Language of document : ECLI:EU:T:2014:22

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

23. Januar 2014(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und die Gasindustrien im EWR außer Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Mildernde Umstände – Verhältnismäßigkeit – Dauer der Zuwiderhandlung – Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße – Leitlinien 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“

In der Rechtssache T‑391/09

Evonik Degussa GmbH mit Sitz in Essen (Deutschland)

und

AlzChem AG, vormals AlzChem Trostberg GmbH, vormals AlzChem Hart GmbH, mit Sitz in Trostberg (Deutschland),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Steinle und O. Andresen sowie Rechtsanwältin I. Bodenstein,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch N. von Lingen und A. Antoniadis als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Böhlke,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 5791 endg. der Kommission vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien), soweit sie die Klägerinnen betrifft, hilfsweise Abänderung dieser Entscheidung dahin, dass die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße aufgehoben oder herabgesetzt wird und die SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG zusammen mit den Klägerinnen für den vollen Betrag dieser Geldbuße gesamtschuldnerisch haftet,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit ihrer Entscheidung K(2009) 5791 endg. vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien) (Zusammenfassung im ABl. C 301, S. 18, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Hauptanbieter von Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich vom 7. April 2004 bis 16. Januar 2007 an einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung beteiligt hätten. Diese habe in einer Aufteilung der Märkte, einer Festsetzung von Quoten, einer Aufteilung der Kunden, einer Festsetzung der Preise und einem Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen über Preise, Kunden und Verkaufsvolumina im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und dem Vereinigten Königreich bestanden.

2        Das Verfahren war auf einen von der Akzo Nobel NV eingereichten Antrag auf Erlass von Geldbußen im Sinne der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung) hin eingeleitet worden.

3        In Art. 1 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt, dass sich die Evonik Degussa GmbH und die AlzChem Hart GmbH (jetzt AlzChem AG, vormals AlzChem Trostberg GmbH) – die Klägerinnen – vom 22. April bis zum 30. August 2004 an der Zuwiderhandlung beteiligt hätten. Sie wurden wegen der direkten Beteiligung von Mitarbeitern der SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG, die seit 2005 unter der Bezeichnung SKW Stahl-Metallurgie GmbH firmiert (im Folgenden: SKW), an der streitigen Zuwiderhandlung für diese haftbar gemacht (vgl. Rn. 226 und 227 der angefochtenen Entscheidung). SKW war im ersten Abschnitt des Zeitraums ihrer Beteiligung an dem streitigen Kartell eine 100%ige Tochtergesellschaft der Klägerinnen (vgl. Rn. 227, 228 und 235 der angefochtenen Entscheidung).

4        Mit Art. 2 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission gegen die Klägerinnen wegen deren Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung eine Geldbuße in Höhe von 1,04 Mio. Euro verhängt, für die sie zusammen mit SKW gesamtschuldnerisch haften (Buchst. g), und eine weitere Geldbuße in Höhe von 3,64 Mio. Euro, für die sie allein gesamtschuldnerisch haften (Buchst. h).

 Verfahren und Anträge der Parteien

5        Mit Klageschrift, die am 5. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

6        Mit Schreiben, das am 20. August 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen dem Gericht mitgeteilt, dass Rechtsnachfolgerin von AlzChem Hart, der in der Klageschrift als zweite genannten Klägerin, aufgrund einer am 28. Dezember 2009 beschlossenen und am 5. Januar 2010 in das Handelsregister eingetragenen Verschmelzung AlzChem Trostberg sei. Mit Schreiben, das am 8. August 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben sie dem Gericht mitgeteilt, dass AlzChem Trostberg in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden sei und jetzt als AlzChem AG firmiere.

7        Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der ursprünglich bestimmte Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist. Wegen der teilweisen Neubesetzung des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter derselben Kammer zugewiesen worden.

8        Mit Schriftsatz, der am 15. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen angeregt, die Kommission im Wege einer prozessleitenden Maßnahme gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts aufzufordern, zu den Auswirkungen folgender Urteile auf die vorliegende Rechtssache Stellung zu nehmen: Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission (C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947), und Urteile des Gerichts vom 27. Oktober 2010, Alliance One International u. a./Kommission (T‑24/05, Slg. 2010, II‑5329), vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission (T‑122/07 bis T‑124/07, Slg. 2011, II‑793, im Folgenden: Siemens-Urteil), und vom 13. Juli 2011, ThyssenKrupp Liften Ascenseurs u. a./Kommission (T‑144/07, T‑147/07 bis T‑150/07 und T‑154/07, Slg. 2011, II‑5129).

9        Mit Schriftsatz, der am 5. Juli 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, einen Teil des in der vorstehenden Randnummer genannten Antrags der Klägerinnen aus der Akte zu entfernen. Sie hat ferner ihrerseits zu der in diesem Antrag angeführten Rechtsprechung und der entsprechenden Stellungnahme der Klägerinnen Stellung genommen.

10      Mit Beschluss vom 10. September 2012 hat das Gericht die Parteien darauf hingewiesen, dass es nach Auffassung des Gerichts in diesem Fall gerechtfertigt gewesen wäre, die Parteien im Wege des Erlasses einer prozessleitenden Maßnahme aufzufordern, zur Einschlägigkeit der von den Klägerinnen in ihrem Antrag angeführten Rechtsprechung für den vorliegenden Rechtsstreit Stellung zu nehmen. Da sich jedoch sowohl die Klägerinnen in ihrem erwähnten Antrag als auch die Kommission in ihren auf diesen Antrag hin eingereichten Erklärungen bereits zur Einschlägigkeit dieser Rechtsprechung für den vorliegenden Rechtsstreit geäußert haben, hat das Gericht entschieden, sowohl den Antrag der Klägerinnen als auch die Erklärungen der Kommission vollständig in der Akte zu belassen und festzustellen, dass diese Dokumente die jeweilige Stellungnahme der Parteien zu dieser Frage enthalten. In Anbetracht dieser Entscheidung hat es im Übrigen den Anschlussantrag der Kommission, einen Teil des Antrags der Klägerinnen aus der Akte zu entfernen, zurückgewiesen.

11      Die Parteien haben in der Sitzung vom 16. April 2013 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

12      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung, soweit sie sie betrifft, für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die mit Art. 2 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung gegen sie festgesetzte Geldbuße herabzusetzen;

–        ebenfalls hilfsweise den Tenor der angefochtenen Entscheidung dahin abzuändern, dass SKW zusammen mit ihnen für den vollen Betrag der genannten Geldbuße gesamtschuldnerisch haftet;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Das Vorbringen der Klägerinnen in der Klageschrift ist nicht formal in Klagegründe gegliedert. Die Klägerinnen stellen klar, dass sie weder den Sachverhalt, wie er in den Rn. 53 bis 135 der angefochtenen Entscheidung dargestellt ist, noch das Vorliegen einer Zuwiderhandlung (Rn. 136 bis 204 der angefochtenen Entscheidung), an der SKW beteiligt war, bestreiten. Hingegen wenden sie sich insofern gegen die angefochtene Entscheidung, als die Kommission sie für die von der genannten Gesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht habe. Die gegen sie verhängte Geldbuße verstoße ferner gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), die Kronzeugenregelung und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit. Außerdem sei die Kommission in mehrfacher Hinsicht ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen. Schließlich bringen die Klägerinnen eine Reihe von Argumenten zur Zulässigkeit und Begründetheit ihres dritten Klageantrags vor.

15      Das Gericht wird zunächst das Vorbringen der Klägerinnen zu ihrer Verantwortung für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung prüfen, dann das Vorbringen zur Höhe der Geldbuße und schließlich das Vorbringen zur gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße. Auf die verschiedenen Argumente, die die Klägerinnen zu einem behaupteten Verstoß gegen die Begründungspflicht vorbringen, wird dabei jeweils im Rahmen der Rüge eingegangen werden, mit der sie zusammenhängen. Zum Schluss wird sich das Gericht mit der Rüge in Bezug auf das Urteil Siemens (oben in Rn. 8 angeführt) befassen, auf das sich die Klägerinnen in dem in Rn. 8 des vorliegenden Urteils genannten Antrag und in der mündlichen Verhandlung bezogen haben.

 Zur Haftbarmachung der Klägerinnen für die von SKW begangene Zuwiderhandlung

 Einschlägige Rechtsprechung

16      Nach ständiger Rechtsprechung bezeichnet der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 20. Januar 2011, General Química u. a./Kommission, C‑90/09 P, Slg. 2011, I‑1, Rn. 34).

17      Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass unter diesem Begriff in diesem Zusammenhang eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, in Rn. 16 angeführt, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie der Gerichtshof ebenfalls klargestellt hat, muss die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht gleichwohl eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an sie gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C-97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Rn. 57).

19      Zur Frage, unter welchen Umständen einer juristischen Person, die nicht Urheberin der Zuwiderhandlung ist, dennoch Sanktionen auferlegt werden können, ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden kann, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen diesen beiden Rechtssubjekten (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Da nämlich in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Der Gerichtshof hat insoweit außerdem klargestellt, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegliche Vermutung (im Folgenden: kapitalbezogene Vermutung) besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt. Unter diesen Umständen braucht die Kommission nur nachzuweisen, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, damit die Vermutung eingreift, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft ausübt. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße in Anspruch nehmen, sofern die Muttergesellschaft, der es obliegt, die genannte Vermutung zu widerlegen, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 39 und 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile des Gerichtshofs vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., C‑201/09 P und C-216/09 P, Slg. 2011, I-2239, Rn. 97, und vom 3. Mai 2012, Legris Industries/Kommission, C-289/11 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 46).

 Zur behaupteten fehlerhaften Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit

22      Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe sie in der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer ausufernden Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit für die von SKW begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht. Eine solche Auslegung sei nicht vertretbar, denn sie verstoße gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, die Unschuldsvermutung, das „Schuldprinzip“ bzw. das Verschuldenserfordernis. Alle diese Regeln gälten auch für juristische Personen.

23      Nach den genannten Regeln könne eine natürliche oder juristische Person nur dann zur Rechenschaft gezogen werden, wenn ihr ein Verstoß individuell zur Last gelegt werden könne; hingegen dürfe sie nicht für etwas bestraft werden, das sie nicht begangen habe. Das Argument, die Muttergesellschaft sei aufgrund ihrer Einflussmöglichkeit persönlich für die Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft verantwortlich, sei ein „Jonglieren mit Begriffen“, das nicht den Blick auf die tatsächliche Situation verstellen dürfe.

24      Der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit wird in der ständigen Rechtsprechung zur Verhängung von Sanktionen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verwendet (siehe oben, Rn. 18). Nach diesem Grundsatz ist jedermann nur für eigenes Handeln verantwortlich (Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, C‑352/09 P, Urteil des Gerichtshofs vom 29. März 2011, Slg. 2011, I-2359, I‑2366, Nr. 162). Von ihm leitet sich der Grundsatz ab, dass nur bestraft bzw. mit einer anderen Sanktion belegt werden kann, wem die Tat zuzurechnen ist (Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, Nr. 161). Der letztgenannte Grundsatz gilt in allen Verwaltungsverfahren, die aufgrund des Wettbewerbsrechts der Union zu Sanktionen führen können (Urteile des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Rn. 118, und vom 30. September 2009, Arkema/Kommission, T‑168/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 105). Nach ständiger Rechtsprechung darf eine natürliche oder juristische Person nach dem letztgenannten Grundsatz nur für die Handlungen bestraft werden, die ihr individuell zur Last gelegt worden sind (Urteile des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Rn. 63, und Arkema/Kommission, Rn. 105).

25      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung gilt die sich u. a. aus Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebende Unschuldsvermutung angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können. Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Rn. 61 und 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Hinsichtlich des „Schuldprinzips“, auf das sie sich berufen, verweisen die Klägerinnen auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache ETI u. a. (C‑280/06, Urteil vom 11. Dezember 2007, Slg. 2007, I‑10893, I‑10896, Nr. 71), nach denen der in Rn. 24 des vorliegenden Urteils genannte Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit u. a. in diesem Grundsatz verankert ist. In Fn. 57 dieser Schlussanträge wird hierzu ergänzt, dass das „Schuldprinzip“ auch in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ausdruck komme, wonach mit einer Geldbuße vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln geahndet werde (vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Akzo Nobel u. a./Kommission, Urteil oben in Rn. 18 angeführt, Slg. 2009, I-8239, Nr. 27). Mit „Verschuldenserfordernis“ meinen die Klägerinnen dieses Erfordernis gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003.

27      In der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission unter „VI.1. Verantwortung für die Zuwiderhandlung“, „VI.1.1. Grundsätze“ in den Rn. 205 und 206 fest:

„(205) Ausgehend vom Grundsatz der persönlichen Verantwortung ermittelt die Kommission zuerst die juristische Person, die unmittelbar in die Aktivitäten des Kartells eingebunden war. Diese Einheit wird für die Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] zur Verantwortung gezogen. Wenn Letztere zu einer Unternehmensgruppe gehört, innerhalb derer sie ihr Marktverhalten nicht selbst bestimmen kann, kann die Kommission das rechtswidrige Verhalten der juristischen Person zurechnen, die tatsächlich das Verhalten im Markt bestimmt, weil diese Gruppe als ein einziges Unternehmen im Sinne von Artikel 81 [EG] betrachtet wird. Die Kommission kann in der Folge der juristischen Person, die das Verhalten im Markt bestimmt, die gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße zuweisen, die sie gegen die Einheit verhängen darf, die unmittelbar in die Aktivitäten des Kartells eingebunden war …

(206) Bezüglich des Verhältnisses zwischen einem Mutterunternehmen und seinem Tochterunternehmen bewertet die Kommission, ob das Mutterunternehmen während der Zuwiderhandlung entscheidenden Einfluss auf das Marktverhalten des Tochterunternehmens ausgeübt hat. Falls ein Mutterunternehmen – direkt oder indirekt – zu 100 % am Kapital des Tochterunternehmens, welches die Wettbewerbsregeln verletzt hat, beteiligt ist, geht die Kommission auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung … von der Annahme aus, dass das Mutterunternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten des Tochterunternehmens hat, und zieht daraus den Schluss, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne von Artikel 81 [EG] darstellen. Unter diesen Umständen muss das Mutterunternehmen nachweisen, dass das Tochterunternehmen in der Lage war, seine Geschäftspolitik selbständig zu bestimmen, insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen zwischen ihnen wie die einheitliche Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel, mit der dauerhaft ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird.“

28      Auf der Grundlage dieser grundsätzlichen Erwägungen hat die Kommission in den Rn. 226 bis 244 der angefochtenen Entscheidung u. a. die Haftung der Klägerinnen für die von SKW begangene Zuwiderhandlung geprüft und bejaht.

29      Zunächst ist festzustellen, dass die Erwägungen der Kommission in den Rn. 205 und 206 der angefochtenen Entscheidung lediglich die in den Rn. 16 bis 21 des vorliegenden Urteils dargestellte ständige Rechtsprechung widerspiegeln. Die Behauptung der Klägerinnen, die Kommission habe sich in der angefochtenen Entscheidung auf eine ausufernde Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit gestützt, trifft daher nicht zu. Die Klägerinnen haben zwar präzisiert, dass sie nicht diesen Begriff an sich in Frage stellen, sondern nur dessen ausufernde Auslegung. Ihr in den Rn. 22 und 23 des vorliegenden Urteils zusammengefasstes Vorbringen lässt sich aber nur dahin verstehen, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogene ständige Rechtsprechung gegen die in Rn. 23 des vorliegenden Urteils genannten Regeln verstoße. Es ist daher unter diesem Blickwinkel zu prüfen.

30      Die Haftung der Muttergesellschaft für eine Zuwiderhandlung, die von ihrer Tochtergesellschaft begangen worden ist, mit der sie zusammen eine wirtschaftliche Einheit bildet, ist nicht unvereinbar mit dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit. Nach der in Rn. 18 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung beruht sie vielmehr gerade auf diesem Grundsatz, da für eine solche Zuwiderhandlung die wirtschaftliche Einheit einzustehen hat, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat.

31      Wie ebenfalls in Rn. 18 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist die eine solche Zuwiderhandlung betreffende Mitteilung der Beschwerdepunkte und gegebenenfalls die Entscheidung, mit der eine Sanktion verhängt wird, allerdings an eine juristische Person zu richten, nicht an das Unternehmen als solches. Nach dem Wettbewerbsrecht der Union stellen verschiedene Gesellschaften, die zum selben Konzern gehören, eine wirtschaftliche Einheit und somit ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG dar, wenn sie ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Rn. 290). In solchen Fällen kann eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und dann eine Entscheidung, mit der Sanktionen verhängt werden, an mehrere juristische Personen, die zu ein und demselben Unternehmen gehören, gerichtet werden. Diese juristischen Personen haften aber für eine Zuwiderhandlung, die von dem Unternehmen, zu dem sie gehören, begangen worden ist, und damit für eine Zuwiderhandlung, für die sie persönlich verantwortlich sind.

32      Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen nämlich mit dem Begriff des Unternehmens im Sinne von Art. 81 EG, wie er von der Rechtsprechung ausgelegt wird, in Einklang zu bringen. Unter diesen Begriff fallen aber wirtschaftliche Einheiten, die jeweils in einer einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel bestehen, mit der dauerhaft ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird und die an einer Zuwiderhandlung im Sinne dieser Vorschrift beteiligt sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im Übrigen hat der Gerichtshof in seinem Urteil General Química u. a./Kommission (oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 52) entschieden, dass die kapitalbezogene Vermutung in Anbetracht ihrer Widerlegbarkeit nicht zu einer automatischen Zuweisung der Verantwortlichkeit an die Muttergesellschaft führt, die das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochtergesellschaft hält, was gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verstieße, auf dem das Wettbewerbsrecht der Union beruht.

34      Die Haftung mehrerer juristischer Personen, die zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne der in Rn. 17 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung gehören, für die von dieser begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verstößt auch nicht gegen die Unschuldsvermutung, die nach der in Rn. 25 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung bei einer solchen Zuwiderhandlung gilt. Sie setzt nach der genannten Rechtsprechung nämlich voraus, dass die Kommission das Vorliegen der Zuwiderhandlung, die von der betreffenden Einheit begangen worden sein soll, mit aussagekräftigen und übereinstimmenden Beweisen nachweist.

35      Die Klägerinnen machen ferner geltend, die Kommission habe im vorliegenden Fall dadurch gegen die Unschuldsvermutung verstoßen, dass sie in Rn. 206 der angefochtenen Entscheidung angenommen habe, es sei durch das Mutterunternehmen nachzuweisen, dass das 100%ige Tochterunternehmen in der Lage gewesen sei, seine Geschäftspolitik selbständig zu bestimmen. Diese Annahme der Kommission verkenne das Wesen der kapitalbezogenen Vermutung, die nur zu einer Beweiserleichterung für die Kommission, nicht aber zu einer Beweislastumkehr führe. Die Klägerinnen berufen sich insoweit auf die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (C‑286/98 P, Urteil vom 18. Mai 2000, Slg. 2000, I-9925, I‑9928, Nr. 48).

36      Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Die Ausführungen der Kommission in Rn. 206 der angefochtenen Entscheidung geben die in Rn. 21 des vorliegenden Urteils dargestellte Rechtsprechung getreu wieder. Zum Hinweis der Klägerinnen auf Nr. 48 der Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Rn. 35 angeführt) ist lediglich festzustellen, dass die Ausführungen dort nicht in Einklang mit der genannten Rechtsprechung stehen und ihnen nicht gefolgt werden kann. Im Übrigen bedeutet die Annahme der Kommission in Rn. 206 der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen keine Umkehr der Beweislast, sondern lediglich Beweiserleichterungen. Es ist nämlich die Kommission, die in erster Linie nachzuweisen hat, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt hat. Jedoch kann die ihr insoweit darliegende Beweislast dadurch erleichtert werden, dass der Beweis als geführt gilt, wenn ihr der Nachweis gelingt, dass die Muttergesellschaft alleinige Anteilseignerin der Tochtergesellschaft ist, es sei denn, die Muttergesellschaft weist ihrerseits nach, dass sich ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt selbständig verhält.

37      Auch das Argument, das die Klägerinnen aus dem „Schuldprinzip“ oder dem Verschuldenserfordernis (vgl. oben, Rn. 26) ableiten wollen, ist nicht stichhaltig. In den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache ETI u. a. (oben in Rn. 26 angeführt), auf die sich die Klägerinnen berufen, wird nämlich auf die Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Urteil vom 7. Januar 2004, Slg. 2004, I‑123, I‑133, Nrn. 63 bis 65) verwiesen. Wie es dort aber in Nr. 65 heißt, muss die Anwendung des „Schuldprinzips“ bei juristischen Personen abgeändert werden. Bei den kollektiven Einheiten findet sich das volitive Element im strengen Sinne nicht, doch eine Rechtsfiktion erlaubt, ihnen Zuwiderhandlungen zuzurechnen, die die Folge der von ihnen an den Tag gelegten Verhaltensweisen sind. Vom Willen getragene Handlungen gibt es bei juristischen Personen nicht, wohl aber die Fähigkeit, gegen Rechtsnormen zu verstoßen, die für sie gelten, was zur Folge hat, dass einer juristischen Person ein Verstoß, den sie nicht begangen hat, nicht zugerechnet werden darf.

38      Aus diesen Erwägungen ergibt sich ferner, dass das Verschulden, das nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Tatbestandsmerkmal einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln ist, letztlich nur einer oder mehreren natürlichen Personen zugerechnet werden kann, obwohl die Kommission diese in ihrer Entscheidung, mit der sie eine solche Zuwiderhandlung im Hinblick auf eine oder mehrere juristische Personen feststellt, nicht benennen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. September 2003, Volkswagen/Kommission, C‑338/00 P, Slg. 2003, I‑9189, Rn. 95 bis 98). Da die für die Zuwiderhandlung verantwortlichen natürlichen Personen zu der wirtschaftlichen Einheit gehören, die durch die juristischen Personen gebildet wird, die für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden, kann nicht behauptet werden, dass diese juristischen Personen für eine Zuwiderhandlung hafteten, ohne dass sie ein Verschulden träfe, und damit auch nicht, dass ein Verstoß gegen das „Schuldprinzip“ vorläge.

39      Die Klägerinnen machen ferner geltend, die Wettbewerbspolitik könne die quasi automatische Zurechnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft nicht rechtfertigen. Weder die Tatsache, dass die Kommission mit einer solchen Zurechnung ihre Politik immer höherer Geldbußen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln weiterverfolgen könne, noch das Ziel, für die Zahlung der Geldbuße einen solventeren Schuldner zur Verfügung zu haben, könnten eine solche Rechtfertigung liefern. Die Praxis, von Tochtergesellschaften begangene Zuwiderhandlungen der Muttergesellschaft zuzurechnen, sei eine Besonderheit des Unionsrechts, für die jede Rechtfertigung fehle und die dieses von anderen entwickelten Rechtssystemen unterscheide.

40      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Zum einen findet die Haftung der Muttergesellschaft für eine Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft, mit der sie eine wirtschaftliche Einheit bildet, ihre Begründung in den oben in den Rn. 16 bis 21 wiedergegebenen Erwägungen, nicht aber in wettbewerbspolitischen Erwägungen wie den von den Klägerinnen genannten. Zum anderen finden die unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln ihre Quelle und ihre Rechtfertigung im EU- und im AEU-Vertrag, und sie haben einen autonomen Charakter, der sie von den entsprechenden Regeln anderer Rechtsordnungen unterscheidet. Auch wenn die Erwägungen in den Rn. 16 bis 21 des vorliegenden Urteils keine Entsprechung in anderen Rechtssystemen haben sollten, wie die Klägerinnen offenbar geltend machen, wird nicht bereits dadurch ihre Gültigkeit in Frage gestellt.

41      Die Klägerinnen machen des Weiteren geltend, im vorliegenden Fall fehle jede Rechtfertigung für eine Haftung von ihnen für die von SKW begangene Zuwiderhandlung. Sie hätten sich nicht an der Zuwiderhandlung beteiligt, weil sie weder selbst an dem Kartell teilgenommen hätten noch ihre Tochtergesellschaft dazu angewiesen hätten, noch über eine solche Teilnahme informiert worden seien. In der neueren einschlägigen Rechtsprechung habe die Kenntnis der Muttergesellschaft von der Zuwiderhandlung eine Rolle gespielt. Auch in ihrer Entscheidung 2007/236/EG vom 20. Oktober 2004 in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/38.238/B.2 – Rohtabak – Spanien) (ABl. L 102, S. 14) habe die Kommission einen solchen Ansatz gewählt.

42      Soweit die Klägerinnen vortragen, dass nach der jüngsten Rechtsprechung die Haftung der Muttergesellschaft für eine Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft, mit der sie eine wirtschaftliche Einheit bilde, eine unmittelbare Beteiligung der Mitarbeiter oder der Geschäftsführung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung voraussetze, ist ihr Vorbringen zurückzuweisen. Die einschlägige ständige Rechtsprechung, die in den Rn. 16 bis 21 des vorliegenden Urteils dargestellt ist, bestätigt die Auffassung der Klägerinnen nicht. Zu der von ihnen angeführten Entscheidung der Kommission kann nur festgestellt werden, dass sie einen anderen Fall betrifft als den vorliegenden und die Entscheidungspraxis der Kommission für diese, und erst recht für das Gericht, keine Bindungswirkung haben kann.

