Language of document : ECLI:EU:C:2021:565

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 8. Juli 2021(1)

Rechtssache C422/20

RK

gegen

CR

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Köln [Deutschland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Anerkennung – Erbsachen und Europäisches Nachlasszeugnis – Zuständigkeit bei Rechtswahl – Unzuständigerklärung eines zuvor angerufenen Gerichts“






I.      Einleitung

1.        Nach Art. 4 („Allgemeine Zuständigkeit“) der Verordnung (EU) Nr. 650/2012(2) sind „[f]ür Entscheidungen in Erbsachen … für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte“. Das in dieser Bestimmung für die Ermittlung der gerichtlichen Zuständigkeit aufgestellte Kriterium entspricht demjenigen, das in Art. 21 („Allgemeine Kollisionsnorm“) Abs. 1 dieser Verordnung für die Ermittlung des auf die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts festgelegt ist.

2.        Die Kohärenz dieser Kriterien ermöglicht es, allgemein sicherzustellen, dass der Grundsatz des Gleichlaufs von anwendbarem Recht und Gerichtsstand(3) beachtet wird, auf den im 27. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 650/2012 Bezug genommen wird. In diesem Erwägungsgrund wird darauf hingewiesen, dass die Vorschriften dieser Verordnung so angelegt sind, dass sichergestellt wird, dass die mit der Erbsache befasste Behörde in den meisten Situationen ihr eigenes Recht anwendet.

3.        Nach Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 darf eine Person für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Eine solche Wahl kann aber diesen Grundsatz des Gleichlaufs von anwendbarem Recht und Gerichtsstand in Frage stellen. Die Verordnung Nr. 650/2012 sieht gleichwohl Mechanismen vor, die die Beachtung dieses Grundsatzes auch bei einer Rechtswahl sicherstellen sollen. Insbesondere ergibt sich aus Art. 6 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Buchst. a dieser Verordnung, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser gewählt hat, für die Entscheidung zuständig sind, wenn sich ein zuvor angerufenes Gericht auf Antrag eines der Verfahrensbeteiligten für unzuständig erklärt hat.

4.        Diese Bestimmungen stehen im Mittelpunkt der zweiten Vorlagefrage, mit der der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache befasst ist und mit der das vorlegende Gericht wissen möchte, ob und gegebenenfalls inwieweit eine Unzuständigerklärung des zuvor in Erbsachen angerufenen Gerichts eines Mitgliedstaats für das später angerufene Gericht eines anderen Mitgliedstaats bindend ist.

5.        Wie vom Gerichtshof erbeten, werden sich die vorliegenden Schlussanträge auf die Prüfung dieser Frage beschränken.

II.    Rechtlicher Rahmen

6.        Art. 6 („Unzuständigerklärung bei Rechtswahl“) Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 sieht vor:

„Ist das Recht, das der Erblasser nach Artikel 22 zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählt hat, das Recht eines Mitgliedstaats, so verfährt das nach Artikel 4 oder Artikel 10 angerufene Gericht wie folgt:

a)      Es kann sich auf Antrag einer der Verfahrensparteien für unzuständig erklären, wenn seines Erachtens die Gerichte des Mitgliedstaats des gewählten Rechts in der Erbsache besser entscheiden können, wobei es die konkreten Umstände der Erbsache berücksichtigt, wie etwa den gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien und den Ort, an dem die Vermögenswerte belegen sind …“

7.        Art. 7 („Zuständigkeit bei Rechtswahl“) Buchst. a dieser Verordnung bestimmt:

„Die Gerichte eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser nach Artikel 22 gewählt hat, sind für die Entscheidungen in einer Erbsache zuständig, wenn

a)      sich ein zuvor angerufenes Gericht nach Artikel 6 in derselben Sache für unzuständig erklärt hat“.

8.        Nach Art. 22 („Rechtswahl“) Abs. 1 dieser Verordnung kann „[e]ine Person … für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört“.

9.        Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung lautet: „Wurde eine Verfügung von Todes wegen vor dem 17. August 2015 nach dem Recht errichtet, welches der Erblasser gemäß dieser Verordnung hätte wählen können, so gilt dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht.“

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

10.      Nach dem Tod ihres Ehemanns am 9. März 2017 beantragte CR beim Amtsgericht Düren (Deutschland) auf der Grundlage des im Jahr 1990 nach deutschem Recht errichteten Testaments, mit dem CR und ihr Ehemann sich gegenseitig zum Alleinerben eingesetzt hatten, die Erteilung eines Erbscheins nach nationalem Recht und eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers lag in Spanien.

