Language of document : ECLI:EU:T:2021:607

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

22. September 2021(*)

„Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Telekommunikationssektor – Beschluss zur Verhängung von Geldbußen wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses vor dessen Anmeldung und Genehmigung – Art. 4 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 und Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 – Rechtssicherheit – Vertrauensschutz – Grundsatz der Rechtmäßigkeit – Unschuldsvermutung – Verhältnismäßigkeit – Schwere der Zuwiderhandlungen – Durchführung der Zuwiderhandlungen – Austausch von Informationen – Höhe der Geldbußen – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“

In der Rechtssache T‑425/18,

Altice Europe NV mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Allendesalazar Corcho und H. Brokelmann,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch M. Farley und F. Jimeno Fernández als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch S. Petrova und O. Segnana als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 2418 final der Kommission vom 24. April 2018 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (Sache M.7993 – Altice/PT Portugal) und hilfsweise auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbußen

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli sowie der Richter S. Frimodt Nielsen und R. Norkus (Berichterstatter),

Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2020

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Altice Europe NV, ist ein multinationales Telekommunikations- und Kabelfernsehunternehmen mit Sitz in den Niederlanden.

2        Die PT Portugal SGPS SA (im Folgenden: PT Portugal) ist ein Telekommunikations- und Multimediabetreiber mit Aktivitäten in sämtlichen Telekommunikationssparten in Portugal.

A.      Erwerb von PT Portugal durch die Klägerin

3        Am 9. Dezember 2014 schloss die Klägerin mit dem brasilianischen Telekommunikationsunternehmen Oi SA einen Aktienkaufvertrag (Share Purchase Agreement, im Folgenden: SPA), mit dem sie über ihre Tochtergesellschaft Altice Portugal SA die alleinige Kontrolle über PT Portugal im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. 2004, L 24, S. 1) übernehmen sollte.

4        Für den Vollzug dieses Erwerbs war u. a. die Erteilung der Genehmigung durch die Europäische Kommission nach der Verordnung Nr. 139/2004 erforderlich.

5        Am 2. Juni 2015 gab die Klägerin öffentlich bekannt, dass die Transaktion abgeschlossen worden sei und dass das Eigentum an den Aktien von PT Portugal auf sie übertragen worden sei.

B.      Voranmeldephase

6        Am 31. Oktober 2014 nahm die Klägerin Kontakt zur Kommission auf, um sie über ihr Vorhaben zu informieren, die alleinige Kontrolle über PT Portugal zu erwerben. Am 5. Dezember 2014 fand ein Treffen zwischen der Klägerin und den Dienststellen der Kommission statt.

7        Am 12. Dezember 2014 beantragte die Klägerin bei der Kommission die Bestimmung eines mit der Behandlung ihrer Akte beauftragten Teams, und am 18. Dezember 2014 begannen die Kontakte vor der Anmeldung.

8        Am 26. Januar 2015 übermittelte die Klägerin der Kommission ein Verpflichtungsangebot betreffend die Veräußerung ihrer Tochtergesellschaften in Portugal, Cabovisão und ONI.

9        Am 3. Februar 2015 legte die Klägerin einen Entwurf des Anmeldeformulars mit einem Exemplar des SPA in seinen Anlagen vor.

C.      Anmeldung und Beschluss über die Genehmigung des Zusammenschlusses vorbehaltlich der Einhaltung einiger Verpflichtungszusagen

10      Am 25. Februar 2015 wurde das Vorhaben bei der Kommission förmlich angemeldet.

11      Am 20. April 2015 erließ die Kommission einen Beschluss nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 dieser Verordnung, mit dem sie das Vorhaben vorbehaltlich der Einhaltung der diesem Beschluss beigefügten Verpflichtungszusagen, darunter die Veräußerung ihrer Tochtergesellschaften Cabovisão und ONI durch die Klägerin, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärte.

D.      Angefochtener Beschluss und Verfahren bis zu dessen Erlass

12      Am 13. April 2015 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen an die Klägerin betreffend deren Austausch mit PT Portugal anlässlich eines Treffens ihrer jeweiligen Führungskräfte, von dem sie vor dem Erlass ihres Genehmigungsbeschlusses durch die Presse erfahren hatte.

13      Am 17. April 2015 reichte die Klägerin ihre Stellungnahme bei der Kommission ein.

14      Am 12. Mai 2015 richtete die Kommission ein zweites Auskunftsverlangen speziell zur Natur der ausgetauschten Informationen an die Klägerin, auf das die Klägerin am 12. Juni 2015 antwortete. Im Anschluss an den Beschluss der Kommission vom 8. Juli 2015 gemäß Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004, mit dem die Klägerin zur Vorlage fehlender Dokumente aufgefordert worden war, legte die Klägerin diese Dokumente am 30. Juli 2015 vor.

15      Am 4. Dezember 2015 richtete die Kommission ein drittes Auskunftsverlangen an die Klägerin, das die Klägerin am 18. Dezember 2015 beantwortete.

16      Mit Schreiben vom 11. März 2016 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie nach Prüfung der von ihr in Beantwortung der Auskunftsverlangen vorgelegten Dokumente eine Untersuchung eingeleitet habe, um festzustellen, ob sie gegen die Stillhaltepflichtnach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 und gegen die Anmeldepflicht nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung verstoßen habe.

17      Mit Beschluss nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 vom 15. März 2016 forderte die Kommission die Klägerin auf, verschiedene Dokumente vorzulegen. Die Klägerin legte diese Dokumente am 6. April 2016 vor.

18      Am 20. Juli 2016 richtete die Kommission ein viertes Auskunftsverlangen an die Klägerin, das die Klägerin am 23. August 2016 beantwortete, und am 24. August 2016 ein fünftes Auskunftsverlangen, das die Klägerin am 15. September 2016 beantwortete.

19      Die Dienststellen der Kommission und der Klägerin trafen sich am 12. Mai 2017.

20      Am 17. Mai 2017 richtete die Kommission gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 139/2004 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin, in der sie zunächst feststellte, dass die Klägerin gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

21      Am 18. August 2017 reichte die Klägerin eine schriftliche Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte ein.

22      Am 21. September 2017 fand eine Anhörung statt, in deren Verlauf die Klägerin ihre Argumente vorbringen konnte.

23      Am 20. Oktober 2017 beantwortete Oi ein Auskunftsverlangen der Kommission vom 6. Oktober 2017.

24      Mit Schreiben vom 16. November 2017 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass es in ihrer Akte zusätzliche Beweismittel gebe, die die vorläufigen Feststellungen der Mitteilung der Beschwerdepunkte untermauerten.

25      Am 24. April 2018 erließ die Kommission den Beschluss C(2018) 2418 final zur Verhängung einer Geldbuße [gegen die Klägerin] wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 (Sache M.7993 – Altice/PT Portugal) (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

26      Die Kommission stellte fest, dass sich aus verschiedenen Aktenstücken ergebe, dass die Klägerin, unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 bzw. Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, vor dem Erlass des Genehmigungsbeschlusses und in einigen Fällen vor der Anmeldung die Möglichkeit hatte, bestimmenden Einfluss auszuüben oder Kontrolle auf PT Portugal ausgeübt hatte (55. Erwägungsgrund).

27      Im Punkt 4 des angefochtenen Beschlusses wird dargelegt, weshalb die Kommission zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin das SPA unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vor dessen Genehmigung durchgeführt habe. Insbesondere heißt es in Punkt 4.1, dass bestimmte Klauseln des SPA (im Folgenden: vorbereitende Klauseln) der Klägerin ein Vetorecht gegen die Entscheidungen über die Geschäftspolitik von PT Portugal verschafften. Punkt 4.2 beschreibt die Fälle, in denen die Klägerin in den täglichen Betrieb von PT Portugal einbezogen gewesen sei. Punkt 4.3 enthält die Schlussfolgerungen der Kommission zu den Gründen, aus denen die Bestimmungen des SPA, wie sie in Punkt 4.1 beschrieben seien, und das Verhalten der Beteiligten, wie in Punkt 4.2 dargelegt, die Durchführung des SPA darstellten, bevor die Kommission den Zusammenschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt habe (56. Erwägungsgrund).

28      In Punkt 5 des angefochtenen Beschlusses wird erläutert, weshalb die Kommission zu dem Schluss gelangte, dass die Klägerin die Transaktion unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vor der Anmeldung durchgeführt habe (57. Erwägungsgrund).

29      Die ersten vier Artikel des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses lauten:

„Artikel 1

Altice NV hat zumindest fahrlässig einen Zusammenschluss vor seiner Genehmigung vollzogen, und zwar unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 im Kontext der Sache Nr. M.7499 – Altice/PT Portugal.

Artikel 2

Altice NV hat zumindest fahrlässig einen Zusammenschluss vor seiner Anmeldung vollzogen, und zwar unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 in der Sache Nr. M.7499 – Altice/PT Portugal.

Artikel 3

Wegen des in Artikel 1 dieses Beschlusses angeführten Verstoßes wird der Altice NV gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 eine Geldbuße in Höhe von 62 250 000 EUR auferlegt.

Artikel 4

Wegen des in Artikel 2 dieses Beschlusses angeführten Verstoßes wird der Altice N.V. gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 eine Geldbuße in Höhe von 62 250 000 EUR auferlegt.“

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

30      Mit Klageschrift, die am 5. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

31      Mit Schriftsatz, der am 7. November 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat der Europäischen Union beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

32      Mit Beschluss vom 6. Dezember 2018 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben. Der Rat hat den Streithilfeschriftsatz am 22. Februar 2019 eingereicht, und die Parteien haben hierzu fristgerecht Stellung genommen.

33      Am 30. November 2018 hat die Kommission die Klagebeantwortung eingereicht.

34      Die Hauptparteien haben am 25. Februar bzw. 10. Mai 2019 die Erwiderung bzw. die Gegenerwiderung eingereicht.

35      Mit Schreiben vom 29. Mai 2019 hat die Klägerin einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt.

36      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache der Sechsten Kammer zugewiesen worden.

37      Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme, die am 10. März 2020 nach Art. 89 der Verfahrensordnung erlassen wurde, hat das Gericht die Parteien aufgefordert, die möglichen Schlussfolgerungen anzugeben, die sie in der vorliegenden Rechtssache aus dem Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), ziehen. Die Parteien haben die Fragen des Gerichts fristgemäß beantwortet.

38      Mit Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens mit Beschluss des Gerichts vom 11. November 2020 ist der Klägerin gestattet worden, ein Schreiben zur Beantwortung einer in der mündlichen Verhandlung gestellten Frage einzureichen, auf die sie dann nicht habe antworten können. Außerdem ist die Kommission mit Schreiben der Kanzlei des Gerichts vom 12. November 2020 aufgefordert worden, ein im angefochtenen Beschluss erwähntes Dokument vorzulegen und alle sachdienlichen Erklärungen abzugeben.

39      Die Kommission ist dieser Aufforderung nachgekommen und die Parteien haben ihre Stellungnahmen fristgerecht eingereicht.

40      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die ihr in den Art. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses auferlegten Geldbußen aufzuheben oder erheblich herabzusetzen;

–        der Kommission und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

41      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

42      Der Rat beantragt, die gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit in vollem Umfang zurückzuweisen.

III. Rechtliche Würdigung

43      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 „[e]in Zusammenschluss … dadurch bewirkt [wird], dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle in der Weise stattfindet, dass … b) eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, oder ein oder mehrere Unternehmen durch den Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Vertrag oder in sonstiger Weise die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erwerben“.

44      Nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 „[wird d]ie Kontrolle … durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben …“.

45      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 „Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieser Verordnung … nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden [sind]“.

46      Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 „[darf e]in Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung … weder vor der Anmeldung noch so lange vollzogen werden, bis er aufgrund einer Entscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) oder Artikel 8 Absätze 1 oder 2 oder einer Vermutung gemäß Artikel 10 Absatz 6 für vereinbar mit dem [Binnenmarkt] erklärt worden ist“.

47      Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 bestimmt jedoch:

„Die Kommission kann auf Antrag eine Freistellung von den in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Pflichten erteilen. Der Antrag auf Freistellung muss mit Gründen versehen sein. … [Die Freistellung] kann jederzeit, auch vor der Anmeldung oder nach Abschluss des Rechtsgeschäfts, beantragt und erteilt werden.“

48      Im Übrigen bestimmt Art. 14 Abs. 2: „Die Kommission kann … Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des von den beteiligten Unternehmen erzielten Gesamtumsatzes … festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig a) einen Zusammenschluss vor seinem Vollzug nicht gemäß Artikel 4 … anmelden … b) einen Zusammenschluss unter Verstoß gegen Artikel 7 vollziehen“. Nach Art. 14 Abs. 3 „[ist b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße … die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen“.

49      Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe. Der erste betrifft einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, gegen die Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der Unschuldsvermutung, der zweite Tatsachen- und Rechtsfehler in Bezug auf den angeblichen Erwerb der alleinigen Kontrolle von PT Portugal, der dritte Tatsachen- und Rechtsfehler in Bezug auf den angeblichen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, der vierte einen Verstoß gegen die Grundsätze ne bis in idem undder Verhältnismäßigkeit und das Verbot der Doppelbestrafung sowie eine Einrede der Rechtswidrigkeit der Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004, und der fünfte die Rechtswidrigkeit der Geldbußen und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Übrigen beantragt die Klägerin im Rahmen des fünften Teils des fünften Klagegrundes, das Gericht möge in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die gegen sie verhängten Geldbußen entweder aufgrund der im Rahmen dieses fünften Teils des fünften Klagegrundes vorgebrachten Argumente oder aufgrund des Vorbringens im Rahmen des dritten Klagegrundes erheblich herabsetzen.

50      Zum einen sind der erste bis dritte Klagegrund zusammen zu prüfen, dann der vierte und der fünfte Klagegrund. Zum anderen ist zunächst die im Rahmen des vierten Klagegrundes erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit zu prüfen.

A.      Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

1.      Zu der im Rahmen des vierten Klagegrundes erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004

51      Die Klägerin macht geltend, diese Bestimmungen verstießen dadurch, dass sie der Kommission erlaubten, gegen dieselbe Person eine zweite Geldbuße wegen derselben Tat zu verhängen, die bereits durch eine andere Rechtsvorschrift, die dasselbe rechtliche Interesse schütze, geahndet worden sei (Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004), gegen den in Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 4 Abs. 1 des Protokolls Nr. 7 zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankerten Grundsatz ne bis in idem, den in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten betreffend die Normenkonkurrenz gemeinsam seien, zurückgehende Verbot der doppelten Bestrafung. Die Klägerin trägt vor, das Gericht habe im Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753), anerkannt, dass der derzeitige rechtliche Rahmen „ungewöhnlich“ sei und dass dieser in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, Gegenstand einer Einrede der Rechtswidrigkeit hätte sein können. Diese Anomalie beruhe auf dem Erlass der Verordnung Nr. 139/2004, die nicht mehr vorsehe, dass Zusammenschlüsse spätestens eine Woche nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung angemeldet werden müssten, wie dies in der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1989, L 395, S. 1) vorgesehen gewesen sei. In dieser Verordnung hätten zwei verschiedene Verpflichtungen bestanden (eine formale Pflicht zur Anmeldung innerhalb einer Woche nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung und eine materielle Verpflichtung, den Zusammenschluss nicht vor seiner Anmeldung und seiner Genehmigung nach Art. 7 Abs. 1 zu vollziehen), die beide mit Geldbußen belegt werden konnten, die sehr unterschiedlich hoch waren. Ein Unternehmen, das einen Zusammenschluss später als eine Woche nach Vertragsabschluss anmeldete, aber die Genehmigung des Zusammenschlusses durch die Kommission abwartete, bevor es ihn vollzog, verstieß nämlich nur gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 4064/89, nicht aber gegen deren Art. 7 Abs. 1. Das Problem wurde durch die Einführung von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 verschärft, wonach das Unterbleiben der Anmeldung des Zusammenschlusses gemäß Art. 4 Abs. 1 nunmehr mit einer Geldbuße bis zu 10 % des Umsatzes des betreffenden Unternehmens geahndet werden kann. Daher seien Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 redundant. Die Art. 2 und 4 des angefochtenen Beschlusses seien daher für nichtig zu erklären.

52      Die Kommission und der Rat treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

53      Vorab ist festzustellen, dass die vom Gericht befragte Klägerin im Anschluss an das Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), erklärt hat, dass sie auf die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem verzichte.

54      Was die allgemeine Schlussfolgerung der Klägerin betrifft, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 „redundant“ seien, ist darauf hinzuweisen, dass zwar ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung automatisch einen Verstoß gegen deren Art. 7 Abs. 1 zur Folge hat, dies jedoch umgekehrt nicht gilt (vgl. Urteile vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 294 und 295, sowie vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 101).

55      In dem Fall, in dem ein Unternehmen einen Zusammenschluss vor seinem Vollzug gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 anmeldet, bleibt es somit möglich, dass dieses Unternehmen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung missachtet, falls es diesen Zusammenschluss vollzieht, bevor die Kommission ihn für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt (Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 102).

56      Daraus folgt, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 im Rahmen des im achten Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Systems der „einzigen Anlaufstelle“ eigenständige Ziele verfolgen (Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 103).

57      Außerdem sieht auf der einen Seite Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung eine Handlungspflicht vor, die in der Pflicht besteht, den Zusammenschluss vor seinem Vollzug anzumelden, und sieht auf der anderen Seite Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung eine Unterlassungspflicht vor, nämlich diesen Zusammenschluss vor seiner Anmeldung und Genehmigung nicht zu vollziehen (vgl. Urteile vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 302, und vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 104).

58      Überdies ist ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 eine einmalige Zuwiderhandlung, während es sich bei einem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung um eine dauerhafte Zuwiderhandlung handelt, die in dem Moment beginnt, in dem der Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung begangen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 352; vgl. Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 113 und 115).

59      Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung „redundant“ seien.

60      Was insbesondere das Vorbringen der Klägerin betrifft, Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 verstießen dadurch, dass sie der Kommission erlaubten, gegen dieselbe Person eine zweite Geldbuße wegen derselben Tat zu verhängen, die bereits durch eine andere Rechtsvorschrift, die dasselbe rechtliche Interesse schütze wie das von Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 geschützte, geahndet worden sei, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten betreffend die Normenkonkurrenz gemeinsam seien, zurückgehende Verbot der Doppelbestrafung, ist bereits festgestellt worden, dass diese Bestimmungen eigenständige Ziele verfolgen, nämlich zum einen die Unternehmen zu verpflichten, den Zusammenschluss vor seinem Vollzug anzumelden, und zum anderen, sie daran zu hindern, diesen Zusammenschluss zu vollziehen, bevor die Kommission ihn für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt.

61      Insoweit ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin, dass die von ihr verwendete Terminologie, d. h. der Ausdruck „rechtliches Interesse“, dieselbe Bedeutung hat wie der Begriff „Ziel“, den der Gerichtshof im Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), verwendet hat.

62      Daher macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass diese Bestimmungen, da sie dasselbe „rechtliche Interesse“ verfolgten, gegen den in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder gegen das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten betreffend die Normenkonkurrenz gemeinsam seien, zurückgehende Verbot der Doppelbestrafung verstießen.

63      Würde der Kommission außerdem die Möglichkeit genommen, durch von ihr verhängte Geldbußen zwischen der Situation zu unterscheiden, in der das Unternehmen die Anmeldepflicht beachtet, aber gegen die Stillhaltepflicht verstößt, und der Situation, in der dieses Unternehmen gegen diese beiden Pflichten verstößt, ließe sich das Ziel der Verordnung Nr. 139/2004, das darin besteht, eine wirksame Kontrolle von Zusammenschlüssen mit gemeinschaftsweiter Bedeutung sicherzustellen, nicht erreichen, da der Verstoß gegen die Anmeldepflicht niemals Gegenstand einer speziellen Sanktion sein könnte (Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 108 und 109).

64      Folglich würde die von der Klägerin angeregte Feststellung der Rechtswidrigkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 verhindern, dass Verstöße gegen die Anmeldepflicht mit einer speziellen Sanktion belegt werden, und dem Ziel dieser Verordnung zuwiderlaufen.

65      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht bereits in Rn. 343 des von der Klägerin angeführten Urteils vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753), festgestellt hat, dass die Auferlegung zweier Sanktionen wegen ein und desselben Verhaltens durch ein und dieselbe Behörde mit ein und derselben Entscheidung als solche nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesehen werden kann.

66      Auch wenn nach alledem das Gericht, wie die Klägerin ausführt, davon ausgehen konnte, dass der in Rede stehende rechtliche Rahmen ungewöhnlich war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 306), soll zum einen es dieser Rechtsrahmen ermöglichen, im Rahmen des Systems der „einzigen Anlaufstelle“ zwei eigenständige Ziele zu erreichen (vgl. oben, Rn. 56 und 64), und zum anderen hat das Vorbringen der Klägerin es nicht ermöglicht, die Rechtswidrigkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 darzutun. Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin nichts vorgetragen hat, um die angebliche Rechtswidrigkeit von Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung zu begründen.

