Language of document : ECLI:EU:T:1999:119

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

3. Juni 1999 (1)

„Staatliche Beihilfen - Öffentliche Fernsehanstalten - Beschwerde - Untätigkeitsklage - Untersuchungspflicht der Kommission - Zeitraum - Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) - Ernste Schwierigkeiten - Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) - Mahnung - Stellungnahme - Artikel 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 EG) - Zulässigkeit“

In der Rechtssache T-17/96

Télévision française 1 SA (TF1), Gesellschaft französischen Rechts mit Sitz in Paris, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Georges Vandersanden, Jean-Paul Hordies und Agnès Maqua, Brüssel, Zustellungsbevollmächtigte: Fiduciaire Myson SARL, 30, rue de Cessange, Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Gérard Rozet und Klaus Wiedner, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

unterstützt durch

Französische Republik, vertreten durch Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und Philippe Martinet, Sekretär für auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, und Frédérik Million, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Feststellung gemäß Artikel 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG), daß die Kommission gegen ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag verstoßen hat, indem sie zu der Beschwerde, die die Klägerin gegen die Französische Republik betreffend die Vereinbarkeit der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender France 2 und France 3 (France-Télévision) mit den Artikeln 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG), 90 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 1 EG) und Artikel 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) erhoben hat, keine Stellung genommen hat, hilfsweise wegen Nichtigerklärung der angeblich in einem Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 1995 enthaltenen Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG),

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger, des Richters K. Lenaerts, der Richterin V. Tiili sowie der Richter J. Azizi und P. Mengozzi,

Kanzler: H. Jung

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 1998,

folgendes

Urteil

Sachverhalt

1.
    Das Fernsehen unterlag in Frankreich bis 1982 dem Staatsmonopol und wurde seither schrittweise liberalisiert. Gegenwärtig besteht die audiovisuelle Medienlandschaft aus dem öffentlich-rechtlichen Sektor, der sich aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern France 2 und France 3 zusammensetzt (diese beiden Sender bilden die Gruppe France-Télévision; im folgenden: France-Télévision) und aus mehreren privaten Fernsehgesellschaften.

2.
    Während sich der private Sektor des Fernsehens ausschließlich über Einnahmen aus der Werbung finanziert (Werbung im eigentlichen Sinn, Programmsponsoring, Verkaufssendungen), verfügen die öffentlich-rechtlichen Sender nicht nur über Einnahmen aus der Werbung, sondern auch über verschiedene öffentliche Finanzmittel (Einnahmen aus den Rundfunk- und Fernsehgebühren, Sonderzuweisungen von Haushaltsmitteln, Zuschüsse usw.).

3.
    Am 10. März 1993 reichte die Klägerin, die Télévision française 1 SA (TF1) bei der Kommission eine Beschwerde ein, mit der sie die Art und Weise der Finanzierung und des Betriebes der Sender von France-Télévision beanstande. Es ist unstreitig, daß mit dieser Beschwerde ausdrücklich der Verstoß gegen die namentlich aufgeführten Artikel 85 (jetzt Artikel 81 EG), 90 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 1 EG) und Artikel 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) gerügt wurde.

4.
    Am 16. Juli 1993 richtete die Kommission ein Auskunftsersuchen an die Klägerin, auf das diese am 30. September 1993 antwortete.

5.
    Am 5. Juli 1995 teilte das Kommissionsmitglied Van Miert der Klägerin mit, daß die Kommission mit ähnlichen Beschwerden bezüglich anderer Mitgliedstaaten befaßt sei, bei denen es um die gesamte allgemeine Problematik der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gehe, und daß die Kommission daher beschlossen habe, eine Studie über die damals zwölf Mitgliedstaaten der Union in Auftrag zu geben. Ergänzend führte die Kommission aus, daß diese Studie wegen methodischer Schwierigkeiten und wegen des Umfangs der Untersuchung bisher noch nicht abgeschlossen sei, daß aber mit ersten Ergebnissen vor Sommer 1995 zu rechnen sei. Die Kommission sei jedoch nicht in der Lage, ein genaues Datum für die Auswertung des Berichts zu nennen. Sie forderte die Klägerin auf, Beweismittel vorzulegen, aus denen sich ergebe, daß France-Télévision staatliche Beihilfen erhalten habe, die im Mißverhältnis zu ihren gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen stehen.

6.
    Mit Schreiben vom 3. Oktober 1995 wies die Klägerin die Kommission darauf hin, daß in Frankreich durch die staatlichen Beihilfen für die öffentlich-rechtlichen Sender der Wettbewerb mit sämtlichen Privatsendern bewußt verzerrt werde. Mit der Erklärung, nicht noch Jahre warten zu können, richtete sie ein förmliches Ersuchen an die Kommission mit der vorsorglichen Aufforderung, „unterBeachtung der in der Beschwerde [vom 10. März 1993] dargelegten Gründe Stellung zu nehmen und tätig zu werden“.

7.
    Am 11. Dezember 1995 sandte die Beklagte an die Klägerin ein Schreiben, in dem es u. a. heißt: „Nachdem uns die Ergebnisse der Studie zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter in den zwölf Staaten, die vor dem 1. Januar 1995 Mitglied der Europäischen Union waren, vorliegen, haben wir am 21. November 1995 an die französische Regierung ein Schreiben mit Fragen übersandt, deren Beantwortung uns in die Lage versetzen wird, eine Entscheidung über die weitere Behandlung Ihrer Beschwerde zu treffen. Wir werden Sie über die Ermittlungen in dieser Sache auf dem laufenden halten und Sie gegebenenfalls um weitere Auskünfte bitten.“

Verfahren

8.
    Mit Klageschrift, die am 2. Februar 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat TF1 die vorliegende Klage erhoben.

9.
    Mit Schriftsatz, der am 4. Juli 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten beantragt. Mit Beschluß des Präsidenten der Fünften erweiterten Kammer vom 17. September 1996 ist diesem Antrag stattgegeben worden.

10.
    Mit Schreiben, das am 2. Juni 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission die Kopie eines Schreibens vom 15. Mai 1997 zu den Akten gereicht, das an die Klägerin gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze (1) und (2) der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. Nr. 127, S. 2268) gerichtet war. In diesem Schreiben teilte die Kommission der Klägerin mit, sie sei anhand der ihr vorliegenden Informationen zu der Auffassung gekommen, daß der Beschwerde nicht stattgegeben werden könne, soweit mit ihr die Verletzung der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) gerügt werde. Sie forderte die Klägerin auf, ihre Erklärungen binnen einer Frist von zwei Monaten ab dem 15. Mai 1997 abzugeben. Sie wies ferner darauf hin, daß sie nach Prüfung der auf einen Verstoß gegen Artikel 90 EG-Vertrag gestützten Beschwerdegründe dem gerügten Sachverhalt keine Zuwiderhandlung entnehmen könne.

11.
    Die Parteien sind mit Schreiben der Kanzlei des Gerichts vom 17. Juni 1997 in Anbetracht des Schreibens vom 15. Mai 1997 aufgefordert worden, sich zum Fortgang des Verfahrens und zu der Frage zu äußern, ob es noch einer Entscheidung bedarf. Die Beklagte, die Klägerin und die Streithelferin sind dieser Aufforderung am 2., am 17. und am 18. Juli 1998 nachgekommen.

12.
    Mit Entscheidung des Gerichts vom 21. September 1998 ist der Berichterstatter der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts zugeteilt worden mit der Folge, daß die Rechtssache dieser Kammer zugewiesen worden ist.

13.
    Das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

14.
    Die Parteien haben in der Sitzung vom 24. November 1998 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

15.
    Die Klägerin beantragt,

-    die Untätigkeit der Kommission festzustellen, weil diese nicht binnen zwei Monaten ab dem Aufforderungsschreiben vom 3. Oktober 1995 Stellung genommen hat;

-    der Kommission aufzugeben, über die Beschwerde zu entscheiden;

-    hilfsweise, die Stellungnahme der Kommission vom 11. Dezember 1995 für nichtig zu erklären;

-    der Kommission die gesamten Kosten der Verfahrens aufzuerlegen.

