Language of document : ECLI:EU:C:1999:167

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ANTONIO SAGGIO

vom 25. März 1999 (1)

Rechtssache C-388/95

Königreich Belgien

gegen

Königreich Spanien

1.
    Mit Klageschrift, die am 13. Dezember 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Königreich Belgien gemäß Artikel 170 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 34 EG-Vertrag, wie ihn der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. Juni 1992 in der Rechtssache C-47/90 (Delhaize)(2) ausgelegt hat, verstoßen hat, daß es das Königliche Dekret Nr. 157/1988, insbesondere dessen Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b, der die Verpflichtung zur Abfüllung von Riojawein im Anbaugebiet vorsieht und dadurch die Ausfuhr in nichtabgefülltem Zustand untersagt, aufrechterhalten hat.

Gemeinschaftsregelung

2.
    Für die Prüfung der vorliegenden Klage sind zahlreiche weinrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts relevant(3). Auf diese Rechtsvorschriften wird im Laufe der Sachprüfung des Vorbringens der Parteien zurückzukommen sein. Angesichts ihrer Bedeutung für den Rechtsstreit ist jedoch schon jetzt die Verordnung (EWG) Nr. 823/87 des Rates vom 16. März 1987(4) zu nennen, die ein Gesamtgefüge von einheitlichen Regeln auf dem Gebiet der Erzeugung und der Kontrolle der Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (im folgenden: Qualitätsweine b. A.) vorsieht.

Die Artikel 1 Absatz 2 und 15 der Verordnung Nr. 823/87 bestimmen, daß die auf Gemeinschaftsebene anerkannten Begriffe (wie der Begriff „Qualitätswein b. A.“) oder ein spezifischer, in den Mitgliedstaaten traditionell zur Bezeichnung der Weine verwendeter Begriff nur für die Weine verwendet werden dürfen, die „den Vorschriften dieser Verordnung sowie den zur Durchführung dieser Verordnung erlassenen Bestimmungen entsprechen und die in den einzelstaatlichen Regelungen definiert sind“ (sogenannte Regeln für die Erzeugung). In Spanien gehören zu den traditionellen Bezeichnungen die Begriffe „denominación de origen“ und „denominación de origen calificada“.

In bezug auf die Produktionsmethode werden in der Verordnung Nr. 823/87 (unter Heranziehung der nationalen Vorschriften, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird) mehrere „Gesichtspunkte“ definiert und geregelt, die die Erzeugung vonQualitätswein kennzeichnen(5). Diese Gesichtspunkte umfassen die Abgrenzung des Anbaugebiets, die Produktionsmethoden und -techniken sowie die Prüfungen zur Bestimmung der Merkmale dieser Weine. Zuständig für die Bestimmung der Produktionsmethoden sind die Erzeugerstaaten. Artikel 8 Absatz 1 bestimmt nämlich, daß die „besonderen Weinbereitungsmethoden für die Gewinnung und Herstellung von Qualitätsweinen b. A. ... für jeden dieser Weine jeweils durch den Erzeugermitgliedstaat festgelegt [werden]“. In der zwölften Begründungserwägung dieser Verordnung heißt es: „Hinsichtlich der Entwicklung der besonderen Qualitätsmerkmale der einzelnen Qualitätsweine b. A. ist den Mitgliedstaaten ein gewisser Spielraum zu lassen, um die Weinbereitungsmethoden für die Gewinnung und Herstellung der einzelnen Weine im Rahmen der in der Gemeinschaft zulässigen önologischen Verfahren zu definieren.“ Nach Artikel 18 können diese Staaten insbesondere „für Qualitätsweine ... unter Berücksichtigung der ständigen und der Verkehrssitte entsprechenden Gepflogenheiten zusätzliche Merkmale und Bedingungen für die Erzeugung und das Inverkehrbringen festlegen oder die hierfür bestehenden Merkmale und Bedingungen strenger gestalten“. Die genannte Verordnung legt ferner für jede Produktionsmethode bestimmte Mindestkriterien fest, die die Mitgliedstaaten auf jeden Fall einhalten müssen(6).

In bezug auf die Prüfung, der die Weine unterzogen werden müssen, sieht Artikel 13 (in der Fassung der Verordnung Nr. 2043/89) vor: „Die Erzeuger sind verpflichtet, Weine, für die sie die Bezeichnung Qualitätsweine b. A. beanspruchen, einer analytischen und einer organoleptischen Prüfung zu unterwerfen: a) die analytische Prüfung erstreckt sich mindestens auf die Werte der charakteristischen Faktoren des betreffenden Qualitätsweins b. A., die zu denen gehören, die in Anhang I(7) aufgeführt sind ... b) die organoleptische Prüfung erstreckt sich auf Farbe, Klarheit, Geruch und Geschmack.“ In der sechzehntenBegründungserwägung dieser Verordnung wird dargelegt, daß diese Prüfungen vorgeschrieben würden, „[u]m die Erzeuger zu veranlassen, die Qualität der Qualitätsweine b. A., insbesondere hinsichtlich der Entwicklung ihrer besonderen Qualitätsmerkmale, ständig zu überwachen“. Artikel 16 betraut die Mitgliedstaaten mit der Aufgabe, die Kontrolle und den Schutz der Qualitätsweine zu gewährleisten(8). Die spätere Verordnung (EWG) Nr. 2048/89(9) legt das Kontrollsystem für den gesamten Weinsektor fest. Sie gibt der Kommission die Befugnis, in diesem Sektor in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Stellen tätig zu werden, und führt Formen der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Kontrollstellen ein.

Nationale Vorschriften

3.
    Das spanische Gesetz Nr. 25/70 vom 2. Dezember 1970 über die Rechtslage bei Weinbergen, Wein und Alkohol (im folgenden: Gesetz Nr. 25/70) sieht die Anerkennung einer „denominación de origen“(10) für bestimmte Weine(11) und die Schaffung eines Regelungsausschusses (Consejo Regulador) für jeden Wein vor. Dieser Ausschuß hat zur Aufgabe, a) den Entwurf einer Verordnung über die Verwendung der Ursprungsbezeichnung zu erarbeiten, die sodann aufgrund eines Erlasses des Ministers für Landwirtschaft ergeht, b) die Erzeugung, die Bereitung und die Qualität der Weine mit „denominación de origen“ zu lenken, zu überwachen und zu kontrollieren, c) das Ansehen der Bezeichnung auf dem Binnenmarkt wie auf den ausländischen Märkten zu fördern, d) jede rechtswidrige Benutzung dieser Bezeichnung zu verfolgen und e) die nach diesem Gesetz auferlegten Geldbußen und Zwangsmaßnahmen einzuziehen bzw. durchzuführen. Namentlich in bezug auf Riojawein wurde die vom Regelungsausschuß aufgestellteVerordnung durch Erlaß des Ministers für Landwirtschaft vom 2. Juni 1976 genehmigt.

4.
    Das Dekret Nr. 157/88 vom 22. Februar 1988 legte die Voraussetzungen für die Verleihung der qualifizierten Ursprungsbezeichnung („calificada“) fest. Nach Artikel 19 Absatz 1 ist Voraussetzung für die Verleihung u. a., daß a) der Wein in den Ursprungskellereien (bodegas de origen) abgefüllt wurde, b) der Regelungsausschuß vom Zeitpunkt der Erzeugung bis zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens Kontrollen durchgeführt hat, die sich auf Quantität und Qualität des Erzeugnisses erstreckten, und c) die Flaschen beim Verlassen der Ursprungskellerei mit Etiketten oder numerierten Siegeln versehen sind(12). Aufgrund der Übergangsvorschriften dieses Dekrets gilt die Voraussetzung gemäß Buchstabe b) für Weine, die zur Ausfuhr aus dem spanischen Hoheitsgebiet verkauft werden, nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach der am 24. Februar 1993 erfolgten Veröffentlichung des Dekrets.

5.
    Am 8. September 1988 versandte der Regelungsausschuß für Riojawein das Rundschreiben Nr. 17/88, in dem er darauf hinwies, daß er den Flaschenweinanteil am Verkauf schrittweise erhöht und den Anteil an nichtabgefülltem Wein verringert habe. Bei ausgeführtem Wein mache der Verkauf von nichtabgefülltem Wein einen Anteil von 5 % am jährlichen Gesamthandelsvolumen aus. Der Ausschuß habe daher beschlossen, diesen Verkauf einzustellen und die Ausfuhr von nichtabgefüllten Wein zu verbieten. Dies geschehe „nicht nur im Hinblick auf das Bild und das Ansehen dieses Weines“, sondern auch, damit Riojawein die qualifizierte Ursprungsbezeichnung („calificada“) verliehen werden könne. Durch Ministerialerlaß vom 3. April 1991 wurde Riojawein die qualifizierte Ursprungsbezeichnung verliehen. Diesem Erlaß ist als Anhang die neue Verordnung betreffend die „Denominación de Origen Calificada Rioja“ und den zugehörenden Regelungsausschuß beigefügt(13). Was insbesondere die Verpflichtung zur Abfüllung des Weines und die Bedingungen für dessen Inverkehrbringen anbelangt, ändert diese Verordnung die Regelung über die Weine mit derUrsprungsbezeichnung „Rioja“(14) praktisch nicht und sieht damit ausdrücklich die Verpflichtung zur Abfüllung im Anbaugebiet vor.

Urteil Delhaize

6.
    In einem Rechtsstreit zwischen dem belgischen Unternehmen Delhaize und zwei anderen Unternehmen, der Firma Promalvin mit Sitz in Belgien und der Bodegas Unidas SA mit Sitz in Spanien, ging es darum, daß die beiden letztgenannten Unternehmen einen Vertrag nicht erfüllt hatten, mit dem die Firma Delhaize eine Partie Riojawein gekauft hatte, der nicht abgefüllt war und von der Käuferin in Belgien abgefüllt werden sollte; das mit der Sache befaßte Gericht legte dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EG-Vertrag die Frage vor, ob die spanische Regelung über die Erzeugung von und den Handel mit Qualitätswein - namentlich das Dekret Nr. 157/88 -, die die Abfüllung im Erzeugungsgebiet vorschreibt, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine Ausfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 34 EG-Vertrag darstellt.

