Language of document : ECLI:EU:C:2022:497

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

LAILA MEDINA

vom 22. Juni 2022(1)

Rechtssache C238/21

Porr Bau GmbH

gegen

Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung

(Vorabentscheidungsersuchen des Landesverwaltungsgerichts Steiermark [Österreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 2008/98/EG – Art. 3 Nr. 1 – Abfall – Art. 5 Abs. 1 – Nebenprodukt – Art. 6 Abs. 1 und 4 – Ende der Abfalleigenschaft – Nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse – Vorbereitung zur Wiederverwendung und Verwertung – Unmittelbare Verwendung als Substitution von Rohstoffen – Formale Anforderungen – Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten“






I.      Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Begriffs „Abfall“ in Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98(2) und die Voraussetzungen, nach denen für Aushubmaterial, insbesondere für unkontaminierten Boden höchster Qualität, nach Art. 6 dieser Richtlinie das Ende der Abfalleigenschaft eintritt. Die Rechtssache schließt an Urteile wie Tallinna Vesi(3) und Sappi Austria Produktion und Wasserverband „Region Gratkorn-Gratwein“(4) an, in denen der Gerichtshof diese Bestimmungen im Zusammenhang mit Klärschlamm und Abwasser ausgelegt hat.

2.        Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Porr Bau GmbH und der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (im Folgenden: Beschwerdegegnerin). Dieses Verfahren betrifft eine Verwaltungsentscheidung, mit der festgestellt wurde, dass der von einigen Landwirten bei einem Bauunternehmen in Österreich zum Zweck der Geländeregulierung und Rekultivierung ihrer Anbauflächen bestellte Bodenaushub als Abfall anzusehen und somit beitragspflichtig sei, obwohl er nach österreichischem Recht als unkontaminiertes Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft worden war.

3.        Das vorlegende Gericht möchte hauptsächlich geklärt wissen, ob Art. 6 der Richtlinie 2008/98 in seiner Auslegung im Licht der Ziele dieser Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach für Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse das Ende der Abfalleigenschaft nur dann eintritt, i) wenn er unmittelbar als Substitution von Rohstoffen verwendet wird und ii) der Besitzer bestimmte formale Anforderungen wie Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten erfüllt. Vorab stellt sich das vorlegende Gericht außerdem die Frage, ob nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse, der von einem Bauunternehmen zur Verbesserung der Ertragsleistung von Anbauflächen ausgeliefert wird, „Abfall“ im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 oder alternativ ein „Nebenprodukt“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellt.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Nach Art. 1 der Richtlinie 2008/98 in ihrer auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung(5) werden mit dieser Richtlinie „Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit festgelegt, indem die schädlichen Auswirkungen der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen vermieden oder verringert, die Gesamtauswirkungen der Ressourcennutzung reduziert und die Effizienz der Ressourcennutzung verbessert werden.“

5.        Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/98 sieht in den Nrn. 1, 15 und 16 für die Begriffe „Abfall“, „Verwertung“ und „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ im Sinne dieser Richtlinie folgende Begriffsbestimmungen vor; danach bezeichnet

„1.      ‚Abfall‘ jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss;

15.      ‚Verwertung‘ jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmte[n] Funktion verwendet worden wären, oder die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anhang II enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren;

16.      ‚Vorbereitung zur Wiederverwendung‘ jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können;

…“

6.        Art. 4 („Abfallhierarchie“) der Richtlinie 2008/98 bestimmt:

„(1)      Folgende Abfallhierarchie liegt den Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen im Bereich der Abfallvermeidung und ‑bewirtschaftung als Prioritätenfolge zugrunde:

a)      Vermeidung[,]

b)      Vorbereitung zur Wiederverwendung,

c)      Recycling,

d)      sonstige Verwertung, z. B. energetische Verwertung,

e)      Beseitigung.

…“

7.        Art. 5 („Nebenprodukte“) der Richtlinie 2008/98 lautet:

„(1)      Ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist, kann nur dann als Nebenprodukt und nicht als Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 gelten, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)      es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird,

b)      der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden,

c)      der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und

d)      die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d. h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle einschlägigen Produkt‑, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen.

…“

8.        Art. 6 („Ende der Abfalleigenschaft“) der Richtlinie 2008/98 bestimmt:

„(1)      Bestimmte festgelegte Abfälle sind nicht mehr als Abfälle im Sinne von Artikel 3 Nummer 1 anzusehen, wenn sie ein Verwertungsverfahren, wozu auch ein Recyclingverfahren zu rechnen ist, durchlaufen haben und spezifische Kriterien erfüllen, die gemäß den folgenden Bedingungen festzulegen sind:

a)      Der Stoff oder Gegenstand wird gemeinhin für bestimmte Zwecke verwendet;

b)      es besteht ein Markt für diesen Stoff oder Gegenstand oder eine Nachfrage danach;

c)      der Stoff oder Gegenstand erfüllt die technischen Anforderungen für die bestimmten Zwecke und genügt den bestehenden Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse und

d)      die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen.

Die Kriterien enthalten erforderlichenfalls Grenzwerte für Schadstoffe und tragen möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Stoffes oder Gegenstands Rechnung.

(4)      Wurden auf Gemeinschaftsebene keine Kriterien nach dem Verfahren in den Absätzen 1 und 2 festgelegt, so können die Mitgliedstaaten im Einzelfall entscheiden, ob bestimmte Abfälle unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung nicht mehr als Abfälle anzusehen sind. …“

9.        Die durch die Richtlinie 2008/98 vorgesehene wesentliche Verpflichtung und Zielsetzung sind in Art. 13 aufgeführt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt…“.

10.      Nach Art. 28 („Abfallbewirtschaftungspläne“) der Richtlinie 2008/98 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ihre zuständigen Behörden in Einklang u. a. mit den Art. 1, 4 und 13 einen oder mehrere Abfallbewirtschaftungspläne aufstellen.

B.      Österreichisches Recht

1.      Abfallwirtschaftsgesetz

11.      Die einschlägigen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes von 2002 (im Folgenden: Abfallwirtschaftsgesetz), mit denen die Richtlinie 2008/98 umgesetzt wird, lauten:

„Begriffsbestimmungen

§ 2 (1)      Abfälle im Sinne [des Abfallwirtschaftsgesetzes] sind bewegliche Sachen,

1.      deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.      deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(5)      Im Sinne [des Abfallwirtschaftsgesetzes]

6.      ist ‚Vorbereitung zur Wiederverwendung‘ jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Produkte sowie Bestandteile von Produkten, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können.

Abfallende

§ 5 (1)      Soweit eine Verordnung gemäß Abs. 2 oder eine Verordnung gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 2 Abs. 5 Z 6 ist das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht.

Bundes-Abfallwirtschaftsplan

§ 8 (1)      Zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des [Abfallwirtschaftsgesetzes] hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mindestens alle sechs Jahre einen Bundes-Abfallwirtschaftsplan zu erstellen.

…“

2.      Bundes-Abfallwirtschaftsplan

12.      Der auf der Grundlage von Art. 28 der Richtlinie 2008/98 und § 8 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes erlassene Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 (im Folgenden: Bundes-Abfallwirtschaftsplan) legt konkrete Vorgaben zur Reduktion der Mengen und Schadstoffgehalte und nachteiligen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen der Abfälle sowie zur umweltgerechten und volkswirtschaftlich zweckmäßigen Verwertung von Abfällen fest.

3.      Altlastensanierungsgesetz

13.      Nach § 1 des Altlastensanierungsgesetzes von 1989 (im Folgenden: Altlastensanierungsgesetz) ist Ziel dieses Gesetzes „die Finanzierung der Sicherung und Sanierung von Altlasten im Sinne dieses Gesetzes“. § 3 sieht insbesondere vor, dass das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb der Erde, insbesondere das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen, einem Altlastenbeitrag unterliegt. Von dieser Pflicht ausgenommen sind diese Abfälle jedoch im Wesentlichen dann, wenn sie im Einklang mit den Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplans verwendet werden. Das Altlastensanierungsgesetz sieht ferner in § 10 ein Verfahren vor, mit dem durch Bescheid festgestellt werden soll, ob die materiellen Voraussetzungen für die Altlastenbeitragspflicht erfüllt sind.

