Language of document : ECLI:EU:T:2016:253

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

28. April 2016(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke Neofon – Ältere nationale Wortmarke FON – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑777/14

Fon Wireless Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.‑B. Devaureix und L. Montoya Terán,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer vor dem Gericht:

Andreas Henniger, wohnhaft in Starnberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin T. von Groll-Schacht,

Streithelfer,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 15. September 2014 (Sache R 2519/2013‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Fon Wireless Ltd und Herrn Andreas Henniger

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. van der Woude (Berichterstatter), der Richterin I. Wiszniewska‑Białecka und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 26. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 19. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 22. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des Streithelfers,

aufgrund des Schreibens des Streithelfers vom 5. Januar 2016, in dem er angezeigt hat, dass er nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde,

auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2016

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Am 27. Februar 2012 meldete der Streithelfer, Herr Andreas Henninger, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um die Wortmarke Neofon.

3        Die Marke wurde für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 38 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Geräte für die Telekommunikation“;

–        Klasse 38: „Telekommunikation“.

4        Die Unionsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 2012/063 vom 30. März 2012 veröffentlicht.

5        Am 22. Juni 2012 erhob die Klägerin, die Fon Wireless Ltd, gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch.

6        Der Widerspruch wurde u. a. auf die ältere nationale Wortmarke FON gestützt, die im Vereinigten Königreich am 15. Mai 2006 angemeldet und am 18. Mai 2007 unter der Nr. 2421827 für „Kommunikationssoftware; drahtlose Kommunikationssysteme und ‑geräte, Übertragungsgeräte für Kommunikation über das Internet, online oder über ein Computernetzwerk“ der Klasse 9, für „Kommunikationsdienstleistungen“ der Klasse 38 und für „Design und Entwicklung von Kommunikationssoftware und ‑geräten“ der Klasse 42 eingetragen wurde (im Folgenden: ältere nationale Marke).

7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

8        Am 14. Oktober 2013 wies die Widerspruchsabteilung des EUIPO den Widerspruch in vollem Umfang zurück.

9        Am 13. Dezember 2013 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 15. September 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

11      Zu dem auf die ältere nationale Marke gestützten Widerspruch führte die Beschwerdekammer aus, dass sich die fraglichen Waren und Dienstleistungen an die breite Öffentlichkeit oder an Fachkreise richteten. Der Aufmerksamkeitsgrad dieses Publikums sei durchschnittlich bis erhöht. Die von der älteren nationalen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen und die für die Anmeldemarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen seien komplementär oder identisch. Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien bildlich und klanglich zu einem gewissen Grad ähnlich und bezögen sich auf denselben Begriff, nämlich das Telefon. Die Beschwerdekammer ging davon aus, dass die Zeichen insgesamt in geringem Maße ähnlich seien. Sie war weiter der Auffassung, dass die Identität oder die große Ähnlichkeit der fraglichen Waren und Dienstleistungen durch die geringe Ähnlichkeit der Zeichen, die sich aus den Unterschieden wegen des zusätzlichen Bestandteils „Neo“ im angemeldeten Zeichen ergebe, und die schwache Unterscheidungskraft der älteren nationalen Marke kompensiert werde. Die Beschwerdekammer gelangte so zu dem Ergebnis, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe.

12      Hinsichtlich der übrigen Widerspruchsmarken ging die Beschwerdekammer ebenfalls davon aus, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe.

 Anträge der Parteien

13      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

14      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

15      Der Streithelfer beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären;

–        hilfsweise, die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der Klage

16      Der Streithelfer erachtet die Klage für unzulässig, ohne dies durch rechtliche oder tatsachenbezogene Argumente zu begründen.

17      Es gibt jedoch keine Gründe für die Annahme, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen gehören, im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Da die angefochtene Entscheidung der Klägerin am 17. September 2014 zugestellt wurde, hat sie mit der am 26. November 2014 dagegen erhobenen Klage die Frist von zwei Monaten und zehn Tagen gewahrt. Das Rechtsschutzinteresse und die Klagebefugnis der Klägerin stehen außer Zweifel, da sie der Anmeldung widersprochen hat und mit der angefochtenen Entscheidung ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zurückgewiesen worden ist.

