Language of document : ECLI:EU:C:2023:904

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

23. November 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Agrarpolitik – Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung ‚Garantie‘ – Gemeinschaftliche Beihilferegelung für Aufforstungsmaßnahmen in der Landwirtschaft – Verordnung (EWG) Nr. 2080/92 – Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c – Beihilferegelung – Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten – Voraussetzungen für die Gewährung – Nationale Regelung, die das Erfordernis einer Mindestdichte von Parzellenwiederaufforstungen vorsieht – Nichterfüllen des Erfordernisses aus einem dem Begünstigten nicht zurechenbaren Grund – Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe – Höhere Gewalt – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C‑213/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal) mit Entscheidung vom 24. Februar 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 22. März 2022, in dem Verfahren

Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas, IP

gegen

CS

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter N. Piçarra, M. Safjan, N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),

Generalanwältin: L. Medina,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der CS, vertreten durch J. Teles Branco, Advogado,

–        der portugiesischen Regierung, vertreten durch H. Almeida, P. Barros da Costa, P. Direitinho und A. Pimenta als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch E. Leftheriotou, M. Tassopoulou und A.‑E. Vasilopoulou als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Rechena und A. Sauka als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Buchst. b und c der Verordnung (EWG) Nr. 2080/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Beihilferegelung für Aufforstungsmaßnahmen in der Landwirtschaft (ABl. 1992, L 215, S. 96) sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen CS und dem Instituto de Financiamento da Agricultura e Pescas, IP (Institut für die Finanzierung der Landwirtschaft und der Fischerei, IP, Portugal) (im Folgenden: IFAP) über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung dieses Instituts, mit der die Rückzahlung der Prämien angeordnet wurde, die CS als Beihilfe für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen gemäß der Verordnung Nr. 2080/92 erhalten hatte.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Die Verordnung Nr. 2080/92 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen (ABl. 1999, L 160, S. 80) mit Wirkung vom 2. Juli 1999 aufgehoben. In Anbetracht von Art. 55 Abs. 3 der letztgenannten Verordnung galt die Verordnung Nr. 2080/92 jedoch weiterhin für Maßnahmen, die die Kommission vor dem 1. Januar 2000 auf der Grundlage dieser Verordnung genehmigt hatte, so dass für den Ausgangsrechtsstreit weiterhin die Bestimmungen dieser Verordnung gelten.

4        Die Erwägungsgründe 1 bis 3 und 5 der Verordnung Nr. 2080/92 bestimmen:

„Die Aufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen ist sowohl für die Bodennutzung als auch für den Umweltschutz von besonderer Bedeutung und stellt einen Beitrag zur Verringerung des Defizits an forstwirtschaftlichen Ressourcen in der Gemeinschaft sowie eine Ergänzung der Gemeinschaftspolitik zur Steuerung der Agrarproduktion dar.

Die Erfahrung mit der Aufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch Landwirte hat gezeigt, dass die bestehenden Aufforstungsbeihilfen nicht ausreichen und dass in den letzten Jahren stillgelegte Ackerflächen nur in unzureichendem Maße aufgeforstet wurden.

Die Maßnahmen nach Titel VIII der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91 des Rates vom 15. Juli 1991 zur Verbesserung der Effizienz der Agrarstruktur [(ABl. 1991, L 218, S. 1)] müssen daher durch Maßnahmen ersetzt werden, die einen wirksameren Anreiz zur Aufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen bieten.

Eine degressive Prämie, die als Beitrag für die Pflege der Neuaufforstungen für die ersten fünf Jahre gezahlt wird, kann einen besonderen Anreiz für die Aufforstung darstellen.“

5        Art. 1 („Ziele der Beihilferegelung“) der Verordnung Nr. 2080/92 sieht vor:

„Es wird eine vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, kofinanzierte gemeinschaftliche Beihilferegelung geschaffen, um

–        die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisationen vorgesehenen Änderungen abzustützen,

–        zu einer langfristigen Verbesserung der Waldressourcen beizutragen,

–        zu einer Bewirtschaftung des natürlichen Raums beizutragen, die mit dem ökologischen Gleichgewicht besser vereinbar ist,

–        gegen den Treibhauseffekt vorzugehen und die Kohlendioxidabsorption zu unterstützen.