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

14.      Porr Bau, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ist ein in Österreich ansässiges Bauunternehmen. Sie wurde im Juli 2015 von bestimmten örtlichen Landwirten darum ersucht, ihnen Bodenaushub zu liefern und auf ihren Grundstücken zu verteilen. Mit der Anfrage verfolgten die Landwirte den Zweck, ihre landwirtschaftlichen Flächen zu ebnen, die Anbauflächen zu verbessern und somit die Ertragsleistung zu steigern.

15.      Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Landwirte an Porr Bau herantraten, war noch nicht sicher, ob dieses Unternehmen ihrer Anfrage nachkommen konnte. Erst nach Auswahl eines geeigneten Bauvorhabens und der Entnahme von Bodenproben wurde das gewünschte Material von Porr Bau geliefert. Hierzu war der Boden in die Qualitätsklasse A1 eingestuft worden, welche die höchste Qualitätsklasse für nicht kontaminierten Bodenaushub darstellt, die im Bundes-Abfallwirtschaftsplan festgelegt ist. Der Einsatz von Boden dieser Klasse ist nach österreichischem Recht für die Geländeanpassung und Flächenentwicklung geeignet und zulässig. Porr Bau erhielt auch ein Entgelt für die Ausführung der Arbeiten zur Verbesserung des Geländes und der betreffenden Anbauflächen.

16.      Porr Bau beantragte am 4. Mai 2018 nach dem Altlastensanierungsgesetz bei der Beschwerdegegnerin die Feststellung, dass der an die Landwirte gelieferte Bodenaushub keinen Abfall darstelle. Hilfsweise beantragte sie, diesen Boden von der Beitragspflicht für die Verwendung von Abfällen auszunehmen.

17.      Die Beschwerdegegnerin stellte am 14. September 2020 fest, dass es sich bei dem in Rede stehenden Bodenaushub um Abfälle im Sinne von § 2 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes handele. Die Behörde war ferner der Ansicht, dass für den Boden das Ende der Abfalleigenschaft im Wesentlichen deshalb nicht eingetreten sei, weil bestimmte Formalkriterien nach dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan nicht eingehalten worden seien. Sie kam daher zu dem Schluss, dass eine Ausnahme von der Beitragspflicht für die Verwendung von Abfällen nicht gewährt werden könne.

18.      Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Österreich), bei dem dieser Bescheid angefochten wird, hat Zweifel an der von der beklagten Behörde vertretenen Ansicht.

19.      Das vorlegende Gericht hält insbesondere die Auslegung des Begriffs „Abfall“ durch diese Behörde und seine Anwendung auf nicht kontaminierten Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse wie den in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Boden für fraglich. Außerdem weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass nach österreichischem Recht das Ende der Abfalleigenschaft für Aushubmaterial nur eintreten könne, wenn es unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet worden sei. Dies werfe die Frage auf, ob die nationale Regelung das Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft für nicht kontaminierten Boden der höchsten Qualitätsklasse strenger regele als Art. 6 der Richtlinie 2008/98. Ferner weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass nach österreichischem Recht für das Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft bestimmte formale Anforderungen, insbesondere Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, erfüllt sein müssten. Das vorlegende Gericht wirft die Frage auf, ob für nicht kontaminierten Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Anforderungen, die nach Ansicht des Gerichts keine Umweltrelevanz haben, gegen Art. 6 der Richtlinie 2008/98 verstoße.

20.      Vor diesem Hintergrund hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Steht eine nationale Regelung, wonach das Abfallende nur dann eintritt, bis Abfälle oder Altstoffe oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden oder sie zur Wiederverwendung vorbereitet wurden, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 entgegen?

Für den Fall, dass Frage 1 mit „Nein“ beantwortet wird:

2.      Steht eine nationale Regelung, wonach das Abfallende für Aushubmaterial frühestens durch die Substitution von Rohstoffen oder aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten eintreten kann, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 entgegen?

Für den Fall, dass die Fragen 1 und/oder 2 mit „Nein“ beantwortet werden:

3.      Steht eine nationale Regelung, die vorsieht, dass das Abfallende für Aushubmaterial dann nicht eintreten kann, wenn Formalkriterien (insbesondere Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten), die keinen umweltrelevanten Einfluss auf die durchgeführte Maßnahme haben, nicht oder nicht vollständig eingehalten werden, obwohl das Aushubmaterial die für den vorgesehenen konkreten Verwendungszweck einzuhaltenden Grenzwerte (Qualitätsklasse) nachweislich unterschreitet, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 entgegen?

IV.    Würdigung

21.      Mit seinem Ersuchen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das Ende der Abfalleigenschaft grundsätzlich nur dann eintritt, wenn Abfälle unmittelbar als Substitution von Rohstoffen verwendet oder zur Wiederverwendung vorbereitet werden, und im konkreten Fall von Aushubmaterial, nur dann, wenn das Aushubmaterial unmittelbar als Substitution von Rohstoffen verwendet worden ist und sein Besitzer formale Anforderungen wie Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten erfüllt hat.

22.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht im Vorabentscheidungsersuchen Zweifel im Hinblick darauf äußert, ob es sich bei dem nach nationalem Recht in die höchste Qualitätsklasse eingestuften nicht kontaminierten Bodenaushub um Abfall im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 handelt. Die Anwendung von Art. 6 dieser Richtlinie beruht nämlich auf der Voraussetzung, dass ein Stoff oder Material zunächst als Abfall eingestuft wird. Auch wenn dieser Punkt konkret in den Vorlagefragen nicht ausdrücklich angesprochen wird, werde ich zunächst prüfen, ob im Fall der Bereitstellung von nicht kontaminiertem Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse durch ein Bauunternehmen unter den besonderen Umständen eines Falles wie demjenigen des Ausgangsverfahrens Abfall vorliegt. Ich werde in meiner Würdigung ferner auf die von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof erörterte Frage eingehen, ob der gelieferte Boden stattdessen als Nebenprodukt im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 anzusehen ist.

23.      Ich werde, von der Annahme ausgehend, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Material als Abfall anzusehen ist, die drei Vorlagefragen zusammen prüfen. Diese Fragen sind so zu verstehen, dass der Gerichtshof im Wesentlichen um eine Stellungnahme dazu ersucht wird, ob die in Rede stehende nationale Regelung mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 vereinbar ist, wenn die einzige Möglichkeit der Verwertung von nicht kontaminiertem Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse, bei der das Ende der Abfalleigenschaft eintreten kann, in seiner Verwendung als Substitution von Rohstoffen und der Erfüllung bestimmter formaler Anforderungen wie Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten besteht.

A.      Nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse als Abfall oder Nebenprodukt

1.      Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/98

24.      Bevor zu prüfen ist, ob nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse als Abfall oder alternativ als Nebenprodukt im Sinne von Art. 3 Nr. 1 bzw. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 angesehen werden kann, ist kurz darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie nicht kontaminierte Böden und andere natürlich vorkommende Materialien, die im Zuge von Bauarbeiten ausgehoben wurden, von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt, sofern sicher ist, dass die Materialien in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden, für Bauzwecke verwendet werden.

25.      Da der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bodenaushub nach den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen an einem anderen Ort als demjenigen abgelagert wurde, an dem er ausgehoben wurde, fällt er nicht unter Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/98, so dass er anhand der Definition von Abfall und den Bestimmungen über Nebenprodukte nach dieser Richtlinie zu prüfen ist(6).