11.      RK, der Bruder des Erblassers, trat dem Antrag von CR entgegen.

12.      Mit Beschluss vom 20. Dezember 2017 gab das Amtsgericht Düren dem Antrag von CR statt.

13.      Auf die von RK erhobene Beschwerde hob das vorlegende Gericht, das Oberlandesgericht Köln (Deutschland), diesen Beschluss mit der Begründung auf, dass nach dem Kriterium des „gewöhnlichen Aufenthalts“ des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 650/2012 nur die spanischen Gerichte zuständig seien.

14.      Am 29. April 2019 erwirkte CR einen Beschluss des Juzgado de Primera Instancia e Instrucción n° 3 d’Estepona (Gericht erster Instanz und Ermittlungsgericht Nr. 3 von Estepona, Spanien), aus dem hervorgeht, dass dieses Gericht auf Antrag der Klägerin verfügt hat, „auf die Entscheidung in diesem Verfahren zu verzichten, da die Gerichte des Staates Deutschland besser in der Lage sind, über den Nachlass zu entscheiden, und aufgrund der praktischen Umstände, wie dem gewöhnlichen Wohnsitz [von CR] und [der Belegenheit] des wesentlichen Teils des Nachlasses“.

15.      CR stellte mit notariellem Schreiben vom 29. August 2019 unter Vorlage dieses Beschlusses beim Amtsgericht Düren erneut einen Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins und eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Mit Beschluss vom 19. Februar 2020 gab dieses Gericht dem Antrag von CR erneut statt und bejahte seine internationale Zuständigkeit, weil sich das von CR angerufene spanische Gericht gemäß Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 für unzuständig erklärt habe.

16.      Gegen diesen Beschluss vom 19. Februar 2020 legte RK erneut Beschwerde ein, und das vorlegende Gericht wurde mit der Rechtssache befasst.

17.      Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Köln mit Entscheidung vom 28. August 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 8. September 2020, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist für eine Unzuständigkeitserklärung des zuvor angerufenen Gerichts nach Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 erforderlich, dass sich dieses Gericht ausdrücklich für unzuständig erklärt, oder kann auch eine nicht ausdrückliche Erklärung genügen, wenn ihr durch Auslegung zu entnehmen ist, dass dieses Gericht sich für unzuständig erklärt hat?

2.      Ist das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigkeitserklärung des zuvor angerufenen Gerichts des anderen Mitgliedstaats ergeben soll, befugt, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Entscheidung des zuvor angerufenen Gerichts nach Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 vorlagen? In welchem Umfang ist die Entscheidung des zuvor angerufenen Gerichts bindend?

Insbesondere:

a)      Ist das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigkeitserklärung des zuvor angerufenen Gerichts des anderen Mitgliedstaats ergeben soll, befugt, zu prüfen, ob der Erblasser das Recht des Mitgliedstaats wirksam nach Art. 22 dieser Verordnung gewählt hat?

b)      Ist das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigkeitserklärung des zuerst angerufenen Gerichts des anderen Mitgliedstaats ergeben soll, befugt, zu prüfen, ob bei dem zuvor angerufenen Gericht ein Antrag einer Verfahrenspartei nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 auf Erklärung der Unzuständigkeit gestellt worden war?

c)      Ist das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigkeitserklärung des zuerst angerufenen Gerichts des anderen Mitgliedstaats ergeben soll, befugt, zu prüfen, ob das zuvor angerufene Gericht mit Recht angenommen hat, dass die Gerichte des Mitgliedstaats des gewählten Rechts in der Erbsache besser entscheiden können?

3.      Sind Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012, die eine Rechtswahl „nach Artikel 22“ voraussetzen, auch dann anwendbar, wenn in einer vor dem 17. August 2015 errichteten letztwilligen Verfügung keine ausdrückliche oder konkludente Rechtswahl des Erblassers getroffen worden ist, sondern sich das auf die Rechtsnachfolge anwendbare Recht nur aus Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung ergeben kann?