Ziel der gemeinschaftlichen Beihilferegelung ist es,

a)      eine alternative Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen durch Aufforstung zu fördern;

b)      zur Entwicklung forstwirtschaftlicher Tätigkeiten in den landwirtschaftlichen Betrieben beizutragen.“

6        Art. 2 („Beihilferegelung“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 2080/92 bestimmt:

„Die Beihilferegelung kann Folgendes umfassen:

a)      Beihilfen zu den Aufforstungskosten;

b)      eine jährliche Prämie je aufgeforsteten Hektar zur Deckung der Kosten für die Pflege der aufgeforsteten Flächen in den ersten fünf Jahren;

c)      eine jährliche Hektarprämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten aufgrund der Aufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen;

d)      Investitionsbeihilfen zur Verbesserung von Waldflächen, und zwar insbesondere für die Anlage von Wind- und Brandschutzstreifen, von Wasserstellen und von forstwirtschaftlichen Betriebswegen sowie für die Verbesserung von Korkeichenwäldern.“

7        Art. 3 („Beihilfebeträge“) Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 2080/92 bestimmt:

„Die Beihilfen gemäß Artikel 2 kommen bis zu folgenden Höchstbeträgen für eine Erstattung in Betracht:

b)      Pflegekosten:

–        bei Nadelbäumen 250 [Euro]/ha jährlich in den ersten beiden Jahren und 150 [Euro]/ha jährlich in den folgenden Jahren,

–        bei Laubbäumen oder gemischten Pflanzungen mit mindestens 75 v. H. Laubbäumen 500 [Euro]/ha jährlich in den ersten beiden Jahren und 300 [Euro]/ha jährlich in den folgenden Jahren.

c)      Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten:

–        600 [Euro]/ha jährlich, wenn die Aufforstung von einem landwirtschaftlichen Betriebsinhaber oder einer Vereinigung landwirtschaftlicher Betriebsinhaber vorgenommen wird, die die Flächen vor der Aufforstung bewirtschaftet haben,

–        150 [Euro]/ha jährlich, wenn die Aufforstung von einem anderen in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b) genannten Begünstigten vorgenommen wird,

während einer Höchstdauer von zwanzig Jahren ab der Erstaufforstung.“

8        Art. 4 („Beihilfeprogramme“) der Verordnung Nr. 2080/92 bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten wenden die in Artikel 2 genannte Beihilferegelung im Rahmen einzelstaatlicher oder regionaler Mehrjahresprogramme an, die sich auf die Ziele des Artikels 1 beziehen und in denen insbesondere Folgendes festgelegt ist:

–        die Beträge und der Zeitraum der Beihilfen gemäß Artikel 2 nach Maßgabe der tatsächlichen Ausgaben für die Aufforstung und die Pflege der für die Aufforstung verwendeten Baumarten oder ‑typen bzw. nach Maßgabe der Einkommensverluste;

–        die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfen, insbesondere in Bezug auf die Aufforstung;

–        …

(2)      Die Mitgliedstaaten können auch Gebietspläne für die Aufforstung durchführen, in denen den unterschiedlichen Gegebenheiten in Bezug auf Umwelt, natürliche Bedingungen und Agrarstrukturen Rechnung getragen wird.

Die Gebietspläne zur Aufforstung enthalten insbesondere

–        ein Aufforstungsziel;

–        die Vorkehrungen zur Lokalisierung und Zusammenfassung der aufforstungsfähigen Flächen;

–        die anzuwendenden forstwirtschaftlichen Praktiken;

–        die Auswahl der den örtlichen Bedingungen angepassten Baumarten.“

 Portugiesisches Recht

9        Die Portaria 199/94 do Ministério da Agricultura (Ministerialverordnung Nr. 199/94 des Landwirtschaftsministeriums) vom 6. April 1994 (Diário da República, 1. Serie, Nr. 80, vom 6. April 1994) bestimmt in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Ministerialverordnung Nr. 199/94) in Art. 5 („Jahresprämien“):

„Unbeschadet des nachstehenden Artikels haben die Begünstigten der Beihilfe für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen gemäß Absatz 1 Anspruch auf zwei Jahresprämien je aufgeforsteten Hektar zu den folgenden Zwecken:

a)      um während der ersten fünf Jahre die Kosten zu decken, die sich aus der Pflege der aufgeforsteten Flächen ergeben, die Teil des Investitionsvorhabens sind;

b)      um die Einkommensverluste auszugleichen, die sich aus der Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen ergeben.“

10      Art. 6 („Begünstigte“) der Ministerialverordnung bestimmt:

„1 – Empfänger der in dieser Ministerialverordnung vorgesehenen Beihilfen können sein:

a)      Beihilfe für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen: alle natürlichen oder juristischen Personen;

b)      Beihilfe zur Verbesserung von Waldflächen: Landwirte und ihre Verbände;

c)      Prämie zur Deckung der Kosten für die Pflege der aufgeforsteten Flächen: alle Empfänger der Beihilfe für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen;

d)      Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten: alle natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts, die die Beihilfe für die Aufforstung erhalten, mit Ausnahme derjenigen, die ihre landwirtschaftliche Tätigkeit gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2070/92 des Rates vom 30. Juni 1992 [zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3493/90 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung der Prämie zugunsten der Schaf- und Ziegenfleischerzeuger (ABl. 1992, L 215, S. 63)] einstellen.