7.
    In Beantwortung dieser Frage stellte der Gerichtshof fest, daß „eine für Weine mit einer Ursprungsbezeichnung geltende nationale Regelung, die die Menge Wein, die in nichtabgefülltem Zustand ausgeführt werden darf, begrenzt und im übrigen den Verkauf von nichtabgefülltem Wein innerhalb des Erzeugungsgebiets erlaubt, eine nach Artikel 34 EWG-Vertrag verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Ausfuhrbeschränkung darstellt.“

8.
    Zu dem Aspekt, der nicht in der Vorlagefrage, aber von der spanischen Regierung während des Verfahrens angesprochen wurde, nämlich ob die streitigen Vorschriften unter Berücksichtigung des Artikels 36 EG-Vertrag, d. h. zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums als gerechtfertigt angesehenwerden können(15), hat der Gerichtshof entschieden, daß „es Sache jedes Mitgliedstaats [ist], innerhalb der von der Verordnung (EWG) Nr. 823/87 ... gezogenen Grenzen die Voraussetzungen festzulegen, von denen die Verwendung des Namens eines geographischen Bereiches seines Hoheitsgebiets als Ursprungsbezeichnung, die die Kennzeichnung eines Weines aus diesem Bereich ermöglicht, abhängt. Soweit diese Voraussetzungen ... Maßnahmen im Sinne von Artikel 34 EWG-Vertrag darstellen, sind sie nur dann aus Gründen des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gemäß Artikel 36 EWG-Vertrag gerechtfertigt, wenn sie erforderlich sind, um zu gewährleisten, daß die Ursprungsbezeichnung ihre spezifische Funktion erfüllt.“ Er stellte weiterhin fest, „daß die spezifische Funktion der Ursprungsbezeichnung darin besteht, zu gewährleisten, daß das mit ihr versehene Erzeugnis aus einem bestimmten geographischen Bereich stammt und bestimmte besondere Eigenschaften aufweist. Die Verpflichtung zur Abfüllung des Weines im Erzeugungsgebiet, die eine Voraussetzung für die Verwendung des Namens dieses Gebietes als Ursprungsbezeichnung ist, wäre daher aus Gründen gerechtfertigt, die gewährleisten sollen, daß die Ursprungsbezeichnung ihre spezifische Funktion erfüllt, wenn die Abfüllung im Erzeugungsgebiet dem aus diesem Gebiet stammenden Wein besondere Eigenschaften verleihen würde, die geeignet wären, ihn zu individualisieren, oder wenn die Abfüllung im Erzeugungsgebiet für die Erhaltung der spezifischen Eigenschaften, die dieser Wein erworben hat, unerläßlich wäre“ (Randnrn. 16, 17 und 18).

9.
    Der Gerichtshof hat im wesentlichen entschieden, daß Artikel 34 einer nationalen Regelung entgegenstehe, mit der die Verpflichtung zur Abfüllung von Qualitätswein im Anbaugebiet vorgeschrieben werde, soweit diese Regelung die Ausfuhr von Wein in nichtabgefülltem Zustand verhindere. Er hat jedoch zugleich unter Berufung auf Artikel 36 EG-Vertrag eingeräumt, daß diese Regelung auf jeden Fall als gerechtfertigt angesehen werden könne, wenn die Verpflichtung zur Abfüllung gewährleisten solle, daß das Erzeugnis aus einem bestimmten geographischen Bereich stamme und bestimmte besondere Merkmale aufweise. Im vorliegenden Fall sei nicht „nachgewiesen worden, daß die Abfüllung des [Rioja-] Weines im Erzeugungsgebiet ein Vorgang ist, der diesem Wein besondereEigenschaften verleiht, oder ein Vorgang, der für die Erhaltung der spezifischen Eigenschaften, die dieser Wein erworben hat, unerläßlich ist“ (Randnr. 19).

10.
    Der Gerichtshof hat ferner entschieden, daß Artikel 18 der Verordnung Nr. 823/87, dem zufolge die Mitgliedstaaten für Qualitätsweine zusätzliche oder strengere als die in der genannten Verordnung aufgestellten Bedingungen für das Inverkehrbringen vorschreiben können, nicht zur Rechtfertigung der nationalen Regelung im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht angeführt werden könne. Dieser Artikel könne nämlich „nicht dahin ausgelegt werden, daß er die Mitgliedstaaten ermächtigt, Bedingungen vorzuschreiben, die den Vertragsbestimmungen über den Warenverkehr zuwiderlaufen“ (Randnr. 26).

Rechtliche Würdigung

11.
    Mit dem Vortrag, daß die streitige spanische Regelung gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des freien Warenverkehrs verstoße und daß ferner das Königreich Spanien nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen habe, um dem Urteil Delhaize nachzukommen, wirft die belgische Regierung in ihrer Klageschrift dem Königreich Spanien vor, die Artikel 34 und 5 EG-Vertrag verletzt zu haben.

12.
    Um festzustellen, ob die der spanischen Regierung zur Last gelegte Vertragsverletzung vorliegt, ist zunächst zu prüfen, ob die spanische Regelung gegen die Gemeinschaftsbestimmungen über den freien Warenverkehr, insbesondere gegen Artikel 34 EG-Vertrag und Artikel 18 der Verordnung Nr. 823/87 verstößt und, wenn diese erste Frage zu bejahen ist, ob sie gemäß Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt ist. Es wird daher zu prüfen sein, ob das Königreich Spanien, indem es die Verpflichtung zur Abfüllung von Riojawein im Erzeugungsgebiet vorschrieb, gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht, wie es im Urteil Delhaize ausgelegt wurde, verstoßen hat.

Zum Verstoß gegen Artikel 34

13.
    Die belgische Regierung, unterstützt durch das Königreich Dänemark, das Königreich der Niederlande, das Vereinigte Königreich und die Republik Finnland, trägt vor, die spanische Regierung habe gegen Artikel 34 EG-Vertrag, wie er im Urteil Delhaize ausgelegt worden sei, verstoßen, weil sie das Dekret Nr. 157/88, insbesondere seinen Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b, der als Voraussetzung für die Kennzeichnung eines Weines mit der Ursprungsbezeichnung die Abfüllung in einer im Anbaugebiet gelegenen Kellerei verlange, weder aufgehoben noch geändert habe. Da feststehe, daß bis zum heutigen Tage weder die Gemeinschaftsregelung noch die spanische Regelung, angesichts deren der Gerichtshof das Urteil Delhaize erlassen habe, geändert worden seien, hätten die Ausführungen des Gerichtshofes ihre volle Bedeutung behalten mit der Folge, daß der Gerichtshof im vorliegendenVerfahren die Unvereinbarkeit der spanischen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht feststellen müsse.

14.
    Die spanische Regierung ist demgegenüber der Auffassung, daß ihre Rechtsvorschriften mit Artikel 34 EG-Vertrag vereinbar seien, da sie die Ausfuhr von nichtabgefülltem Qualitätswein nicht begrenzten, sondern lediglich das Verbot jeglicher unrechtmäßiger und nicht überwachter Verwendung der Ursprungsbezeichnung vorsähen. Im wesentlichen könne der in der Region Rioja erzeugte Wein in nichtabgefülltem Zustand frei aus dem Anbaugebiet ausgeführt und sodann in Flaschen abgefüllt werden, auch wenn er in diesem Fall nicht unter der Ursprungsbezeichnung „Rioja“ vermarktet werden dürfe.

15.
    Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Es genügt insoweit der Hinweis, daß der Gerichtshof im Urteil Delhaize bereits entschieden hat, daß eine nationale Regelung wie die vorliegende „die spezifische Beschränkung der Ausfuhrströme von nichtabgefülltem Wein [bewirkt] und ... insbesondere den im Erzeugungsgebiet gelegenen Abfüllbetrieben einen besonderen Vorteil [verschafft]“ (Randnr. 14)(16).

16.
    Das Argument der spanischen Regierung, daß selbst innerhalb des Anbaugebiets der Verkauf von nichtabgefülltem Wein nur zwischen den im Register des Regelungsausschusses eingetragenen Kellereien zulässig sei und einer ausdrücklichen Genehmigung bedürfe, hat keine Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen Artikel 34 EG-Vertrag vorliegt, da sich hierdurch für die Erzeuger nichts daran ändert, daß die Ausfuhr von nichtabgefülltem Wein aus Spanien absolut unmöglich ist. Die Genehmigung nämlich ist nur für den Verkauf (und damit für den Transport) von nichtabgefülltem Wein innerhalb des Anbaugebiets vorgesehen. Folglich bestehen, wie der Generalanwalt in der Rechtssache Delhaize ausgeführt hat, die unterschiedlichen Bedingungen darin, daß es den Weinerzeugern möglich ist, innerhalb des Anbaugebiets Wein zu verkaufen, der noch nicht in Flaschen abgefüllt wurde, während nichtabgefüllter Wein außerhalb dieses Gebietes nicht verkauft werden kann (Nr. 29 der Schlußanträge)(17). Zwar gestattet es Artikel 18 den Staaten zweifelsfrei, in ihre jeweiligen Rechtsordnungen Vorschriften aufzunehmen, aus denen sich Beschränkungen für das innergemeinschaftliche Inverkehrbringen von Wein ergeben könnten, doch dürfen diese Beschränkungen, wie der Gerichtshof im Urteil Delhaize 1992 entschieden hat, nicht so weit reichen wie die in der spanischen Regelung, da diese Regelung im Kern zu einem Ausfuhrverbot vonnichtabgefülltem Qualitätswein führt und damit offenkundig gegen die Vorschriften des EG-Vertrags über den Warenverkehr verstößt.

17.
    Letztlich ist die Auslegung des Gerichtshofes im Urteil Delhaize zum Verhältnis zwischen der spanischen Regelung und Artikel 34 EG-Vertrag schlicht zu bestätigen, da tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte, die eine andere Auslegung rechtfertigen würden, nicht vorliegen.