18.      CR, die spanische und die italienische Regierung sowie die Europäische Kommission haben Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

IV.    Prüfung

A.      Vorbemerkungen zur zweiten Frage und zu deren Gegenstand

19.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob, wenn ein zuvor in Erbsachen angerufenes Gericht eines Mitgliedstaats sich nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 für unzuständig erklärt, das anschließend nach Art. 7 Buchst. a dieser Verordnung angerufene Gericht prüfen darf, ob die in Art. 6 Buchst. a dieser Verordnung genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Unzuständigerklärung erfüllt waren.

1.      Zu den in der zweiten Vorlagefrage angesprochenen Voraussetzungen

20.      Im ersten Teil der zweiten Frage nimmt das vorlegende Gericht allgemein auf die in Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 genannten Voraussetzungen Bezug. Seine Frage zielt jedoch auf drei spezifische Voraussetzungen ab, die erfüllt sein müssen, damit sich das zuvor angerufene Gericht zugunsten der Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, für unzuständig erklären kann. Konkret geht es bei der zweiten Frage, die aus drei Teilfragen besteht, darum, ob die letztgenannten Gerichte erstens prüfen dürfen, ob das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Recht dieses Mitgliedstaats zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählt wurde oder als gewählt gilt, zweitens, ob einer der Verfahrensbeteiligten einen Antrag nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 bei dem zuvor angerufenen Gericht gestellt hat, und drittens, ob das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Gerichte dieses Mitgliedstaats in der Erbsache besser entscheiden können.

21.      Diesen drei Teilfragen ist zwar das Wort „insbesondere“ vorangestellt, aber zu anderen Gesichtspunkten, die aus der Sicht des nach Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 anschließend angerufenen Gerichts möglicherweise relevant sein könnten, hat das vorlegende Gericht keine Fragen aufgeworfen(4). Aus der Begründung des Vorabentscheidungsersuchens geht nämlich hervor, dass das vorlegende Gericht die Tragweite der zweiten Frage auf die Voraussetzungen beschränkt, die es mit diesen Teilfragen thematisiert.

2.      Zum Verhältnis zwischen der ersten Teilfrage der zweiten Frage und der dritten Frage

22.      Von vornherein scheint zwischen der ersten Teilfrage der zweiten Frage und der dritten Frage ein logischer Bruch zu bestehen.

23.      Die erste Teilfrage der zweiten Frage bezieht sich nämlich auf eine nach Art. 22 der Verordnung Nr. 650/2012 getroffene Rechtswahl, doch geht aus der Formulierung der dritten Frage hervor, dass das deutsche Recht nach Ansicht des vorlegenden Gerichts vom Erblasser nicht auf der Grundlage dieser Bestimmung gewählt werden konnte und dass sich die Anwendung dieses Rechts aus Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung ergibt. In diesem Sinne möchte das vorlegende Gericht mit seiner dritten Frage klären lassen, ob Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a dieser Verordnung, die eine Rechtswahl „nach Artikel 22“ voraussetzen, auch dann Anwendung finden, wenn sich die Anwendung des Rechts des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, aus Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung ergibt, und demnach dann, wenn „dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht gilt“(5).

24.      Die Bemerkung von CR, wonach die erste Teilfrage an Art. 83 Abs. 4 der Verordnung Nr. 650/2012 „vorbei“ gehe, ließe sich als Hinweis von CR auf den in den Nrn. 22 und 23 der vorliegenden Schlussanträge angeführten logischen Bruch deuten. CR trägt auch vor, dass das spanische Gericht bei der Prüfung seiner Zuständigkeit Art. 22 dieser Verordnung gewürdigt habe. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass CR mit ihrem Vorbringen darzutun versucht, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, die Anwendung des Rechts dieses Staates unabhängig davon, ob sich diese Anwendung aus Art. 22 (erste Teilfrage der zweiten Frage) oder aus Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung ergibt (dritte Frage), nicht prüfen dürfen.

25.      Im Übrigen weist die spanische Regierung darauf hin, dass das spanische Gericht, das sich zugunsten der deutschen Gerichte für unzuständig erklärt habe, darauf hingewiesen habe, dass der Erblasser noch vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 650/2012 ein Testament nach seinem nationalen Recht, d. h. dem deutschen Recht, errichtet habe, was nach Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung automatisch die Wahl dieses Rechts als auf den Erbfall anzuwendendes Recht impliziere.