 Zu den erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen

18      Das EUIPO hält bestimmte Beweismittel, die die Klägerin zum ersten Mal vor dem Gericht vorgelegt habe, für unzulässig. Es handelt sich dabei um die Anlagen 8 bis 9 zur Klageschrift. Die Anlage 8 ist eine Entscheidung des Intellectual Property Office (IPO, Amt für Geistiges Eigentum, Vereinigtes Königreich) vom 2. März 2011 zur älteren nationalen Marke. Die Anlage 9 trägt den Titel „Beweise für die Benutzung der zur Markenfamilie FON gehörenden Marken auf dem Markt und für die allgemeine Bekanntheit der Marke FON“.

19      Auch wenn die Anlage 8 zur Klageschrift zum ersten Mal vor dem Gericht vorgelegt worden ist, stellt sie kein Beweismittel im eigentlichen Sinne dar, sondern bezieht sich auf die nationale Entscheidungspraxis, auf die sich ein Verfahrensbeteiligter auch erst nach dem Verfahren vor dem EUIPO berufen kann (Urteile vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg, EU:T:2005:420, Rn. 20, und vom 8. Dezember 2005, Castellblanch/HABM – Champagne Roederer [CRISTAL CASTELLBLANCH], T‑29/04, Slg, EU:T:2005:438, Rn. 16). Weder die Verfahrensbeteiligten noch das Gericht selbst sind nämlich daran gehindert, in ihre Auslegung des Rechts der Europäischen Union Gesichtspunkte einzubeziehen, die sich aus der Rechtsprechung oder der nationalen Entscheidungspraxis ergeben.

20      Was die Anlage 9 zur Klageschrift anbelangt, die zum ersten Mal vor dem Gericht vorgelegt worden ist, so kann sie nicht berücksichtigt werden. Die Klage beim Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Daher sind die genannten Unterlagen zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, ARTHUR ET FELICIE, T‑346/04, Slg, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum einzigen Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

21      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie wirft der Beschwerdekammer vor, Fehler bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, der Unterscheidungskraft der älteren nationalen Marke und der Verwechslungsgefahr begangen zu haben.

22      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Ältere Marken sind gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i und ii der Verordnung Nr. 207/2009 die in der Union eingetragenen Marken und die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

23      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr entsprechend der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum umfassend und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Im vorliegenden Fall hat der Vergleich die angemeldete Wortmarke Neofon und die ältere nationale Wortmarke FON zum Gegenstand.

25      Im Hinblick auf die ältere nationale Marke ging die Beschwerdekammer davon aus, dass sich die zu den Klassen 9 und 38 gehörenden Waren und Dienstleistungen, d. h. die Waren „Kommunikationssoftware; drahtlose Kommunikationssysteme und ‑geräte, Übertragungsgeräte für Kommunikation über das Internet, online oder über ein Computernetzwerk“ und die „Kommunikationsdienstleistungen“, an die breite Öffentlichkeit und die zur Klasse 42 gehörenden Dienstleistungen, d. h. „Design und Entwicklung von Kommunikationssoftware und ‑geräten“, nur an Fachkreise richteten. Sie hat daraus gefolgert, dass das Aufmerksamkeitsniveau des Publikums durchschnittlich bis erhöht sei. Diese Abgrenzung der maßgeblichen Verkehrskreise wird von den Parteien nicht angegriffen.

26      Ebenso wenig ist der Vergleich der von den Marken erfassten Waren und Dienstleistungen gerügt worden. Die Beschwerdekammer ging insoweit davon aus, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 9, d. h. „Geräte für die Telekommunikation“, Mobiltelefone und Smartphones einschlössen, die zwingend mittels der von der älteren nationalen Marke erfassten „Kommunikationssoftware“ der Klasse 9 funktionierten, und dass diese Waren daher komplementär seien. Die von den Marken erfassten Dienstleistungen der Klasse 38 erachtete die Beschwerdekammer für identisch, da der für die ältere nationale Marke verwendete Begriff „Kommunikationsdienstleistungen“ gleichbedeutend mit dem der „Telekommunikation“ sei, der die von der Anmeldemarke erfassten Dienstleistungen bezeichne.