67      Daher ist die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 sowie, soweit sie erhoben worden ist, von Art. 7 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung zurückzuweisen.

2.      Zu den ersten drei Klagegründen: Vorliegen einer Zuwiderhandlung nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004

68      Die Klägerin macht mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes geltend, dass der angefochtene Beschluss gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe, mit dem ersten Teil des dritten Klagegrundes, dass die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die im Übernahmevertrag enthalten gewesen seien, ergänzenden Charakter hätten und keinem frühzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses gleichkämen, mit dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes, dass sie vor Vollzug der Transaktion in Wirklichkeit keinen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt habe, mit dem dritten Teil des dritten Klagegrundes, dass im angefochtenen Beschluss ein Rechts- und Tatsachenfehler betreffend die Übermittlung von Informationen begangen werde, mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes, dass der angefochtene Beschluss gegen die allgemeinen Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der Unschuldsvermutung verstoßen habe, und mit dem zweiten Klagegrund, dass im angefochtenen Beschluss Tatsachen- und Rechtsfehler dadurch begangen worden seien, dass die Kommission zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Klägerin die alleinige Kontrolle über PT Portugal erlangt habe.

a)      Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004

69      Nach Ansicht der Klägerin geht die allzu weite Auslegung des Begriffs „Vollzug“ des Zusammenschlusses im angefochtenen Beschluss, sowohl in Bezug auf die Maßnahmen, die ihr aufgrund der Konsultations- und Vetorechte, die angeblich durch die vorbereitenden Klauseln in Art. 6.1 Buchst. b des SPA eingeräumt worden seien, „die Möglichkeit [gewährten], einen bestimmenden Einfluss auszuüben“, als auch die Behauptungen betreffend den Austausch sensibler Geschäftsinformationen über den Anwendungsbereich und die Bedeutung hinaus, die diesem Begriff durch Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 sowie durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs verliehen würden.

70      Was als Erstes die „Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auszuüben“ aufgrund der vorbereitenden Klauseln betrifft, macht die Klägerin erstens geltend, dass Art. 7 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 Vereinbarungen, die die „Möglichkeit [gewähren], einen bestimmenden Einfluss [auf die Tätigkeit eines anderen Unternehmens] auszuüben“, nicht untersagten, sondern lediglich den „Vollzug“ eines dauerhaften Kontrollerwerbs. Der Erwerb der Kontrolle (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004) und damit auch die „Möglichkeit …, einen bestimmenden Einfluss [auf Dauer] auszuüben“ (Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004) müssten „vollzogen“ werden, um gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zu verstoßen. Der Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), zwischen den Transaktionen unterschieden, die den Zusammenschluss vorbereiteten oder ergänzend seien und den Zweck hätten, den Vollzug des Zusammenschlusses vorzubereiten oder den Übergangszeitraum zwischen der Unterzeichnung und dem Abschluss und den Transaktionen, die zum tatsächlichen Vollzug des Zusammenschlusses führten, zu regeln, da sie zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle beitrügen. Im vorliegenden Fall ergebe sich die im SPA beschlossene Veränderung der Kontrolle allein aus der Übertragung der Aktien von PT Portugal an die Klägerin. Es sei aber unstreitig, dass diese Übertragung nicht vor der Genehmigung des Zusammenschlusses durch die Kommission stattgefunden habe.

71      Zweitens bezögen sich Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 auf den englischen Begriff „implementation“, der als „vollständiger Vollzug“ des Zusammenschlusses zu verstehen sei. Insoweit verweist die Klägerin auf Rn. 90 des Beschlusses vom 18. März 2008, Aer Lingus Group/Kommission (T‑411/07 R, EU:T:2008:80), wonach sich zeige, dass das Wort „Vollzug“ in Art. 8 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 139/2004 auf den ersten Blick den vollständigen Vollzug des Zusammenschlusses umfasse, und auf Rn. 98 dieses Beschlusses, wonach dieselbe Auslegung des Ausdrucks „Vollzug“ mutatis mutandis gleichermaßen für Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 gelten müsse.

72      Drittens könne, solange der Zusammenschluss nicht tatsächlich vollzogen sei, die Wirksamkeit des Systems einer Vorabkontrolle der Auswirkungen von Zusammenschlüssen nicht beeinträchtigt werden.

73      Was als Zweites die Behauptungen über den Austausch sensibler Geschäftsinformationen angehe, trügen diese Informationen in keiner Weise zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle bei und seien auch nicht erforderlich, um diese zu erreichen. Sie gewährten auch nicht die Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auszuüben. Die Klägerin weist insoweit darauf hin, dass die Kommission in der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung Nr. 139/2004 (ABl. 2008, C 95, S. 1, im Folgenden: Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen) einen Zeitraum von einem Jahr als relativ kurz einstufe und sogar klarstelle, dass eine Anlaufzeit von bis zu drei Jahren keine dauerhafte Veränderung der Kontrolle darstellen könne (Rn. 34 der Mitteilung). Beratungen, die während eines Übergangszeitraums von vier Monaten zwischen der Unterzeichnung des SPA und der Genehmigungsentscheidung stattgefunden hätten, könnten keinesfalls zu einer „dauerhaften Veränderung der Kontrolle“ beitragen.

74      Als Drittes macht die Klägerin geltend, dass es im vorliegenden Fall keinen „Vollzug“ eines Zusammenschlusses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 gegeben habe, da im hypothetischen Szenario einer Untersagung des angemeldeten Zusammenschlusses keine Notwendigkeit einer „Auflösung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 bestehe.

75      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

76      Als Erstes ist betreffend erstens das Vorbringen der Klägerin, wonach zum einen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 die Vereinbarungen, die die „Möglichkeit [gewähren], einen bestimmenden Einfluss [auf die Tätigkeit eines anderen Unternehmens] auszuüben“, nicht untersagten, und mit dem zum anderen auf das Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), verwiesen wird, das zwischen den Transaktionen unterschieden habe, die den Zusammenschluss vorbereiteten oder ergänzend seien, und den Transaktionen, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle beitrügen, darauf hinzuweisen, dass nach dem Wortlaut von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 ein Zusammenschluss dadurch bewirkt wird, dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle in der Weise stattfindet, dass zwei oder mehr bisher voneinander unabhängige Unternehmen oder Unternehmensteile fusionieren oder dass eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, oder ein oder mehrere Unternehmen die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erwerben, wobei sich die Kontrolle aus der durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründeten Möglichkeit ergibt, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben (Urteile vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 45, und vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 49).

77      Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob das SPA zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle über PT Portugal nur durch die Übertragung seiner Aktien an die Klägerin geführt hat, wie diese vorträgt, oder ob das SPA zu einer solchen Veränderung geführt hat, weil es dieser die Möglichkeit gewährt hätte, einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal auszuüben, bevor die Transaktion von der Kommission genehmigt wurde.

78      Diese Analyse wird im Folgenden im Rahmen des zweiten Unterteils des ersten Teils des dritten Klagegrundes vorgenommen.

79      Was zweitens das Vorbringen der Klägerin betrifft, wonach der in der französischen Fassung von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verwendete Begriff „réalisation“ in der englischen Fassung dieser Artikel dem Begriff „implementation“ entspreche, der nach den Rn. 90 und 98 des Beschlusses vom 18. März 2008, Aer Lingus Group/Kommission (T‑411/07 R, EU:T:2008:80), als „vollständiger Vollzug“ des Zusammenschlusses zu verstehen sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich zwar nach diesem Beschluss zeigt, dass das Wort „Vollzug“ in Art. 8 Abs. 4 und 5 – so, wie der Ausdruck „vollzogen“ in verschiedenen Sprachfassungen verwendet wird -jedenfalls auf den ersten Blick den vollständigen Vollzug des Zusammenschlusses umfasst (Beschluss vom 18. März 2008, Aer Lingus Group/Kommission, T‑411/07 R, EU:T:2008:80, Rn. 90), jedoch das Vorbringen der Klägerin, wonach das Gericht in Rn. 98 dieses Beschlusses dargelegt habe, dass diese Auslegung des Ausdrucks „Vollzug“ mutatis mutandis gleichermaßen für Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 gelten müsse, unrichtig ist.

80      Wie die Kommission nämlich ausführt, geht aus Rn. 98 des Beschlusses vom 18. März 2008, Aer Lingus Group/Kommission (T‑411/07 R, EU:T:2008:80), hervor, dass das Gericht die Feststellung getroffen hat, dass die dargelegte Auslegung des Ausdrucks „Vollzug“ mutatis mutandis gleichermaßen für das auf Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 gestützte „Vorbringen der Antragstellerin“ gelten muss, und nicht für Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 selbst.

81      Das Gericht hat diese Auslegung daher auf das Vorbringen der Antragstellerin beschränkt, nämlich im vorliegenden Fall die in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Ausnahme von der Stillhaltepflicht, und wollte den Begriff „implementation“ nicht allgemein als „vollständigen Vollzug“ auslegen.

82      Außerdem hat das Gericht in Rn. 83 des Urteils vom 6. Juli 2010, Aer Lingus Group/Kommission (T‑411/07, EU:T:2010:281), klar darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang der in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen Ausnahme von der Stillhaltepflicht der Erwerb einer Beteiligung, die als solche nicht die Kontrolle im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 verleiht, in den Anwendungsbereich von Art. 7 dieser Verordnung fallen kann.

83      Im Übrigen gehört nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs jeder teilweise Vollzug eines Zusammenschlusses zum Anwendungsbereich von Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004. Wäre es den an einem Zusammenschluss Beteiligten nämlich verboten, einen Zusammenschluss mittels eines einzigen Vorgangs zu vollziehen, aber erlaubt, dasselbe Ergebnis mittels aufeinanderfolgender Teilvorgänge zu erreichen, würde dies die praktische Wirksamkeit des in Art. 7 der Verordnung Nr.139/2004 aufgestellten Verbots verringern und so den in dieser Verordnung vorgesehenen Vorabcharakter der Kontrolle und die Verfolgung der Ziele der Verordnung gefährden (Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 47).

84      Was drittens das Vorbringen der Klägerin betrifft, wonach, solange der Zusammenschluss nicht tatsächlich vollzogen sei, die Wirksamkeit des Systems einer Vorabkontrolle der Auswirkungen von Zusammenschlüssen nicht beeinträchtigt werden könne, ist darauf hinzuweisen, dass jede Transaktion bzw. jede Gesamtheit von Transaktionen, die eine „dauerhafte Veränderung der Kontrolle“ bewirkt, indem sie „die Möglichkeit gewähr[t], einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit [des betroffenen] Unternehmens auszuüben“, ein Zusammenschluss ist, der im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 als vollzogen gilt. Das gemeinsame Merkmal dieser Zusammenschlüsse ist das folgende: Dort, wo es vor der Transaktion zwei verschiedene Unternehmen für eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit gab, gibt es nach der Transaktion nur noch ein Unternehmen. Abgesehen von der Hypothese einer Fusion, bei der eines der beiden beteiligten Unternehmen verschwindet, muss die Kommission somit ermitteln, ob der Vollzug des Zusammenschlusses zur Folge hat, dass eines der beteiligten Unternehmen eine Kontrollbefugnis über das andere gewinnt, die es vorher nicht hatte. Diese Kontrollbefugnis besteht in der Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere dann, wenn das Unternehmen, das diese Befugnis innehat, dem entsprechenden Unternehmen Vorgaben in Bezug auf seine strategischen Entscheidungen machen kann (Urteil vom 6. Juli 2010, Aer Lingus Group/Kommission, T‑411/07, EU:T:2010:281, Rn. 63).

85      Was als Zweites den Informationsaustausch betrifft, ist in Erwiderung auf das Vorbringen der Klägerin, dass ein zeitlich begrenztes Verhalten nicht zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle beitragen könne, im Einklang mit dem Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 52), festzustellen, dass die Veränderung der Kontrolle dauerhaft sein muss, damit ein Zusammenschluss vorliegt, und nicht die Handlungen, die zu einer solchen Veränderung der Kontrolle rechtlich oder tatsächlich beitragen können.

86      Die Frage, ob im vorliegenden Fall dieser Informationsaustausch zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle beitrug oder die Möglichkeit gewährte, einen bestimmenden Einfluss auszuüben, wird Gegenstand des dritten Teils des dritten Klagegrundes weiter unten sein.

87      Was als Drittes das Vorbringen der Klägerin betrifft, dass nur die Transaktionen, die Maßnahmen zur „Auflösung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 erforderten, das Vorliegen eines Zusammenschlusses kennzeichneten, genügt die Feststellung, dass die Klägerin zum einen diese Behauptung nicht untermauert und dass zum anderen diese Bestimmung nicht den Begriff des Zusammenschlusses definiert, sondern die Befugnisse der Kommission angeben soll, wenn sie das Vorliegen einer Zuwiderhandlung feststellt. Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass erst dann, wenn die Kommission die Möglichkeit habe, die fragliche Transaktion aufzulösen, das Vorliegen eines Zusammenschlusses erwiesen sei.

88      Außerdem hat das Gericht bereits festgestellt, dass der Erwerb der Kontrolle zwar erforderlich ist, damit die Kommission ihre Befugnis zur Auflösung des Zusammenschlusses ausüben kann, dass er aber nicht erforderlich ist, damit eine Transaktion unter Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2010, Aer Lingus Group/Kommission, T‑411/07, EU:T:2010:281, Rn. 66 und 83).

89      Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher insgesamt zurückzuweisen.

b)      Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes: Die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die im Übernahmevertrag enthalten gewesen seien, hätten ergänzenden Charakter und kämen keinem frühzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses gleich

90      Dieser Teil besteht aus vier Unterteilen. Der erste betrifft das Vorliegen eines Rechtsfehlers, da im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen werde, dass die früheren Vereinbarungen den Zusammenschluss nicht ergänzt oder vorbereitet hätten, der zweite die Tatsache, dass die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die im Übernahmevertrag enthalten gewesen seien, der Klägerin kein Vetorecht gegen bestimmte Entscheidungen von PT Portugal verschafft hätten, der dritte das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch die Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung und der vierte einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit aufgrund der Verhängung von Geldbußen.

1)      Zum ersten Unterteil: Rechtsfehler, da im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen werde, dass die früheren Vereinbarungen den Zusammenschluss nicht ergänzt oder vorbereitet hätten

91      Erstens trägt die Klägerin vor, dass nach Art. 8.2 Buchst. b des SPA, wenn die erforderlichen Voraussetzungen nicht spätestens 18 Monate nach der Unterzeichnung erfüllt seien, das SPA hinfällig werde und alle darin enthaltenen Bestimmungen endeten und für die Zukunft unwirksam würden. Die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die die behauptete Zuwiderhandlung darstellen sollten, hätten nur vier Monate und elf Tage gedauert (595. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Selbst wenn diese Vereinbarungen zu einer Veränderung der Kontrolle beigetragen hätten (was nicht der Fall sei), hätten sie daher nicht zu einer „dauerhaften Veränderung der Kontrolle“ über das Zielunternehmen beitragen können, da nach Rn. 28 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen die Verordnung Nr. 139/2004 „nicht für Transaktionen [gilt], die lediglich eine vorübergehende Veränderung der Kontrolle bewirken“.

92      Zweitens führt die Klägerin aus, dass, obwohl im angefochtenen Beschluss im Einklang mit der Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind (ABl. 2005, C 56, S. 24, im Folgenden: Bekanntmachung über Nebenabreden) anerkannt werde, dass „die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die die Art und Weise vorschreiben, in der das Zielunternehmen zwischen Unterzeichnung und Vollzug betrieben werden soll, gerechtfertigt sein können, um zu verhindern, dass wesentliche Änderungen am … Zielunternehmen vorgenommen werden“ (117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), er ein ausschließliches und äußerst restriktives Kriterium angewandt habe, indem festgestellt werde, dass eine solche Vereinbarung „jedoch nur dann gerechtfertigt [ist], wenn sie strikt auf das für die Werterhaltung der Zielgesellschaft erforderliche Maß beschränkt ist“ (71. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Weder die Verordnung Nr. 139/2004 noch die Bekanntmachung über Nebenabreden verlangten aber, dass die im unmittelbaren Zusammenhang stehenden und notwendigen Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs allein dazu dienten, den Wert des Zielunternehmens zu erhalten, da in der ständigen weltweiten Praxis anerkannt werde, dass diese Vereinbarungen eine wichtige Rolle dabei spielten, die Integrität der Geschäftstätigkeit des erworbenen Unternehmens zwischen der Unterzeichnung und dem Vollzug zu wahren. Außerdem habe der Gerichtshof im Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), das den einzigen Präzedenzfall darstelle, in dem die Möglichkeit geprüft worden sei, das Verbot von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 auf vor dem Vollzug geschlossene Vereinbarungen anzuwenden, die Anwendung dieses Verbots auf die frühere streitige Verpflichtung verneint, indem er festgestellt habe, dass diese den Zusammenschluss vorbereitet oder begleitet habe, ohne das Kriterium der Werterhaltung des Zielunternehmens auch nur zu erwähnen.

93      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

94      Erstens ist zum Vorbringen betreffend die Dauer der Vereinbarungen vor dem Abschluss des Erwerbs, die die behauptete Zuwiderhandlung darstellen sollen, festzustellen, dass Rn. 28 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen, auf die sich die Klägerin beruft, wie folgt lautet:

„In Artikel 3 Absatz 1 [der Verordnung Nr. 139/2004] wird der Begriff des Zusammenschlusses so definiert, dass er nur Vorgänge erfasst, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle der beteiligten Unternehmen und … der Marktstruktur führen. Die [Verordnung Nr. 139/2004] gilt also nicht für Transaktionen, die lediglich eine vorübergehende Veränderung der Kontrolle bewirken. Dass die getroffenen Vereinbarungen nur für einen begrenzten Zeitraum gelten, bedeutet nicht automatisch, dass keine dauerhafte Veränderung der Kontrolle stattfindet, wenn die Vereinbarungen verlängert werden können. Ein Zusammenschluss kann selbst dann vorliegen, wenn die Geltungsdauer der Vereinbarungen ausdrücklich begrenzt ist, sofern diese ausreicht, um zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle der beteiligten Unternehmen zu führen.“

95      Es ist festzustellen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Wortlaut der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen die Definition eines Zusammenschlusses und insbesondere die Dauer der zu einem Zusammenschluss getroffenen Vereinbarungen betrifft. Insoweit ergibt sich daraus, dass ein Zusammenschluss vollzogen wird, wenn die Veränderung der Kontrolle über das Unternehmen dauerhaft ist, und zwar auch dann, wenn der von der getroffenen Vereinbarung erfasste Zeitraum begrenzt ist. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin betrifft dieser Wortlaut hingegen nicht die Dauer der vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen.

96      Im Übrigen muss, wie oben in Rn. 85 ausgeführt, die Veränderung der Kontrolle dauerhaft sein, damit ein Zusammenschluss vorliegt, und nicht die Maßnahmen, wie die vor dem Vollzug geschlossenen Vereinbarungen, die zu einer solchen Veränderung der Kontrolle rechtlich oder tatsächlich beitragen können, indem sie die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit des Zielunternehmens auszuüben.

97      Wie die Kommission ausführt, stützt sich das Vorbringen der Klägerin somit auf eine Verwechslung zwischen der Definition eines Zusammenschlusses, der eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle voraussetzt, und der Maßnahme, die zu einer solchen Veränderung beiträgt.

98      Was zweitens die Frage des Umfangs der behaupteten Zuwiderhandlung betrifft und insbesondere die Frage, welches Kriterium oder welche Kriterien für die Feststellung bestehen, ob die vorbereitenden Klauseln einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstellen, ist als Erstes zum Verweis der Klägerin auf das Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, der mit einem Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung der Stillhaltepflicht nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 befasst war, in diesem Urteil festgestellt hat, dass, auch wenn die fragliche Maßnahme durch eine Bedingung mit dem fraglichen Zusammenschluss verbunden war und diesen begleiten und vorbereiten konnte, trotz der Auswirkungen, die sie auf den Markt gehabt haben mag, sie als solche nicht zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle über das Zielunternehmen beitrug (Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young, C‑633/16, EU:C:2018:371, Rn. 60).

99      So hat der Gerichtshof zum einen nicht alle begleitenden und vorbereitenden Maßnahmen als solche vom Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ausgenommen und es zum anderen nicht für zweckmäßig gehalten, für die Feststellung, ob die fragliche Maßnahme begleitend und vorbereitend ist, auf irgendein Kriterium zurückzugreifen, da er es nicht für erforderlich hielt, festzustellen, ob diese Maßnahme eine Nebenabrede darstellte.

100    Der Verweis der Klägerin auf das Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), um darzutun, dass es andere Kriterien gebe, die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden, rechtfertigten, ist daher nicht relevant.