26.      Nähme man bei der Prüfung der ersten Teilfrage der zweiten Frage an, dass die nach Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 angerufenen Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, nicht prüfen dürfen, ob das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht dieses Mitgliedstaats gewählt wurde oder als gewählt gilt, so wäre jedenfalls der in den Nrn. 22 und 23 der vorliegenden Schlussanträge erwähnte logische Bruch nur wenig relevant. Außerdem kann der Umstand, dass dieses Recht nicht nach Art. 22 dieser Verordnung gewählt wurde, sondern auf der Grundlage von Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung als gewählt gilt, nicht dazu führen, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, infolge der Unzuständigerklärung verpflichtet wären, diese Verordnung anzuwenden, wenn die Rechtsnachfolge in zeitlicher Hinsicht nicht in deren Anwendungsbereich fällt(6).

27.      Unter diesen Umständen ist, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, die erste Frage so zu verstehen, dass geklärt werden soll, ob das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigerklärung des zuvor angerufenen Gerichts ergeben soll, prüfen darf, ob das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Recht dieses Mitgliedstaats zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählt wurde oder als gewählt gilt.

28.      Die so umformulierte erste Teilfrage scheint zwar die Antwort auf die dritte Frage vorwegzunehmen. Sie impliziert nämlich, dass Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 Anwendung finden können, wenn das Recht des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, auf der Grundlage von Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung als gewählt gilt.

29.      Zum einen sind jedoch, wie alle Beteiligten geltend gemacht haben, Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 in einem solchen Fall anwendbar. Zum anderen hätte, falls die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, nicht prüfen dürften, ob das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass für die fragliche Erbsache das Recht dieses Mitgliedstaats gewählt worden ist oder als gewählt gilt (erste Teilfrage), nicht von den Gerichten des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, sondern von dem zuvor angerufenen Gericht darüber befunden werden müssen, ob dieses Gericht, wenn das Recht des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, gemäß Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung als gewählt gilt, seiner Entscheidung Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 zugrunde legen darf. Sollte dies zutreffen, könnten die Gerichte des letztgenannten Mitgliedstaats eine Lesart, wie sie von den Beteiligten vorgetragen wurde, erst recht nicht mit der Begründung zurückweisen, dass diese Bestimmungen nicht zusammen anwendbar seien.

30.      Dem Wunsch des Gerichtshofs entsprechend werden sich die vorliegenden Schlussanträge auf die Prüfung der zweiten Vorlagefrage beschränken. Ich werde zunächst die Standpunkte der Beteiligten zu den drei vom vorlegenden Gericht angeführten Voraussetzungen (Abschnitt B) darstellen und dann den Mechanismus von Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 erörtern, um diese Frage zu beantworten (Abschnitt C).

B.      Die Standpunkte der Beteiligten

31.      CR und die italienische Regierung machen geltend, das Gericht eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser gewählt habe oder dessen Recht als gewähltes Recht gelte, dürfe nicht prüfen, ob die in den drei Teilfragen der zweiten Frage genannten Voraussetzungen beim Erlass der Entscheidung über die Unzuständigkeit durch das zuvor angerufene Gericht erfüllt gewesen seien.

32.      Die spanische Regierung ist der Ansicht, dass Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen seien, dass das Gericht eines Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigerklärung ergebe, die vorherige Unzuständigerklärung nicht überprüfen könne. Dieses Gericht müsse jedoch seine eigene Zuständigkeit prüfen, d. h. die Frage, ob der Erblasser sein nationales Recht gewählt habe (erste Teilfrage) und ob sich das zuvor angerufene Gericht für unzuständig erklärt habe. Die spanische Regierung erläutert die praktischen Auswirkungen dieser Auslegung nicht, die vor allem auf Art. 7 in Verbindung mit Art. 15 dieser Verordnung gestützt wird. Sie macht geltend, dass sich nach dem Wortlaut des letztgenannten Artikels das Gericht eines Mitgliedstaats, das in einer Erbsache angerufen werde, für die es nach dieser Verordnung nicht zuständig sei, von Amts wegen für unzuständig erkläre.