43      Was das Vorbringen der Klägerinnen angeht, sie selbst hätten sich nicht an der Zuwiderhandlung beteiligt, ist lediglich festzustellen, dass es nicht ein zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung der Muttergesellschaft an dieser Zuwiderhandlung ist, sondern der Umstand, dass die Klägerinnen zusammen mit SKW ein einziges Unternehmen im Sinne der in den Rn. 16 bis 21 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung bildeten, woraus die Befugnis der Kommission entspringt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten. Dafür, dass die Zuwiderhandlung eines Tochterunternehmens dessen Mutterunternehmen zugerechnet wird, bedarf es nämlich nicht des Beweises, dass das Mutterunternehmen Einfluss auf die Politik seines Tochterunternehmens in dem spezifischen Bereich nimmt, in dem es zu der Zuwiderhandlung gekommen ist. Dagegen können die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen dem Mutterunternehmen und seinem Tochterunternehmen einen Einfluss des Ersteren auf die Strategie des Letzteren begründen und es somit rechtfertigen, sie als wirtschaftliche Einheit zu begreifen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Rn. 58 und 83).

44      Die Rüge der Klägerinnen, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit, ist somit zurückzuweisen.

 Zur behaupteten fehlerhaften Anwendung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit

45      Die Klägerinnen machen geltend, sie hätten nach den u. a. in dem Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Rn. 18 angeführt), aufgestellten Grundsätzen nicht für das Verhalten von SKW verantwortlich gemacht werden dürfen. Die Kommission habe, indem sie in der angefochtenen Entscheidung aufgrund ihrer 100%igen Beteiligung an der Tochtergesellschaft SKW vermutet habe, dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf diese Gesellschaft ausgeübt hätten, die einschlägige Rechtsprechung nicht richtig angewandt. Ein bestimmender Einfluss der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft könne nicht bereits aufgrund einer 100%igen Beteiligung vermutet werden. Nach dem Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Rn. 35 angeführt, Rn. 29) müssten zusätzliche Umstände für einen solchen Einfluss sprechen. Die Vermutung eines bestimmenden Einflusses allein aufgrund einer 100%igen Beteiligung sei schwach begründet und keine tragfähige Basis für die Verhängung einer Sanktion. In seinem Urteil vom 12. Juli 1979, BMW Belgium u. a./Kommission (32/78, 36/78 bis 82/78, Slg. 1979, 2435, Rn. 24), habe der Gerichtshof selbst anerkannt, dass durch das Bestehen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zwischen einer Muttergesellschaft und einer Tochtergesellschaft weder Unterschiede im Verhalten noch Unterschiede der Interessen zwischen beiden Gesellschaften ausgeschlossen würden.

46      Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Zwar hat der Gerichtshof in den Rn. 28 und 29 des Urteils Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Rn. 35 angeführt) neben der 100%igen Kapitalbeteiligung an dem Tochterunternehmen weitere Umstände, wie das Nichtbestreiten des vom Mutterunternehmen auf die Geschäftspolitik seines Tochterunternehmens ausgeübten Einflusses und die gemeinsame Vertretung der beiden Unternehmen im Verwaltungsverfahren, angeführt. Wie der Gerichtshof aber in seinem Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Rn. 18 angeführt, Rn. 62), selbst klargestellt hat, sind diese Umstände nur erwähnt worden, um die Gesamtheit der Gesichtspunkte aufzuführen, auf die das Gericht seine Argumentation in dieser Rechtssache gestützt hatte, und nicht, um die Geltung der oben in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannten Vermutung von der Beibringung zusätzlicher Indizien für die tatsächliche Einflussnahme durch die Muttergesellschaft abhängig zu machen.

47      Die Klägerinnen treten dieser Auslegung des Urteils Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Rn. 35 angeführt) mit dem Hinweis entgegen, es gebe eine „Divergenz“ zwischen den verschiedenen Kammern des Gerichtshofs. Dieses Vorbringen vermag indessen nicht zu überzeugen, da in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt worden ist, dass ein bestimmender Einfluss bereits aufgrund der 100%igen Beteiligung vermutet wird (siehe oben, Rn. 21).

48      Zum Vorbringen der Klägerinnen, diese Vermutung sei „schwach begründet“ und „keine tragfähige Basis für die Verhängung einer Sanktion“, ist lediglich festzustellen, dass es sich um eine widerlegbare Vermutung handelt und es der betreffenden Muttergesellschaft obliegt, darzutun, dass sie im konkreten Fall keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt hat und somit nicht für die von dieser begangene Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln einstehen muss. Wie Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Rn. 26 angeführt, Nr. 74) ausgeführt hat, wird durch die genannte Vermutung lediglich das Beweismaß festgelegt, dem bei der Zurechnung der kartellrechtlichen Verantwortlichkeit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zu genügen ist. Da die 100%ige Beteiligung der Muttergesellschaft an ihrer Tochtergesellschaft prima facie die Schlussfolgerung zulässt, dass bestimmender Einfluss tatsächlich ausgeübt wird, obliegt es der Muttergesellschaft, eben dieser Schlussfolgerung unter Vorlage stichhaltiger Gegenbeweise zu widersprechen; andernfalls genügt diese Schlussfolgerung den Anforderungen an die Beweislast.

49      Aus denselben Gründen wird die oben in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannte kapitalbezogene Vermutung und ihre Anwendung durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auch durch die Erwägungen im Urteil BMW Belgium u. a./Kommission (oben in Rn. 45 angeführt, Rn. 24), auf die sich die Klägerinnen berufen, nicht in Frage gestellt.

50      Die Klägerinnen machen ferner geltend, die Kommission sei selbst davon ausgegangen, dass die oben in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannte Vermutung nur eingreife, wenn neben ihrer 100%igen Beteiligung an SKW weitere Elemente vorlägen. Sie verweisen insoweit auf die Rn. 229 und 236 der angefochtenen Entscheidung.

51      Die Kommission hat in den Rn. 228, 229, 235 und 236 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:

„(228) Spätestens ab dem 22. April 2004 bis einschließlich 30. August 2004 befand sich … SKW … (über zwischengeschaltete Gesellschaften) zu 100 % im Eigentum der damaligen SKW Metallurgie AG, jetzt AlzChem Hart GmbH. … Daher kann die Kommission die Muttergesellschaft AlzChem Hart GmbH ausgehend von der Annahme, dass sie tatsächlich entscheidenden Einfluss ausgeübt hat, für denselben Zeitraum für die rechtswidrigen Kartellpraktiken der Tochtergesellschaft haftbar machen.

(229) Ungeachtet dessen weist die Kommission auf weitere Elemente hin, die die Annahme bestätigen, dass das Mutterunternehmen entscheidenden Einfluss auf das Marktverhalten seiner Tochtergesellschaft ausübte, und daher belegen, dass sie ein einziges Unternehmen darstellten:

–        Der Geschäftsführer von SKW … war mindestens während des Jahres 2004 auch Geschäftsführer von SKW Stahl Technik Verwaltungs GmbH. …

–        Die Tochtergesellschaft benötigte für mehrere Geschäftsentscheidungen oder Transaktionen die Zustimmung ihrer Muttergesellschaft. …

–        Es wurde regelmäßig Rechenschaft über die wirtschaftlichen Ergebnisse der Tochtergesellschaft abgelegt. …

(235) Zumindest ab dem 22. April 2004 bis einschließlich 30. August 2004 stand die damalige SKW Stahl-Technik GmbH & Co KG mittelbar zu 100 % im Eigentum der damaligen SKW Metallurgie AG (jetzt AlzChem Hart GmbH). Letztere stand mittelbar zu 100 % im Eigentum der Degussa AG (jetzt Evonik Degussa GmbH). … Deshalb kann die Kommission die rechtswidrigen Kartellpraktiken der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft Degussa für denselben Zeitraum zurechnen.

(236) Ungeachtet dessen weist die Kommission auf weitere Elemente hin, die die Annahme bestätigen, dass das Mutterunternehmen entscheidenden Einfluss auf das Marktverhalten seiner Tochtergesellschaft ausübte, was daher belegt, dass sie ein einziges Unternehmen darstellten:

–        Wirtschaftlich bildete das Calciumcarbidgeschäft einen Teil der Geschäftseinheit ‚Metallchemie‘, was die einheitliche Organisation zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft unterstreicht. …

–        Der Umsatz des Calciumcarbidgeschäfts für das Jahr 2004 floss wirtschaftlich der Muttergesellschaft zu. …

–        In Beantwortung des Auskunftsverlangens der Kommission erklärt Degussa, dass das Calciumcarbidgeschäft zur Degussa-Gruppe gehört habe. …

–        Die Entscheidung von Degussa, schon 2001 ein Veräußerungsprogramm umzusetzen und nicht zum Kerngeschäft gehörende (zum Beispiel metallurgische) Aktivitäten zu verkaufen …, betrifft die grundlegende Frage des wirtschaftlichen Überlebens der Tochtergesellschaft. Dies zeigt deutlich, dass das Management der Muttergesellschaft Entscheidungen betreffend die wirtschaftliche Strategie der Tochtergesellschaft traf.“

52      Aus den Rn. 228 und 235 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission, anders als die Klägerinnen behaupten, davon ausgegangen ist, dass sie diese nach der kapitalbezogenen Vermutung wegen ihrer 100%igen Beteiligung an SKW für die von dieser Gesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar machen konnte. Wie bereits aus ihrem Wortlaut, insbesondere aus den Wendungen „[u]ngeachtet dessen“ und „die Annahme bestätigen“, ersichtlich ist, handelt es sich bei den Ausführungen in den Rn. 229 und 236 um Hilfserwägungen.

53      In dem in Rn. 8 des vorliegenden Urteils genannten Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Maßnahme machen die Klägerinnen geltend, die Kommission könne sich bei ihnen nicht allein auf die kapitalbezogene Vermutung stützen, da sie bei allen Muttergesellschaften, deren Tochtergesellschaften sich an der Zuwiderhandlung beteiligt hätten, neben der kapitalbezogenen Vermutung auch auf weitere Elemente hingewiesen habe, die die Annahme bestätigten, dass sie entscheidenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften ausgeübt hätten. Sie berufen sich insoweit auf das Urteil Alliance One International u. a./Kommission (oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 218).

54      Ob die in der vorstehenden Randnummer zusammengefasste Rüge eine neue Rüge darstellt – die unzulässig wäre, weil sie nach dem Schluss des schriftlichen Verfahrens geltend gemacht worden ist und nicht auf Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind – oder nur die zulässige Erweiterung eines bereits in der Klageschrift genannten Arguments, kann dahinstehen, denn jedenfalls ist sie als unbegründet zurückzuweisen. In seinem Urteil Alliance One International u. a./Kommission (oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 218) hat das Gericht festgestellt, dass keiner der von der Kommission in der betreffenden Entscheidung geltend gemachten Gesichtspunkte den Schluss zulasse, dass eine der in dieser Entscheidung genannten Muttergesellschaften im relevanten Zeitraum tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt hätte. Die Kommission könne sich insoweit nicht allein darauf stützen, dass die genannte Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft gehalten habe, weil sie sonst gegenüber anderen Muttergesellschaften diskriminiert würde, gegen die in der betreffenden angefochtenen Entscheidung, obwohl sie alleinige Anteilseignerinnen ihrer an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaften gewesen seien, deshalb keine Geldbuße verhängt worden sei, weil die Kommission die Auffassung vertreten habe, dass sie nicht ausreichend Beweise dafür habe, dass sie einen entscheidenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften ausgeübt hätten.

55      Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist diese Erwägung auf den vorliegenden Fall, der sich von dem genannten in wesentlichen Punkten unterscheidet, nicht übertragbar. Im Urteil Alliance One International u. a./Kommission (oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 218) hat das Gericht im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Kommission, wenn sie sich dafür entscheidet, sich bei einer Muttergesellschaft nicht auf die kapitalbezogene Vermutung zu stützen, nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet ist, dies auch bei den anderen Muttergesellschaften, deren Tochtergesellschaften sich an derselben Zuwiderhandlung beteiligt haben, nicht zu tun. Im vorliegenden Fall geht aber aus der angefochtenen Entscheidung hervor (vgl. Rn. 209 bis 211, 216 bis 219 und 228 bis 262 der angefochtenen Entscheidung), dass die Kommission die genannte Vermutung bei allen Muttergesellschaften angewandt hat, die alleinige Anteilseignerinnen ihrer an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaften waren, und sodann hilfsweise zusätzliche Umstände angeführt hat, die ihrer Auffassung nach eine tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf diese Tochtergesellschaften durch ihre Muttergesellschaften belegen. Im Übrigen sind diese Muttergesellschaften alle für die von ihren Tochtergesellschaften begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden. Von einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz kann im vorliegenden Fall daher keine Rede sein.

 Zur Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf SKW durch die Klägerinnen

56      Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 51 und 52), hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung angenommen, dass die Klägerinnen im Zeitraum vom 22. April bis zum 30. August 2004 alleinige Anteilseignerinnen von SKW gewesen seien und dass bei ihnen deshalb die kapitalbezogene Vermutung eingreife. Unabhängig davon hat sie in den Rn. 229 und 236 der angefochtenen Entscheidung hilfsweise bestimmte weitere Umstände angeführt, die ihrer Auffassung nach belegen, dass die Klägerinnen in dem genannten Zeitraum einen bestimmenden Einfluss auf SKW ausgeübt hätten, so dass sie zur selben wirtschaftlichen Einheit gehört hätten wie diese Gesellschaft und für deren Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden könnten.

57      Die Klägerinnen wenden sich nicht gegen die Feststellung der Kommission, dass sie während des betreffenden Zeitraums alleinige Anteilseignerinnen von SKW gewesen sind, sondern räumen dies ein. Die Anteile an der Klägerin zu 2 seien in diesem Zeitraum von der Klägerin zu 1 gehalten worden. Die Klägerin zu 2 wiederum sei alleinige Anteilseignerin der SKW Stahl-Technik Verwaltungs GmbH und der SKW Stahl-Technik GmbH gewesen. Diese beiden Gesellschaften seien Gesellschafter von SKW gewesen, die damals eine Kommanditgesellschaft gewesen sei. Die Angaben der Klägerinnen in der Klageschrift decken sich im Wesentlichen mit den Ausführungen in Fn. 46 der angefochtenen Entscheidung. Im Übrigen ist der Erwerb aller Anteile an SKW durch die Klägerinnen nach deren Angaben am 1. Februar 2001 erfolgt.

58      Hingegen bestreiten die Klägerinnen, während der Zeit der Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft SKW ausgeübt zu haben. Insofern rügen sie erstens, dass die Kommission dadurch gegen ihre Begründungspflicht verstoßen habe, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die Argumente eingegangen sei, die die Klägerin zu 1 in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen die Annahme der Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf SKW vorgebracht habe. Zweitens wenden sich die Klägerinnen gegen die Zurückweisung dieser Argumente als unbegründet und bringen eine Reihe von Gesichtspunkten vor, die die kapitalbezogene Vermutung ihrer Auffassung nach widerlegen. Drittens bestreiten sie das Vorliegen der weiteren Umstände, auf die sich die Kommission in den Rn. 229 und 236 der angefochtenen Entscheidung unabhängig von der kapitalbezogenen Vermutung zum Beweis der Tatsache stützt, dass sie einen bestimmenden Einfluss auf SKW ausgeübt hätten.

–       Zum Verstoß gegen die Begründungspflicht

59      Wie der Gerichtshof in seinem Urteil Elf Aquitaine/Kommission (oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 152) festgestellt hat, auf das sich auch die Klägerinnen in ihrem in Rn. 8 des vorliegenden Urteils genannten Antrag berufen, muss eine Entscheidung zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union, wenn sie an eine Mehrzahl von Adressaten gerichtet ist und die Zurechnung der Zuwiderhandlung betrifft, in Bezug auf jeden Adressaten hinreichend begründet sein, insbesondere aber in Bezug auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung in der Entscheidung zugerechnet wird. Daher muss eine solche Entscheidung in Bezug auf die Muttergesellschaft, die für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht wird, grundsätzlich eine ausführliche Darlegung der Gründe enthalten, die die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft rechtfertigt.

60      Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission anbelangt, die im Hinblick auf bestimmte Adressaten ausschließlich auf die kapitalbezogene Vermutung gestützt ist, so ist festzustellen, dass die Kommission – da diese Vermutung andernfalls praktisch nicht zu widerlegen wäre – auf jeden Fall verpflichtet ist, diesen Adressaten angemessen die Gründe darzulegen, aus denen die geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte nicht ausgereicht haben, um die Vermutung zu widerlegen. Die Verpflichtung der Kommission, ihre Entscheidungen insoweit zu begründen, ergibt sich vor allem aus der Widerlegbarkeit dieser Vermutung, zu deren Widerlegung die Betroffenen einen Beweis zu den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen den betroffenen Gesellschaften erbringen müssten (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 153).

61      Doch ist die Kommission in einem solchen Kontext nicht verpflichtet, zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass sich die Kommission, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 55), dafür entschieden hat, sich in der angefochtenen Entscheidung auf die kapitalbezogene Vermutung zu stützen, um die Klägerinnen für die von ihrer Tochtergesellschaft SKW begangene Zuwiderhandlung haftbar zu machen. Offensichtlich für den Fall, dass diese Vermutung nicht allein aufgrund der 100%igen Beteiligung der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft eingreifen sollte, hat sie in den Rn. 229 und 236 der angefochtenen Entscheidung nur hilfsweise bestimmte weitere Umstände aufgezählt, die ihrer Auffassung nach bestätigen, dass die Klägerinnen einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft SKW ausgeübt haben.

63      Demnach findet die in den Rn. 59 bis 61 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall Anwendung, da sich die Kommission in erster Linie dafür entschieden hat, sich im Hinblick auf die Klägerinnen ausschließlich auf die kapitalbezogene Vermutung zu stützen. Daher ist zu prüfen, ob sie in der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt hat, aus denen die von den Klägerinnen geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte nicht ausgereicht haben, um diese Vermutung zu widerlegen.

64      In den Rn. 237 bis 243 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission mehrere von der Klägerin zu 1 in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerde zur Widerlegung der Beteiligungsvermutung vorgebrachte Argumente geprüft und zurückgewiesen. In Rn. 237 der angefochtenen Entscheidung hat sie zwei Argumente zusammengefasst: den rückwirkenden Effekt zum 1. Januar 2004 der Veräußerung von SKW und deren Nichtbeachtung von Weisungen ihrer Muttergesellschaften, sich nicht an Kartellen zu beteiligen. In den folgenden Rn. 238 und 239 der angefochtenen Entscheidung hat sie dann dargelegt, warum diese Argumente nicht stichhaltig seien. In Rn. 241 der angefochtenen Entscheidung hat sie dargelegt, warum dies ihrer Auffassung nach auch für ein weiteres, in Rn. 240 der angefochtenen Entscheidung zusammengefasstes Argument der Klägerin zu 1 gelte, das sich auf das Urteil BMW Belgium u. a./Kommission (oben in Rn. 45 angeführt) bezieht. Schließlich hat sie in Rn. 243 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, warum das in Rn. 242 der angefochtenen Entscheidung zusammengefasste Argument der Klägerin zu 1, sie müsse, was ihre Beteiligung an SKW angehe, einem reinen Finanzinvestor gleichgestellt werden, ebenfalls nicht stichhaltig sei.

65      Aus der Erwiderung der Klägerin zu 1 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ergibt sich, dass diese zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung nur die Argumente vorgebracht hatte, die in der vorstehenden Randnummer genannt sind und hinsichtlich deren die Kommission, wie bereits ausgeführt, begründet hat, warum sie ihrer Auffassung nach zurückzuweisen sind.

66      Im Rahmen ihrer Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei auf bestimmte Argumente nicht eingegangen, die die Klägerin zu 1 in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen die in Rn. 236 dritter und vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung wiederholten Erwägungen der Kommission vorgebracht habe. Wie bereits ausgeführt, enthält diese Randnummer indessen nur eine Hilfserwägung der angefochtenen Entscheidung.

67      Ungeachtet dessen ist diese Rüge jedenfalls unbegründet und daher zurückzuweisen. In den Fn. 502 und 503 zu Rn. 236 erster bzw. zweiter Gedankenstrich wird nämlich auf die Argumente der Klägerin zu 1 in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu den in Rn. 236 erster und zweiter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung wiederholten Erwägungen eingegangen. Mit den Argumenten der Klägerin zu 1 in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sich gegen die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltenen und in Rn. 236 dritter und vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung wiederholten Erwägungen der Kommission richten, wurde im Wesentlichen lediglich den Schlüssen widersprochen, die die Kommission aus den in den beiden genannten Gedankenstrichen genannten Tatsachen (eine Erklärung der Klägerin zu 1 in Beantwortung eines Auskunftsverlangens bzw. deren 2001 getroffene Entscheidung, die metallurgischen Aktivitäten zu verkaufen, u. a. die von SKW) gezogen hatte, ohne diese Tatsachen jedoch als solche zu bestreiten. Indem sie ihre Schlüsse in der angefochtenen Entscheidung wiederholt hat, hat die Kommission zu verstehen gegeben, dass sie an ihrer bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitgeteilten Würdigung dieser Tatsachen festhalte. Eine solche Begründung war ausreichend, damit die Klägerinnen die Rechtfertigung der mit der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängten Sanktion erkennen konnten und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In Anbetracht der in Rn. 61 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, die genannten Argumente der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung nicht weiter analysiert zu haben.

68      In Rn. 233 der angefochtenen Entscheidung stelle die Kommission überdies fest, dass die Klägerin zu 2 mehrere Argumente vorgebracht habe, die mit den von der Klägerin zu 1 vorgebrachten und in den Rn. 238 bis 243 der angefochtenen Entscheidung geprüften übereinstimmten. Sie seien aus denselben Gründen wie die von der Klägerin zu 1 vorgebrachten zurückzuweisen. Aus der Erwiderung der Klägerin zu 2 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geht nicht hervor, dass diese weitere Argumente vorgebracht hätte, die in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft worden wären, was die Klägerin zu 2 im Übrigen auch nicht behauptet.

69      Die Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht ist daher zurückzuweisen.

–       Zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung

70      Im Rahmen ihres Vorbringens, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen, dass es ihnen nicht gelungen sei, die kapitalbezogene Vermutung zu widerlegen, bringen die Klägerinnen eine Reihe von Argumenten und Tatsachen vor, mit denen sie im Wesentlichen ihr Vorbringen in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte wiederholen und erweitern, das von der Kommission in den Rn. 237 bis 243 der angefochtenen Entscheidung geprüft und zurückgewiesen worden ist.

71      Das Vorbringen der Klägerinnen lässt sich in zwei Hauptrügen gliedern: Als Erstes machen sie im Wesentlichen geltend, während der Zeit der Zuwiderhandlung habe SKW ihr Marktverhalten autonom bestimmt, während sie vollauf mit den Verhandlungen über den Verkauf dieser Gesellschaft beschäftigt gewesen seien. In diesen Zusammenhang gehört auch das Vorbringen der Klägerinnen, sie hätten sich gegenüber SKW wie ein bloßer Finanzinvestor verhalten und diese Gesellschaft sei rückwirkend zum 1. Januar 2004 verkauft worden. Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, SKW habe unter Missachtung gegenteiliger ausdrücklicher Weisungen an dem streitigen Kartell teilgenommen. In diesen Zusammenhang gehört auch das Vorbringen in Bezug auf das Urteil BMW Belgium u. a./Kommission (oben in Rn. 45 angeführt).

72      Soweit mit der zweiten dieser Rügen das in Rn. 42 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Vorbringen der Klägerinnen wiederholt und erweitert wird, ist sie aus den in Rn. 43 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen zurückzuweisen. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Haftung der Klägerinnen für die Beteiligung ihrer Tochtergesellschaft SKW an der Zuwiderhandlung nämlich darauf gestützt, dass sie mit dieser Gesellschaft eine wirtschaftliche Einheit gebildet und auf sie einen bestimmenden Einfluss ausgeübt hätten. Hingegen hat sie den Klägerinnen nicht zur Last gelegt, sich unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt zu haben oder es unterlassen zu haben, ihrer Tochtergesellschaft die Weisung zu erteilen, nicht an dem Kartell teilzunehmen.

73      Zur Zurückweisung der genannten Rüge hat die Kommission in Rn. 239 der angefochtenen Entscheidung daher zu Recht festgestellt:

„… [E]in Befolgungsprogramm und allgemeine Anweisungen von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft, sich nicht an Kartellen zu beteiligen, [sollen] die Muttergesellschaft nicht von ihrer Haftung entbinden können. Der Zweck des absoluten Verbots von Kartellpraktiken könnte leicht unterlaufen werden, wenn sich Muttergesellschaften den Konsequenzen von Wettbewerbsverletzungen ihrer Tochtergesellschaften durch interne Hinweise auf die Rechtswidrigkeit von Kartellen entziehen könnten. Unterzeichnete selbstanklägerische Zeugenaussagen der eigenen Mitarbeiter, die nach dem Zeitraum des Verstoßes abgegeben werden, und mit denen diese für interne Verstöße gegen das Befolgungsprogramm und/oder allgemeine Anweisungen einstehen, ändern nichts an der Tatsache, dass ein Verstoß stattgefunden hat. Ein fehlgeschlagenes Befolgungsprogramm und/oder allgemeine Anweisungen soll kein Grund dafür sein, die Muttergesellschaft nicht für das rechtswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft haftbar zu machen.“

74      Für eine Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung ist die genannte Rüge daher nur insoweit relevant, als mit ihr dargetan werden soll, dass die Klägerinnen während der Zeit der Zuwiderhandlung keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft SKW ausgeübt haben. Es geht mithin um die Frage, ob die Tatsache, dass SKW die Weisungen der Klägerinnen in Bezug auf die Teilnahme an wettbewerbswidrigen Kartellen missachtet hat, wie diese geltend machen, beweist, dass sie keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt haben. Die zweite Rüge ist somit zusammen mit der ersten unter diesem Blickwinkel zu prüfen.

