Language of document : ECLI:EU:T:2022:854

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

21. Dezember 2022(*)

„Sozialpolitik – Finanzhilfen für Maßnahmen zur Förderung von Initiativen auf dem Gebiet der Unternehmensführung – Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen VP/2020/008 – Ausschluss der Europäischen Betriebsräte ohne Rechtspersönlichkeit – Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) 2018/1046“

In der Rechtssache T‑330/21,

EWC Academy GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin H. Däubler-Gmelin,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch R. Pethke und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, der Richterin T. Perišin und des Richters P. Zilgalvis (Berichterstatter),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund der Bestellung eines anderen Richters zur Vervollständigung der Kammer infolge der Verhinderung eines ihrer Mitglieder,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, EWC Academy GmbH, die Nichtigerklärung des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 14. April 2021, mit dem diese den Antrag auf Finanzbeihilfe ablehnte, den die Klägerin als Koordinatorin eines Konsortiums im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen VP/2020/008 betreffend die Arbeitnehmerbeteiligung an der Unternehmensführung gestellt hatte (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen

2        Am 2. Juni 2020 wurde die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen VP/2020/008 (information, consultation and participation of representatives of undertakings) betreffend die Gewährung von Finanzhilfen für Maßnahmen zur Förderung von Initiativen auf dem Gebiet der Unternehmensführung (im Folgenden: Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen) veröffentlicht.

3        Diese Veröffentlichung erfolgte im Rahmen der als Finanzierungsbeschluss geltenden Entscheidung C(2019) 6522 final der Kommission vom 16. September 2019 über das Arbeitsprogramm des Jahres 2020 für Finanzhilfen und Märkte betreffend die Vorrechte und besonderen Zuständigkeiten der Generaldirektion „Beschäftigung, Soziales und Inklusion“.

4        Nach Punkt 2.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen sollen durch die verfügbaren Darlehen im Wesentlichen Maßnahmen gefördert werden, die den Sozialpartnern und gesellschaftlichen Akteuren erlauben, sich mit dem Recht und den Politiken der Europäischen Union betreffend die Einbindung der Beschäftigten in Unternehmen vertraut zu machen und an der Definition und Umsetzung konkreter Antworten auf die sich aus dieser Einbindung ergebenden Herausforderungen zu arbeiten. Insoweit betrafen die für das Haushaltsjahr 2020 festgelegten Prioritäten u. a. die Förderung transnationaler Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern, den Austausch und die Verbreitung von Wissen und bewährten Verfahren sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Erhaltung von Mechanismen und Unterstützung transnationaler Informations‑, Beratungs- und Beteiligungsorgane einschließlich der Europäischen Betriebsräte.

5        In diesem Zusammenhang erläutert Punkt 6.1 Buchst. b der Aufforderung zur Einreichung von Vorschläge, dass es sich bei den als Antragsteller, federführende Antragsteller und Mitantragsteller bei dieser Aufforderung in Frage kommenden Stellen um natürliche Personen oder um Arbeitnehmervertreter – etwa Betriebsräte – handeln muss. Ebenso sind auch die Organisationen der Sozialpartner, die nach dem nationalen Recht keine Rechtspersönlichkeit besitzen, gemäß Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) zur Einreichung einer Bewerbung berechtigt, sofern sie die Bedingungen dieser Verordnung erfüllen.

6        Gemäß Punkt 8.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen müssen die Antragsteller, federführenden Antragsteller und Mitantragsteller finanziell leistungsfähig sein, um ihre Tätigkeit während der Dauer der Maßnahme aufrechtzuerhalten und erforderlichenfalls zu deren Finanzierung beizutragen.

 Verwaltungsverfahren

7        Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Schulungs- und Beratungsleistungen anbietet und auf Fragen der Arbeitnehmervertretung in einem grenzüberschreitenden Kontext spezialisiert ist.

8        Die Klägerin sowie die Europäischen Betriebsräte der Gesellschaften Mayr-Melnhof Packaging und DS Smith Plc schlossen sich zu einem Konsortium zusammen, um auf die Aufforderung hin einen entsprechenden Vorschlag einzureichen. Das Vorhaben des Konsortiums betraf im Wesentlichen die Entwicklung und Durchführung von Workshops, Konferenzen und Schulungen, die sich an in der Verpackungsindustrie beschäftigte Arbeitnehmer richten.

9        Am 30. Juli 2020 reichte die Klägerin einen Antrag auf Finanzhilfe ein und benannte als Mitantragsteller die Europäischen Betriebsräte von Mayr-Melnhof Packaging und von DS Smith (im Folgenden: mitantragstellende Betriebsräte). Dem Antrag war u. a. eine ehrenwörtliche Erklärung der Vorsitzenden dieser Betriebsräte beigefügt, in der diese bestätigten, dass sie über die gemäß den in der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen genannten Bedingungen erforderliche finanzielle und operative Leistungsfähigkeit verfügten.