2.      Die Begriffe „Abfall“ und „Nebenprodukt“

26.      Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 definiert den Begriff „Abfall“ als jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt oder entledigen will (subjektiver Abfall) oder dessen sich sein Besitzer entledigen muss (objektiver Abfall). Der Begriff „Abfall“ wird vom Gerichtshof weit ausgelegt, der maßgebliche Kriterien dafür festgelegt hat, ob ein Stoff oder Gegenstand, einschließlich Materialien, als Abfall im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist(7).

27.      Insbesondere ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung die Einstufung als „Abfall“ im subjektiven Sinne vor allem aus dem Verhalten des Besitzers und der Bedeutung des Ausdrucks „sich entledigen“(8). Dieser Ausdruck und das Wort „Abfall“ sind unionsrechtliche Begriffe, die in Anbetracht des Zieles der Richtlinie 2008/98, die nachteiligen Auswirkungen der Abfallerzeugung und ‑bewirtschaftung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu minimieren, nicht eng ausgelegt werden dürfen(9).

28.      Der Gerichtshof hat auch hervorgehoben, dass die Frage, ob es sich bei einem Stoff oder Gegenstand um Abfall handelt, anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist und dass dabei die Zielsetzung der Richtlinie 2008/98 zu berücksichtigen und darauf zu achten ist, dass ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird(10).

29.      Zu den Umständen, die darauf hindeuten können, dass es sich um Abfall handelt, gehört zum einen, dass ein Stoff oder Gegenstand ein Produktions- oder Verbrauchsrückstand ist, d. h. ein Erzeugnis, das nicht als solches gewonnen werden sollte(11). Ferner ist nach der Rechtsprechung des Gerichthofs besonderes Augenmerk auf den Umstand zu legen, dass der fragliche Stoff oder Gegenstand für seinen Besitzer keinen Nutzen oder keinen Nutzen mehr besitzt, so dass der Stoff oder Gegenstand eine Last darstellt, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht(12). Im Übrigen sind die Methode der Behandlung oder die Art der Verwendung eines Stoffes nicht entscheidend dafür, ob der Stoff als „Abfall“ einzustufen ist. Schließlich fallen unter den Begriff „Abfall“ auch Stoffe oder Gegenstände, die zur wirtschaftlichen Wiederverwendung geeignet sind(13).

30.      Parallel zur früheren Rechtsprechung hat der Gerichtshof auch den Begriff „Nebenprodukt“, und zwar zumeist auf der Grundlage der Auslegung der Richtlinie 75/442, konkretisiert(14). Diese Rechtsprechung ist jetzt in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 kodifiziert, der im Wesentlichen einen Stoff oder Gegenstand betrifft, dessen sich der Besitzer aufgrund des wirtschaftlichen Vorteils, den er aus seiner Wiederverwendung ziehen könnte, nicht entledigen will und der daher nicht als Last und somit als Abfall angesehen werden kann. Nach Auffassung des Gerichtshofs erscheint es nicht gerechtfertigt, den strengen Anforderungen der Richtlinie 2008/98 zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit auch Stoffe oder Gegenstände zu unterstellen, die ihr Besitzer in einem späteren Vorgang der Verwertung unter vorteilhaften Bedingungen nutzen oder vermarkten möchte(15).

3.      Nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse, der zur Geländeregulierung und Verbesserung von Anbauflächen angefordert wird

31.      Es ist zwar selbstverständlich Sache des vorlegenden Gerichts, das für die Tatsachenwürdigung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits allein zuständig ist, im Licht der vorstehend angeführten Rechtsprechung festzustellen, ob ein Besitzer von Aushubmaterial, nämlich von nicht kontaminiertem Boden der höchsten Qualitätsklasse, sich dessen entledigen will, so dass es sich um Abfall handelt, oder ob er ihn unter vorteilhaften Bedingungen nutzen will, so dass es sich um ein Nebenprodukt handelt(16). Gleichwohl möchte ich dem Gerichtshof vorschlagen, dem vorlegenden Gericht die folgenden Hinweise zur Entscheidung über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu geben. Diese Hinweise beruhen auf den konkreten Umständen, die in einem Fall wie demjenigen des Ausgangsverfahrens nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

a)      Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse als Abfall

32.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich nach Ansicht der österreichischen Regierung der Bescheid der Beschwerdegegnerin, wonach der in Rede stehende Bodenaushub als Abfall anzusehen sei, auf der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Österreich) zum Begriff „Abfälle“ im Sinne von § 2 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes beruhen soll(17). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs soll beim Aushub oder Abbruch von Material im Zuge eines Bauvorhabens der Hauptzweck des Bauträgers regelmäßig darin bestehen, dieses Vorhaben ohne Behinderung durch dieses Material fertigzustellen. Es werde daher mit dem Willen von der Baustelle entfernt, sich seiner zu entledigen.

33.      Ich stimme damit überein, dass der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Grundsatz, dem sodann mit dem angefochtenen Bescheid gefolgt wird, grundsätzlich für die Entscheidung darüber herangezogen werden kann, ob bei Bauarbeiten anfallendes Aushubmaterial als Abfall anzusehen ist. Wie jedoch oben in Nr. 28 ausgeführt, ist das Vorliegen von Abfall im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen(18). Daraus folgt, dass bei Anwendung dieses Grundsatzes die Faktoren, die den konkreten Willen des Abfallbesitzers kennzeichnen, nicht außer Acht bleiben dürfen.

34.      Meines Erachtens gibt es im vorliegenden Fall entgegen der von der österreichischen Regierung und von der Kommission vertretenen Ansicht tatsächliche Faktoren, die für die Beurteilung des konkreten Willens eines Bauunternehmens im Hinblick auf die weitere Verwendung des von ihm zuvor ausgehobenen Materials berücksichtigt werden sollten. Einer dieser Faktoren kann beispielsweise darin liegen, dass bei örtlichen Wirtschaftsteilnehmern bereits eine vorherige Nachfrage nach dem Aushubmaterial besteht, wenn dieses Material nach sorgfältiger Auswahl und Entnahme von Qualitätsproben vermarktet werden kann. Es kann im Wesentlichen nicht ausgeschlossen werden, dass ein Bauunternehmen Aushubmaterial nicht als Rückstand oder Last ansieht, dessen oder derer es sich zu entledigen hat, sondern dass es möglicherweise vielmehr nach Wegen sucht, aus seiner Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen, insbesondere wenn dieses Material in die höchste Qualitätsklasse für nicht kontaminierten Boden eingestuft wird.

35.      Die vorliegende Rechtssache veranschaulicht in der Tat, wie ein Bauunternehmen geneigt sein kann, sich eines zuvor ausgehobenen Materials nicht zu entledigen, sondern es unter vorteilhaften Bedingungen zu nutzen. Hierfür spricht der Umstand, dass es eine Gruppe örtlicher Landwirte war, die an Porr Bau erstmals herantraten, um den Bodenaushub zum Zweck der Geländeregulierung und Verbesserung ihrer Anbauflächen auf ihren Grundstücken verteilen zu lassen. Auch wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Landwirte an Porr Bau herantraten, noch nicht sicher war, ob dieses Unternehmen diesem Ersuchen nachkommen konnte, wurde das Unternehmen doch durch die Initiative dieser Landwirte dazu veranlasst, ein geeignetes Bauvorhaben auszuwählen und Bodenproben zu entnehmen. Weiterhin wurde den Angaben des Vorabentscheidungsersuchens zufolge dieser Boden einer Qualitätsprüfung unterzogen und anschließend als nicht kontaminiertes Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft, das nach österreichischem Recht für die Geländeanpassung und Flächenentwicklung geeignet und zulässig ist. Ferner erhielt Porr Bau auf die Anfrage der Landwirte hin auch ein Entgelt für die Ausführung der Arbeiten zur Verbesserung des Geländes und der betreffenden Anbauflächen.