16.
    Die Beklagte beantragt,

-    die Untätigkeitsklage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

-    den hilfsweise gestellten Nichtigkeitsantrag als unzulässig abzuweisen;

-    der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

17.
    Die Französische Republik unterstützt als Streithelferin die Anträge der Kommission.

Zur Untätigkeitsklage

Zur Zulässigkeit

Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag tätig geworden ist

- Vorbringen der Beklagten

18.
    Die Kommission trägt erstens vor, die Klage sei wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin unzulässig, soweit ihr damit vorgeworfen werde, daß sie ihrer angeblichen Verpflichtung zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) nicht nachgekommen sei. Die Entscheidung, die sie im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit einer Maßnahme, die als staatliche Beihilfe gerügt worden sei, zu treffen habe, sei, wenn feststehe, daß es sich um eine staatliche Beihilfe im Sinne der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag handele, an die Französische Republik zu richten. Die Klägerin könne nicht Adressatin einer solchen Entscheidung sein. Sie sei daher nicht befugt, Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Kommission den Erlaß eines nicht an sie gerichteten Rechtsaktes unterlassen habe.

19.
    Die im Zusammenhang mit den Artikeln 85 und 86 geltenden Verfahrensregeln könnten, so die Kommission, nicht den Verfahrensregeln gleichgestellt werden, die für die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag gelten, da die Wettbewerbsregeln, die das Verhalten der Unternehmen beträfen, den Beschwerdeführern zwangsläufig eine entscheidende Rolle zuwiesen, während im Bereich der staatlichen Beihilfen der Hauptgesprächspartner der Kommission der Mitgliedstaat sei, dessen Verhalten in Frage stehe.

20.
    Die Kommission räumt jedoch ein, daß der Vertrag den Drittbetroffenen einen bestimmten Platz im Dialog zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und der Kommission einräume. So habe die Kommission, wenn sie nach Abschluß der Vorprüfungen nicht alle Zweifel an der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt habe ausräumen können, das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens habe sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung zu setzen, diese Mitteilung diene aber „lediglich dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen“ (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnr. 19).

21.
    Dem Beschwerdeführer komme keine besondere Stellung im Rahmen des Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zu, und es sei nicht denkbar, daß eine Entscheidung unmittelbar an ihn gerichtet werde (Urteile des Gerichtshofes vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnr. 28, vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnr. 10; Schlußanträge des Generalanwalts Tesauro in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1993, Slg. 1993, I-2487, I-2502, I-2510).

22.
    Die Kommission trägt zweitens vor, daß ein Klagerecht des Drittbetroffenen nicht durch eine extensive Auslegung der Bestimmungen des Artikels 175 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 Absatz 3 EG) gerechtfertigt werden könne. Der signifikante Unterschied in der Formulierung des Absatzes 4 des Artikels 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) und des Absatzes 3 des Artikels 175 EG-Vertrag sei ein Beweis dafür, daß das Klagerecht nach Artikel 175 EG-Vertrag enger sei als das nach Artikel 173 EG-Vertrag. Unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juni 1982 in der Rechtssache 246/81 (Lord Bethell/Kommission, Slg. 1982, 2277, Randnr. 16) und auf den Beschluß des Gerichts vom 23. Januar 1991 in der Rechtssache T-3/90 (Prodifarma/Kommission, Slg. 1991, II-1, Randnr. 35) vertritt die Kommission die Ansicht, daß nur der potentielle Adressat eines Rechtsaktes berechtigt sei, eine Klage gemäß Artikel 175 EG-Vertrag zu erheben.

23.
    Die Kommission verweist auf den Unterschied zwischen der vorliegenden und der mit Urteil des Gerichtshofes vom 16. Februar 1993 entscheidenden Rechtssache (C-107/91, ENU/Kommission, Slg. 1993, I-599, Randnrn. 15 bis 17). Der Gerichtshof habe in dieser Rechtssache die Untätigkeitsklage eines Unternehmens unter Berufung darauf für zulässig erklärt, daß das Unternehmen zwar nicht der formelle Adressat der vorgeschriebenen Handlung, von dieser jedoch unmittelbar und individuell betroffen gewesen sei. Die ENU habe nach der Systematik des EAG-Vertrags eine besondere Stellung gehabt, die sich von derjenigen der Klägerin im vorliegenden Fall dadurch unterscheide, daß die ENU die wahre Adressatin der beantragten Entscheidung gewesen sei und diese Entscheidung Rechtswirkungen in bezug auf die ENU habe entfalten können, während die von TF1 beantragte Entscheidung eine an Frankreich gerichtete Entscheidung sei, die ihr gegenüber keine unmittelbaren Wirkungen habe.

24.
    Die Feststellung der Unzulässigkeit der vorliegenden Untätigkeitsklage führe keineswegs zu einer Lücke im System des Schutzes der legitimen Interessen der Drittbetroffenen, da die Aufgabe der nationalen Organe der Rechtspflege und die der Kommission sich gegenseitig ergänzten. Bei einer Verletzung des letzten Satzes des Artikels 93 Absatz 3 EG-Vertrag durch die nationalen Behörden hätten nämlich die nationalen Gerichte alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um den Schutz der Interessen der Drittbetroffenen zu gewährleisten.

25.
    Die französische Regierung trägt vor, die Rechtsprechung zu Beschwerden betreffend die Artikel 85 und 86 EG-Vertrag sei nicht einschlägig, da im Bereich des Wettbewerbs die Verordnungen Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. Nr. 13, S. 204) und Nr. 99/63 dem Beschwerdeführer eine Sonderstellung eingeräumt hätten, während es für die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag noch keine Verfahrensordnung gebe und auch keine Vorschrift bestehe, aufgrund deren die Kommission verpflichtet sei, den Beschwerdeführer gegebenenfalls davon zu unterrichten, daß sie beabsichtige, die Beschwerde zurückzuweisen. Zudem sei es nicht allein Sache der Kommission, für die Beachtung des Artikels 93 Absatzes 3 EG-Vertrag Sorge tragen, da die nationalen Gerichte die Ungültigkeit der nicht angemeldeten Beihilfemaßnahmen festzustellen und hieraus sämtliche Folgerungen, gegebenenfalls durch Anordnung der Rückzahlung, zu ziehen hätten, auch wenndie Kommission mit der Sache befaßt sei (Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-354/90, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires, Slg. 1991, I-5505). Die Unzulässigkeit einer Untätigkeitsklage, die sich gegen die Ablehnung der Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag oder gegen die Zurückweisung einer Beschwerde richte, nehme somit der Klägerin nicht das Recht auf wirksamen Rechtsschutz.

- Würdigung durch das Gericht

26.
    Gemäß Artikel 175 Absatz 3 EG-Vertrag kann jede natürliche oder juristische Person vor dem Gerichtshof Beschwerde darüber führen, daß ein Organ der Gemeinschaft es unterlassen hat, einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme an sie zu richten.

27.
    Aus der Rechtsprechung geht hervor, daß die Artikel 173 und 175 EG-Vertrag ein und denselben Rechtsbehelf regeln und daß Artikel 175 Absatz 3 EG-Vertrag dahin auszulegen ist, daß der einzelne Untätigkeitsklage nicht nur gegen ein Organ erheben kann, das es unterlassen hat, einen Rechtsakt zu erlassen, der an ihn gerichtet wäre, sondern auch gegen ein Organ, das es unterlassen hat, einen Rechtsakt zu erlassen, der ihn unmittelbar und individuell betroffen hätte (Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1996 in der Rechtssache C-68/95, T. Port, Slg. 1996, I-6065, Randnr. 59).

28.
    Die Kommission nimmt daher zu Unrecht an, daß der Antrag auf Feststellung der Untätigkeit, soweit er sich dagegen richtet, daß sie nicht gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag tätig geworden ist, allein deswegen unzulässig ist, weil die Klägerin keine potentielle Adressatin einer der drei Entscheidungen ist, die die Kommission im vorliegenden Fall nach Abschluß der in Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag genannten Vorprüfungsphase gegenüber der Französischen Republik erlassen könnte, also weder einer Entscheidung, daß die gerügten Maßnahmen keine „Beihilfe“ im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag sind, noch einer Entscheidung, daß diese Maßnahmen zwar eine Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, jedoch mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag vereinbar sind, noch einer Entscheidung, daß das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet wird, wenn die Kommission zur gegenteiligen Überzeugung kommt oder nicht alle bei der Prüfung der fraglichen Maßnahmen entstandenen Schwierigkeiten lösen kann.