101    Als Zweites sei nach Ansicht der Klägerin ein anderes Kriterium, das berücksichtigt werden könne, das der Integrität im Sinne der „geschäftlichen Integrität“ des Zielunternehmens. Die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs sollten den Verkäufer dazu verpflichten können, den Käufer zu bestimmten Transaktionen zu konsultieren, die die Integrität der Geschäftstätigkeit beeinträchtigen könnten, und zwar unabhängig davon, ob sie zu einer Erhaltung, Erhöhung oder Verringerung ihres Wertes führten. Die Erhaltung dieser Integrität gehe über das Kriterium der Erhaltung des Wertes der Zielgesellschaft hinaus. Folglich könne die Rechtmäßigkeit der Vereinbarungen vor dem Vollzug nicht von finanziellen Schwellenwerten abhängen, die die Verpflichtung zur Konsultation zwischen Verkäufer und Käufer auslösten, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 94 bis 98 des angefochtenen Beschlusses behaupte.

102    Hierzu ist festzustellen, dass nach Rn. 13 der Bekanntmachung über Nebenabreden „[f]ür die Durchführung des Zusammenschlusses notwendige Vereinbarungen … in der Regel darauf ab[zielen], den übertragenen Vermögenswert zu erhalten“.

103    Die Bekanntmachung über Nebenabreden schließt daher die Möglichkeit nicht aus, andere Kriterien als das der alleinigen und strikten Erhaltung des Wertes des veräußerten Unternehmens heranzuziehen.

104    Da die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes jedoch keine Beweise dafür vorlegt, dass im vorliegenden Fall die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung der geschäftlichen Integrität des Zielunternehmens bestand, geht dieses Vorbringen ins Leere. Erst bei der Prüfung der Vereinbarungen vor dem Vollzug und der Fälle der Umsetzung wird gegebenenfalls geprüft, ob sich dieses Vorbringen auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses auswirkt.

105    Der erste Unterteil des ersten Teils des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

2)      Zum zweiten Unterteil: Die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die im Übernahmevertrag enthalten seien, verschafften der Klägerin kein Vetorecht gegen bestimmte Entscheidungen von PT Portugal

106    Die Klägerin macht geltend, dass ihr Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA nur begrenzte Konsultationsrechte einräume, durch die sie nicht im Sinne von Rn. 54 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen „die Annahme strategischer Entscheidungen blockieren [kann]“. Sie könnten daher nicht als Vetorechte angesehen werden. Die Klägerin trägt vor, dass die Entscheidung, sie in den Fällen von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA zu konsultieren, in jedem Fall ausschließlich Oi oblegen habe, dass sie nach dieser Bestimmung verpflichtet gewesen sei, zu den Entscheidungen, zu denen sie konsultiert worden sei, ihre Zustimmung zu erteilen, außer sie habe ihre Weigerung gerechtfertigt, und dass das SPA als einzige Folge des Verstoßes gegen bestimmte Vereinbarungen durch Oi nur das Recht auf Ersatz des erlittenen Schadens vorgesehen habe.

107    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

108    Im 112. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führt die Kommission aus, dass es üblich und angemessen sei, auf die Erhaltung des Wertes eines übernommenen Unternehmens zwischen der Unterzeichnung einer Übernahmevereinbarung und deren Vollzug ausgerichtete Klauseln in die Übernahmevereinbarung aufzunehmen. Eine solche Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer, die das Verhalten des Zielunternehmens festlege, könne jedoch nur dann vernünftigerweise gerechtfertigt sein, wenn sie strikt auf das beschränkt sei, was erforderlich sei, um den Wert des Zielunternehmens zu erhalten, und dem Käufer nicht die Möglichkeit gebe, einen bestimmenden Einfluss auf dieses Unternehmen auszuüben, z. B. durch eine Beeinträchtigung des normalen Verlaufs seiner Geschäftstätigkeit oder seiner Geschäftspolitik. Nach Ansicht der Kommission beschränkten sich jedoch einige Bestimmungen von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA nicht strikt darauf, den Werterhalt des Zielunternehmens zu gewährleisten, sondern gestatteten es der Klägerin, einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal auszuüben.

109    Hierzu ist festzustellen, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA Folgendes bestimmt:

„Bis zum Vollzug sorgt der Verkäufer dafür, dass vorbehaltlich der schriftlichen Zustimmung des Erwerbers (die nicht in unangemessener Weise verweigert oder verzögert wird …) keine Gesellschaft der Gruppe [d. h. PT Portugal und ihre Tochtergesellschaften] … eine der nachstehend angeführten Handlungen setzt, … wobei nach Ablauf eines Zeitraums von einem Monat nach dem Zeitpunkt der Durchführung, die unten angeführten Schwellenwerte automatisch geändert werden, so dass (i) jeder Verweis auf einen Schwellenwert von 5 Mio. Euro automatisch durch einen Schwellenwert von 1 Mio. Euro ersetzt wird …:

ii. eine Vereinbarung abzuschließen, eine Verpflichtung einzugehen oder eine Haftung (einschließlich einer bedingten Haftung) zu übernehmen, deren Wert 5 Mio. Euro übersteigt; oder

iii. eine Verpflichtung im Wert von mehr als 5 Mio. Euro und für mehr als drei Monate einzugehen oder die nicht mit einer Frist von 3 Monaten oder weniger gekündigt werden kann; oder

vii. eine Vereinbarung zu schließen, zu kündigen oder zu ändern, die als wichtiger Vertrag angesehen werden kann; oder

ix. sofern im Budget nichts anderes bestimmt ist, Vermögenswerte zu erwerben oder sich bereit erklären, zu erwerben, deren Gesamtwert 5 Mio. Euro übersteigt; oder

xviii. einen neuen Direktor oder eine neue Führungskraft einzustellen; oder

xx. einen Vertrag mit einem Direktor oder einer Führungskraft zu beenden oder die Bedingungen zu ändern, es sei denn, es besteht ein stichhaltiger Grund für die Beendigung des Vertrags; oder

xxvi. ihre Preispolitik oder ihre Standardpreise zu ändern, wie sie bei ihren für die Kunden bestimmten Waren und Dienstleistungen gelten (außer die im Budget enthaltenen), oder alle bestehenden Standardbedingungen mit den Kunden zu ändern, außer bei alltäglichen Handlungen mit bestimmten speziellen Kunden zur Verhinderung der [Kunden‑]Abwanderungen; oder

xxvii. einen wichtigen Vertrag zu schließen, zu kündigen oder zu ändern, es sei denn, dies ist gerechtfertigt oder erfolgt im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs …“

110    Was erstens Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xviii und xx des SPA betrifft, der die Ernennungen, Entlassungen oder Vertragsänderungen von Direktoren und Verwaltungsratsmitgliedern betrifft, kann es, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss einräumt (75. Erwägungsgrund), gerechtfertigt sein, ein Kontrollrecht über das Personal des veräußerten Unternehmens zu haben, um den Wert des Unternehmens zwischen der Unterzeichnung des Übernahmevertrags und dem Vollzug zu wahren, z. B. bei bestimmten Mitarbeitern, die wichtig für den Wert des Unternehmens sind, oder um Änderungen bei den Kosten des Unternehmens zu verhindern.

111    Die Kommission macht jedoch im angefochtenen Beschluss geltend (76. Erwägungsgrund), dass ein Vetorecht in Bezug auf die Ernennung, die Entlassung oder die Änderungen der Verträge jedes Direktors oder Verwaltungsratsmitglieds über das hinausgehe, was erforderlich sei, um den Wert des Zielunternehmens zu erhalten, und es dem Erwerber ermögliche, Einfluss auf dessen Geschäftspolitik zu nehmen. Die Formulierung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xviii und xx des SPA sei sehr weit gefasst und umfasse eine unbestimmte Gruppe von Mitarbeitern, die nicht alle vom Wert des Zielunternehmens betroffen sein könnten.

112    Auch wenn die Klägerin die Behauptung der Kommission, dass eine unbestimmte Gruppe von Mitarbeitern umfasst sei, nicht in Frage stellt, ist diese Behauptung unzutreffend. Die Anlage A.48 zur Klageschrift enthält nämlich die Liste der „Direktoren“ von PT Portugal, nämlich acht Personen. Ebenso enthält Anhang A.49 die Liste der „Verwaltungsratsmitglieder“, nämlich zwei Personen.

113    Die Formulierung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b, Ziff. xviii und xx des SPA war somit nicht „sehr weit gefasst“, sondern betraf nur die Geschäftsführung von PT Portugal.

114    Diese Feststellung kann jedenfalls nicht die Richtigkeit des Arguments der Kommission im angefochtenen Beschluss in Frage stellen, wonach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xviii und xx des SPA der Klägerin die Möglichkeit gewährte, die Struktur der Geschäftsführung von PT Portugal mitzubestimmen. Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss darlegt, kann nämlich in Analogie zu Rn. 67 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen argumentiert werden, der sich auf den Begriff des Vetorechts bezieht und vorsieht, dass „Vetorechte, die eine gemeinsame Kontrolle begründen, … in der Regel Entscheidungen über … die Besetzung der Unternehmensleitung [betreffen]“. Ebenso heißt es in Rn. 69 dieser Mitteilung, dass „[d]as Recht, die Zusammensetzung der Unternehmensleitung (z. B. des Vorstands) mitzubestimmen, … normalerweise dessen Inhaber einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens [sichert]“.

115    Was zweitens Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xxvi des SPA über die Preispolitik betrifft, so ist seine Formulierung sehr weit gefasst und verpflichtet PT Portugal, von der Klägerin eine schriftliche Zustimmung zu einem großen Bereich von Entscheidungen über Preise und Verträge mit den Kunden einzuholen. Insbesondere bringt, wie die Kommission ausführt, das Fehlen einer Festlegung der Preispolitik und der von PT Portugal angebotenen Standardpreise die Verpflichtung mit sich, die schriftliche Zustimmung der Klägerin zu jeder Preisänderung einzuholen. Außerdem gab ihr die Verpflichtung, die schriftliche Zustimmung der Klägerin zu den Änderungen aller allgemeinen Geschäftsbedingungen mit den Kunden einzuholen, die Möglichkeit, Änderungen der Verträge der Kunden von PT Portugal zu verhindern.

116    Was drittens Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii, iii, vii, ix und xxvii des SPA betrifft, der der Klägerin die Möglichkeit gibt, an bestimmten Arten von Verträgen, die PT Portugal vor Vollzug des Erwerbs schließen könnte, teilzuhaben, sie zu beenden oder zu ändern, gehen diese Klauseln nach Ansicht der Kommission, angesichts der von diesen Klauseln erfassten Geschäftsbereiche und der für einige dieser Bestimmungen geltenden niedrigen Schwellenwerte, über das hinaus, was erforderlich sei, um zu verhindern, dass wesentliche Änderungen an der Tätigkeit von PT Portugal vorgenommen würden, und um daher den Wert der Investition der Klägerin zu erhalten (117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

117    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii, iii, vii, ix und xxvii des SPA vorgesehenen Beschränkungen so zahlreich und weit sind und die Schwellenwerte so niedrig, dass nur festgestellt werden kann, dass sie tatsächlich über das hinausgehen, was erforderlich ist, um den Wert der Investition der Klägerin zu erhalten.

118    Außerdem führt die Kommission im 102. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, auch aus, dass in ihrer Antwort vom 20. Oktober 2017 auf das Auskunftsverlangen vom 6. Oktober 2017 (vgl. oben, Rn. 23) Oi bestätigt habe, dass sie das SPA so auslege, dass sie verpflichtet sei, von der Klägerin ihre Zustimmung zu allen wichtigen Verträgen zu verlangen, unabhängig davon, ob diese Verträge zur normalen Geschäftstätigkeit gehörten oder nicht.

119    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Oi in dieser Antwort vom 20. Oktober 2017 erläutert hat, dass die Schwellenwerte und die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 des SPA nach mehreren Verhandlungsrunden zwischen ihr und der Klägerin festgelegt worden seien, die mehrere Entwürfe des SPA ausgetauscht hätten, und dass die von ihr vorgeschlagenen Schwellenwerte ursprünglich viel höher gewesen seien.

120    Außerdem führte Oi in dieser Antwort vom 20. Oktober 2017 aus, dass sich zwar wegen eines Fehlers, für den beide Parteien verantwortlich seien, Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. vii und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xxvii des SPA überschnitten, sie es jedoch vorgezogen habe, davon auszugehen, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. vii des SPA, der restriktivere Voraussetzungen enthalte als Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xxvii des SPA, maßgeblich sei, um sich nicht der Gefahr einer Beschwerde durch die Klägerin auszusetzen.

121    Somit ist die Kommission im 108. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verpflichtung von Oi, die schriftliche Zustimmung der Klägerin einzuholen, um an einer Vielzahl von Verträgen teilzuhaben, sie zu beenden oder zu ändern, der Klägerin die Möglichkeit gegeben habe, die Geschäftspolitik von PT Portugal zu bestimmen, wobei diese Möglichkeit über das hinausgegangen sei, was erforderlich gewesen sei, um ihren Wert zu schützen.

122    Das Vorbringen der Klägerin kann diese Feststellung nicht in Frage stellen.

123    Was erstens den Verweis der Klägerin auf Rn. 54 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung „[d]ie alleinige Kontrolle … erworben [wird]“, wenn ein Unternehmen alleine bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen ausüben kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Unternehmen, das die alleinige Kontrolle hat, über das strategische Wirtschaftsverhalten des anderen Unternehmens bestimmen kann.

124    Es ist jedoch festzustellen, dass es im vorliegenden Fall nicht darum geht, ob Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA der Klägerin eine „alleinige“ Kontrolle über PT Portugal verschafft hat, da die Kommission nicht behauptet, dass die Klägerin eine solche Kontrolle übernommen habe, sondern darum, ob diese Bestimmung zu einer zumindest teilweisen Veränderung der Kontrolle von PT Portugal geführt hat.

125    Der Verweis der Klägerin auf Rn. 54 der Konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen ist daher nicht relevant.

126    Zweitens bestätigt entgegen dem Vorbringen der Klägerin der Umstand, dass die Nichtbeachtung durch Oi ihrer Verpflichtung, keine der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA angeführten Handlungen ohne die schriftliche Zustimmung des Erwerbers vorzunehmen, zu einem Anspruch der Klägerin auf eine Entschädigung führt, dass es sich um ein Vetorecht und nicht um ein bloßes Konsultationsrecht handelt.

127    Diese Feststellung kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, sie sei verpflichtet gewesen, ihre Zustimmung zu den Entscheidungen zu erteilen, zu denen sie konsultiert worden sei, außer sie habe ihre Weigerung gerechtfertigt. Dieses Argument betrifft nämlich die Gründe, aus denen die Klägerin berechtigt ist, ihre Zustimmung zu verweigern, und nicht das Bestehen oder die Natur des eigentlichen Vetorechts.

128    Insoweit geht aus dem 316. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, in dem ein Schreiben der Klägerin an Oi vom 2. April 2015 angeführt wird, hervor, dass sich die Klägerin manchmal ausdrücklich weigerte, ihr ihre Zustimmung zu erteilen.

129    Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA nur ein Konsultationsrecht und kein Vetorecht darstelle.

130    Somit ist festzustellen, dass die Klägerin nichts vorträgt, was belegen könnte, dass die Möglichkeit, die Ernennungen, Kündigungen oder Vertragsänderungen eines beliebigen Direktors oder Verwaltungsratsmitglieds zu blockieren (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xviii und xx des SPA), die Möglichkeit, die Entscheidungen über die Preispolitik von PT Portugal sowie die den Kunden angebotenen Standardpreise zu blockieren (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. xxvi des SPA), und die Möglichkeit, an bestimmten Arten von Verträgen teilzuhaben, sie zu beenden oder zu ändern (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii, iii, vii, ix und xxvii des SPA), erforderlich gewesen seien, um die Erhaltung des Wertes des veräußerten Unternehmens sicherzustellen oder zu verhindern, dass seine geschäftliche Integrität beeinträchtigt wird.

131    Daher ist die Kommission in den Erwägungsgründen 55 und 177 des angefochtenen Beschlusses zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b SPA vorgesehenen Vetorechte über das hinausgingen, was erforderlich war, um den Wert des Zielunternehmens bis zum Vollzug der Transaktion zu erhalten, indem sie der Klägerin die Möglichkeit gaben, eine Kontrolle über das Zielunternehmen auszuüben. Außerdem geht aus den Akten nicht hervor, dass diese Vetorechte geeignet gewesen wären, eine Beeinträchtigung der geschäftlichen Integrität des Zielunternehmens zu verhindern.

132    Außerdem waren die vorbereitenden Klauseln mangels gegenteiligen Hinweises sofort anwendbar. Somit hatte die Klägerin ab dem Tag der Unterzeichnung des SPA am 9. Dezember 2014 die Möglichkeit, diesen bestimmenden Einfluss auszuüben, d. h. zu einem Zeitpunkt vor der Anmeldung des Zusammenschlusses am 25. Februar 2015.

133    Der zweite Unterteil des ersten Teils des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

3)      Zum dritten Unterteil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch die Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung

134    Nach Ansicht der Klägerin verstößt der angefochtene Beschluss gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, da die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Erwerbs, die im Übernahmevertrag enthalten gewesen seien, die Praxis der Kommission und eine weltweite ständige Praxis im Bereich Fusionen und Übernahmen zum Ausdruck brächten.

135    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

136    Vorab scheint, wie die Kommission ausführt, das Vorbringen der Klägerin, das auf einen Vergleich zwischen zum einen den Klauseln in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA und zum anderen den früheren Entscheidungen der Kommission und einer angeblichen weltweiten ständigen Praxis im Bereich Fusionen und Übernahmen gestützt wird, eher den Grundsatz des Vertrauensschutzes als den Grundsatz der Rechtssicherheit zu betreffen.

137    Jedenfalls folgt der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der zu den Grundprinzipien des Unionsrechts gehört, zwingend aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der gebietet, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sein müssen, und der die Voraussehbarkeit der unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten soll (Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 90).

138    Für den Fall, dass das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen sein sollte, dass es einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes betrifft, ist hinsichtlich der früheren Entscheidungspraxis der Kommission darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes jeder berufen kann, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Das Recht, sich auf Vertrauensschutz zu berufen, ist an drei kumulative Voraussetzungen gebunden. Erstens muss die Unionsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gemacht haben. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

139    Im vorliegenden Fall hat die Kommission der Klägerin nicht den geringsten Hinweis geliefert, der als Möglichkeit zum teilweisen Vollzug des Zusammenschlusses ausgelegt werden könnte.

140    Außerdem können an der Entscheidungspraxis der Kommission aufgrund veränderter Umstände oder einer Entwicklung der Analyse der Kommission Änderungen vorgenommen werden (vgl. Urteil vom 23. Mai 2019, KPN/Kommission, T‑370/17, EU:T:2019:354, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

141    So hat das Gericht bereits entschieden, dass der Umstand, dass die Kommission in früheren Entscheidungen Unternehmen nicht für ein entsprechendes Verhalten verantwortlich gemacht hatte, nicht geeignet war, ein berechtigtes Vertrauen zu begründen, dass die Kommission ein solches Verhalten künftig nicht verfolgen und mit einer Sanktion belegen wird, wenn die Neuorientierung der Entscheidungspraxis der Kommission auf eine korrekte Auslegung der Tragweite der einschlägigen Rechtsvorschriften gestützt war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2010, Deltafina/Kommission, T‑29/05, EU:T:2010:355, Rn. 428).

142    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie aus dem 611. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, bereits in ihrer Entscheidungspraxis vor Erlass des angefochtenen Beschlusses ein Unternehmen mit einer Sanktion belegte, weil es einen Zusammenschluss vollzogen hatte, bevor dieser angemeldet und für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden war (vgl. Entscheidung K[2009] 4416 endg. vom 10. Juni 2009 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung [EWG] Nr. 4064/89 [Sache COMP/M.4994 – Electrabel/Compagnie nationale du Rhône] und Beschluss C[2014] 5089 final vom 23. Juli 2014 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 [Sache COMP/M.7184 – Marine Harvest/Morpol]).

143    Die Klägerin kann daher nicht geltend machen, dass die Entscheidungspraxis der Kommission bei ihr ein berechtigtes Vertrauen begründet habe.

144    Zum Vorbringen der Klägerin, ihr Verhalten entspreche der weltweiten Praxis im Bereich Fusionen und Übernahmen, genügt die Feststellung, dass sie jedenfalls kein Beispiel dafür bringt, dass Vertragsklauseln, die Vetorechte verleihen, die über das hinausgehen, was erforderlich ist, um den Wert des Zielunternehmens bis zum Vollzug der Transaktion zu erhalten, und damit die Möglichkeit geben, eine Kontrolle über das Zielunternehmen auszuüben, genehmigt worden wären.

145    Das Vorbringen der Klägerin, wonach der angefochtene Beschluss gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen habe, ist daher unbegründet und zurückzuweisen.

146    Für den Fall, dass das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen sein sollte, dass damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit in dem Sinne geltend gemacht wird, dass die in Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen Anmelde- und Stillhaltepflichten nicht klar seien, scheint das Vorbringen der Klägerin mit dem von ihr im Rahmen des ersten Klagegrundes entwickelten Argument übereinzustimmen, mit dem sie geltend macht, dass es zu einer übermäßigen Erweiterung des Begriffs „Vollzug“ führen würde, den Begriff „Vollzug“ auf Vereinbarungen auszudehnen, die einen Zusammenschluss ergänzten. Nach Ansicht der Klägerin ist diese Erweiterung mit dem durch Art. 49 Abs. 1 der Charta und Art. 7 EMRK garantierten Grundsatz der Rechtmäßigkeit unvereinbar. In Art. 49 Abs. 1 der Charta und in Art. 7 EMRK werde der Grundsatz aufgestellt, dass nur die nach dem Strafgesetz strafbaren Handlungen (nullum crimen sine lege) strafrechtlich geahndet werden könnten (nulla poena sine lege).

