittelbare Ursache der Ansteckung ihrer Angehörigen mit der nVCJK angesehen werden können.

3.     Ergebnis

146    Nach alledem sieht es das Gericht nicht als erwiesen an, dass die als rechtswidrig beanstandeten Handlungen und Unterlassungen des Rates und der Kommission als sichere und unmittelbare Ursache der Ansteckung der in Frankreich an der nVCJK gestorbenen Familienangehörigen der Kläger, die den in der vorliegenden Rechtssache geltend gemachten Schäden zugrunde liegt, betrachtet werden können. Somit ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falles nicht erwiesen, dass diese Schäden nicht eingetreten wären, wenn die fraglichen Organe die Maßnahmen, deren Unterlassung die Kläger ihnen vorwerfen, getroffen – oder früher getroffen – hätten.

147    Folglich ist das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem geltend gemachten Schaden und dem behaupteten Fehlverhalten der Gemeinschaftsorgane nicht erwiesen.

148    Somit sind die Forderungen der Kläger, die sich auf eine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für das rechtswidrige Verhalten der beklagten Organe stützen, als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, sich dazu zu äußern, ob im vorliegenden Fall die übrigen Voraussetzungen dieser Haftung, nämlich die Rechtswidrigkeit der den beklagten Organen vorgeworfenen Verhaltensweisen und das Vorliegen eines Schadens, erfüllt sind.

II –  Zur außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft bei fehlendem rechtswidrigem Verhalten der beklagten Organe

A –  Vorbringen der Parteien

149    Die Kläger weisen darauf hin, dass das französische Recht neben einer Verschuldenshaftung auch ein Grundrecht der Opfer auf Wiedergutmachung ihres Schadens anerkenne, die vom Staat zu leisten sei. Diese Regelung beruhe auf den Verfassungswerten der Gleichheit und der Solidarität. In diesem Rahmen habe der französische Gesetzgeber 1991 einen Sonderfonds zur Entschädigung der im Anschluss an die Injektion von Blutserum mit dem HI‑Virus infizierten Personen und 1993 einen unabhängigen Entschädigungsausschuss für die Opfer einer iatrogenen Form von CJK in Zusammenhang mit der Injektion von Wachstumshormonen geschaffen.

150    Die Kläger verweisen darauf, dass die Gemeinschaftsrechtsprechung eine verschuldensunabhängige Haftung der Gemeinschaft nicht grundsätzlich ausgeschlossen habe (Urteil des Gerichts vom 29. Januar 1998, Dubois et Fils/Rat und Kommission, T‑113/96, Slg. 1998, II‑125). Sie vertreten, gestützt auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und die Grundrechte, die Auffassung, dass es bei einem ungewöhnlichen und besonderen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz legitim sei, die Wiedergutmachung des Schadens der Gemeinschaft aufzuerlegen. Es wäre zwar wünschenswert, dass die Durchführung einer auf dem Solidaritätsgrundsatz beruhenden Entschädigung durch „politische“ Organe entschieden werde, aber es sei auch möglich, diese Befugnis dem Gemeinschaftsrichter zuzugestehen. Das Parlament habe mit einer Resolution vom 19. November 1997 die Kommission und die betroffenen Mitgliedstaaten aufgefordert, die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen, um ihre Solidarität mit den Familien der Opfer der nVCJK zum Ausdruck zu bringen.

151    Die Kläger hätten aufgrund der Ansteckung ihrer Angehörigen mit dem BSE-Erreger und deren Tod aufgrund der nVCJK Schäden erlitten, deren Ausmaß und Auswirkungen außergewöhnlich seien. Außerdem sei es ihnen wegen der fehlenden Identifizierung des Erregers und der Schwierigkeit, den genauen Zeitpunkt und den Ursprung der Ansteckung festzustellen, nicht möglich gewesen, ihre Schadensersatzklagen auf die nationalen oder die Gemeinschaftsvorschriften über die Haftung von Herstellern und Vertriebshändlern zu stützen. Es sei daher angemessen, die Wiedergutmachung den Gemeinschaftsorganen anzulasten.

152    Die Beklagten weisen darauf hin, dass die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft beim Fehlen rechtswidrigen Verhaltens nur dann ausgelöst werde, wenn drei enge Voraussetzungen nebeneinander erfüllt seien: das tatsächliche Vorliegen eines Schadens, ein Kausalzusammenhang und die Außergewöhnlichkeit und Besonderheit des fraglichen Schadens (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 2000, Dorsch Consult/Rat und Kommission, C‑237/98 P, Slg. 2000, I‑4549, Randnrn. 17 bis 19). Im vorliegenden Fall fehle aber die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs. Außerdem müsse der immaterielle Schaden der Familienangehörigen ausgeschlossen werden, und die zum Ersatz des materiellen Schadens geforderten Beträge seien nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig. Die Kommission macht weiter geltend, die Kläger hätten die Außergewöhnlichkeit und Besonderheit des Schadens nicht nachgewiesen, weil zwar der Tod ein besonders schwerer Schaden sei, die Kläger aber nicht belegt hätten, dass die Opfer einem besonderen Risiko ausgesetzt gewesen seien, das sich von dem unterscheide, das für andere Verbraucher von Rindfleischerzeugnissen bestanden habe.