29.
    Es ist daher zu prüfen, ob die Klägerin unmittelbar und individuell von diesen Rechtsakten betroffen ist.

30.
    Nach dem Urteil des Gerichts vom 27. April 1995 in der Rechtssache T-435/93 (ASPEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1281, Randnr. 60) ist ein Unternehmen als durch eine Entscheidung der Kommission über eine staatliche Beihilfe unmittelbar betroffen anzusehen, wenn die Absicht der nationalen Behörden, ihrBeihilfevorhaben zu verwirklichen, außer Zweifel steht. Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, daß die streitigen Mittel von den französischen Behörden bereits gewährt worden sind und noch immer gewährt werden. Unter diesen Umständen ist die Klägerin als unmittelbar betroffen anzusehen.

31.
    Stellt die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten, aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 fest, daß eine Maßnahme keine Beihilfe ist oder diese Maßnahme zwar eine Beihilfe, aber mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so können nach ständiger Rechtsprechung die Personen, denen die in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahrensgarantien zugute kommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung der Kommission vor dem Gerichtshof anzufechten (vgl. zuletzt Urteile des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink‘s France, Slg. 1998, I-1719, Randnrn. 40 und 47, und des Gerichts vom 16. September 1998 in der Rechtssache T-188/95, Waterleiding Maatschappij/Kommission, Slg. 1998, II-3713, Randnr. 53). Beteiligte im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag, die als individuell betroffen anzusehen sind, sind die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die konkurrierenden Unternehmen (Urteil Kommission/Sytraval und Brink‘s France, Randnr. 41). Im vorliegenden Fall ist die Klägerin unstreitig eine Beteiligte im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag, weil sie einen der privaten Fernsehsender betreibt, die mit den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern, die die beanstandeten Mittelzuweisungen erhalten haben, konkurrieren, und weil die von ihr eingereichte Beschwerde die Vorprüfung der Kommission bezüglich dieser Mittelzuweisungen ausgelöst hat.

32.
    Schließlich geht die Entscheidung, das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten, notwendigerweise dem Verfahren voraus, an dessen Ende eine endgültige, die Klägerin individuell betreffende Entscheidung der Kommission steht, z. B. die Entscheidung, mit der die gerügten Maßnahmen, deren Qualifizierung als Beihilfe bis dahin ernsthafte Schwierigkeiten bereitet hatte, für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden.

33.
    Die Klägerin ist folglich als durch die Entscheidungen unmittelbar und individuell betroffen anzusehen, die von der Kommission nach Einleitung des Vorprüfungsverfahrens bezüglich der Mittelzuweisungen erlassen werden können, die die öffentlich-rechtlichen Fernsehgesellschaften von den französischen Behörden erhalten.

34.
    Die Klägerin forderte mit ihrem Schreiben vom 3. Oktober 1995 die Kommission nach Artikel 175 EG-Vertrag wirksam auf, gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag tätig zu werden.

35.
    Auch der Umstand, daß möglicherweise im nationalen Recht Klagemöglichkeiten bestehen, durch deren Inanspruchnahme die Klägerin die streitigen Mittelzuweisungen an die öffentlich-rechtlichen Sender verhindern könnte, wäre für die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags auf Feststellung der Untätigkeit ohne Bedeutung (vgl. in diesem Sinn Urteil des Gerichts vom 5. Juni 1996 in der Rechtssache T-398/94, Kahn Scheepvaart/Kommission, Slg. 1996, II-477, Randnr. 50).

36.
    Die Untätigkeitsklage ist daher zulässig, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag tätig geworden ist.

Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß den Artikeln 85 und 86 EG-Vertrag tätig geworden ist

- Vorbringen der Parteien

37.
    Die Kommission trägt vor, gemäß Artikel 175 EG-Vertrag sei die Untätigkeitsklage nur zulässig, wenn das betreffende Organ zuvor zum Tätigwerden aufgefordert worden sei. Das Schreiben vom 3. Oktober 1995, in dem die Beschwerde gegen die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter und gegen die staatlichen Beihilfen zugunsten dieser Fernsehveranstalter erwähnt werde, könne nicht als „Aufforderung“ nach Artikel 175 EG-Vertrag angesehen werden, gemäß den Artikeln 85 und 86 EG-Vertrag tätig zu werden. Diese Auslegung werde durch die Zwischenantwort der Kommission bestätigt, aus der sich ergebe, daß die Kommission das Schreiben vom 3. Oktober 1995 so verstanden habe, daß es sich ausschließlich auf die in der Beschwerde vom 10. März 1993 gerügten Gesichtspunkte der staatlichen Beihilfen bezogen habe.

38.
    Das Schreiben vom 3. Oktober 1995 mache auch nicht deutlich, welchen Rechtsakt oder welche Entscheidung die Kommission unterlassen haben solle. Nach ständiger Rechtsprechung sei aber die Kommission, wenn Verstöße gegen die Vorschriften der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag behauptet würden, nicht verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten oder gar eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erlassen, wenn sie keine ausschließliche Zuständigkeit habe (Urteil des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission, Slg. 1992, II-2223). Unter diesen Voraussetzungen könne nicht davon ausgegangen werden, daß das Schreiben vom 3. Oktober 1995, mit dem nicht der Erlaß einer die Beschwerde zurückweisenden Entscheidung beantragt werde - auf die allein die Klägerin einen Anspruch habe -, die Voraussetzungen des Artikels 175 EG-Vertrag erfülle.

39.
    Schließlich erfülle das Schreiben vom 3. Oktober 1995 auch nicht die Erfordernisse der Klarheit und Deutlichkeit, die von der Rechtsprechung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage verlangt würden (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Juni 1986 in den Rechtssachen 81/85 und 119/85, Usinor/Kommission, Slg. 1986, 1777,und vom 6. Dezember 1990 in der Rechtssache C-180/88, Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie/Kommission, Slg. 1990, I-4413).

40.
    Die Klägerin widerspricht der Auffassung, daß das Schreiben vom 3. Oktober 1995 nicht als Aufforderungsschreiben angesehen werden könne, das sich über die Regelung der Beihilfen hinaus auch auf den Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag beziehe. Sie habe in diesem Schreiben bei der Kommission beantragt, unter Beachtung der in der Beschwerde dargelegten Gründe Stellung zu nehmen und tätig zu werden. Die Überschrift der Beschwerde vom 10. März 1993 nehme ausdrücklich auf Artikel 85 EG-Vertrag Bezug und nenne den Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag. Der Beschwerdeführer sei nicht nur berechtigt, Anfechtungsklage gegen die Ablehnung der Beschwerde zu erheben, sondern könne auch die Kommission zum Tätigwerden auffordern und gegebenenfalls Untätigkeitsklage nach Artikel 175 EG-Vertrag gegen sie erheben.

- Würdigung des Gerichts

41.
    Gemäß Artikel 175 Absatz 2 EG-Vertrag ist eine Untätigkeitsklage nur zulässig, wenn das in Frage stehende Organ zuvor zum Tätigwerden aufgefordert wurde. Diese Aufforderung an das Organ ist eine wesentliche Förmlichkeit. Sie setzt die Frist von zwei Monaten in Lauf, binnen deren das Organ Stellung zu nehmen hat, und gibt den Rahmen vor, innerhalb dessen eine Klage erhoben werden kann, wenn das Organ nicht Stellung nimmt. Die Aufforderung ist zwar an kein besonderes Formerfordernis gebunden, sie muß jedoch so klar und deutlich sein, daß die Kommission konkret erkennen kann, welchen Inhalt die beantragte Entscheidung haben soll und daß mit ihr beabsichtigt ist, sie zu einer Stellungnahme zu zwingen (vgl. in diesem Sinn Urteil Usinor/Kommission, Randnr. 15).

