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Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 8. Dezember 2022 (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs – Deutschland) – TU, RE/Google LLC

(Rechtssache C-460/20)1

(Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Richtlinie 95/46/EG – Art. 12 Buchst. b – Art. 14 Abs. 1 Buchst. a – Verordnung [EU] 2016/679 – Art. 17 Abs. 3 Buchst. a – Betreiber einer Internetsuchmaschine – Anhand des Namens einer Person durchgeführte Suche – Anzeige eines Links zu angeblich unrichtige Informationen enthaltenden Artikeln in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche – Anzeige der diese Artikel bebildernden Fotos in Gestalt von Vorschaubildern [thumbnails] in der Übersicht der Ergebnisse einer Bildersuche – An den Betreiber der Suchmaschine gerichteter Auslistungsantrag – Abwägung der Grundrechte – Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Verpflichtungen und Verantwortungsbereich des Betreibers der Suchmaschine bei der Bearbeitung eines Auslistungsantrags – Beweislast der die Auslistung begehrenden Person)

Verfahrenssprache: Deutsch

Vorlegendes Gericht

Bundesgerichtshof

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: TU, RE

Beklagte: Google LLC

Tenor

Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

ist dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung nicht davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679

sind dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, dem Informationswert dieser Fotos – unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann – Rechnung zu tragen ist.

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1     ABl. C 443 vom 21.12.2020.