2 – Für schnell wachsende Arten, die im Wechsel von weniger als 16 Jahren bewirtschaftet werden, werden die Beihilfen nur für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen und nur hauptberuflich tätigen Landwirten gewährt.“

11      Art. 7 („Pflichten der Begünstigten“) der Ministerialverordnung bestimmt:

„Für die Gewährung der in dieser Ministerialverordnung vorgesehenen Beihilfen müssen sich die Begünstigten insbesondere verpflichten:

a)      die Anbaupraktiken einzuhalten, die in dem übergeordneten Wirtschaftsplan vorgesehen sind, der Bestandteil des Investitionsvorhabens ist;

b)      zu gewährleisten, dass die Wiederaufforstungen im Jahr nach Bestandsauffüllung die in Anhang C festgelegten Mindestdichten aufweisen;

c)      die gepflanzten oder verbesserten Waldbestände und die dort befindlichen Infrastrukturen für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren oder, im Fall der Zahlung einer Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten, während des Gewährungszeitraums zu erhalten und zu schützen.

…“

12      Art. 26 („Teilweise Prämienzahlung“) der Ministerialverordnung lautet:

„Wird ein Teil der Wiederaufforstung aus Gründen vernichtet, die der Begünstigte nicht zu vertreten hat, so werden die in dieser Ministerialverordnung vorgesehenen Prämien in dem Verhältnis weitergezahlt, in dem die Fläche in einem guten vegetativen Zustand verbleibt.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

13      Am 4. März 1997 schlossen das IFAP und CS einen Vertrag mit dem Inhalt, dass CS Beihilfen für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen gemäß der Verordnung Nr. 2080/92 erhalten sollte. Diese Vereinbarung, die sich auf fünf Parzellen bezog, sah die Zahlung einer ursprünglichen Beihilfe zur Deckung der Aufforstungskosten, von jährlichen Pflegeprämien und von Jahresprämien für Einkommensverluste vor.

14      Gemäß Klausel C.7 der Allgemeinen Bedingungen der Vereinbarung, in der die Bestimmungen von Art. 7 Buchst. b der Ministerialverordnung Nr. 199/94 übernommen wurden, war CS verpflichtet, „sicherzustellen, dass die gepflanzten Waldbestände im Jahr nach Bestandsauffüllung die gesetzlich vorgesehene Mindestdichte aufweisen“ (im Folgenden: Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte).

15      Außerdem bestimmte Teil E („Kündigung und einseitige Änderung“) der Allgemeinen Bedingungen:

„E.1.      Das IFAP kann diesen Vertrag kündigen oder einseitig ändern, wenn der Begünstigte seinen Verpflichtungen nicht nachkommt oder wenn eine Bedingung für die Gewährung von Beihilfen nicht erfüllt wird oder wegfällt und er dies zu vertreten hat.

E.2.      Das IFAP kann den Betrag der vertragsgegenständlichen Beihilfen ebenfalls einseitig ändern, wenn diese Änderung mit Blick auf die konkreten Bedingungen der Durchführung der Investition oder der Pflege der Bewaldung gerechtfertigt ist.

E.3.      Insbesondere verringern sich die Pflegeprämie und die Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten bei einer teilweisen Vernichtung der Bewaldung proportional zur Fläche, die von der Vernichtung betroffen ist, vorausgesetzt, diese Vernichtung geht auf Gründe zurück, die der Begünstigte nicht zu vertreten hat.“

16      Im Lauf des Jahres 2006 stellte das IFAP fest, dass drei der fünf von dem in der vorstehenden Klausel genannten Vertrag betroffenen Parzellen nicht dem Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte genügten. Daher ordnete das IFAP mit Bescheid vom 11. September 2006 gemäß Klausel E.2 der Allgemeinen Bedingungen die einseitige Änderung des Vertrags an und forderte die Rückzahlung eines Hauptbetrags von 3 992,08 Euro zuzüglich gesetzlich bzw. durch Verordnung angeordneter Zinsen. Dieser Betrag entsprach der Differenz zwischen einerseits den zu Unrecht ausgezahlten Pflegeprämien und Prämien für Einkommensverluste für diese drei Parzellen für die Jahre 1998 und 1999 und andererseits den Pflegeprämien und Prämien für Einkommensverluste, die für die beiden anderen Parzellen für die Jahre 2003 bis 2005 zu zahlen waren. Dagegen stellte das IFAP die ursprüngliche Beihilfe zur Deckung der gezahlten Aufforstungskosten angesichts der Bemühungen von CS, diese Parzellen aufzuforsten, nicht in Frage.