42.
    In ihrem Schreiben vom 3. Oktober 1995 bezieht sich die Klägerin an drei Stellen nur auf die Problematik der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter in Frankreich und auf der ihnen gewährten Beihilfen, nicht aber auf die Frage des Verstoßes gegen die Artikel 85 und 86 EG-Vertrag. Festzustellen ist jedoch, daß die Klägerin ihr Schreiben vom 3. Oktober 1995 mit dem ausdrücklichen und förmlichen Antrag an die Kommission schloß, unter Beachtung der in ihrer Beschwerde vom 10. März 1993 dargelegten Gründe tätig zu werden. Diese Beschwerde bezog sich unstreitig nicht nur auf den „Verstoß gegen Artikel 92“ EG-Vertrag (Kapitel 1 des Abschnitts 2), sondern auch auf den „Verstoß gegen Artikel 90“ EG-Vertrag (Kapitel 2 des Abschnitts 2) und auf den „Verstoß gegen Artikel 85“ EG-Vertrag (Kapitel 3 des Abschnitts 2). Folglich ist das Schreiben, obwohl es sehr stark die Problematik der Beihilfen in den Vordergrund stellt, dahin auszulegen, daß es eine Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag in bezug auf alle in der Beschwerde ausführlich dargelegten Gründe enthält, also auch in bezug auf diejenigen Gründe, mit denen ein Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag gerügt wurde.

43.
    Die Klage ist daher zulässig, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 85 EG-Vertrag tätig geworden ist.

44.
    Soweit die Klage sich jedoch dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 86 EG-Vertrag tätig geworden ist, ist festzustellen, daß die Klägerin erst in ihrer Erwiderung einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Weder in der Beschwerde vom 10. März 1993 noch in dem Aufforderungsschreiben vom 3. Oktober 1995, in dem die Kommission lediglich aufgefordert wird, „unter Beachtung der in der Beschwerde dargelegten Gründe Stellung zu nehmen und tätig zu werden“, noch in der Klageschrift, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, ist hierauf Bezug genommen worden. Das Schreiben vom 3. Oktober 1995 kann daher nicht einer Aufforderung nach Artikel 175 Absatz 2 EG-Vertrag, gemäß Artikel 86 EG-Vertrag tätig zu werden, gleichgestellt werden, so daß die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen ist.

Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 90 EG-Vertrag tätig geworden ist

- Vorbringen der Parteien

45.
    Die Kommission trägt zunächst vor, daß die Klage insoweit unzulässig sei, da das Schreiben vom 3. Oktober 1995 in bezug auf die Beschwerde vom 10. März 1993, soweit diese Artikel 90 EG-Vertrag betreffe, nicht als Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag angesehen werden könne.

46.
    Jedenfalls sei die Klage deshalb unzulässig, weil die Kommission wegen des weiten Ermessensspielraums, über den sie bei der Durchführung des Artikels 90 EG-Vertrag verfüge, nicht zum Eingreifen verpflichtet sei. Folglich seien natürliche oder juristische Personen, die die Kommission aufforderten, nach Artikel 90 Absatz 3 einzuschreiten, nicht berechtigt, deshalb Klage gegen die Kommission zu erheben, weil diese beschlossen habe, von ihren Befugnissen keinen Gebrauch zu machen, oder weil sie es unterlassen habe, von diesen Befugnissen Gebrauch zu machen (Urteil des Gerichts vom 27. Oktober 1994 in der Rechtssache T-32/93, Ladbroke Racing/Kommission, Slg. 1994, II-1015; Beschluß des Gerichts vom 23. Januar 1995 in der Rechtssache T-84/94, Bilanzbuchhalter/Kommission, Slg. 1995, II-101).

47.
    Die Klägerin räumt ein, daß die Kommission über einen Ermessensspielraum bei der Durchführung des Artikels 90 EG-Vertrag verfüge, weist jedoch darauf hin, daß die Kommission nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag verpflichtet sei, für die Anwendung der Bestimmungen dieses Artikels Sorge zu tragen und, soweit erforderlich, geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedstaaten zu richten. Diese Bestimmungen setzten voraus, daß die Kommission innerhalb angemessener Frist tätig werde. Soweit dies nicht der Fall sei, könne Untätigkeitsklage gegen die Kommission erhoben werden.

- Würdigung durch das Gericht

48.
    Erstens ist festzustellen, daß das Schreiben vom 3. Oktober 1995 entgegen der Auffassung der Kommission eine im Sinne des Artikels 175 Absatz 2 EG-Vertrag ordnungsgemäße Aufforderung zum Tätigwerden nach Artikel 90 EG-Vertrag enthält, soweit die Klägerin bei der Kommission förmlich beantragte, „unter Beachtung der in der Beschwerde [vom 10. März 1993] dargelegten Gründe“ tätig zu werden.

49.
    Daher ist zweitens die Frage zu prüfen, inwieweit eine Untätigkeitsklage sich dagegen richten kann, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 90 EG-Vertrag tätig geworden ist. Artikel 90 Absatz 3 überträgt der Kommission die Aufgabe, darüber zu wachen, daß die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen gegenüber den in Artikel 90 Absatz 1 genannten Unternehmen nachkommen, und verleiht ihr ausdrücklich die Zuständigkeit, hierzu Richtlinien und Entscheidungen zu erlassen. Die Kommission ist insbesondere befugt, mit einer Entscheidung nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag festzustellen, daß eine bestimmte staatliche Maßnahme mit den Vorschriften des EG-Vertrags, insbesondere den Artikeln 85 bis 94 EG-Vertrag (letzterer jetzt Artikel 89 EG), unvereinbar ist, und anzugeben, welche Maßnahmen der Mitgliedstaat, an den die Entscheidung gerichtet ist, zu treffen hat, um seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 12. Februar 1992 in den Rechtssachen C-48/90 und C-66/90, Niederlande u. a./Kommission, Slg. 1992, I-565, Randnrn. 22 bis 30).

50.
    Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag gehört nach seiner Stellung im Vertrag und seinem Zweck zu den Vorschriften, die den freien Wettbewerb gewährleisten sollen, und bezweckt somit den Schutz der Wirtschaftsteilnehmer vor Maßnahmen, mit denen ein Mitgliedstaat die vom Vertrag verliehenen wirtschaftlichen Grundfreiheiten behindert. Sowohl aufgrund der Stellung dieser Vorschriften im Vertrag als auch aufgrund ihres Zweckes darf folglich dem einzelnen nicht der Schutz seiner rechtmäßigen Interessen genommen werden, wenn ein Mitgliedstaat im Hinblick auf öffentliche Unternehmen oder Unternehmen, denen besondere oder ausschließliche Rechte zustehen, Maßnahmen trifft oder beibehält, die in gleicher Weise wettbewerbswidrig wirken wie die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen anderer Unternehmen. Nach der Rechtsprechung zählt zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts der Grundsatz, daß jedermann gegen die Entscheidungen, die gegen ein von den Verträgen anerkanntes Recht verstoßen, einen Anspruch auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes haben muß (vgl. insbesondere Urteile des Gerichtshofes vom 15. Mai 1986 in der Rechtssache 222/84, Johnston, Slg. 1986, 1651, Randnr. 18, vom 19. März 1991 in der Rechtssache C-249/88, Kommission/Belgien, Slg. 1991, I-1275, Randnr. 25; Urteil des Gerichts vom 27. Juni 1995 in der Rechtssache T-186/94, Guérin automoblies/Kommission, Slg. 1995, II-1753, Randnr. 23).

51.
    Der weite Ermessensspielraum, über den die Kommission bei der Durchführung des Artikels 90 EG-Vertrag verfügt, darf diesen Schutz nicht zunichte machen, da, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C-107/95 P (Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, Slg. 1997, I-947, Randnr. 25) entschieden hat, sich nicht von vornherein ausschließen läßt, daß für einen einzelnen ein Ausnahmefall vorliegt, aufgrund dessen er zur Erhebung einer Klage gegen eine Weigerung der Kommission befugt ist, im Rahmen ihrer Überwachungsfunktion nach Artikel 90 Absätze 1 und 3 EG-Vertrag eine Entscheidung zu erlassen.

52.
    Daher ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall für die Klägerin ein solcher Ausnahmefall vorliegt, aufgrund dessen sie zur Erhebung einer Untätigkeitsklage gegen die Unterlassung der Kommission befugt ist, eine Entscheidung gemäß Artikel 90 EG-Vertrag zu erlassen.