147    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe (nullum crimen, nulla poena sine lege) nicht so verstanden werden darf, dass er die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit durch richterliche Auslegung untersagt (Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 217). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bleibt nämlich, so klar eine gesetzliche Vorschrift abgefasst sein mag, unvermeidlich ein Teil richterlicher Auslegung, und es wird immer nötig sein, unklare Punkte zu klären und den Wortlaut in Abhängigkeit von der Entwicklung der Umstände anzupassen (Urteil vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, EU:T:2008:256, Rn. 141).

148    Wenn der Grundsatz der Gesetzlichkeit der Straftatbestände und Strafen (nullum crimen, nulla poena sine lege) grundsätzlich die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit durch richterliche Auslegung gestattet, kann er nichtsdestoweniger der rückwirkenden Anwendung einer neuen Auslegung einer Norm, die eine Zuwiderhandlung festlegt, entgegenstehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Ergebnis dieser Auslegung zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung insbesondere unter Berücksichtigung der Auslegung, die zu dieser Zeit in der Rechtsprechung zu der fraglichen Rechtsvorschrift vertreten wurde, nicht hinreichend vorhersehbar war. Außerdem hängt der Begriff der Vorhersehbarkeit in hohem Maß ab vom Inhalt der in Rede stehenden Vorschriften, von dem durch sie geregelten Bereich sowie von der Zahl und der Eigenschaft ihrer Adressaten und schließt es nicht aus, dass die betreffende Person gezwungen ist, fachkundigen Rat einzuholen, um unter den Umständen des konkreten Falles angemessen zu beurteilen, welche Folgen sich aus einer bestimmten Handlung ergeben können. Das gilt insbesondere für berufsmäßig tätige Personen, die gewohnt sind, sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sehr umsichtig verhalten zu müssen. Von ihnen kann daher erwartet werden, dass sie die Risiken ihrer Tätigkeit besonders sorgfältig beurteilen (Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 217 bis 219, und vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, EU:T:2008:256, Rn. 142).

149    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Auslegung der Bedeutung von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zur Zeit der Begehung der zur Last gelegten Handlungen angesichts des Textes dieser Vorschrift in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung hinreichend vorhersehbar sein musste (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, EU:T:2008:256, Rn. 143).

150    Hierzu ist festzustellen, dass die oben in Rn. 76 angeführten Urteile vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), und vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), nach der Unterzeichnung des SPA verkündet wurden.

151    Aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 geht jedoch eindeutig hervor, dass ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung vor seinem Vollzug anzumelden ist und ohne vorherige Anmeldung und Genehmigung nicht vollzogen werden darf (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 246). Keine dieser Bestimmungen enthält weitgefasste Begriffe oder ungenaue Kriterien (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 379).

152    Außerdem hatte die Kommission zum einen, wie oben in Rn. 142 ausgeführt, bereits vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des SPA Gelegenheit, ein Unternehmen mit einer Sanktion zu belegen, weil es einen Zusammenschluss vollzogen hatte, bevor dieser angemeldet und für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden war.

153    Zum anderen hatte das Gericht bereits vor der Unterzeichnung des SPA Gelegenheit zu der Feststellung, dass ein Zusammenschluss nicht vollzogen werden dürfe, bevor er von der Kommission genehmigt worden war. Das Gericht hatte nämlich bereits darauf hingewiesen, wenn auch auf den ersten Blick, dass es angesichts der strengen Fristen, innerhalb deren die Kommission einen angemeldeten Zusammenschluss zu prüfen habe, sowie des Zusammenwirkens von Faktoren, die zur Übernahme der Kontrolle in einem konkreten Fall führen könnten, durchaus legitim wäre, wenn die Kommission die Beteiligten auffordern würde, keinerlei Schritte zu unternehmen, die zu einem Wechsel der Kontrolle führen könnten (Beschluss vom 18. März 2008, Aer Lingus Group/Kommission, T‑411/07 R, EU:T:2008:80, Rn. 94).

154    Schließlich ergibt sich aus der vorstehenden Prüfung, dass die Klägerin verstehen konnte, dass die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA vorgesehenen vorbereitenden Klauseln eine Durchführung des Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstellten.

155    Hätte die Klägerin den geringsten Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Klauseln mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, hätte sie jedenfalls die Kommission konsultieren müssen. Ein Unternehmen, das sich im Unklaren über seine Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 139/2004 ist, verhält sich nämlich angemessen, indem es sich an die Kommission wendet (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 256 und die dort angeführte Rechtsprechung).

156    Der dritte Unterteil des ersten Teils des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

4)      Zum vierten Unterteil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch Verhängung einer Sanktion

157    Nach Ansicht der Klägerin verstößt der angefochtene Beschluss gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, da er gegen sie eine Sanktion für einen Vertrag verhängt habe, der im Einklang mit der Standardpraxis des Marktes im Bereich Fusionen und Übernahmen und der Praxis der Kommission nach der Verordnung Nr. 139/2004 gestanden habe. Außerdem habe sie der Kommission das SPA als Anlage zum Entwurf der Anmeldung am 3. Februar 2015 (vgl. oben, Rn. 9) und ein weiteres Mal als Anlage zur Anmeldung am 25. Februar 2015 (vgl. oben, Rn. 10) vorgelegt. Obwohl die Kommission Kenntnis vom Inhalt des SPA gehabt habe, bevor die Transaktion bei ihr angemeldet worden sei, habe sie weder Bedenken geäußert noch Stellung zu den Vereinbarungen vor dem Vollzug nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA genommen, anders als sie es in der Sache getan habe, in der die Entscheidung K(2007) 3104 der Kommission vom 27. Juni 2007 zur Erklärung der Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus) ergangen sei, in der sie Ryanair aufgegeben hatte, ihre mit den Aktien von Aer Lingus verbundenen Stimmrechte nicht auszuüben.

158    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

159    Der vierte Unterteil stellt im Wesentlichen eine Wiederholung des Vorbringens der Klägerin im dritten Unterteil dar.

160    Wie oben in Rn. 48 ausgeführt, regelt Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 139/2004 klar, dass die Kommission befugt ist, ein Unternehmen mit einer Sanktion zu belegen, wenn dieses gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstößt.

161    Weiter ist darauf hingewiesen worden, dass dies nicht das erste Mal ist, dass Unternehmen nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 139/2004 mit einer Sanktion belegt werden, weil sie gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen haben (vgl. oben, Rn. 142).

162    Außerdem ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichts, insbesondere dem Beschluss vom 18. März 2008, Aer Lingus Group/Kommission (T‑411/07 R, EU:T:2008:80, Rn. 94), für die Prüfung eines angemeldeten Zusammenschlusses angesichts des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren, die berücksichtigt werden können, eine gewisse Zeitspanne erforderlich ist. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin der Kommission das SPA zwar als Anlage zu einer E‑Mail betreffend den Entwurf der Anmeldung am 3. Februar 2015 vorlegte, diese E‑Mail aber zahlreiche Anlagen mit insgesamt 200 Seiten umfasste (das SPA umfasste 71 Seiten). Da die Prüfung dieser Unterlagen eine gewisse Zeit erfordert, kann das Ausbleiben einer schnellen Reaktion der Kommission nicht als stillschweigende Genehmigung des Zusammenschlusses ausgelegt werden. Im Übrigen hatte die Kommission in einer der E‑Mails, die vor der E‑Mail vom 3. Februar 2015 ausgetauscht wurden, nachdem die Klägerin die Kommission darum gebeten hatte, ausdrücklich anzugeben, keine Einwände gegen das Projekt zu haben, ihr geantwortet, dass sie in diesem Verfahrensabschnitt keine Stellungnahme abgeben wolle.

163    Außerdem verstieß die Klägerin, wie oben in Rn. 132 ausgeführt, jedenfalls seit dem 9. Dezember 2014 gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004.

164    Die Zuwiderhandlung nach diesen Bestimmungen war somit bereits begangen worden, als die Vorabkontakte zwischen der Klägerin und der Kommission am 18. Dezember 2014 begannen, obwohl die Kommission bereits am 31. Oktober 2014 über den geplanten Zusammenschluss informiert wurde.

165    Insoweit genügt zum Vorbringen der Klägerin, wonach in der Sache, in der die Entscheidung K(2007) 3104 (Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus) ergangen sei, die Kommission Ryanair aufgegeben habe, ihre Stimmrechte nicht auszuüben, der Hinweis, dass die Kommission, als sie Ryanair aufforderte, ihre Stimmrechte nicht auszuüben, nichts anderes tat, als dieses Unternehmen aufzufordern, sich nicht in die Situation eines von ihr vollzogenen Zusammenschlusses zu begeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2010, Aer Lingus Group/Kommission, T‑411/07, EU:T:2010:281, Rn. 83). In diesem Fall lag schon vor der Anmeldung des Zusammenschlusses kein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vor.

166    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission hervorhebt, Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 nur dem Anmelder vorschreiben, dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass der Zusammenschluss nicht vollzogen wird, bevor er angemeldet und genehmigt worden ist.

167    Art. 8 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 139/2004 sieht zwar vor, dass „[d]ie Kommission … geeignete einstweilige Maßnahmen anordnen [kann], um wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen oder aufrecht zu erhalten, wenn ein Zusammenschluss … unter Verstoß gegen Artikel 7 vollzogen wurde und noch keine Entscheidung über die Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem [Binnen‑]Markt ergangen ist“, doch begründet er keine Verpflichtung zu Lasten der Kommission.

168    Das Vorbringen der Klägerin eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch Verhängung einer Sanktion ist daher zurückzuweisen.

169    Der vierte Unterteil des ersten Teils des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

c)      Zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes: Die Klägerin habe vor dem Vollzug der Transaktion in Wirklichkeit keinen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt

170    In den Erwägungsgründen 178 bis 371 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission sieben Fälle dargelegt, die belegten, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt und den Zusammenschluss vor dessen Genehmigung umgesetzt habe.

171    Insoweit beruhen nach Auffassung der Klägerin die Schlussfolgerungen im angefochtenen Beschluss auf einer falschen Beurteilung des Akteninhalts. Erstens habe Oi bis zum Vollzug der Transaktion eine alleinige Kontrolle über PT Portugal behalten. Zweitens sei die Klägerin nur zu einer kleinen Minderheit der Themen konsultiert worden, die der Verwaltungsrat von PT Portugal zwischen der Unterzeichnung des Vertrags und der Genehmigung des Zusammenschlusses behandelt habe. Drittens sei die Konsultation der Klägerin in den sieben in Punkt 4.2.1 des angefochtenen Beschlusses angeführten Fällen kein Beweis für den vorzeitigen Vollzug des Zusammenschlusses. Als Erstes habe keiner der sieben Fälle zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle von PT Portugal beigetragen, da die sieben von der Kommission genannten Fälle Fragen betroffen hätten, die keinen funktionellen Zusammenhang mit dem Vollzug des Zusammenschlusses aufwiesen und nicht einmal vorbereitende Handlungen im Sinne des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), gewesen seien. Als Zweites hätten diese sieben Fälle nur zum Ziel gehabt, den Status quo des Zielunternehmens in der Zeit vor dem Vollzug der Transaktion aufrechtzuerhalten und jede Störung zu verhindern, die den Wert oder die Integrität von PT Portugal beeinflussen könnte. Außerdem habe die Klägerin in den meisten Fällen lediglich die von PT Portugal vorgeschlagene Vorgehensweise gebilligt oder einfach zusätzliche Informationen angefordert, um nachvollziehen zu können, worin sie genau bestanden habe.

172    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

173    Was erstens das Vorbringen der Klägerin betrifft, Oi habe bis zum Vollzug der Transaktion eine alleinige Kontrolle über PT Portugal behalten, ist darauf hinzuweisen, dass das maßgebliche Kriterium für die Frage, ob gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen worden ist, nicht das der „alleinigen Kontrolle“ ist, sondern das einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle über das Zielunternehmen, die insbesondere auf dem Erwerb der Kontrolle beruht, wobei sich die Kontrolle aus der u. a. durch einen Vertrag begründeten Möglichkeit ergibt, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben (vgl. oben, Rn. 76).

174    Außerdem trifft das Vorbringen, Oi habe bis zum Vollzug der Transaktion eine alleinige Kontrolle über PT Portugal behalten, in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, wie sich sowohl aus den vorbereitenden Klauseln des SPA ergibt, die der Klägerin die Möglichkeit gaben, schon ab der Unterzeichnung des SPA einen bestimmenden Einfluss auszuüben (vgl. oben, Rn. 132), als auch aus der Feststellung der tatsächlichen Ausübung dieses bestimmenden Einflusses auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal vor dem Vollzug der Transaktion (vgl. erster und vierter Fall, Rn. 181 bzw. 199 unten).

175    Das erste Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

176    Zweitens ist zum Vorbringen der Klägerin, sie sei nur in sehr wenigen Fragen, insbesondere zu drei Entscheidungen im Zusammenhang mit der Verlängerung oder dem Abschluss von Verträgen über die Verbreitung von Fernsehinhalten, nicht aber zu acht anderen Entscheidungen im Zusammenhang mit solchen Inhalten konsultiert worden, festzustellen, dass der Umstand, dass die Klägerin nur zu einer Reihe von Fragen konsultiert worden sei, die etwaige Rechtswidrigkeit dieser Konsultationen und die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Zielunternehmen nicht in Frage stellen kann.

177    Das zweite Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

178    Was drittens das Argument der Klägerin betrifft, ihre Konsultation in den sieben in Punkt 4.2.1 des angefochtenen Beschlusses angeführten Fällen sei kein Beweis für den vorzeitigen Vollzug des Zusammenschlusses, ist als Erstes zum Vorbringen der Klägerin, die sieben von der Kommission genannten Fälle hätten Fragen betroffen, die keinen funktionellen Zusammenhang mit dem Vollzug des Zusammenschlusses aufwiesen, und seien nicht einmal vorbereitende Handlungen im Sinne des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), gewesen, darauf hinzuweisen, dass in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, der Gerichtshof festzustellen hatte, ob die Kündigung eines Vertrags einen vorzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses darstellte.

179    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt, dass das Verhalten der Klägerin einen funktionellen Zusammenhang mit dem Vollzug des Zusammenschlusses aufweist oder eine vorbereitende Handlung darstellt, sondern dargelegt, dass sie durch ihr Verhalten tatsächlich eine Kontrolle über zahlreiche Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal vor dem Erlass des Genehmigungsbeschlusses ausgeübt habe.

180    Was als Zweites zunächst das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie habe „in den meisten Fällen“ lediglich die von PT Portugal vorgeschlagene Vorgehensweise gebilligt oder einfach zusätzliche Informationen angefordert, ist festzustellen, dass sie damit einräumt, dass sie die Entscheidungen von PT Portugal einige Male nicht gebilligt hat.

181    Was sodann den ersten der sieben Fälle betrifft, in dem es um eine Werbekampagne für Post-Paid-Mobildienste geht, ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss, dass mit dieser Kampagne bezweckt wurde, den Umstieg der Kunden von Pre-Paid-Verträgen auf Post-Paid-Verträge zu beschleunigen und dadurch die Kundenbasis von PT Portugal zu konsolidieren, den Umsatz pro Endkunde zu steigern und die Kundenabwanderung zu senken. Bevor der Vorschlag für die Werbekampagne für Post-Paid-Dienste vom Verwaltungsrat von PT Portugal genehmigt worden war, bat dieser per Telefonkonferenz vom 20. Januar 2015 um Zustimmung der Klägerin zum Beginn der Kampagne. Unmittelbar nach dieser Telefonkonferenz erteilte die Klägerin PT Portugal schriftlich Weisungen zu den zu erreichenden Zielen und der Dauer der Kampagne. Außerdem übermittelte PT Portugal der Klägerin regelmäßig Informationen über deren Entwicklung. Laut dem angefochtenen Beschluss wurden Preiskampagnen regelmäßig auf dem Endkundenmarkt für Mobilkommunikation organisiert. Folglich sei die Werbekampagne für die Post-Paid-Dienste nichts Außergewöhnliches gewesen und gehöre zur normalen Geschäftstätigkeit von PT Portugal. Außerdem sei das Ziel der Kampagne, den Umsatz pro Endkunde zu halten und die Kundenabwanderung zu senken, ein gewöhnliches Ziel der Werbetätigkeiten der Telekommunikationsbetreiber (Erwägungsgründe 181 bis 219 des angefochtenen Beschlusses).

182    Die Klägerin macht geltend, ihr Eingreifen sei gerechtfertigt gewesen, da die Kampagne eine Neuausrichtung von PT Portugal zu eigenständigen Angeboten statt „Multiplay“-Angeboten dargestellt habe, was der Integrität des Unternehmens habe schaden können und folglich über den Rahmen der Sonderangebote zu den üblichen Preisen hinausgegangen sei. Außerdem habe sie nicht versucht, den Umfang, die Modalitäten oder den Inhalt der Kampagne zu ändern, und ihr Eingreifen habe sich jedenfalls nicht auf die Tätigkeit von PT Portugal ausgewirkt, da sie sie nicht daran gehindert habe, die ursprünglich vorgesehene Kampagne zu führen.

183    Hierzu ist festzustellen, dass nichts die Annahme erlaubt, dass sich die Kampagne negativ auf die Integrität der Tätigkeit von PT Portugal hätte auswirken können. Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss darlegt, ist das Ziel, den Umsatz pro Endkunde zu halten und die Kundenabwanderung zu senken, ein normales Ziel für einen Telekommunikationsbetreiber.

184    Jedenfalls lagen, wie sich aus den Erwägungsgründen 203 und 204 des angefochtenen Beschlusses ergibt, die Kosten der Kampagne unter der Schwelle, die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA die Verpflichtung für Oi auslöste, die schriftliche Genehmigung der Klägerin einzuholen (Schwelle von nur 1 Mio. Euro nach Ablauf eines Monats nach dem Zeitpunkt der Durchführung, vgl. oben, Rn. 109).

185    Auch wenn die Klägerin, wie sie vorträgt, PT Portugal nicht daran gehindert hat, die ursprünglich vorgesehene Kampagne zu führen, ergibt sich aus dem oben in Rn. 181 angeführten Sachverhalt, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass sie bei der Genehmigung, den Modalitäten und der Überwachung der Werbekampagne für Post-Paid-Mobildienste eine wesentliche Rolle gespielt hat.

186    Die Tatsache, dass die Klägerin, wie sie selbst in der Klageschrift darlegt, ihre Zustimmung zum Beginn der Kampagne bestätigt hat, zeigt nämlich, dass sie tatsächlich eine Kontrolle über die Kampagne ausgeübt hat, da sie entschieden hat, ob die Kampagne eingeleitet werden konnte.

187    Die Klägerin hat somit einzuhaltende Grenzen und zu erreichende Ziele festgelegt. Sie wurde auch zu den Merkmalen und Zielen der Werbekampagne für Post-Paid-Dienste konsultiert und erteilte der Geschäftsführung von PT Portugal schriftlich Weisungen zu den Zielen und der Dauer der Kampagne. Sie erhielt auch detaillierte Informationen nicht nur über die künftigen Absichten von PT Portugal bei der Preisfestsetzung (205. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), sondern auch über die Ergebnisse der Werbekampagne für Post-Paid-Dienste während ihrer Durchführung, insbesondere über die Zahl der Kunden, die auf Post-Paid-Verträge umgestiegen waren, und über die Steigerung des Umsatzes pro Endkunde nach der Art des Angebots (218. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

188    Der zweite der sieben Fälle betrifft die Verlängerung des Vertriebsvertrags für den Sport-Fernsehsender Porto Canal, der sein Programm mit einem vom Porto Football Club stammenden zusätzlichen Sportinhalt verstärkt hatte. Dieser Fall war seit dem 18. Februar 2015 Gegenstand zahlreicher Gespräche zwischen der Klägerin und PT Portugal. Um diesen Zeitpunkt herum fanden zwischen der Klägerin und PT Portugal ein Telefongespräch statt, in dem die Klägerin über den Fortgang der Gespräche betreffend diese Verlängerung informiert wurde. Im Laufe dieses Gesprächs forderte die Klägerin PT Portugal auf, ihr alle relevanten Unterlagen zu übermitteln und einen Termin für eine Telefonkonferenz festzulegen. In diesem Gespräch teilte die Klägerin PT Portugal, ihrem Wettbewerber, mit, dass ihre Tochtergesellschaft Cabovisão aufgehört habe, Porto Canal zu vertreiben. Am 20. Februar 2015 übersandte PT Portugal der Klägerin eine E‑Mail, die detaillierte vertrauliche Informationen über den Vertriebsvertrag, wie Informationen über den Inhalt des bestehenden Vertrags, die Leistung der betreffenden Kanäle, den Prozess der Neuverhandlung und den an Porto Canal gerichteten Vorschlag, enthielt. Diese E‑Mail enthielt auch zwei mögliche Szenarien für die Struktur der zukünftigen Vertriebskosten. In derselben E‑Mail bat PT Portugal um eine Telefonkonferenz mit der Klägerin, die am 23. Februar 2015 stattfand. Am 25. Februar 2015 übermittelte PT Portugal der Klägerin detaillierte Zahlen über die Anzahl der Stunden, während deren die Abonnenten Porto Canal sahen. Mit Schreiben vom 2. April 2015 weigerte sich die Klägerin zunächst, PT Portugal ihre Zustimmung zur Vertragsverlängerung zu erteilen, bevor sie einige Tage danach ihre Meinung änderte und der Fortsetzung der Verhandlungen zustimmte. Aus dem Sachverhalt, wie er im angefochtenen Beschluss dargelegt und von der Klägerin nicht bestritten wird, ergibt sich somit, dass die Klägerin PT Portugal Weisungen zur Fortsetzung der Verhandlungen erteilt und PT Portugal diese Weisungen befolgt hat (Erwägungsgründe 220 bis 250 des angefochtenen Beschlusses).