17      CS focht diese Entscheidung beim Tribunal Administrativo de Círculo de Lisboa (Verwaltungsgericht Lissabon, Portugal) an und führte aus, dass sie alles getan habe, damit die Bepflanzung die gesetzlich vorgeschriebene Dichte aufweise, und dass die Nichterfüllung dieses Erfordernisses nicht auf ein Verschulden von CS, sondern auf ungünstige Witterungsbedingungen zurückzuführen sei.

18      Mit Urteil vom 26. Mai 2017 hob dieses Gericht den Bescheid vom 11. September 2006 auf, nachdem es festgestellt hatte, dass die Prämien für Einkommensverluste für die Jahre 1998 und 1999 von CS nicht zu Unrecht erlangt worden seien. Das Gericht verurteilte das IFAP zur Zahlung der Prämien für Einkommensverluste für die Jahre 2003 bis 2005 und der Pflegeprämien für die Jahre 2003 und 2004.

19      Das IFAP legte gegen dieses Urteil beim Tribunal Central Administrativo do Sul (Zentrales Verwaltungsgericht Süd, Portugal) Berufung ein. Mit Urteil vom 9. Mai 2019 wies dieses Gericht die Berufung mit der Begründung zurück, dass das Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte eine Handlungs- und keine Erfolgspflicht darstelle und dass es folglich dem IFAP obliege, das Vorliegen eines Verschuldens von CS in Bezug auf die eingesetzten Mittel nachzuweisen, um die Erstattung der Prämien verlangen zu können.

20      Das IFAP legte beim Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal), dem vorlegenden Gericht, ein Rechtsmittel ein.

21      Dieses Gericht hegt Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 7 Buchst. b der Ministerialverordnung Nr. 199/94 mit den allgemeinen Regeln und Grundsätzen der Union.

22      Erstens möchte es wissen, ob das in dieser Bestimmung vorgesehene Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte als eine Handlungspflicht oder als eine Erfolgspflicht anzusehen ist. In diesem Zusammenhang zweifelt es an der Auslegung des Berufungsgerichts, wonach ein Anspruch auf Zahlung der Pflegeprämien und der Prämien für Einkommensverluste immer dann bestehe, wenn der Begünstigte das Grundstück aufgeforstet und alle Anstrengungen unternommen habe, um diesem Erfordernis zu genügen.

23      Zweitens fragt das Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht) für den Fall, dass dieses Erfordernis eine Erfolgspflicht darstellen sollte, ob das vom portugiesischen Gesetzgeber eingeführte Programm mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Insbesondere möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Auslegung der Art. 7 und 26 der Ministerialverordnung Nr. 199/94 entgegensteht, wonach die teilweise Vernichtung einer Wiederaufforstung infolge ungünstiger Witterungsbedingungen in den Jahren nach der Bewertung der Bestandsauffüllung eine teilweise Zahlung von Prämien zur Folge habe (für Parzellen, die dem Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte genügen), wohingegen ähnliche Witterungsbedingungen mit gleichen Auswirkungen im Beurteilungsjahr selbst zum vollständigen Verlust des Prämienanspruchs führten.

24      Drittens und letztens weist das vorlegende Gericht auf den Umstand hin, dass die ursprünglich durch die Ministerialverordnung Nr. 199/94 eingeführte Regelung im Jahr 2012 geändert worden sei, was Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der ursprünglichen Regelung aufkommen lassen könne. Diese Änderungen bestünden nämlich darin, den in Anhang C geforderten Schwellenwert der Mindestwiederaufforstungsdichte zu senken und die bis dahin für die Gewährung der Prämien bestehende „Alles-oder-Nichts“-Regelung in Abhängigkeit von der Zahl der Pflanzen im Jahr nach Bestandsauffüllung zu ändern. Die Einhaltung der Mindestwiederaufforstungsdichten werde nunmehr im Jahr nach Abschluss der Investition und während der Gewährung der Pflegeprämie beurteilt. Außerdem sehe diese neue Regelung für den Fall, dass die Pflanzen aus vom Begünstigten nicht zu vertretenden Gründen vernichtet würden, vor, dass die Prämien weiterhin in dem Verhältnis gezahlt würden, in dem die Fläche einen guten vegetativen Zustand aufweise.