10      Am 14. September 2020 forderte die Kommission die Klägerin auf, die Eintragung bei den nationalen Behörden für die mitantragstellenden Betriebsräte nachzuweisen.

11      Am 15. September 2020 antwortete die Klägerin, dass es sich um durch ihre Vorsitzenden vertretene Europäische Betriebsräte handele, die keiner Eintragung bedürften.

12      Mit Schreiben vom 20. Januar 2021 wies die Kommission die Klägerin darauf hin, dass der Antrag des Konsortiums in Bezug auf die Auswahlkriterien erfolgreich bewertet wurde, und forderte sie zur Vorlage ergänzender Unterlagen, u. a. des Formulars „Rechtsträger“, auf.

13      Am 25. Januar 2021 erklärte die Klägerin gegenüber der Kommission, dass die mitantragstellenden Betriebsräte keine Rechtspersönlichkeit besäßen und daher auch keine entsprechenden Dokumente vorgelegt werden könnten.

14      Die Kommission forderte die Klägerin nach Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung auf, den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit des Europäischen Betriebsrats von Mayr-Melnhof Packaging zu erbringen, und verlangte mit E‑Mail vom 24. März 2021 die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung dieses Betriebsrats.

15      In ihrem Schreiben vom 29. März 2021 wies die Klägerin darauf hin, dass es ihr nicht möglich sei, die finanzielle Leistungsfähigkeit der mitantragstellenden Betriebsräte nachzuweisen, da die Europäischen Betriebsräte außer in Frankreich über kein eigenes Bankkonto verfügten und keine Bilanz erstellten.

16      Mit dem Schreiben Ares(2021) 2519314 vom 14. April 2021 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, mit dem sie den von der Klägerin als Koordinatorin des Konsortiums im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen eingereichten Antrag ablehnte.

17      Im angefochtenen Beschluss wies die Kommission darauf hin, dass die mitantragstellenden Betriebsräte, trotz der von ihnen abgegebenen ehrenwörtlichen Erklärungen betreffend ihre ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit zur Durchführung des zu fördernden Projekts, weder eine eigene Jahresabrechnung (Bilanz und/oder Gewinn- und Verlustrechnung) noch ein eigenes Bankkonto hätten. Infolgedessen ging die Kommission davon aus, dass diese beiden Betriebsräte die Voraussetzungen von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung sowie die Voraussetzungen von Punkt 8.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen nicht erfüllten.


18      Die Kommission stellte fest, dass die Klägerin infolge der fehlenden Förderfähigkeit der mitantragstellenden Betriebsräte das unter Punkt 6.1 Buchst. b der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen festgelegte Mindestkriterium für die Förderfähigkeit nicht erfülle, so dass der Antrag insgesamt abzulehnen sei.

 Anträge der Parteien

19      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        die Kommission zu verpflichten, einen rechtmäßigen Bewilligungsbescheid zu erlassen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären, soweit sie die Aufforderung an sie betrifft, einen rechtmäßigen Bewilligungsbescheid zu erlassen;

–        die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zuständigkeit des Gerichts

21      Die Kommission macht geltend, das Gericht sei nicht zuständig, über das zweite Klagebegehren zu entscheiden, da die Klägerin eine die Wirkungen eines etwaigen Nichtigkeitsurteils betreffende Feststellung verlange, die eine Anordnung hinsichtlich der Umsetzung dieses Urteils darstelle.

22      Tatsächlich wird das Gericht mit diesem Begehren ersucht, die Kommission zum Erlass eines rechtmäßigen Bescheids über die Bewilligung einer Finanzhilfe zu verpflichten.

23      Insoweit genügt der Hinweis, dass das Gericht im Rahmen der auf Art. 263 AEUV gestützten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt ist, Anordnungen gegen die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zu erlassen (Beschluss vom 22. September 2016, Gaki/Kommission, C‑130/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:731, Rn. 14), auch wenn sie sich auf die Modalitäten der Durchführung seiner Urteile beziehen (Beschluss vom 19. Juli 2016, Trajektna luka Split/Kommission, T‑169/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:441, Rn. 13).

24      Folglich ist das zweite Klagebegehren wegen Unzuständigkeit des Gerichts zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

25      Die Klägerin führt zur Stützung ihrer Klage im Wesentlichen drei Gründe an, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung in Verbindung mit Punkt 8.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen, zweitens einen Verstoß gegen Art. 197 Abs. 3 der Haushaltsordnung und drittens eine Missachtung des Grundsatzes des berechtigten Vertrauens.