B –  Würdigung durch das Gericht

153    Artikel 288 Absatz 2 EG begründet die Verpflichtung der Gemeinschaft, den durch ihre Organe verursachten Schaden zu ersetzen, mit den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“, ohne deshalb den Anwendungsbereich dieser Grundsätze auf die Regelung der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft für rechtswidriges Verhalten ihrer Organe zu beschränken. Nach dem Recht der Mitgliedstaaten über die außervertragliche Haftung kann der Einzelne aber – wenn auch in unterschiedlichem Umfang, in speziellen Bereichen und nach unterschiedlichen Modalitäten – vor Gericht bestimmte Schäden auch ohne rechtswidrige Handlung des Schadensverursachers ersetzt erhalten (Urteile des Gerichts vom 14. Dezember 2005, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission, T‑69/00, Slg. 2005, II‑5393, Randnrn. 158 und 159, und Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, Slg. 2005, II‑5459, Randnrn. 172 und 173). Ist ein Schaden durch ein Verhalten der Gemeinschaftsorgane entstanden, dessen Rechtswidrigkeit nicht dargetan ist, so kann die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft nur dann ausgelöst werden, wenn die Voraussetzungen des tatsächlichen Vorliegens des Schadens, des Kausalzusammenhangs zwischen ihm und dem Verhalten der Gemeinschaftsorgane sowie der Außergewöhnlichkeit und Besonderheit des fraglichen Schadens nebeneinander erfüllt sind (Urteile Dorsch Consult/Rat und Kommission, Randnr. 19, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission, Randnr. 160, und Beamglow/Parlament u. a., Randnr. 174).

154    Es ist jedoch bereits entschieden worden, dass im vorliegenden Fall das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen den von den Klägern angeführten Verhaltensweisen der Beklagten und den von ihnen behaupteten Schäden nicht erwiesen ist. Mithin sind die Forderungen der Kläger, soweit sie auf eine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft ohne rechtswidriges Verhalten der Beklagten gestützt sind, als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, sich dazu zu äußern, ob die übrigen Voraussetzungen dieser Haftung, nämlich das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und dessen Außergewöhnlichkeit und Besonderheit, erfüllt sind.

155    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht ohne eine Feststellung der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaftsorgane nicht befugt ist, über die Gewährung von Entschädigungen an die Opfer einer Krankheit etwa aufgrund eines geltend gemachten Grundsatzes der Solidarität zu befinden. Auf jeden Fall ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall den Klägern von der französischen Regierung im Juni 2004 und im Januar 2005 wegen der von den Opfern und ihren Rechtsnachfolgern erlittenen Schäden infolge der nVCJK-Erkrankung „Solidaritätszuwendungen“ gewährt worden sind. Die betreffenden Wiedergutmachungen sehen Beträge für die Schäden jedes Opfers und Beträge für die Nachteile jedes Familienangehörigen vor.

156    Demgemäß sind die Forderungen der Kläger, soweit sie auf die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft ohne rechtswidriges Verhalten der Beklagten gestützt sind, zurückzuweisen.

157    Folglich ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

158    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 3 kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund vorliegt.

159    In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des überwiegenden Unterliegens der Kommission und des Rates hinsichtlich ihrer Unzulässigkeitseinreden, sind ihnen die Kosten im Zusammenhang mit dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Klagen aufzuerlegen, die das Gericht auf ein Viertel der Gesamtkosten bemisst. Die Kläger haben drei Viertel der Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird, soweit sie von É. R., O. O., J. R., A. R. und B. P. R. erhoben worden ist, als unzulässig abgewiesen.

2.      Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

3.      Die Kläger tragen drei Viertel der Kosten. Der Rat und die Kommission tragen ein Viertel der Kosten.


García-Valdecasas

Cooke

Labucka

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Dezember 2006.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      J. D. Cooke

Inhaltsverzeichnis


Sachverhalt

I –  Auftreten der bovinen spongiformen Enzephalopathie und der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung dieser Krankheiten

II –  Die bei den Klägern gegebenen Umstände und die Verfahren bei französischen Verwaltungsstellen und Gerichten

Verfahren und Anträge der Parteien

Zur Zulässigkeit

I –  Zum ersten Unzulässigkeitsgrund: ungenaue Darlegung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die die Klage gestützt wird

A –  Vorbringen der Parteien

B –  Würdigung durch das Gericht

II –  Zum zweiten Unzulässigkeitsgrund: fehlende Erschöpfung des nationalen Rechtswegs und Konnexität mit nationalen Verfahren

A –  Vorbringen der Parteien

B –  Würdigung durch das Gericht

III –  Zur dritten Unzulässigkeitseinrede: Verjährung der Klageansprüche

A –  Vorbringen der Parteien

B –  Würdigung durch das Gericht

Zur Begründetheit

I –  Zur außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft für rechtswidriges Verhalten der beklagten Organe

A –  Vorbringen der Parteien

1.  Zu den dem Rat und der Kommission vorgeworfenen rechtswidrigen Verhaltensweisen

a)  Zur Rüge offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Bewältigung der BSE-Krise

b)  Zur Rüge eines Ermessensmissbrauchs

c)  Zur Rüge des Verstoßes gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung

2.  Zum Vorliegen eines Schadens

3.  Zum Vorliegen eines Kausalzusammenhangs

B –  Würdigung durch das Gericht

1.  Zu den Zeitpunkten der Ansteckung der Opfer und zur Inkubationszeit der Krankheit

2.  Zum Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen den geltend gemachten Schäden und den beanstandeten Verhaltensweisen des Rates und der Kommission

a)  Zum Vorwurf des verspäteten Erlasses des Verbots von Fleisch- und Knochenmehl

b)  Zum Vorwurf des verspäteten Verbots der Verwendung von SRM

c)  Zu den übrigen dem Rat und der Kommission vorgeworfenen Verhaltensweisen

3.  Ergebnis

II –  Zur außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft bei fehlendem rechtswidrigem Verhalten der beklagten Organe

A –  Vorbringen der Parteien

B –  Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Französisch.