25      Unter diesen Umständen hat das Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Kann ein Anspruch auf die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b bzw. c der Verordnung Nr. 2080/92 vorgesehenen Pflegekosten und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten bestehen, wenn der Begünstigte nachweist, dass die im nationalen Beihilfeprogramm vorgesehenen Aufforstungsbedingungen aus Gründen nicht erfüllt worden sind, die er nicht beeinflussen kann, obwohl er alle Anstrengungen unternommen hat, um das Ergebnis zu erreichen?

2.      Ist die Lösung, die sich aus der gesetzlichen Formulierung in Art. 7 Buchst. b in Verbindung mit Art. 26 der Ministerialverordnung Nr. 199/94 ergibt – dass ungünstige Witterungsbedingungen in den Jahren nach dem Beurteilungsjahr (d h. dem Jahr nach Bestandsauffüllung) zu einer teilweisen Prämienzahlung führen, während der Eintritt derselben Ergebnisse aufgrund derselben ungünstigen Witterungsbedingungen im Jahr nach Bestandsauffüllung selbst zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf die Prämien führt – mit den Vorschriften des Unionsrechts vereinbar?

3.      Ist die in Art. 7 Buchst. b der Ministerialverordnung Nr. 199/94 vorgesehene Lösung, die für den Begünstigten den vollständigen Verlust des Anspruchs auf die Pflegeprämie und auf die Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten zur Folge hat, sofern die in Anhang C der Ministerialverordnung vorgesehene Wiederaufforstungsdichte nicht erreicht wird, ohne dass eine proportionale Verringerung der Prämienzahlung zulässig ist, wenn dies auf externe Gründe, beispielsweise die Witterung, zurückzuführen ist, als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als allgemeinem Grundsatz der Union unvereinbar anzusehen, wie sich (e contrario) aus dem Urteil vom 30. März 2017, Lingurár (C‑315/16, EU:C:2017:244, Rn. 29 und 35), zu ergeben scheint?

 Zu den Vorlagefragen

26      Mit seinen drei Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 2080/92 und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen sind, dass sie es verbieten, einen Empfänger von Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten, die aufgrund einer von ihm eingegangenen mehrjährigen Verpflichtung zur Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen gezahlt werden, für den Fall, dass eine in der nationalen Regelung festgelegte Voraussetzung für die Gewährung in Form einer Mindestwiederaufforstungsdichte während der Erfüllung dieser Verpflichtung infolge ungünstiger Witterungsbedingungen nicht erfüllt wird, zur Rückzahlung dieser Prämien zu verpflichten.

27      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 2080/92, wie sich aus ihrem Art. 1 im Licht ihrer Erwägungsgründe 1 bis 3 ergibt, eine Beihilferegelung für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen eingeführt hat, die u. a. die alternative Nutzung landwirtschaftlicher Flächen durch Aufforstung fördern und gleichzeitig die Entwicklung forstwirtschaftlicher Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Betrieben ermöglichen, zu einer umweltfreundlicheren Bewirtschaftung des Naturraums beitragen, den Treibhauseffekt bekämpfen, Kohlendioxid absorbieren und langfristig zu einer Verbesserung der forstwirtschaftlichen Ressourcen beitragen sollte.

28      Somit verfolgt die Verordnung agrarpolitische Ziele, die auf die Unterstützung des Forstsektors abzielen, sowie ein Ziel des Umweltschutzes, wobei diese Ziele ihrem Wesen nach eine mehrjährige Dimension aufweisen und eine effektive und dauerhafte Aufforstung der landwirtschaftlichen Flächen erfordern.

29      In diesem Zusammenhang geht erstens aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung hervor, dass die mit ihr eingeführte Beihilferegelung für die Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen u. a. eine jährliche Prämie zur Deckung der Kosten für die Pflege der aufgeforsteten Flächen in den ersten fünf Jahren und eine jährliche Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten aufgrund der Aufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen umfassen kann, wobei diese Prämien „je aufgeforsteten Hektar“ gezahlt werden.

30      Sodann beschränkt sich Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 2080/92 darauf, die zulässigen Höchstbeträge dieser Prämien in Abhängigkeit von der Aufforstungsfläche (in Hektar) sowie die Höchstdauer festzulegen, während deren diese Prämien ausgezahlt werden können. Während Buchst. b dieser Bestimmung in Verbindung mit dem fünften Erwägungsgrund dieser Verordnung vorsieht, dass die Zahlung der Pflegeprämie über einen Zeitraum von fünf Jahren gestaffelt werden kann, sofern die Pflege der neuen Pflanzungen gewährleistet ist, bestimmt ihr Buchst. c, dass die Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten für einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren ab der Erstaufforstung gewährt werden kann.