75      Dabei sind auch die Argumente und Beweismittel zu berücksichtigen, die die Klägerinnen gegen die Rn. 229 und 236 der angefochtenen Entscheidung vorbringen. Zwar geht dieses Vorbringen, soweit mit ihm dargetan werden soll, dass die genannten Randnummern, die eine Hilfserwägung der angefochtenen Entscheidung enthalten, rechtlich oder tatsächlich fehlerhaft sind, ins Leere (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Januar 2008, Scippacercola und Terezakis/Kommission, T‑306/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 145). Wie bereits ausgeführt, ist nämlich die Feststellung der Kommission, dass im vorliegenden Fall die kapitalbezogene Vermutung eingreift, rechtlich hinreichend mit der in den Rn. 228 und 235 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Tatsache begründet, dass die Klägerinnen alleinige Anteilseignerinnen von SKW waren.

76      Die Argumente und Beweismittel, die die Klägerinnen im Rahmen der genannten Argumentation vorbringen, sind aber insoweit zu prüfen, als sie oder zumindest einige von ihnen beweisen könnten, dass die Klägerinnen keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft SKW ausgeübt haben.

77      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es, um die Vermutung zu widerlegen, dass eine Muttergesellschaft, die 100 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf diese ausübt, Sache dieser Muttergesellschaft, dem Unionsrichter alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft zur Würdigung vorzulegen, die dem Nachweis dienen könnten, dass sie keine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. Urteil General Química u. a./Kommission, oben in Rn. 16 angeführt, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts klargestellt haben, dass ihr Vorbringen dahin zu verstehen sei, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen bestimmenden Einfluss auf SKW ausgeübt hätten, dies aber umso mehr für die Zeit nach dem 1. Januar 2004 gelte, in der sie sich auf die Verhandlungen über den Verkauf von SKW konzentriert hätten.

79      Auch im Hinblick auf die in den Rn. 21 und 77 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung ist aber festzustellen, dass sich anhand der wenigen Angaben der Klägerinnen nicht bereits feststellen lässt, dass sie vor dem 1. Januar 2004 keinen bestimmenden Einfluss auf ihre 100%ige Tochtergesellschaft ausgeübt hätten.

80      Zunächst wenden sich die Klägerinnen gegen die Feststellung in Rn. 236 dritter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung, wonach die Klägerin zu 1 erklärt habe, dass das Calciumcarbidgeschäft zur Degussa-Gruppe gehört habe. Die Klägerin zu 1 habe lediglich erklärt, dass das Calciumcarbidgeschäft seit der Veräußerung von SKW nicht mehr zu ihrem Konzern gehöre. Der Kommission war der genaue Wortlaut der betreffenden Erklärung der Klägerin zu 1 aber durchaus bekannt; sie hat ihn in Fn. 504 zu Rn. 236 dritter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben. Weiter hat sie diese Erklärung zutreffend als ein implizites, aber klares Eingeständnis der Tatsache gewertet, dass das Calciumcarbidgeschäft vor der Veräußerung von SKW zu denen des Konzerns gehört hat, dem die Klägerin zu 1 angehörte. Die entsprechende Feststellung in Rn. 236 dritter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung ist daher nicht fehlerhaft.

81      Im Übrigen bildet dieses Eingeständnis der Klägerin zu 1, ob es nun für sich genommen oder zusammen mit anderen Beweismitteln die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf SKW beweisen kann oder nicht, zumindest keinen Gesichtspunkt, der für das Gegenteil spräche.

82      Die Klägerinnen machen ferner geltend, es habe zwischen der Geschäftsleitung von SKW und der der Klägerin zu 2 keine Personenidentität bestanden. Alleingeschäftsführer von SKW sei Herr L. gewesen. Er habe selbständig und unabhängig von der Klägerin zu 2 alle Entscheidungen für SKW getroffen, wie diese Gesellschaft in ihrer Antwort auf ein Auskunftsverlangen der Kommission bestätigt habe. Der in Rn. 229 erster Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung angeführte Umstand, dass der Geschäftsführer der SKW Stahl-Technik GmbH auch Geschäftsführer von SKW gewesen sei, hänge mit der Rechtsform dieser Gesellschaft zusammen (Kommanditgesellschaft, siehe oben, Rn. 57). Deren Geschäftsführung habe nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts der Komplementärin, der SKW Stahl-Technik GmbH, und damit dem Geschäftsführer dieser Gesellschaft, Herrn L., oblegen.

83      Wie sich aus den Akten ergibt, trifft die Behauptung, es habe zwischen der Geschäftsleitung der Klägerin zu 2 und der von SKW keine Personenidentität bestanden, zu. Sowohl nach der Antwort von SKW auf ein Auskunftsverlangen der Kommission als auch nach der Antwort der Klägerin zu 1 vom 30. August 2007 auf ein entsprechendes Auskunftsverlangen, die von den Klägerinnen vorgelegt worden sind, war Herr L. während des gesamten Zeitraums, in dem die Klägerinnen alleinige Anteilseignerinnen von SKW waren, Alleingeschäftsführer dieser Gesellschaft. In der Antwort von SKW heißt es weiter, dass Herr L. in seiner Funktion als Geschäftsführer alle Tätigkeiten eines kaufmännischen Geschäftsführers wahrgenommen habe. Im Übrigen geht aus der Antwort der Klägerin zu 1 auf das Auskunftsverlangen hervor, dass die Geschäftsführer der Klägerin zu 2 in dem Zeitraum, in dem diese alleinige Anteilseignerin von SKW war, Herr S. und Herr P. waren, der ab dem 1. Januar 2003 durch Herrn W. ersetzt wurde.

84      In der genannten Antwort von SKW heißt es aber auch, dass Herr L. in dem gesamten Zeitraum, in dem die Klägerinnen alleinige Anteilseignerinnen von SKW waren, an Herrn S. „berichtete“, „welcher innerhalb der Degussa Gruppe den Geschäftsbereich der [Klägerin zu 2] leitete“. Diese Angabe ist in Rn. 229 dritter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben.

85      Die Klägerinnen sind bestrebt, diese Angabe von SKW als unbedeutend darzustellen. Sie machen geltend, die regelmäßigen Berichte von SKW an ihre Muttergesellschaft bewiesen lediglich, dass ein Informationsfluss stattgefunden habe, seien aber kein Indiz für eine Einflussnahme der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft. Diese lasse sich vergleichen mit der Situation eines Kleinanlegers, der sich über die wirtschaftliche Leistung seines Anlageobjekts informiere.

86      Ein vergleichbares Argument war von der Klägerin zu 2 in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht und von der Kommission zurückgewiesen worden. Diese hat hierzu in Rn. 232 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:

„Die Kommission betont, dass dieser Indikator im Zusammenhang mit der Stellung des Anlegers bewertet wird. In diesem Fall sind die Anteile zu 100 % im Besitz der [Klägerin zu 2]. Bei einer solchen Konstellation ist es normales Geschäftsverhalten, die getätigten Investitionen schützen und Entscheidungen im Zusammenhang mit dieser Investition auf der Grundlage der übermittelten wirtschaftlichen Leistungsdaten treffen zu wollen.“

87      Das in Rn. 85 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen der Klägerinnen ist nicht stichhaltig. Die Angabe von SKW, Herr L. habe Herrn S., einem Mitglied der Geschäftsleitung der Klägerin zu 2, berichtet, ist in der Antwort auf die Frage enthalten, welche Personen in ihrem Unternehmen die Geschäftsentscheidungen hinsichtlich Calciumcarbid und Magnesium getroffen hätten. Die Tatsache, dass SKW in ihrer Antwort auf eine solche Frage angegeben hat, dass ihr Alleingeschäftsführer einem Geschäftsführer der Klägerin zu 2 berichtet hat, stellt ein Indiz dafür dar, dass diese in diesem Bereich einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen ihrer Tochtergesellschaft in dem Sinne ausgeübt hat, dass sie sich informiert hielt und gegebenenfalls eingriff, um Weisungen zu erteilen oder die eine oder andere Entscheidung zu ändern. Das gilt umso mehr, als Herr S. von SKW nicht nur als Geschäftsführer der Klägerin zu 2 beschrieben wird, sondern als jemand, der innerhalb des Konzerns der Klägerinnen einen Geschäftsbereich leitete.

88      Dies wird dadurch bestätigt, dass SKW für mehrere Geschäftsentscheidungen oder Transaktionen die Zustimmung der Klägerin zu 2 benötigte, wie die Kommission in Rn. 229 zweiter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung feststellt. In Fn. 493 zu dieser Randnummer der angefochtenen Entscheidung werden als Beispiele für Entscheidungen, die der vorherigen Zustimmung der Klägerin zu 2 bedurften, genannt: Annahme neuer Geschäftsbereiche, Aufnahme einer Anleihe von mehr als 1 Mio. Euro pro Jahr oder Beginn eines Rechtsstreits mit einem Streitwert von mehr als 50 000 Euro. Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass diese Informationen in tatsächlicher Hinsicht zutreffen, sondern machen lediglich geltend, dass die betreffenden Entscheidungen Entscheidungen außerhalb der üblichen Geschäftstätigkeit gewesen seien.

89      Hierzu ist jedoch festzustellen, dass in der in den Rn. 19 bis 21 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darauf abgestellt wird, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft ausübt, ohne dass hierbei zwischen mehr oder weniger alltäglichen Geschäften unterschieden würde. Die Annahme neuer Geschäftsbereiche stellt aber zweifellos eine Entscheidung dar, die unter die Geschäftspolitik fällt. Auch die Aufnahme einer Anleihe oder der Beginn eines Rechtsstreits hängen damit zusammen, denn ein Unternehmen kann Geld logischerweise nur leihen, um seine Geschäftstätigkeit zu entwickeln, während die Rechtsstreitigkeiten, an denen es beteiligt ist, notwendigerweise in seiner Geschäftstätigkeit wurzeln.

90      Das Vorbringen der Klägerinnen, sie hätten SKW die Weisung erteilt, sich nicht an wettbewerbswidrigen Vereinbarungen oder Verhaltensweisen zu beteiligen, diese Gesellschaft habe sich aber über diese Weisung hinweggesetzt, erscheint ebenfalls geeignet, den bestimmenden Einfluss der Klägerinnen auf ihre Tochtergesellschaft zu bestätigen.

91      Die Klägerinnen machen insbesondere geltend, Herr S. habe Herrn L. sowohl 2002 als auch 2004 entsprechende Weisungen erteilt. Sie berufen sich hierfür auf eine als Anhang zur Klageschrift vorgelegte eidesstattliche Erklärung von Herrn S., in der dieser insbesondere angibt, er sei im Juli 2002 vom Vorstandsvorsitzenden von Degussa davor gewarnt worden, an wettbewerbswidrigen Absprachen oder Verhaltensweisen teilzunehmen, und habe daraufhin eine interne Besprechung zum Anlass genommen, um Herrn L. und andere leitende Mitarbeiter seines Verantwortungsbereichs zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anzuweisen.

92      Es ist aber schwerlich vorstellbar, dass Herr S. Herrn L. eine Weisung erteilt hat, deren Befolgung er nicht hätte kontrollieren und gegebenenfalls mit allen Mitteln durchsetzen können. Dass eine solche Weisung 2002 erteilt worden ist, stellt daher einen weiteren Umstand dar, der bestätigt, dass die Klägerinnen zu dieser Zeit einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt haben.

93      Die Klägerinnen machen ferner geltend, das Entschwefelungsgeschäft von SKW, zu dem der Vertrieb von Calciumcarbid und Magnesium gehört habe, habe nie zum operativen Geschäft ihres Konzerns gehört, sondern seit der Bildung dieses Konzerns, der an diesem Geschäft kein strategisches Interesse gehabt habe, zum Verkauf gestanden. Sie wiederholen in diesem Zusammenhang, dass ihre Beteiligung an SKW mit der eines reinen Finanzinvestors vergleichbar gewesen sei. Auch das klägerische Bestreiten der Feststellung in Rn. 236 erster Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung, dass das Calciumcarbidgeschäft einen Teil der Geschäftseinheit „Metallchemie“ gebildet habe, gehört hierher.

94      Die Entscheidung der Muttergesellschaft, sich von ihrer Tochtergesellschaft zu trennen, ist aber mit der Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf diese Gesellschaft nicht unvereinbar. Eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der in Rn. 17 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung kann sich nämlich durch Erwerb und Eingliederung neuer Unternehmen oder umgekehrt durch Veräußerung und somit Ausgliederung eines mehr oder weniger großen Teils des Unternehmens verändern. Maßgeblich für die Haftung für eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln ist aber die Zusammensetzung der betreffenden wirtschaftlichen Einheit im relevanten Zeitraum. Dass eine Tochtergesellschaft kurz danach veräußert worden ist, bedeutet nicht zwingend, dass ihre Muttergesellschaft im relevanten Zeitraum keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Geschäftspolitik ausgeübt hätte.

95      Insofern ist auch das Vorbringen der Klägerinnen nicht stichhaltig, SKW wäre, wenn sie ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt hätte, überhaupt nicht verkäuflich gewesen, da kein Investor ein Unternehmen erwerbe, das „nicht auf eigenen Beinen steht“.

96      Ein bestimmender Einfluss der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft bedeutet nämlich nicht zwingend, dass Letztere nicht über ihre eigene Geschäftsleitung verfügt, die gegebenenfalls in der Lage ist, die Geschäftsführung allein in die Hand zu nehmen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen steht eine Tochtergesellschaft, auf die die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausübt, nicht zwingend nicht auf eigenen Beinen, wenn die Umstände es erfordern.

97      Im Übrigen haben die Klägerinnen nach ihren eigenen Angaben alle SKW-Anteile an einen einzigen Erwerber verkauft. Da von den Klägerinnen keine gegenteiligen Argumente oder Beweismittel vorgebracht worden sind, kann aber angenommen werden, dass dieser neue Erwerber bereit war, im Verhältnis zu SKW den Platz einzunehmen, der bis dahin von den Klägerinnen eingenommen worden war, und diesen Platz zumindest am Anfang auch tatsächlich eingenommen hat. Daher hätte das Fehlen einer vollständigen Autonomie von SKW jedenfalls kein Hindernis für die Veräußerung durch die Klägerinnen dargestellt.

98      Demnach kann dahinstehen, ob SKW im Konzern der Klägerinnen einen Teil einer Geschäftseinheit gebildet hat. Selbst wenn SKW zu keiner solchen Einheit gehört haben, sondern Teil des Nichtkerngeschäfts (non-core business) gewesen sein sollte, schließt dies nicht bereits aus, dass die Klägerinnen in dem Zeitraum der Zugehörigkeit von SKW zu ihrem Konzern einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieser Gesellschaft ausgeübt haben. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Entscheidung der Klägerin zu 1, SKW zu verkaufen, die grundlegende Frage des wirtschaftlichem Überlebens dieser Gesellschaft betraf, was von der Kommission in Rn. 236 vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung behauptet und von den Klägerinnen bestritten wird.

99      Somit ist festzustellen, dass nichts im Vorbringen der Klägerinnen und in dem Inhalt der Akten belegt, dass die Klägerinnen vor dem 1. Januar 2004 keinen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft SKW ausgeübt hätten.

100    Es ist sodann zu prüfen, ob etwas anderes für die Zeit der Zuwiderhandlung und ganz allgemein die Zeit nach dem 1. Januar 2004 gilt, in der sich die Klägerinnen nach ihren eigenen Angaben auf die Verhandlungen über den Verkauf ihrer Tochtergesellschaft konzentriert und sich nicht um deren Marktverhalten gekümmert haben.

101    Insoweit ist festzustellen, dass sich nicht aus den Akten ergibt und die Klägerinnen auch nicht behaupten, dass ihr bisheriges Verhältnis zu ihrer Tochtergesellschaft im Jahr 2004 irgendeine Änderung erfahren hätte. Vielmehr waren die betroffenen Personen (Herr L., Alleingeschäftsführer von SKW, und Herr S., Geschäftsführer der Klägerin zu 2, offenbar für SKW verantwortlich) nach wie vor dieselben. Außerdem hat SKW in ihrer in Rn. 83 des vorliegenden Urteils genannten Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission bei der Benennung der Personen, die für die SKW betreffenden Entscheidungen verantwortlich waren, nicht zwischen dem Jahr 2004 und der Zeit danach unterschieden.

102    Da das Verhältnis zwischen SKW und den Klägerinnen keine Änderung erfahren hat, kann dem Vorbringen der Klägerinnen, sie hätten 2004 keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt, nicht gefolgt werden. Im Übrigen spricht auch die Aussage von Herrn S., auf die sich die Klägerinnen selbst berufen, für das Gegenteil. Herr S. gibt an, im Zeitraum 2003/2004, als die Anbieter von Calciumcarbid unter einem Preisverfall bei gleichzeitigen drastischen Kostensteigerungen gelitten hätten, habe er Herrn L. die Weisung erteilt, keine Absprachen mit ihren Wettbewerbern zu treffen, selbst wenn diese an sie den Wunsch herantragen sollten, Absprachen zu treffen. Er habe Herrn L. auch gebeten, diese Weisung an seine Mitarbeiter weiterzugeben.

103    Zwar hat Herr S., wie die Klägerinnen geltend machen, in dieser Erklärung ferner angegeben, dass Herr L. und seine Mitarbeiter, falls sie tatsächlich schon an Kartellrechtsverstößen beteiligt gewesen seien, seine ausdrückliche Weisung missachtet hätten. Er hat weiter ausgeführt: „Möglicherweise haben sie mich in den letzten Monaten vor dem Verkauf als ‚lame duck‘ betrachtet, also als jemanden, der ihnen bald nichts mehr zu sagen hat. Den Mitarbeitern war damals bekannt, dass nach vollständiger Veräußerung des Metallurgiegeschäfts meine Aufgabe erledigt sein, mein Posten wegfallen und ich Ende 2004 in Pension gehen würde.“

104    Die Klägerinnen machen in diesem Zusammenhang geltend, der Geschäftsführung von SKW sei bewusst gewesen, dass sie vollauf mit den Verhandlungen über deren Verkauf beschäftigt gewesen seien und keine Zeit mehr gehabt hätten, sich um deren Angelegenheiten zu kümmern. SKW habe dies ausgenutzt, um ihre Weisung, sich nicht an wettbewerbswidrigen Absprachen oder Verhaltensweisen zu beteiligen, zu missachten.

105    Die Klägerinnen stützen sich insoweit auch auf eine eidesstattliche Erklärung von Herrn N., damals Vertriebsleiter von SKW. Herr N. nahm zusammen mit Herrn L. an den Kartelltreffen teil und hat in der genannten Erklärung u. a. angegeben: „Wir haben [die] Anweisung [von Herrn S., uns nicht an wettbewerbswidrigen Absprachen oder Verhaltensweisen zu beteiligen,] damals im Frühjahr 2004 ignoriert[,] weil wir wussten, dass unser Unternehmen SKW … bald verkauft sein wird und die [Klägerin zu 2] liquidiert werden sollte. Wir wussten, dass Herr [S.] bald seinen Vorstandsposten los sein wird und damit ein, Auslaufmodell‘ war. Wir fühlten uns damals bereits etwas freier, d. h. [Herr L.] und ich haben das Roheisenentschwefelungsgeschäft im Jahr 2004 eigenständig und unabhängig geführt.“

106    Anders als die Klägerinnen meinen, beweisen diese Behauptungen, auch wenn sie zutreffen sollten, nicht, dass die Klägerinnen 2004 keinen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von SKW mehr ausgeübt hätten. Mit der in Rn. 103 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Erklärung versucht Herr S. lediglich zu erklären, warum seine Weisung, sich nicht an wettbewerbswidrigen Absprachen und Verhaltensweisen zu beteiligen, von den Verantwortlichen von SKW nicht befolgt worden sei. Aus seiner Erklärung ergibt sich nicht, dass ihm bei Erteilung dieser Weisung bewusst gewesen wäre, dass diese nicht befolgt werden würde. Da keine Indizien vorliegen, die für das Gegenteil sprechen, ist anzunehmen, dass er andernfalls alles getan hätte, um dafür zu sorgen, dass seine Weisungen befolgt werden, und dass er als Leiter der Geschäftsbereichs des Konzerns der Klägerinnen über die dafür erforderlichen Mittel verfügte.

107    Die in Rn. 105 des vorliegenden Urteils genannte Erklärung von Herrn N. liefert lediglich eine Erklärung dafür, warum er und Herr L. das Risiko eingegangen sind, die Weisung von Herrn S. nicht zu befolgen. Aus ihr geht nicht hervor, dass Herr S., wenn er von den Verhaltensweisen der ihm untergeordneten Mitarbeiter gewusst hätte, nicht in der Lage gewesen wäre, dafür zu sorgen, dass diese Weisung befolgt wird. Dasselbe gilt ganz allgemein auch für das Vorbringen der Klägerinnen, sie seien so sehr mit den Verhandlungen über den Verkauf von SKW beschäftigt gewesen, dass sie die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der Geschäftsleitung dieser Gesellschaft nicht hätten erkennen und unterbinden können. Ein solches Vorbringen beweist nämlich nicht, dass die Klägerinnen damals keinen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von SKW ausgeübt hätten, sondern allenfalls, dass sie sich nicht des wettbewerbswidrigen Verhaltens ihres Unternehmens bewusst waren. Die Kommission behauptet in der angefochtenen Entscheidung aber nicht das Gegenteil, und wie im Übrigen bereits dargelegt worden ist (siehe oben, Rn. 43), setzt die Haftung der Klägerinnen für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung nicht voraus, dass sie sich selbst an der Zuwiderhandlung beteiligt haben.

108    In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Klägerinnen nicht stichhaltig, der von SKW 2004 erzielte Umsatz des Calciumcarbidgeschäfts habe ihnen keinen Gewinn gebracht, da der Verkauf aller Anteile an dieser Gesellschaft nach dem Kaufvertrag vom 30. August 2004 rückwirkend zum 1. Januar 2004 erfolgt sei. Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass die Übertragung des Eigentums an SKW zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfolgt ist. Wie die Kommission in Rn. 238 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, ist aber dies der maßgebliche Zeitpunkt, bis zu dem die Muttergesellschaft für die von der Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden kann.

109    Die Klägerinnen wenden sich in diesem Zusammenhang jedoch gegen die Feststellung der Kommission in Rn. 236 und Fn. 503 der angefochtenen Entscheidung, dass der von SKW erzielte Umsatz mittelbar deren Muttergesellschaften zugeflossen sei, weil er sich im Verkaufspreis für SKW niedergeschlagen habe. Sie machen geltend, der Verkaufspreis habe auf dem Ergebnis basiert, das diese Gesellschaft 2003 erzielt habe, und sei deswegen außerordentlich niedrig gewesen. Sie hätten nicht erreichen können, dass beim Kaufpreis der Umsatz von 2004 zugrunde gelegt werde.

110    Selbst wenn diese Behauptungen der Klägerinnen zutreffen sollten, steht außer Zweifel, dass, wenn sich der Umsatz oder ganz allgemein die Geschäftsaussichten von SKW im Laufe des Jahres 2004 erheblich verschlechtert hätten, sich dies im Kaufpreis für diese Gesellschaft niedergeschlagen oder sogar zu einer Aufhebung des Kaufvertrags geführt hätte. Es kann daher weder angenommen werden, dass die Klägerinnen kein Interesse an der Entwicklung des Umsatzes oder ganz allgemein der Aussichten ihrer Tochtergesellschaft im Jahr 2004 gehabt hätten, noch folglich, dass sie keinen Grund gehabt hätten, einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieser Gesellschaft auszuüben.

111    Somit ist das Vorbringen der Klägerinnen, sie hätten sich gegenüber SKW wie ein reiner Finanzinvestor verhalten, nicht stichhaltig. Ein reiner Finanzinvestor besitzt Anteile an einer Gesellschaft, um einen finanziellen Gewinn zu erzielen, hält sich aber aus der Verwaltung und Kontrolle dieser Gesellschaft heraus (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Warner in der Rechtssache Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission, 6/73 und 7/73, Urteil vom 6. März 1974, Slg. 1974, 223, 260, und der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, Nr. 75 und Fn. 67). Das war bei den Klägerinnen nicht der Fall.

112    Die Kommission hat insoweit in Rn. 243 der angefochtenen Entscheidung festgestellt:

„Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Einstufung der Tochtergesellschaft als nicht zum Kerngeschäft gehörend, selbst wenn [die Klägerin zu 1] tatsächlich einem Finanzinvestor gleichgestellt werden könnte, nicht bedeutet, dass sämtliche die Tochtergesellschaft betreffenden Entscheidungen von dieser selbständig getroffen wurden. Der vorliegende Fall zeigt, dass strategische Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Tochtergesellschaft – insbesondere hinsichtlich der Frage, ob, wann und wie das Geschäft am besten vorzubereiten ist – von [der Klägerin zu 1] getroffen wurden. … Die grundlegenden Entscheidungen betreffend das wirtschaftliche Überleben innerhalb der … Gruppe [der Klägerin zu 1] und die Aussichten für ein wirtschaftliches Überleben außerhalb der … Gruppe [der Klägerin zu 1] wurden eindeutig von [der Klägerin zu 1] getroffen und wurden im Interesse der … Gruppe [der Klägerin zu 1] getroffen. Das widerlegt das Argument, die Tochtergesellschaft sei völlig unabhängig gewesen. …“

113    Nach den Erwägungen in den Rn. 110 und 111 des vorliegenden Urteils hat die Kommission in der in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Feststellung der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei festgestellt, dass SKW nicht selbständig alle sie betreffenden Entscheidungen getroffen hat, und zwar unabhängig davon, ob die Entscheidung über ihren Verkauf zu diesen Entscheidungen zählte. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, würde dies nicht bereits ausschließen, dass die Klägerinnen in der Zeit der Zuwiderhandlung einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt haben (siehe oben, Rn. 98).