18.
    Das Vorbringen der spanischen Regierung, das diese zum Nachweis der Rechtmäßigkeit der spanischen Regelung über die Qualitätsweine im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht darauf stützt, daß sich nach ihrer Auffassung das Urteil Delhaize nicht zur Rechtswidrigkeit der spanischen Regelung äußere, da es sich nur mit den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften befasse und darüber hinaus mehr allgemein die Vorschriften aller Mitgliedstaaten über Qualitätsweine berücksichtige, geht meines Erachtens offensichtlich fehl. Insoweit genügt der Hinweis, daß das Urteil Delhaize entgegen der Behauptung der spanischen Regierung die spanische Regelung über Qualitätsweine gerade dadurch berücksichtigt, daß es diese für unvereinbar mit der Gemeinschaftsrechtsordnung erklärt.

19.
    Es ist demnach lediglich festzustellen, daß die streitige spanische Regelung gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstößt, da sie spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme von Riojawein bewirkt und unterschiedliche Bedingungen für den Binnenhandel und den Außenhandel zum Nachteil des letzteren und unter Benachteiligung der im Ausland gelegenen Abfüllindustrien schafft.

Zur Anwendung des Artikels 36 EG-Vertrag

20.
    Zunächst ist daran zu erinnern, daß der Gerichtshof im Urteil Delhaize entschieden hat, daß „[d]ie Verpflichtung zur Abfüllung des Weines im Erzeugungsgebiet, die eine Voraussetzung für die Verwendung des Namens dieses Gebietes als Ursprungsbezeichnung ist, ... aus Gründen gerechtfertigt [wäre], die gewährleisten sollen, daß die Ursprungsbezeichnung ihre spezifische Funktion erfüllt“. Dies ist nach Auffassung des Gerichtshofes nur der Fall, wenn „die Abfüllung im Erzeugungsgebiet dem ... Wein besondere Eigenschaften verleihen würde, die geeignet wären, ihn zu individualisieren, oder wenn die Abfüllung im Erzeugungsgebiet für die Erhaltung der spezifischen Eigenschaften, die dieser Wein erworben hat, unerläßlich wäre“. Ausgehend von diesen allgemeinen Prämissen hat der Gerichtshof für den konkreten Fall, in dem der Wein in der Region erzeugt wird, jedoch die Auffassung vertreten, daß in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels 36 EG-Vertrag nicht vorlägen, denn es sei nicht „nachgewiesen worden, daß die Abfüllung des Weines im Erzeugungsgebiet ein Vorgang ist, der diesem Wein besondere Eigenschaften verleiht, oder ein Vorgang, der für die Erhaltung der spezifischen Eigenschaften, die dieser Wein erworben hat, unerläßlich ist“.

21.
    Es bleibt daher zu prüfen, ob im vorliegenden Verfahren ein solcher Nachweis erbracht wurde. Unter diesem Gesichtspunkt ist unter Berücksichtigung des Akteninhalts zu untersuchen, ob die Verpflichtung zur Abfüllung von Riojawein im Anbaugebiet gemäß Artikel 36 EG-Vertrag aus Gründen des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt ist, insbesondere durch das Erfordernis, zu gewährleisten, daß die Ursprungsbezeichnung „Rioja“ ihre spezifische Funktion erfüllt.

22.
    Zu dieser Frage, die im vorliegenden Rechtsstreit von entscheidender Bedeutung ist, haben die Parteien zwei unterschiedliche Positionen bezogen. Die weineinführenden Staaten, d. h. das Königreich Belgien und alle zu seiner Unterstützung beigetretenen Staaten (Königreich Dänemark, Königreich der Niederlande, Republik Finnland und Vereinigtes Königreich), haben vorgetragen, die Abfüllung an Ort und Stelle sei kein Vorgang, der zur Gewährleistung der Qualität des Weines oder zum Schutz seines Ansehens erforderlich sei. Die Erzeuger- und Ausfuhrstaaten (Königreich Spanien, Italienische Republik und Portugiesische Republik) sind demgegenüber der Auffassung, die Abfüllung an Ort und Stelle sei zur Erreichung dieses Zweckes unerläßlich. Dieselbe Ansicht hat die Kommission vertreten, die somit im Verhältnis zu dem oben genannten Vorabentscheidungsverfahren Delhaize ihre Auffassung grundlegend geändert hat.

Nach Auffassung der spanischen Regierung rechtfertigt sich die Verpflichtung zur Abfüllung von Weinen mit qualifizierter Ursprungsbezeichnung („calificada“) am Erzeugungsort hauptsächlich aus zwei Gründen: erstens, weil die Ausfuhr von nichtabgefülltem Riojawein den Transport in Tanks über beträchtliche Entfernungen voraussetze, was zu einer Veränderung der spezifischen Eigenschaften dieses Weines führen könne, und zweitens, weil das Inverkehrbringen eines Weines minderer Qualität unter der Bezeichnung „denominación de origen calificada“, die charakteristisch für einen im Anbaugebiet abgefüllten Wein sei, dem Ansehen des betreffenden Erzeugnisses schaden könne.

23.
    Um festzustellen, ob im vorliegenden Fall die Beschränkungen für das Inverkehrbringen von Riojawein, die sich aus der Verpflichtung zur Abfüllung im Anbaugebiet ergeben, gemäß Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt werden können, ist daher erstens auf der Ebene des Sachverhalts zu prüfen, ob die Abfüllung außerhalb des Anbaugebiets Auswirkungen auf die Qualität des Erzeugnisses hat (oder haben kann). Zweitens ist zu untersuchen, ob diese Auswirkungen das Ansehen der Erzeuger von Riojawein, denen ein gemäß Artikel 36 EG-Vertrag schutzfähiges gewerbliches und kommerzielles Eigentumsrecht zusteht, beeinträchtigen. Die Prüfung des ersten Punktes ist technischer Art und hat daher die Stellungnahmen der Sachverständigen der Parteien zu berücksichtigen. Die Prüfung des zweiten Punktes befaßt sich mit dem Ansehen des Weines und steht daher im Zusammenhang mit den Interessen, die in der Ursprungsbezeichnung zum Ausdruck kommen, wie auch mit den Instrumenten, die die Gemeinschaftsrechtsordnung zum Schutz dieser Interessen zur Verfügung stellt.

a) Die Auswirkungen der Abfüllung außerhalb des Anbaugebiets auf die Weinqualität

24.
    Was die Auswirkungen des Abfüllvorgangs auf die Weinqualität angeht, stimmen die Sachverständigen darin überein, daß dieser Vorgang nicht lediglich aus dem bloßen Befüllen leerer Behältnisse besteht, da er normalerweise vor dem eigentlichen Umfüllen mit einer Reihe komplexer önologischer Maßnahmen (Filterung, Klärung, Kältebehandlung usw.) verbunden ist, die die Qualität des Weines beeinträchtigen und seine Eigenschaften verändern können, wenn sie nicht fachgerecht durchgeführt werden.

Wie der Sachverständige der Kommission, Professor Alain Bertrand, in der Sitzung erklärt hat, sind diese Vorgänge deshalb noch komplexer und erfordern daher besondere Hilfsmittel und Fachkräfte, weil durch eine spezifische Behandlung dem Redoxprozeß entgegengewirkt werden muß, dem der Wein aufgrund der Beförderung über Hunderte von Kilometern in nichtabgefülltem Zustand ausgesetzt sein kann(18). Diese Eingriffe könnten zu Veränderungen der Farbe, des Geschmacks, und des Geruchs des Erzeugnisses führen. So hat der Sachverständige der Kommission ausgeführt, er sei „nach dreißig Jahren önologischer Forschung persönlich überzeugt, daß, obwohl dies nicht unwiderlegbar nachgewiesen werden kann, die wesentlichen Eigenschaften eines Weines mit einer bestimmten Bezeichnung mit Sicherheit besser erhalten bleiben, wenn die Trauben an den Ort der endgültigen Verarbeitung verbracht werden, statt daß der Wein vor der Abfüllung befördert wird“. Jedenfalls könne somit nicht völlig ausgeschlossen werden, daß die spezifischen Eigenschaften des Weines auch erhalten werden könnten, wenn der Wein außerhalb des Anbaugebiets abgefüllt werde. Dafür sei es jedoch unerläßlich, daß die Beförderung unter idealen Bedingungen stattfinde und daß alle Vorgänge vor und bei der Abfüllung fachgerecht erfolgten. In diesem Zusammenhang hat Professor Bertrand in der mündlichen Verhandlung erklärt: „Wenn der Wein in den Transportbehälter gepumpt wird, oxidiert er unweigerlich. Wenn dieser Transport länger dauert, wird ein Teil dieses Sauerstoffs, etwa die Hälfte, in zwei oder drei Tagen vom Wein verbraucht, vor allem wenn die Temperatur etwas erhöht ist. Wenn der Wein bei der Entladung wiederum in die Behältnisse des Händlers, der mit dem Weinausbau befaßt ist, gepumpt wird, oxidiert er erneut. Inzwischen sind ... Peroxyde entstanden, die Veränderungenherbeiführen, die für den Wein viel schädlicher sind als der einmalige Pumpvorgang, der bei der Abfüllung stattfindet.“

25.
    Zu dieser Frage hat der Sachverständige des Vereinigten Königreichs eine Stellungnahme abgegeben, die sich im Kern von der von Professor Bertrand nicht wesentlich unterscheidet. Der Sachverständige führt in seinem Bericht aus, wenn die Abfüllung außerhalb des Anbaugebiets stattfinde, könne die Ursprungsqualität des Weines noch gewährleistet werden, wenn die Beförderung unter Einhaltung besonderer technischer Vorkehrungen und vor allem unter Verwendung hermetisch verschlossener Behältnisse erfolge, die die Temperatur niedrig hielten. Auf jeden Fall bestehe die Oxidationsgefahr, der der Wein ausgesetzt sein könne, der aus dem Anbaugebiet verbracht werde, auch dann, wenn der Wein innerhalb dieses Gebietes befördert werde, so daß selbst im letzteren Fall die Pumpvorgänge unter Beachtung bestimmter technischer Regeln und unter Einhaltung derselben Vorkehrungen erfolgen müßten, wenn diese Gefahr vermieden (oder verringert) werden solle.