31      Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung überlässt es den Mitgliedstaaten, diese Beihilferegelung im Rahmen einzelstaatlicher oder regionaler Mehrjahresprogramme durchzuführen, deren Einzelheiten sie festlegen. In diesem Rahmen legen die Mitgliedstaaten insbesondere die Beträge und den Zeitraum der Beihilfen nach Maßgabe der tatsächlichen Ausgaben für die Aufforstung und Pflege der für die Aufforstung verwendeten Baumarten oder ‑typen bzw. nach Maßgabe der Einkommensverluste sowie die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfen in Bezug auf die Aufforstung fest.

32      Aus einer Zusammenschau dieser Bestimmungen ergibt sich, dass die Verordnung Nr. 2080/92, obwohl sie die Voraussetzungen für die Gewährung der verschiedenen Aufforstungsprämien nicht unmittelbar festlegt, die Gewährung dieser Prämien an die tatsächliche Aufforstung der unter die Verpflichtung fallenden Flächen während der gesamten Dauer der Verpflichtung knüpft.

33      Daher reicht die bloße Feststellung, dass eine Voraussetzung für die Gewährung von Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten nicht erfüllt ist, aus, um die Gewährung dieser Prämien ungerechtfertigt und somit rechtsgrundlos werden zu lassen. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch auf solche ausgezahlten Prämien besteht, auch wenn der Begünstigte alle erdenklichen Anstrengungen unternommen hat, um dem Erfordernis einer Mindestwiederaufforstungsdichte, wie sie in Art. 7 Buchst. b der Ministerialverordnung Nr. 199/94 vorgesehen ist, zu genügen.

34      Diese Auslegung wird durch die mit der Verordnung Nr. 2080/92 verfolgten Ziele bestätigt, wie sie in den Rn. 27 und 28 des vorliegenden Urteils dargestellt worden sind. Die Unterstützung des Forstsektors und der Umweltschutz, der zum übergreifenden Ziel der Bekämpfung des Treibhauseffekts durch die Absorption von Kohlendioxid gehört, erfordern nämlich, dass die landwirtschaftlichen Flächen tatsächlich aufgeforstet werden.

35      Diese Auslegung wird auch durch die Systematik gestützt, die der Verordnung Nr. 2080/92 zugrunde liegt. Der Unionsgesetzgeber hat nämlich dadurch, dass er es gemäß Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung den Mitgliedstaaten überlassen hat, in ihren Mehrjahresprogrammen die Voraussetzungen für die Gewährung der Aufforstungsbeihilfen festzulegen, und diesen Staaten nach Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung im Rahmen der Gebietspläne zur Aufforstung die Möglichkeit eingeräumt hat, den unterschiedlichen Umweltverhältnissen Rechnung zu tragen und an die örtlichen geografischen und hydrografischen Bedingungen angepasste Baumarten auszuwählen, den Erfolg der Aufforstungsmaßnahmen nicht allein von der Sorgfalt des Begünstigten abhängig machen wollen.

36      Demzufolge verlangt die Unionsregelung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufforstungsbeihilfe während der gesamten Dauer der Erfüllung einer mehrjährigen Verpflichtung erfüllt sind, damit die Pflegeprämie und die Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten ordnungsgemäß ausgezahlt werden, ohne dass der Empfänger dieser Prämien die Nichterfüllung einer dieser Voraussetzungen, wie das Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte, lediglich durch den Nachweis seiner Sorgfalt rechtfertigen kann.

37      Zweitens ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 2080/92 keine Bestimmung über die Konsequenzen enthält, die aus der Nichterfüllung einer der Voraussetzungen für die Gewährung der in Art. 2 dieser Verordnung genannten Prämien zu ziehen sind, insbesondere, wenn diese Nichterfüllung auf höhere Gewalt zurückzuführen ist.

38      Allerdings bleibt es dem Prämienempfänger nach ständiger Rechtsprechung auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung in der anwendbaren Regelung möglich, sich auf höhere Gewalt zu berufen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 1988, Inter-Kom, 71/87, EU:C:1988:186, Rn. 10 und 15, sowie vom 7. Dezember 1993, Huygen u. a., C‑12/92, EU:C:1993:914, Rn. 31).