 Zum Vergleich der Zeichen

27      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Dabei nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Nach der Rechtsprechung sind zwei Marken ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte, d. h. bildlicher, klanglicher und begrifflicher Aspekte, mindestens teilweise übereinstimmen (vgl. Urteil vom 17. Februar 2011, Annco/HABM – Freche et fils [ANN TAYLOR LOFT], T‑385/09, Slg, EU:T:2011:49, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Die Beschwerdekammer führte zunächst unter Bezugnahme auf das Urteil vom 29. Januar 2013, Fon Wireless/HABM – nfon (nfon) (T‑283/11, EU:T:2013:41, Rn. 57), aus, dass der Begriff „fon“ von der breiten Öffentlichkeit als eine Kurzform des Begriffs „Telefon“ oder seiner Entsprechungen in den anderen Sprachen der Union wahrgenommen werde. Sie hat daraus gefolgert, dass die maßgeblichen Verkehrskreise des Vereinigten Königreichs den Begriff „fon“ unmittelbar und ohne Anstrengung als eine klare und unzweideutige Information über die fraglichen Waren und Dienstleistungen verstünden, nämlich dahin, dass sie Telefone und Telekommunikation beträfen. Ferner bedeute der aus dem Griechischen stammende Begriff „neo“ nicht nur in der griechischen Sprache „neu“, sondern auch im Spanischen, Englischen, Französischen und Italienischen. Auch dieser Begriff sei beschreibend und nicht unterscheidungskräftig. Keiner der Bestandteile der angemeldeten Marke, „Neo“ oder „fon“, sei gegenüber dem jeweils anderen dominierend, und die ältere nationale Marke sei vollständig in der Anmeldemarke Neofon enthalten. Aber der abweichende Bestandteil „Neo“ am Anfang der Anmeldemarke – also an der Position im Zeichen, der der Verbraucher im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit widme – bilde ein Gegengewicht zu den bestehenden Ähnlichkeiten. Damit wiesen die einander gegenüberstehenden Zeichen auf bildlicher und klanglicher Ebene einen gewissen Ähnlichkeitsgrad auf. In begrifflicher Hinsicht konstatierte die Beschwerdekammer in Rn. 44 der angefochtenen Entscheidung, dass sich die Zeichen auf den gleichen Begriff bezögen, nämlich das Telefon. Wie sich aus Rn. 48 der angefochtenen Entscheidung ergibt, war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die fraglichen Zeichen insgesamt einen geringen Ähnlichkeitsgrad aufwiesen.

30      Die Klägerin greift diese Schlussfolgerung an und macht geltend, es gebe eine hochgradige bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Zeichen.

–       Zur bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit

31      Die Klägerin macht erstens geltend, die ältere nationale Marke sei vollständig in der angemeldeten Marke wiedergegeben, was eine starke Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Zeichen erzeuge. Zweitens bestreitet die Klägerin, dass der Bestandteil „Neo“ in der angemeldeten Marke ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal darstelle, und betont, dass es sich um ein Präfix handele, das noch gebräuchlicher als der Begriff „fon“ sei. Daher werde der erste Teil der angemeldeten Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht besonders beachtet. In klanglicher Hinsicht liege in der angemeldeten Marke die Betonung auf dem Bestandteil „fon“ und nicht auf „Neo“.

32      Das EUIPO ist der Auffassung, dass in Fällen, in denen sich die Übereinstimmung nur auf einen nicht unterscheidungskräftigen Bestandteil beziehe, jede Ähnlichkeit der Marken zu verneinen sei, aber schließt sich dem von der Beschwerdekammer vorgenommenen Markenvergleich an, dem zufolge ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Marken vorliege. Der Begriff „Neo“ erlaube es, die Anmeldemarke zu unterscheiden, da er am Zeichenanfang platziert und genauso lang wie der Begriff „fon“ sei. Der Bestandteil „fon“ beziehe sich konkret auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen, wohingegen der Begriff „Neo“ generell auf etwas Neues hinweise, wodurch er für die erfassten Waren und Dienstleistungen in geringerem Maße beschreibend sei als der Begriff „fon“.