33.      Außerdem beruft sich die spanische Regierung auf die Urteile Overseas Union Insurance u. a.(7) und Gasser(8) und weist darauf hin, dass der Gerichtshof im Zusammenhang mit dem Brüsseler Übereinkommen(9) entschieden habe, dass die Zuständigkeit eines Gerichts u. a. unmittelbar durch die Vorschriften dieses Übereinkommens festgelegt werde, diese für beide Gerichte die gleichen seien und von jedem mit der gleichen Sachkenntnis ausgelegt und angewandt werden könnten.

34.      Sie verweist auch auf die Definition des Begriffs „Entscheidung“ in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 650/2012(10) und weist darauf hin, dass nur auf Entscheidungen, die unter diese Definition fielen, das mit dieser Verordnung eingeführte System der gegenseitigen Anerkennung Anwendung finde.

35.      Die Kommission trägt vor, dass die nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 erlassene Entscheidung über die Unzuständigkeit für das zweitbefasste Gericht bindend sein müsse, da eine der Beteiligten die Unzuständigerklärung beantragt habe (zweite Teilfrage) und davon ausgegangen worden sei, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Recht gewählt worden sei, in der Erbsache besser entscheiden könnten (dritte Teilfrage). Zur Stützung dieser Auslegung beruft sich die Kommission u. a. auf das Urteil Gothaer Allgemeine Versicherung u. a.(11), das ihrer Ansicht nach auf den vorliegenden Fall übertragbar ist.

36.      Dagegen könne das zweitbefasste Gericht die Gültigkeit der nach Art. 22 der Verordnung Nr. 650/2012 getroffenen Rechtswahl überprüfen (dritte Teilfrage). Es bestehe nämlich eine gewisse Spannung zwischen dem allgemeinen Prinzip, wonach das später angerufene Gericht die Entscheidung über die Unzuständigkeit nicht überprüfen dürfe, und der Tatsache, dass dieses Gericht dasjenige sei, welches das anwendbare Recht bestimmen müsse. Daher müsse das zweitbefasste Gericht befugt sein, die Wirksamkeit der zugunsten des Rechts des Forumstaats getroffenen Rechtswahl im Hinblick auf seine kollisionsrechtliche Wirkung zu überprüfen, nicht aber auf die Wirksamkeit bezüglich der internationalen Zuständigkeit. Im vorliegenden Fall habe nämlich das zuerst angerufene Gericht in Bezug auf die internationale Zuständigkeit bei seiner Beurteilung des Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 entschieden, der in jedem Fall eine Rechtswahl nach Art. 22 dieser Verordnung voraussetze.

C.      Zu dem in Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 vorgesehenen Mechanismus

37.      Wie im Schrifttum(12) ausgeführt, orientiert sich der in Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 vorgesehene Mechanismus an der Lehre vom forum non conveniens, die auch in anderen Bestimmungen des Internationalen Privatrechts der Union wie in Art. 12 dieser Verordnung, in Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003(13) und in den Art. 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012(14) ihren Widerhall findet.

38.      Die Besonderheiten dieses Mechanismus unterscheiden ihn jedoch von den typischen Ausprägungen der Lehre vom forum non conveniens. Für die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage ist daher hauptsächlich auf die der Verordnung Nr. 650/2012 selbst zu entnehmenden Gesichtspunkte abzustellen. Diese betreffen erstens die Natur der in den drei Teilfragen angesprochenen Voraussetzungen, denen eine nach Art. 6 Buchst. a dieser Verordnung erlassene Entscheidung über die Unzuständigkeit unterliegt, zweitens die Einstufung dieser Entscheidung als eine Entscheidung, die unter den mit dieser Verordnung eingeführten Anerkennungsmechanismus fällt, und drittens die Wirkung dieser Entscheidung in Bezug auf die Verteilung der Zuständigkeit zwischen den Mitgliedstaaten.

1.      Die Natur der in den drei Teilfragen genannten Voraussetzungen

39.      Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 betrifft eine fakultative Unzuständigerklärung. Selbst wenn die Voraussetzungen hinsichtlich der Wahl des Rechts eines Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß (erste Teilfrage), und des Vorliegens des Antrags eines Beteiligten auf Erklärung der Unzuständigkeit (zweite Teilfrage) erfüllt sind, ist das zuvor angerufene Gericht keineswegs verpflichtet, sich zugunsten der Gerichte dieses Mitgliedstaats für unzuständig zu erklären: Es kann dies tun, wenn seines Erachtens diese Gerichte in der Erbsache besser entscheiden können. Dass es ihm anheimgestellt ist, ob es sich nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 für unzuständig erklärt oder nicht, stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass diese Entscheidung nicht von den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats überprüft werden sollte, zumindest soweit es bei dieser Entscheidung um die Einschätzung geht, dass die Gerichte dieses Mitgliedstaats in der Erbsache besser entscheiden können (dritte Teilfrage).