114    Auch das Argument, das die Klägerinnen aus dem Urteil BMW Belgium u. a./Kommission (oben in Rn. 45 angeführt, Rn. 24) ableiten wollen, ist zurückzuweisen. Wie aus Rn. 15 dieses Urteils hervorgeht, ging es in der betreffenden Rechtssache um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission, mit der gegen BMW Belgium und bestimmte Vertragshändler dieser Gesellschaft eine Geldbuße verhängt worden war, weil sie, indem sie ein allgemeines Exportverbot vereinbart hätten, gegen Art. 85 Abs. 1 EG (jetzt Art. 101 AEUV) verstoßen hätten. Hingegen war die Muttergesellschaft von BMW Belgium, die Rn. 3 des Urteils zufolge alleinige Anteilseignerin dieser Gesellschaft war, nicht für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden. Sie hatte, nachdem sie über die von ihrer Tochtergesellschaft und den Vertragshändlern getroffenen Entscheidungen unterrichtet worden war, zum Ausdruck gebracht, dass sie den allgemeinen Charakter des beschlossenen Ausfuhrverbots missbillige (Urteil BMW Belgium u. a./Kommission, oben in Rn. 45 angeführt, Rn. 11).

115    Es ist somit offensichtlich, dass sich der Gerichtshof in seinem Urteil BMW Belgium u. a./Kommission (oben in Rn. 45 angeführt) nicht mit der Frage zu befassen hatte, ob eine Muttergesellschaft trotz der von ihr erklärten Missbilligung für das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft haftbar gemacht werden kann. In Rn. 24 des Urteils, auf die sich die Klägerinnen berufen, wird das Argument von BMW Belgium zurückgewiesen, sie habe als 100%ige Tochtergesellschaft ihrer Muttergesellschaft kein anderes Ziel verfolgen können als das, das ihr von der Muttergesellschaft zugewiesen worden sei, und daher könne auch nicht angenommen werden, dass sie ein allgemeines Ausfuhrverbot vereinbart habe, mit der die Muttergesellschaft nicht einverstanden gewesen sei. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass durch das Bestehen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft weder Unterschiede im Verhalten noch gar Unterschiede der Interessen zwischen beiden Gesellschaften ausgeschlossen werden. Diese Erwägung ist im vorliegenden Fall, wo die Kommission die Haftung der Klägerinnen für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung auf den bestimmenden Einfluss Ersterer auf das Marktverhalten Letzterer gestützt hat, aber überhaupt nicht einschlägig. Unterschiede im Verhalten und Unterschiede der Interessen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sind durchaus mit der Ausübung eines solchen Einflusses vereinbar.

116    Zur Zurückweisung des genannten Arguments hat die Kommission in Rn. 241 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:

„Abgesehen von der Tatsache, dass es beim BMW-Fall nicht um einen Verstoß gegen das Kartellrecht geht, liegen hier die Dinge in Bezug auf die Verfehlung ganz anders. Die Muttergesellschaft hatte sehr wohl Kenntnis von den rechtswidrigen Praktiken und erteilte daher spezifische Anweisungen, die nicht befolgt wurden. Dies wurde durch Belege aus dieser Zeit dokumentiert. … Die Anwendung dieser Tatsachen in dem vorliegenden Fall würde bedeuten, dass die Muttergesellschaft[, die Klägerin zu 1,] von dem Kartell wusste, was von [der Klägerin zu 1] bestritten wird und von der Kommission nie behauptet wurde. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass – wie der BMW-Fall zeigt – die Kenntnis von der rechtswidrigen Maßnahme eine notwendige Voraussetzung ist, um gezielte Anweisungen in Bezug auf ein festgestelltes spezifisches Verhalten zu geben. Es wird auf jeden Fall als unzureichend angesehen, wenn die Muttergesellschaft allgemeine Anweisungen erteilt, in denen ein gesetz[es]treues Verhalten gefordert wird.“

117    Nach den Erwägungen in den Rn. 114 und 115 des vorliegenden Urteils ist die Feststellung, dass der Sachverhalt in der Rechtssache, in der das Urteil BMW Belgium u. a./Kommission (oben in Rn. 45 angeführt) ergangen ist, anders liegt als im vorliegenden Fall, richtig und das Argument, das die Klägerinnen aus diesem Urteil ableiten wollen, bereits deshalb zurückzuweisen. Die übrigen Erwägungen in Rn. 241 der angefochtenen Entscheidung beziehen sich nicht auf das genannte Urteil, sondern auf die Nichtverhängung einer Geldbuße gegen die Muttergesellschaft wegen der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft in der betreffenden Entscheidung der Kommission. Sie haben sich aber nicht auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung ausgewirkt. Die frühere Entscheidungspraxis der Kommission bildet nämlich nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen, und Entscheidungen in anderen Fällen haben lediglich Hinweischarakter in Bezug auf das Vorliegen von Diskriminierungen (Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Rn. 205, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Rn. 233). Mithin geht das Vorbringen der Klägerinnen zu der genannten Randnummer der angefochtenen Entscheidung, soweit es gegen die genannten Erwägungen der Kommission gerichtet ist, ins Leere.

118    Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerinnen in diesem Zusammenhang ferner einen Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, die Unschuldsvermutung, das „Schuldprinzip“ und das Verschuldenserfordernis sowie Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geltend machen, nach dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG nur durch eine Geldbuße geahndet werden kann, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden ist. Mit diesem Vorbringen wiederholen die Klägerinnen aber lediglich ihre in den Rn. 22 bis 26 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Argumentation. Folglich ist es aus den bereits in den Rn. 30 bis 44 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen zurückzuweisen.

119    Somit ist festzustellen, dass es den Klägerinnen nicht gelungen ist, die in Rn. 21 des vorliegenden Urteils genannte kapitalbezogene Vermutung zu widerlegen. Deshalb ist der Kommission dadurch, dass sie die Klägerinnen für die von ihrer Tochtergesellschaft SKW begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht hat, kein Fehler unterlaufen.

 Zur Höhe der Geldbuße

120    Im Rahmen ihres Vorbringens gegen die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße machen die Klägerinnen einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Kronzeugenregelung, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit und die Begründungspflicht geltend. Ihre entsprechenden Rügen beziehen sich auf die Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße, die Erhöhung der Geldbuße wegen ihrer Wiederholungstäterschaft, die Nichtanerkennung mildernder Umstände, die eine Ermäßigung der Geldbuße rechtfertigen können, den ihnen gemäß der Kronzeugenregelung gewährten Prozentsatz der Ermäßigung und die Verhältnismäßigkeit der Geldbuße im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung und das Fehlen eines aus ihr gezogenen Vorteils. Diese Rügen werden im Folgenden nacheinander geprüft werden.

 Zum Grundbetrag der Geldbuße

121    Die Kommission hat den Grundbetrag der gegen die verschiedenen Kartellteilnehmer zu verhängenden Geldbuße gemäß ihren Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) festgesetzt.

122    Nach den Nrn. 9 bis 11 der Leitlinien wird die Geldbuße in zwei Stufen berechnet. Zuerst wird für jedes einzelne Unternehmen und jede einzelne Unternehmensvereinigung ein Grundbetrag festgesetzt. Erstens verwendet die Kommission hierzu den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Im Regelfall wird der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde gelegt, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war (Nr. 13). Ferner heißt es in Nr. 16 der Leitlinien: „Sind die von einem Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten unvollständig oder unzuverlässig, kann die Kommission den Umsatz mittels der erhaltenen Teildaten und/oder jeder anderen von ihr als einschlägig oder geeignet erachteten Information bestimmen.“ Zur Bestimmung des Grundbetrags wird ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert (Nr. 19). Zweitens wird der auf der ersten Stufe ermittelte Grundbetrag der Geldbuße nach oben oder unten angepasst, insbesondere um mildernde oder erschwerende Umstände zu berücksichtigen (Nrn. 27 bis 31).

123    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Rn. 287 der angefochtenen Entscheidung festgestellt:

„Der Grundbetrag der gegen die betreffenden Unternehmen zu verhängenden Geldbuße richtet sich nach dem Umsatz …, d. h. nach dem Wert der von dem Unternehmen im relevanten räumlichen Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Die Kommission legt den Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war …“

124    Was die Klägerinnen angeht, hat die Kommission in Rn. 288 fünfter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung allerdings präzisiert:

„Da im Fall [der Klägerinnen] der Zeitraum der Verantwortung für die Zuwiderhandlung kein vollständiges Geschäftsjahr umfasst, wird ein vollständiges Geschäftsjahr durch Fortschreibung der Umsätze in Bezug auf Calciumcarbidpulver [ihrer] damaligen Tochtergesellschaft …, SKW …, für den Zeitraum der Beteiligung der Letzteren an der Zuwiderhandlung (22. April 2004 – 30. August 2004) berechnet. …“

125    In Fn. 602 zu dieser Randnummer heißt es: „Die Umsätze von 131 Tagen wurden durch 131 dividiert und mit 366 multipliziert.“ Die Randnummer enthält auch eine Tabelle, aus der hervorgeht, dass im Fall der Klägerinnen bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße ein Umsatz mit Calciumcarbidpulver zwischen 5 und 10 Mio. Euro zugrunde gelegt wurde. Nach den von der Kommission nicht bestrittenen Angaben der Klägerinnen betrug der Umsatz genau 5,492 Mio. Euro.

126    Die Klägerinnen machen geltend, sie hätten keinen Umsatz im Sinne von Nr. 13 der Leitlinien erzielt, da sie selbst auf dem betroffenen Markt nicht tätig gewesen seien. Die von SKW erzielten Umsätze stünden deren Käufer zu, da der Kauf mit Rückwirkung zum 1. Januar 2004 erfolgt sei (siehe oben, Rn. 108).

127    Dieses Argument war von den Klägerinnen bereits in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht worden. Die Kommission hat es zurückgewiesen und hierzu in Rn. 290 der angefochtenen Entscheidung wiederholt, dass die Erlöse aus dem Verkauf von Calciumcarbid für die Zeit der Zuwiderhandlung über den Preis, der für die Veräußerung von SKW ausgehandelt worden sei, wirtschaftlich den Klägerinnen zugeflossen seien (siehe auch oben, Rn. 109).

128    Die Klägerinnen treten dem entgegen. Sie machen geltend, die Kommission habe gegen die Leitlinien verstoßen, nach denen Bezugspunkt der Bemessung der Geldbuße der mit dem relevanten Produkt erzielte Umsatz sei, und nicht irgendein wirtschaftliches Äquivalent, das dem Unternehmen angeblich zugeflossen sei. Außerdem seien die Umsätze, die SKW nach April 2004 erzielt habe, nicht in den Kaufpreis eingeflossen, der nur 1,837 Mio. Euro betragen habe. Und dieser Preis sei vom Käufer bereits im April 2004 angeboten worden, so dass der von SKW später erzielte Umsatz darin denknotwendig nicht eingeflossen sein könne. Daher habe gegen sie kein Grundbetrag festgesetzt werden dürfen, oder ein solcher hätte allenfalls auf der Grundlage des Kaufpreises für SKW festgesetzt werden dürfen.

129    Nach ständiger Rechtsprechung kann der Teil des Umsatzes, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, einen zutreffenden Anhaltspunkt für das Ausmaß einer Zuwiderhandlung auf dem relevanten Markt liefern (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 121). Insbesondere stellt der Umsatz, der mit den Waren erzielt wurde, die Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise waren, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend angibt, wie schädlich sich diese Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb auswirkt (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, British Steel/Kommission, T‑151/94, Slg. 1999, II‑629, Rn. 643, und vom 8. Juli 2008, Saint-Gobain Gyproc Belgium/Kommission, T‑50/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 84). Die Kommission darf sich also – wie in den Leitlinien geschehen – dafür entscheiden, bei der Berechnung des Grundbetrags von Geldbußen, die wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verhängt werden, von diesem Umsatz auszugehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T‑211/08, Slg. 2011, II‑3729, Rn. 61).

130    Die Klägerinnen stellen eine solche Berechnung gemäß den Leitlinien nicht prinzipiell in Frage. Vielmehr machen sie im Wesentlichen geltend, dass es sich bei ihrem Fall insoweit um einen Sonderfall handele, als es keinen geeigneten Umsatz gebe, der bei der Berechnung des Grundbetrags der gegen sie zu verhängenden Geldbuße zugrunde gelegt werden könnte. Dieses Vorbringen ist aber nicht stichhaltig.

131    Wie in Rn. 119 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Klägerinnen in der Zeit der Zuwiderhandlung mit SKW eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der in den Rn. 16 und 17 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung bildeten und für die von der genannten Gesellschaft begangene Zuwiderhandlung haften. Außerdem ist unstreitig, dass diese wirtschaftliche Einheit mit dem von SKW verkauften Calciumcarbid einen Umsatz erzielt hat, der im Sinne von Nr. 13 der Leitlinien mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang steht. Zwar entsprach der relevante Zeitraum nicht einem vollständigen Jahr. Gemäß Nr. 16 der Leitlinien hat die Kommission den einem vollständigen Geschäftsjahr entsprechenden Umsatz aber durch Extrapolation der von dem betroffenen Unternehmen im relevanten Zeitraum erzielten Umsätze ermittelt. Ihr kann deshalb kein Verstoß gegen die Leitlinien vorgeworfen werden.

132    Die Klägerinnen machen geltend, wegen der im Kaufvertrag vereinbarten Rückwirkung des Verkaufs von SKW zum 1. Januar 2004 habe allein der Käufer von den Umsätzen profitiert, die diese Gesellschaft mit Calciumcarbid erzielt habe. Auch dieses Argument ist nicht stichhaltig.

133    Die Höhe der verhängten Geldbuße muss zwar in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, darunter zu dem Gewinn, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte, stehen. Die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, steht der Verhängung einer Geldbuße jedoch nicht entgegen, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren. Somit muss die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen das Fehlen eines aus der betreffenden Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils nicht berücksichtigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Juni 2010, Imperial Chemical Industries/Kommission, T‑66/01, Slg. 2010, II‑2631, Rn. 443 und die dort angeführte Rechtsprechung).

134    Außerdem ändert die Tatsache, dass die Klägerinnen und der Käufer von SKW in dem nach der Zeit der Zuwiderhandlung geschlossenen Vertrag über den Kauf dieser Gesellschaft im Rahmen der festgelegten Modalitäten und Wirkungen des Kaufs vereinbart haben, dass der Gewinn aus den von SKW ab dem 1. Januar 2004 erzielten Umsätzen dem Käufer zusteht, nichts daran, dass die Umsätze, die bei der Festsetzung des Grundbetrags der gegen die Klägerinnen und SKW zu verhängenden Geldbuße zugrunde gelegt wurden, von SKW erzielt worden sind, als diese Gesellschaft noch zur selben wirtschaftlichen Einheit gehörte wie die Klägerinnen. In diesem Sinne ist auch Rn. 290 der angefochtenen Entscheidung zu verstehen. In anderen Worten hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass die Klägerinnen über ihre 100%ige Tochtergesellschaft SKW einen Umsatz, der mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten in Zusammenhang stand, erzielt haben, aber den daraus erwachsenen Gewinn zusammen mit allen Anteilen an dieser Gesellschaft als Gegenleistung für den Kaufpreis für SKW an den Käufer übertragen haben. Bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße nach der Methode gemäß den Leitlinien kommt es auf diese Übertragung indessen nicht an.

135    Die vorliegende Rüge ist mithin unbegründet und somit zurückzuweisen.

 Zur Wiederholungstäterschaft

136    Nach den Feststellungen der Kommission in Rn. 309 der angefochtenen Entscheidung waren Akzo Nobel und die Klägerin zu 1 bereits „Adressaten von Entscheidungen der Kommission wegen Verstößen gegen Artikel 81 [EG] vor oder während der Zuwiderhandlung, die Gegenstand dieser Entscheidung ist und die nach Annahme der betreffenden Entscheidungen begann oder fortbestand“. In Fn. 631 präzisiert die Kommission, dass sie mit Blick auf die Klägerin zu 1 ihre Entscheidung 2003/674/EG vom 2. Juli 2002 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache C.37.519 – Methionin) (ABl. 2003, L 255, S. 1, im Folgenden: Methionin-Entscheidung) berücksichtigt habe.

137    In Rn. 310 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission weiter aus: „Die Tatsache, dass [Akzo Nobel und die Klägerin zu 1] das Kartellverhalten, wenngleich in einer anderen Branche als der, in Bezug auf die sie bereits mit Geldbußen belegt worden waren, wiederholten, zeigt, dass diese Geldbußen bei den betreffenden Unternehmen keine Verhaltensänderung bewirkt haben. Dies ist ein erschwerender Umstand. Dieser erschwerende Umstand führt zu einer Erhöhung des Grundbetrags der festzusetzenden Geldbuße um 100 % für Akzo Nobel und 50 % für [die Klägerin zu 1]. … Die letztgenannten Unternehmen haften für die Zahlung des auf der Wiederholungstäterschaft beruhenden Betrages selbständig.“ In Fn. 632 zu dieser Randnummer wird auf Nr. 28 der Leitlinien verwiesen. Die Kommission stellt in Rn. 311 der angefochtenen Entscheidung fest, dass der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft auch der Klägerin zu 2 angelastet werden könne.

138    In Nr. 28 der Leitlinien ist bestimmt:

„Der Grundbetrag der Geldbuße kann erhöht werden, wenn die Kommission erschwerende Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt:

–        Fortsetzung einer Zuwiderhandlung oder erneutes Begehen einer gleichartigen oder ähnlichen Zuwiderhandlung, nachdem die Kommission oder eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde festgestellt hat, dass das Unternehmen gegen Artikel 81 oder Artikel 82 verstoßen hatte; in diesem Fall wird der Grundbetrag für jeden festgestellten Verstoß um bis zu 100 % erhöht …“

139    Die Klägerinnen machen zunächst geltend, die Kommission habe bei ihnen zu Unrecht Wiederholungstäterschaft angenommen. Nach der Rechtsprechung sei Wiederholungstäter nur, wer eine Neigung zur Begehung von Wettbewerbsverstößen habe. Sie hätten aber keine solche Neigung gezeigt. Die streitige Zuwiderhandlung sei von ihnen nicht begangen, sondern ihnen nur aufgrund einer vermeintlichen wirtschaftlichen Einheit mit SKW zugerechnet worden. Sie selbst hätten mit dieser Zuwiderhandlung „nicht das Geringste zu tun“ gehabt.

140    Außerdem hätten sie nach der Methionin-Entscheidung seit vielen Jahren umfassende Maßnahmen zur Verhinderung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht durch ihre Mitarbeiter ergriffen. Sie verweisen insoweit auf ihr Vorbringen, SKW habe die Zuwiderhandlung trotz der von ihren Muttergesellschaften nach der Methionin-Entscheidung ergriffenen Compliance-Maßnahmen begangen. Sie hätten alles in ihrer Macht Stehende getan, um in Zukunft vergleichbare Wettbewerbsverstöße zu verhindern, und damit bewiesen, dass sie keine Neigung zur Begehung von Wettbewerbsverstößen hätten. Die Kommission könne dagegen nicht einwenden, dass es trotzdem zu einem erneuten Verstoß gekommen sei. Bei der Frage, ob eine Erhöhung der Geldbuße zur Verhaltensänderung notwendig sei, seien nach der Rechtsprechung alle Umstände des konkreten Falles zu berücksichtigen, und damit nicht nur der Umstand, dass es zu einem erneuten Verstoß gekommen sei.

141    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass ein etwaiger Wiederholungsfall zu den Gesichtspunkten zählt, die bei der Prüfung der Schwere der betreffenden Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Rn. 26, und Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2011, Arkema France u. a./Kommission, T‑217/06, Slg. 2011, II‑2593, Rn. 294). Mit der Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts wird der Zweck verfolgt, Unternehmen, die bereits eine Neigung zur Verletzung der Wettbewerbsregeln gezeigt haben, zur Änderung ihres Verhaltens zu veranlassen. Die Kommission kann daher in jedem Einzelfall die Anhaltspunkte berücksichtigen, die eine solche Neigung bestätigen, einschließlich z. B. des zwischen den betreffenden Verstößen verstrichenen Zeitraums (Urteil Groupe Danone/Kommission, Rn. 39).

142    Das ist der Grund, warum in Nr. 28 erster Gedankenstrich der Leitlinien in der beispielhaften Aufzählung der erschwerenden Umstände, die eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße rechtfertigen können, die Wiederholungstäterschaft angeführt ist.

143    Die Klägerinnen machen geltend, bei ihnen könne von Wiederholungstäterschaft keine Rede sein, da die Zuwiderhandlung, für die sie in der angefochtenen Entscheidung mit einer Sanktion belegt worden seien, nicht von ihnen, sondern von ihrer Tochtergesellschaft SKW begangen worden sei. Diese Argumentation verkennt jedoch den Begriff des Unternehmens im Sinne der in den Rn. 16 bis 18 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung. Wenn eine wirtschaftliche Einheit im Sinne dieser Rechtsprechung eine Zuwiderhandlung fortsetzt oder erneut eine gleichartige oder ähnliche Zuwiderhandlung begeht, nachdem festgestellt worden ist, dass sie ein erstes Mal gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hatte, liegt ein Wiederholungsfall im Sinne von Nr. 28 erster Gedankenstrich der Leitlinien und der in Rn. 141 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung vor; das gilt auch dann, wenn die zweite Zuwiderhandlung einer wirtschaftlichen Einheit zuzurechnen ist, die nicht identisch ist mit derjenigen, die für die erste Zuwiderhandlung mit einer Sanktion belegt worden war, zusammen mit dieser aber zur selben wirtschaftlichen Einheit im Sinne der in den Rn. 16 bis 18 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil Michelin, oben in Rn. 31 angeführt, Rn. 290). In einem solchen Fall kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die beiden Zuwiderhandlungen von demselben Unternehmen begangen worden sind.

144    Wie bereits ausgeführt, stellten die Klägerinnen und SKW im vorliegenden Fall in der Zeit der Zuwiderhandlung ein und dasselbe Unternehmen, also eine wirtschaftliche Einheit, dar (siehe oben, u. a. Rn. 119). Folglich hat die Kommission allein dadurch, dass sie in der angefochtenen Entscheidung bei der Feststellung einer Wiederholungstäterschaft im Hinblick auf die Klägerinnen die von SKW begangene Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, keinen Fehler begangen.

145    Die in Rn. 140 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Argumentation der Klägerinnen kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. Sie beruht auf einer unzutreffenden Auslegung der in Rn. 141 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung. Anders als die Klägerinnen meinen, ist nach dieser Rechtsprechung die Kommission, bevor sie eine erneute Zuwiderhandlung eines bereits wegen einer gleichartigen oder ähnlichen Zuwiderhandlung mit einer Sanktion belegten Unternehmens als den erschwerenden Umstand einer Wiederholungstäterschaft berücksichtigt, nicht dazu verpflichtet, sämtliche Umstände dieser erneuten Zuwiderhandlung zu würdigen. Wie sich aus ihrem Kontext ergibt, betreffen die in Rn. 141 des vorliegenden Urteils angeführten Erwägungen die Umstände, die von der Kommission bei der Feststellung berücksichtigt werden können, dass die beiden Zuwiderhandlungen zusammenhängen, so dass sie von einer Neigung des betroffenen Unternehmens zur Verletzung der Wettbewerbsregeln zeugen.

146    In der Rechtssache, in der das Urteil Groupe Danone/Kommission (oben in Rn. 141 angeführt) ergangen ist, ging es um die Frage, ob es in diesem Zusammenhang möglicherweise auf die Verjährungsfrist ankommt. Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass sich das Ermessen der Kommission in Bezug auf die Wahl der bei der Bemessung der Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu berücksichtigenden Gesichtspunkte auch auf die Feststellung und die Beurteilung der besonderen Merkmale eines Wiederholungsfalls erstreckt und die Kommission daher für eine solche Feststellung nicht an eine Verjährungsfrist gebunden ist (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Rn. 141 angeführt, Rn. 38). Im Urteil Arkema France u. a./Kommission (oben in Rn. 141 angeführt) ging es um die Frage, ob von dem betroffenen Unternehmen begangene frühere Zuwiderhandlungen, weil sie bereits in einer ersten Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungstäterschaft berücksichtigt worden sind, in einer zweiten Entscheidung, mit der dasselbe Unternehmen mit einer Sanktion belegt wird, nicht mehr unter diesem Gesichtspunkt berücksichtigt werden dürfen. Das Gericht hat diese Frage verneint (Urteil Arkema France u. a./Kommission, oben in Rn. 141 angeführt, Rn. 285 und 292 bis 300).

147    Im Übrigen ist unter Berücksichtigung des Umstands, dass gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 das Gericht auf dem Gebiet der Verhängung von Geldbußen wegen Wettbewerbsverstößen eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung besitzt, so dass es die Beurteilung der Kommission durch seine eigene ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME Germany/Kommission u. a., C‑389/10 P, Slg. 2011, I-13125), darauf hinzuweisen, dass nichts in dem klägerischen Vorbringen den Schluss zuließe, dass die Kommission die von SKW begangene Zuwiderhandlung fehlerhaft als Ausdruck einer Neigung des SKW umfassenden Unternehmens zur Verletzung der Wettbewerbsregeln bewertet hat, oder geeignet wäre, eine Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße kraft der unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis des Gerichts zu rechtfertigen.