33      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Durchschnittsverbraucher nach ständiger Rechtsprechung, auch wenn er eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten achtet, ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen dennoch in die Wortbestandteile zerlegen wird, die für ihn eine konkrete Bedeutung haben oder ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. November 2008, ecoblue/HABM – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria [Ecoblue], T‑281/07, EU:T:2008:489, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil vom 29. Januar 2013, nfon, T‑283/11, EU:T:2013:41, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Im vorliegenden Fall werden die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke in zwei Wortbestandteile zerlegen, die für sie eine Bedeutung aufweisen, nämlich „Neo“ und „fon“.

35      Die Beschwerdekammer hat nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass der Bestandteil „Neo“ in mehreren Sprachen der Union, darunter Englisch, „neu“ bedeutet. Sie hat ebenfalls zu Recht hervorgehoben, dass das Wort „fon“ von der breiten Öffentlichkeit als eine Kurzform für „telephone“ oder „Telefon“ verstanden wird, die im Englischen mittlerweile gebräuchlich ist und auch in sämtlichen Unionsländern verstanden wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Januar 2013, nfon, T‑283/11, EU:T:2013:41, Rn. 55 und 57). Das wird von den Parteien im Übrigen nicht bestritten.

36      Den Ausführungen der Beschwerdekammer zum Vergleich zwischen der angemeldeten Marke und der älteren nationalen Marke kann hingegen nicht gefolgt werden.

37      Zunächst ist festzustellen, dass der Umstand, dass eine Marke ausschließlich aus der älteren Marke besteht, an die ein anderes Wort angefügt wurde, einen Hinweis auf die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Marken darstellt (vgl. Urteil vom 12. November 2008, Ecoblue, T‑281/07, EU:T:2008:489, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Im vorliegenden Fall ist die ältere nationale Marke in der angemeldeten Marke vollständig wiedergegeben, so dass eine bildliche und klangliche Nähe zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen geschaffen wird.

39      Ferner kann diese Nähe entgegen der Annahme der Beschwerdekammer durch den Begriff „Neo“ am Anfang der angemeldeten Marke nicht kompensiert werden.

40      Erstens bedeutet – wie die Klägerin hervorhebt – der Umstand, dass der Wortbestandteil „Neo“ in der angemeldeten Marke an erster Stelle steht, nicht, dass der maßgebliche Verbraucher diesem Bestandteil mehr Bedeutung als dem den Marken gemeinsamen Bestandteil „fon“ zumisst. Auch wenn es zutrifft, dass der Verbraucher dem Anfang eines Wortes generell mehr Aufmerksamkeit widmet, kann diese Erwägung nicht in allen Fällen gelten (Urteil vom 16. Mai 2007, Trek Bicycle/HABM – Audi [Alltrek], T‑158/05, EU:T:2007:143, Rn. 70). Im vorliegenden Fall enthält der Begriff „Neo“ genau die gleiche Anzahl von Buchstaben wie der Begriff „fon“, womit sich nicht feststellen lässt, dass einer dieser Bestandteile die Aufmerksamkeit des maßgeblichen Verbrauchers mehr auf sich lenken wird als der andere.

41      Zweitens kann der an erster Stelle der angemeldeten Marke stehende Bestandteil, da er ein relativ gängiges Präfix darstellt, nach der Rechtsprechung nicht als geeignet angesehen werden, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers stärker auf sich zu lenken als der folgende Bestandteil (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2014, Golam/HABM – Glaxo Group [METABIOMAX], T‑62/13, EU:T:2014:436, Rn. 52).