26      Zum ersten Klagegrund trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Kommission habe gegen Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung in Verbindung mit Punkt 8.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen verstoßen. Nach ihrer Auffassung darf die Kommission den Europäischen Betriebsräten ohne Rechtspersönlichkeit nicht aufgeben, den Nachweis darüber zu erbringen, dass sie über ein eigenes Bankkonto oder eine eigene Jahresbilanz verfügen.

27      Die Klägerin macht insoweit geltend, dass der Nachweis über das Vorliegen ausreichender finanzieller Mittel von allen Mitgliedern des Konsortiums erbracht worden sei. Die Kommission habe bei ihrer Prüfung nicht berücksichtigt, dass das österreichische Recht bzw. das Recht des Vereinigten Königreichs, das auf die Europäischen Betriebsräte von Mayr-Melnhof Packaging bzw. der DS Smith Plc anwendbar sei, für diese Betriebsräte die Möglichkeit vorsehe, gegen das Unternehmen einen Anspruch auf Erstattung der durch ihre Tätigkeit entstandenen Kosten, einschließlich des Anspruchs auf Fortzahlung der Bezüge der Vorsitzenden und der am Projekt beteiligten Mitglieder, geltend zu machen.

28      Im Übrigen verlange Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung in Bezug auf die Stellen ohne Rechtspersönlichkeit nicht die gleichen Nachweise wie bei juristischen Personen, sondern gleichwertige Nachweise.

29      Schließlich habe eine Auslegung von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung, wie sie die Kommission im angefochtenen Beschluss vornehme, zur Folge, dass nicht nur das antragstellende Konsortium von der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ausgeschlossen werde, sondern auch – mangels Rechtspersönlichkeit –die Mehrheit der Europäischen Betriebsräte der Mitgliedstaaten.

30      Die Kommission macht geltend, dass nach Art. 198 Abs. 2 der Haushaltsordnung der Beweis der finanziellen Leistungsfähigkeit von allen Antragstellern zu erbringen sei, unabhängig davon, ob sie Rechtspersönlichkeit besäßen.


31      Die Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit sei auf der Grundlage der in Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung genannten Informationen und Beweismittel vorzunehmen. Der Zweck dieser Überprüfung bestehe darin, Informationen über die Stabilität und die finanzielle Leistungsfähigkeit des betreffenden Antragstellers zu erhalten.

32      Insoweit bestehe eine größere Unsicherheit in Bezug auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stellen ohne Rechtspersönlichkeit. Dies erhöhe das finanzielle Risiko der Gewährung einer Finanzhilfe für den Gesamthaushalt der Union und ihre finanziellen Interessen. In diesem Zusammenhang solle Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung mit der Forderung zur Erbringung von Nachweisen, die den in Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung genannten gleichwertig sind, lediglich Unsicherheiten ausgleichen, die mit der Rechtsform dieser Stellen verbunden seien, was es rechtfertige, dass insoweit höhere Anforderungen als an juristische Personen gestellt werden könnten.

33      Nach Auffassung der Kommission wäre es Sache der mitantragstellenden Betriebsräte gewesen, nicht nur Nachweise zu erbringen, die mit den in Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung aufgeführten vergleichbar seien, sondern auch Nachweise für ihre Gleichwertigkeit gemäß Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung. Ein Nachweis sei gleichwertig, wenn er dem entspreche, der von einer natürlichen Person verlangt werde, und somit die nach Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung erforderlichen Informationen enthalte.

34      Nach Auffassung der Kommission wird die Gleichwertigkeit der finanziellen Leistungsfähigkeit der mitantragstellenden Betriebsräte mit der einer juristischen Person im angefochtenen Beschluss nicht beurteilt, weil die mitantragstellenden Betriebsräte nicht in der Lage gewesen seien, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit gemäß Art. 198 der Haushaltsordnung zu beweisen. Sie hätten insoweit keinen Nachweis erbracht, dass sie mit finanziellen Mittel ausgestattet seien, über die sie frei verfügen könnten.

35      Gemäß Art. 198 Abs. 2 der Haushaltsordnung muss, wer eine Finanzhilfe beantragt, über „stabile und ausreichende Finanzierungsquellen verfügen, sodass er seine Tätigkeit während des gesamten Zeitraums, für den die Finanzhilfe gewährt wurde, aufrechterhalten und sich an der Finanzierung beteiligen kann (‚finanzielle Leistungsfähigkeit‘)“. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung erfolgt die Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit insbesondere anhand einer Analyse aller in Art. 196 aufgeführten Angaben und Belege betreffend den Inhalt der Finanzhilfeanträge einschließlich u. a. der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz der – bis zu drei – letzten abgeschlossenen Rechnungsjahre.

36      Zudem bestimmt Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung, dass die Stellen, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen, bei einer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen als Antragsteller in Frage kommen, sofern sie in gleichwertiger Weise wie Rechtspersonen Gewähr dafür bieten, dass die finanziellen Interessen der Union geschützt sind. Insofern muss der Antragsteller über eine diesen Rechtspersonen entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen und über seine Vertreter nachweisen, dass diese Bedingungen erfüllt sind.