148    Denn auch wenn das genannte Unternehmen, wie die Klägerinnen geltend machen, nach der Methionin-Entscheidung Compliance-Maßnahmen ergriffen haben sollte, hat sich ihre zum selben Unternehmen gehörende Tochtergesellschaft gleichzeitig aktiv an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln beteiligt. Die Klägerinnen, die, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft SKW ausgeübt haben, haben diese nicht an der Begehung der Zuwiderhandlung hindern können. Wie sie selbst einräumen, haben sie sich in dieser Zeit auf etwas anderes (den Verkauf ihrer Tochtergesellschaft) konzentriert und demnach nicht alles in ihrer Macht Stehende getan, um dafür zu sorgen, dass ihre Tochtergesellschaft die Wettbewerbsregeln beachtet. Durch diese Umstände ist rechtlich hinreichend bewiesen, dass das Unternehmen der Klägerinnen eine Neigung zur Verletzung der Wettbewerbsregeln hatte, wie die Kommission in Rn. 312 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen selbst festgestellt hat.

149    Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe die gegen die Klägerin zu 2 verhängte Geldbuße nicht wegen Wiederholungstäterschaft erhöhen dürfen, da diese Klägerin während der Dauer der Zuwiderhandlung, die Gegenstand der Methionin-Entscheidung gewesen sei, nicht zum Konzern der Klägerin zu 1 gehört habe und daher mit der durch diese Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlung nichts zu tun gehabt habe. Eine solche Fallkonstellation zeuge nicht von einer ähnlichen Gleichgültigkeit gegenüber den Wettbewerbsregeln wie in Fällen, in denen die frühere Entscheidung an das von der erneuten Zuwiderhandlung betroffene Unternehmen selbst gerichtet gewesen sei.

150    Dieses Argument war von der Klägerin zu 2 bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden. Es ist in Rn. 311 der angefochtenen Entscheidung mit folgender Begründung zurückgewiesen worden:

„[Die Klägerin zu 2] macht geltend …, dass die erschwerenden Umstände in Bezug auf [die Klägerin zu 1] nicht auf sie anwendbar seien. Die Kommission weist dieses Argument zurück, da einer Tochtergesellschaft innerhalb einer Gruppe eine Wiederholungstäterschaft im Zusammenhang mit einer früheren Zuwiderhandlung durch eine andere Tochtergesellschaft derselben Gruppe angelastet werden kann. …“

151    In Fn. 634 zu dieser Randnummer beruft sich die Kommission insoweit auf das Urteil Michelin (oben in Rn. 31 angeführt, Rn. 290).

152    Hierzu ist festzustellen, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. Oktober 2003 Aristrain/Kommission (C‑196/99 P, Slg. 2003, I‑11005, Rn. 99) entschieden hat, dass die bloße Tatsache, dass das Kapital von zwei eigenständigen Handelsgesellschaften derselben Person gehört, nicht als Nachweis dafür ausreicht, dass diese beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bilden, was nach dem Wettbewerbsrecht der Union zur Folge hat, dass die Handlungen einer von ihnen der anderen zugerechnet werden können. Auch wenn ferner das Gericht in dem Urteil Michelin (oben in Rn. 31 angeführt) die Ansicht vertreten hat, dass bei zwei Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft die frühere Zuwiderhandlung der einen zulasten der anderen im Rahmen der Feststellung des erschwerenden Umstands der Wiederholungstäterschaft berücksichtigt werden könne, darf indessen nach dem Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission vom 10. September 2009 (oben in Rn. 18 angeführt) die Muttergesellschaft für die Zuwiderhandlung ihrer 100%igen Tochtergesellschaft nur haftbar gemacht werden, wenn sie nicht die Vermutung widerlegt, dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt hat (siehe oben, Rn. 21).

153    Im vorliegenden Fall war die Klägerin zu 2 unstreitig nicht Adressatin der Methionin-Entscheidung, wie auch dieser Entscheidung selbst in ihrer im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Fassung entnommen werden kann. Der Klägerin zu 2 ist also keine Gelegenheit gegeben worden, das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen ihr und der Klägerin zu 1, an die die genannte Entscheidung gerichtet war, im Hinblick auf diese Entscheidung in Abrede zu stellen. Es kann daher nicht unterstellt werden, dass die Klägerin zu 1, als ihre Zuwiderhandlung in der Methionin-Entscheidung festgestellt wurde, mit ihrer Tochtergesellschaft, der Klägerin zu 2, ein Unternehmen gebildet hätte. Dass die Klägerinnen zum Zeitpunkt der in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung ein und dasselbe Unternehmen darstellten, genügt somit nicht, um die von der Klägerin zu 1 begangene Zuwiderhandlung zulasten der Klägerin zu 2 als den erschwerenden Umstand einer Wiederholungstäterschaft zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil ThyssenKrupp Liften Ascenseurs u. a./Kommission, oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 319 und 320).

154    Die Kommission macht insoweit geltend, das Gericht habe in den Urteilen vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission (T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Rn. 385), und Lafarge/Kommission (T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 731 und 732), wie in dem Urteil Michelin (oben in Rn. 31 angeführt) bestätigt, dass im Fall einer Gesellschaft der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft festgestellt werden könne, wenn eine andere Gesellschaft desselben Unternehmens in der Vergangenheit für eine gleichartige Zuwiderhandlung verurteilt worden sei.

155    In der Rechtssache, in der das Urteil Lafarge/Kommission (oben in Rn. 154 angeführt, Rn. 731 und 732) ergangen ist, lagen die Dinge jedoch anders als im vorliegenden Fall: Dort war es die betreffende Klägerin, die von der Kommission früher wegen Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln mit einer Sanktion belegt worden war, während die Zuwiderhandlung, die Gegenstand dieser Rechtssache war, von einer Tochtergesellschaft begangen worden war. Das Gericht hat in Rn. 558 des genannten Urteils festgestellt, dass die Kommission die betreffende Klägerin zu Recht für die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung haftbar gemacht habe, und daraus den Schluss gezogen, dass zu ihren Lasten auch der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft festgestellt werden dürfe. Was das Urteil BPB/Kommission (oben in Rn. 154 angeführt, Rn. 385) angeht, ist bei der betreffenden Klägerin der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft in der Tat auf der Grundlage einer nicht von ihr selbst, sondern von einer ihrer Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlung festgestellt worden. Jedoch hat die betreffende Klägerin offenbar nicht geltend gemacht, dass die frühere Zuwiderhandlung, auf die die Kommission bei der Feststellung der Wiederholungstäterschaft abgestellt hatte, von einer anderen Einheit begangen worden sei, so dass das Gericht nicht über die Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts zu befinden hatte.

156    Somit ist festzustellen, dass die vorliegende Rüge begründet ist. Folglich ist Art. 2 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als er die Klägerin zu 2 betrifft, und die angefochtene Entscheidung abzuändern, um die Höhe der gegen die Klägerin zu 2 verhängten Geldbuße festzusetzen. Die Folgen, die sich aus dieser Abänderung ergeben, werden in den Rn. 287 bis 289 des vorliegenden Urteils dargestellt werden. Da das Gericht aufgrund der genannten Nichtigerklärung und Abänderung in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung aber nur die Höhe der gegen die Klägerin zu 2 verhängten Geldbuße ändert, ist klarzustellen, dass die Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Klägerin zu 2 betrifft, die befreiende Wirkung unberührt lässt, die von dieser auf die gegen sie zu verhängende Geldbuße geleistete Zahlungen gegenüber SKW haben, was die in Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung gegen diese Gesellschaft verhängte Geldbuße angeht.

157    Das Vorbringen der Kommission, bei der vorliegenden Rüge fielen die Interessen der beiden Klägerinnen, da sie nicht mehr zur selben wirtschaftlichen Einheit gehörten, auseinander und, wenn dieser Rüge stattgegeben würde, könne dies zu einer Verringerung möglicher Schadensersatzansprüche der Klägerin zu 1 gegen die Klägerin zu 2 führen, ist als unerheblich zurückzuweisen. Insoweit ist lediglich festzustellen, dass die Klägerin zu 2 ganz offensichtlich ein berechtigtes Interesse an der Erhebung der ersten Rüge hat und die Klägerin zu 1 keine Argumente vorgebracht und erst recht keinen Antrag mit einer anderen oder entgegengesetzten Zielrichtung gestellt hat. Das Gericht hatte diese zulässige Rüge der Klägerin zu 2 mithin zu prüfen, und muss, soweit sie sich als begründet erwiesen hat, dies bei der Höhe der gegen die Klägerin zu 2 verhängten Geldbuße ungeachtet der Folgen berücksichtigen, die der Erfolg der genannten Rüge möglicherweise für die Interessen der Klägerin zu 1 hat.

158    Als Drittes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe dadurch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, dass sie den Aufschlag wegen Wiederholungstäterschaft bei ihnen auf 50 %, bei Akzo Nobel hingegen auf 100 % festgesetzt habe. Bei ihnen sei aber nur eine Vortat berücksichtigt worden, bei Akzo Nobel hingegen vier. Damit habe Akzo Nobel pro Vortat nur einen Aufschlag von 25 % erhalten, sie aber einen von 50 % pro Vortat. Der Aufschlag wegen Wiederholungstäterschaft sei pro berücksichtigtem früheren Verstoß zu vergleichen, da die Kommission nach den Leitlinien den Grundbetrag für jeden festgestellten Vorverstoß um einen bestimmten Prozentsatz erhöhe und nicht einen Prozentsatz insgesamt für den Umstand der Wiederholungstäterschaft festsetze. Für die genannte Ungleichbehandlung von ihnen und Akzo Nobel, für die die angefochtene Entscheidung im Übrigen keine Begründung enthalte, gebe es keine Rechtfertigung. Sie verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Deswegen hätte die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen Wiederholungstäterschaft für sie – wenn überhaupt – nur 25 % betragen dürfen.

159    Nach Auffassung der Kommission richtet sich die vorliegende Rüge gegen den Prozentsatz der wegen Wiederholungstäterschaft erfolgten Erhöhung der gegen Akzo Nobel verhängten Geldbuße. Insoweit sei einzuräumen, dass dieser noch viel höher hätte ausfallen können, da er nach den Leitlinien für jeden festgestellten früheren Verstoß bis zu 100 % betragen könne. Die Erhöhung der Geldbuße wegen Rückfälligkeit sei entgegen der Auffassung der Klägerinnen aber keine „lineare“ Rechenübung. Die Kommission verweist ferner auf die Rechtsprechung, wonach die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden müsse, das besage, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf eine gegenüber anderen begangene Rechtsverletzung berufen könne, womit eine Rechtsverletzung zugunsten von Akzo Nobel den Klägerinnen daher nicht zugutekommen könne.

160    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die vorliegende Rüge nur im Hinblick auf die Klägerin zu 1 zu prüfen ist, da im Hinblick auf die Klägerin zu 2 bereits festgestellt worden ist, dass die Kommission die gegen sie festgesetzte Geldbuße zu Unrecht wegen Wiederholungstäterschaft erhöht hat.

161    Sodann ist festzustellen, dass das Vorbringen der Kommission, die Klägerin zu 1 sei nicht befugt, einen Akzo Nobel begünstigenden Rechtsverstoß zu rügen, nicht stichhaltig ist. Zum einen ist dem Vorbringen der Klägerin zu 1 nicht zu entnehmen, dass diese im vorliegenden Fall eine Erhöhung von 50 % für jede frühere Zuwiderhandlung für angemessen hielte. Ihr Vorbringen ist vielmehr dahin zu verstehen, dass die Erhöhung für jede frühere Zuwiderhandlung ihrer Auffassung nach nur hätte 25 % betragen dürfen und bei der gegen sie festgesetzten Geldbuße, da bei ihr nur eine frühere Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, folglich dieser Prozentsatz der Erhöhung hätte angewandt werden müssen. Zum anderen kann nach der Rechtsprechung (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Rn. 576 bis 579) unter bestimmten besonderen Umständen das geeignetste Mittel zur Behebung einer Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Beteiligten einer Zuwiderhandlung, die darin besteht, dass die Schwere der Zuwiderhandlung bestimmter Beteiligter im Vergleich zu der Schwere der anderen Beteiligten als zu gering bewertet worden ist, in einer Herabsetzung der gegen die anderen verhängten Geldbuße bestehen.

162    Im vorliegenden Fall kann gleichwohl kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz festgestellt werden, weil die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zwar die Geldbuße, die gegen Akzo Nobel wegen ihrer Beteiligung an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung zu verhängen gewesen wäre, berechnete, aber am Ende gegen dieses Unternehmen, weil es das erste war, das die Kommission über das Bestehen des streitigen Kartells unterrichtet hatte, gemäß der Kronzeugenregelung keine Geldbuße verhängte (vgl. Rn. 335 und 336 der angefochtenen Entscheidung). Selbst wenn der Prozentsatz der Erhöhung wegen Wiederholungstäterschaft, der bei der gegen Akzo Nobel zu verhängenden Geldbuße angesetzt worden ist, also günstiger ausgefallen sein sollte, hätte dies diesem Unternehmen keinen Vorteil gebracht, da ihm die Geldbuße ohnehin erlassen worden wäre, egal wie hoch ihr Endbetrag gewesen wäre.

163    Im Übrigen macht die Kommission zu Recht geltend, dass, auch wenn Nr. 28 der Leitlinien eine Erhöhung der Geldbuße für jede festgestellte frühere Zuwiderhandlung vorsehe, nach dem Wortlaut dieser Nummer keine Verpflichtung bestehe, für jede frühere Zuwiderhandlung denselben Prozentsatz der Erhöhung anzusetzen. Die Kommission kann nämlich zu Recht annehmen, dass die Tatsache, dass ein Unternehmen eine erneute Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat, nachdem es in der Vergangenheit, wenn auch nur einmal, für eine gleichartige Zuwiderhandlung bereits mit einer Sanktion belegt worden war, ein ausreichendes Indiz für eine erhöhte Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung darstellt, das eine erhebliche Erhöhung der zu verhängenden Geldbuße rechtfertigt. Sie kann daher für die erste festgestellte frühere Zuwiderhandlung einen höheren Prozentsatz der Erhöhung festsetzen als bei weiteren etwaigen Vorverstößen. Bei einem Unternehmen, bei dem mehrere frühere Zuwiderhandlungen festgestellt worden sind, fällt die Erhöhung der gegen es verhängten Geldbuße dann nämlich trotzdem noch höher aus, als wenn bei ihm nur eine frühere Zuwiderhandlung festgestellt worden wäre.

164    Außerdem war die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen aufgrund ihrer Begründungspflicht nicht verpflichtet, in der angefochtenen Entscheidung zu erläutern, warum sie bei den Klägerinnen innerhalb der entsprechenden Bandbreite einen Prozentsatz der Erhöhung wegen Wiederholungstäterschaft von 50 % gewählt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, Slg. 2007, II‑3601, Rn. 1361 und die dort angeführte Rechtsprechung).

165    Bei der vorliegenden Rüge ist daher nur zu prüfen, ob dieser Prozentsatz der Erhöhung angemessen war, wobei das Gericht die entsprechende Beurteilung der Kommission aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Bereich der Geldbußen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln durch seine eigene ersetzen kann.

166    Es ist insoweit jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat – im vorliegenden Fall stehen solche nicht in Rede –, ist es Sache des Klägers, gegen die angefochtene Entscheidung Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen. Der Kläger hat die beanstandeten Punkte der angefochtenen Entscheidung zu bezeichnen, insoweit Rügen zu formulieren und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für deren Begründetheit beizubringen (Urteil KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 147 angeführt, Rn. 131 und 132).

167    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zu 1 lediglich angedeutet, dass der bei Akzo Nobel gewählte Prozentsatz der Erhöhung einer Erhöhung von 25 % für jede festgestellte frühere Zuwiderhandlung entspreche, aber nicht konkret dargetan, dass in ihrem Fall ein Prozentsatz der Erhöhung der Geldbuße wegen Wiederholungstäterschaft von nur 25 % angemessen wäre. Aus den in Rn. 148 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen rechtfertigen im Übrigen auch die zur Stützung der ersten Rüge vorgebrachten Argumente, die sich auf die Wiederholungstäterschaft beziehen, keinen geringeren Prozentsatz der Erhöhung als den von der Kommission gewählten von 50 %. Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen.

 Zur Nichtanerkennung mildernder Umstände bei den Klägerinnen

168    Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Zuwiderhandlungen, die von mehreren Unternehmen begangen worden sind, im Rahmen der Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle es bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat. Dies ist die logische Folge des Grundsatzes der Individualität der Strafen und Sanktionen, wonach ein Unternehmen nur für Handlungen bestraft werden darf, die ihm individuell zur Last gelegt werden; dieser Grundsatz gilt für alle Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen können (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Rn. 277 und 278 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

169    Im Einklang mit diesen Erwägungen sieht Nr. 29 der Leitlinien eine Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße aufgrund bestimmter mildernder Umstände vor, die den jeweiligen betroffenen Unternehmen zuzuordnen sind. Sie enthält insbesondere eine nicht abschließende Aufzählung mildernder Umstände, die berücksichtigt werden können.

170    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Rn. 313 bis 331 der angefochtenen Entscheidung geprüft, ob bei dem einen oder anderen Kartellteilnehmer mildernde Umstände anzuerkennen sind, und festgestellt, dass dies nicht der Fall sei.

171    Die Klägerinnen wenden sich gegen diese Feststellung. Als Erstes machen sie geltend, bei ihnen hätte ein mildernder Umstand anerkannt werden müssen, weil sie nach der Methionin-Entscheidung Maßnahmen ergriffen hätten, um in Zukunft jegliche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verhindern (siehe oben, Rn. 140). Solche Maßnahmen seien vom Gericht in seinem Urteil vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission (T‑77/92, Slg. 1994, II‑549, Rn. 93), und in mehreren früheren Entscheidungen der Kommission als mildernder Umstand angesehen worden.

172    Sie rückten eine von dem Unternehmen danach begangene Zuwiderhandlung in ein anderes Licht. Diese sei dann das Fehlverhalten Einzelner entgegen der „gelebten Unternehmenskultur“. Maßnahmen zur Vermeidung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht zeigten, dass sich das betroffene Unternehmen im Sinne von Nr. 29 erster Gedankenstrich der Leitlinien klar von der Zuwiderhandlung distanziert habe, so dass der entsprechende mildernde Umstand zuzuerkennen sei.

173    Dass eine Zuwiderhandlung trotz der Maßnahmen zu ihrer Verhinderung begangen worden sei, stehe der Zuerkennung eines mildernden Umstands nicht entgegen. Durch keine Maßnahme könne ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht 100%ig ausgeschlossen werden. Es müsse aber honoriert werden, wenn ein Unternehmen alles in seiner Macht Stehende getan habe, um einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß zu verhindern. Im Übrigen sei es ein Wertungswiderspruch, das Nachtatverhalten eines Unternehmens als mildernden Umstand zu berücksichtigen, z. B. die Zusammenarbeit im Sinne der Kronzeugenregelung, die ernsthaften Bemühungen um rechtstreues Verhalten im Vorfeld der Zuwiderhandlung aber zu ignorieren. Maßnahmen der letzten Kategorie würden in mehreren nationalen Rechtsordnungen als mildernder Umstand berücksichtigt.

174    Diese erste Rüge kann keinen Erfolg haben. Nach ständiger Rechtsprechung ist es zwar bedeutsam, dass ein Unternehmen Maßnahmen ergriffen hat, um künftige Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter gegen das Wettbewerbsrecht der Union zu verhindern, doch ändert dies nichts daran, dass die festgestellte Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde. Die bloße Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis in einigen Fällen die Einführung eines Befolgungsprogramms als mildernden Umstand berücksichtigt hat, bedeutet folglich nicht, dass sie verpflichtet wäre, in einem gegebenen Fall ebenso vorzugehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Rn. 280 und die dort angeführte Rechtsprechung).

175    Die Klägerinnen meinen, etwas anderes müsse gelten, wenn Compliance-Maßnahmen bereits im Vorfeld ergriffen worden seien, aber einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln nicht hätten verhindern können. Es gibt aber keinen Grund anzunehmen, dass die Schwere einer Zuwiderhandlung, die trotz Bemühungen zur Verhinderung derartiger Zuwiderhandlungen begangen worden ist, geringer wäre als die Schwere einer vergleichbaren Zuwiderhandlung, die in einem Kontext begangen worden ist, in dem keine solchen Maßnahmen ergriffen worden sind. Die Tatsache, dass eine Zuwiderhandlung begangen worden ist, obwohl Maßnahmen zu ihrer Verhinderung ergriffen worden sind, beweist nämlich, dass diese nicht wirksam gewesen sind. Sie können daher die Verhängung einer milderen Sanktion für eine solche Zuwiderhandlung nicht rechtfertigen.

176    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist ihr Fall weder vergleichbar mit der Konstellation, auf die Nr. 29 erster Gedankenstrich der Leitlinien abzielt, noch mit dem Fall eines Unternehmens, auf das die Kronzeugenregelung Anwendung findet. In diesen Fällen soll mit einer Ermäßigung der verhängten Geldbuße das betroffene Unternehmen belohnt werden, das mit seinem Verhalten einen Beitrag zur Beendigung der Schädigung des normalen Wettbewerbs durch die in Rede stehende Zuwiderhandlung und zur Verhängung von Sanktionen gegen die daran beteiligten anderen Unternehmen geleistet hat.

177    In Nr. 29 erster Gedankenstrich der Leitlinien ist bestimmt:

„Der Grundbetrag der Geldbuße kann verringert werden, wenn die Kommission mildernde Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt:

–        vom Unternehmen nachgewiesene Beendigung des Verstoßes nach dem ersten Eingreifen der Kommission, außer im Falle geheimer Vereinbarungen oder Verhaltensweisen (insbesondere von Kartellen); …“

178    Diese Bestimmung, die auf Kartelle – wie im vorliegenden Fall – ohnehin nicht anwendbar ist, betrifft somit ganz offensichtlich Maßnahmen zur Beendigung einer Zuwiderhandlung und der damit verbundenen Schädigung des Wettbewerbs. Auf Maßnahmen zur Verhinderung einer solchen Zuwiderhandlung, die sich jedoch als nicht wirksam erwiesen haben, findet sie keine Anwendung.

179    Ebenso wird durch die Zusammenarbeit eines Unternehmens im Sinne der Kronzeugenregelung die Kommission in ihren Bestrebungen unterstützt, die Zuwiderhandlung zu beenden und die daran beteiligten Unternehmen mit Sanktionen zu belegen. Der Fall, dass ein Unternehmen Maßnahmen zur Verhinderung einer solchen Zuwiderhandlung durch seine Mitarbeiter ergriffen hat, die sich jedoch als nicht wirksam erwiesen haben, ist mit einer solchen Zusammenarbeit nicht vergleichbar.

180    Das Urteil Parker Pen/Kommission (oben in Rn. 171 angeführt), auf das sich die Klägerinnen berufen, kann zu keinem anderen Ergebnis führen.

181    Zum einen hat das Gericht in Rn. 93 dieses Urteils lediglich festgestellt, dass die Kommission in ihrer Entscheidung zugunsten der betreffenden Klägerin mildernde Umstände berücksichtigt habe, so u. a., dass diese ein Programm ausgearbeitet habe, das die Beachtung der Wettbewerbsregeln durch ihre Vertriebshändler und Tochtergesellschaften habe sicherstellen sollen. Das Gericht hatte nicht darüber zu entscheiden und hat nicht darüber entschieden, ob die Kommission auch verpflichtet war, diesen Umstand als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Vielmehr hat es festgestellt, dass die von der Kommission gegen die betreffende Klägerin verhängte Geldbuße trotz der Berücksichtigung mildernder Umstände insbesondere angesichts des geringen von der Zuwiderhandlung betroffenen Umsatzes nicht angemessen sei, und die Geldbuße im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung herabgesetzt (Urteil Parker Pen/Kommission, oben in Rn. 171 angeführt, Rn. 95).

182    Zum anderen hatte die Kommission in Rn. 24 ihrer Entscheidung 92/426/EWG vom 15. Juli 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 [EWG] (Sache IV/32.725 – VIHO/Parker Pen, ABl. L 233, S. 27), die Gegenstand der genannten Rechtssache war, ausgeführt, dass während der Zeit der Zuwiderhandlung Compliance-Maßnahmen ergriffen worden seien, die die Begehung der Zuwiderhandlung aber nicht hätten verhindern können. Die betreffende Klägerin habe die Zuwiderhandlung aber beendet, nachdem die Kommission sie nach deren Entdeckung ausdrücklich dazu aufgefordert habe. Was in dieser Rechtssache als mildernder Umstand berücksichtigt wurde, war also nicht allein die Tatsache, dass während der Zeit der Zuwiderhandlung Maßnahmen zur Gewährleistung der Beachtung der Wettbewerbsregeln ergriffen worden waren, sondern darüber hinaus das Verhalten des betroffenen Unternehmens nach dem Eingreifen der Kommission.

183    Und selbst wenn die Kommission, wie die Klägerinnen geltend machen, in verschiedenen früheren Entscheidungen als mildernden Umstand den Umstand berücksichtigt haben sollte, dass eine Zuwiderhandlung begangen worden ist, obwohl das betroffene Unternehmen Maßnahmen zur Verhinderung entsprechender Zuwiderhandlungen ergriffen hatte, kann nach der in Rn. 174 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung auch ein solches Vorbringen keinen Erfolg haben. Die Kommission ist nicht verpflichtet, einen solchen Faktor als mildernden Umstand zu berücksichtigen, sofern sie im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz handelt, was voraussetzt, dass die Unternehmen, an die dieselbe Entscheidung gerichtet ist, in diesem Punkt nicht unterschiedlich beurteilt werden (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Rn. 174 angeführt, Rn. 281). Das ist im vorliegenden Fall aber auch nicht geschehen, da bei keinem anderen Kartellteilnehmer ein mildernder Umstand wie der genannte anerkannt worden ist.