40.      Außerdem muss ein Antrag auf Unzuständigerklärung nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 (zweite Teilfrage) bei dem zuerst angerufenen Gericht nach den Modalitäten der lex fori gestellt werden. Dieses Gericht kann daher auch leicht prüfen, ob ein solcher Antrag bei ihm von einem Verfahrensbeteiligten gestellt wurde und es sich infolgedessen für unzuständig erklären kann.

41.      Die spanische Regierung räumt zwar ein, dass die in der zweiten und der dritten Teilfrage der zweiten Frage thematisierten Voraussetzungen nicht von dem zuerst angerufenen Gericht geprüft werden müssten, meint aber, aus Art. 7 in Verbindung mit Art. 15 der Verordnung Nr. 650/2012 ergebe sich, dass das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besessen habe, seine eigene Zuständigkeit prüfen müsse, d. h. die Frage, ob der Erblasser sein nationales Recht gewählt habe und ob sich das zuvor angerufene Gericht für unzuständig erklärt habe (erste Teilfrage). Dieses Argument scheint auf einem Verständnis dieser Bestimmungen zu beruhen, wonach die Gesichtspunkte, auf die sich der Wortlaut der erstgenannten Bestimmung bezieht, von dem Gericht des Mitgliedstaats zu prüfen sind, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß(15).

42.      Zwar ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof mit seiner zweiten Frage um eine Auslegung von Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012, doch sind die von ihm in seinen drei Teilfragen angesprochenen Voraussetzungen in Art. 6 Buchst. a dieser Verordnung aufgeführt. Diese Voraussetzungen regeln die Zuständigkeit der in den Art. 4 und 10 dieser Verordnung genannten Gerichte bzw. legen, genauer gesagt, fest, ob sich diese Gerichte, die außer in den in der Verordnung ausdrücklich vorgesehenen Fällen die ihnen zugewiesene Zuständigkeit wahrzunehmen haben, für unzuständig erklären können.

43.      Dagegen werden die Voraussetzungen, die das vorlegende Gericht mit seinen drei Teilfragen anspricht, nur mittelbar und insofern von Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 erfasst, als dieser Anwendung findet, „wenn sich ein zuvor angerufenes Gericht nach Artikel 6 in derselben Sache für unzuständig erklärt hat“. Zwar bezieht sich der erste Teil von Art. 7 dieser Verordnung auf die „Gerichte eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser nach Artikel 22 gewählt hat“. Die Voraussetzung einer dahin gehenden Rechtswahl findet sich aber schon in Art. 6 dieser Verordnung(16). Mit der Verweisung in Art. 7 soll nur klargestellt werden, welche Gerichte von dieser Bestimmung erfasst werden.

44.      Somit muss die Prüfung, die diese Gerichte nach Art. 15 der Verordnung Nr. 650/2012 vornehmen, sich darauf beziehen, ob eine auf der Grundlage von Art. 6 Buchst. a dieser Verordnung ergangene Unzuständigerklärung vorliegt. Dagegen ist von einem nach Art. 4 oder 10 dieser Verordnung zuständigen Gericht zu prüfen, ob die vom vorlegenden Gericht in den drei Teilfragen der zweiten Frage genannten Voraussetzungen eingehalten wurden. Damit prüft dieses Gericht letztlich, ob die Voraussetzungen für seine Zuständigkeit gegeben sind. Wie aus den Urteilen Overseas Union Insurance u. a.(17) und Gasser(18), auf die sich die spanische Regierung bezieht, hervorgeht, ist das später angerufene Gericht in keinem Fall besser als das zuerst angerufene Gericht in der Lage, über die Zuständigkeit des Erstbefassten zu befinden.