36.      Es lässt sich dann schwerlich der Schluss ziehen, dass unter Umständen wie denjenigen der vorliegenden Rechtssache der Wille eines Bauunternehmens darin bestehen sollte, sich eines Bodenaushubs zu entledigen, der sorgfältig ausgewählt, einer Qualitätsprüfung unterzogen und als nicht kontaminiertes Material der höchsten Qualitätsklasse ausgeliefert wurde, um einer konkreten Anfrage örtlicher Wirtschaftsteilnehmer zu entsprechen, die dieses Material benötigten. Meines Erachtens sollte auch nicht bei jedwedem Bodenaushub durch ein Bauunternehmen im Zweifel anzunehmen sein, dass es sich dessen zu entledigen hat. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Material möglicherweise im Rahmen des betreffenden Bauvorhabens verwendet werden könnte, so dass es, wie oben in Nr. 24 ausgeführt, vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/98 nicht mehr umfasst wäre.

37.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sollte der Gerichtshof meines Erachtens der Auffassung den Vorzug geben, dass vorbehaltlich der von dem vorlegenden Gericht zu treffenden Feststellungen nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse in einem Fall wie dem vorliegenden nicht als Abfall im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 anzusehen ist.

b)      Bodenaushub als Nebenprodukt

38.      Dagegen verdeutlicht eine nähere Prüfung der Rechtssache, wie in den schriftlichen Erklärungen von Porr Bau vorgetragen, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Boden die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 für ein Nebenprodukt erfüllen könnte.

39.      Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 kann nämlich ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist, möglicherweise als Nebenprodukt und nicht als Abfall gelten. Dies ist nach dieser Vorschrift dann der Fall, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich das es erstens sicher ist, dass der Stoff oder Gegenstand weiterverwendet wird, der Stoff oder Gegenstand zweitens direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden kann, der Stoff oder Gegenstand drittens als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt wird und dass viertens die weitere Verwendung rechtmäßig ist. Ich werde diese Gesichtspunkte kurz anhand der sich aus den Akten ergebenden Angaben prüfen.

1)      Definition des Nebenprodukts

40.      Was zunächst die Frage angeht, ob Bodenaushub im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2008/98 als „ein Stoff oder Gegenstand [angesehen werden kann], der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist“, ist im Blick zu behalten, dass der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung schon immer entschieden hat, dass „ein Material oder ein Rohstoff, der oder das bei einem … Abbau- oder Herstellungsverfahren entsteht“, möglicherweise keinen Rückstand, sondern ein Nebenerzeugnis darstellen kann(19). Wie bereits ausgeführt, steht diese Rechtsprechung im Mittelpunkt des Begriffs „Nebenprodukt“, der später in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 kodifiziert wurde, in dem insoweit anstelle des Ausdrucks „Abbau- oder Herstellungsverfahren“ vom „Herstellungsprozess“ bzw. dem „Herstellungsverfahren“ die Rede ist.

41.      Meines Erachtens spricht entgegen dem von der österreichischen Regierung in ihren Erklärungen im Wesentlichen vertretenen Standpunkt nichts dafür, dass der Unionsgesetzgeber bei der Kodifizierung der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter Verwendung des Begriffs „Herstellungsverfahren“ lediglich bei einer industriellen Herstellung entstehende Sekundärprodukte als Nebenprodukte hätte verstanden wissen wollen. Vielmehr wird wirtschaftswissenschaftlich als Herstellungsverfahren gemeinhin der Vorgang definiert, in dem die Produktionsmittel, nämlich Kapital, Arbeitskraft, Technik und Grund und Boden (Input), in Waren und Dienstleistungen umgewandelt werden (Output)(20). Grund und Boden kann daher Gegenstand eines Herstellungsverfahrens sein, so dass bei einem Sekundärprodukt, das aus seiner Transformation entsteht, insbesondere auch bei Bodenaushub, davon auszugehen ist, dass es unter den Begriff „Nebenprodukt“ fällt, sofern es die weiteren Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 erfüllt.

42.      Insoweit möchte ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf das Urteil Brady lenken(21). Dort konnte nach Auffassung des Gerichtshofs im Rahmen der Auslegung der Richtlinie 75/442 Gülle, die in landwirtschaftlichen Betrieben als Sekundärprodukt anfiel und zur Wiederverwendung als Dünger an andere Landwirte verkauft wurde, als Nebenprodukt angesehen werden. Damit ist belegt, dass der Gerichtshof auch schon vor Erlass von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 Erzeugnisse (Outputs) aus wirtschaftlichen Transformationstätigkeiten, die nicht ausschließlich in einem industriellen Kontext stattfinden, als Nebenprodukte angesehen hat. Vor diesem Hintergrund schlage ich dem Gerichtshof vor, den Begriff „Herstellungsverfahren“ dahin auszulegen, dass er nicht nur die übliche Definition dieses Begriffs abdeckt, sondern auch dem Verständnis des Begriffs „Nebenprodukt“ in der Rechtsprechung des Gerichtshofs vor Erlass von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 folgt.

2)      Eine weitere Verwendung ist hinreichend sicher

43.      Was die Voraussetzung angeht, dass eine weitere Verwendung des in Rede stehenden Stoffes oder Gegenstands sicher sein muss, steht unbeschadet der vom nationalen Gericht vorzunehmenden konkreten Prüfung insoweit hinreichend fest, dass es vor dem Aushub des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bodens eine ausdrückliche Anfrage zur Lieferung dieses Materials von örtlichen Wirtschaftsteilnehmern gab. Diese Anfrage führte später zu einer Verpflichtung, den angefragten Boden bereitzustellen, sowie zu einem Vertrag, nach dem das Bauunternehmen die notwendigen Arbeiten zur Geländeregulierung und Verbesserung der betreffenden Anbauflächen unter Verwendung desselben Materials ausführen sollte. Auch wenn es zu dem Zeitpunkt, zu dem die Landwirte erstmals an Porr Bau herantraten, noch nicht sicher war, ob dieses Unternehmen ihrer Anfrage nachkommen konnte, bedeutet dies nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht, dass eine weitere Verwendung des betreffenden Bodenaushubs nicht sicher war(22). Das geforderte Kriterium in Bezug auf die Sicherheit der weiteren Verwendung scheint tatsächlich im vorliegenden Fall in einem hinreichend frühen Stadium erfüllt zu sein.

44.      Gleichwohl hat der Gerichtshof nützliche Kriterien für die konkretere Beurteilung dessen aufgestellt, ob die weitere Verwendung von zur Verteilung auf landwirtschaftlichen Flächen bestimmtem Material wie dem in Rede stehenden Bodenaushub hinreichend sicher ist. Die Anforderungen, die der Gerichtshof etwa in dem bereits angeführten Urteil Brady aufgestellt hat, waren die folgenden:

–        Erstens müssen die Flächen der Landwirte, auf die das Material geliefert werden soll, im Voraus genau bestimmt sein(23);

–        zweitens müssen das Material – und die zu liefernden Mengen – tatsächlich zu der festgestellten konkreten Verwendung bestimmt und streng auf die damit verbundenen Erfordernisse beschränkt sein(24);

–        drittens muss die Lieferung des betreffenden Materials tatsächlich unter für seinen Besitzer wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen verwendet oder vermarktet werden;

–        viertens muss das betreffende Material für den Fall, dass es nicht sofort geliefert wird, in geeigneter und hinreichender Form gelagert werden, um den Boden vorübergehend aufzubewahren; diese Lagerung darf ferner nur so lange währen, bis das Unternehmen in der Lage ist, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen(25).