184    Die erste Rüge ist folglich zurückzuweisen.

185    Als Zweites rügen die Klägerinnen, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung die wirtschaftliche Krisensituation der betreffenden Branche nicht berücksichtigt. Die Klägerinnen machen insoweit geltend, die Anbieter von Calciumcarbid und Magnesiumgranulat hätten sich 2004 in einer Krise befunden, wodurch gewaltige Überkapazitäten entstanden seien, und erläutern im Einzelnen die Ursachen dieser Krise. Das Vorliegen einer Krise könne ein Kartell zwar nicht rechtfertigen, sei aber als mildernder Umstand zu berücksichtigen, da es zeige, dass das Kartell aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus und nicht aus Profitgier geboren worden sei.

186    Eine vergleichbare Argumentation war von den Klägerinnen und anderen Kartellteilnehmern auch im Verwaltungsverfahren vorgebracht, aber dort von der Kommission in Rn. 330 der angefochtenen Entscheidung mit folgender Begründung zurückgewiesen worden: „Diese Argumente erklären vielleicht, warum die Anbieter von Calciumcarbid und Magnesiumgranulat es vorgezogen haben, den Wettbewerb zu beschränken, rechtfertigen jedoch nicht das Kartellverhalten.“ Zu dem Einwand, sie habe doch in der Vergangenheit unter vergleichbaren Umständen eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt, stellte die Kommission fest, dass sie nach der Rechtsprechung durch ihre frühere Entscheidungspraxis nicht gebunden sei, und ergänzte: „Ferner hat das Gericht erster Instanz bestätigt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die schlechte wirtschaftliche Lage der betreffenden Industrie als mildernden Umstand anzuerkennen.“

187    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission nicht verpflichtet, die schlechte Finanzlage des betroffenen Sektors als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Sie muss nicht deshalb, weil sie in früheren Rechtssachen die wirtschaftliche Situation des Sektors als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen. Kartelle entstehen nämlich im Allgemeinen gerade dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist (vgl. Urteile des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Rn. 510, und vom 5. Oktober 2011, Transcatab/Kommission, T‑39/06, Slg. 2011, II‑6831, Rn. 352 und die dort angeführte Rechtsprechung).

188    Mit ihrem in Rn. 185 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Vorbringen wiederholen die Klägerinnen lediglich die Argumente, die sie in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht hatten. Nach der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung hat die Kommission dieses Vorbringen aber zu Recht zurückgewiesen. Da die Klägerinnen vor dem Gericht kein zusätzliches Argument geltend gemacht haben, das geeignet wäre, die Beurteilung der Kommission, wie sie in der angefochtenen Entscheidung enthalten ist, in Frage zu stellen, ist die zweite Rüge als unbegründet zurückzuweisen. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Kommission bei den Klägerinnen zu Recht keine mildernden Umstände berücksichtigt hat, die eine Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbuße hätten rechtfertigen können.

 Zum Verstoß gegen die Kronzeugenregelung

189    Die Klägerin zu 1 hatte laut Rn. 350 der angefochtenen Entscheidung am 26. Februar 2007 unter Berufung auf die Kronzeugenregelung einen Antrag auf Erlass und/oder Ermäßigung der Geldbuße gestellt. Aus der als Anhang zur Klageschrift vorgelegten Kopie dieses Antrags ist ersichtlich, dass sie den Erlass und/oder die Ermäßigung der Geldbuße für sich und ihre Tochtergesellschaften, darunter die Klägerin zu 2, beantragte.

190    Abschnitt A (Rn. 8 bis 19) der Kronzeugenregelung betrifft den Erlass der Geldbuße. Nach Rn. 8 der Kronzeugenregelung muss ein Unternehmen, damit ihm ein solcher Erlass gewährt wird, als Erstes Beweismittel vorlegen, die es der Kommission ihrer Ansicht nach ermöglichen, in einer Entscheidung eine Nachprüfung anzuordnen oder eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festzustellen.

191    Abschnitt B (Rn. 20 ff.) der Kronzeugenregelung betrifft die Ermäßigung der Geldbuße. Die Rn. 20 bis 23 der Kronzeugenregelung lauten:

„20.      Unternehmen, die die Voraussetzungen in Abschnitt A nicht erfüllen, kann eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden, die andernfalls verhängt worden wäre.

21.      Um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen.

22.      Der Begriff ‚Mehrwert‘ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und/oder ihrer Ausführlichkeit der Kommission dazu verhelfen, den betreffenden Sachverhalt nachzuweisen. Bei ihrer Würdigung wird die Kommission im Allgemeinen schriftlichen Beweisen aus der Zeit des nachzuweisenden Sachverhalts einen größeren Wert beimessen als solchen, die zeitlich später einzuordnen sind. Ebenso werden Beweismittel, die den fraglichen Sachverhalt unmittelbar beweisen, höher eingestuft als jene, die nur einen mittelbaren Bezug aufweisen.

23.      Die Kommission wird in ihrer am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassenen endgültigen Entscheidung darüber befinden,

a)      ob die von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln aufweisen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Kommission befanden,

b)      und in welchem Umfang die Geldbuße, die andernfalls verhängt worden wäre, ermäßigt wird:

–        für das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 30 % und 50 %;

–        für das zweite Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 20 % und 30 %;

–        für jedes weitere Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung bis zu 20 %.

Um den Umfang der Ermäßigung der Geldbuße innerhalb dieser Bandbreiten zu bestimmen, wird die Kommission den Zeitpunkt berücksichtigen, zu dem das Beweismittel, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, vorgelegt wurde, sowie den Umfang des mit dem Beweismittel verbundenen Mehrwerts. Sie kann ebenfalls berücksichtigen, ob das Unternehmen seit der Vorlage des Beweismittels kontinuierlich mit ihr zusammengearbeitet hat.

Falls ein Unternehmen Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“

192    Zum Antrag der Klägerin zu 1 auf Erlass und/oder Ermäßigung der Geldbuße führte die Kommission in den Rn. 350 bis 356 der angefochtenen Entscheidung aus:

„(350) … Der Antrag betraf Calciumcarbidpulver und Magnesiumgranulat. Der Kommission standen [b]ereits erhebliche Beweismittel bezüglich Calciumcarbidpulver zur Verfügung, die sie von Akzo erhalten und im Zuge der Nachprüfungen sichergestellt hatte. [Die Klägerin zu 1] fügte jedoch einen erheblichen Mehrwert im Hinblick auf Magnesiumgranulat hinzu. Die von [der Klägerin zu 1] vorgelegten Beweismittel verhalfen der Kommission aufgrund ihrer Eigenschaft und ihrer Ausführlichkeit dazu, den betreffenden Sachverhalt nachzuweisen.

(351) [Die Klägerin zu 1] meldete Daten, Orte, Teilnehmer und Inhalt mehrerer Kartellzusammenkünfte betreffend Magnesiumgranulat. Diese Informationen stimmten mit den Informationen in anderen Dokumenten in der Kommissionsakte überein und ermöglichten es der Kommission somit, diese Zusammenkünfte betreffend Magnesiumgranulat mit Hilfe einander gegenseitig bestätigender Quellen zu beweisen. [Die Klägerin zu 1] fügte nicht viele zeitgleiche relevante Beweismittel hinzu.

(352) Die von [der Klägerin zu 1] vorgelegten Beweismittel erleichterten es der Kommission durch ihre Beschaffenheit selbst und durch ihren Grad an Detailliertheit, den Sachverhalt im Hinblick auf Magnesiumgranulat zu beweisen, dies insbesondere deshalb, weil die Informationen von einer Person stammten, die an den Kartellzusammenkünften teilnahm.

(353) [Die Klägerin zu 1] beschrieb die Ähnlichkeiten zwischen den Zusammenkünften betreffend Calciumcarbidpulver und jenen betreffend Magnesiumgranulat und stellte eine Verbindung zwischen den Zusammenkünften für beide Produktsegmente her, wodurch weiter reichende wettbewerbswidrige Machenschaften betreffend auf Calciumcarbid und Magnesium basierende Reagenzien in der metallurgischen Industrie aufgezeigt wurden. Dies half der Kommission bei der Erweiterung des Umfangs der festgestellten Zuwiderhandlung auf Magnesiumgranulat.

(354) Im Anschluss an die Schriftsätze der Monate Februar und März 2007 [s]etzte [die Klägerin zu 1] ihre Zusammenarbeit durch Beantwortung von Auskunftsverlangen fort. Sie übermittelte keine weiteren Beweismittel auf freiwilliger Basis.

(355) Bei der Bestimmung des Prozentsatzes der [Geldbußen]ermäßigung nach Rn. 23 der Kronzeugenregelung von 2002, den [die Klägerin zu 1] innerhalb der Bandbreite von 20 % – 30 % verdient, hält die Kommission fest, dass die Ermäßigung für [die Klägerin zu 1] [die Geldbuße] für Calciumcarbidpulver betreffen wird, obwohl der bedeutende Mehrwert in Bezug auf Magnesiumgranulat erbracht wurde. Der Prozentsatz wird daher am unteren Ende festgelegt.

(356) Die Kommission folgert, dass [die Klägerin zu 1] Anspruch auf eine Ermäßigung [der Geldbuße] in Höhe von 20 % haben soll.“

193    Entsprechend hat die Kommission sowohl der Klägerin zu 1 als auch der Klägerin zu 2 gemäß der Kronzeugenregelung eine Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbuße in Höhe von 20 % gewährt.

194    Die Klägerinnen meinen, ihnen hätte wegen der Informationen, die sie der Kommission geliefert hätten, eine Ermäßigung der Geldbuße in Höhe von 30 %, und nicht 20 % gewährt werden müssen. Nach den in Rn. 23 der Kronzeugenregelung festgelegten Kriterien sei dieser Prozentsatz angemessen gewesen. Die in Rn. 355 der angefochtenen Entscheidung für die Wahl des Prozentsatzes der Ermäßigung von 20 % gegebene Begründung beruhe auf der falschen Annahme, dass die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße allein auf dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil der Zuwiderhandlung beruhe. Die Kommission habe bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße zwar nur ihren Umsatz mit diesem Produkt herangezogen, bei der Schwere der Zuwiderhandlung aber auch den Magnesiumgranulat betreffenden Teil der Zuwiderhandlung berücksichtigt. Die Klägerinnen verweisen insofern auf Rn. 293 der angefochtenen Entscheidung, wo es heißt, dass die Adressaten dieser Entscheidung an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung beteiligt waren, mit dem Ziel, den Wettbewerb beim Vertrieb vom Calciumcarbidpulver, Calciumcarbidgranulaten und Magnesiumgranulaten zu verzerren.

195    Die Kommission habe sich selbst widersprochen, wenn sie einerseits von einer einzigen fortgesetzten Zuwiderhandlung ausgegangen sei, die Calciumcarbid und Magnesium umfasst habe, andererseits bei der Bestimmung des Prozentsatzes der Ermäßigung der Geldbuße wegen der Zusammenarbeit der Klägerinnen aber zwischen dem Calciumcarbid betreffenden Teil der Zuwiderhandlung, an dem sie sich beteiligt hätten, und dem Magnesium betreffenden, bei dem ihre Zusammenarbeit im Sinne der Kronzeugenregelung einen erheblichen Mehrwert gehabt habe, unterschieden habe. Nach Rn. 23 der Kronzeugenregelung dürfe die Tatsache, dass sich ihre Zusammenarbeit auf einen anderen Teil der Zuwiderhandlung bezogen habe als den, an dem sie sich beteiligt hätten, bei der Bestimmung des Prozentsatzes der Ermäßigung der Geldbuße nicht berücksichtigt werden. Die Kommission habe folglich ihre berechtigten Erwartungen in die Einhaltung der Kronzeugenregelung enttäuscht und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

196    In ihrer Erwiderung machen die Klägerinnen geltend, ihre Zusammenarbeit im Sinne der Kronzeugenregelung habe in Bezug auf den Calciumcarbid betreffenden Teil der Zuwiderhandlung einen erheblichen Mehrwert gehabt. Schließlich würden die von ihnen gelieferten Informationen in der angefochtenen Entscheidung sehr oft zitiert.

197    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen, sie habe ihre berechtigten, auf die Kronzeugenregelung gestützten Erwartungen enttäuscht, entgegen. Wegen der in dieser Regelung für eine Ermäßigung vorgesehenen Bandbreite zwischen 20 % und 30 % verfüge sie insoweit über einen gewissen Ermessensspielraum, so dass sich die Rechtmäßigkeitskontrolle auf die Prüfung zu beschränken habe, ob ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliege. Dass die von den Klägerinnen vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert im Hinblick auf Magnesium darstellten, gebe für deren These nichts her, da ein erheblicher Mehrwert nach Rn. 21 der Kronzeugenregelung Mindestvoraussetzung für eine Ermäßigung der Geldbuße sei.

198    Sie habe in der angefochtenen Entscheidung keineswegs übersehen, dass es sich um eine einzige, komplexe und fortdauernde Zuwiderhandlung gehandelt habe, die drei Produkte umfasst habe. Sonst wäre eine Ermäßigung der Geldbuße bei den Klägerinnen überhaupt nicht in Betracht gekommen, da nach der Rechtsprechung die Vorlage von Informationen zu Handlungen, für die das Unternehmen ohnehin keine Geldbuße hätte zahlen müssen, keine Zusammenarbeit sei, die in den Anwendungsbereich der Kronzeugenregelung falle. Im vorliegenden Fall sei auch dem Umstand Rechnung zu tragen gewesen, dass die Klägerinnen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen der streitigen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien. Daher sei es angemessen gewesen, dass der den Klägerinnen gewährte Prozentsatz der Ermäßigung der Geldbuße nicht dem höchstmöglichen nach der Kronzeugenregelung entsprochen habe. Die übermittelten Informationen hätten nur in Bezug auf einen Teil der Zuwiderhandlung (Magnesium) einen erheblichen Mehrwert gehabt, nicht hingegen, was Calciumcarbid angehe. Folglich sei ihr hinsichtlich der Bestimmung des Prozentsatzes der Ermäßigung der Geldbuße, die den Klägerinnen wegen ihrer Zusammenarbeit im Sinne der Kronzeugenregelung gewährt worden sei, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorzuwerfen.

199    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass SKW, die Tochtergesellschaft der Klägerinnen, sowohl Calciumcarbid als auch Magnesium herstellte (vgl. Rn. 25 und 28 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem hat sich diese Gesellschaft sowohl an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil des streitigen Kartells als auch an dem Magnesium betreffenden beteiligt (vgl. Rn. 57 und 114 der angefochtenen Entscheidung). Allerdings hat der in der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf den letztgenannten Teil des Kartells festgestellte Zeitraum der Zuwiderhandlung am 14. Juli 2005 begonnen (vgl. Rn. 125 der angefochtenen Entscheidung), zu einer Zeit also, als SKW nicht mehr zum selben Unternehmen gehörte wie die Klägerinnen. Entsprechend hat die Kommission bei der Bestimmung des Grundbetrags der gegen diese verhängten Geldbuße nur die Umsätze mit Calciumcarbid zugrunde gelegt, die sie über ihre Tochtergesellschaft SKW erzielt hatten (vgl. Rn. 288 und 308 der angefochtenen Entscheidung).

200    Ob die Klägerinnen wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission einen Anspruch auf Ermäßigung der Geldbuße gehabt hätten, wenn die Calciumcarbid und Magnesium betreffenden Teile des Kartells als gesonderte Zuwiderhandlungen angesehen worden wären, kann daher dahinstehen. Entscheidend ist, dass die Kommission im vorliegenden Fall angenommen hat, dass diese Teile zu einer einheitlichen Zuwiderhandlung gehört haben, ohne dass dies von den Klägerinnen beanstandet wird.

201    Sodann ist festzustellen, dass Rn. 23 Abs. 1 Buchst. b der Kronzeugenregelung, wie die Kommission geltend macht, nur eine Bandbreite möglicher Ermäßigungen der gegen ein Unternehmen zu verhängenden Geldbuße definiert, das – wie im vorliegenden Fall die Klägerinnen – nur das zweite Unternehmen war, das der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorgelegt hat, die die Voraussetzungen gemäß Rn. 21 der Kronzeugenregelung erfüllen. Die Kommission hat also zu Recht festgestellt, dass sie bei der Festlegung der genauen Höhe der im Einzelfall zu gewährenden Ermäßigung über einen gewissen Ermessensspielraum verfügt.

202    Nach ständiger Rechtsprechung darf die Kommission aber, auch wenn sie für die Festsetzung der Höhe einer Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln über ein Ermessen verfügt, nicht von den Regeln abweichen, die sie sich selbst auferlegt hat (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Rn. 161 angeführt, Rn. 537 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich hat die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der einem Unternehmen wegen seiner Zusammenarbeit zu gewährenden Ermäßigung der Geldbuße den Wortlaut der Kronzeugenregelung tatsächlich zu berücksichtigen.

203    Wie die Klägerinnen zu Recht geltend machen, sind die Kriterien, die die Kommission bei der Bestimmung des anwendbaren Prozentsatzes der Ermäßigung zu berücksichtigen hat, in Rn. 23 Abs. 2 der Kronzeugenregelung aufgezählt. Sie betreffen den Zeitpunkt, zu dem das betroffene Unternehmen der Kommission Beweismittel vorgelegt hat, und den Umfang des mit diesen verbundenen Mehrwerts. Die Kommission kann ebenfalls berücksichtigen, ob das betroffene Unternehmen kontinuierlich mit ihr zusammengearbeitet hat.

204    Im vorliegenden Fall hat die Kommission den Zeitpunkt der Vorlage der Beweismittel durch die Klägerinnen berücksichtigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Unternehmen der Klägerinnen das zweite Unternehmen gewesen sei, das die Voraussetzungen unter Rn. 21 der Kronzeugenregelung erfüllt habe und somit ein Recht auf eine Ermäßigung der Geldbuße zwischen 20 % und 30 % habe. Diese Beurteilung der Kommission wird von den Klägerinnen nicht beanstandet.

205    Was den Umfang des mit den von den Klägerinnen vorgelegten Beweismitteln verbundenen Mehrwerts angeht, ist festzustellen, dass die Rn. 351 bis 354 der angefochtenen Entscheidung insoweit positive Bewertungen enthalten, die für die Wahl eines hohen Prozentsatzes innerhalb der Bandbreite gemäß Rn. 23 Abs. 1 Buchst. b der Kronzeugenregelung sprechen.

206    Hingegen hatten die Beweismittel, die der Kommission von den Klägerinnen zu Calciumcarbid vorgelegt worden sind, laut Rn. 350 der angefochtenen Entscheidung keinen erheblichen Mehrwert, denn für dieses Produkt befanden sich bereits von Akzo Nobel vorgelegte Beweismittel im Besitz der Kommission. Dies spricht gegen die Wahl des höchsten Prozentsatzes der Ermäßigung (30 %) innerhalb der Bandbreite gemäß Rn. 23 Abs. 1 Buchst. b der Kronzeugenregelung.

207    Die Klägerinnen treten der in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Beurteilung der Kommission entgegen. Sie stützen ihre Ansprüche aber nur darauf, dass in der angefochtenen Entscheidung wiederholt auf Informationen Bezug genommen werde, die von ihnen geliefert worden seien. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ist damit aber nicht bereits erwiesen, dass die von den Klägerinnen vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Rn. 22 der Kronzeugenregelung gehabt hätten. Es ist nämlich davon auszugehen, dass sich die Kommission bemüht hat, bei jeder Feststellung, die sie in der angefochtenen Entscheidung getroffen hat, auf alle Informationen zu verweisen, die sich in ihrem Besitz befunden haben, auch wenn die eine oder andere, weil die betreffende Tatsache auch ohne sie hätte als erwiesen angesehen werden können, nicht unerlässlich gewesen sein mag. Da die Klägerinnen zum Beweis der Tatsache, dass die von ihnen zu Calciumcarbid vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gehabt hätten, keine anderen Argumente vorbringen, ist das genannte Vorbringen zurückzuweisen.

208    Somit ist festzustellen, dass die Feststellungen in den Rn. 350 bis 354 der angefochtenen Entscheidung die Wahl eines hohen Prozentsatzes der Ermäßigung, wenn auch nicht des höchsten (30 %) innerhalb der durch Rn. 23 Abs. 1 Buchst. b der Kronzeugenregelung festgelegten Bandbreite rechtfertigten.

209    Die Kommission hat hingegen darauf abgestellt, dass sich die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße nur auf ihre Beteiligung an dem Calciumcarbid betreffenden Teil des Kartells beziehe und auf der Grundlage ihrer in diesem Sektor erzielten Umsätze berechnet worden sei, während sich die sachdienlichen Informationen, die die Klägerinnen geliefert hätten, auf Magnesium bezögen, weshalb sie innerhalb der anwendbaren Bandbreite den niedrigsten Prozentsatz der Ermäßigung (20 %) wählte (vgl. Rn. 355 der angefochtenen Entscheidung).

210    Dass die Beweismittel für eine Zuwiderhandlung für den Teil der Zuwiderhandlung erheblich sind, an der sich das Unternehmen, das sie vorgelegt hat, beteiligt hat, gehört aber nicht zu den Kriterien, die nach Rn. 23 Abs. 2 der Kronzeugenregelung bei der Bestimmung des Prozentsatzes der einem solchen Unternehmen zu gewährenden Ermäßigung der Geldbuße zu berücksichtigen sind.

211    Somit hat die Kommission dadurch, dass sie bei den Klägerinnen aus den in Rn. 355 der angefochtenen Entscheidung angegebenen Gründen den niedrigsten Prozentsatz der Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung gewählt hat, gegen diese Regelung verstoßen. Der entsprechenden Rüge der Klägerinnen ist also stattzugeben, so dass Art. 2 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung, auch soweit er die Klägerin zu 1 betrifft, für nichtig zu erklären ist. Außerdem ist die angefochtene Entscheidung in Ausübung der dem Gericht im Bereich der Geldbußen zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung abzuändern, um die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße herabzusetzen. Die Kronzeugenregelung ist für das Gericht zwar nicht verbindlich (Urteile des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T‑368/00, Slg. 2003, II‑4491, Rn. 188, und vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Rn. 169), aber die Bandbreite der Ermäßigung der Geldbuße zwischen 20 % und 30 %, die diese Regelung für das zweite Unternehmen vorsieht, das der Kommission Informationen geliefert hat, erscheint angemessen. Aus den in Rn. 208 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen ist innerhalb dieser Bandbreite ein hoher Prozentsatz der Ermäßigung zu wählen, wenn auch nicht der höchste (30 %). Unter Berücksichtigung sämtlicher vorgenannter Umstände ist im vorliegenden Fall ein Prozentsatz der Ermäßigung von 28 % angemessen. Diese Ermäßigung wird bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt werden (siehe unten, Rn. 287 bis 289).

212    Im Übrigen ist wie bei der Nichtigerklärung von Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die Klägerin zu 2 klarzustellen, dass die Nichtigerklärung dieses Artikels auch im Hinblick auf die Klägerin zu 1 die befreiende Wirkung gegenüber SKW von Zahlungen der Klägerin zu 1 auf die gegen sie zu verhängende Geldbuße und auf die in Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung gegen SKW verhängte Geldbuße unberührt lässt.

 Zur Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

213    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Sie bringen insoweit Argumente zur Dauer der Zuwiderhandlung und zum Fehlen eines aus dem Kartell gezogenen Vorteils vor.

–       Zur Dauer der Zuwiderhandlung

214    Die Klägerinnen machen geltend, die gegen sie verhängte Geldbuße stehe außer Verhältnis zur Dauer der Zuwiderhandlung. Sie vergleichen die gegen sie verhängte Geldbuße insoweit mit der gegen SKW verhängten und derjenigen, die gegen Akzo Nobel verhängt worden wäre, wenn diesem Unternehmen kein Erlass von Geldbußen gewährt worden wäre. Sie gelangen zu dem Schluss, dass gegen diese beiden Unternehmen nach Auffassung der Kommission trotz eines vergleichbaren (Akzo Nobel) oder gar höheren (SKW) Umsatzes Geldbußen zu verhängen seien, die bezogen auf die Dauer der Beteiligung viel niedriger seien als bei ihnen.

215    Die Unverhältnismäßigkeit der gegen sie verhängten Geldbuße beruhe auf drei Gründen. Erstens führe die Anwendung von Nr. 24 der Leitlinien zu einer unverhältnismäßigen Verlängerung von sehr kurzen Verstößen. In dieser Nummer ist bestimmt: „Um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert (siehe oben, Ziffern 20 bis 23) mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zeiträume bis zu sechs Monaten werden mit einem halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet.“ Gemäß Satz 2 dieser Ziffer sei in ihrem Fall ein Multiplikator von 0,5 angewandt worden (vgl. Rn. 304 der angefochtenen Entscheidung). Dadurch sei die Dauer der Zuwiderhandlung unverhältnismäßig um zwei Monate erhöht worden. Eine solche Verlängerung sei nicht erforderlich, da ohne Weiteres ein Multiplikator von 1/3 (entsprechend einer Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung von vier Monaten) angewandt werden könne.