189    Nach Ansicht der Klägerin war ihre Beteiligung an den Verhandlungen mit dem Sport-Fernsehsender wegen der politischen Sensibilität des Vertrags gerechtfertigt, da es darum gegangen sei, mit einem Sportverein zu verhandeln. Außerdem habe ihr Eingreifen verhindern sollen, dass die Geschäftsstrategie von PT Portugal im Fernsehsegment tiefgreifend geändert werde. Darüber hinaus seien die Verhandlungen mit dem Fernsehsender Porto Canal nur langsam geführt worden (der Vertrag sei am 23. Juli 2015, also fast drei Monate nach der Genehmigung), geschlossen worden. Im Übrigen habe PT Portugal den Fernsehsender auch nach Ablauf des vorhergehenden Vertrags, d. h. nach dem 31. März 2015, weiter vertrieben. Schließlich könne der Austausch zwischen der Klägerin und PT Portugal über die Neuverhandlung des Vertrags mit dem Fernsehsender Porto Canal keine Auswirkungen auf Cabovisão gehabt haben, die mehrere Monate zuvor (im September 2013) aufgehört habe, diesen Fernsehsender zu vertreiben.

190    Zu dem Vorbringen, das Eingreifen der Klägerin sei zum einen wegen der politischen Sensibilität des Vertrags gerechtfertigt gewesen und habe zum anderen eine tiefgreifende Änderung der Geschäftsstrategie von PT Portugal verhindern sollen, ist festzustellen, dass die Neuverhandlung von Verträgen über die Verbreitung von Fernsehinhalten zu den normalen Tätigkeiten eines Unternehmens gehört, das im Bereich der Erbringung von Fernsehdienstleistungen tätig ist. Außerdem heißt es im 235. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, dass der Wert des Vertrags im Vergleich zum Kaufpreis von PT Portugal und deren Umsatz sehr gering gewesen sei. Das Eingreifen der Klägerin kann daher vernünftigerweise nicht als notwendig angesehen werden, um den Wert des Zielunternehmens während des Zeitraums zwischen der Unterzeichnung und dem Zeitpunkt des Vollzuges der Transaktion zu wahren. Schließlich trägt die Klägerin nichts dafür vor, dass dieser Vertrag von politischer Bedeutung war oder auf eine wesentliche Änderung der Strategie hingedeutet hätte, die ihr Eingreifen gerechtfertigt hätte.

191    Was das Vorbringen betrifft, die Verhandlungen mit dem Fernsehsender Porto Canal seien nur langsam geführt worden, so kann die Schnelligkeit oder Langsamkeit, mit der die Verhandlungen geführt wurden, die Tatsache nicht in Frage stellen, dass die Klägerin vor dem Erlass des Genehmigungsbeschlusses tatsächlich in eine Geschäftsentscheidung von PT Portugal eingegriffen hat.

192    Das Vorbringen, PT Portugal habe, wie im 249. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, den Fernsehsender Porto Canal gemäß den Modalitäten des vorhergehenden Vertrags weiter vertrieben, ist im Zusammenhang mit dem ungerechtfertigten Eingreifen der Klägerin in die Geschäftsentscheidungen und ‑strategien von PT Portugal im Zeitraum zwischen der Unterzeichnung und dem Vollzug der Vereinbarung unerheblich. Im Übrigen scheint dieses Argument eher dem Vorbringen zu widersprechen, dass es wesentlich gewesen sei, dass sie im Rahmen der Verhandlungen mit dem Fernsehsender Porto Canal bei PT Portugal eingreife.

193    Das Vorbringen, dass der Austausch zwischen der Klägerin und PT Portugal keine Auswirkungen auf Cabovisão gehabt haben könne, ist im Zusammenhang mit dem ungerechtfertigten Eingreifen der Klägerin in die Geschäftsentscheidungen und ‑strategien von PT Portugal im Zeitraum zwischen der Unterzeichnung und dem Abschluss der Vereinbarung ebenso unerheblich.

194    Der dritte der sieben Fälle betrifft die Auswahl eines Anbieters von Funkzugangsnetzen, für die PT Portugal die Klägerin am 17. März 2015 fragte, ob sie ihr gestatte, das Auswahlverfahren fortzusetzen, obwohl davon ausgegangen wurde, dass die Wahl erst nach Vollzug der Zusammenschlusstransaktion getroffen werde. Daraufhin wies die Klägerin PT Portugal an, das Auswahlverfahren zu verzögern und ihr Informationen darüber zu übermitteln, woraufhin PT Portugal seine Auswahlstrategie änderte (Erwägungsgründe 251 bis 280 des angefochtenen Beschlusses).

195    Die Klägerin trägt vor, sie sei von PT Portugal konsultiert worden, um sicherzustellen, dass diese Auswahl unter den bestmöglichen Bedingungen vorbereitet und durchgeführt werde, und jede Störung des Betriebs des Funkzugangsnetzes von PT Portugal zu vermeiden, das sowohl einen unentbehrlichen Bestandteil als auch das Rückgrat des Mobilfunknetzes aller Telekommunikationsbetreiber darstelle.

196    Insoweit zeigt sich, dass das Auswahlverfahren nicht darauf abzielte, eine Gefahr von Störungen beim Betrieb des Funkzugangsnetzes von PT Portugal zu beheben. Aus den Erwägungsgründen 253 und 273 des angefochtenen Beschlusses geht nämlich hervor, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, dass PT Portugal, die über mehrere Anbieter von Funkzugangsnetzen pro Standort verfügte, die Zahl der Anbieter rationalisieren wollte, um die operativen Ausgaben zu senken und das Netz zu vereinfachen.

197    Außerdem hat, obwohl PT Portugal, wie soeben ausgeführt, die Zustimmung der Klägerin nicht zur endgültigen Auswahl des Ausrüstungsanbieters, sondern zur Fortführung des Auswahlverfahrens einholte, die Klägerin keine Erklärung dafür geliefert, warum die Fortführung eines Auswahlverfahrens einen wesentlichen Einfluss auf die Tätigkeit von PT Portugal hätte haben können, der ihr Eingreifen hätte rechtfertigen können. Im 274. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission außerdem ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Frage der Fortführung des Auswahlverfahrens nicht einmal in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA vorgesehen sei. Hierzu hat die Kommission im 275. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass PT Portugal ausdrücklich klargestellt habe, dass sich ihre Frage nicht auf Kapitalausgaben beziehe.

198    Dieser dritte Fall scheint somit zu veranschaulichen, dass die Klägerin nicht nur die vorbereitenden Klauseln von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA umsetzte, sondern sogar über diese Klauseln hinausgehen konnte.

199    Der vierte der sieben Fälle betrifft einen Vertrag über Video on Demand. Am 10. Februar 2015 wandte sich PT Portugal an die Klägerin, um festzustellen, ob der Abschluss eines Vertrags über den Fernsehinhalt ihrer Geschäftsstrategie entspreche, und bat sie um ihre Zustimmung zum Abschluss dieses Vertrags. PT Portugal übermittelte der Klägerin auch Informationen über die Verhandlungen über diesen Vertrag. Außerdem fragte sie PT Portugal, ob sie ähnliche Verträge unterzeichnet habe, und ersuchte sie, ihr Weisungen hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Unterzeichnung dieses Vertrags zu erteilen. Am 11. Februar 2015 teilte die Klägerin PT Portugal mit, dass sie ähnliche Vereinbarungen zu günstigeren Geschäftsbedingungen unterzeichne, und bat sie, diese Vereinbarung nicht zu schließen, bevor sie darüber gesprochen hätten, sowie die Laufzeit des Vertrags auf ein Jahr zu verringern (Erwägungsgründe 281 bis 304 des angefochtenen Beschlusses).

200    Die Klägerin trägt vor, ihr Eingreifen sei angesichts der Neuartigkeit des Vertrags, der eine wesentliche Änderung der Strategie dargestellt habe, gerechtfertigt gewesen. Die Klägerin räumt ein, PT Portugal Auskünfte gegeben zu haben, behauptet aber, diese habe sie nicht berücksichtigt und den Vertrag am 4. März 2015, also vor dem Vollzug der Transaktion, unterzeichnet.

201    Insoweit hat die Kommission im 300. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass der Inhalt des Vertrags nicht neu gewesen sei, da PT Portugal bereits im Rahmen von Verträgen mit mehr als 60 Anbietern von Inhalten Video on Demand-Dienste angeboten habe. Außerdem wies die Kommission in den Erwägungsgründen 298 bis 301 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass nichts darauf hindeute, dass der Vertrag von solcher Bedeutung für die Tätigkeit von PT Portugal gewesen sei, dass das Eingreifen der Klägerin erforderlich gewesen sei, um den Wert ihrer Investition zu schützen. Schließlich stellte die Kommission fest, dass PT Portugal den Vertrag zwar tatsächlich vor Vollzug der Transaktion geschlossen habe, jedoch die Laufzeit des Vertrags gemäß den Weisungen der Klägerin auf ein Jahr anstatt zwei, wie von PT Portugal ursprünglich gewünscht, verringert worden sei. Die Klägerin bestreitet keinen dieser drei Gesichtspunkte.

202    Der fünfte der sieben Fälle betrifft die Einbeziehung eines neuen Fernsehsenders. PT Portugal ersuchte Anfang April 2015 die Klägerin um Weisungen, die es ablehnte, diese Einbeziehung zu genehmigen. Zum Zeitpunkt des Genehmigungsbeschlusses hatte die Klägerin ihre Zustimmung noch immer nicht erteilt (Erwägungsgründe 305 bis 326 des angefochtenen Beschlusses).

203    Die Klägerin bringt vor, dass, da dieser Fernsehsender nicht für Menschen, sondern für Hunde bestimmt sei, ihr Eingreifen angesichts der Neuartigkeit des Vertrags und der negativen Auswirkungen, die dieser Inhalt auf das Image von PT Portugal haben könne, gerechtfertigt gewesen sei. Die Beweise in den Akten zeigten nicht nur, dass sie sich nicht in den Entscheidungsprozess von PT Portugal eingemischt habe, sondern dass nichts darauf hindeute, dass sie ein Interesse daran gehabt habe. Sie habe sich damit begnügt, nähere Angaben zum Modell der Aufteilung der Einnahmen dieses Fernsehsenders zu verlangen, der neu gewesen sei und von dem sie noch nie gehört habe, und sie habe PT Portugal allein die Entscheidung überlassen, diesen Vertrag zu schließen oder nicht. Schließlich sei dieser Fernsehsender, obwohl die Klägerin keine Antwort gegeben habe, einen Monat nach der Genehmigung des Zusammenschlusses eröffnet worden.

204    Insoweit scheint, selbst wenn PT Portugal, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss darlegt, zum Zeitpunkt der Verhandlungen bereits Fernsehsender über Jagd, Fischerei und Stierkämpfe anbot (324. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), ein Fernsehsender, der sich an Hunde richtet, tatsächlich ein ungewöhnliches Angebot zu sein.

205    Auch wenn die Kommission im 317. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführt, dass die jährlichen Kosten dieses Vertrags weit unter dem in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA festgelegten Schwellenwert lagen, kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich dieser Inhalt negativ auf das Image von PT Portugal hätte auswirken können und dass das Eingreifen der Klägerin daher erforderlich war, um das Image oder gar den Wert, der sich aus einem solchen Image ergeben konnte, von PT Portugal zu erhalten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 103 dargelegt, gemäß der Bekanntmachung über Nebenabreden eine Beschränkung durch andere Kriterien als das der alleinigen und strikten Erhaltung des Wertes des Zielunternehmens gerechtfertigt werden kann.

206    Der sechste Fall betrifft das Verhalten, das betreffend die Anteile an einem nationalen Telekommunikationsnetz zu setzen war. Am 9. März 2015 teilte Oi der Klägerin mit, dass zum einen ein Betreiber beabsichtige, diese Anteile zu erwerben, und dass zum anderen Oi weder die Absicht habe, ihre Anteile zu veräußern, noch, ihre Vorkaufsrechte auszuüben. Im angefochtenen Beschluss beanstandet die Kommission nicht, dass dieser Austausch mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden konnte, die von der Klägerin erworbene Geschäftstätigkeit, die die Beteiligung an diesem Netz umfasste, zu wahren, stellt aber fest, dass die Klägerin, nachdem sie weitere Informationen angefordert und erhalten habe, ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sie wünsche, dass PT Portugal so viele Anteile an anderen Aktionären kaufe, wie möglich, und Kontakte aufnehme, um weitere Anteile zu erwerben, wodurch die Grenzen dessen überschritten worden seien, was als geeignet und erforderlich angesehen werden könne, um den Wert von PT Portugal zu erhalten (Erwägungsgründe 327 bis 352 des angefochtenen Beschlusses).

207    Der Klägerin zufolge wurden ihr die Auskünfte aus Höflichkeit erteilt. Sie habe sich damit begnügt, zu fragen, ob andere Aktionäre bereit gewesen seien, PT Portugal ihre Anteile zu veräußern, und ihre Anregung, zusätzliche Aktien zu erwerben, sei nicht befolgt worden.

208    Insoweit ist unstreitig, dass die Klägerin PT Portugal aufforderte, Kontakt zu dem fraglichen Betreiber aufzunehmen, und dass PT Portugal die hierzu erforderlichen Schritte unternahm.

209    Die Kommission hat daher zu Recht festgestellt, dass die Klägerin mit der Aufforderung an PT Portugal, mit dem fraglichen Betreiber Kontakt aufzunehmen, die Grenzen dessen überschritten hat, was als erforderlich angesehen werden konnte, um den Wert von PT Portugal zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung und dem Zeitpunkt des Abschlusses der Transaktion zu erhalten (344. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Damit hat die Klägerin so gehandelt, als ob sie die Kontrolle über PT Portugal bereits formal erworben hätte.

210    Das Vorbringen der Klägerin, dass letztlich keine Aktien von dem betreffenden Betreiber erworben worden seien, kann diese Feststellung nicht in Frage stellen.

211    Diese Transaktion war nämlich zwar nicht erfolgreich, jedoch lag das nicht an PT Portugal, sondern daran, dass die Klägerin letztlich darauf verzichtete, mit dem betreffenden Betreiber zusammenzutreffen (346. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

212    Der im angefochtenen Beschluss genannte siebte Fall betrifft eine Ausschreibung für die Bereitstellung von Outsourcing-Dienstleistungen und ‑Lösungen. Zur Durchführung dieses Vertrags musste PT Portugal bestimmte Investitionen tätigen. Am 6. April 2015 richtete Oi ein förmliches Ersuchen an die Klägerin gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA, um ihre Zustimmung zu den zu tätigenden Investitionen zu erhalten. Die Klägerin forderte daraufhin zusätzliche Informationen an und fragte, wie lange die Amortisationsdauer der Investition sei. Im angefochtenen Beschluss kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass es wenig wahrscheinlich sei, dass sich der Vertrag, in Anbetracht des Wertes dieses Vertrags im Verhältnis zum Wert der Geschäftstätigkeit von PT Portugal und zum Preis für ihren Erwerb, wesentlich auf den Wert der Geschäftstätigkeit von PT Portugal ausgewirkt habe und dass die Informationen, die PT Portugal der Klägerin übermittelt habe, jedenfalls viel detaillierter und umfangreicher gewesen seien, als es zur Erreichung des Ziels, den Wert des Zielunternehmens zu erhalten, erforderlich gewesen wäre, wie der Austausch detaillierter Informationen über erwartete Einnahmen (Erwägungsgründe 353 bis 371 des angefochtenen Beschlusses).

213    Die Klägerin trägt vor, ihr Eingreifen sei angesichts der geringen Rentabilität und der Art des Vertrags gerechtfertigt gewesen. Im Übrigen habe sie nur zusätzliche Informationen angefordert und PT Portugal kein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben. Außerdem hätte ihr Eingreifen keine Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit von PT Portugal haben können, da die Investition getätigt worden sei, ohne ihre Zustimmung abzuwarten.

214    Hierzu ist festzustellen, dass der Vertrag zu den laufenden Geschäften von PT Portugal gehörte, da es sich um die Verlängerung eines bestehenden Vertrags handelte und er eine Höhe von Einkünften betraf, die mit der des bereits bestehenden Vertrags vergleichbar war. Außerdem ist unstreitig, dass der Wert des Vertrags nicht die im SPA festgelegten Schwellenwerte erreichte. Schließlich ändert der Umstand, dass die Investition getätigt wurde, ohne die Zustimmung der Klägerin abzuwarten, nichts daran, dass PT Portugal vertrauliche Informationen über den erwarteten „Kundenumsatz“ an die Klägerin übermittelte, die damals ein Wettbewerber auf dem portugiesischen Telekommunikationsmarkt war.

215    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass, selbst wenn der fünfte Fall nicht belegt, dass die Transaktion vor dem Zeitpunkt der Genehmigung des Zusammenschlusses durchgeführt wurde, dass die Kommission jedenfalls in Anbetracht der Feststellungen zu den sechs anderen Fällen im 55. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat (vgl. oben, Rn. 26), dass sich aus verschiedenen Aktenstücken ergab, dass die Klägerin, unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, vor dem Erlass des Genehmigungsbeschlusses und in einigen Fällen vor der Anmeldung tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt hatte.

216    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, da sie geltend macht, ihr Eingreifen sei wegen der Ungewöhnlichkeit dieser Transaktionen gerechtfertigt gewesen, wie die Kommission im 116. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt hat, eine Freistellung von der Stillhaltepflicht für diese Transaktionen auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 hätte beantragen müssen.

217    Wie die Kommission ausführt, hat sie nämlich bereits mehrfach Freistellungen von der Stillhaltepflicht nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 erteilt, indem sie bestimmte Handlungen zuließ, die als teilweiser Vollzug eines Zusammenschlusses angesehen wurden, aber keine tatsächliche Veränderung der Kontrolle darstellten (erteilte Freistellung zur Wiederherstellung der Überlebensfähigkeit des Zielunternehmens [Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 2008, Sache COMP/M.5267 – Sun Capital/SCS Group]; erteilte Freistellung zum Vollzug bestimmter Schritte wie die Unterzeichnung von verwaltungsrechtlichen Verträgen [Entscheidung der Kommission vom 14. September 2004, Sache COMP/M.3275 – Shell España/Cepsa/SIS JV]; erteilte Freistellung zum Vollzug bestimmter Durchführungsmaßnahmen wie die Unterzeichnung von Verträgen und die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens [Entscheidung der Kommission vom 28. November 2006, Sache COMP/M.4472 – William Hill/Codere/JV]).

218    Daher sind dieses dritte Argument der Klägerin und der zweite Teil insgesamt zurückzuweisen.

d)      Zum dritten Teil des dritten Klagegrundes: Rechts- und Tatsachenfehler durch die Annahme, dass die Übermittlung von Informationen zur Feststellung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses beigetragen habe

219    Die Klägerin trägt vor, der bloße Austausch von Informationen, der im Rahmen eines Zusammenschlusses unvermeidbar und sogar erforderlich sei, reiche nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 oder Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 nachzuweisen. Es sei daher Sache der Kommission, nachzuweisen, dass die Übermittlung von Informationen über PT Portugal an die Klägerin bewirkt habe, dass ihr die Kontrolle über PT Portugal im Sinne des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), übertragen worden sei. Eine unzulässige Ausdehnung der Reichweite von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 auf Handlungen, die nicht zum Vollzug des Zusammenschlusses beitrügen, bewirkte nach diesem Urteil entsprechend auch eine Einengung des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 139/2004. Mit der Annahme, dass die der Klägerin übermittelten Informationen verwendet worden seien, um einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal auszuüben, verstoße der Beschluss gegen den in Art. 48 der Charta verankerten Grundsatz der Unschuldsvermutung.

220    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

221    In den Erwägungsgründen 378 bis 478 des angefochtenen Beschlusses legte die Kommission Fälle von Informationsaustausch zwischen der Klägerin und PT Portugal dar, die zum Nachweis beitrugen, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt und den Zusammenschluss vor dessen Genehmigung umgesetzt habe.