53.
    Unstreitig ist die Klägerin der bedeutendste private Fernsehsender in Frankreich mit einer Einschaltquote von 42 % und einem Anteil von 55 % auf dem Anzeigenmarkt. Aufgrund ihres breit gefächerten Programmangebots (Nachrichten, Sport, Kinofilme, Fernsehserien und -filme, Unterhaltung, Magazine, Dokumentarfilme) konkurriert sie darüber hinaus gegenüber demselben Publikum unmittelbar mit den beiden Sendern von France-Télévision. Unstreitig stehen die Klägerin und die beiden Sender von France-Télévision auch in unmittelbarem Wettbewerb miteinander hinsichtlich des Erwerbs von Nutzungsrechten an Filmwerken und audiovisuellen Werken und von Senderechten für Sportereignisse sowie hinsichtlich des Verkaufs von Sendezeiten an Werbeinteressenten.

54.
    Nach Auffassung der Klägerin stehen die verschiedenen Beihilfen, Vergünstigungen, Praktiken, Vereinbarungen und Regelungen, die in der Beschwerde gerügt wurden, in einem Zusammenhang und bilden ein Gesamtgefüge von Maßnahmen, das eine Verzerrung des Wettbewerbs zwischen der Klägerin und den beiden Sendern von France-Télévision bezweckt oder bewirkt.

55.
    Die Klägerin hat, ohne daß dies die Beklagte bestritten hätte, weiterhin vorgetragen, daß die verschiedenen Maßnahmen des Französischen Staates zugunsten von France-Télévision ihre wirtschaftliche Lage empfindlich gestört habe.

56.
    Das Gericht stellt ferner fest, daß im Unterschied zu der Beschwerdeführerin in der Rechtssache Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, die mit ihrer Klage gegen die Weigerung der Kommission, gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Entscheidung gemäß Artikel 90 Absätze 1 und 3 EG-Vertrag zu erlassen, den Mitgliedstaat indirekt zum Erlaß einer allgemeinen Rechtsnorm zwingen wollte, die Klägerin im vorliegenden Verfahren von der Kommission erreichen will, daß diese gemäß Artikel 90 EG-Vertrag zu den gerügten verschiedenen staatlichen Maßnahmen Stellung nimmt, die nach ihrer Auffassung zwei genau bezeichnete, mit ihr im unmittelbaren Wettbewerb stehende Wirtschaftsteilnehmer begünstigen.

57.
    Demnach ist die Klage zulässig, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 90 EG-Vertrag tätig geworden ist.

Zur Begründetheit

Zum Vorwurf der Unterlassung, gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag tätig zu werden

- Vorbringen der Parteien

58.
    Die Klägerin trägt vor, die Kommission dürfe sich, wenn sie mit einem Antrag auf Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilfe befaßt sei, nicht auf die Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 EG-Vertrag beschränken, sondern müsse das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag einleiten (Urteil Cook/Kommission sowie Urteile des Gerichts vom 18. September 1995 in der Rechtssache T-49/93, SIDE/Kommission, Slg. 1995, II-2501, und vom 28. September 1995 in der Rechtssache T-95/94, Sytraval und Brink‘s France/Kommission, Slg. 1995, II-2651). Im vorliegenden Fall habe die Kommission gegen diese Verpflichtung verstoßen.

59.
    Die Beklagte beruft sich zum Beweis dafür, daß sie nicht untätig geblieben sei, auf drei Argumente.

60.
    Erstens trägt die Kommission vor, daß sie zwar keine Entscheidung über das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe oder über die Einleitung des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertag getroffen habe, daß sie aber nicht untätig geblieben sei, sondern im Gegenteil ein Bündel von Maßnahmen in die Wege geleitet habe, um eine besonders vielschichtige und in sämtlichen Mitgliedstaaten anzutreffende Problematik in all ihren Aspekten prüfen zu können. Schon am 12. August 1993 habe sie die französischen Behörden aufgefordert, zu den von der Klägerin in ihrer Beschwerde vorgebrachten Rügen Stellung zu nehmen. Diese hätten am 9. Dezember 1993 geantwortet. Sie habe auch verschiedene Treffen mit der Beschwerdeführerin veranlaßt. Angesichts des Charakters und der Komplexität der Sache habe sie im Dezember 1993 eine eingehende Studie über den Betrieb und die Arbeitsweise der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in der Gemeinschaft in Auftrag gegeben. Gleich nach dem Eingang dieser Studie im Oktober 1995 habe sie sich erneut an die französischen Behörden gewandt und um zusätzliche Auskünfte gebeten, die ihr am 16. Februar 1996 erteilt worden seien. Die Kommission habe mit der Beschwerdeführerin umfangreichen Schriftverkehr geführt und seit März 1993 in intensivem Kontakt gestanden (u. a. Treffen im September und November 1994 sowie im Januar und Oktober 1995). Die Klägerin habe von diesen verschiedenen Maßnahmen Kenntnis gehabt, und es sei ihr nicht unbekannt gewesen, daß der Kommission im Juli 1995 die Studie noch nicht vorgelegen habe. Die Beklagte zeigt sich daher erstaunt darüber, daß die Klägerin ihr am 3. Oktober 1995 ein Aufforderungsschreiben übersandt habe.

61.
    Die Kommission bestreitet die Behauptung der Klägerin, daß sie sich darauf beschränkt habe, eine Studie in Auftrag zu geben. Sie weist darauf hin, daß sie die Untersuchung der Angelegenheit zusammen mit den französischen Behörden aktiv betrieben habe, was auch durch die zahlreichen Treffen mit diesen Behörden, den Schriftverkehr mit ihnen und durch die immer exakteren Fragen bezeugt werde, die insbesondere mit Schreiben vom 4. und 18. Oktober 1996 an diese gerichtet worden seien.

62.
    Zweitens beruft sich die Kommission zur Begründung der unterbliebenen Stellungnahme auf die Komplexität der in Rede stehenden Angelegenheit.

63.
    Sie führt aus, es gebe keine Vorschrift, die für die Erwiderung auf eine Beschwerde, mit der das Vorliegen nicht angezeigter staatlicher Beihilfen gerügt werde, eine Frist bestimme; diese bestimme sich nach den Grundsätzen der zügigen Sachbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Einhaltung dieser Grundsätze müsse im Lichte der Komplexität und des sowohl in rechtlicher wie auch politischer Hinsicht heiklen Charakters dieses Bereichs überwacht werden. Die etwaige rechtliche Einordnung der von der Klägerin gerügten Vorgänge als staatliche Beihilfen verlange ein besonders umsichtiges Vorgehen und erfordere, daß die Kommission vor einer Entscheidung über alle für ein umfassendes Verständnis des Problems erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte verfüge.

64.
    Die Öffnung des Fernsehsektors für den Wettbewerb sei ein relativ junges Phänomen, das insbesondere im Hinblick auf das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern neue Probleme aufwerfe.

65.
    Die Träger öffentlicher Gewalt dürften im Rahmen ihrer Tätigkeiten auf dem Fernsehsektor Ziele nichtkommerzieller Art verfolgen und eine Versorgung der gesamten nationalen Bevölkerung vorschreiben. Die Kommission habe keinerlei Erfahrung in der Behandlung der staatlichen Hilfen in diesem Sektor und müsse daher hierfür Kriterien und besondere methodologische Grundsätze entwickeln. So müsse festgestellt werden, inwieweit die Gefahr einer Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handelsverkehrs bestehe, da mit der Beschwerde der Klägerin, eines französischen Privatunternehmens, das Verhalten der französischen Behörden gegenüber den französischen Sendern gerügt werde. Auch seien die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen genau zu bestimmen und zu entscheiden, inwieweit die von der Klägerin gerügten Mittelzuweisungen und sonstigen Vorteile über eine Kompensierung dieser Verbindlichkeiten hinausgingen und eine staatliche Hilfe darstellten, deren Vereinbarkeit in einem weiteren Schritt zu prüfen sei. Sie habe den Mitgliedstaaten bereits im Juli 1995 den ersten Entwurf einer allgemeinen Leitlinie für diese Problematik mitgeteilt und hoffe, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten kurzfristig ein allgemeines Dokument erstellen zu können, das bei der Prüfung konkreter Einzelfälle eine Orientierungshilfe darstellen werde.