216    Zweitens erlange der Betrag gemäß Nr. 25 der Leitlinien, die sogenannte „Eintrittsgebühr“, bei sehr kurzen Verstößen ein zu starkes Gewicht. In dieser Nummer ist bestimmt: „Zusätzlich, unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, fügt die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes im Sinne von Abschnitt A hinzu, um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken. Dieser Zusatzbetrag kann auch in Fällen anderer Zuwiderhandlungen erhoben werden. Bei der Entscheidung, welcher Anteil am Umsatz zugrunde zu legen ist, berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die in Ziffer 22 genannten.“ Die Klägerinnen machen geltend, die Eintrittsgebühr werde aus einem Jahresumsatz berechnet, selbst wenn der Verstoß wie im vorliegenden Fall nicht einmal ein halbes Jahr gedauert habe. Die Eintrittsgebühr habe die gegen sie verhängte Geldbuße verdreifacht und zur gleichen Geldbuße geführt wie ein Verstoß mit einer Dauer von mehr als einem Jahr. Bei sehr kurzen Verstößen sei die Eintrittsgebühr daher nicht zwingend zur Abschreckung geboten.

217    Drittens habe auch der Wiederholungstäterzuschlag im vorliegenden Fall zu einem unverhältnismäßigen Ergebnis geführt, da er ungeachtet der sehr kurzen Dauer des Verstoßes festgesetzt worden sei. Ihm sei auch die Gefahr immanent, dass Großunternehmen gegenüber kleineren und mittleren Unternehmen alleine deswegen mit härteren Sanktionen belegt würden, da sie aufgrund ihrer Größe und der Vielgestaltigkeit ihrer Geschäftsabläufe sehr viel stärker der Gefahr einer wiederholten Zuwiderhandlung unterlägen. Das werde im vorliegenden Fall deutlich, wo die den Klägerinnen zur Last gelegte Zuwiderhandlung von einer ihrer Tochtergesellschaften in einem Geschäftsbereich begangen worden sein soll, der nicht zum Kerngeschäft gehöre.

218    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Festlegung von Geldbußen wie denen, um die es im vorliegenden Fall geht, die allgemeinen Rechtsgrundsätze, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, zu beachten hat, wie sie durch die Rechtsprechung der Gerichte der Union entwickelt worden sind (Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Rn. 77 und 79, und vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Rn. 41). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt insbesondere, dass die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Rn. 226 und die dort angeführte Rechtsprechung).

219    Nach den Nrn. 24 und 25 der Leitlinien (siehe oben, Rn. 215 und 216) setzt sich der Grundbetrag der Geldbuße aus zwei Beträgen zusammen, von denen der eine proportional zur Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung und der andere – die Eintrittsgebühr – unabhängig von dieser Dauer allein auf der Grundlage des Jahresumsatzes des in Rede stehenden Unternehmens berechnet wird. Nach Nr. 25 der Leitlinien wird die Eintrittsgebühr hinzugefügt, „um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an … Vereinbarungen“ wie den im vorliegenden Fall in Rede stehenden „abzuschrecken“.

220    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen verstößt das Hinzufügen der Eintrittsgebühr nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 hat die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängenden Geldbuße nämlich sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. Nach dieser Bestimmung ist aber stets zu unterscheiden zwischen der tatsächlichen Dauer von Zuwiderhandlungen und ihrer Schwere, wie sie sich aus ihrem Wesen ergibt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T‑68/04, Slg. 2008, II‑2511, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Kommission ist daher befugt, beim Grundbetrag der Geldbuße einen Betrag hinzuzufügen, der unabhängig von der Dauer der Zuwiderhandlung berechnet wird, um deren Schwere, wie sie sich aus ihrem Wesen ergibt, widerzuspiegeln.

221    Nach der Rechtsprechung gehört die Befugnis der Kommission, Geldbußen gegenüber Unternehmen zu verhängen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen, zu den Befugnissen, die der Kommission eingeräumt worden sind, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Unionsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Diese Aufgabe umfasst mit Sicherheit die Pflicht, einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden, aber sie beinhaltet auch den Auftrag, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im AEU-Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken. Das Abschreckungsziel, das die Kommission bei der Bemessung einer Geldbuße verfolgen darf, besteht darin, zu gewährleisten, dass Unternehmen die Wettbewerbsregeln beachten. Die abschreckende Wirkung einer wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union festgesetzten Geldbuße darf daher nicht allein nach Maßgabe der besonderen Situation des verurteilten Unternehmens bestimmt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T‑64/02, Slg. 2005, II‑5137, Rn. 179 bis 181 und die dort angeführte Rechtsprechung).

222    Diese Rechtsprechung spricht ebenfalls für die in Nr. 25 der Leitlinien enthaltene Erwägung, dass beim Grundbetrag der Geldbuße, um sicherzustellen, dass diese abschreckend genug ist, ein von der Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung unabhängiger Betrag hinzuzufügen ist. Das ist umso mehr erforderlich, wenn – wie im vorliegenden Fall – die kurze Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung nicht auf das Wesen der Zuwiderhandlung und die Art und Weise, wie sie von ihren Urhebern konzipiert worden ist, zurückzuführen ist. Im vorliegenden Fall hängt die kurze Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an dem streitigen Kartell nämlich ausschließlich damit zusammen, dass diese kurz nach Beginn der Zuwiderhandlung alle Anteile an ihrer an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaft an ein anderes Unternehmen veräußert haben. Diese hat sich jedoch bis zum Schluss weiter an dem streitigen Kartell beteiligt (vgl. Rn. 226 der angefochtenen Entscheidung).

223    Auch die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen Wiederholungstäterschaft verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach der in Rn. 141 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung wird mit einer solchen Erhöhung ein legitimes besonderes Ziel verfolgt, das von dem allgemeinen Ziel der Abschreckung umfasst wird, das die Kommission zu verfolgen hat, wenn sie Geldbußen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verhängt.

224    Im Rahmen ihrer in Rn. 217 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Argumentation machen die Klägerinnen im Wesentlichen zwei Argumente geltend, um zu zeigen, dass die wegen Wiederholungstäterschaft vorgenommene Erhöhung der gegen sie verhängten Geldbuße unverhältnismäßig sei. Diese Argumente sind nur im Hinblick auf die Klägerin zu 1 zu prüfen, da im Hinblick auf die Klägerin zu 2 bereits festgestellt worden ist (siehe oben, Rn. 156), dass die Kommission die gegen sie verhängte Geldbuße zu Unrecht wegen Wiederholungstäterschaft erhöht hat.

225    Die Klägerin zu 1 macht geltend, die ihr von der Kommission zur Last gelegte Zuwiderhandlung sei von sehr kurzer Dauer gewesen. Hierzu ist aber festzustellen, dass Nr. 28 erster Gedankenstrich der Leitlinien bei Wiederholungstäterschaft eine proportionale Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße vorsieht. Wie bereits ausgeführt, enthält dieser Grundbetrag neben der Eintrittsgebühr einen Betrag, der abhängig von der Dauer der Beteiligung des betroffenen Unternehmens an dem Kartell berechnet wird. Folglich ist die gegen ein Unternehmen wegen seiner Beteiligung an einer Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße bei einer Zuwiderhandlung von kurzer Dauer auch nach Erhöhung wegen des erschwerenden Umstands der Wiederholungstäterschaft immer noch weniger hoch als bei einer entsprechenden Zuwiderhandlung von längerer Dauer. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser verlangt hingegen nicht, bei einer erneuten Zuwiderhandlung von kurzer Dauer von jeglicher Erhöhung der Geldbuße abzusehen, da die Gründe, die eine solche Erhöhung rechtfertigen, nämlich unabhängig von der Dauer der erneuten Zuwiderhandlung gültig bleiben.

226    Die Klägerin zu 1 macht außerdem geltend, bei der Berücksichtigung der Wiederholungstäterschaft im Rahmen der Berechnung der Geldbuße sei der Größe des betroffenen Unternehmens Rechnung zu tragen, da das entsprechende Risiko bei großen Unternehmen höher sei. Auch dieses Argument ist nicht stichhaltig. Wie bereits ausgeführt, soll mit der Erhöhung der Geldbuße wegen Wiederholungstäterschaft sichergestellt werden, dass die Geldbuße abschreckend genug ist. Die Behauptung, ein Unternehmen neige wegen seiner Größe und der Vielgestaltigkeit seiner Geschäftsabläufe stärker dazu, gegen die Wettbewerbsregeln zu verstoßen, spricht nicht gegen, sondern eher für eine solche Erhöhung. Es ist nämlich Sache des betroffenen Unternehmens, Maßnahmen zu ergreifen, die im Hinblick auf seine Größe und seine Geschäftsabläufe geeignet sind, jedes Risiko einer Beteiligung an einer erneuten Zuwiderhandlung auszuschließen. Im Übrigen stehen einem großen Unternehmen gerade aufgrund seiner Größe mehr Mittel zur Verfügung, um zu verhindern, dass durch seine Mitarbeiter eine erneute Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen wird.

227    Somit ist festzustellen, dass weder die Hinzufügung der Eintrittsgebühr beim Grundbetrag der Geldbuße noch die bei der Klägerin zu 1 wegen Wiederholungstäterschaft vorgenommene Erhöhung dieses Betrags gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Es bleibt noch das Argument der Klägerinnen zu prüfen, die Kommission habe dadurch gegen diesen Grundsatz verstoßen, dass sie im Rahmen der Anwendung von Nr. 24 der Leitlinien einen Multiplikator von 0,5 angewandt habe, der einem halben Jahr der Beteiligung an der Zuwiderhandlung entspreche, obwohl sie einen Multiplikator von 1/3 hätte anwenden müssen, um zu berücksichtigen, dass ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung nur vier Monate gedauert habe.

228    Die von der Kommission in ihren Schriftsätzen zur Rechtfertigung von Nr. 24 letzter Satz der Leitlinien gegebene Begründung ist nicht überzeugend. Die Kommission macht geltend, die Dauer der Zuwiderhandlung solle nach dem Konzept der Leitlinien eine wichtige Rolle spielen, „da sie zwangsläufig die potenziellen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf dem Markt beeinflusst“. Diese Erwägung ist zutreffend, rechtfertigt aber nicht die Regel, dass bei der Anwendung von Nr. 24 der Leitlinien Zeiträume der Beteiligung an einem Kartell unter sechs Monaten einer Beteiligung von sechs Monaten gleichgestellt werden.

229    Die Kommission macht ferner geltend, sie habe sich im vorliegenden Fall dafür entschieden, abweichend von Nr. 24 der Leitlinien einen Multiplikator von 0,5 für jedes halbe Jahr der Beteiligung an dem Kartell erst ab einer Dauer der Beteiligung von mindestens drei Monaten anzusetzen. In der Gegenerwiderung räumt die Kommission im Übrigen ein, dass sie in einer nachfolgenden, eine andere Sache betreffenden Entscheidung einen anderen Ansatz gewählt habe, nämlich eine Erhöhung des Multiplikators um jeweils 0,25 für jedes Quartal der Beteiligung an der Zuwiderhandlung.

230    Auch mit ihrem Vorbringen, sie verfüge bei der Festsetzung der Geldbuße über einen Ermessensspielraum, kann die Kommission keinen Erfolg haben. Ein solcher Spielraum enthebt sie nicht von der Verpflichtung zur Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. die in Rn. 218 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung).

231    Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen selbst eingeräumt hat, ist die in Nr. 24 letzter Satz der Leitlinien vorgesehene Aufrundung auch nicht aus praktischen Gründen geboten. Die Berechnung der genauen Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung in Monaten, erforderlichenfalls sogar in Tagen, und des entsprechenden genauen Multiplikators bereitet keine ernstlichen praktischen Schwierigkeiten. Die genannte Aufrundung kann auch nicht mit der Erforderlichkeit gerechtfertigt werden, sicherzustellen, dass die Geldbuße unabhängig von der Dauer der Zuwiderhandlung eine abschreckende Mindestwirkung hat, denn Nr. 25 der Leitlinien sieht genau hierfür beim Grundbetrag der Geldbuße das Hinzufügen der Eintrittsgebühr vor (siehe oben, Rn. 220 bis 222).

232    Die Kommission macht ferner geltend, in seinem Urteil vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission (T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Rn. 129 bis 137), habe das Gericht bestätigt, dass die Aufrundung der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung im Rahmen der Berechnung der Geldbuße grundsätzlich zulässig sei. Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Das genannte Urteil entkräftet das Vorbringen der Klägerinnen nicht, sondern spricht in Wirklichkeit für es.

233    In der Rechtssache, in der das genannte Urteil ergangen ist, hatte die Kommission die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Gebühren, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien von 1998), angewandt. Diese sahen bei der Berechnung der Geldbuße für die Berücksichtigung des Faktors der Dauer der Zuwiderhandlung eine andere Methode vor. Sie unterschieden zwischen Verstößen von kurzer Dauer (in der Regel weniger als ein Jahr), bei denen der anhand der Schwere ermittelte Ausgangsbetrag nicht erhöht werden sollte, Verstößen von mittlerer Dauer (in der Regel zwischen einem und fünf Jahren), bei denen dieser Betrag um 50 % erhöht werden konnte, und Verstößen von langer Dauer (in der Regel mehr als fünf Jahre), bei denen dieser Betrag für jedes Jahr um 10 % erhöht werden konnte (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 232 angeführt, Rn. 129).

234    In der Rechtssache, in der das Urteil Cheil Jedang/Kommission (oben in Rn. 232 angeführt) ergangen ist, hatte die Kommission bei der gegen die betreffende Klägerin verhängten Geldbuße für eine Dauer der Beteiligung von zwei Jahren und zehn Monaten eine Erhöhung von 30 % vorgenommen (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 232 angeführt, Rn. 130 und 131). Das Gericht hat festgestellt, dass die Leitlinien von 1998 für eine solche Zuwiderhandlung keine Erhöhung um einen bestimmten Prozentsatz für jedes Jahr der Beteiligung vorsähen, sondern der Kommission insoweit einen Ermessensspielraum ließen (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 232 angeführt, Rn. 134). Die Kommission habe sich in der betreffenden Entscheidung jedoch selbst für den Grundsatz einer Erhöhung um 10 % pro Jahr auf alle Unternehmen entschieden, die an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, womit die gegenüber der betreffenden Klägerin erfolgte Erhöhung um 30 % zwar nicht an sich gegen die Leitlinien von 1998 verstoße, aber offensichtlich fehlerhaft im Hinblick auf die Beurteilung sei, die die Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommen habe und auf die sie sich nach eigenen Angaben gestützt habe, um gegenüber den betroffenen Unternehmen die Erhöhungen wegen der Dauer der Zuwiderhandlung festzusetzen. Dementsprechend hat das Gericht die Erhöhung des Ausgangsbetrags der gegen die betreffende Klägerin verhängten Geldbuße im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf 20 % herabgesetzt (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 232 angeführt, Rn. 135 bis 139).

235    Der Sachverhalt der Rechtssache, in der das Urteil Cheil Jedang/Kommission (oben in Rn. 232 angeführt) ergangen ist, und der der vorliegenden Rechtssache lassen sich also nicht unmittelbar miteinander vergleichen, da die Leitlinien, die im vorliegenden Fall angewandt worden sind, im Gegensatz zu den Leitlinien von 1998 der Kommission hinsichtlich der Berechnung des Multiplikators keinen Ermessensspielraum lassen, sondern in Nr. 24 vorsehen, dass für einen Zeitraum der Zuwiderhandlung von sechs Monaten bis zu einem Jahr ein Multiplikator von 0,5 angewandt wird. Dennoch spricht das Urteil Cheil Jedang/Kommission (oben in Rn. 232 angeführt) gegen den Grundsatz einer Aufrundung der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung. Die gegen die betreffende Klägerin verhängte Geldbuße entsprach nämlich einer Zuwiderhandlung von drei Jahren, obwohl die Dauer ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung zwei Jahre und zehn Monate betragen hatte. Das Gericht hat eine solche Geldbuße jedoch nicht gebilligt, sondern herabgesetzt.

236    Somit ist festzustellen, dass die Verhängung einer Geldbuße gegen die Klägerinnen, die einer Beteiligung an der Zuwiderhandlung von sechs Monaten entspricht, obwohl sie sich nur vier Monate daran beteiligt haben, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Folglich ist die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße herabzusetzen, indem der gemäß Nr. 24 der Leitlinien berechnete Betrag vermindert wird. Hierfür ist statt des von der Kommission angesetzten Multiplikators von 0,5 ein Multiplikator von 1/3 anzusetzen, der einer Beteiligung an der Zuwiderhandlung von vier Monaten entspricht. Die Einzelheiten dieser Herabsetzung sind in den Rn. 287 bis 289 des vorliegenden Urteils dargestellt.

–       Zum Fehlen eines aus dem Kartell gezogenen Vorteils

237    Die Klägerinnen machen geltend, nach der Rechtsprechung müsse die Höhe der gegen ein Unternehmen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verhängten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zu dem Vorteil stehen, der ihm aus seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung zugeflossen sei. Im vorliegenden Fall habe der Umsatz, den SKW mit Calciumcarbidpulver in der Zeit, für die sie für die Beteiligung dieser Gesellschaft an dem Kartell haftbar gemacht worden seien, 5,492 Mio. Euro betragen, womit die gegen sie verhängte Geldbuße 85 % dieses Umsatzes ausmache. Dieser sei ihnen aufgrund der Rückwirkung des Verkaufs von SKW noch nicht einmal zugeflossen (siehe oben, Rn. 108). Sie hätten somit nur den Kaufpreis erhalten, der niedriger sei als die gegen sie verhängte Geldbuße. Hingegen habe der Käufer von SKW beim Verkauf der Aktien dieser Gesellschaft an der Börse einen hohen Gewinn erzielt. Die Klägerinnen ersuchen das Gericht daher um eine angemessene Herabsetzung der Geldbuße im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.

238    Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Festsetzung der Höhe der wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängenden Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen bedeuten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME u. a./Kommission, C‑272/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

239    Auch wenn nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung die Höhe der gegen ein Unternehmen festgesetzten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren stehen muss, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, darunter zu dem Gewinn, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte, so steht dennoch die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegen, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren (vgl. Urteil BPB/Kommission, oben in Rn. 154 angeführt, Rn. 441 und die dort angeführte Rechtsprechung).

240    Nach Auffassung der Klägerinnen ist die in der vorstehenden Randnummer angeführte Rechtsprechung dahin auszulegen, dass es der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegenstehen könne, wenn kein Vorteil erzielt worden sei. Wenn das betroffene Unternehmen aber nachgewiesenermaßen aus der Zuwiderhandlung einen Vorteil in einer bestimmten Höhe erzielt habe, müsse die gegen dieses Unternehmen zu verhängende Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Vorteil stehen.

241    Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Nach der in Rn. 238 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist der Gewinn, den ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung ziehen konnte, einer von mehreren Gesichtspunkten, der bei der Bestimmung der Höhe der gegen es zu verhängenden Geldbuße zu berücksichtigen ist. Mit der Feststellung, dass die Höhe der Geldbuße u. a. in einem angemessenen Verhältnis zu dem gegebenenfalls aus der Zuwiderhandlung gezogenen Gewinn stehen muss, greift die in Rn. 239 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung lediglich diese Erwägung auf. Sie kann keinesfalls dahin ausgelegt werden, dass dieser Gewinn eine Obergrenze für die Geldbuße darstellte. In ihr wird nämlich hervorgehoben, dass das Fehlen eines aus der Zuwiderhandlung gezogenen Gewinns der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegensteht. Es wäre widersprüchlich, in einem solchen Fall die Verhängung einer Geldbuße, die überhaupt nicht in einem angemessenen Verhältnis zu einem aus der Zuwiderhandlung gezogenen Gewinn (der null beträgt) stehen kann, zuzulassen, in Fällen, in denen ein solcher Gewinn – wenn auch nur in geringer Höhe – aus der Zuwiderhandlung gezogen worden ist, aber zu verlangen, dass die verhängte Geldbuße diesen nicht überschreiten dürfe.

242    Wie die Kommission zu Recht geltend macht, rechtfertigt die Berücksichtigung des von dem betroffenen Unternehmen erzielten Gewinns im Rahmen der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung vielmehr die Erhöhung der nach der Methode gemäß den Leitlinien festgesetzten Geldbuße, damit ihr Betrag die aus der Zuwiderhandlung erzielten widerrechtlichen Gewinne übersteigt, wie es in Nr. 31 der Leitlinien heißt.

243    Somit ist festzustellen, dass die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße, selbst wenn sie, wie diese geltend machen, einen sehr hohen Prozentsatz des von ihrer Tochtergesellschaft SKW in der Zeit der Zuwiderhandlung mit Calciumcarbidpulver erzielten Umsatzes ausmachen sollte, nicht bereits deshalb unverhältnismäßig wäre. Mithin ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

 Zur gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

 Vorbemerkungen

244    Im Wettbewerbsrecht rechtfertigt die Einheit des Verhaltens eines Unternehmens auf dem Markt, dass die Gesellschaften oder ganz allgemein die Rechtssubjekte, die persönlich für dessen Verhalten haftbar gemacht werden können, alle zur Zahlung der wegen einer entsprechenden Zuwiderhandlung verhängten Sanktion verpflichtet sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Geigy/Kommission, 52/69, Slg. 1972, 787, Rn. 45, und Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, Rn. 54, 524 und 525).

245    Der Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Personen für die Zahlung ein und derselben zur Ahndung des wettbewerbswidrigen Verhaltens eines Unternehmens auf dem Markt verhängten Geldbuße ermöglicht es der Kommission, von jeder dieser Personen die Zahlung der gesamten Geldbuße zu verlangen.

246    In dem besonderen Fall, dass eine Gesellschaft nacheinander zu zwei verschiedenen Unternehmen gehört hat, die sich beide an der Zuwiderhandlung beteiligt haben, ist es angebracht, gegen sie eine aus zwei gesonderten, sich auf den jeweiligen Zeitraum der Zugehörigkeit zu diesen beiden Unternehmen beziehenden Beträgen bestehende Geldbuße zu verhängen, um den Betrag, für den sie zusammen mit den Gesellschaften, die das erste Unternehmen gebildet haben, von dem zu unterscheiden, für den sie zusammen mit den Gesellschaften, die das zweite Unternehmen gebildet haben, gesamtschuldnerisch haftet.

 Angefochtene Entscheidung

247    SKW hat sich laut der angefochtenen Entscheidung vom 22. April 2004 bis zum 16. Januar 2007 an der streitigen Zuwiderhandlung beteiligt (vgl. Rn. 226 der angefochtenen Entscheidung). In diesem Zeitraum war sie eine 100%ige Tochtergesellschaft verschiedener Muttergesellschaften (vgl. Rn. 227 der angefochtenen Entscheidung). In dem Zeitraum vom 22. April bis 30. August 2004, für den die Klägerinnen für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden sind, war SKW, wie bereits mehrfach ausgeführt, deren 100%ige Tochtergesellschaft. Im restlichen Zeitraum ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung, d. h. vom 30. August 2004 bis zum 16. Januar 2007, war SKW 100%ige Tochtergesellschaft der SKW Stahl-Metallurgie Holding AG (im Folgenden: SKW Holding) (vgl. Rn. 245 der angefochtenen Entscheidung). Diese Gesellschaft war nach den Feststellungen der Kommission bis zum 30. November 2006 100%ige Tochtergesellschaft der Arques Industries AG (im Folgenden: Arques) (vgl. Rn. 251 der angefochtenen Entscheidung). Nach Auffassung der Kommission belegen Tatsachen, dass Arques im restlichen Zeitraum der Beteiligung von SKW an der Zuwiderhandlung, d. h. vom 30. November 2006 bis zum 16. Januar 2007, zu mindestens 57 % an SKW Holding beteiligt gewesen sei und einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten dieser Gesellschaft ausgeübt habe, so dass sie ein und dasselbe Unternehmen darstellten und zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft SKW für deren Beteiligung an der Zuwiderhandlung gesamtschuldnerisch hafteten (vgl. Rn. 250, 252 und 262 der angefochtenen Entscheidung).

248    Bei der Bestimmung der Höhe der gegen SKW, SKW Holding und Arques zu verhängenden Geldbuße hat die Kommission die Umsätze berücksichtigt, die SKW im Jahr 2006 mit Calciumcarbidpulver und Magnesium erzielt hat (vgl. Rn. 288 siebter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung). Auf dieser Grundlage hat sie einen Grundbetrag der gegen die genannten Gesellschaften zu verhängenden Geldbuße von 13,3 Mio. Euro errechnet (vgl. Rn. 308 der angefochtenen Entscheidung). Da sie bei diesen Gesellschaften weder mildernde noch erschwerende Umstände festgestellt hat, entspricht der in Rn. 361 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung genannte Endbetrag der Geldbußen, die gesamtschuldnerisch gegen sie zu verhängen sind, diesem Betrag. Jedoch heißt es in derselben Randnummer, dass eine Geldbuße in Höhe von 1,04 Mio. Euro gesamtschuldnerisch gegen SKW und die Klägerinnen (Buchst. g) und eine in Höhe von 3,64 Mio. Euro gesamtschuldnerisch gegen die Klägerinnen (Buchst. f) verhängt werden sollten. Diese Geldbußen werden mit Art. 2 Buchst. f, g und h der angefochtenen Entscheidung verhängt. Außerdem heißt es in Fn. 681 zu Rn. 361 der angefochtenen Entscheidung, dass SKW „für eine einzige Geldbuße verantwortlich [ist]“ und „und ihre kumulative gesamtschuldnerische Haftung mit anderen Adressaten [der angefochtenen] Entscheidung … nicht über den Betrag von 13 300 000 EUR hinaus[geht]“.

–       Vorbringen der Parteien

249    Die Klägerinnen werfen in der Klageschrift an mehreren Stellen die Frage auf, in welchem Umfang SKW für die gegen sie verhängte Geldbuße gesamtschuldnerisch haftet. Als Erstes rügen sie im Rahmen ihres Vorbringens zum Gleichbehandlungsgrundsatz, die Kommission habe dadurch gegen diesen Grundsatz verstoßen, dass sie in der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass SKW zusammen mit SKW Holding und Arques für die gegen diese Gesellschaften verhängte Geldbuße in vollem Umfang, zusammen mit ihnen für die gegen sie verhängte Geldbuße aber nur teilweise gesamtschuldnerisch hafte.