42      Im vorliegenden Fall stellt der Bestandteil „Neo“, wie die Beschwerdekammer in Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, ein in mehreren Mitgliedstaaten, darunter dem Vereinigten Königreich, gängiges Präfix mit der Bedeutung „neu“ dar. Er kann daher nicht als geeignet angesehen werden, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers stärker auf sich zu lenken als der Bestandteil „fon“, auch wenn dieser als nur gering unterscheidungskräftig einzustufen ist.

43      Ferner wird der maßgebliche Verbraucher, ohne komplexe gedankliche Schritte auszuführen, dem Begriff „Neo“ selbst entnehmen, dass dieser auf etwas Neues, Modernes oder dem neuesten Stand der Technik Entsprechendes hinweist. Aus seiner Sicht ist dieser Begriff bloß anpreisend und dazu bestimmt, die positiven Eigenschaften der von der Anmeldung erfassten Waren herauszustellen. Der Wortbestandteil „Neo“ ist aus der Sicht des relevanten Publikums beschreibend (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2013, Airbus/HABM [NEO], T‑236/12, Slg, EU:T:2013:343, Rn. 36 und 40). Entgegen der offenbar vom EUIPO vertretenen Auffassung ist der Bestandteil „Neo“ auch nicht deshalb unterscheidungskräftiger als der Bestandteil „fon“, weil er allgemein sei, während sich der Bestandteil „fon“ konkret auf die erfassten Waren beziehe. Da der Bestandteil „Neo“ in der angemeldeten Marke dem Bestandteil „fon“ unmittelbar angefügt ist, wird er nämlich als Präzisierung des Begriffs „fon“ und nicht als ein allgemeiner Begriff verstanden werden.

44      Was drittens die klangliche Ebene betrifft, so fügt zwar der Begriff „Neo“ dem Zeichen zwei Silben hinzu, die dem Wortanfang einen spezifischen Klang verleihen. Gleichwohl enden beide Zeichen mit dem gleichen Klang, nämlich der Silbe „fon“, die in beiden Fällen gleich ausgesprochen wird.

45      Daher ist festzustellen, dass die einander gegenüberstehenden Marken einen mittleren Grad an bildlicher und klanglicher Ähnlichkeit aufweisen, ohne dass insoweit die übrigen Argumente der Klägerin geprüft zu werden brauchen.

46      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerdekammer mit der Annahme, die Zeichen seien einander bildlich und klanglich nur in geringem Maße ähnlich, einen Fehler begangen hat.

–       Zur begrifflichen Ähnlichkeit

47      Die Klägerin meint, dass zwischen den fraglichen Zeichen ein hoher Grad an begrifflicher Ähnlichkeit bestehe.

48      Aus den vorstehenden Rn. 33 und 34 ergibt sich, dass der Durchschnittsverbraucher, da er eine Wortmarke in Wortbestandteile zerlegt, die für ihn eine konkrete Bedeutung haben oder ihm bekannten Wörtern ähnlich sind, die angemeldete Marke im vorliegenden Fall in zwei Wörter zerlegen wird: „Neo“ und „fon“. Zum einen wird das Wort „fon“, wie die Beschwerdekammer zu Recht in den Rn. 40 und 42 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, von der breiten Öffentlichkeit als Kurzform des Begriffs „Telefon“ oder seiner Entsprechungen in den anderen Sprachen der Union verstanden werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Januar 2013, nfon, T‑283/11, EU:T:2013:41, Rn. 55 bis 57). Zum anderen ergibt sich aus den vorstehenden Rn. 42 und 43, dass der Begriff „Neo“ als eine Anspielung auf Neuheit verstanden wird.

49      Daher sind die einander gegenüberstehenden Marken in begrifflicher Hinsicht wegen des vorhandenen gemeinsamen Bestandteils „fon“, der als eine Bezugnahme auf das Telefon verstanden werden kann, einander ähnlich. Zum Einfluss des Bestandteils „Neo“ in der angemeldeten Marke ist festzustellen, dass es sich nicht nur um ein bloßes Präfix handelt, das nicht geeignet ist, der angemeldeten Marke einen von der älteren Marke verschiedenen begrifflichen Inhalt zu geben, sondern dass dieser Bestandteil vor allem als eine Bezugnahme auf die Idee der Neuheit verstanden werden wird und den Aussagegehalt des Bestandteils „fon“ vervollständigt, mit dem er verbunden ist. Es ist nämlich der Bestandteil „fon“ als Wortstamm der angemeldeten Marke, der in der Wahrnehmung des maßgeblichen Publikums deren Hauptbedeutung bestimmt. Daher wird der Begriff „Neofon“ vom maßgeblichen Publikum als eine bloße Variante des Begriffs „fon“ verstanden werden, die auf eine neue, modernere Version des Telefons hinweist.