222    Außerdem ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss, dass zum einen am 3. Februar, am 20. März und am 25. bis 27. März 2015 auf Initiative der Klägerin drei Treffen zwischen dem Management der Klägerin und dem von PT Portugal stattfanden, um laut internen E‑Mails der Klägerin vom 27. Januar 2015 hinsichtlich des ersten Treffens „mit der Koordinierung der wichtigen Entscheidungen zu beginnen, die die Zustimmung [der Klägerin] gemäß dem Vertrag benötigen [und PT Portugal zu ersuchen, die Klägerin] über jede Initiative zu informieren“ (Erwägungsgründe 380 und 381 des angefochtenen Beschlusses).

223    Bei diesen Treffen übermittelte PT Portugal der Klägerin detaillierte und genaue Informationen über Fragen wie ihre wichtigsten Initiativen in Bezug auf ihre Strategie und ihre Geschäftsziele, ihre Kostenstrategien, ihre Beziehungen zu den Hauptlieferanten, aktuelle Finanzdaten über ihre Einnahmen, ihre Geschäftsmarge, ihre Kapitalkosten und ihre Budgetplanung, wesentliche Informationen über die Leistung, ihre Pläne zur Ausweitung des Netzes und detaillierte Informationen über die Großhandelstätigkeit von PT Portugal (Erwägungsgründe 384 bis 410 des angefochtenen Beschlusses).

224    Zum anderen übermittelte PT Portugal der Klägerin im Rahmen bilateraler Austausche, die am 20. Februar 2015 begannen, genaue und detaillierte Informationen über ihre zukünftige Preisstrategie für die Kundenangebote 3Play/4Play (Erwägungsgründe 449 bis 454 des angefochtenen Beschlusses) und übermittelte auf Ersuchen der Klägerin wöchentlich ab dem 11. März 2015 Informationen zu den wichtigsten Kennzahlen (Erwägungsgründe 455 bis 468 des angefochtenen Beschlusses).

225    Zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass der bloße Austausch von Informationen, der im Rahmen eines Zusammenschlusses jedoch unvermeidbar und sogar erforderlich sei, ausreiche, um einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 oder Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 nachzuweisen, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen in zweifacher Hinsicht unzutreffend ist.

226    Erstens hat die Kommission nicht festgestellt, dass dieser Austausch von Informationen ausreichte, um einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 oder Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 „nachzuweisen“.

227    Im 478. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist die Kommission nämlich zu dem Schluss gelangt, dass dieser Austausch zum Nachweis „beitrug“, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal ausgeübt habe, wie die Klägerin im Übrigen selbst im dritten Teil festgestellt hat.

228    Zweitens handelte es sich nicht um einen „bloßen Austausch von Informationen“.

229    Die Kommission hat nämlich im 437. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Austausch geschäftlicher Informationen zwischen einem potenziellen Erwerber und einem Verkäufer, wenn er in geeigneter Weise durchgeführt würde, als Teil des normalen Übernahmeprozesses angesehen werden könnte, wenn die Art und der Zweck dieses Austauschs unmittelbar mit der Notwendigkeit für den potenziellen Erwerber zusammenhingen, den Wert des Unternehmens zu beurteilen.

230    Im vorliegenden Fall wurde der Informationsaustausch jedoch nach Unterzeichnung des SPA fortgesetzt. Darüber hinaus ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass die Parteien bestimmte sehr sensible geschäftliche und wettbewerbsrelevante Informationen von PT Portugal ausgetauscht haben, obwohl Cabovisão und ONI, Tochtergesellschaften der Klägerin (siehe oben, Rn. 8), zu dieser Zeit in unmittelbarem Wettbewerb mit PT Portugal standen.

231    Somit hatte die Klägerin Zugang zu Informationen, zu denen sie keinen Zugang hätte haben dürfen, und PT Portugal antwortete auf ihre Anfragen, wobei diese Informationen im Übrigen nicht durch das Bestreben gerechtfertigt waren, den Wert des Zielunternehmens zu erhalten.

232    Außerdem war sich die Klägerin dieser Situation bewusst.

233    In einem im 582. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten internen Dokument der Klägerin vom April 2015 heißt es nämlich:

„Ein bestimmter Informationsaustausch ist offensichtlich streng verboten [nach den Regeln über den vorzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses]: Austausch von Informationen über Kunden, über Besonderheiten des Netzes, Austausch von Informationen im Rahmen von Ausschreibungen, Austausch über Geschäftsbedingungen, Preise oder etwaige Preisnachlässe, Einkaufsbedingungen und laufende Verhandlungen insbesondere über Vereinbarungen mit Dritten. Jeder Austausch von Finanzfragen ist zu untersagen, soweit er nicht öffentlich zugängliche Elemente (Standardpreiseliste, …) betrifft. Eine Konsultation im Rahmen von Angeboten an Kunden oder Vereinbarungen mit Dritten ist nicht möglich.“

234    Ebenso wird in den Fn. 214 und 219 des angefochtenen Beschlusses eine sehr klare, interne E‑Mail der Klägerin angeführt, in der der Leiter der Abteilung B2B gegenüber dem Direktor für das operative Geschäft seine Besorgnis über den E‑Mail-Austausch mit PT Portugal im Zeitraum vor dem Vollzug der Transaktion zum Ausdruck bringt, den er für verfrüht hält.

235    Somit ist festzustellen, dass die Kommission im 478. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht zu dem Schluss gelangt ist, dass der Informationsaustausch zum Nachweis beitrug, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal ausgeübt hatte.

236    Daher war es zum einen entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht Sache der Kommission, nachzuweisen, dass die Übermittlung von Informationen über PT Portugal an die Klägerin selbst bewirkt habe, dass ihr die Kontrolle über PT Portugal im Sinne des Urteils vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), übertragen worden sei.

237    Zum anderen hat die Kommission die Reichweite von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht unzulässig auf Handlungen, die nicht zum Vollzug des Zusammenschlusses beitrugen, ausgedehnt.

238    So ist der Verweis der Klägerin auf das Urteil vom 31. Mai 2018, Ernst & Young (C‑633/16, EU:C:2018:371), in dessen Rn. 58 festgestellt worden ist, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 7 der Verordnung Nr. 139/2004 auf Vorgänge, die nicht zum Vollzug eines Zusammenschlusses beitragen, nicht nur darauf hinausliefe, dass der Anwendungsbereich dieser Verordnung unter Verstoß gegen ihren Art. 1 ausgedehnt würde, sondern entsprechend auch auf eine Einengung des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), die dann nicht mehr auf solche Vorgänge anwendbar wäre, auch wenn diese eine Koordinierung zwischen Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV bewirken können, nicht relevant.

239    Außerdem ist, wie die Kommission ausführt, eine Situation wie die im vorliegenden Fall, in der ein Erwerber die Möglichkeit hat, in die Geschäftsführung des Zielunternehmens einzugreifen oder sogar in ungerechtfertigter Weise eingreift, bevor sie die Möglichkeit hatte, den Zusammenschluss zu genehmigen, tatsächlich die Situation, die Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 durch einen Mechanismus der Vorabkontrolle verhindern sollen, nicht aber die Situation, die Art. 101 AEUV und die Verordnung Nr. 1/2003 vorsehen, die von einem nachträglichen Mechanismus ausgehen.

240    Schließlich ist hervorzuheben, dass, da das erste Treffen am 3. Februar 2015 stattgefunden hat, der Informationsaustausch zum Nachweis beigetragen hat, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal sowohl unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 als auch gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung ausgeübt hat.

241    Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, der Beschluss verstoße gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung, weil die Kommission vermute, dass der Informationsaustausch eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle darstelle, so vermutete die Kommission, wie soeben ausgeführt, im angefochtenen Beschluss nicht, dass dieser Austausch eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle dargestellt habe, sondern beurteilte, nachdem sie betont hatte, dass bestimmte Austausche als Teil des normalen Übernahmeprozesses angesehen werden könnten, die Implikationen des Informationsaustauschs, der zwischen der Klägerin und PT Portugal vor dem Vollzug der Transaktion stattgefunden hatte, und zog den Schluss, dass dieser Austausch zum Nachweis beigetragen habe, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf PT Portugal ausgeübt habe.

242    Der dritte Teil des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

e)      Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der Unschuldsvermutung

243    Die Klägerin trägt vor, den Begriff „Vollzug“ auf Vereinbarungen auszudehnen, die einen Zusammenschluss ergänzten und dem Erwerber die Möglichkeit eröffneten, zu bestimmten einzelnen Themen konsultiert zu werden, ohne jedoch zu einer dauerhaften Veränderung der tatsächlichen Kontrolle beizutragen, liefe darauf hinaus, Situationen mit einer Sanktion zu belegen, in denen tatsächlich kein vorwerfbares Verhalten stattgefunden habe und die von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 überhaupt nicht erfasst würden. Eine solche übermäßig weite Ausdehnung des Begriffs „Vollzug“ sei mit dem durch Art. 49 Abs. 1 der Charta und Art. 7 EMRK garantierten Grundsatz der Rechtmäßigkeit unvereinbar. Ebenso verletze der angefochtene Beschluss das durch Art. 48 Abs. 1 der Charta und Art. 6 Abs. 2 EMRK garantierte Grundrecht auf Unschuldsvermutung.

244    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

245    Was einen angeblichen Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Rechtmäßigkeit betrifft, da die Vereinbarungen, d. h. die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des SPA vorgesehenen Klauseln, nicht zu einer dauerhaften Veränderung der tatsächlichen Kontrolle über das Zielunternehmen beigetragen hätten, trugen, wie oben in den Rn. 108 ff. dargelegt, einige der vorbereitenden Klauseln zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle bei, da sie der Klägerin die Möglichkeit gewährten, die Struktur der Geschäftsführung von PT Portugal mitzubestimmen und an bestimmten Arten von Verträgen teilzuhaben, sie zu beenden oder zu ändern, und da sie PT Portugal verpflichteten, die schriftliche Zustimmung der Klägerin zu einem großen Bereich von Entscheidungen über Preise und Verträge mit den Kunden einzuholen.

246    Der angefochtene Beschluss hat daher den Begriff „Vollzug“ nicht ausgedehnt.

247    Das Vorbringen der Klägerin, es liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Rechtmäßigkeit vor, ist daher zurückzuweisen.

248    Was das Vorbringen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung betrifft, so bedeutet dieser Grundsatz, dass jede beschuldigte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Er verbietet damit jede ausdrückliche Feststellung und selbst jede Anspielung auf die Verantwortlichkeit einer eines bestimmten Verstoßes beschuldigten Person in einer verfahrensbeendenden Entscheidung, wenn diese Person nicht alle im Rahmen eines normalen, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrensablaufs zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte (vgl. Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 257 und die dort angeführte Rechtsprechung).

249    Im vorliegenden Fall geht aus den Rn. 12 bis 24 des vorliegenden Urteils betreffend das Verwaltungsverfahren hervor, dass die Klägerin die Verfahrensrechte in Anspruch nehmen konnte, die es ihr ermöglichten, ihre Verteidigungsrechte auszuüben. Im Übrigen behauptet die Klägerin nicht, dass ihre Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren verletzt worden seien.

250    Außerdem hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen (vgl. Urteil vom 13. September 2013, Total Raffinage Marketing/Kommission, T‑566/08, EU:T:2013:423, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein etwaiger Zweifel des Gerichts muss dem Unternehmen zugutekommen, an das die Entscheidung gerichtet ist, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird (vgl. Urteil vom 13. September 2013, Total Raffinage Marketing/Kommission, T‑566/08, EU:T:2013:423, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

251    Nach alledem ist die Kommission der Beweislast nachgekommen, indem sie nachgewiesen hat, dass sowohl die Möglichkeit der Klägerin, einen bestimmenden Einfluss auszuüben (vgl. oben, Rn. 132), als auch die tatsächliche Ausübung dieses bestimmenden Einflusses auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal (vgl. oben, Rn. 215) sowie der Informationsaustausch, der zum Vollzug des Zusammenschlusses beigetragen hat (vgl. oben, Rn. 235), einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstellten.

252    Daher ist auch das Vorbringen der Klägerin, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung geltend gemacht wird, und der zweite Teil des ersten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.

f)      Zum zweiten Klagegrund: Tatsachen- und Rechtsfehler, soweit die Kommission zu dem Ergebnis gelangt sei, die Klägerin habe die alleinige Kontrolle über PT Portugal erlangt

253    Die Klägerin macht geltend, sie sei im angefochtenen Beschluss zu Unrecht mit einer Sanktion belegt worden, weil sie vor der Anmeldung des Zusammenschlusses und dem Genehmigungsbeschluss der Kommission „durch den Erwerb von Aktien … die alleinige Kontrolle über PT Portugal im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der [Verordnung Nr. 139/2004]“ erworben habe (dritter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), da die Übertragung des Eigentums an den Aktien von PT Portugal ihr gegenüber am 2. Juni 2015 (elfter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), also nach der Anmeldung des Zusammenschlusses (25. Februar 2015) und dem Genehmigungsbeschluss (20. April 2015), erfolgt sei. Vor diesem Zeitpunkt sei PT Portugal eine zur Gänze von Oi gehaltene Tochtergesellschaft gewesen, die Eigentümerin der Aktien gewesen sei, die 100 % des Gesellschaftskapitals dieser Gesellschaft dargestellt hätten. Oi habe die alleinige Kontrolle über PT Portugal bis zum 2. Juni 2015 behalten, indem sie alle Aktien und Stimmrechte an ihrer Tochtergesellschaft gehalten habe, und erst von diesem Zeitpunkt an habe die Klägerin die alleinige Kontrolle über PT Portugal erlangt. Außerdem sei im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt worden, dass im vorliegenden Fall ein „teilweiser Vollzug“ eines Zusammenschlusses stattgefunden habe.

254    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

255    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht behauptet, dass die Klägerin die „alleinige Kontrolle“ über PT Portugal vor der Anmeldung und Genehmigung des Zusammenschlusses erlangt habe.

256    Außerdem ist, wie oben in Rn. 173 ausgeführt, das maßgebliche Kriterium für die Frage, ob gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen worden ist, nicht das der „alleinigen Kontrolle“, sondern das einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle über das Zielunternehmen, die insbesondere auf dem Erwerb der Kontrolle beruht, wobei sich die Kontrolle aus der u. a. durch einen Vertrag begründeten Möglichkeit ergibt, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben (vgl. oben, Rn. 76).

257    Wie bereits ausgeführt, ergibt sich im vorliegenden Fall sowohl aus den vorbereitenden Klauseln des SPA, die der Klägerin die Möglichkeit gaben, einen bestimmenden Einfluss auszuüben (vgl. oben, Rn. 131), als auch aus der Feststellung der tatsächlichen Ausübung dieses bestimmenden Einflusses auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal (vgl. oben, Rn. 215) sowie dem Informationsaustausch, der zum Vollzug des Zusammenschlusses beitrug (vgl. oben, Rn. 235), dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen hat.

258    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

259    Nach alledem sind die ersten drei Klagegründe zurückzuweisen.

3.      Zum vierten Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen die Grundsätze ne bis in idem, der Verhältnismäßigkeit und des Verbots der Doppelbestrafung

260    Der vierte Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe mit dem angefochtenen Beschluss zwei Geldbußen für dasselbe Verhalten verhängt, mit dem zweiten Teil, dass der angefochtene Beschluss gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoße, und mit dem dritten Teil, dass der angefochtene Beschluss gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz des Verbots der Doppelbestrafung verstoße, das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, zurückgehe.

261    In ihrer Antwort auf die Aufforderung des Gerichts vom 10. März 2020, die möglichen Schlussfolgerungen anzugeben, die sie aus dem Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission (C‑10/18 P, EU:C:2020:149), ziehe (vgl. oben, Rn. 37), hat die Klägerin angegeben, dass sie den zweiten Teil, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem geltend gemacht werde, zurücknehme.

a)      Zum ersten Teil: Die Kommission habe gegen die Klägerin zwei Geldbußen verhängt, mit denen ein und dasselbe Verhalten nach zwei Bestimmungen zum Schutz desselben rechtlichen Interesses geahndet worden sei

262    Die Klägerin trägt vor, dass nach dem 564. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses der Sachverhalt, der zu den behaupteten Zuwiderhandlungen gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 geführt habe, derselbe sei. Das Argument der Kommission im 39. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 eigenständige Rechtsgrundsätze verankerten und daher eine eigenständige, aber sich ergänzende Rolle spielten, sei widersprüchlich und jedenfalls unbegründet. Die formale Unterscheidung im angefochtenen Beschluss zwischen einer Handlungspflicht, nämlich der Pflicht zur Anmeldung vor dem Vollzug (Erwägungsgründe 40 und 486), und einer Unterlassungspflicht, nämlich derjenigen, nicht vor der Anmeldung (und dem Erhalt der Genehmigung) zu vollziehen (Erwägungsgründe 41 und 487), könne die Tatsache nicht verdrängen, dass die in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehene Zuwiderhandlung nicht in der fehlenden Anmeldung des Zusammenschlusses, sondern im Vollzug des Zusammenschlusses vor seiner Anmeldung bestehe. Außerdem könne ein Unternehmen nicht gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen, ohne auch gegen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung zu verstoßen. Dass beide Bestimmungen dieselbe Verpflichtung auferlegten (oder dasselbe Verhalten verböten), werde auch dadurch bestätigt, dass Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 vorsehe, dass die Parteien „jederzeit, auch vor der Anmeldung oder nach Abschluss des Rechtsgeschäfts“ eine Freistellung von den in Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen beantragen könnten und dass es in dieser Verordnung keine vergleichbare Bestimmung gebe, die es den Parteien gestatte, eine Freistellung von der Verpflichtung nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung zu beantragen.

263    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

264    Insoweit genügt, wie sich aus den oben in den Rn. 54 ff. im Rahmen der von der Klägerin erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit dargelegten Grundsätzen ergibt, der Hinweis, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung im Rahmen des im achten Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Systems der „einzigen Anlaufstelle“ eigenständige Ziele verfolgen und dass die erste Bestimmung eine Handlungspflicht vorsieht, die einmaligwirkt, während die zweite Bestimmung eine Unterlassungspflicht vorsieht, die dauerhaft wirkt.

265    Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 „dasselbe rechtliche Interesse schütz[en]“, „dieselbe Verpflichtung auferlegen“ oder „dasselbe Verhalten verbieten“.

266    Der erste Teil des vierten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

b)      Zum dritten Teil: Verstoß gegen den in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das auf die allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Rechtsgrundsätze zurückgehende Verbot einer Doppelbestrafung

267    Die Klägerin macht geltend, die Verhängung von zwei Sanktionen gegen dieselbe Person wegen derselben Tat im Rahmen ein und desselben Verfahrens verstoße gegen den in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten betreffend die Normenkonkurrenz gemeinsam seien, zurückgehende Verbot der Doppelbestrafung. Zwischen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 und Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung bestehe ein scheinbarer oder unechter Konflikt (Normenkonkurrenz), da diese beiden Bestimmungen dasselbe rechtliche Interesse schützten und die Verhängung von zwei Geldbußen gegen denselben Verletzer für ein und dasselbe Verhalten auslösten. Dies sei im vorliegenden Fall umso mehr der Fall, als sie die Kommission von sich aus lange vor der Unterzeichnung des SPA über den Zusammenschluss informiert und dann einen Antrag auf Bestimmungen eines mit der Behandlung ihrer Akte befassten Teams drei Tage nach dieser Unterzeichnung gestellt habe.

268    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

269    Insoweit ist bereits festgestellt worden (siehe oben, Rn. 264), dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 im Rahmen des im achten Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Systems der „einzigen Anlaufstelle“ eigenständige Ziele verfolgen.

270    Der Umstand, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 eigenständige Ziele verfolgen, stellt somit ein Unterscheidungsmerkmal dar, das die Verhängung zweier getrennter Geldbußen rechtfertigt.

271    Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 „dasselbe „rechtliche Interesse“ schützten, wobei die Kumulierung der Sanktionen unter Verstoß gegen den in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unverhältnismäßig sei und gegen den Grundsatz des Verbots der Doppelbestrafung verstoße, das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, zurückgehe.

272    Im Übrigen hat der Gerichtshof in der Rechtssache C‑10/18 P entschieden, dass das Gericht die Auffassung vertreten durfte, dass die Kommission zwei gesonderte Geldbußen nach Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängen durfte (Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 111).

273    Außerdem ist zum einen betreffend den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits darauf hingewiesen worden (vgl. oben, Rn. 65), dass die Auferlegung zweier Sanktionen wegen ein und desselben Verhaltens durch ein und dieselbe Behörde mit ein und derselben Entscheidung als solche nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesehen werden kann (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 343).