45.      Diese Erwägung wird durch das Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt, mit dem diese auf eine Doppelnatur der Voraussetzung in Bezug auf die Wahl des Rechts des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, hinzuweisen scheint. Dieses Vorbringen scheint auf einer Lesart zu beruhen, wonach das zuvor angerufene Gericht die Wahl des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts nur im Hinblick auf die Zuständigkeitsvorschriften prüft, so dass es Sache des später angerufenen Gerichts wäre, diese Wahl im Hinblick auf die Kollisionsnormen zu prüfen.

46.      Allerdings lässt nichts die Annahme zu, dass die Verordnung Nr. 650/2012 in Bezug auf die wirksame Rechtswahl zwischen Zuständigkeitsvorschriften und Kollisionsnormen unterschiede. Es handelt sich stets um eine Wahl, die auf der Grundlage derselben Bestimmungen dieser Verordnung getroffen wird (oder als getroffen gilt), und das Vorliegen einer von dem zuvor angerufenen Gericht festgestellten wirksamen Rechtswahl wird, wie im Schrifttum ausgeführt wurde, von den Gerichten desjenigen Mitgliedstaats, dessen Recht gewählt wurde und die gemäß Art. 7 Buchst. a der genannten Verordnung angerufen werden, nicht überprüft(19). Außerdem ermöglicht es eine Unzuständigerklärung zugunsten dieser Gerichte, den Gleichlauf von forum und ius zu wahren.

2.      Die Entscheidung über eine Unzuständigerklärung als vom Anerkennungsmechanismus erfasste Entscheidung

47.      Wie die Kommission ausführt, ergibt sich aus dem Urteil Gothaer Allgemeine Versicherung u. a.(20), dass in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 44/2001(21), die das Brüsseler Übereinkommen ersetzt hat, eine Entscheidung, mit der das Gericht eines anderen Mitgliedstaats seine Zuständigkeit wegen einer Gerichtsstandsvereinbarung verneint hat, eine Entscheidung ist, die unter den mit dieser Verordnung eingeführten Anerkennungsmechanismus fällt und die Gerichte anderer Mitgliedstaaten hinsichtlich der Feststellung in Bezug auf die Wirksamkeit dieser Vereinbarung bindet.

48.      Da sich die Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens, auf die der Gerichtshof im Urteil Gothaer Allgemeine Versicherung u. a. Bezug genommen hat, um zu diesem Ergebnis zu gelangen, nicht wesentlich von denen der Verordnung Nr. 650/2012 unterscheiden, bin ich der Ansicht, dass die Erkenntnisse aus dem Urteil Gothaer Allgemeine Versicherung u. a.(22) auf diese Verordnung übertragbar sind.

49.      Demgemäß bindet eine Unzuständigerklärung die Gerichte anderer Mitgliedstaaten entsprechend in Bezug auf die Annahme, dass die in Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 genannten Voraussetzungen beim Erlass dieser Entscheidung erfüllt waren, als sie von diesem Gericht geprüft wurden(23).

50.      Die in Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 angeführten Voraussetzungen stellen nämlich Voraussetzungen für die Zuständigkeit im weiteren Sinn dar, die insbesondere bestimmen, ob sich das zuvor angerufene Gericht für unzuständig erklären kann(24). Überdies fällt die Unzuständigerklärung unter den durch die Verordnung Nr. 650/2012 eingeführten Anerkennungsmechanismus. Außerdem erlaubt es die Wahrung des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens in die ordnungsgemäße Rechtspflege in den Mitgliedstaaten, auf dem die Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen beruht(25), diese Entscheidung nur in den in dieser Verordnung vorgesehenen Fällen nicht anzuerkennen. Folgt man dieser Logik, so darf eine in einem Mitgliedstaat ergangene Unzuständigerklärung nach Art. 41 dieser Verordnung in der Sache selbst nicht nachgeprüft werden. Der Ausschluss einer Nachprüfung in der Sache erstreckt sich normalerweise auf die Anwendung der harmonisierten Zuständigkeitsregeln durch den Richter(26). Zudem erlaubt Art. 40 der Verordnung Nr. 650/2012, der Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung anführt, einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats nicht, eine Unzuständigerklärung allein deshalb nicht anzuerkennen, weil es der Ansicht ist, dass in dieser Entscheidung das Unionsrecht falsch angewandt worden sei(27).