50      Damit ist festzustellen, dass zwischen den fraglichen Zeichen in begrifflicher Hinsicht ein mittlerer Ähnlichkeitsgrad besteht.

51      Aus den vorstehenden Rn. 45 und 50 ergibt sich, dass der Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Zeichen insgesamt als ein mittlerer Ähnlichkeitsgrad anzusehen ist und nicht, wie die Beschwerdekammer zu Unrecht festgestellt hat, als ein geringer. Daher ist zu prüfen, ob dieser Fehler eine Auswirkung auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr und damit auf den Tenor der angefochtenen Entscheidung hatte.

 Zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr

52      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg, EU:T:2006:397, Rn. 74).

53      Die Beschwerdekammer hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zeichen allein im Bestandteil „fon“ übereinstimmten, der nicht dominierend, beschreibend und nicht unterscheidungskräftig sei und daher wenig Auswirkungen auf die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr habe. Den Verbrauchern unterliefen nämlich keine Verwechslungen der betrieblichen Produkt- oder Dienstleistungsherkunft aufgrund der Ähnlichkeit nur schwach unterscheidungskräftiger Bestandteile oder gar von Bestandteilen ohne Unterscheidungskraft. Die Beschwerdekammer war der Auffassung, dass die Identität der fraglichen Waren und Dienstleistungen durch zwei andere Faktoren ausgeglichen werde, nämlich zum einen den geringen Ähnlichkeitsgrad der Marken und zum anderen die fehlende Unterscheidungskraft der älteren nationalen Marke. Sie meinte, dass diese beiden Gesichtspunkte ausreichten, um jede Verwechslungsgefahr auszuschließen.

54      Die Klägerin macht erstens geltend, dass in Anbetracht des Umstands, dass die Waren und Dienstleistungen identisch oder hochgradig ähnlich und die Marken ähnlich seien, eine Verwechslungsgefahr bestehe. Sie fügt hinzu, dass nach der Entscheidungspraxis des EUIPO und der Rechtsprechung eine Verwechslungsgefahr vorliege, wenn die ältere Marke in der angemeldeten Marke enthalten sei. Zweitens rügt die Klägerin Fehler bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der älteren nationalen Marke. Drittens beruft sie sich darauf, dass nach der Rechtsprechung selbst eine geringe Kennzeichnungskraft der älteren Marke das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nicht ausschließen könne (Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg, EU:T:2007:387, Rn. 70).

55      Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen. Es führt aus, dass die Verwechslungsgefahr gemäß dem Grundsatz der Wechselwirkung der für ihre Beurteilung maßgeblichen Faktoren umso größer sei, je höher sich die Unterscheidungskraft der älteren Marke darstelle, und dass daher auch umgekehrt die Verwechslungsgefahr umso geringer sei, je geringer sich die Unterscheidungskraft der älteren Marke darstelle. In dieser Hinsicht bezieht es sich insbesondere auf das Urteil nfon vom 29. Januar 2013, T‑283/11, EU:T:2013:41, in dem ein beschreibender Charakter des Bestandteils „fon“ festgestellt worden sei, und verweist darauf, dass die betroffenen Waren und Dienstleistungen einen Bezug zum Telefon aufwiesen. Ferner macht das EUIPO geltend, dass die Übereinstimmung in einem schwach unterscheidungskräftigen Bestandteil nur dann eine Verwechslungsgefahr begründen könne, wenn dieser Bestandteil aufgrund seiner Größe oder Position den Gesamteindruck der Marke bestimme. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall.