26.
    Aus den vorstehend dargelegten Erklärungen der Sachverständigen geht somit hervor, daß die Beförderung von nichtabgefülltem Wein zu einer Veränderung des Erzeugnisses führt oder zumindest führen kann - und zwar in bezug auf den Geruch, den Geschmack und die Farbe - und daß diese nachteiligen Folgen vermieden werden können, wenn die Beförderung unter Beachtung bestimmten technischer Normen erfolgt. Es zeigt sich schließlich, daß diese Abfüllvorgänge technisch komplex sind und spürbare Veränderungen der Qualität und der Eigenschaften des Weines bewirken können, wenn sie nicht fachgerecht ausgeführt werden.

27.
    Unter diesen Umständen ist nur eine systematische Kontrolle des Abfüllvorgangs in den Ländern, in denen der Abfüllvorgang erfolgt, geeignet, den Erzeugern und Verbrauchern die Qualität des Erzeugnisses, das unter der Aufsicht des Käufers in einem anderen als dem Erzeugerland abgefüllt wird, zu garantieren. Es bleibt somit zu prüfen, ob eine Kontrolle der Weinqualität und somit der etwaigen Veränderungen des in nichtabgefülltem Zustand beförderten Weines nach der Gemeinschaftsregelung erlaubt oder vorgeschrieben ist und um welche Art von Kontrolle es sich handeln kann oder muß.

28.
    Wie ich bereits ausgeführt habe, verpflichtet Artikel 13 der Verordnung Nr. 823/87 zwar die Erzeuger, eine Reihe von analytischen und organoleptischen Prüfungen vorzunehmen, um die Bezeichnung Qualitätswein b. A. verwenden zu können. Er schreibt sie jedoch nur für die Erzeuger vor und bestimmt nicht, wann sie zu erfolgen haben. Die Kommission hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, daß diese Prüfungen in den Erzeugerstaaten vor und/oder nach der Abfüllung vorzunehmen seien.

Die Verordnung Nr. 2048/89, die Grundregeln über die Kontrollen im Weinsektor enthält, sieht ferner mehrere Kontrollen in den einzelnen Phasen der Erzeugungund der Vermarktung vor. Diese Verordnung macht es den Bediensteten der Kommission zwecks Verhütung von Verstößen gegen die Regelung über den Wein zur Aufgabe, „in Zusammenarbeit mit den von den Mitgliedstaaten mit den Kontrollen auf dem Weinsektor beauftragten Stellen auf diesem Sektor tätig zu werden“ (Artikel 1 Absatz 1). Artikel 8 dieser Verordnung sieht weiterhin Formen von Zusammenarbeit zwischen den nationalen Kontrolleinrichtungen auf horizontaler Ebene vor, indem sie bestimmt, daß auf einen begründeten Antrag der zuständigen Stelle eines Mitgliedstaats die zuständige Stelle eines anderen Mitgliedstaats, in dem sich der zu kontrollierende Wein befindet, „eine besondere Überwachung oder Kontrollen [durchführt], mit denen sich die gewünschten Ergebnisse erzielen lassen, bzw. veranlaßt die notwendigen Schritte für deren Durchführung“ (Artikel 8 Absatz 2). Die ersuchende zuständige Stelle kann im Einvernehmen mit der „ersuchten“ Stelle ihre eigenen Bediensteten in den Mitgliedstaat, in dem sich der Wein befindet, entsenden, um Auskünfte über die Anwendung der Vorschriften des Weinsektors einzuholen oder Kontrollmaßnahmen durchzuführen (Artikel 8 Absätze 4 und 5). In diesem Rahmen können die genannten Bediensteten „eine zuständige Stelle eines anderen Mitgliedstaats um eine Probenahme ... ersuchen“, um anschließend Untersuchungen der gezogenen Proben zu veranlassen (Artikel 12 und 13).

Die Verordnung Nr. 2392/89 sieht ebenfalls Kontrollen des Weines vor, der außerhalb des Erzeugermitgliedstaats in den Verkehr gebracht wird(19). Artikel 42 dieser Verordnung bestimmt, daß „die dafür zuständigen Stellen unter Beachtung der allgemeinen Verfahrensregeln der einzelnen Mitgliedstaaten von dem Abfüller oder einer Person, die an der Vermarktung beteiligt ist und auf die ein Hinweis entweder in der Bezeichnung oder der Aufmachung dieser Erzeugnisse erscheint, den Nachweis der Richtigkeit der für die Bezeichnung oder Aufmachung verwendeten Angaben betreffend die Art, die Nämlichkeit, die Qualität, die Zusammensetzung, den Ursprung oder die Herkunft des betreffenden Erzeugnisses oder der bei seiner Herstellung verwendeten Erzeugnisse verlangen [können]“. Das Verlangen eines Nachweises kann ausgehen von der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats, in dem der Abfüller niedergelassen ist, oder auch von einer zuständigen Stelle eines anderen Mitgliedstaats. In dem letztgenannten Fall „erteilt diese [Stelle] ... der zuständigen Stelle des Landes, in dem der Abfüller ... niedergelassen ist, ... alle sachdienlichen Angaben, damit die letztgenannte Stelle den entsprechenden Nachweis verlangen kann“. „Stellen die zuständigen Stellen fest, daß ein solcher Nachweis nicht erbracht wird, so gelten diese Angaben als nicht mit dieser Verordnung in Einklang stehend.“

Die Verordnung Nr. 2238/93(20) schließlich sieht eine Reihe von einheitlichen Regeln über die Begleitpapiere bei der Beförderung von Weinbauerzeugnisseninnerhalb der Gemeinschaft vor. Artikel 3 Absatz 1 bestimmt, daß Personen, „die eine Beförderung eines Weinbauerzeugnisses vornehmen oder vornehmen lassen, ... unter ihrer bzw. seiner Verantwortung ein Dokument auszustellen haben, das diese Beförderung begleitet; es wird im folgenden als .Begleitpapier' bezeichnet“. Dieses Dokument „gilt als Bescheinigung der Ursprungsbezeichnung der Qualitätsweine b. A. und der Herkunftsangabe bei Tafelweinen, die mit einer geographischen Angabe versehen werden können“, wenn dieser Hinweis „von der zuständigen Stelle durch ihren Stempelaufdruck, den Eintrag des Datums und die Unterschrift des verantwortlichen Beamten beglaubigt [wird]“ (Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c). Ergänzende Auskünfte sind erforderlich für die Beförderung von nichtabgefüllten Weinbauerzeugnissen (Artikel 3 Absatz 4), die als solche „stärker unredlichen Manipulationen ausgesetzt sind als bereits in Flaschen abgefüllte ... Erzeugnisse“ (sechste Begründungserwägung).

29.
    Was die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften betrifft, geht aus den Darlegungen der Parteien hervor, daß in bestimmten Mitgliedstaaten Zeitpunkt und Modalitäten der in bezug auf die Qualitätsweine durchzuführenden Kontrollen ausdrücklich festgelegt sind. Das spanische Recht insbesondere sieht vor, daß die Qualitätsweine organoleptischen und analytischen Prüfungen unterzogen werden müssen (Artikel 10 Absatz 2 des Dekrets Nr. 157/88). Für Riojawein ist außerdem vorgesehen, daß der Regelungsausschuß Qualitätskontrollen jeder Partie durchführt, bevor die qualifizierte Ursprungsbezeichnung („calificada“) verliehen wird (Artikel 15 des Ministerialerlasses vom 3. April 1991). Folglich ist die Kontrolle der Weine, die im Inland befördert werden, sehr genau. Sie ist viel schärfer als die Kontrolle des Weines, der in nichtabgefülltem Zustand in das Ausland befördert wird(21). Die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung haben weiterhin ergeben, daß systematische Qualitätskontrollen des eingeführten Weines nicht in allen Mitgliedstaaten vorgesehen sind(22). So verhält es sich z. B. in Belgien. Der Vertreter der belgischen Regierung nämlich hat selbst eingeräumt, daß es sich bei den Kontrollen, die sich auf den in Belgien verkauften Wein erstrecken, im allgemeinen um die Kontrollen handelt, die in der Verordnung Nr. 2238/93 für die Beförderung von Wein vorgesehen sind, und daß sie sich nurauf die Aspekte Buchhaltung, Menge und Lebensmittelhygiene erstrecken: Es geht somit um Kontrollen, die auf keine Weise die önologischen Eigenschaften des Erzeugnisses betreffen und die daher für die Erzeuger und die Verbraucher bezüglich der Qualität des Weines keine Garantie darstellen können.

30.
    Folglich ist es möglich, daß der in einen anderen Mitgliedstaat ausgeführte Wein vor dem Verkauf an den Endverbraucher, abgesehen von den Kontrollen im Sinne des Artikels 13 der Verordnung Nr. 823/87, die von den Erzeugerländern obligatorisch durchgeführt werden, keiner weiteren Qualitätskontrolle unterliegt. Es ist daher festzustellen, daß nach dem gegenwärtig geltenden Gemeinschaftsrecht die Behörden des Einfuhrstaats nicht verpflichtet, sondern nur befugt sind, die Qualität des Weines, der in nichtabgefülltem Zustand eingeführt und an Ort und Stelle abgefüllt wird, allgemein und in geeigneter Weise zu kontrollieren.