45.      Meines Erachtens sollte der Gerichtshof eine Übertragung der Anforderungen, die im Urteil Brady für die weitere Verwendung von zur Verteilung auf landwirtschaftlichen Flächen bestimmtem Material aufgestellt wurden, auf einen Bodenaushub betreffenden Fall wie denjenigen des Ausgangsverfahrens in Betracht ziehen. Dies trüge zur konkreteren Beurteilung der Frage bei, ob die weitere Verwendung dieses Materials im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2008/98 hinreichend sicher ist. In der Tat dürfte den Angaben des vorlegenden Gerichts im Vorabentscheidungsersuchen meines Erachtens zu entnehmen sein, dass die ersten drei Anforderungen im Ausgangsverfahren erfüllt waren. Dagegen enthält das Vorabentscheidungsersuchen keine Angaben dazu, ob der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bodenaushub sofort geliefert wurde oder nicht, so dass fraglich ist, ob die die Lagerung dieses Materials betreffende Anforderung überhaupt einschlägig war. Jedenfalls ist noch einmal hervorzuheben, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, diese Beurteilung vorzunehmen und abschließend darüber zu befinden, ob die Voraussetzung nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2008/98 als erfüllt anzusehen ist.

3)      Keine weitere Verarbeitung und integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses

46.      Was die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2008/98 angeht, wonach der Stoff oder Gegenstand direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden kann und der Stoff oder Gegenstand als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt werden muss, so steht meines Erachtens fest, dass für den zur Geländeregulierung gelieferten Bodenaushub vor seiner weiteren Verwendung keine weitere Verarbeitung oder Behandlung erforderlich ist. Dies gilt umso mehr, wenn, wie mehrfach erwähnt, dieser Bodenaushub einer Prüfung unterzogen wurde, aufgrund derer er als nicht kontaminiertes Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft wurde, wie nach nationalem Recht anerkannt(26).

47.      Im Übrigen habe ich oben in den Nrn. 41 und 42 bereits ausgeführt, dass der Begriff „Herstellungsverfahren“ in Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2008/98 dahin ausgelegt werden sollte, dass er Tätigkeiten der wirtschaftlichen Transformation umfasst, die über ausschließlich in einem industriellen Kontext stattfindende Tätigkeiten hinausreichen. Im Rahmen der vorliegenden Rechtssache ist das Verständnis des Umstands wichtig, dass ein Bodenaushub unumgänglich aus einem der ersten Schritte entsteht, die im Verfahren der Bauausführung üblicherweise unternommen werden und die zur Transformation des Geländes führen. Daher ist Bodenaushub als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/98 anzusehen.

48.      Meines Erachtens ist es schließlich wichtig, dass der Gerichtshof auch ein dynamisches Verständnis mit Blick auf die Frage zugrunde legt, wie regelmäßig ein bestimmtes Nebenprodukt als solches von einem Unternehmen geliefert wird, was allerdings keine in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 ausdrücklich geregelte Voraussetzung ist. Selbst wenn ein Material nicht regelmäßig als Nebenprodukt bereitgestellt würde, was für Porr Bau und den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bodenaushub der Fall sein könnte, darf hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Lieferung dieses Materials sich nicht weiterentwickeln und in eine Tätigkeit münden könnte, die geeignet ist, regelmäßiger ausgeführt zu werden, falls sich hieraus für das Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil ergibt.

4)      Weitere rechtmäßige Verwendung

49.      Was schließlich die Voraussetzung angeht, dass die weitere Verwendung des in Rede stehenden Stoffes oder Gegenstands rechtmäßig sein muss, so muss der Stoff oder Gegenstand nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2008/98 insbesondere alle einschlägigen Produkt‑, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für seine jeweilige Verwendung erfüllen und darf insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führen.

50.      Insoweit habe ich bereits darauf hingewiesen, dass nach den Angaben des vorlegenden Gerichts der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Boden nach einer vor seiner Wiederverwendung durchgeführten Qualitätsanalyse in die höchste Qualitätsklasse für nicht kontaminiertes Aushubmaterial im Sinne der österreichischen Rechtsvorschriften, insbesondere des Bundes-Abfallwirtschaftsplans, eingestuft worden war. Wie oben in Nr. 12 ausgeführt, legt dieser Abfallwirtschaftsplan konkrete Anforderungen in Bezug auf die Reduktion der Abfallmengen, des Schadstoffgehalts der Abfälle und ihrer nachteiligen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen fest. Ferner ist nach diesem Plan die Verwendung nicht kontaminierten Bodens der höchsten Qualitätsklasse für Geländeanpassung und Flächenentwicklung geeignet und zulässig.

51.      Insofern, als die Einstufung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bodenaushubs deutlich macht, dass es sich zum einen um nicht kontaminierten Boden handelt und dass dieser zum anderen für den konkreten Zweck der Geländeanpassung geeignet ist, dürfte somit die vierte Voraussetzung in einer Fallgestaltung wie derjenigen des Ausgangsverfahrens ebenfalls als erfüllt anzusehen sein.

c)      Schlussbemerkung

52.      Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung ein Bauunternehmen, das Boden sorgfältig auswählt, ihn einer Qualitätsprüfung unterzieht und ihn als nicht kontaminiertes Material der höchsten Qualitätsklasse ausliefert, um einer konkreten Anfrage örtlicher Wirtschaftsteilnehmer nachzukommen, die dieses Material benötigen, sich dieses Materials nicht entledigen will, sondern es vielmehr unter für dieses Unternehmen vorteilhaften Bedingungen zu nutzen sucht. Dieser Bodenaushub ist daher unter den konkreten Umständen der vorliegenden Rechtssache nicht als Abfall im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 anzusehen.

53.      Dagegen ist Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 meines Erachtens dahin auszulegen, dass nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse, der ausgeliefert wird, um einer konkreten Anfrage örtlicher Wirtschaftsteilnehmer nachzukommen, nachdem dieser Boden ausgewählt und einer Qualitätsprüfung unterzogen wurde, ein Nebenprodukt darstellt, sofern die in diesem Artikel genannten Voraussetzungen nach Maßgabe der in den vorstehenden Nummern der vorliegenden Schlussanträge genannten Hinweise erfüllt sind.

B.      Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft

54.      Meine vorstehende Würdigung führt dazu, dass es einer Prüfung der drei vom nationalen Gericht gestellten Fragen nach der Auslegung von Art. 6 der Richtlinie 2008/98 nicht bedarf. Für den Fall jedoch, dass nach Auffassung des Gerichtshofs dem Ergebnis nicht zu folgen sein sollte, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bodenaushub als Nebenprodukt anzusehen ist, sondern dass dieser vielmehr als Abfall anzusehen ist, werde ich auf diese drei Fragen im Folgenden eingehen.

1.      Art. 6 der Richtlinie 2008/98 und die Rechtsprechung des Gerichtshofs

55.      Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 in der auf das vorliegende Verfahren anwendbaren Fassung(27) sind bestimmte Abfälle nicht mehr als Abfälle im Sinne von Art. 3 Nr. 1 anzusehen, wenn sie ein Verwertungsverfahren, wozu auch ein Recyclingverfahren zu rechnen ist, durchlaufen haben.

56.      Nach dieser Vorschrift müssen für das Ende der Abfalleigenschaft auch spezifische Kriterien erfüllt sein, die sich aus den folgenden Bedingungen ergeben: Erstens muss der betreffende Stoff oder Gegenstand gemeinhin für bestimmte Zwecke verwendet werden; zweitens muss ein Markt für diesen Stoff oder Gegenstand oder eine Nachfrage danach bestehen; drittens muss der Stoff oder Gegenstand die technischen Anforderungen für die bestimmten Zwecke erfüllen und den bestehenden Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse genügen, und viertens darf die Verwendung des Stoffes oder Gegenstands insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führen.

57.      Nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/98 werden die speziellen Kriterien für das Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft in erster Linie von der Europäischen Kommission festgelegt. In Ermangelung von Durchführungsvorschriften auf der Unionsebene sind nach Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2008/98 jedoch die Mitgliedstaaten befugt, im Einzelfall zu entscheiden, ob bestimmte Abfälle nicht mehr als Abfälle anzusehen sind.