56      Der Streithelfer widerspricht dem Vorbringen der Klägerin und macht sich die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu eigen.

57      Erstens ist zu der Frage, ob die ältere nationale Marke Unterscheidungskraft für die betroffenen Waren und Dienstleistungen besitzt, festzustellen, dass – unabhängig von den zahlreichen Argumenten der Parteien zu diesem Aspekt – aus der Koexistenz der Unionsmarken und der nationalen Marken sowie aus der Tatsache, dass für die Eintragung Letzterer nicht das EUIPO und für ihre gerichtliche Kontrolle nicht das Gericht zuständig ist, folgt, dass die Gültigkeit nationaler Marken in einem Verfahren über einen Widerspruch gegen eine Unionsmarkenanmeldung nicht in Frage gestellt werden kann. Im Rahmen eines solchen Widerspruchsverfahrens kann deshalb im Hinblick auf ein Zeichen, das mit einer in einem Mitgliedstaat geschützten Marke identisch ist, auch kein absolutes Eintragungshindernis festgestellt werden. Daher muss, um nicht gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstoßen, einer nationalen Marke, auf die ein Widerspruch gegen die Eintragung einer Unionsmarke gestützt wird, ein gewisser Grad an Unterscheidungskraft zuerkannt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2012, Formula One Licensing/HABM, C‑196/11 P, Slg, EU:C:2012:314, Rn. 40, 41 und 47).

58      Demzufolge ist die Beschwerdekammer in den Rn. 46 und 47 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass die ältere nationale Marke nicht unterscheidungskräftig sei.

59      Das EUIPO macht ferner zu Unrecht geltend, dass das Gericht im Urteil nfon (Urteil vom 29. Januar 2013, T‑283/11, EU:T:2013:41) eine fehlende Unterscheidungskraft des Wortbestandteils „fon“ anerkannt habe. In diesem Urteil hat das Gericht zwar festgestellt, dass der Begriff „fon“ eine starke Anspielung auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beinhaltet und damit eine geringe Unterscheidungskraft aufweist (Urteil vom 29. Januar 2013, nfon, T‑283/11, EU:T:2013:41, Rn. 76), nicht aber, dass ihm jede Unterscheidungskraft fehlt.

60      Das EUIPO hat in der mündlichen Verhandlung weiter vorgetragen, der Umstand, dass dem Begriff „fon“ aufgrund seiner Eintragung als Marke auf nationaler Ebene nach dem Urteil Formula One Licensing/HABM (Urteil vom 24. Mai 2012, C‑196/11 P, EU:C:2012:314) eine gewisse selbständige Unterscheidungskraft zuerkannt werden müsse, könne nicht bedeuten, dass diese so hoch wäre, dass dadurch ein uneingeschränktes Recht begründet würde, sich der Eintragung aller späteren Marken, in denen er vorhanden ist, zu widersetzen. In dieser Hinsicht hat es sich auf das Urteil vom 13. Mai 2015, Deutsche Post/HABM – PostNL Holding (TPG POST) (T‑102/14, EU:T:2015:279, Rn. 43), bezogen.

61      Jedoch ist im vorliegenden Fall der Grad an Unterscheidungskraft, der der älteren nationalen Marke zuzuerkennen ist, nicht hoch, sondern gering. Die ältere nationale Marke bezieht sich nämlich auf Telefone und verweist damit durchaus auf Waren, die entweder zu den mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 („Kommunikationssoftware; drahtlose Kommunikationssysteme und ‑geräte, Übertragungsgeräte für Kommunikation über das Internet, online oder über ein Computernetzwerk“) und 38 („Kommunikationsdienstleistungen“) gehören oder zu den mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen der Klasse 42 („Design und Entwicklung von Kommunikationssoftware und ‑geräten“) komplementär sind. Daher ist die Unterscheidungskraft dieser Marke als gering anzusehen. Ferner gehört die Frage, ob diese Unterscheidungskraft der älteren Marke ein Recht begründet, sich der Eintragung der angemeldeten Marke zu widersetzen, zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr, in deren Rahmen auch andere Gesichtspunkte als lediglich die Unterscheidungskraft der älteren Marke zu berücksichtigen sind. Schließlich ist die angeführte Rechtssache TPG POST (Urteil vom 13. Mai 2015, T‑102/14, EU:T:2015:279) im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da in dieser Rechtssache das Vorliegen erheblicher Unterschiede zwischen den Zeichen aufgrund des Umstands festgestellt wurde, dass der beiden Marken gemeinsame Bestandteil „Post“ erheblich weniger unterscheidungskräftig war als der dominierende Bestandteil „TPG“ am Anfang der Anmeldemarke. Im vorliegenden Fall ist hingegen festgestellt worden, dass der Begriff „fon“ nicht weniger unterscheidungskräftig als der Begriff „Neo“ und vielmehr derjenige Begriff ist, der in der Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise die Hauptbedeutung der angemeldeten Marke ausmacht.