31.
    An diesem Punkt ist zu fragen, ob die Abfüllung im Anbaugebiet auch heute noch die einzig angemessene Garantie dafür ist, daß dieser Qualitätswein in dem Augenblick, in dem er in den Verkehr gebracht wird, seine spezifischen Eigenschaften besitzt oder daß zumindest diese Eigenschaften sich mit der Abfüllung nicht verändert haben. Zweifellos ist die Vornahme des Abfüllvorgangs im Anbaugebiet wichtig für die Garantie, daß der Wein die auf seiner Herkunft beruhenden Qualitäten und Merkmale besitzt. Wie schon die spanische Regierung vorgetragen hat, braucht der Wein, wenn er am Erzeugungsort abgefüllt wird, nicht den komplexen Behandlungen unterzogen zu werden, die unerläßlich sind, um den Veränderungen entgegenzuwirken, denen er bei der Ausfuhr unterliegt. Weiterhin ist selbst bei einer Beförderung innerhalb des Anbaugebiets wegen der sehr geringen Entfernung zwischen dem Ort, an dem der Wein erzeugt wird, und dem, an dem er abgefüllt wird, nicht nur die Gefahr einer Veränderung des Weines wenig wahrscheinlich (nach den vom Beklagten vorgelegten Informationen, die von den übrigen Verfahrensbeteiligten nicht bestritten worden sind, beträgt die Entfernung in der Region Rioja maximal 100 Kilometer). Eine etwaige Veränderung des Weines würde auch aufgrund der strengen Kontrollen, denen das Erzeugnis vor der Verleihung der qualifizierten Ursprungsbezeichnung („calificada“) Rioja unterworfen ist, auf jeden Fall festgestellt werden(23). Es bleibt zu prüfen, ob es aufgrund eines solchen Sachverhalts gerechtfertigt ist, als Voraussetzung für die Verwendung der Bezeichnung Qualitätswein zu verlangen, daß die Abfüllung ausschließlich im Anbaugebiet erfolgt. Die Frage kann aus den nachfolgend genannten Gründen nur bejaht werden. Angesichts der tatsächlich bestehenden Gefahr einer Veränderung der Qualität und der Merkmale des Weines infolge der Beförderung über beträchtliche Entfernungen und der Durchführung des Abfüllvorgangs in einem anderen als dem Anbaugebiet undinsbesondere angesichts der Tatsache, daß die Gemeinschaftsregelung keine angemessenen Kontrollen für das Erzeugnis in dem Land vorschreibt, in dem die Abfüllung vorgenommen wird, und daß diese Kontrollen tatsächlich jedenfalls nicht in allen Ländern in angemessener Weise durchgeführt werden, ist in der Tat davon auszugehen, daß es dem Erzeugerstaat zum Schutz seiner eigenen Qualitätsweine freistehen muß, sich dafür zu entscheiden, daß nur diejenigen Weine die Qualitätsbezeichnung tragen dürfen, bei denen die Erzeugung und die Abfüllung ausschließlich in dem Gebiet erfolgt sind, in dem mit Sicherheit alle damit zusammenhängenden Maßnahmen fachgerecht durchgeführt wurden, was vermutet werden darf, wenn diese Maßnahmen im Anbaugebiet unter der Kontrolle der Erzeuger stattgefunden haben, d. h. unter der Kontrolle der Wirtschaftsteilnehmer, die in erster Linie an einer Garantie der Qualität des Erzeugnisses interessiert sind. Dieses Ergebnis weicht meines Erachtens nicht von der Entscheidung des Gerichtshofes vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-315/88 (Bagli Pennacchiotti, Slg. 1990, I-1323) über die vom nationalen Gesetzgeber auferlegte Verpflichtung zur Herstellung von Qualitätsweinen im Anbaugebiet ab. In diesem Urteil wurde die Verordnung Nr. 823/87 dahin ausgelegt, „daß jeder Vorgang oder jede Lagerung betreffend Weine, die sich im Herstellungsstadium befinden und noch nicht die Qualität von Qualitätsweinen b. A. oder Qualitätsschaumweinen b. A. erreicht haben, innerhalb des bestimmten Anbaugebiets stattfinden muß“(24).

32.
    Man könnte meinen, daß der Gerichtshof im Urteil Delhaize eine andere Linie vertreten hat, die mit der jetzt vorgeschlagenen Beurteilung nicht vereinbar ist. Bei näherem Hinsehen jedoch handelt es sich nur um eine scheinbare Unvereinbarkeit. Wie bereits dargelegt, äußerte sich der Gerichtshof in diesem Urteil nämlich nur auf der Grundlage der Angaben, die die Parteien ihm damalsunterbreitet hatten. Jetzt liegt die Sache jedoch anders. In der Akte befinden sich zahlreiche übereinstimmende technische Angaben zu den Auswirkungen der Beförderungs- und Abfüllvorgänge auf die Weinqualität sowie genau umschriebene Einzelheiten, die die Durchführung von Kontrollen - insbesondere in bezug auf Belgien - bei der Abfüllung am Ort der Einfuhr betreffen: Diese Angaben und Einzelheiten führen eindeutig zu einer anderen Beurteilung des vorliegenden Falls, als sie sich aus dem spezifischen Zusammenhang der Rechtssache Delhaize ergab.

b) Die Auswirkungen der Abfüllung außerhalb des Anbaugebiets auf das Ansehen der Qualitätsweine

33.
    Zur Rechtfertigung der restriktiven Maßnahmen bei der Ausfuhr von Riojawein verweist die spanische Regierung nicht nur auf die Gefahr der Qualitätsveränderung des Erzeugnisses aufgrund der Beförderung in Tanks über weite Entfernungen - der Aspekt des Rechtsstreits, der oben behandelt worden ist -, sondern behauptet auch, daß das Inverkehrbringen eines Weines, der mit „denominación de origen calificada Rioja“ bezeichnet werde, jedoch außerhalb des Anbaugebiets abgefüllt worden sei und folglich nicht die spezifischen Merkmale des traditionellen, dieselbe Bezeichnung tragenden Riojaweins aufweise, das jetzige Ansehen dieses Weines beeinträchtigen würde. Riojawein wende sich an einen ganz bestimmten Kundenkreis und könne somit nicht vermarktet werden, wenn nicht das traditionelle Herstellungsverfahren beachtet werde, das mit der Abfüllung in dem Ursprungsgebiet seinen Abschluß finde. Die spanische Regelung bezwecke daher, das Ansehen der Bezeichnung dieses Weines und folglich das damit zusammenhängende Recht auf gewerbliches und kommerzielles Eigentum, das den Erzeugern des Riojagebiets zustehe, zu schützen.

Die anderen Verfahrensbeteiligten bestreiten nicht, daß Riojawein ein besonderes Ansehen bei den Verbrauchern genieße. Sie bringen jedoch andere Argumente dafür vor, daß die Abfüllung in einem anderen als dem Anbaugebiet mit diesem Ansehen nichts zu tun habe. Die belgische Regierung trägt vor, dieses Ansehen beruhe nicht nur auf der Qualität des Weines, die durch genaue Beachtung der spezifischen Herstellungsnormen erreicht worden sei, die strenger als die Vorschriften für die Herstellung von Tafelwein seien, sondern auch auf der hervorragenden Arbeit der Händler, die seit langem Zeit und Geld investiert hätten, damit die Verbraucher diesen Wein kennen und schätzen lernten. Das Vereinigte Königreich führt aus, das Ansehen von Riojawein habe sich zu einer Zeit herausgebildet, als dieser Wein in nichtabgefülltem Zustand ausgeführt worden sei, was zur Folge habe, daß der Name Rioja mit einem Wein assoziiert worden sei, der aus dem Riojagebiet stamme, der aber nicht notwendigerweise dort abgefüllt worden sei.

34.
    Das Verteidigungsvorbringen der spanischen Regierung zum Ansehen von Riojawein macht ein spezifisches Interesse an bestimmten Merkmalen des Erzeugnisses deutlich. Dieses Interesse ist nur teilweise durch dieGemeinschaftsvorschriften über die Ursprungsbezeichnung und über die Instrumente zur Sicherung ihrer ausschließlichen Verwendung geschützt. Ich werde daher im folgenden zunächst prüfen, wie das spezifische Ansehen des fraglichen Erzeugnisses beschaffen ist. Sodann werde ich prüfen, ob und in welchen Grenzen das abgeleitete Gemeinschaftsrecht gewährleisten kann, daß das Ansehen des Qualitätsweins aus Rioja beachtet wird, und schließlich, ob und inwieweit die in Frage stehende nationale Regelung gemäß Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt sein kann, soweit sie eine Maßnahme zum Schutz der Ursprungsbezeichnung Rioja enthält.

35.
    Was den ersten Aspekt anbelangt, besteht meines Erachtens kein Zweifel, daß Riojawein ein Wein ist, der sich an ein in bezug auf Qualität und einwandfreie Beschaffenheit des Erzeugnisses besonders anspruchsvolles Publikum wendet. Mit der Angabe „denominación de origen calificada“ werden nämlich Weine mit hoher Qualität bezeichnet, bei denen alle Herstellungsphasen einschließlich der Abfüllung unter der Leitung und der Überwachung des Erzeugers stehen. Bestärkt wird dies durch die strengen Normen, die die Erzeuger zu beachten haben, um diese Bezeichnung verwenden zu dürfen. Dabei ist daran zu erinnern, daß nach den von der Kommission vorgelegten Informationen nur für 10 % der ausgeführten Qualitätsweine in der Europäischen Gemeinschaft die Abfüllung im Anbaugebiet vorgeschrieben ist. In Anbetracht des Ansehens dieser Weine aber kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese Verkehrsauffassung im Zusammenhang mit dem sie identifizierenden Kennzeichen steht, im vorliegenden Fall also mit der Ursprungsbezeichnung, die auf dem Flaschenetikett angegeben ist. Angesichts der Tatsache, daß die Ursprungsbezeichnung nicht nur die Angabe des Herkunftsorts bezweckt, sondern auch den Schutz des Ansehens, den ein bestimmtes Erzeugnis auf dem Markt erlangt hat, ist das von dem Beklagten geltend gemachte Recht auf Wahrung des Ansehens als schutzwürdig im Rahmen der Gemeinschaftsrechtsordnung anzusehen.

Die spanische Regierung beruft sich im wesentlichen auf diese Auffassung, wenn sie vorträgt, daß die Ursprungsbezeichnung in der Hauptsache zwei Ziele habe, nämlich a) zu gewährleisten, daß das Erzeugnis mit Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet bestimmte besondere Merkmale aufweise und den amtlichen Qualitätsnormen entspreche, und b) über die Anerkennung eines ausschließlichen Rechts zu verbieten, daß die Erzeuger aus anderen Gebieten diese Bezeichnung unter Ausnutzung des mit ihr verbundenen Ansehens verwendeten. Die Kommission weist darauf hin, daß die Ursprungsbezeichnung ihre Funktion, die in der Ursprungs- und Qualitätsgarantie bestehe, nicht vollständig erfüllen könne, wenn das Recht auf gewerbliches Eigentum, das dem Verwender der Bezeichnung zustehe, nicht geschützt werde. Dieses Recht, so die Kommission, gehöre zum Betriebsvermögen des Inhabers der Ursprungsbezeichnung und sei somit Bestandteil seines Rufes.