58.      Der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere seinem Urteil Tallinna Vesi, ist ferner zu entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber nicht näher bestimmt hat, welcher Art die Maßnahmen exakt zu sein haben, die sich auf das Ende der Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstands beziehen(28). Die Mitgliedstaaten können somit das Ende der Abfalleigenschaft für bestimmte Abfallarten durch eine nationale Regelung mit allgemeiner Geltung regeln(29). Alternativ können die Mitgliedstaaten auch Einzelfallentscheidungen, insbesondere auf Antrag der Besitzer des als „Abfall“ qualifizierten Stoffes oder Gegenstands, erlassen(30). Die Mitgliedstaaten können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sogar entscheiden, dass die Abfalleigenschaft bestimmter Abfälle nicht enden kann, und vom Erlass einer Regelung bezüglich des Endes ihrer Abfalleigenschaft absehen(31).

59.      In jedem dieser drei Zusammenhänge müssen die Mitgliedstaaten jedoch dafür sorgen, dass ihre nationalen Rechtsvorschriften – oder der Umstand, dass solche Rechtsvorschriften nicht erlassen wurden – der Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 2008/98 nicht im Weg steht. Diese Ziele sind vom Gerichtshof definiert worden als die Förderung der Anwendung der nach Art. 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Abfallhierarchie und, wie aus den Erwägungsgründen 8 und 29 dieser Richtlinie ersichtlich, die Förderung der Verwertung von Abfällen und der Verwendung verwerteter Materialien zur Erhaltung der natürlichen Rohstoffquellen und zur Schaffung einer Recycling-Wirtschaft(32). Außerdem müssen die auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2008/98 erlassenen Maßnahmen die Einhaltung der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis d dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen sicherstellen und insbesondere jede mögliche schädliche Auswirkung des betreffenden Stoffes oder Gegenstands auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit berücksichtigen(33).

2.      Ende der Abfalleigenschaft für nicht kontaminierten Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse

60.      In der vorliegenden Rechtssache ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass das vorlegende Gericht nach § 5 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes entscheiden muss, wann die Abfalleigenschaft des im Ausgangsverfahren von Porr Bau an örtliche Landwirte gelieferten unkontaminierten Bodenaushubs der höchsten Qualitätsklasse endete. Die Antwort auf diese Frage ist von hoher Bedeutung, weil die Entrichtung eines Beitrags für das Ablagern von Abfällen nach dem Altlastensanierungsgesetz davon abhängt, zu welchem Zeitpunkt die Abfalleigenschaft des Materials entfallen ist(34).

a)      Anwendbare nationale Vorschrift und Rechtsprechung

61.      § 5 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes bestimmt im Wesentlichen, dass für die aus Abfällen gewonnenen Stoffe oder Gegenstände das Ende der Abfalleigenschaft so lange nicht eintritt, bis sie unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden oder bis ihre Vorbereitung zur Wiederverwendung abgeschlossen ist.

62.      Diese Regelung des Abfallwirtschaftsgesetzes ist jedoch auf Aushubmaterial nicht vollständig anwendbar. Nach dem Vorabentscheidungsersuchen und dem dies bestätigenden Vortrag der österreichischen Regierung(35) tritt für Aushubmaterial das Ende der Abfalleigenschaft nämlich nur ein, wenn es unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet worden ist. Für solches Material ist daher eine Verwertung durch Vorbereitung zur Wiederverwendung nicht infolge einer Entscheidung möglich, die Österreich auf der Grundlage des den Mitgliedstaaten durch Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2008/98 gewährten Ermessensspielraums erlassen hätte. Hinzu kommt noch, dass für Aushubmaterial das Ende der Abfalleigenschaft nur eintritt, wenn formale Anforderungen wie Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten nach dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan erfüllt sind.

63.      Der vorliegende Rechtsstreit geht hauptsächlich auf die zwischen den Parteien streitige Frage zurück, wann für den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bodenaushub davon auszugehen ist, dass er, wie nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 erforderlich, ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat. Nach Ansicht von Porr Bau ist die für dieses Material durchgeführte Qualitätsprüfung zur Feststellung seiner unkontaminiert höchsten Qualitätsklasse als Verfahren der „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ und somit als Verwertung anzusehen. Nach der Ansicht von Porr Bau, mit der das vorlegende Gericht im Vorabentscheidungsersuchen übereinstimmt, stände einer nationalen Vorschrift, die diese Möglichkeit einschränkt, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 entgegen. Demgegenüber soll nach Ansicht der österreichischen Regierung eine Qualitätsprüfung für Bodenaushub nicht als Verfahren der „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ angesehen werden können. Es könne also so lange nicht davon ausgegangen werden, dass dieses Material einer Verwertung unterzogen worden sei, bis es zur Geländeanpassung und Verbesserung von Anbauflächen verwendet werde.

64.      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach dem 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/98 für das Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft ein Verwertungsverfahren „in der bloßen Sichtung des Abfalls bestehen [kann], um nachzuweisen, dass er die Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft erfüllt“.

65.      Dieser Erwägungsgrund wird in Art. 3 Nr. 16 der Richtlinie 2008/98 konkretisiert, wo die „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ förmlich als ein Verfahren definiert wird, das in der „Prüfung, Reinigung oder Reparatur“ von Erzeugnissen oder Bestandteilen von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, besteht, um sie so vorzubereiten, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können(36). Durch eben diese Bestimmung werden Verfahren der „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ ausdrücklich als Verwertung eingestuft. Daher ist davon auszugehen, dass Abfälle, die einem solchen Verfahren zur „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ unterzogen werden, die erste Voraussetzung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 für das Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft erfüllen.

66.      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 4 der Richtlinie 2008/98, der die Hierarchie festlegt, die den Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen im Bereich Abfall zugrunde liegt, die „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ an zweiter Stelle der Prioritätenfolge für die Abfallbewirtschaftung aufgeführt wird, der nur die Vermeidung vorgeht.

67.      Zweitens muss der Abfall, damit das Ende der Abfalleigenschaft eintritt, nicht nur einem Verwertungsverfahren, wie etwa einer Prüfung wie der oben erwähnten, unterzogen werden. Bestimmte Abfälle ändern ihre Eigenschaft nämlich erst dann, wenn sichergestellt ist, dass das betreffende Erzeugnis nicht gesundheitsschädlich ist(37). Dies gilt umso mehr, als, wie der Gerichtshof kürzlich festgestellt hat, das Ende der Abfalleigenschaft den Schutz entfallen lässt, den das Abfallrecht in Bezug auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit gewährleistet(38). Daher ist bei der Verwertung von Abfällen ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten(39) und die vollständige Einhaltung der Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 durch ein konkretes Verwertungsverfahren sicherzustellen.

68.      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob eine nationale Regelung, die für nicht kontaminierten Boden der höchsten Qualitätsklasse das Ende der Abfalleigenschaft nur dann eintreten lässt, wenn er als Substitution von Rohstoffen verwendet worden ist und bestimmte formale Anforderungen erfüllt worden sind, nicht aber dann, wenn seine Unkontaminiertheit und höchste Qualitätsklasse festgestellt worden sind, mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 in seiner Auslegung durch den Gerichtshof vereinbar ist.

b)      Qualitätsprüfung als Verwertung

69.      Zum einen steht meines Erachtens hinreichend fest, dass eine Prüfung, die eine Feststellung der Bodenqualität und der Unkontaminiertheit von Aushubmaterial ermöglicht, unter formalen Gesichtspunkten geeignet ist, als „Prüfungsverfahren“ angesehen zu werden, und somit unter den Begriff „Vorbereitung zur Wiederverwendung“ im Sinne von Art. 3 Nr. 16 der Richtlinie 2008/98 fällt. Nach Ansicht der österreichischen Regierung soll diese Art von Verfahren nach dieser Vorschrift auf „Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen“ beschränkt sein und der in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende Bodenaushub nicht hierunter fallen können. Diesem Vorbringen sollte jedoch aus ähnlichen wie den oben in den Nrn. 41 und 42 dargelegten Gründen nicht gefolgt werden; dort wird dem Gerichtshof vorgeschlagen, Tätigkeiten der Flächentransformation, wie etwa Bauarbeiten, als Herstellungsprozess und einen Bodenaushub somit als Produkt dieser Tätigkeit anzusehen. Bodenaushub kann daher für Verfahren der Vorbereitung zur Wiederverwendung in Frage kommen.