39      Im Bereich der Agrarregelung setzt der Begriff „höhere Gewalt“ zwar keine absolute Unmöglichkeit voraus, verlangt jedoch, dass die Nichterfüllung einer Voraussetzung für die Gewährung einer Beihilfe auf außerhalb der Sphäre des Wirtschaftsteilnehmers liegenden, ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen beruht, deren Folgen trotz aller von ihm aufgewandten Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Dezember 2015, Szemerey, C‑330/14, EU:C:2015:826, Rn. 58). Zudem ist der Begriff als Ausnahme eng auszulegen.

40      Da die Feststellung, ob diese Umstände vorliegen, eine Tatsachenwürdigung darstellt, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob das Ausgangsverfahren diese Merkmale aufweist.

41      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung zum einen hervor, dass das vorlegende Gericht allgemein festgestellt hat, dass die von CS geltend gemachten ungünstigen Witterungsbedingungen auf außerhalb ihrer Sphäre liegende Umstände zurückzuführen seien, und zum anderen, dass CS trotz aller von ihr aufgewandten Sorgfalt die Folgen dieser Witterungsbedingungen für die Wiederaufforstung auf den Parzellen nicht habe vermeiden können. Für die Einstufung als „höhere Gewalt“ im Sinne des Unionsrechts ist es jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, noch zu prüfen, ob diese Umstände ungewöhnlich und unvorhersehbar waren.

42      Folglich könnte nur ein Ereignis, das die Merkmale höherer Gewalt aufweist, d. h. außergewöhnlich und unvorhersehbar ist, den Begünstigten von seiner Verpflichtung befreien, die erhaltenen Beihilfen wegen Nichterfüllung des Erfordernisses der Mindestwiederaufforstungsdichte zurückzuzahlen.

43      Drittens ist im Hinblick auf die Frage des vorlegenden Gerichts, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung wie Art. 7 Buchst. b der Ministerialverordnung Nr. 199/94 entgegensteht, darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 2080/92 keine Bestimmung enthält, die es einem Mitgliedstaat ermöglicht, die Zahlung dieser Prämien proportional zu kürzen, wenn außerhalb der Sphäre des Begünstigten liegende Umstände eintreten. Nach ständiger Rechtsprechung müssen jedoch die nationalen Bestimmungen, die ein Mitgliedstaat in Ausübung seiner Zuständigkeit für die Durchführung der Unionsregelung erlassen hat, die allgemeinen Grundsätze der Union beachten, zu denen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört (Urteil vom 28. Oktober 2010, SGS Belgium u. a., C‑367/09, EU:C:2010:648, Rn. 40). Dieser verlangt, dass die aufgrund einer nationalen Bestimmung angewandten Mittel geeignet sind, das angestrebte Ziel zu verwirklichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgehen (Urteil vom 7. April 2022, Avio Lucos, C‑176/20, EU:C:2022:274, Rn. 42).

44      In Anbetracht der Erwägungen in den Rn. 33 und 42 des vorliegenden Urteils, wonach der Empfänger von Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten die Nichterfüllung einer der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Prämien, wie das Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte, nur mit dem Nachweis des Eintritts eines Ereignisses höherer Gewalt rechtfertigen kann, ist nicht davon auszugehen, dass eine nationale Praxis, die, wie im vorliegenden Fall, die vollständige Rückzahlung der Prämien für Flächen verlangt, die einem solchen Erfordernis nicht genügen, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Diese Praxis beschränkt sich vielmehr darauf, in angemessener und notwendiger Weise dafür zu sorgen, dass mit den Aufforstungsbeihilfen Vorhaben finanziert werden, die mit dem betreffenden Aufforstungsprogramm in Einklang stehen.

45      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Empfänger einer Beihilfe nämlich verpflichtet, bei Nichterfüllung einer der Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe sämtliche dafür bereits gezahlten Beträge zurückzuzahlen, ohne dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dieser Rückzahlungspflicht entgegenstehen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Mai 2016, Ezernieki, C‑273/15, EU:C:2016:364, Rn. 41 bis 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Das auf das Urteil vom 30. März 2017, Lingurár (C‑315/16, EU:C:2017:244), gestützte Vorbringen kann diese Auslegung nicht in Frage stellen. Dieses Urteil erging nämlich in einem anderen rechtlichen Zusammenhang, in dem der Gerichtshof die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2005, L 277, S. 1) auszulegen hatte. In diesem Urteil war der Gerichtshof gefragt worden, ob einem Einzelnen die Zahlung von Ausgleichsentschädigungen im Rahmen des Natura‑2000-Netzes vollständig verweigert werden durfte, wenn die Fläche, für die der Beihilfeantrag gestellt wurde, zu einem verschwindend geringen Teil im Eigentum eines Mitgliedstaats stand, diese Verordnung jedoch vorsah, dass die Beihilfe nur für Flächen gewährt wurde, die im Eigentum von Privatpersonen standen. Nachdem der Gerichtshof in Rn. 29 dieses Urteils darauf hingewiesen hatte, dass nationale Bestimmungen, die von diesem Mitgliedstaat in Ausübung seiner Zuständigkeit zur Durchführung der Unionsregelung erlassen werden, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren müssen, hat er in den Rn. 30, 33 und 35 dieses Urteils entschieden, dass die nationale Regelung, nach der ein Waldgebiet wegen des Vorhandenseins einer im Staatseigentum stehenden Fläche vollständig von der Gewährung der Natura‑2000-Beihilfe ausgeschlossen war, die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse verzerrt wiedergab und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstieß, da die fraglichen Zahlungen je Hektar bewaldeter Fläche zu erfolgen hatten.