250    Als Zweites rügen die Klägerinnen, die Kommission habe dadurch gegen die Begründungspflicht verstoßen, dass sie in der Tabelle in Rn. 304 der angefochtenen Entscheidung bei der Dauer der Beteiligung von SKW an dem Calciumcarbidpulver betreffenden Teil der Zuwiderhandlung einen Multiplikator von 2,5 angesetzt habe, obwohl diese Dauer nach Rn. 280 der angefochtenen Entscheidung zwei Jahre und acht Monate betragen habe, was nach Nr. 24 der Leitlinien einen Multiplikator von 3 rechtfertige. Die Klägerinnen sehen darin einen Widerspruch, für den jegliche Begründung fehle. Sie ergänzen, dass die Höhe der mit der angefochtenen Entscheidung gegen SKW verhängten Geldbuße für sie relevant sei, „da es ihre Rückgriffsmöglichkeit auf SKW beeinflusst“.

251    Drittens bringen die Klägerinnen zur Stützung des dritten, hilfsweise gestellten Klageantrags eine spezifische Argumentation vor. Sie machen insoweit erstens geltend, mit dem Antrag werde angestrebt, dass SKW in vollem Umfang gesamtschuldnerisch für die gegen sie verhängte Geldbuße haftbar gemacht werde; die Nichtigkeitsklage sei dafür die richtige Klageart.

252    Zweitens machen sie geltend, sie hätten die erforderliche Klagebefugnis, um die Entscheidung der Kommission gegenüber SKW anzugreifen, und bringen Argumente dafür vor, dass sie durch diese Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen seien. Für den Fall, dass ihre Klagebefugnis trotz allem verneint werden sollte, beantragen sie, die gegen sie verhängte Geldbuße um den Betrag zu reduzieren, für den sie nicht mit SKW gesamtschuldnerisch haften.

253    Was drittens dann die Begründetheit ihres dritten Klageantrags angeht, wiederholen die Klägerinnen ihr in Rn. 249 des vorliegenden Urteils zusammengefasstes Vorbringen zu einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie wiederholen auch das Argument, es sei ein Verstoß gegen diesen Grundsatz, dass bei SKW der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft nicht festgestellt worden sei (siehe oben, Rn. 156).

254    Die Kommission macht geltend, der dritte Klageantrag sei in Wirklichkeit eine „eigenständige zusätzliche Klage“, mit der im Wesentlichen eine Erhöhung der gegen SKW verhängten Geldbuße angestrebt werde. Es handele sich um eine im Unionsrecht nicht vorgesehene „Verpflichtungsklage“. Die sich aus einem Nichtigkeitsurteil ergebenden Pflichten könnten nicht die von den Klägerinnen begehrte Erhöhung der Haftung von SKW umfassen.

255    Außerdem seien die Klägerinnen nicht klagebefugt, da sie von der gegen SKW erlassenen Entscheidung nicht unmittelbar und individuell betroffen seien. Die Festsetzung der gegen SKW verhängten Geldbuße sei keine Maßnahme, die die Interessen der Klägerinnen beeinträchtige, da sie gegenüber diesen keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge. Dasselbe gelte für die gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße, die akzessorischen Charakter habe und kein „von der Geldbuße losgelöstes Eigenleben entfalten“ könne.

256    Schließlich macht die Kommission geltend, im Unionsrecht gebe es keinen Anspruch auf gesamtschuldnerische Haftung. Die Zusammenfassung in Haftungsverbände diene vorrangig dazu, ihr die wirksame Durchsetzung der durch ihre Entscheidung begründeten Zahlungsverpflichtungen zu ermöglichen, und nicht etwa dazu, Unternehmen Regressmöglichkeiten zu eröffnen. Damit fehle es im vorliegenden Fall bei den Klägerinnen an einem unionsrechtlich anerkannten schutzwürdigen Interesse.

 Zur Zulässigkeit

257    In Anbetracht des vorstehend zusammengefassten Vorbringens ist nicht nur die Zulässigkeit des dritten Klageantrags der Klägerinnen zu prüfen, die von der Kommission in Zweifel gezogen wird, sondern ganz allgemein die Zulässigkeit des gesamten Vorbringens der Klägerinnen zur gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung der gegen sie verhängten Geldbuße.

258    Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a. (C‑310/97 P, Slg. 1999, I‑5363, Rn. 53), festgestellt hat, wird der Unionsrichter, wenn ein Adressat einer Entscheidung Nichtigkeitsklage erhebt, nur mit den Teilen der Entscheidung befasst, die diesen Adressaten betreffen. Diejenigen Teile, die andere Adressaten betreffen, die die Entscheidung nicht angefochten haben, sind nicht Teil des Streitgegenstands, über den der Unionsrichter zu entscheiden hat.

259    Bei einer Entscheidung der Kommission, mit der eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln gegen zwei verschiedene Einheiten verhängt wird, betrifft eine Bestimmung dieser Entscheidung, nach der diese Einheiten für die Zahlung der Geldbuße in vollem Umfang oder teilweise gesamtschuldnerisch haften, aber beide Einheiten. Sie bedeutet für jede von ihnen, dass sie von der Kommission nicht mehr wegen der gegen sie verhängten Geldbuße in Anspruch genommen werden wird, als Beträge bereits durch die andere gezahlt sind. Eine solche Bestimmung einer Entscheidung, mit der eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verhängt wird, erzeugt also gegenüber beiden betroffenen Einheiten verbindliche Rechtswirkungen, und bei beiden ist davon auszugehen, dass sie dieser Teil der in Rede stehenden Entscheidung unmittelbar und individuell betrifft.

260    Folglich können die Klägerinnen im Rahmen ihres Klageantrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung der gegen sie verhängten Geldbuße aufwerfen.

261    Was den dritten Klageantrag angeht, ist festzustellen, dass das Gericht im Bereich der Sanktionen wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln nach Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat, so dass es die von der Kommission festgesetzte Geldbuße oder das von dieser festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann (Urteil ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, oben in Rn. 24 angeführt, Rn. 177).

262    Im vorliegenden Fall hat das Gericht bereits festgestellt, dass die Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung, mit der eine Geldbuße gegen die Klägerinnen festgesetzt wird (Art. 2 Buchst. g und h), für nichtig zu erklären sind, soweit sie diese betreffen. Es ist somit Sache des Gerichts, die gegen die Klägerinnen zur Ahndung ihrer Beteiligung an der streitigen Zuwiderhandlung zu verhängende Geldbuße in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung selbst festzusetzen.

263    Dabei hat das Gericht notwendigerweise nicht nur die Höhe dieser Geldbuße festzusetzen, sondern auch den Anteil der Geldbuße, der als gezahlt gilt, wenn SKW Zahlungen auf die mit der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße leistet, sowie gegebenenfalls den von den Klägerinnen allein zu tragenden Rest der gegen diese zu verhängenden Geldbuße, der von solchen Zahlungen also unberührt bleibt. Diese ursprünglich in Art. 2 Buchst. g bzw. h der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Anteile sind im vorliegenden Fall wegen der Nichtigerklärung dieser Bestimmungen, soweit sie die Klägerinnen betreffen, nämlich notwendigerweise vom Gericht zu beziffern, wenn es von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch macht, um die gegen die Klägerin zu verhängende Geldbuße festzusetzen.

264    Im Übrigen hat das Gericht bereits die Feststellung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung gebilligt, dass die Klägerinnen und SKW in der Zeit der streitigen Zuwiderhandlung eine wirtschaftliche Einheit bildeten (siehe oben, Rn. 119). Aus dieser Feststellung und den Erwägungen in den Rn. 244 bis 246 des vorliegenden Urteils ergibt sich aber zwingend, dass SKW für die gegen die Klägerinnen zu verhängende Geldbuße zumindest teilweise gesamtschuldnerisch zu haften hat. Das Gericht hat daher, wenn es diese Geldbuße festsetzt, wie bereits ausgeführt, auch den Anteil der Geldbuße festzusetzen, der als gezahlt gilt, wenn SKW ihre Geldbuße zahlt (siehe oben, Rn. 263). In diesem Zusammenhang hat es auch die Klagegründe und Argumente der Klägerinnen zu prüfen, mit denen diese erreichen wollen, dass dieser Anteil so groß wie möglich ausfällt.

265    Folglich zielt der dritte Klageantrag ebenso wie der zweite darauf ab, dass das Gericht seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in einem bestimmten, den Klägerinnen günstigen Sinn ausübt, d. h., dass es den Anteil der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erhöht, der als gezahlt gilt, wenn SKW die von der Kommission gegen sie verhängte Geldbuße zahlt. Der dritte Klageantrag ist in diesem Sinne zu verstehen; ein solcher Klageantrag zielt ganz offensichtlich nicht darauf ab, dass das Gericht eine Verhaltensanordnung an die Kommission richtet, wie diese zu Unrecht geltend macht.

266    Der dritte Klageantrag zielt auch nicht darauf ab, dass das Gericht die mit der angefochtenen Entscheidung gegen SKW verhängte Geldbuße erhöht oder ganz allgemein ausgedrückt in irgendeiner Weise ändert, zumal diese viel höher ist als die gegen die Klägerinnen verhängte und das Gericht mit seinem heutigen Urteil SKW Stahl-Metallurgie Holding und SKW Stahl-Metallurgie/Kommission (T‑384/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) die u. a. von SKW gegen die angefochtene Entscheidung erhobene Klage abgewiesen und den Betrag der gegen diese Gesellschaft verhängten Geldbuße nicht abgeändert hat. Folglich würde eine Erhöhung der gegen SKW verhängten Geldbuße, wenn ein entsprechender Antrag der Klägerinnen zulässig wäre, den Klägerinnen keinen Vorteil bringen und ist auch nicht erforderlich, um dem dritten Klageantrag stattzugeben. Folglich kann dieser Klageantrag unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht dahin ausgelegt werden, dass er auf eine solche Erhöhung abzielt.

267    Somit ist festzustellen, dass der dritte Klageantrag zulässig ist.

268    In Anbetracht der Erwägungen in Rn. 266 des vorliegenden Urteils haben die Klägerinnen im Übrigen kein Interesse an der Geltendmachung des in Rn. 250 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Arguments.

269    Denn selbst wenn die Klägerinnen, wie sie geltend machen, wegen der Beträge, die sie auf die gegen sie verhängte Geldbuße an die Kommission gezahlt haben, nur insoweit gegen SKW Rückgriff nehmen können sollten, als gegen SKW eine Geldbuße verhängt worden ist, ist diese viel höher als die mit der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße (insgesamt 4,68 Mio. Euro) und somit ausreichend. Außerdem ist Letztere in Ausübung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung noch herabzusetzen (siehe unten, Rn. 287 bis 289). Das genannte Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

270    Zur in Rn. 249 des vorliegenden Urteils zusammengefassten Rüge eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, die die Klägerinnen erheben, ist festzustellen, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen erläutert hat, dass der Anteil der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße, für dessen Zahlung SKW nicht zusammen mit ihnen gesamtschuldnerisch hafte (3,64 Mio. Euro, vgl. Art. 2 Buchst. h der angefochtenen Entscheidung), der Erhöhung der Geldbuße wegen des bei ihnen festgestellten erschwerenden Umstands der Wiederholungstäterschaft und der im Grundbetrag der Geldbuße enthaltenen Eintrittsgebühr (siehe oben, Rn. 216) entspreche.

271    Als Erstes ist zur Erhöhung der Geldbuße wegen Wiederholungstäterschaft festzustellen, dass es die Einheit des Marktverhaltens eines Unternehmens zwar rechtfertigt, dass bei einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln die verschiedenen Gesellschaften, die während der Dauer der Zuwiderhandlung zu dem Unternehmen gehörten, grundsätzlich alle für die Zahlung desselben Betrags der Geldbuße haftbar gemacht werden, aber eine Ausnahme hiervon ist anzuerkennen für erschwerende oder mildernde Umstände und ganz allgemein für individuelle Umstände, die eine Anpassung der Höhe der Geldbuße rechtfertigten. Eine Einheit, bei der der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft nicht festgestellt worden ist, kann somit nicht zusammen mit einer anderen Einheit, bei der ein solcher Umstand festgestellt worden ist, für den Anteil der Geldbuße gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden, der der Erhöhung wegen Wiederholungstäterschaft entspricht. Demnach hat die Klägerin zu 1, bei der der erschwerende Umstand der Wiederholungstäterschaft zu Recht festgestellt worden ist (siehe oben, Rn. 136 bis 167), die deshalb vorgenommene Erhöhung der gegen sie verhängten Geldbuße alleine zu tragen. Hingegen ist die in Rn. 270 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Rüge, was die Klägerin zu 2 angeht, zurückzuweisen, da dieser erschwerende Umstand bei ihr, wie bereits ausgeführt, ohnehin nicht festzustellen ist.

272    Als Zweites macht die Kommission zur Eintrittsgebühr im Wesentlichen geltend, dass eine Gesellschaft diese wegen des Zwecks dieses Teils des Grundbetrags, wie er in Nr. 25 der Leitlinien zum Ausdruck komme (siehe oben, Rn. 216), nur einmal tragen sollte.

273    Diese Erwägung trifft zu, bedeutet, anders als die Kommission meint, aber nicht, dass SKW nicht zusammen mit den Klägerinnen für den der Eintrittsgebühr entsprechenden Anteil der gegen diese verhängten Geldbuße gesamtschuldnerisch zu haften hätte.

274    Aus der Erwägung in Rn. 259 des vorliegenden Urteils ergibt sich nämlich, dass eine gesamtschuldnerische Haftung von SKW zusammen mit den Klägerinnen für die Zahlung der gegen diese verhängten Eintrittsgebühr nicht bedeutet, dass diese Gesellschaft eine solche Gebühr zweimal zu zahlen hätte. Sie bedeutet lediglich, dass die Klägerinnen von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der gegen sie verhängten Geldbuße – einschließlich der Eintrittsgebühr – befreit sind, soweit SKW gegebenenfalls zahlt. Da sich im Übrigen aus Rn. 288 in Verbindung mit Rn. 306 der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass die Eintrittsgebühr, die im Grundbetrag der gegen SKW verhängten Geldbuße enthalten ist, höher ist als die, die im Grundbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten enthalten ist, steht nichts dem entgegen, dass SKW zusammen mit den Klägerinnen für die Zahlung der gegen diese festgesetzten Eintrittsgebühr in vollem Umfang gesamtschuldnerisch haftbar gemacht wird.

275    Folglich ist die von den Klägerinnen erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, was die Eintrittsgebühr angeht, begründet. Dies ist bei der Festsetzung des Anteils der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zu berücksichtigen, der als gezahlt gilt, wenn SKW die mit der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße zahlt.

 Zur Rüge in Bezug auf das Siemens-Urteil

276    Als Letztes ist festzustellen, dass die Klägerinnen sich in ihrem Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Maßnahme (siehe oben, Rn. 8) auf das Urteil Siemens (oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 153 bis 158) berufen. Sie machen insoweit u. a. geltend, dass sich aus diesem Urteil ergebe, dass die Kommission die jeweiligen Haftungsanteile innerhalb der gesamtschuldnerischen Haftung von ihnen und SKW für die Geldbuße hätte festlegen müssen.

277    In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen auf die Frage, ob dieses Vorbringen ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel darstelle oder einer bereits in der Klageschrift geltend gemachten Rüge zuzuordnen sei, geantwortet, dass es dem Vorbringen zur Stützung des dritten Klageantrags zuzuordnen sei. Die Erwägungen des Urteils Siemens (oben in Rn. 8 angeführt), auf die sie sich berufen hätten, sollten ihr Argument stützen, dass sich der Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung der gegen sie verhängten Geldbuße auch auf ihre Rückgriffsmöglichkeiten gegen diese Gesellschaft auswirke.

278    Die Kommission vertritt die Auffassung, es handele sich um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel, das nicht auf Gründe gestützt sei, die erst während des Verfahrens zutage getreten seien, und somit unzulässig sei.

279    Sofern das genannte Vorbringen, wie die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, nur zur Stützung des dritten Klagegrundes vorgebracht wird, geht es ins Leere. Wie bereits ausgeführt, ist dem dritten Klageantrag insoweit stattzugeben, als er sich nicht auf den Anteil der gegen die Klägerin zu 1 verhängten Geldbuße bezieht, der der Erhöhung wegen Wiederholungstäterschaft entspricht. Das Urteil Siemens (oben in Rn. 8 angeführt) enthält nichts, was die Erwägungen in Rn. 271 des vorliegenden Urteils, mit denen diese teilweise Zurückweisung des Vorbringens der Klägerinnen gerechtfertigt worden ist, in Frage stellen könnte.

280    Soweit das Vorbringen hingegen dahin zu verstehen sein sollte, dass die Klägerinnen beantragen, die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als die Kommission darin bei der gesamtschuldnerisch gegen sie und SKW verhängten Geldbuße die von diesen Schuldnern jeweils zu tragenden Anteile nicht festgelegt habe, ist festzustellen, dass nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch muss ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und das in engem Zusammenhang mit diesem steht, für zulässig erklärt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T‑345/05, Slg. 2008, II‑2849, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem kann ein Urteil, das nur einen Rechtszustand bestätigt, der dem Kläger bei Klageerhebung grundsätzlich bekannt war, nach ständiger Rechtsprechung nicht als neuer Grund angesehen werden, der das Vorbringen eines neuen Klagegrundes rechtfertigen könnte (Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, T. Port/Rat, T‑2/99, Slg. 2001, II‑2093, Rn. 57, Banatrading/Rat, T‑3/99, Slg. 2001, II‑2123, Rn. 49, und vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 44).

281    Im vorliegenden Fall kann nicht angenommen werden, dass das von den Klägerinnen vorgebrachte neue Angriffsmittel auf einen Grund gestützt wäre, der erst während des Verfahrens zutage getreten ist. Nach der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung stellt das Urteil Siemens (oben in Rn. 8 angeführt) keinen solchen Grund dar. Das Angriffsmittel ist also unzulässig.

282    Auch wenn die Voraussetzungen für das Vorbringen eines neuen Angriffs- und Verteidigungsmittels im Laufe des Verfahrens gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung erfüllt wären, wäre das vorliegende Angriffsmittel als unzulässig zurückzuweisen, weil es den Anforderungen gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts nicht genügt.

283    Nach diesen Bestimmungen muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese muss unabhängig von Fragen der Terminologie hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. Beschluss des Gerichts vom 28. April 1993, De Hoe/Kommission, T‑85/92, Slg. 1993, II‑523, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

284    Diesen Anforderungen muss auch genügt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung für das Vorbringen eines neuen Angriffs- und Verteidigungsmittels im Laufe des Verfahrens erfüllt sind. Die genannte Bestimmung kann zwar das verspätete Vorbringen eines Angriffs- und Verteidigungsmittels rechtfertigen; dieses muss aber in Einklang mit der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung dargestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Februar 1994, Lacruz Bassols/Gerichtshof, T‑109/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑31 und II‑105, Rn. 67).

285    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen weder die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf deren Grundlage die Kommission die genannte Aufteilung hätte vornehmen sollen, dargelegt noch auch nur erläutert, welche Aufteilung ihrer Auffassung nach angemessen gewesen wäre. Der Verweis auf das Urteil Siemens (oben in Rn. 8 angeführt) genügt insofern ganz offensichtlich nicht. Aus diesem Urteil, gegen das im Übrigen mehrere Rechtsmittel eingelegt worden sind, die noch beim Gerichtshof anhängig sind, geht nämlich nicht hervor, dass die Kommission, wenn sie eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln gesamtschuldnerisch gegen mehrere Einheiten verhängt, stets die jeweiligen Quoten der Haftung im Innenverhältnis festsetzen müsste. Das Gericht hat vielmehr festgestellt, dass ohne eine entgegenstehende Angabe in der Entscheidung, mit der die Kommission wegen der Zuwiderhandlung eines Unternehmens eine Geldbuße festsetzt, für deren Zahlung mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner haften, davon auszugehen ist, dass die Kommission diesen Gesellschaften die Zuwiderhandlung gleichermaßen zurechnet (Urteil Siemens, oben in Rn. 8 angeführt, Rn. 158).

286    An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerinnen auch beantragt haben, dass das Gericht hinsichtlich der Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben möge. Selbst wenn die Festsetzung der Quoten der Haftung im Innenverhältnis, die auf die einzelnen gesamtschuldnerisch zur Zahlung einer Geldbuße verurteilten Mitschuldner entfallen, unter die Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung im Bereich der Geldbußen fallen sollte, entspricht die Ausübung dieser Befugnis, wie bereits ausgeführt, nicht einer Prüfung von Amts wegen (siehe oben, Rn. 166). Außerdem haben die Klägerinnen keine genauen Rügen hinsichtlich der Aufteilung der gegen sie zusammen mit SKW gesamtschuldnerisch verhängten Geldbuße im Innenverhältnis formuliert und deren Begründetheit nicht dargetan.

 Zur Festsetzung der Höhe der Geldbuße

287    Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission den Grundbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße auf 17 % des bei ihnen festgestellten Umsatzes, der mit dem Verstoß in Zusammenhang steht (Rn. 301 und 306 der angefochtenen Entscheidung), festgesetzt, multipliziert mit 1,5. Dieser Multiplikator enthält die Eintrittsgebühr (1) und den Multiplikator für die Dauer der Zuwiderhandlung (0,5).

288    Wie in Rn. 236 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist der Multiplikator für die Dauer der Zuwiderhandlung auf 1/3 festzusetzen. Der in Rn. 308 der angefochtenen Entscheidung für die Klägerinnen genannte Ausgangsbetrag (3,9 Mio. Euro) ist somit auf 3,47 Mio. Euro herabzusetzen. Wie in Rn. 211 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist dieser Ausgangsbetrag wegen der Zusammenarbeit der Klägerinnen um 28 % auf 2,49 Mio. Euro zu ermäßigen. Außerdem ist klarzustellen, dass dieser Anteil der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße als gezahlt gilt, soweit SKW Zahlungen auf die mit der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße leistet.

289    Ferner ist die gegen die Klägerin zu 1 zu verhängende Geldbuße wegen Wiederholungstäterschaft um 50 % zu erhöhen (siehe oben, Rn. 167). Der Betrag von 1,24 Mio. Euro, der sich durch diese Erhöhung ergibt, ist allein von der Klägerin zu 1 zu tragen, da bei der Klägerin zu 2 eine entsprechende Erhöhung nicht gerechtfertigt ist (siehe oben, Rn. 156). Im Übrigen wird die Haftung der Klägerin zu 1 für die Zahlung dieses Anteils der gegen sie verhängten Geldbuße durch gegebenenfalls von SKW auf die gegen sie verhängte Geldbuße geleistete Zahlungen nicht berührt.

 Kosten

290    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

291    Da der Klage nur teilweise stattgegeben wird, ist es unter den Umständen des vorliegenden Falles angemessen, dass die Klägerinnen zwei Drittel ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten der Kommission tragen. Die Kommission trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der Kosten der Klägerinnen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 2 Buchst. g und h der Entscheidung K(2009) 5791 endg. der Kommission vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien) wird für nichtig erklärt, soweit er die Evonik Degussa GmbH und die AlzChem AG betrifft. Die befreiende Wirkung gegenüber der SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG von Zahlungen einer dieser beiden Gesellschaften auf die Geldbuße, die wegen der in Art. 1 Buchst. f der genannten Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung gegen sie gesamtschuldnerisch verhängt wird, und auf die in Art. 2 Buchst. g dieser Entscheidung gegen die SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG verhängte Geldbuße wird dadurch nicht berührt.

2.      Für die in Art. 1 Buchst. f der Entscheidung K(2009) 5791 endg. im Hinblick auf Evonik Degussa und AlzChem festgestellte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen verhängt:

–        gegen Evonik Degussa und AlzChem gesamtschuldnerisch: 2,49 Mio. Euro, wobei diese Geldbuße insoweit als von Evonik Degussa und AlzChem gezahlt gilt, als SKW Stahl-Technik die in Art. 2 Buchst. f und g der genannten Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße zahlt;

–        gegen Evonik Degussa: 1,24 Mio. Euro, wobei Evonik Degussa für die Zahlung dieser Geldbuße allein verantwortlich ist.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Evonik Degussa und AlzChem tragen zwei Drittel ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten der Europäischen Kommission. Die Kommission trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und ein Drittel der Kosten von Evonik Degussa und AlzChem.

Czúcz

Labucka

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Januar 2014.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zur Haftbarmachung der Klägerinnen für die von SKW begangene Zuwiderhandlung

Einschlägige Rechtsprechung

Zur behaupteten fehlerhaften Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit

Zur behaupteten fehlerhaften Anwendung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit

Zur Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf SKW durch die Klägerinnen

– Zum Verstoß gegen die Begründungspflicht

– Zur Widerlegung der kapitalbezogenen Vermutung

Zur Höhe der Geldbuße

Zum Grundbetrag der Geldbuße

Zur Wiederholungstäterschaft

Zur Nichtanerkennung mildernder Umstände bei den Klägerinnen

Zum Verstoß gegen die Kronzeugenregelung

Zur Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

– Zur Dauer der Zuwiderhandlung

– Zum Fehlen eines aus dem Kartell gezogenen Vorteils

Zur gesamtschuldnerischen Haftung von SKW für die Zahlung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

Vorbemerkungen

Angefochtene Entscheidung

– Vorbringen der Parteien

Zur Zulässigkeit

Zur Begründetheit

Zur Rüge in Bezug auf das Siemens-Urteil

Zur Festsetzung der Höhe der Geldbuße

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.