66.
    Drittens macht die Kommission geltend, daß sie noch nicht in der Lage sei, Stellung zu nehmen, und daß daher die in Artikel 175 Absatz 2 EG-Vertrag genannten Voraussetzungen des Vorverfahrens nicht erfüllt seien.

67.
    Sie könne nicht als untätig im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag angesehen werden. Zur Zeit der Versendung des Aufforderungsschreibens nämlich sei es ihr unmöglich gewesen, in dem von der Klägerin gewünschten Sinn tätig zu werden, da sie damals hinsichtlich der Qualifizierung der Kapitalzuweisungen und anderer Vorteile für France-Télévision noch nicht zu einem Ergebnis gekommen sei, obwohl sie alle entsprechenden Maßnahmen hierfür eingeleitet habe.

68.
    Angesichts der gravierenden Auswirkungen, die eine etwaige Einleitung des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag nicht nur für France-Télévision, sondern auch für die meisten der in der Gemeinschaft arbeitenden öffentlich-rechtlichen Fernsehsender insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung zur Aussetzung der Gewährung der staatlichen Beihilfen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C-312/90, Spanien/Kommission, Slg. 1992, I-4117) haben könne, sei sie nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der zügigen Sachbehandlung verpflichtet, eine Entscheidung erst dann zu treffen, wenn sie sich eine hinreichend begründete Meinung haben bilden können.

69.
    Der Antrag der Klägerin sei somit unbegründet, weil die Kommission einerseits alle notwendigen Schritte, die wegen der Komplexität der Angelegenheit geboten seien, innerhalb einer Frist unternommen habe, die angesichts der Schwierigkeiten bei der Untersuchung des Sektors im allgemeinen, der Neuartigkeit der Problemstellung, der Bedeutung der möglichen Ergebnisse und der besonderen Schwierigkeiten im Fall von France-Télévision angemessen sei, und weil sie andererseits im Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens nicht in der Lage gewesen sei, in dem von der Klägerin gewünschten Sinn tätig zu werden.

70.
    Die Kommission macht schließlich geltend, die Pressemitteilung vom 2. Oktober 1996 über die Finanzierung der portugiesischen öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter sei eine Bestätigung dafür, daß ihre Haltung gegenüber der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender keinesfalls dilatorischen Charakter habe und daß sie eine Entscheidung treffen werde, sobald sie hierzu in der Lage sei.

71.
    Die Streithelferin stimmt den von der Beklagten vorgebrachten Argumenten in vollem Umfang zu und bestätigt, daß die Kommission mit der Prüfung der ihr vorgelegten Fragen befaßt sei und daß diese Prüfung vielschichtige Probleme aufwerfe, durch die die lange Untersuchungszeit gerechtfertigt sei.

- Würdigung durch das Gericht

72.
    Für die Entscheidung über die Begründetheit einer Untätigkeitsklage ist zu prüfen, ob die Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gemäß Artikel 175 EG-Vertrag aufgefordert wird, zum Tätigwerden verpflichtet war (Beschlüsse des Gerichts vom 13. November 1995 in der Rechtssache T-126/95, Dumez/Kommission, Slg. 1995, II-2863, Randnr. 44, und vom 6. Juli 1998 in der Rechtssache T-286/97, Goldstein/Kommission, Slg. 1998, II-2269, Randnr. 24).

73.
    Da die Kommission für die Prüfung der Vereinbarkeit einer staatlichen Hilfe mit dem Gemeinsamen Markt ausschließlich zuständig ist, hat sie im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrages auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen eine Beschwerde, mit der das Vorliegen einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Hilfe gerügt wird, sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen (vgl. in diesem Sinn Urteil Kommission/Sytraval und Brink‘s France, Randnr. 62).

74.
    Ebenso wie die Kommission eine Entscheidung über einen Freistellungsantrag gemäß Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag nicht unbegrenzt hinausschieben kann (Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739, Randnr. 55), kann sie auch die Vorprüfung staatlicher Maßnahmen, die als Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag gerügt wurden, nicht unbegrenzt ausdehnen, wenn sie sich - wie im vorliegenden Fall - einmal für die Einleitung einer solchen Vorprüfung entschieden hat (Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-95/96, Gestevisión Telecinco/Kommission, Slg. 1998, II-3407, Randnr. 74). Nach ständiger Rechtsprechung ist das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 vielmehr unerläßlich, sobald die Kommission bei der Prüfung, ob ein Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, auf ernste Schwierigkeiten stößt (vgl. insbesondere Urteil Kommission/Sytraval und Brink‘s France, Randnr. 39).

75.
    Die Angemessenheit der Dauer eines solchen Verwaltungsverfahrens ist anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere seines Kontexts, der verschiedenen Verfahrensabschnitte, die die Kommission abzuschließen hat, der Komplexität der Angelegenheit sowie ihrer Bedeutung für die verschiedenen Beteiligten zu beurteilen (Urteile des Gerichts vom 19. März 1997 in der Rechtssache T-73/95, Oliveira/Kommission, Slg. 1997, II-381, Randnr. 45, und SCK und FNK/Kommission, Randnr. 57).

76.
    Die Beschwerde der Klägerin ist am 10. März 1993 eingegangen. Zu dem Zeitpunkt, als die Kommission gemäß Artikel 175 EG-Vertrag aufgefordert wurde, also am 3. Oktober 1995, dauerte die Vorprüfung der Kommission somit bereits 31 Monate. Zwischen den Parteien ist ferner unstreitig, daß die Kommission die allgemeine Problematik der Finanzierung des öffentlichen Fernsehens seit dem Eingang einer ähnlichen Beschwerde über das Fernsehen in Spanien am 2. März 1992 prüfte.

77.
    Diese Zeiträume sind so lang, daß es der Kommission hätte möglich sein müssen, die Vorprüfungsphase der fraglichen Maßnahmen abzuschließen. Folglich hätte sie in dieser Zeit eine Entscheidung über die fraglichen Maßnahmen erlassen müssen (vgl. oben, Randnr. 28), es sei denn, sie wiese nach, daß diese Zeiträume durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt waren.

78.
    Keines der von der Kommission vorgebrachten Argumente kann jedoch die lange Dauer des Verfahrens rechtfertigen. Wie das Gericht im Urteil Gestevisión Telecinco/Kommission (Randnrn. 82 bis 90) in bezug auf eine Beschwerde entschieden hat, die dieselbe Problematik der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter betraf, können weder die Komplexität der fraglichen Angelegenheit noch der politisch heikle Charakter dieses Bereichs, noch die verschiedenen, von der Kommission eingeleiteten Maßnahmen oder der Umstand, daß sie noch nicht in der Lage war, die verschiedenen Mittelzuweisungen an France-Télévision als staatliche Beihilfen zu qualifizieren, eine derartig lange Dauer der Vorprüfung der fraglichen Maßnahmen rechtfertigen. Die Kommission hätte im Zeitpunkt der Aufforderung zum Tätigwerden am 3. Oktober 1995 in der Lage sein müssen, eine Entscheidung zu erlassen, mit der entweder festgestellt wird, daß die verschiedenen streitigen Finanzierungen und Mittelzuweisungen keine staatlichen Beihilfen darstellten oder daß sie zwar staatliche Beihilfen darstellten, jedoch mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar waren, oder aber daß ernsthafte Schwierigkeiten sie verpflichteten, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten, in dem alle Betroffenen und insbesondere die Beschwerdeführerin und die Mitgliedstaaten die Möglichkeit gehabt hätten, Stellung zu nehmen. Sie hätte im übrigen auch innerhalb dieses Zeitraums eine aus mehreren Elementen bestehende Entscheidung erlassen können, mit der sie je nach den Umständen eine der drei vorstehend genannten Entscheidungen hätte kombinieren können (vgl. in diesem Sinn Urteil des Gerichts vom 17. Februar 1998 in der Rechtssache T-107/96, Pantochim/Kommission, Slg. 1998, II-311, Randnr. 51). Wenn ein Mitgliedstaat Bedenken hat, daß die von ihm geplanten Maßnahmen als staatliche Beihilfen zu qualifizieren sind, so steht es ihm frei, seine Interessen dadurch zu wahren, daß er sein Vorhaben der Kommission anzeigt, die dann verpflichtet ist, binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen. Bleibt diese Stellungnahme aus, ist die Beihilfe als bestehende Beihilfe anzusehen, die der von Artikel 93 Absätze 1 und 2 EG-Vertrag vorgesehenen Kontrolle unterliegt, und der Mitgliedstaat kann das Vorhaben durchführen, nachdem er dies der Kommission zuvor angezeigt hat (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1973 in der Rechtssache 120/73, Lorenz, Slg. 1973, 1471, Randnr. 4). Dieser Rechtsprechung liegt die Notwendigkeit zugrunde, dem berechtigten Interesse des betreffenden Mitgliedstaates an einer schnellen Unterrichtung über die Rechtslage Rechnung zu tragen. Diese Notwendigkeit fehlt jedoch, wenn der Mitgliedstaat Maßnahmen durchgeführt hat, ohne die Kommission zuvor davon unterrichtet zu haben (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C-39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I-3547, Randnr. 48). Wie der Gerichtshof dargelegt hat, betrifft in diesem Fall die unmittelbare Anwendbarkeit des in Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 enthaltenenDurchführungsverbots jede Beihilfemaßnahme, die durchgeführt wird, ohne daß sie angezeigt worden ist (Urteil SFEI u. a., Randnr. 39). Wenn es, wie im vorliegenden Fall, der Mitgliedstaat unterlassen hat, seine beabsichtigte Beihilfemaßnahme anzuzeigen, besteht für ihn aufgrund dieser Tatsache ein absolutes Verbot der Durchführung der beabsichtigten Maßnahmen, bei dessen Verletzung die nationalen Gerichte Sanktionen verhängen können. Im vorliegenden Fall kann daher die Kommission die Tatsache, daß sie es unterlassen hat, Stellung zu nehmen, jedenfalls nicht unter Berufung darauf rechtfertigen, daß die Einleitung des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2 EG-Vertrag zu einer Aussetzung der betreffenden Beihilfen geführt hätte.