274    Zum anderen ist zum Grundsatz des Verbots einer Doppelbestrafung, das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, zurückgeht, festzustellen, dass der Gerichtshof ein ähnliches Argument bereits zurückgewiesen hat. Er hat nämlich festgestellt, dass das Gericht zutreffend entschieden hatte, dass, da es betreffend Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 keine Bestimmung gibt, die „vorrangig anwendbar“ ist, dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe den Grundsatz des Zusammentreffens von Zuwiderhandlungen verkannt, wie er sich aus dem Völkerrecht und den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ergebe, nicht gefolgt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2020, Marine Harvest/Kommission, C‑10/18 P, EU:C:2020:149, Rn. 117 und 118).

275    Aus dem gleichen Grund kann dem Vorbringen, das sich auf das Verbot einer Doppelbestrafung stützt, das auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, zurückgeht, nicht gefolgt werden.

276    Daher kann im vorliegenden Fall der Umstand, dass die Klägerin am 31. Oktober 2014 Kontakt zur Kommission aufnahm, um sie über ihr Vorhaben zu informieren, die alleinige Kontrolle über PT Portugal zu erwerben (vgl. oben, Rn. 6), d. h. vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des SPA am 9. Dezember 2014 (vgl. oben, Rn. 3), und sodann am 12. Dezember 2014 die Bestimmung eines mit der Behandlung ihrer Akte beauftragten Teams beantragte (vgl. oben, Rn. 7), die Möglichkeit der Kommission, zwei gesonderte Geldbußen nach Art. 4 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 zu verhängen, nicht in Frage stellen.

277    Daher ist der dritte Teil des vierten Klagegrundes und damit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Folglich sind die Anträge auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.

B.      Zu den hilfsweise gestellten Anträgen betreffend die Höhe der Geldbußen

278    Zur Stützung dieses hilfsweise gestellten Antrags macht die Klägerin den fünften Klagegrund betreffend die Rechtswidrigkeit der Geldbußen und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend. Dieser Klagegrund gliedert sich in fünf Teile. Mit dem ersten Teil wird die Rechtswidrigkeit der Geldbußen geltend gemacht, weil weder Fahrlässigkeit noch Vorsatz vorlägen, mit dem zweiten Teil wird geltend gemacht, die Geldbußen seien unangemessen, obwohl die Ziele der Fusionskontrolle nicht beeinträchtigt würden. Der dritte Teil betrifft die Rechtswidrigkeit der Geldbußen wegen unzureichender Begründung der Festsetzung ihrer Höhe, der vierte Teil betrifft das Erfordernis, die zweite wegen desselben Sachverhalts verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen, und der fünfte Teil betrifft die fehlende Verhältnismäßigkeit der Höhe der Geldbußen, so dass die Klägerin beantragt, das Gericht möge in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Geldbußen herabsetzen.

1.      Zum ersten Teil: Rechtswidrigkeit der Geldbußen wegen des Fehlens von Fahrlässigkeit oder Vorsatz

279    Die Klägerin bestreitet die Feststellung, dass eine Zuwiderhandlung „zumindest fahrlässig“ begangen worden sei (Punkt 7.2.1 des angefochtenen Beschlusses), obwohl es das erste Mal sei, dass Vereinbarungen vor dem Vollzug eines Erwerbs, die in einem Übernahmevertrag enthalten gewesen seien, oder Konsultationen und der Austausch von Informationen einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darstellen könnten. Insbesondere könne sich die Kommission erstens nicht auf ein internes Dokument der Klägerin vom April 2015 berufen, um nachzuweisen, dass sie sich bewusst gewesen sei, dass es wichtig gewesen sei, keinen „Frühstart zu machen“ (gun jumping). Im angefochtenen Beschluss würden u. a. drei Auszüge aus diesem Dokument angeführt, in denen sie das gun jumping beschreibe, vor den schweren Geldbußen warne, die verhängt werden könnten, und insbesondere auf das Verbot eines bestimmten Informationsaustauschs Bezug nehme. Zum einen sei dieses Dokument nach dem Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung (Anmeldepflicht) erstellt worden und falle mit dem Ende der zweiten Zuwiderhandlung (Stillhaltepflicht) zusammen, und zum anderen sei es im Rahmen eines anderen Vorhabens verfasst worden. Zweitens könne die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht geltend machen, dass die Klägerin die streitigen Bestimmungen in das SPA aufgenommen habe, um ihre eigenen finanziellen Interessen zu wahren, da ein vorsätzlich handelnder Zuwiderhandelnder die streitigen Klauseln niemals in eine Vereinbarung über einen Zusammenschluss aufgenommen hätte, da eine solche Vereinbarung zwangsläufig der Kommission im Rahmen der Anmeldung des Zusammenschlusses vorgelegt werde. Drittens führe das Fehlen von Präzedenzfällen dazu, dass es für die Klägerin unmöglich oder jedenfalls komplizierter gewesen sei, zu wissen, dass ihr Verhalten eine Zuwiderhandlung darstellen könne.

280    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

281    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 Geldbußen nur wegen Zuwiderhandlungen auferlegen kann, die „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sind (vgl. oben, Rn. 48).

282    Zur Frage, ob eine Zuwiderhandlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde, geht aus der Rechtsprechung hervor, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn sich das betreffende Unternehmen über die Wettbewerbswidrigkeit seines Verhaltens nicht im Unklaren sein kann, gleichviel, ob ihm dabei bewusst ist, dass es gegen die Wettbewerbsregeln verstößt (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 237).

283    Dass das betreffende Unternehmen sein Verhalten, auf dem die Feststellung der Zuwiderhandlung beruht, rechtlich unrichtig eingestuft hat, kann also nicht dazu führen, dass ihm keine Geldbuße auferlegt wird, sofern es über die Wettbewerbswidrigkeit dieses Verhaltens nicht im Unklaren sein konnte. Ein Unternehmen kann nicht der Verhängung einer Geldbuße entgehen, wenn dem Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln ein Irrtum dieses Unternehmens über die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens zugrunde liegt, der auf dem Inhalt eines Rechtsrats eines Anwalts beruht (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 238).

284    Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Recht angenommen hat, die Klägerin habe deshalb fahrlässig gehandelt, weil sie die Transaktion unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr.139/2004 vollzogen habe.

285    Da die Kommission nur im Hinblick auf das Kriterium der Fahrlässigkeit zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Klägerin gegen diese Bestimmungen verstoßen habe, geht das Vorbringen der Klägerin, soweit mit diesem Vorbringen dargetan werden soll, dass die Kommission einen Fehler begangen habe, indem sie davon ausgegangen sei, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt habe, ins Leere, da es die Schlussfolgerungen im angefochtenen Beschluss nicht zutreffend widerspiegelt.

286    In den Erwägungsgründen 578 bis 586 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Fahrlässigkeit der Klägerin aus den folgenden Umständen hergeleitet:

–        Die Klägerin sei ein großes europäisches Unternehmen, das über umfassende Erfahrung mit Zusammenschlüssen verfüge und bereits an nationalen Fusionskontrollverfahren beteiligt gewesen sei.

–        In einem internen Dokument der Klägerin vom April 2015 heißt es, dass „[e]in bestimmter Informationsaustausch … offensichtlich streng verboten [ist] [nach den Regeln über den vorzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses]“ (wovon ein Auszug oben in Rn. 233 wiedergegeben ist).

–        Die Klägerin verhandelte die Bestimmungen des SPA mit Oi sorgfältig und nahm, wie die Klägerin selbst ausführt, die beanstandeten Bestimmungen speziell zum Schutz ihrer eigenen finanziellen Interessen in das SPA auf. Die Kommission ist der Ansicht, ein sorgfältiger Erwerber hätte die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 geprüft, zumal die vorbereitenden Klauseln, wie in Punkt 4.1 des angefochtenen Beschlusses erläutert, weit über das hinausgingen, was erforderlich sei, um den Wert des Zielunternehmens zu erhalten.

–        Wie in Punkt 7.4.1 des angefochtenen Beschlusses erläutert, ist die Kommission der Ansicht, dass die Klägerin gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass das in den Punkten 4 und 5 dieses Beschlusses beschriebene Verhalten einen Verstoß gegen die Anmeldepflicht oder die Stillhaltepflicht darstelle.

287    Was das erste Argument der Klägerin betrifft, wonach das Dokument vom April 2015 nach dem Zeitpunkt der ersten Zuwiderhandlung erstellt worden sei und mit dem Ende der zweiten Zuwiderhandlung zusammenfalle und im Rahmen eines anderen Vorhabens verfasst worden sei, kann zum einen, wie die Kommission ausführt, der Umstand, dass dieses Dokument verfasst worden sei, nachdem der Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 stattgefunden habe und als die Zuwiderhandlung gegen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung begonnen hatte, aus einer streitigen Verhaltensweise kein sorgfältiges Vorgehen machen und belegt, dass der Klägerin die Gefahr der Unvereinbarkeit ihres Verhaltens mit der Verordnung Nr. 139/2004 bekannt war.

288    Zum anderen trifft die Behauptung, dass dieses Dokument im Rahmen eines anderen Vorhabens erstellt worden sei, nicht zu. Im 582. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wird nämlich in Fn. 306 auf Fn. 8 des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Aus dieser Fußnote geht hervor, dass das Dokument vom April 2015 mit dem Titel „Rahmenvermerk über den Informationsaustausch und zur Verhinderung der Missbrauchsgefahr“ der von der Klägerin erbetenen Vertraulichkeitserklärung beigefügt war, mit der sich die Mitarbeiter von PT Portugal verpflichteten, den Informationsaustausch über die Vorbereitung der in Rede stehenden Transaktion nicht offenzulegen.

289    Es ist noch darauf hinzuweisen, dass ein anderes Dokument bestätigt, dass der Klägerin die Gefahr der Unvereinbarkeit ihres Verhaltens mit der Verordnung Nr. 139/2004 bekannt war, wie sich aus der internen E‑Mail vom 2. April 2015 ergibt, die in den Fn. 214 und 219 des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben wird und in der auf die Befürchtung hingewiesen wird, dass bestimmte E‑Mails, die mit PT Portugal ausgetauscht worden seien, in dem Zeitraum vor der Genehmigung des Zusammenschlusses „verfrüht“ seien (vgl. oben, Rn. 234).

290    Zum zweiten Argument der Klägerin, sie habe nicht vorsätzlich streitige Bestimmungen in das SPA aufnehmen können, um ihre eigenen finanziellen Interessen zu schützen, ist darauf hinzuweisen, dass die fahrlässig begangenen Zuwiderhandlungen unter dem Gesichtspunkt ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht weniger schwerwiegend als die vorsätzlich begangenen sind (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Dezember 2012, Electrabel/Kommission, T‑332/09, EU:T:2012:672, Rn. 237).

291    Im Übrigen geht dieses Argument, wie bereits ausgeführt, jedenfalls ins Leere, da die Kommission zwar im angefochtenen Beschluss nicht ausgeschlossen hat, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt hat, jedoch letztlich zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sie zumindest fahrlässig gehandelt habe, als sie gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstoßen habe.

292    Zum dritten Argument der Klägerin, sie habe in Ermangelung von Präzedenzfällen nicht wissen können, dass ihr Verhalten eine Zuwiderhandlung darstellen könne, genügt der Hinweis, dass der bloße Umstand, dass sich die Unionsgerichte zum Zeitpunkt einer Zuwiderhandlung noch nicht konkret zu einem bestimmten Verhalten geäußert haben, als solcher nicht ausschließt, dass ein Unternehmen gegebenenfalls damit rechnen muss, dass sein Verhalten für mit den unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln unvereinbar erklärt werden kann (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 389).

293    Im Übrigen befreit, wie die Kommission ausführt, die Tatsache, dass ein Verhalten mit diesen Merkmalen in früheren Entscheidungen noch nicht geprüft wurde, das Unternehmen nicht von seiner Verantwortung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 901).

294    Wie bereits ausgeführt, hätte die Klägerin, wenn sie den geringsten Zweifel an der Vereinbarkeit der vorbereitenden Klauseln (oben, Rn. 155) oder ihres Verhaltens mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 hatte, jedenfalls die Kommission konsultieren müssen.

295    Die Kommission ist daher im 586. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin zumindest fahrlässig handelte, als sie gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verstieß.

296    Der erste Teil des fünften Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

2.      Zum zweiten Teil: Unangemessenheit der Geldbußen, obwohl die Ziele der Fusionskontrolle nicht beeinträchtigt würden

297    Nach Ansicht der Klägerin ist hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung zum einen zwischen den – behaupteten – Zuwiderhandlungen, die im vorzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses bestünden, über den die Kommission umfassend informiert worden sei, und zum anderen den Zuwiderhandlungen zu unterscheiden, die entweder darin bestünden, dass der Zusammenschluss überhaupt nicht angemeldet worden sei oder dass er durchgeführt worden sei, bevor die Kommission über den Zusammenschluss informiert worden sei. Die Kommission habe in ihrer Pressemitteilung insoweit eingeräumt, dass die im angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlungen sich nicht auf ihren Beschluss ausgewirkt hätten, mit dem sie den Zusammenschluss genehmigt hatte. Somit seien die unionsrechtlichen Ziele der Fusionskontrolle im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt worden, so dass die Verhängung von Geldbußen unangemessen gewesen sei.

298    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

299    Es ist daran zu erinnern, dass das Ziel von Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 darin besteht, die Wirksamkeit des Systems einer Vorabkontrolle der Auswirkungen von Zusammenschlüssen mit gemeinschaftsweiter Bedeutung zu gewährleisten. Durch die Unionsregelung im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen sollen unumkehrbare und dauerhafte Wettbewerbsbeeinträchtigungen vermieden werden. Das System der Fusionskontrolle soll der Kommission „eine wirksame Kontrolle sämtlicher Zusammenschlüsse im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur“ ermöglichen (sechster Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004) (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 498).

300    Bei Zusammenschlüssen, die Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geben, sind die mit einem verfrühten Vollzug verbundenen möglichen Risiken für den Wettbewerb nicht dieselben wie bei Zusammenschlüssen, die keine Wettbewerbsprobleme aufwerfen (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 499).

301    Der verfrühte Vollzug eines Zusammenschlusses, der ernsthafte Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt aufwirft, ist deshalb schwerwiegender als der verfrühte Vollzug eines Zusammenschlusses, der keine Wettbewerbsprobleme aufwirft, es sei denn, es lässt sich trotz der durch den Zusammenschluss aufgeworfenen ernsthaften Bedenken im Einzelfall ausschließen, dass sein Vollzug in der ursprünglich geplanten und von der Kommission nicht genehmigten Form schädliche Folgen für den Wettbewerb haben konnte (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 500).

302    Im vorliegenden Fall warf der Zusammenschluss, wie er ursprünglich am 25. Februar 2015 angemeldet wurde, ernsthafte Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt auf.

303    Diese ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt ergaben sich insbesondere aus der Überschneidung zwischen PT Portugal und den Tätigkeiten der Tochtergesellschaften der Klägerin, Cabovisão und ONI, die seinerzeit unmittelbar im Wettbewerb mit PT Portugal standen.

304    Aus den Erwägungsgründen 8 und 10 des angefochtenen Beschlusses geht somit hervor, dass der Erwerb von PT Portugal durch die Klägerin erst genehmigt wurde, nachdem diese gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 Verpflichtungszusagen vorgelegt hatte, um die durch den Zusammenschluss aufgeworfenen ernsthaften Bedenken auszuräumen. Diese Verpflichtungszusagen betrafen eine Reihe horizontal betroffener Märkte in Portugal, u. a. die Erbringung von Festnetz-Sprachtelefondiensten, Internetdiensten und mehreren Bezahldiensten im Telekommunikationssektor.

305    Die Klägerin bringt nichts vor, was die Feststellung der Kommission, der Zusammenschluss werfe ernsthafte Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt auf, in Frage stellen könnte.

306    Außerdem waren die vorbereitenden Klauseln zum Zeitpunkt der Anmeldung des SPA bereits seit seiner Unterzeichnung (9. Dezember 2014) in Kraft, der erste der sieben Fälle war bereits durchgeführt (20. Januar 2015) und das erste Treffen zwischen der Klägerin und PT Portugal (am 3. Februar 2015) hatte bereits stattgefunden.

307    Da die Klägerin und PT Portugal Wettbewerber auf einer Reihe von Märkten sind (vgl. oben, Rn. 188, 214 und 230) bestand für sie außerdem die Gefahr, durch ihr Verhalten den Wettbewerb zwischen ihnen zu verringern und den Wettbewerb dauerhaft zu schädigen.

308    Folglich hat die Tatsache, dass die Klägerin den Zusammenschluss angemeldet oder Verpflichtungszusagen angeboten hat, keine Auswirkungen auf den begangenen Verstoß. Selbst wenn die Klägerin von vornherein Verpflichtungszusagen angeboten hat, ermächtigte sie dies nicht zum Vollzug des Zusammenschlusses und könnte dies die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens nicht mildern.

309    Das Vorbringen der Klägerin, wonach die unionsrechtlichen Ziele der Fusionskontrolle nicht gefährdet oder beeinträchtigt worden seien, ist daher zurückzuweisen.

310    Diese Feststellung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der angefochtene Beschluss nach dem Wortlaut der Pressemitteilung vom 24. April 2018 (IP/18/3522) „sich nicht auf den Beschluss aus[wirkt], mit dem die Kommission die Übernahme im April 2015 auf der Grundlage der [Verordnung Nr. 139/2004] genehmigt hatte“. Wie nämlich in dieser Pressemitteilung ausgeführt wird, war „[d]ie Beurteilung des Vorhabens durch die Kommission in jenem Beschluss … unabhängig von dem Sachverhalt, der [der Klägerin] von der Kommission [im angefochtenen] Beschluss zur Last gelegt wird“.

311    Der zweite Teil des fünften Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

3.      Zum dritten Teil: Rechtswidrigkeit der Geldbußen wegen unzureichender Begründung der Festsetzung ihrer Höhe

312    Die Klägerin trägt vor, der angefochtene Beschluss gehe über die früheren Entscheidungen merklich hinaus, sowohl im Hinblick auf das Verhalten, das er für unvereinbar mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 erkläre, als auch im Hinblick auf die Höhe der verhängten Geldbußen, die sechsmal höher als die höchsten in früheren Entscheidungen verhängten Geldbußen seien. Die Kommission führe im angefochtenen Beschluss nur äußerst allgemein die Faktoren an, die sie offenbar berücksichtigt habe (Art, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung) und lasse die ungefähre Gewichtung jedes einzelnen dieser Faktoren nicht erkennen. Im Übrigen enthalte der angefochtene Beschluss keine Begründung, die den identischen Charakter der Geldbußen trotz der unterschiedlichen Dauer der Zuwiderhandlungen rechtfertige.

313    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

314    Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 446 und die dort angeführte Rechtsprechung).

315    Was die nach Art. 14 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbußen betrifft, kann die Kommission, wie oben in Rn. 48 ausgeführt, nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 wegen einer Verletzung der in deren Art. 4 vorgesehenen Anmeldepflicht und wegen eines gegen deren Art. 7 verstoßenden Vollzugs eines Zusammenschlusses Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des von den beteiligten Unternehmen erzielten Gesamtumsatzes im Sinne von Art. 5 dieser Verordnung festsetzen. Nach Art. 14 Abs. 3 dieser Verordnung „[ist b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße … die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen“.

316    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission keine Leitlinien mit einer Berechnungsmethode erlassen hat, an die sie bei der Festsetzung von Geldbußen nach Art. 14 der Verordnung Nr. 139/2004 gebunden wäre (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 449 und die dort angeführte Rechtsprechung).

317    Zum einen braucht die Kommission in Ermangelung solcher Leitlinien den Grundbetrag der Geldbuße oder die etwaigen erschwerenden bzw. mildernden Umstände weder in absoluten Zahlen noch prozentual zu beziffern (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 455 und die dort angeführte Rechtsprechung).

318    Zum anderen muss Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 den Rahmen der Analyse der Kommission bilden. Die Kommission muss allerdings in dem angefochtenen Beschluss die Umstände, die sie bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt hat, klar und eindeutig zum Ausdruck bringen (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 450 und die dort angeführte Rechtsprechung).

319    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 568 bis 599 des angefochtenen Beschlusses die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlungen erläutert hat.

320    Was insbesondere die Art der Zuwiderhandlungen betrifft, stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 568 bis 577 des angefochtenen Beschlusses fest, dass es sich um schwere Verstöße handele, da sie erstens geeignet seien, die Wirksamkeit der Verordnung Nr. 139/2004 zu beeinträchtigen, zweitens, dass die Verstöße gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ungeachtet des positiven Ergebnisses des von der Kommission durchgeführten Fusionskontrollverfahrens begangen worden seien und drittens, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass die Verstöße gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 ebenso schwerwiegend sein könnten wie Verstöße gegen die Art. 101 und 102 AEUV, indem er dieselben Höchstgrenzen für Geldbußen festgelegt habe.

321    Zur Schwere der Zuwiderhandlungen führte die Kommission in den Erwägungsgründen 578 bis 594 des angefochtenen Beschlusses aus, dass erstens der Umstand, dass die Zuwiderhandlungen zumindest fahrlässig begangen worden seien, und zweitens die wettbewerbswidrigen Risiken im Zusammenhang mit dem frühzeitigen Vollzug eines Zusammenschlusses, der Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gebe, zu berücksichtigen seien.