70.      Zum anderen ist es sicherlich Sache eines nationalen Gerichts, erforderlichenfalls auf der Grundlage einer wissenschaftlichen und technischen Analyse zu prüfen(40), ob eine durchgeführte Qualitäts- und Kontaminierungsprüfung des Bodenaushubs sich dafür eignet, Schäden für die Umwelt und die menschliche Gesundheit auszuschließen, und ob sie außerdem dafür geeignet ist, festzustellen, ob die oben in Nr. 56 genannten Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 beachtet worden sind. Das Ziel sollte darin bestehen, sicherzustellen, dass der Bodenaushub für eine konkrete Nutzung kein größeres Risikopotenzial darstellt als vergleichbare Rohstoffe.

71.      Was diese Voraussetzungen angeht, so dürften sie in Anbetracht der im Vorabentscheidungsersuchen festgestellten Tatsachen im Ausgangsverfahren erfüllt sein. Das Vorabentscheidungsersuchen weist erstens darauf hin, dass vor dem Aushub feststand, dass nicht kontaminierter Boden der höchsten Qualitätsklasse für einen bestimmten Zweck verwendet werden würde, nämlich zur Geländeregulierung und Rekultivierung von Anbauflächen. Zweitens bestand eine konkrete Nachfrage nach dem Bodenaushub, namentlich seitens der Landwirte, die deswegen an den Besitzer nicht kontaminierten Bodens der höchsten Qualitätsklasse herantraten. Drittens ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass der Bodenaushub die technischen Anforderungen und Normen für die Geländeregulierung und Rekultivierung der Anbauflächen erfüllte und den einschlägigen Rechtsvorschriften und Normen genügte. Viertens würde offenbar angesichts der höchsten Qualitätsklasse des Bodenaushubs nach dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan die Verwendung des Stoffes oder Gegenstands insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass das vorlegende Gericht im Vorabentscheidungsersuchen ausdrücklich darauf hinweist, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bodenaushub nachweislich unter den Kontaminationsgrenzwerten blieb, die im österreichischen Bundes-Abfallwirtschaftsplan für die bestimmte Verwendung zur Geländeanpassung und Flächenentwicklung festgelegt sind.

72.      Ich möchte betonen, dass mit der vorstehend dargelegten Auslegung von Art. 3 Nr. 16 und Art. 6 der Richtlinie 2008/98, nach der für Bodenaushub, der geprüft und nach nationalem Recht als Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft worden ist, die Abfalleigenschaft entfällt, sichergestellt wird, dass die Wirksamkeit der Richtlinie 2008/98, wie nach der oben in Nr. 59 angeführten Rechtsprechung erforderlich, nicht untergraben wird, wonach die Mitgliedstaaten im Wesentlichen dazu verpflichtet sind, für Stoffe oder Gegenstände das Ende der Abfalleigenschaft eintreten zu lassen, wenn dies zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 2008/98 beiträgt.

73.      Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Verwendung von Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse zum Zweck der Geländeregulierung und Rekultivierung von Anbauflächen es ermöglicht, die in Art. 4 der Richtlinie 2008/98 festgelegte Abfallhierarchie zu wahren und insbesondere der Forderung nach einer Verwertung von Abfällen zur Erhaltung der natürlichen Rohstoffquellen und zur Schaffung einer Recycling-Wirtschaft zu entsprechen.

74.      In der Tat trägt Porr Bau vor, dass, wenn für nicht kontaminiertes, in die höchste Qualitätsklasse eingestuftes Aushubmaterial das Ende der Abfalleigenschaft im Nachgang zu einer Qualitätsprüfung verneint werde, dieser Boden, der aufgrund seiner Eigenschaften zur Verbesserung von Anbauflächen verwendet werden könne, in Einklang mit den nach der Richtlinie 2008/98 und dem österreichischen nationalen Recht bestehenden Verpflichtungen auf einer Deponie hätte entsorgt werden können. Dies würde nicht nur zu einer potenziellen Belastung der Deponiekapazitäten, sondern auch zur Verunreinigung dieses Bodens führen, der dann nicht mehr zu sinnvollen Zwecken genutzt werden könnte. Außerdem unterläge der Besitzer dieser Abfälle nach österreichischem Recht einer Altlastenbeitragspflicht, anstatt, wie bereits ausgeführt, die Abfallhierarchie umzusetzen und der Forderung nach einer Verwertung von Abfällen zur Erhaltung der natürlichen Rohstoffquellen zu entsprechen. Dies liefe dem Verursacherprinzip zuwider, das nach den Erwägungsgründen 1 und 26 der Richtlinie 2008/98 ein Leitgedanke des europäischen Umweltrechts und der europäischen Umweltpolitik ist.

75.      Demnach kann meines Erachtens dann, wenn für Bodenaushub das Ende der Abfalleigenschaft eintritt, sobald er einer Prüfung unterzogen und als nicht kontaminiertes Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft wurde, den Zielen der Richtlinie 2008/98 entsprochen werden. Eine nationale Regelung, wonach das Ende der Abfalleigenschaft ausschließlich dann eintreten kann, wenn diese Art von Boden unmittelbar als Ersatz für Rohstoffe verwendet wird, und die eine Vorbereitung zu seiner Wiederverwendung außer Acht lässt, überschreitet den den Mitgliedstaaten zuerkannten Ermessensspielraum und ist daher mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 unvereinbar.

c)      Formale Anforderungen

76.      Was die formalen Anforderungen wie etwa Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten angeht, die nach den Angaben des vorlegenden Gerichts für das Eintreten des Endes der Abfalleigenschaft bei Aushubmaterial zusätzlich erfüllt sein müssen, sollte ein ähnliches Verständnis gelten. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass formale Anforderungen die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 2008/98 nicht beeinträchtigen. Mit anderen Worten steht eine nationale Regelung, wonach für Aushubmaterial die Abfalleigenschaft bei Nichteinhaltung formaler Verpflichtungen nicht enden kann, auch wenn die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 erfüllt sind, der Erreichung der Ziele der Richtlinie 2008/98 entgegen, so dass eine solche Regelung unangewendet zu lassen ist.

77.      Zwar ist, wie von der österreichischen Regierung vorgetragen, dem Unionsrecht die Festlegung formaler Anforderungen für das Ende der Abfalleigenschaft nicht unbekannt. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über einen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft. Diese formalen Anforderungen müssen jedoch so ausgestaltet sein, dass sie ihre Ziele erreichen, ohne die Ziele der Richtlinie 2008/98 zu beeinträchtigen.

78.      Nach der Darstellung des vorlegenden Gerichts im Vorabentscheidungsersuchen im Ausgangsverfahren ist dies offenbar nicht der Fall. Wie von der österreichischen Regierung in ihren Erklärungen eingeräumt, kam der vor dem vorlegenden Gericht angefochtene Bescheid nämlich zu dem Ergebnis, dass für den in Rede stehenden Bodenaushub das Ende der Abfalleigenschaft im Wesentlichen deshalb nicht eingetreten sei, weil bestimmte, im Bundes-Abfallwirtschaftsplan festgelegte formale Anforderungen nicht eingehalten worden seien. Wie schon mehrfach erwähnt, gibt das vorlegende Gericht indes an, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bodenaushub in die höchste Qualitätsklasse eingestuft worden ist und nachweislich unter den Kontaminationsgrenzwerten blieb, die im österreichischen Bundes-Abfallwirtschaftsplan für die konkrete Verwendung zur Geländeanpassung und Flächenentwicklung festgelegt sind.