79.
    Im übrigen ist unstreitig, daß die Kommission bis zum heutigen Tag keine dieser Entscheidungen erlassen hat.

80.
    Nach alledem lag am 3. Dezember 1995, also nach Ablauf der Frist von zwei Monaten seit der Aufforderung zum Tätigwerden vom 3. Oktober 1995, Untätigkeit der Kommission vor, da sie keine Entscheidung erlassen hatte, und zwar weder in dem Sinne, daß die in Rede stehenden staatlichen Maßnahmen keine Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, noch in dem Sinne, daß sie zwar als Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 zu qualifizieren, jedoch gemäß Artikel 92 Absätze 2 und 3 als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sind, noch des Inhalts, daß das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten ist, und da sie auch keine Entscheidung erlassen hatte, die sich je nach den Umständen aus diesen verschiedenen möglichen Entscheidungen zusammengesetzt hätte.

81.
    Daher ist der Antrag auf Feststellung der Untätigkeit begründet, soweit er auf die Feststellung gerichtet ist, daß die Kommission rechtswidrig keine Entscheidung gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag erlassen hat.

Zum Vorwurf der Unterlassung, gemäß Artikel 85 EG-Vertrag tätig zu werden

- Vorbringen der Parteien

82.
    Die Klägerin trägt vor, die Kommission sei verpflichtet gewesen, ihr nach Abschluß der ersten Prüfungsphase die in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehene Mitteilung an sie zu richten. Da die Kommission dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, liege Untätigkeit vor.

83.
    In ihren Erklärungen zum Schreiben vom 15. Mai 1997 gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 führt die Klägerin aus, dieses Schreiben könne nicht als eine Stellungnahme angesehen werden, die die Untätigkeit habe beenden können. Das Schreiben sei sehr unzureichend begründet und sogar dilatorisch angesichts der bereits vier Jahre andauernden Untersuchung. Das Schreiben stelle letztlich nur einen rechtsmißbräuchlichen Versuch dar, sich die Rechtsprechung des Gerichtshofes zunutze zu machen, der zufolge eine Stellungnahme des beklagten Organs die Untätigkeit beende. Ein Schreiben der Kommission könne nur dann alsStellungnahme im Sinne des Urteils des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1979 in der Rechtssache 125/78 (GEMA/Kommission, Slg. 1979, 3173) qualifiziert werden, wenn es den Anforderungen des Artikels 6 der Verordnung Nr. 99/63 entspreche und insbesondere die Gründe darlege, auf denen die Stellungnahme beruhe.

84.
    Der Grund, den die Kommission dafür vorgebracht habe, daß Artikel 85 EG-Vertrag keine Anwendung finde, und der darin bestehen solle, daß France-Télévision eine wirtschaftliche Einheit bilde, beruhe auf den Antworten von France 2 und France 3 vom 10. November 1993 und auf einem Schreiben von TF1 vom 30. April 1993. Weder die Komplexität der Angelegenheit noch die Ergebnisse der Studie hätten daher den geringsten Einfluß auf den Inhalt des besonders kurz gefaßten Schreibens haben können. Die Rechtfertigung der Kommission, die auf das Fehlen eines Gemeinschaftsinteresses gestützt werde, berücksichtige auch nicht die Argumente und Unterlagen, die in der am 10. März 1997 eingegangenen Ergänzung zur Beschwerdeschrift genannt worden seien. Die Klägerin bittet daher das Gericht, die Kommission aufzufordern, ihr eine ordnungsgemäß begründete Antwort zu erteilen, die geeignet sei, ihr Aufklärung zu geben, und anhand deren sie beurteilen könne, ob sie das Gericht um eine Entscheidung über die Untätigkeit ersuchen solle oder nicht.

85.
    Die Beklagte nimmt Bezug auf die Argumente, die sie im Rahmen der Prüfung der auf eine Verletzung des Artikels 92 EG-Vertrag gestützten Gründe dargelegt hat.

86.
    Die Beklagte trägt darüber hinaus vor, daß das an die Klägerin gerichtete Schreiben vom 15. Mai 1997 eine Stellungnahme gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 darstelle, die die Untätigkeit unterbrochen habe. Über die Klage sei daher insoweit nicht mehr zu entscheiden.

87.
    Die Streithelferin nimmt Bezug auf die Argumente der Beklagten.

- Würdigung durch das Gericht

88.
    Nach der Rechtsprechung stellt ein dem Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 entsprechendes Schreiben an den Beschwerdeführer eine Stellungnahme im Sinne des Artikels 175 Absatz 2 EG-Vertrag dar (Urteil GEMA/Kommission, Randnr. 21). Durch ein solches Schreiben wird die Untätigkeit der Kommission beendet, und die Untätigkeitsklage der Beschwerdeführerin wird gegenstandslos (Urteil des Gerichtshofes vom 18. März 1997 in der Rechtssache C-282/95 P, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, I-1503, Randnrn. 30 und 31).

89.
    Daher ist zu prüfen, inwieweit das Schreiben der Kommission an die Klägerin vom 15. Mai 1997 als eine Mitteilung im Sinne des Artikels 6 der Verordnung Nr. 99/63 angesehen werden kann.

90.
    Das Schreiben vom 15. Mai 1997, das ausdrücklich auf Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 Bezug nimmt, erfüllt sämtliche in dieser Vorschrift vorgesehenen Formerfordernisse. Es nennt zunächst die in der Beschwerde geltend gemachten Gründe, teilt sodann der Beschwerdeführerin die Gründe für deren Zurückweisung mit und räumt eine Frist von zwei Monaten zur Mitteilung etwaiger schriftlicher Bemerkungen ein.

91.
    Die Klägerin trägt demgegenüber vor, das Schreiben vom 15. Mai 1997 könne deswegen nicht als eine die Untätigkeit beendende Stellungnahme angesehen werden, da es sehr unzureichend begründet und sogar dilatorisch sei.