37      Angesichts des Inhalts von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung, durch den Stellen ohne Rechtspersönlichkeit ermöglicht werden soll, wie natürliche Personen bei Aufforderungen der Union zur Einreichung von Vorschlägen Anträge zu stellen, kann im Hinblick auf die in Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung genannten Angaben und Belege, die zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit im Rahmen eines Finanzhilfeantrags erforderlich sind und u. a. aus der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz der – bis zu drei – letzten abgeschlossenen Rechnungsjahre bestehen, nicht der Auslegung gefolgt werden, dass nur sie allein zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit geeignet sind.

38      Überdies würde bei einer Auslegung von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung, in deren Folge Stellen ohne Rechtspersönlichkeit Nachweise erbringen müssten, die normalerweise mit dem Besitz der Rechtspersönlichkeit verbunden sind, die praktische Wirksamkeit dieser Vorschrift in Frage gestellt, da für die von ihnen gestellten Förderanträge Hindernisse geschaffen würden.

39      Muss es demnach möglich sein, den Nachweis einer finanziellen Leistungsfähigkeit, die der einer juristischen Person gleichwertig ist, auf andere Weise als etwa gemäß Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung zu erbringen, so muss doch anhand der zum Nachweis des Vorliegens einer solchen Leistungsfähigkeit gemachten Angaben gleichwohl überprüft werden können, dass die Stelle ohne Rechtspersönlichkeit in gleicher Weise wie eine natürliche Person in der Lage ist, eine Gewähr dafür zu bieten, dass die finanziellen Interessen der Union geschützt sind; dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung.

40      Im vorliegenden Fall vertrat die Kommission im angefochtenen Beschluss allein deshalb die Auffassung, dass die mitantragstellenden Betriebsräte nicht die Bedingungen von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung und von Punkt 8.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen – wonach die Antragsteller, federführenden Antragsteller und Mitantragsteller finanziell leistungsfähig sein müssen, um ihre Tätigkeit während der Dauer der Maßnahme aufrechtzuerhalten und erforderlichenfalls zu deren Finanzierung beizutragen – erfüllten, weil die beiden Betriebsräte weder über eine eigene Jahresabrechnung (Bilanz und/oder Gewinn- und Verlustrechnung) noch über ein eigenes Bankkonto verfügten (siehe oben, Rn. 17). Somit geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass nach Auffassung der Kommission der Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit die Vorlage von Belegen verlange, die mit dem Bestehen von Jahresabrechnungen (Bilanz und/oder Gewinn- und Verlustrechnung) oder einem Bankkonto verbunden seien.

41      Wie oben in den Rn. 36 bis 39 ausgeführt sieht Art. 197 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 196 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung jedoch nicht vor, dass die Angaben zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stellen ohne Rechtspersönlichkeit sich auf Belege dafür beschränken, dass diese Stellen über eigene Jahresabrechnungen (Bilanz und/oder Gewinn- und Verlustrechnung) oder Bankkonten verfügen.

42      Somit wurde der angefochtene Beschluss unter Verletzung von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung erlassen.

43      Im Übrigen beruht der angefochtene Beschluss entgegen dem Vorbringen der Kommission, wonach u. a. die mitantragstellenden Betriebsräte nicht in der Lage gewesen seien, die Beweise für ihre finanzielle Leistungsfähigkeit vorzulegen, nicht auf diesem darin gar nicht erwähnten Umstand, und sind daher darin auch nicht die Gründe angegeben, weswegen es sich bei den letztlich von der Klägerin im Namen des Konsortiums gemachten Angaben nicht um gemäß Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung zulässige Beweise für die finanzielle Leistungsfähigkeit handele.

44      Nach alledem ist dem auf eine Verletzung von Art. 197 Abs. 2 Buchst. c der Haushaltsordnung in Verbindung mit Punkt 8.1 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen gestützten Klagegrund stattzugeben.

45      Folglich ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, ohne dass es einer Prüfung des zweiten und des dritten Klagegrundes sowie der in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage betreffend eine angebliche Änderung der Höhe des ursprünglich übermittelten Förderantrags bedarf.

 Kosten

46      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr neben ihren eigenen Kosten gemäß dem Antrag der Klägerin auch deren Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss der Europäischen Kommission vom 14. April 2021 über die Ablehnung des von der EWC Academy GmbH gestellten Antrags auf Finanzhilfen gemäß der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen VP/2020/008 wird für nichtig erklärt.

2.      Die Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die EWC Academy entstandenen Kosten.

Costeira

Perišin

Zilgalvis

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. Dezember 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.