79.      Die Beschwerdegegnerin kam daher aufgrund der formalen Anforderungen zu dem Schluss, dass es sich bei dem nicht kontaminierten Aushubmaterial der höchsten Qualitätsklasse um Abfall handele, so dass zu seiner Entsorgung und dem Erwerb neuer Rohstoffe Anlass gegeben wurde, anstatt die Wiederverwendung bereits vorhandenen Materials zu fördern. Soweit sie von der Wiederverwendung nicht kontaminierten Materials der höchsten Qualitätsklasse abhalten könnten, ist bei formalen Anforderungen ohne Umweltrelevanz davon auszugehen, dass sie die Förderung der Abfallhierarchie nach Art. 4 der Richtlinie 2008/98 und somit deren praktische Wirksamkeit beeinträchtigen.

d)      Schlussbemerkung

80.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach für nicht kontaminierten Bodenaushub, der für den konkreten Zweck der Flächenentwicklung nach nationalem Recht als Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft ist, das Ende der Abfalleigenschaft nur dann eintritt, wenn er unmittelbar als Substitution von Rohstoffen verwendet wird, und soweit diese Regelung das Ende der Abfalleigenschaft nicht eintreten lässt, solange der Besitzer bestimmte formale Anforderungen ohne Umweltrelevanz, wie etwa Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, nicht erfüllt.

V.      Ergebnis

81.      Aufgrund der vorstehenden Würdigung schlage ich dem Gerichtshof vor, das Vorabentscheidungsersuchen des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (Österreich) wie folgt zu beantworten:

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach für nicht kontaminierten Bodenaushub, der für den konkreten Zweck der Flächenentwicklung nach nationalem Recht als Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft ist, das Ende der Abfalleigenschaft nur dann eintritt, wenn er unmittelbar als Substitution von Rohstoffen verwendet wird, und soweit diese Regelung das Ende der Abfalleigenschaft nicht eintreten lässt, solange der Besitzer bestimmte formale Anforderungen ohne Umweltrelevanz, wie etwa Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, nicht erfüllt.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 ist jedoch in einem Fall wie demjenigen des Ausgangsverfahrens insoweit nicht anzuwenden, als Art. 3 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 dahin auszulegen sind, dass nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsklasse, der ausgeliefert wird, um einer Anfrage örtlicher Landwirte zur Geländeanpassung und Flächenentwicklung nachzukommen, nachdem dieser Boden ausgewählt und einer Qualitätsprüfung unterzogen wurde, keinen Abfall, sondern ein Nebenprodukt darstellt, sofern die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a bis d der Richtlinie 2008/98 erfüllt sind. Dies zu beurteilen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3).


3      Urteil vom 28. März 2019, Tallinna Vesi (C‑60/18, EU:C:2019:264, im Folgenden: Urteil Tallinna Vesi).


4      Urteil vom 14. Oktober 2020, Sappi Austria Produktion und Wasserverband „Region Gratkorn-Gratwein“ (C‑629/19, EU:C:2020:824, im Folgenden: Urteil Sappi).


5      Die Richtlinie 2008/98 wurde zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/851 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (ABl. 2018, L 150, S. 109) geändert. Ihre Umsetzungsfrist endete am 5. Juli 2020. Das vorlegende Gericht gibt im Vorabentscheidungsersuchen jedoch an, dass auf das Ausgangsverfahren die Fassung der Richtlinie 2008/98 vor Vornahme der durch die Richtlinie 2018/851 eingeführten Änderungen anwendbar sei. Da nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Bestimmung des auf dieses Verfahren anwendbaren rechtlichen Rahmens ausschließlich das nationale Gericht zuständig ist, werde ich seine Beurteilung der in der vorliegenden Rechtssache anwendbaren Fassung der Richtlinie 2008/98 nicht in Frage stellen.


6      Vgl. hierzu elfter Erwägungsgrund a. E. der Richtlinie 2008/98.


7      Zu einer Darstellung dieser Kriterien aus jüngerer Zeit vgl. Urteil Sappi, Rn. 43 bis 53 und die dort angeführte Rechtsprechung.


8      Urteil vom 4. Juli 2019, Tronex (C‑624/17, EU:C:2019:564, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).


9      Urteil Sappi, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung.


10      Urteil vom 4. Juli 2019, Tronex (C‑624/17, EU:C:2019:564, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11      Urteil vom 24. Juni 2008, Commune de Mesquer (C‑188/07, EU:C:2008:359, Rn. 41).


12      Urteil vom 4. Juli 2019, Tronex (C‑624/17, EU:C:2019:564, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


13      Urteil vom 3. Oktober 2013, Brady (C‑113/12, EU:C:2013:627, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. 1975, L 194, S. 39), später geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. 1991, L 78, S. 32) und konsolidiert in der Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Abfälle (ABl. 2006, L 114, S. 9).


15      Urteil vom 4. Juli 2019, Tronex (C‑624/17, EU:C:2019:564, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


16      Urteil Sappi, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung.


17      Durch § 2 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes wird Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 in österreichisches Recht umgesetzt.


18      Vgl. als ein weiteres Beispiel Urteil vom 1. März 2007, KVZ retec (C‑176/05, EU:C:2007:123, Rn. 64).


19      Vgl. u. a. Urteil Sappi, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung.


20      Aushub wird in der klassischen Ökonomie als Nebenprodukt von Grund und Boden eingestuft. Vgl. u. a. Pearce, D. W., Macmillan dictionary of Modern Economics, Macmillan Education UK, London, S. 311‑320. Für eine konkrete Veranschaulichung vgl. auch Environmental Protection Agency of Ireland, Guidance on Soil and Stone By-products, Juni 2019, verfügbar unter https://www.epa.ie/publications/licensing--permitting/waste/Guidance_on_Soil_and_Stone_By_Product.pdf.


21      Vgl. Urteil vom 3. Oktober 2013, Brady (C‑113/12, EU:C:2013:627, Rn. 60).


22      Vgl. ebd., Rn. 48.


23      Ebd., Rn. 53.


24      Ebd., Rn. 52, 53 und 56.


25      Ebd., Rn. 55 und 56.


26      Wie von Porr Bau in ihren Erklärungen – von den anderen Beteiligten im Verfahren vor dem Gerichtshof unbestritten – vorgetragen, handelte es sich bei dem gelieferten Boden um „jungfräulichen Boden“, der einer landwirtschaftlichen Fläche entnommen und direkt auf andere ebenfalls landwirtschaftliche Flächen geliefert wurde.


27      Vgl. oben, Fn. 5.


28      Urteil Tallinna Vesi, Rn. 22.


29      Ebd., Rn. 23 und 25.


30      Ebd., Rn. 24.


31      Ebd., Rn. 26.


32      Ebd., Rn. 23 und 27.


33      Ebd., Rn. 23. Siehe insoweit auch Art. 13 der Richtlinie 2008/98.


34      Hierzu erläutert die österreichische Regierung, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als Abfall erachtetes Aushubmaterial auch noch zu dem Zeitpunkt als Abfall eingestuft werde, zu dem es zur Flächenentwicklung verwendet werde. Selbst wenn für dieses Material infolge einer konkreten Verwendung die Abfalleigenschaft ende, bedeute dies, dass dieser Umstand für die Beitragspflicht nach dem Altlastensanierungsgesetz ohne Belang sei.


35      Vgl. hierzu die Präambel des Abfallwirtschaftsgesetzes.


36      Diese Bestimmung wurde gleichlautend in österreichisches Recht umgesetzt, insbesondere in § 2 Abs. 5 Nr. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes.


37      Urteil Tallinna Vesi, Rn. 23.


38      Ebd.


39      Urteil Sappi, Rn. 66.


40      Ebd., Rn. 67.