62      Zweitens ergibt sich aus der vorstehenden Rn. 26, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen identisch und ähnlich sind, und aus der vorstehenden Rn. 51, dass der Ähnlichkeitsgrad zwischen den Zeichen insgesamt ein mittlerer und kein geringer ist. Da zudem der älteren nationalen Marke ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zuzuerkennen ist (vgl. oben, Rn. 57), hat die Beschwerdekammer eine Verwechslungsgefahr bei den maßgeblichen Verkehrskreisen zu Unrecht verneint. Die Verbraucher könnten nämlich, wie die Klägerin hervorhebt, denken, dass die angemeldete Marke eine neue, modernere Version der von der älteren nationalen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen bezeichnet, und daher, dass die Waren und Dienstleistungen von demselben Unternehmen angeboten werden.

63      Diese Beurteilung wird durch die übrigen Argumente des EUIPO nicht entkräftet.

64      Zunächst ist das Argument des EUIPO zurückzuweisen, nach dem die ältere nationale Marke aufgrund ihrer schwachen Unterscheidungskraft nur einen begrenzten Schutzumfang genießen könne. Denn die Unterscheidungskraft der älteren Marke ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwar zu berücksichtigen (vgl. entsprechend Urteil vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 24), aber bildet dabei nur einen von mehreren Faktoren. Auch im Fall einer älteren Marke mit nur schwacher Unterscheidungskraft kann daher, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, eine Verwechslungsgefahr bestehen (Urteil vom 13. September 2007, PAGESJAUNES.COM, T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 70).

65      Ebenso beruft sich das EUIPO zu Unrecht darauf, dass die in der vorstehenden Rn. 64 wiedergegebene Beurteilung auf Fälle beschränkt sei, in denen der schwach unterscheidungskräftige Bestandteil aufgrund seiner Größe oder Position im Zeichen den von der Marke hervorgerufenen Gesamteindruck bestimme. Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs geht nämlich hervor, dass die geringe Unterscheidungskraft der älteren Marke als solche der Feststellung einer Verwechslungsgefahr nicht entgegensteht (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2014, nfon/Fon Wireless und HABM, C‑193/13 P, EU:C:2014:35, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). In jedem Fall ergibt sich aus der Gesamtbeurteilung der angemeldeten Marke, dass der Bestandteil „fon“ darin eine eigenständige Stellung einnimmt.

66      Daraus ergibt sich, ohne dass die übrigen Argumente der Klägerin geprüft zu werden brauchen, dass die Beschwerdekammer das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlerhaft ausgeschlossen hat.

67      Es ist daher nicht mehr erforderlich, die Beurteilung zu überprüfen, die die Beschwerdekammer auf der Grundlage der weiteren älteren Marken vorgenommen hat, auf die der Widerspruch gestützt war.

 Kosten

68      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das EUIPO unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

69      Der Streithelfer, der mit seinen Anträgen unterlegen ist, trägt seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 15. September 2014 (Sache R 2519/2013‑4) wird aufgehoben.

2.      Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Fon Wireless Ltd.

3.      Herr Andreas Henniger trägt seine eigenen Kosten.

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. April 2016.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.