Die Auffassung, daß die Ursprungsbezeichnung ein Instrument zur Wahrung des Ansehens eines Erzeugnisses darstelle und daß sie auch unter diesem besonderenGesichtspunkt geschützt werden müsse, ist meines Erachtens stichhaltig. Das Ansehen eines Erzeugnisses kann nämlich nicht von der Bekanntheit und dem Ansehen des Kennzeichens getrennt werden, das ein Identifikationsmerkmal des Erzeugnisses auf dem Markt darstellt, und der Schutz seines Kennzeichens ist deshalb ein Mittel zur Wahrung dieses Ansehens. Bereits in der berühmten Rechtssache Hoffmann-La Roche(25) aus dem Jahr 1978 hat der Gerichtshof zum Warenzeichen - das ebenso wie die Ursprungsbezeichnung ein Kennzeichen des Erzeugnisses ist - entschieden: „Der spezifische Gegenstand des Warenzeichenrechts läßt sich namentlich dahin kennzeichnen, daß der Inhaber durch das ausschließliche Recht, ... das Warenzeichen zu benutzen, Schutz vor Konkurrenten erlangt, die unter Mißbrauch der aufgrund des Warenzeichens erworbenen Stellung und Kreditwürdigkeit widerrechtlich mit diesem Zeichen versehene Erzeugnisse veräußern“ (Randnr. 7). Zweifellos aber muß der Erzeuger eines Weines, dem eine Ursprungsbezeichnung zugesprochen wurde, einen entsprechenden Schutz für das Ansehen des Erzeugnisses erhalten. Auch im Urteil Exportur äußerte sich der Gerichtshof dahin gehend, daß er das Ansehen eines Kennzeichens für relevant und schutzwürdig erachte. Er stellte fest, daß die „geographischen Bezeichnungen [die wie die Ursprungsbezeichnungen Kennzeichen darstellen, die gemäß der Verordnung Nr. 2081/92 eingetragen werden], die für Erzeugnisse verwendet werden, bei denen sich nicht zeigen läßt, daß sie ihrem Herkunftsgebiet besondere geschmackliche Eigenschaften verdanken, und die nicht gemäß behördlichen Qualitäts- und Fabrikationsnormen hergestellt sind, also den Bezeichnungen, die gemeinhin Herkunftsangaben genannt werden [,] sich gleichwohl bei den Verbrauchern einer hohen Wertschätzung erfreuen [können] und für die Erzeuger, die in den jeweiligen Orten ansässig sind, ein wesentliches Mittel zur Schaffung und Erhaltung eines Kundenstamms darstellen“. Der Gerichtshof folgerte hieraus, daß die geographischen Bezeichnungen „daher des Schutzes [bedürfen]“(26). In dem Urteil zum „Champagnerverfahren“ hat der Gerichtshof ebenfalls festgestellt, daß es für die Erreichung des Ziels der Ursprungsbezeichnung oder der Herkunftsangaben wesentlich sei, daß „der Hersteller für sein eigenes Erzeugniskeinen Nutzen aus dem Ansehen eines ähnlichen Erzeugnisses ziehen kann, das die Hersteller aus einem anderen Gebiet begründet haben“(27).

36.
    Der Kläger trägt vor, zur Vermeidung einer Beeinträchtigung des Ansehens von Riojawein genüge es, auf dem Etikett einen Hinweis anzubringen, daß der Wein in einem anderen als dem Anbaugebiet abgefüllt worden sei. Diese Auffassung kann jedoch nicht geteilt werden. Wie die spanische und die italienische Regierung vortragen, hätte dieser Hinweis nämlich das Gegenteil des gewünschten Ergebnisses zur Folge, da er letztlich doch das Ansehen des Erzeugnisses beeinträchtigen würde. Dieses negative Ergebnis ist unvermeidlich, wenn es sich um Waren wie Riojawein handelt, die besondere Merkmale haben und die unter Beachtung zahlreicher, in spezifischen Regelungen enthaltener Normen hergestellt werden. Wie die italienische Regierung ausführt, könnte nämlich beim Verbraucher der Eindruck erweckt werden, daß es sich um einen anderen Wein als Rioja mit der „denominación de origen calificada“ oder zumindest um einen Wein minderer Qualität handelt, wie oben ausgeführt worden ist. Auch könnten auf diese Weise entgegen dem Grundsatz der Spezifizität und Einzigartigkeit der Erzeugnisse, die eine Ursprungsbezeichnung aufweisen, allmählich zwei verschiedene Märkte geschaffen werden, nämlich der Markt für „Rioja“ mit einer kontrollierten Ursprungsbezeichnung, der ausschließlich in einem bestimmten Gebiet hergestellt und abgefüllt wird, und der Markt für einen Rioja, der zwar noch die kontrollierte Ursprungsbezeichnung trägt, der aber verschiedenen und dem normalen Herstellungsverfahren fremden Behandlungen unterzogen wird und außerdem weniger strengen Kontrollen als der im Anbaugebiet abgefüllte Wein unterliegt. Zur Bestätigung dieser Auffassung weise ich darauf hin, daß der Gerichtshof im Urteil Exportur entschieden hat, daß ein Etikett mit der Angabe des Ursprungsorts des Erzeugnisses (wie es übrigens von der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, ABl. 1979, L 33, S. 1, vorgesehen ist) als Schutz für die Wertschätzung einer geographischen Bezeichnung, die sich einer „hohen Wertschätzung“ erfreut, nicht genügt, selbst wenn diese Angabe dazu dient, zwischen dem streitigen Erzeugnis und dem Erzeugnis zu unterscheiden, das bekanntermaßen mit einer bestimmten geographischen Bezeichnung in Verbindung gebracht wird. Ebenso hat der Gerichtshof in dem Urteil Bristol-Myers Squibb u. a., das sich mit dem Umpacken eines Arzneimittels durch eine andere Person als dem Markeninhaber befaßt, darauf hingewiesen, daß der Markeninhaber sich dem Umpacken durch einen Dritten widersetzen kann, wenn sich zeigt, daß die umgepackte Ware so aufgemacht ist, daß dadurch insbesondere der Ruf der Markeund der ihres Inhabers auch dann geschädigt werden kann (Randnr. 75), wenn auf der Verpackung steht, von wem die Ware umgepackt wurde(28).

37.
    Was den letztgenannten Aspekt meiner Prüfung anbelangt, der das Bestehen von spezifischen Vorschriften in der Gemeinschaftsrechtsordnung darüber betrifft, wie das Ansehen der Ursprungsbezeichnung von Qualitätswein geschützt wird, ist darauf hinzuweisen, daß die einschlägigen Vorschriften Fälle wie den hier geprüften nicht betreffen. Die Verordnung Nr. 823/87 über Qualitätswein b. A. regelt nämlich lediglich die Voraussetzungen, die für eine Anerkennung als Qualitätswein erfüllt sein müssen, und enthält keine Bestimmung über die rechtswidrige Verwendung von Ursprungsbezeichnungen, wie sie hier vorliegen könnte. Auch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel(29) - die bekanntlich nicht für den Weinsektor gilt (siehe Artikel 1 Absatz 1, Unterabsatz 2) - enthält keine spezifischen Vorschriften zu der Schädigung des Ansehens, die ihre Ursache in dem Verstoß gegen die Herstellungs- und Verpackungsvorschriften hat. Sie bestimmt in Artikel 13 Absatz 1 lediglich die Fälle einer unbefugten Verwendung der Bezeichnung durch Dritte und berücksichtigt einen Fall wie den hier vorliegenden nicht, der dadurch gekennzeichnet ist, daß eine Person, die nicht Inhaberin der Bezeichnung ist, vor dem Verkauf an den Endverbraucher in einerWeise mit dem Erzeugnis verfährt(30), daß, auch wenn dies mit Zustimmung des weinausführenden Unternehmens geschieht, das Erzeugnis verändert und somit sein Ansehen beeinträchtigt werden kann.

38.
    Unter Berücksichtigung der Merkmale des streitigen Erzeugnisses und seines auf dem Markt erworbenen Ansehens sowie in Anbetracht der Tatsache, daß das abgeleitete Gemeinschaftsrecht im Bereich von Maßnahmen, die ein Unternehmen, das nicht Hersteller ist, in bezug auf den Qualitätswein in der Zeit vor dem Verkauf an den Endverbraucher vornimmt, spezifische Schutzinstrumente nicht vorsieht, könnte die Rechtmäßigkeit nationaler Vorschriften wie der spanischen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht aus dem Erfordernis des Schutzes eines Allgemeininteresses gemäß Artikel 36 EG-Vertrag, genauer gesagt des Interesses an der angemessenen Verwendung der Ursprungsbezeichnung, das ein Recht des gewerblichen und kommerziellen Eigentums der Produktionsbetriebe der Region Rioja darstellt, abgeleitet werden. Diese Auslegung wird bestätigt durch das kürzlich ergangene Urteil Consorzio per la tutela del Gorgonzola, in dem der Gerichtshof feststellte, daß die Artikel 30 und 36 EG-Vertrag, die der Anwendung von nichtgemeinschaftlichen Vorschriften über den Schutz von Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen nicht entgegenstünden, „es den Mitgliedstaaten erst recht nicht verwehren [können], die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Bezeichnungen zu treffen, die aufgrund der Verordnung Nr. 2081/92 eingetragen ... sind“, also auch zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen(31).