92.
    Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Kommission legte in ihrem Schreiben vom 15. Mai 1997 die beiden Gründe dar, die sie zu der Auffassung veranlaßt hatten, daß der Beschwerde der Klägerin nicht stattgeben werden könne, soweit mit dieser ein Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag gerügt werde, d. h. in dem Umfang, der im Rahmen der vorliegenden Prüfung allein zu berücksichtigen ist. Die Kommission teilte zum einen mit, daß die beiden Unternehmen France 2 und France 3 derselben Gruppe angehörten und unter der Aufsicht eines gemeinsamen Präsidenten stünden, der eine einheitliche Geschäftsleitung wahrnehme, und daß sie daher auf dem Markt nicht über eine wirkliche Autonomie verfügten, sondern eine wirtschaftliche Einheit bildeten, so daß ihr angeblich kollusives Verhalten nach der Rechtsprechung (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-73/95 P, Viho/Kommission, Slg. 1996, I-5457) nicht als ein Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag angesehen werden könne. Zum anderen war die Kommission der Ansicht, daß die Voraussetzungen für die Ablehnung einer Beschwerde wegen fehlenden hinreichenden Gemeinschaftsinteresses im vorliegenden Fall erfüllt seien, da „diese Angelegenheit keine wesentliche Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels erkennen läßt“.

93.
    Selbst wenn man mit der Klägerin annimmt, daß die Begründung des Schreibens vom 15. Mai 1997 strittig und summarisch ist, ist eine solche Rüge für die Frage, ob die Kommission im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag Stellung genommen hat, nicht von Belang.

94.
    Das Schreiben vom 15. Mai 1997 ist somit als Mitteilung gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 zu qualifizieren, durch das eine etwaige Untätigkeit der Kommission beendet worden ist.

95.
    Über den Antrag auf Feststellung der Untätigkeit ist daher nicht zu entscheiden, soweit er auf die Feststellung gerichtet ist, daß die Kommission es rechtswidrig unterlassen hat, gemäß Artikel 85 EG-Vertrag tätig zu werden.

Zum Vorwurf der Unterlassung, gemäß Artikel 90 EG-Vertrag tätig zu werden

- Vorbringen der Parteien

96.
    Die Klägerin macht geltend, daß das Schreiben der Kommission vom 15. Mai 1997, mit dem ihr mitgeteilt worden sei, daß die Kommission nicht beabsichtige, ein Verfahren gemäß Artikel 90 EG-Vertrag einzuleiten, summarisch, ja sogar wertlos und völlig ungenügend sei, so daß es der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, sachgerechte Erklärungen abzugeben. Da das Schreiben vom 15. Mai 1997 nicht als wirkliche Stellungnahme gelten könne, sei die Untätigkeit der Kommission durch das Schreiben nicht beendet worden.

97.
    Die Kommission macht geltend, daß das Schreiben vom 15. Mai 1997 auch eine Prüfung des Sachverhalts nach Artikel 90 EG-Vertrag enthalte, obwohl die Beschwerdeführerin hierauf keinen Anspruch habe.

98.
    Die Streithelferin trägt vor, durch die Stellungnahme der Kommission zur Anwendbarkeit des Artikels 90 EG-Vertrag im Schreiben vom 15. Mai 1997 sei die Untätigkeitsklage jedenfalls gegenstandslos geworden.

- Würdigung durch das Gericht

99.
    Es ist zu prüfen, inwieweit das Schreiben der Kommission vom 15. Mai 1997 eine Stellungnahme im Sinne des Artikels 175 Absatz 2 EG-Vertrag darstellt, durch das die Untätigkeit der Kommission beendet und die Untätigkeitsklage, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 90 EG-Vertrag tätig geworden sei, gegenstandslos geworden ist.

100.
    Im Schreiben vom 15. Mai 1997 hat die Kommission der Klägerin mitgeteilt, daß sie nach Prüfung der auf Artikel 90 EG-Vertrag gestützten Beschwerdegründe nicht in der Lage sei, dem gerügten Sachverhalt eine Zuwiderhandlung zu entnehmen, und die Gründe dargelegt, weshalb sie nicht beabsichtige, ein Verfahren gemäß Artikel 90 EG-Vertrag einzuleiten.

101.
    Sowohl aus dem Inhalt dieses Schreibens als auch aus dem Zusammenhang, in dem das Schreiben steht, geht somit deutlich hervor, daß die Kommission, als sie das Schreiben vom 15. Mai 1997 an die Klägerin richtete, der Auffassung war, daß die von ihr ermittelten Umstände es nicht rechtfertigten, der Beschwerde stattzugeben, soweit mit dieser ein Verstoß gegen Artikel 90 EG-Vertrag gerügt wurde.

102.
    Im übrigen ist, wie oben festgestellt wurde, eine Rüge, mit der eine etwaig fehlerhafte oder nicht ausreichende Begründung geltend gemacht wird, für die Frage, ob die Kommission im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag Stellung genommen hat, nicht von Belang.

103.
    Die Kommission hat daher mit ihrem Schreiben vom 15. Mai 1997 an die Klägerin im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag Stellung genommen. Über den Antrag auf Feststellung der Untätigkeit ist nicht mehr zu entscheiden, soweit er auf dieFeststellung gerichtet ist, daß die Kommission es rechtswidrig unterlassen hat, gemäß Artikel 90 EG-Vertrag tätig zu werden.

Zum hilfsweise gestellten Nichtigkeitsantrag

104.
    Hilfsweise, nämlich für den Fall, daß das Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 1995 eine Entscheidung darstellen sollte, mit der die Beschwerde vom 10. März 1993 zurückgewiesen wurde, trägt die Klägerin vor, daß diese Entscheidung für rechtswidrig zu erklären sei, da in ihr kein Verstoß gegen die Artikel 85, 80 und 92 EG-Vertrag festgestellt werde. In ihrer Erwiderung hat die Klägerin zwar zur Kenntnis genommen, daß die Kommission eingeräumt hat, daß das Schreiben vom 11. Dezember 1995 keine Stellungnahme im Sinne des Artikels 175 EG-Vertrag darstellte. Sie hat jedoch den Nichtigkeitsantrag hilfsweise für den Fall aufrechterhalten, daß das Gericht die gegenteilige Auffassung vertreten sollte.

105.
    Wie aus den übereinstimmenden Stellungnahmen der Parteien und der Würdigung des Gerichts im Rahmen der Untätigkeitsklage hervorgeht, hat das Schreiben vom 11. Dezember 1995 rein informatorischen Charakter und enthält keine Stellungnahme der Kommission zur Sache.

106.
    Über den Nichtigkeitsantrag braucht daher nicht entschieden zu werden, da er lediglich hilfsweise gestellt worden ist.

Kosten

107.
    Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Artikel 87 § 6 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht im Fall der Erledigung der Hauptsache über die Kosten nach freiem Ermessen.

108.
    Vorliegend ist die Kommission zum einen mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen. Sie ist zum anderen der Aufforderung zum Tätigwerden nicht innerhalb der in Artikel 175 EG-Vertrag genannten Frist nachgekommen. Ferner hat sie erst am 15. Mai 1997, also nach Klageerhebung, der Klägerin eine Stellungnahme zu der Beschwerde zugesandt, soweit mit dieser ein Verstoß gegen die Artikel 85 und 90 EG-Vertrag gerügt wurde.

109.
    Aus alledem ergibt sich, daß bei angemessener Würdigung der Umstände des Falles die Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin mit Ausnahme der durch die Streithilfe der Französischen Republik verursachten Kosten zu tragen hat.

110.
    Gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung trägt die Französische Republik ihre eigenen Kosten. Sie trägt außerdem die der Klägerin durch ihre Streithilfe verursachten Kosten.

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.    Die Kommission hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen, daß sie auf die von der Télévision française 1 SA am 10. März 1993 eingereichte Beschwerde betreffend die staatlichen Beihilfen keine Entscheidung erlassen hat.

2.    Über den Antrag auf Feststellung der Untätigkeit braucht nicht entschieden zu werden, soweit er darauf gerichtet ist, daß die Kommission nicht gemäß den Artikeln 85 Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) und 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 EG) tätig geworden ist.

3.     Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, daß die Kommission nicht gemäß Artikel 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) tätig geworden ist.

4.     Über den hilfsweise gestellten Nichtigkeitsantrag braucht nicht entschieden zu werden.

5.     Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin mit Ausnahme der durch die Streithilfe der Französischen Republik verursachten Kosten.

6.     Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten sowie die der Klägerin durch ihre Streithilfe verursachten Kosten.

Jaeger
Lenaerts
Tiili

        Azizi                                Mengozzi

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Juni 1999.

Der Kanzler

Der Präsident

H. Jung

M. Jaeger


1: Verfahrenssprache: Französisch.