322    Zur Dauer der Zuwiderhandlung führte die Kommission in den Erwägungsgründen 595 bis 599 des angefochtenen Beschlusses aus, die beiden Zuwiderhandlungen seien getrennt zu behandeln: Zum einen der Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 als zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des SPA (9. Dezember 2014) begangener Einzelverstoß und zum anderen der Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, der am 9. Dezember 2014 begann und bis zum Zeitpunkt des Genehmigungsbeschlusses (20. April 2015) angedauert habe.

323    Somit ist festzustellen, dass die Kommission die in Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 aufgeführten Faktoren, nämlich die Art, die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung, geprüft hat. In diesem Zusammenhang hat sie klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, auf welche Umstände sie bei der Bemessung der Geldbußen abgestellt hatte, so dass die Klägerin sich verteidigen konnte und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

324    Was den Umstand betrifft, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss die identische Höhe der Geldbußen trotz ihrer unterschiedlichen Dauer nicht begründete, kann logischerweise kein Vergleich zwischen der Dauer einer fortgesetzten Zuwiderhandlung und einer einmaligen Zuwiderhandlung vorgenommen werden, da die Letztere keine Dauer hat, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat.

325    Der dritte Teil des fünften Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

4.      Zum vierten Teil: Erfordernis, die zweite wegen desselben Sachverhalts verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen

326    Die Klägerin macht geltend, dass die zweite im angefochtenen Beschluss verhängte Geldbuße nach dem „Anrechnungsprinzip“ des deutschen Rechts, wonach jede wegen desselben Sachverhalts verhängte Geldbuße bei der Festsetzung der zweiten Geldbuße zu berücksichtigen sei, aufzuheben oder erheblich herabzusetzen sei. Außerdem habe die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, da sie die für eine der beiden Zuwiderhandlungen verhängte Geldbuße bei der Festsetzung der Geldbuße für die andere Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt habe.

327    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

328    Insoweit genügt der Hinweis, dass das Anrechnungsprinzip keine Anwendung auf einen Fall findet, in dem mehrere Sanktionen mit ein und derselben Entscheidung verhängt werden, selbst wenn dadurch ein und dieselbe Tat geahndet wird (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 344).

329    Somit kann dem Vorbringen der Klägerin, mit dem sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend macht, weil der Betrag einer der Geldbußen bei der Festsetzung der anderen Geldbuße nicht berücksichtigt worden sei, nicht gefolgt werden.

330    Daher ist der vierte Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen.

5.      Zum fünften Teil: Fehlende Verhältnismäßigkeit der Geldbußen

331    Im Rahmen dieses Teils macht die Klägerin geltend, die in den Art. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses verhängten Geldbußen verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hilfsweise beantragt die Klägerin, das Gericht möge in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die mit diesen Artikeln verhängten Geldbußen erheblich herabsetzen.

a)      Zur Rechtswidrigkeit der Geldbußen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

332    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; dabei ist von mehreren geeigneten Maßnahmen die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Folglich dürfen die Beträge der Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – Beachtung der Wettbewerbsregeln – stehen, und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße ist so zu bemessen, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 580 und die dort angeführte Rechtsprechung).

333    Die Klägerin macht erstens geltend, die Höhe der Geldbußen stehe außer Verhältnis zur Größe des Unternehmens und zur von der Kommission in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Dezember 2012, Electrabel/Kommission (T‑332/09, EU:T:2012:672), ergangen sei, verhängten Geldbuße. Zweitens sei die Höhe der Geldbußen im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung unverhältnismäßig, sowohl aufgrund des Umstands, dass die Geldbuße für die einmalige Zuwiderhandlung gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 offensichtlich unverhältnismäßig sei, da sie genauso hoch sei wie die wegen der Zuwiderhandlung gegen Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung verhängte Geldbuße, die vier Monate und elf Tage gedauert habe, als auch im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung, wenn sie mit der Dauer der in den früheren Rechtssachen verhängten Geldbußen verglichen werde, wie denjenigen, in denen die Urteile vom 12. Dezember 2012, Electrabel/Kommission (T‑332/09, EU:T:2012:672), und vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753), ergangen seien. Drittens seien die verhängten Geldbußen unverhältnismäßig, da die Kommission nicht als mildernden Umstand berücksichtigt habe, dass der angefochtene Beschluss völlig neuartig sei, weil es „keinen konkreten Präzedenzfall in Bezug auf einen Übernahmevertrag gibt“ (612. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

334    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

335    Was erstens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Höhe der Geldbußen stehe außer Verhältnis zur Größe des Unternehmens und zu der von der Kommission in der Entscheidung K(2009) 4416 endg. vom 10. Juni 2009 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Sache COMP/M.4994 – Electrabel/Compagnie nationale du Rhône) verhängten Geldbuße, ist daran zu erinnern, dass die Kommission dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert ist, dieses Niveau innerhalb der durch die einschlägigen Rechtsvorschriften gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der Wettbewerbspolitik der Union sicherzustellen. Die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union verlangt nämlich, dass die Kommission das Niveau der Geldbußen jederzeit den Erfordernissen dieser Politik anpassen kann (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 603 und die dort angeführte Rechtsprechung).

336    Da außerdem das Vorbringen der Klägerin als ein Antrag zu verstehen ist, der darauf gerichtet ist, dass das Gericht im angefochtenen Beschluss einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung feststellt, ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann und Entscheidungen in anderen Fällen nur Hinweischarakter in Bezug auf das eventuelle Vorliegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz haben, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die für sie kennzeichnenden Umstände wie die Märkte, die Waren, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, EU:C:2006:594, Rn. 201 und 205; vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, EU:C:2007:326, Rn. 60, und vom 16. Juni 2011, Caffaro/Kommission, T‑192/06, EU:T:2011:278, Rn. 46).

337    Wie jedes Organ bei allen seinen Tätigkeiten hat indessen die Kommission, wenn sie eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften gegen ein Unternehmen festsetzt, den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten, der es verbietet, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, sofern dies nicht objektiv gerechtfertigt ist. Gleichwohl können frühere Geldbußenentscheidungen der Kommission im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur relevant sein, wenn dargetan wird, dass die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten wie die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind wie im betreffenden Fall (vgl. Urteil vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 261 und 262 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

338    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin nichts vorträgt, um darzutun, dass die Umstände der Sache, in der die Entscheidung K(2009) 4416 endg. (Sache COMP/M.4994 – Electrabel/Compagnie nationale du Rhône) ergangen ist, und die vorliegende Rechtssache vergleichbar seien, und macht dies auch nicht geltend.

339    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin, wonach „das Gericht … in der Rechtssache Electrabel festgestellt [hat], dass eine Geldbuße in Höhe von 20 Mio. Euro, die gegen ein Unternehmen mit einem konsolidierten Umsatz von 47,5 Mrd. Euro verhängt wurde, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrte, weil sie 0,04 % des Umsatzes der Gruppe entsprach“, unzutreffend ist, da in dieser Rechtssache nicht die „Gruppe“, zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt worden war, sondern die Gesellschaft Electrabel. Wie sich nämlich aus Rn. 282 des Urteils vom 12. Dezember 2012, Electrabel/Kommission (T‑332/09, EU:T:2012:672), ergibt, entsprach die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße 0,13 % ihres Umsatzes. Die Höhe der Geldbuße nur mit dem Umsatz der „Gruppe“ zu vergleichen, statt sie auch mit dem Umsatz des zur Zahlung der Geldbuße verurteilten Unternehmens zu vergleichen, ist daher irreführend, umso mehr, als in der Sache, in der die Entscheidung K(2009) 4416 endg. (Sache COMP/M.4994 – Electrabel/Compagnie nationale du Rhône) ergangen ist, die Geldbuße nur wegen Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 4064/89 verhängt wurde.

340    Darüber hinaus entspricht im vorliegenden Fall, wie die Kommission darlegt und von der Klägerin nicht in Frage gestellt wird, der Gesamtbetrag der für die beiden Zuwiderhandlungen verhängten Geldbuße etwa 0,5 % des Umsatzes der Klägerin im Jahr 2017.

341    Wie die Kommission in dem Beschluss ausgeführt hat, der in der Rechtssache, in der das Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753), ergangen ist, angefochten wurde, entsprach der Gesamtbetrag der beiden nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbußen ungefähr 1 % des Umsatzes des betreffenden Unternehmens.

342    Daher kann jedenfalls das Vorbringen der Klägerin, das darin besteht, die gegen sie festgesetzten Geldbußen im Verhältnis zum Umsatz mit denen zu vergleichen, die in der Sache verhängt wurden, in der die Entscheidung K(2009) 4416 endg. (Sache COMP/M.4994 – Electrabel/Compagnie nationale du Rhône) ergangen ist, ihrer Sache nicht dienen und ist daher zurückzuweisen.

343    Was zweitens zum einen das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Höhe der Geldbußen sei im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung unverhältnismäßig, weil die wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbußen identisch seien, kann, wie bereits in Bezug auf das Argument eines Begründungsmangels festgestellt worden ist (vgl. oben, Rn. 324), kein Vergleich zwischen der Dauer einer fortgesetzten Zuwiderhandlung und einer einmaligen Zuwiderhandlung vorgenommen werden, da die Letztere keine Dauer hat.

344    Zum anderen ist zum Vorbringen der Klägerin, dass die Höhe der Geldbußen im Vergleich zu den in früheren Rechtssachen verhängten, wie denen, in denen die Urteile vom 12. Dezember 2012, Electrabel/Kommission (T‑332/09, EU:T:2012:672), und vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission (T‑704/14, EU:T:2017:753), ergangen seien, im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung unverhältnismäßig sei, festzustellen, dass die Klägerin nichts vorträgt, um darzutun, dass die Umstände dieser Rechtssachen und die vorliegende Rechtssache vergleichbar seien, und macht dies auch nicht geltend.

345    Daher ist auch das Vorbringen zur Dauer der Zuwiderhandlung zurückzuweisen.

346    Drittens ist das Vorbringen der Klägerin, dass der angefochtene Beschluss völlig neuartig sei, unzutreffend, da die Kommission, wie vorstehend ausgeführt, bereits ein Unternehmen mit einer Sanktion belegte, weil es einen Zusammenschluss vollzogen hatte, bevor dieser angemeldet und für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden war (vgl. oben, Rn. 142).

347    Außerdem ist bereits festgestellt worden (vgl. oben, Rn. 292), dass jedenfalls der bloße Umstand, dass sich die Unionsgerichte zum Zeitpunkt einer Zuwiderhandlung noch nicht konkret zu einem bestimmten Verhalten geäußert haben, als solcher nicht ausschließt, dass ein Unternehmen gegebenenfalls damit rechnen muss, dass sein Verhalten für mit den unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln unvereinbar erklärt werden kann (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 389).

348    Die Kommission ist insoweit nicht verpflichtet, die Tatsache als mildernden Umstand zu berücksichtigen, dass ein Verhalten mit genau denselben Merkmalen wie das in Rede stehende noch nicht mit einer Geldbuße geahndet worden ist (Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 640).

349    Daher ist auch das Vorbringen, der angefochtene Beschluss sei völlig neuartig, zurückzuweisen.

b)      Zum Antrag auf Herabsetzung der Geldbußen

350    Zum einen ersucht die Klägerin das Gericht, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die in den Art. 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses verhängten Geldbußen herabzusetzen, um dem in Art. 49 Abs. 3 der Charta garantierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen, wenn es der Ansicht sei, dass entweder die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Vertrags über den Vorgang, die Gegenstand von Punkt 4.1 des angefochtenen Beschlusses seien, oder die in Punkt 4.2.1 des angefochtenen Beschlusses angeführten Fälle oder die Übermittlung von Informationen nach Punkt 4.2.2 des angefochtenen Beschlusses keinen Vollzug des Zusammenschlusses darstellten.

351    Zum anderen macht die Klägerin geltend, eine solche Herabsetzung könne auch unter Berücksichtigung der im fünften Teil des fünften Klagegrundes vorgetragenen Gesichtspunkte vorgenommen werden, nämlich der Größe des mit einer Sanktion belegten Unternehmens, der Dauer, der Art und der Schwere der Zuwiderhandlungen sowie dem Fehlen von Präzedenzfällen als mildernden Umstand.

352    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter erst nachdem er anhand der ihm vorgetragenen Klagegründe wie auch der von ihm gegebenenfalls von Amts wegen berücksichtigten Gründe die Rechtmäßigkeit der ihm unterbreiteten Entscheidung überprüft hat, sofern diese Entscheidung nicht vollständig für nichtig erklärt wird, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben hat, um zum einen die Konsequenzen aus seiner Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zu ziehen und zum anderen anhand der ihm zur Prüfung vorgetragenen Umstände zu entscheiden, ob er zu dem Zeitpunkt, zu dem er seine Entscheidung erlässt, seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung der Kommission zu setzen hat, damit die Höhe der Geldbuße angemessen ist (vgl. Urteile vom 17. Dezember 2015, Orange Polska/Kommission, T‑486/11, EU:T:2015:1002, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. Juli 2019, Hitachi-LG Data Storage und Hitachi-LG Data Storage Korea/Kommission, T‑1/16, EU:T:2019:514, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

353    Nach Art. 16 der Verordnung Nr. 139/2004 hat der Gerichtshof bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt wird, die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung; er kann die Geldbuße oder das Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2017, Marine Harvest/Kommission, T‑704/14, EU:T:2017:753, Rn. 581 und die dort angeführte Rechtsprechung).

354    Insoweit ist der Unionsrichter verpflichtet, auch wenn die Ausübung dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und das Verfahren ein streitiges ist, bei der Ausübung der in den Art. 261 und 263 AEUV vorgesehenen Befugnisse jede Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Höhe der Geldbuße nicht der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung angemessen ist (vgl. Urteil vom 16. Juli 2020, Nexans France und Nexans/Kommission, C‑606/18 P, EU:C:2020:571, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

355    Außerdem hat das Gericht im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls die Höhe der Geldbuße festzusetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Alliance One International/Kommission, C‑679/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:606, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

356    Schließlich obliegt es dem Gericht im Rahmen seiner Begründungspflicht, ausführlich darzulegen, welche Faktoren es bei seiner Entscheidung über die Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2016, Trafilerie Meridionali/Kommission, C‑519/15 P, EU:C:2016:682, Rn. 52).

357    Erstens ergibt sich zum Antrag der Klägerin, das Gericht möge in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Geldbußen herabsetzen, wenn es der Ansicht sei, dass die Vereinbarungen vor dem Vollzug des Vertrags über den Vorgang, die Gegenstand von Punkt 4.1 des angefochtenen Beschlusses seien, oder die in Punkt 4.2.1 des angefochtenen Beschlusses angeführten Fälle oder die Übermittlung von Informationen nach Punkt 4.2.2 des angefochtenen Beschlusses keinen Vollzug des Zusammenschlusses darstellten, aus den vorstehenden Erwägungen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die vorbereitenden Klauseln der Klägerin die Möglichkeit gegeben hatten, unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004, einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit von PT Portugal auszuüben (vgl. oben, Rn. 108 ff.), dass diese streitigen Bestimmungen unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 mehrfach umgesetzt worden sind (vgl. oben, Rn. 173) und dass der Informationsaustausch zum Nachweis beitrug, dass die Klägerin – unter Verstoß gegen diese Bestimmungen – einen bestimmenden Einfluss auf bestimmte Aspekte der Tätigkeit von PT Portugal ausgeübt hatte (vgl. oben, Rn. 221 ff.). Folglich weist die Prüfung des Vorbringens der Klägerin insoweit nicht nach, dass die von der Kommission verhängten Geldbußen unangemessen und herabzusetzen wären.

358    Selbst wenn man annimmt, dass der fünfte Fall nicht belegt, dass die Transaktion unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 durchgeführt wurde (vgl. oben, Rn. 205), kann dieser Umstand dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

359    Die anderen Fälle weisen eine solche Durchführung der Transaktion aber so hinreichend nach, dass der etwaige fehlende Verstoßcharakter dieses fünften Falls die Angemessenheit der wegen eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängten Geldbuße nicht in Frage stellen kann.

360    Was zweitens den Antrag der Klägerin betrifft, das Gericht möge die Größe des mit einer Sanktion belegten Unternehmens, die Dauer, die Art und die Schwere der Zuwiderhandlungen sowie das Fehlen von Präzedenzfällen als mildernden Umstand berücksichtigen, so ergibt sich aus der Prüfung des fünften Teils, dass das Vorbringen zur Größe des mit einer Sanktion belegten Unternehmens, zur Dauer der Zuwiderhandlung und zum angeblichen Fehlen von Präzedenzfällen zurückzuweisen ist (vgl. oben, Rn. 335 bis 349).

361    Was die Art der Zuwiderhandlungen angeht, so hat die Klägerin hierzu nichts vorgetragen.

362    Zur Schwere der Zuwiderhandlungen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Festsetzung einer Geldbuße durch das Gericht dem Wesen nach kein streng mathematischer Vorgang ist (Urteile vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, EU:T:2011:560, Rn. 266, und vom 15. Juli 2015, SLM und Ori Martin/Kommission, T‑389/10 und T‑419/10, EU:T:2015:513, Rn. 436).

363    Das Gericht hat jedoch eine Geldbuße festzusetzen, die im Hinblick auf die von ihm für geeignet erachteten Kriterien in angemessenem Verhältnis zur Schwere der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung steht und auch hinreichend abschreckend ist.

364    Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen des vierten Klagegrundes (vgl. oben, Rn. 267) darauf hingewiesen hat, dass sie die Kommission von sich aus am 31. Oktober 2014 über den Zusammenschluss informiert hatte (oben, Rn. 6), also lange vor der Unterzeichnung des SPA am 9. Dezember 2014 (oben, Rn. 3), und dann am 12. Dezember 2014 einen Antrag auf Bestimmung eines mit der Behandlung ihrer Akte beauftragten Teams gestellt habe (oben, Rn. 7).

365    Auch wenn dieses Argument im Rahmen des vierten Klagegrundes zurückgewiesen worden ist, soweit es nach Ansicht der Klägerin dazu hätte führen müssen, dass die Kommission nicht zwei gesonderte Geldbußen gegen sie verhängt, ist das Gericht der Ansicht, dass diese Umstände bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung gegen die Anmeldepflicht nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 134/2009 zu berücksichtigen sind.

366    Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass das SPA zwar am 9. Dezember 2014 unterzeichnet wurde (oben, Rn. 3), dass der erste und der vierte Fall der Umsetzung am 20. Januar 2015 (oben, Rn. 181) bzw. am 10. Februar 2015 (oben, Rn. 199) begannen und das erste Treffen zum Informationsaustausch am 3. Februar 2015 stattfand (oben, Rn. 240), d. h. bereits vor der Anmeldung des SPA am 25. Februar 2015 (oben, Rn. 10), die Kommission jedoch bereits über den geplanten Zusammenschluss informiert worden war, da sie von der Klägerin am 31. Oktober 2014 über dieses Vorhaben in Kenntnis gesetzt worden war und am 5. Dezember 2014 zwischen der Kommission und der Klägerin ein Treffen stattgefunden hatte.

367    Schließlich ist festzustellen, dass zwar zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des SPA und dem Zeitpunkt der Anmeldung des geplanten Zusammenschlusses zweieinhalb Monate vergangen sind, doch hat die Klägerin in diesem Zeitraum, wie sie hervorhebt, drei Tage nach der Unterzeichnung des SPA bei der Kommission einen Antrag auf Bestimmung eines mit der Behandlung ihrer Akte beauftragten Teams gestellt (oben, Rn. 7) und am 3. Februar 2015 der Kommission einen Entwurf eines Anmeldeformulars mit einem Exemplar des SPA in seinen Anlagen vorgelegt (oben, Rn. 9).

368    Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist das Gericht daher in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Ansicht, dass der wegen eines Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 festgesetzte Betrag der Geldbuße um 10 % herabzusetzen ist.

369    Daher ist die gegen die Klägerin wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängte Geldbuße auf 56 025 000 Euro festzusetzen; im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

IV.    Kosten

370    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

371    Im vorliegenden Fall sind zwar die Hauptanträge der Klägerin zurückgewiesen worden, doch hat das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entsprechend dem Antrag der Klägerin entschieden, die nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 verhängte Geldbuße herabzusetzen. Daher sind der Klägerin ihre eigenen Kosten sowie vier Fünftel der Kosten der Kommission aufzuerlegen.

372    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Folglich ist zu entscheiden, dass der Rat seine eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die durch Art. 4 des Beschlusses C(2018) 2418 final der Europäischen Kommission vom 24. April 2018 zur Verhängung einer Geldbuße wegen des Vollzugs eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (Sache M.7993 – Altice/PT Portugal) wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung gegen die Altice Europe NV verhängte Geldbuße wird auf 56 025 000 Euro festgesetzt.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Altice Europe NV trägt ihre eigenen Kosten und vier Fünftel der Kosten, die der Kommission entstanden sind.

4.      Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten.

Marcoulli

Frimodt Nielsen

Norkus

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. September 2021.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis





*      Verfahrenssprache: Englisch.