39.
    Abschließend ist angesichts des Ansehens von Riojawein und der Schädigung des Ansehens, die die Verwendung der qualifizierten Ursprungsbezeichnung („calificada“) für einen nicht im Anbaugebiet abgefüllten Wein hervorrufen würde, sowie ferner angesichts der Tatsache, daß im Gemeinschaftsrecht spezifische Schutzinstrumente zur Bewältigung von Situationen wie der vorliegenden fehlen, davon auszugehen, daß die spanische Regelung, die für die Weine mit qualifizierter Ursprungsbezeichnung („calificada“) eine Abfüllung an Ort und Stelle vorschreibt und damit eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Ausfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 34 EG-Vertrag ist, eine nach Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigte Maßnahme darstellt, weil es sich um eine Maßnahme zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums handelt, nämlich des Rechts auf ausschließlichen Gebrauch der qualifizierten Ursprungsbezeichnung(„calificada“) Rioja und des damit zusammenhängenden Rechts auf Erhaltung des Ansehens des Erzeugnisses.

Zum Verstoß gegen Artikel 5 EG-Vertrag

40.
    Zu dem Klagegrund, der darauf gestützt wird, daß das Königreich Spanien gegen Artikel 5 EG-Vertrag verstoßen habe, trägt die belgische Regierung vor, der Beklagte habe gegen den in Artikel 5 EG-Vertrag genannten Grundsatz der Gemeinschaftstreue verstoßen, indem er nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um dem Artikel 34 EG-Vertrag nachzukommen, wie ihn der Gerichtshof in seinem Urteil Delhaize ausgelegt habe.

Wenn ein Urteil vorliegt, mit dem das Gemeinschaftsrecht ausgelegt wird und aus dem hervorgeht, daß eine nationale Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist, müssen die Mitgliedstaaten bekanntlich alle Maßnahmen treffen, die geeignet sind, um unter Beachtung der Hinweise im Urteil des Gerichtshofes ihre Rechtsvorschriften in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtsordnung zu bringen.

Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger vom Gerichtshof die Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen verstoßen habe, daß es nicht die geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Unvereinbarkeit zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht, wie sie aus dem Tenor und den Gründen des Urteils Delhaize hervorgehe, getroffen habe. Für die Prüfung, ob diese Unvereinbarkeit besteht, ist die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen, die aus der Vorabentscheidung und aus allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten hervorgeht, die, auch wenn sie in dem früheren Verfahren nicht geprüft wurden, für eine Entscheidung der vorliegenden Klage einschlägig sind. Da der Gerichtshof sich im Urteil Delhaize aus dem Jahr 1992 auf der Grundlage der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen geäußert und sich an die Rechtsausführungen in der Vorlagefrage gehalten hat, muß daher der Gemeinschaftsrichter bei der Beurteilung der vorliegenden, gemäß Artikel 170 EG-Vertrag erhobenen Klage auf Feststellung der Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats sämtliche von den Parteien vorgebrachten Tatsachen und Erwägungen berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn diese Tatsachen und Erwägungen erstmals im Rahmen dieses Verfahrens seiner Prüfung unterliegen. Wenn es in bezug auf das Vorabentscheidungsverfahren neue Umstände gibt, ist nicht auszuschließen, daß der Gemeinschaftsrichter nach Prüfung und Würdigung dieser Umstände in ihrer Gesamtheit zu dem Ergebnis kommt, daß ein Konflikt zwischen der Gemeinschaftsrechtsordnung und dem nationalen Recht nicht besteht.

Da im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, die spanische Regelung zwar eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine Ausfuhrbeschränkung beinhaltet, aber als nach Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt angesehen wird, soweit sie ein Recht auf gewerbliches und kommerzielles Eigentum schützen soll, besteht zwischen derGemeinschaftsrechtsordnung und den spanischen Vorschriften, die die Abfüllung des Weines mit der qualifizierten Ursprungsbezeichnung („calificada“) Rioja an Ort und Stelle vorsehen, keine Unvereinbarkeit, und der behauptete Verstoß des Königreichs Spanien gegen die gemeinschaftlichen Verpflichtungen einschließlich der aus Artikel 5 EG-Vertrag liegt somit nicht vor.

Kosten

41.
    Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte diesen Antrag gestellt. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die gemäß Artikel 73 der Verfahrensordnung erstattungsfähigen Kosten des Beklagten aufzuerlegen.

Nach Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Kommission und die Staaten, die dem Rechtsstreit beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Ergebnis

42.
    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof daher vor,

1.    die Klage abzuweisen,

2.    das Königreich Belgien gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung zur Tragung der erstattungsfähigen Kosten zu verurteilen,

3.    den Streithelfern ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


1: Originalsprache: Italienisch.


2: -     Slg. 1992, I-3669.


3: -     U. a. die Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 des Rates vom 24. Juli 1989 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste (ABl. L 232, S. 13) und die Verordnung (EWG) Nr. 2238/93 der Kommission vom 26. Juli 1993 über die Begleitpapiere für die Beförderung von Weinbauerzeugnissen und die im Weinsektor zu führenden Ein- und Ausgangsbücher (ABl. L 200, S. 10).


4: -     Verordnung zur Festlegung besonderer Vorschriften für Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (ABl. L 84, S. 59) in der Fassung insbesondere der Verordnung (EWG) Nr. 2043/89 des Rates vom 19. Juni 1989 (ABl. L 202, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1426/96 des Rates vom 26. Juni 1996 (ABl. L 184, S. 1). Durch die Verordnung Nr. 823/87 wurde die frühere Verordnung (EWG) Nr. 338/79 des Rates vom 5. Februar 1979 zum selben Gegenstand aufgehoben.


5: -     Artikel 2 lautet wie folgt:

„(1) Die Bestimmungen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1, die den herkömmlichen Produktionsbedingungen Rechnung zu tragen haben, soweit diese die Politik der Qualitätsförderung und die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes nicht beeinträchtigen, stützen sich auf folgende Gesichtspunkte:

a) Abgrenzung des Anbaugebiets,

b) Sortenbestand,

c) Anbaumethoden,

d) Methoden der Weinbereitung,

e) natürlicher Mindestalkoholgehalt,

f) Hektarertrag,

g) Untersuchung und Bewertung der organoleptischen Merkmale.“


6: -     Siehe die Artikel 7 Absatz 2, 8 Absatz 3 und 9 Absatz 2 sowie die zwölfte Begründungserwägung.


7: -     Dieser Anhang enthält ein Verzeichnis der Faktoren, die gemäß Artikel 13 berücksichtigt werden können und die eine Kennzeichnung der Qualitätsweine b. A. ermöglichen. Die Grenzwerte dieser Faktoren werden gemäß diesem Artikel 13 von dem einzelnen Erzeugermitgliedstaat festgelegt.


8: -     Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe ist das Verfahren des Artikels 83 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 84, S. 1) zu beachten.


9: -     Verordnung des Rates vom 19. Juni 1989 mit Grundregeln über die Kontrollen im Weinsektor (ABl. L 202, S. 32).


10: -     Gemäß Artikel 79 des Gesetzes Nr. 25/70 ist „Denominación de Origen el nombre geográfico de la región, comarca, lugar o localidad empleado para designar un producto procedente de la vid, del vino o los alcoholes de la respectiva zona, que tengan cualidades y caracteres diferenciales debidos principalmente al medio natural y a su elaboración y crianza“ (Denominación de Origen ist der geographische Name des Gebiets, der Gemeinde, des Ortes oder der Gegend, der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendet wird, das aus dem Weinberg, dem Wein oder dem Alkohol des betreffenden Gebiets stammt und das hauptsächlich aufgrund der Umgebung, seiner Herstellung und seiner Alterung spezifische Eigenschaften und Merkmale hat).


11: -     Aufgrund Artikel 84 des Gesetzes Nr. 25/70 wird die Ursprungsbezeichnung vom Minister für Landwirtschaft auf Vorschlag des nationalen Instituts für Ursprungsbezeichnungen verliehen, das auf Antrag der Weinbauern tätig wird.


12: -     Die besonderen Merkmale für die Vergabe auch der Bezeichnung „calificada“ waren bereits in Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe c des Dekrets Nr. 835 vom 23. März 1972 aufgeführt, mit dem die Verordnung über die Rechtslage bei Weinbergen, Wein und Alkohol genehmigt wurde.


13: -     Die Verordnung sieht vor, daß diese Stelle aus Vertretern des Weinsektors, der autonomen Gemeinschaft des Anbaugebiets und einem Vertreter des Landwirtschaftsministeriums besteht.


14: -     Artikel 32 dieser Verordnung lautet: „1. El embotellado de vinos amparados por la denominación de origen calificada Rioja deberá ser realizado exclusivamente en las bodegas inscritas autorizadas por el Consejo Regulador, perdiendo el vino en otro caso el derecho al uso de la denominación. 2. Los vinos amparados por la denominación de origen calificada Rioja unicamente pueden circular y ser expedidos por la bodegas inscritas en los tipos de envase que no perjudiquen su calidad o prestigio y aprobados por el Consejo Regulador. Los envases deberán ser de vidrio, de las capacidades autorizadas por la Comunidad Económica Europea a excepción de la gama de un litro“ (1. Der durch die Denominación de origen calificada Rioja geschützte Wein darf nur in den eingetragenen, vom Regelungsausschuß zugelassenen Kellereien abgefüllt werden; andernfalls darf der Wein die Bezeichnung nicht tragen. 2. Die durch die denominación de origen calificada Rioja geschützten Weine dürfen nur von den eingetragenen Kellereien in den Verkehr gebracht und versandt werden, und zwar in besonderen Flaschen, die ihre Qualität oder ihr Ansehen nicht beeinträchtigen und die vom Regelungsausschuß zugelassen sind. Die Flaschen müssen aus Glas bestehen und einen von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zugelassenen Umfang aufweisen, mit Ausnahme der Literflaschen.).


15: -     Das Königreich Spanien hatte vorgetragen, daß das Königliche Dekret Nr. 157/88 jedenfalls aus Gründen des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums im Sinne von Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt sei, da es dazu diene, die Erzeuger gegen unlauteren Wettbewerb und den Verbraucher gegen betrügerische Geschäfte zu schützen, ferner, daß das im Lissabonner Abkommen vom 31. Oktober 1958 über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung vorgesehene Verfahren zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen mit dem für Warenzeichen geltenden Verfahren vergleichbar sei, was zur Folge habe, daß die Ursprungsbezeichnungen als „Verbandszeichen“ anzusehen seien, d. h. als Warenzeichen, die allen Erzeugern zustünden, die in einem bestimmten geographischen Gebiet und unter Verwendung besonderer Produktionstechniken ein Erzeugnis herstellten, das besondere Merkmale aufweise, die auf das Erzeugungsgebiet zurückzuführen seien.