47      Somit steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den vollständigen Verlust des Anspruchs auf die Pflegeprämie und die Prämie zum Ausgleich von Einkommensverlusten vorsieht, wenn eine der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Prämien nicht erfüllt ist, weil Umstände eingetreten sind, die außerhalb der Sphäre des Empfängers liegen, aber nicht die Merkmale eines Falls höherer Gewalt aufweisen.

48      Viertens und letztens möchte das Gericht wissen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Auslegung der Art. 7 und 26 der Ministerialverordnung Nr. 199/94 entgegensteht, wonach die teilweise Vernichtung einer Wiederaufforstung infolge ungünstiger Witterungsbedingungen in den Jahren nach der Bewertung der Bestandsauffüllung eine teilweise Zahlung von Prämien zur Folge hat (für Parzellen, die dem Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte genügen), während der Eintritt ähnlicher Witterungsbedingungen mit gleichen Auswirkungen im Beurteilungsjahr selbst zum vollständigen Verlust des Prämienanspruchs führt.

49      Angesichts der Freiheit, über die die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Beihilfeprogramms verfügen, wie sie in Art. 4 der Verordnung Nr. 2080/92 vorgesehen ist, ist ein Mitgliedstaat durch nichts daran gehindert, eine Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe der in Art. 7 Buchst. b der Ministerialverordnung Nr. 199/94 genannten Art zu bestimmen und das Jahr nach Bestandsauffüllung als Zeitpunkt festzulegen, zu dem die Einhaltung dieser Voraussetzung geprüft wird.

50      Im Übrigen steht keine Bestimmung der Verordnung Nr. 2080/92 einer nationalen Bestimmung wie Art. 26 der Ministerialverordnung entgegen, wonach dann, wenn ein Teil der Wiederaufforstung aus vom Begünstigten nicht zu vertretenden Gründen vernichtet wird, die Prämien in dem Verhältnis weitergezahlt werden, in dem die Fläche in einem guten vegetativen Zustand verbleibt, solange diese Bestimmung lediglich die Zahlung der Prämien daran knüpft, dass dem Erfordernis der Mindestwiederaufforstungsdichte weiterhin genügt wird, und den vollständigen Verlust der Ansprüche auf Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten im Fall einer teilweisen Vernichtung der Wiederaufforstung verhindert.

51      Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 2080/92 und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen sind, dass sie es nicht verbieten, einen Empfänger von Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten, die aufgrund einer von ihm eingegangenen mehrjährigen Verpflichtung zur Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen gezahlt werden, für den Fall, dass eine in der nationalen Regelung festgelegte Voraussetzung für die Gewährung in Form einer Mindestwiederaufforstungsdichte während der Erfüllung dieser Verpflichtung infolge ungünstiger Witterungsbedingungen nicht erfüllt wird, zur Rückzahlung dieser Prämien zu verpflichten.

 Kosten

52      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EWG) Nr. 2080/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Beihilferegelung für Aufforstungsmaßnahmen in der Landwirtschaft sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

sind dahin auszulegen, dass

sie es nicht verbieten, einen Empfänger von Pflegeprämien und Prämien zum Ausgleich von Einkommensverlusten, die aufgrund einer von ihm eingegangenen mehrjährigen Verpflichtung zur Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen gezahlt werden, für den Fall, dass eine in der nationalen Regelung festgelegte Voraussetzung für die Gewährung in Form einer Mindestwiederaufforstungsdichte während der Erfüllung dieser Verpflichtung infolge ungünstiger Witterungsbedingungen nicht erfüllt wird, zur Rückzahlung dieser Prämien zu verpflichten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Portugiesisch.