16: -     Siehe u. a. Urteil vom 6. Oktober 1987 in der Rechtssache 118/86 (Nertsvoederfabriek Nederland, Slg. 1987, 3883, Randnr. 11), in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß „Artikel 34 ... insoweit anwendbar [ist], als die innerstaatliche Regelung infolge der den Erzeugern auferlegten Verpflichtung ... ein stillschweigendes Ausfuhrverbot enthält“.


17: -     Mit dem oben genannten Erlaß vom 3. April 1991 und somit nach Vorlage der Vorabentscheidungsfrage in der Rechtssache Delhaize wurde die Verpflichtung zur Abfüllung im Ursprungsgebiet Rioja aufrechterhalten.


18: -     Die Kommission trägt unter Bezugnahme auf den Bericht von Professor Bertrand im Streithilfeschriftsatz vom 17. September 1996 vor, daß der Transport von Wein stets mit dem Verlust flüchtiger Stoffe und damit eines Teils seines natürlichen Aromas einhergehe, daß die Beförderung und die starke Bewegung eine natürliche Entgasung bewirkten, die, abgesehen vom Verlust von Kohlendioxid, auch zu einer Abnahme stark flüchtiger Bestandteile - wie bestimmter Ester und sogar schwererer Stoffe - auf physikalischem Weg führten, daß dieses Phänomen um so ausgeprägter sei, je länger die Beförderung dauere und daß es daher denkbar sei, daß bei einer Beförderung über eine Entfernung von mehr als tausend Kilometer in nicht klimatisierten Behältnissen mehrere Milliliter Sauerstoff verbraucht würden.


19: -     Siehe Fußnote 2.


20: -     Siehe Fußnote 2.


21: -     In Italien bestimmt das Gesetz Nr. 164 vom 10. Februar 1992 über die Neuregelung des Ursprungsbezeichnungen für Weine in Artikel 13 für die Weine mit kontrollierter und garantierter Ursprungsbezeichnung (DOGG): „Die organoleptische Prüfung ist für jede Partie während des Abfüllstadiums zu wiederholen“ (GURI Nr. 47 vom 26. Februar 1992, S. 3).


22: -     Diese Erklärung ist von der Kommission abgegeben worden, die hiermit die Änderung ihrer Auffassung im Verhältnis zur Rechtssache Delhaize gerechtfertigt hat. Sie trägt vor, daß „die Überwachungsregelung, die von der Verordnung (EWG) Nr. 2238/93 über die Begleitpapiere für die Beförderung von Weinbauerzeugnissen und die im Weinsektor zu führenden Ein- und Ausgangsbücher eingeführt wurde, ... weder die Erhaltung der Qualität des in nichtabgefülltem Zustand beförderten Weins noch die Nämlichkeit des Ursprungs oder des ursprünglichen Zustands [garantiert], da sie eine nur auf Urkunden gestützte Kontrolle der beförderten Mengen vorsieht, wobei in der Praxis der Schwerpunkt bei den Steuerprüfungen liegt“.


23: -     Hinzu kommt, daß die Behörden des Erzeugerstaats gemäß Artikel 15a der Verordnung Nr. 823/87 aufgrund von Kontrollen, die gegebenenfalls nach der Beförderung vorgenommen werden, einen Qualitätswein wie Riojawein auf einen Tafelwein herabstufen können.


24: -    Slg. 1990, I-1323. Bemerkenswert ist, daß der Generalanwalt in seinen Schlußanträgen in dieser Rechtssache ebenso wie die Kommission die Auffassung vertrat, daß „eine etwaige Verbringung aus dem .bestimmten Anbaugebiet' hinaus, ohne daß hierdurch der Wein die Berechtigung zur Bezeichnung Qualitätswein b. A. oder Qualitätsschaumwein b. A. verliert, nur vorgenommen werden kann, nachdem die Verarbeitung der Trauben zu Wein oder Schaumwein vollständig abgeschlossen ist, das heißt nach ... der ... Mindestreifezeit“ (Nr. 15). In bezug auf die Ausbauzeit („crianza“) der spanischen Weine mit Ursprungsbezeichnung bestimmt das Königliche Dekret vom 22. Februar 1988 in Artikel 2 Buchstabe a, daß die erforderliche Mindestdauer zwei Jahre beträgt und daß der Wein während dieser Zeit in Holzfässern oder während eines Teils dieser Zeit in Flaschen „verweilen“ muß. Ein entsprechendes Verfahren ist für den Ausbau des Riojaweins mit qualifizierter Ursprungsbezeichnung („calificada“) gemäß dem Ministerialerlaß vom 3. April 1991 vorgesehen (Artikel 13). In gleichem Sinne wie das Urteil Bagli Pennacchiotti siehe Urteil vom 18. Oktober 1988 in der Rechtssache 311/87 (Goldenes Rheinhessen, Slg. 1988, 6295), in dem der Gerichtshof die Bestimmungen der Verordnung Nr. 355/79 vom 5. Februar 1979 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und der Traubenmoste (ABl. L 54, S. 99) restriktiv dahin auslegte, daß die Verwendung der Angabe „Erzeugerabfüllung“ „von der Voraussetzung abhängig ist, daß der gesamte Abfüllvorgang unter der tatsächlichen Leitung, der ständigen strengen Überwachung und der ausschließlichen Verantwortung [des Erzeugers] erfolgt“ (Urteilstenor).


25: -     Urteil vom 23. Mai 1978 in der Rechtssache 102/77 (Slg. 1978, 1139, Randnr. 7).


26: -     Urteil vom 10. November 1992 in der Rechtssache C-3/91 (Exportur, Slg. 1992, I-5529, insbesondere Randnr. 28); siehe auch das dort angeführte Urteil vom 20. Februar 1975 in der Rechtssache 12/74 (Kommission/Deutschland, Slg. 1975, 181), in dem der Gerichtshof feststellte: „Soweit diese Bezeichnungen rechtlich geschützt sind, müssen sie dem Zweck dieses Schutzes genügen und namentlich nicht nur den Schutz der Belange der betroffenen Erzeuger vor unlauterem Wettbewerb gewährleisten, sondern auch den der Verbraucher vor irreführenden Angaben“ (Randnr. 7), und die Schlußanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 24. Juni 1997 zum Urteil vom 8. August 1997 in der Rechtssache C-317/95 (Canadane Cheese Trading und Kouri, Slg. 1997, I-4681).


27: -     Urteil vom 13. Dezember 1994 in der Rechtssache C-306/93 (SMW Winzersekt, Slg. 1994, I-5555). In dem Fall handelte es sich um die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Bestimmung der Verordnung (EWG) Nr. 2333/92 des Rates vom 13. Juli 1992 zur Festlegung der Grundregeln für die Bezeichnung und Aufmachung von Schaumwein und Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure (ABl. L 231, S. 9).


28: -     Der Gerichtshof hat in dem Urteil vom 11. Juli 1996 in den Rechtssachen C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Slg. 1996, I-3457) im einzelnen festgestellt: „Auch wenn auf der Verpackung steht, von wem die Ware umgepackt worden ist, kann nicht ausgeschlossen werden, daß eine unzureichende Aufmachung der umgepackten Ware dennoch den Ruf der Marke und damit ihres Inhabers schädigt. In einem solchen Fall hat der Markeninhaber ein durch den spezifischen Gegenstand des Markenrechts bedingtes berechtigtes Interesse daran, sich dem Vertrieb der Ware widersetzen zu können. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Aufmachung der umgepackten Ware geeignet ist, den Ruf der Marke zu schädigen, sind die Art der Ware und der Markt, für den sie bestimmt ist, zu berücksichtigen“ (Randnr. 75). Ähnlich hat der Gerichtshof auch im Urteil vom 11. November 1997 in der Rechtssache C-349/95 (Loendersloot, Slg. 1997, I-6227) entschieden, wo es zu der Frage der Neuetikettierung von Whiskyflaschen durch einen hierzu nicht ermächtigten Dritten heißt: „Nach Artikel 36 EG-Vertrag kann sich ein Markeninhaber auf das Markenrecht berufen, um einen Dritten daran zu hindern, vom Inhaber selbst auf von ihm auf den Markt gebrachten Erzeugnissen angebrachte, mit seiner Marke versehene Etiketten zu entfernen und anschließend wiederanzubringen oder zu ersetzen, selbst wenn dies den innergemeinschaftlichen Handel behindert. Das gilt nicht, wenn ... dargetan ist, daß die Neuetikettierung den Originalzustand des Erzeugnisses nicht berührt, [und] die Aufmachung des neuetikettierten Erzeugnisses dem guten Ruf der Marke und ihres Inhabers nicht schaden kann“ (Randnr. 50 und Tenor). Siehe auch Urteil vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-377/95 (Parfums Christian Dior, Slg. 1997, I-6013, Randnrn. 42 bis 45) zum Widerspruchsrecht des Inhabers einer Ware mit Prestigecharakter).


29: -     Verordnung des Rates vom 14. Juli 1992 (ABl. L 208, S. 1).


30: -     Die Kommission hat mit der Verordnung (EG) Nr. 881/98 der Kommission vom 24. April 1998 mit Durchführungsbestimmungen zum Schutz ergänzender traditioneller Begriffe für bestimmte Arten von Qualitätsweinen bestimmter Anbaugebiete (ABl. L 124, S. 22) in Artikel 4 Absatz 1 eine ähnliche Art von Schutz für die „ergänzenden traditionellen Begriffe“ vorgesehen, die sich auf „ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung bzw. auf Qualität, Farbe oder Art des Weins“ beziehen (Artikel 1 Absatz 2).


31: -     Urteil vom 4. März 1999 in der Rechtssache C-87/97 (Slg. 1999, I-1301, insbesondere Randnr. 20).