51.      Diese Lösung erklärt sich im Übrigen dadurch, dass die nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 ergangene Unzuständigerklärung einer Kontrolle innerhalb der Rechtsordnung des Mitgliedstaats des zuvor angerufenen Gerichts unterliegt. Diese Kontrolle kann sich auch auf die Prüfung der in den drei Teilfragen der zweiten Frage genannten Voraussetzungen erstrecken. Außerdem können die Gerichte dieser Rechtsordnung auf das durch Art. 267 AEUV eingerichtete Vorabentscheidungsverfahren zurückgreifen, um eine einheitliche Auslegung der Vorschriften dieser Verordnung innerhalb der Union zu gewährleisten.

52.      Daher kann ein anschließend nach Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 angerufenes Gericht eines anderen Mitgliedstaats bei Wahrung des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens in die ordnungsgemäße Rechtspflege in den Mitgliedstaaten nicht an die Stelle der Gerichte treten, die die gerichtliche Kontrolle innerhalb der Rechtsordnung des Mitgliedstaats des zuvor angerufenen Gerichts gewährleisten. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass ein später angerufenes Gericht die in den drei Teilfragen der zweiten Frage angesprochenen Voraussetzungen nicht prüfen darf, wenn sie von dem zuvor angerufenen Gericht geprüft worden sind.

3.      Die Wirkung der Unzuständigerklärung nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012

53.      Nach Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 kann eine Person für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie angehört. Nach Art. 83 Abs. 4 dieser Verordnung gilt dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht. Ein zuvor nach Art. 4 oder Art. 10 dieser Verordnung angerufenes Gericht kann sich indessen nur zugunsten der Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, für unzuständig erklären. Wurde das Recht eines Drittstaats als auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendendes Recht gewählt (oder gilt es als gewählt), so kann sich ein zuvor angerufenes Gericht nicht zugunsten der Gerichte dieses Drittstaats für unzuständig erklären.

54.      Im Schrifttum wurden mehrere mögliche Gründe für diese Lösung in Betracht gezogen und keiner von ihnen für völlig überzeugend angesehen(28). Ein weiterer Grund könnte die Wirkung der Unzuständigerklärung sein, die dazu führt, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, automatisch zuständig werden. Die Gerichte eines Drittstaats, die die Verordnung Nr. 650/2012 nicht anwenden, können jedoch nach Art. 7 Buchst. a dieser Verordnung nicht gezwungen sein, die Zuständigkeit wahrzunehmen, die das Gericht eines Mitgliedstaats verneint hat. Außerdem kommt diesen Gerichten nicht das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten zugute, das dieser Verordnung zugrunde liegt.

55.      Der Wille des Gesetzgebers, den Schwerpunkt auf die Wirkung der Unzuständigerklärung zu legen, wird durch eine Analyse der Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 650/2012 bestätigt.

56.      Der Verordnungsvorschlag(29) sah nämlich in seinem Art. 5 Abs. 1 Folgendes vor: „Hat der Erblasser als Erbstatut das Recht eines Mitgliedstaats … gewählt, kann das nach Artikel 4 befasste Gericht auf Antrag einer Partei und wenn nach seinem Dafürhalten die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser gewählt hat, die Erbsache besser beurteilen können, das Verfahren aussetzen und die Parteien auffordern, die Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats anzurufen.“ Dieser Artikel sah vor, dass das zuerst angerufene Gericht zuständig blieb, wenn die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Recht gewählt worden war, nicht innerhalb einer von diesem Gericht gesetzten Frist angerufen wurden(30) und sich die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Recht gewählt worden war, nicht spätestens acht Wochen, nachdem sie angerufen wurden, für zuständig erklärten(31).

57.      Die Übertragung der Zuständigkeit auf die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser gewählt hatte, erfolgte somit nicht automatisch(32), sondern wenn diese Gerichte sie nach einer Anrufung in Erbsachen akzeptiert hatten. Wie in der Lehre ausgeführt, klang bei dieser Lösung diejenige aus Art. 15 der Verordnung Nr. 2201/2003 an, wobei allerdings nicht verschwiegen werden darf, dass zwischen ihnen durchaus Unterschiede bestehen(33).

58.      Nach dem Standpunkt des Parlaments in erster Lesung(34) wurde die in Art. 5 des Verordnungsvorschlags gewählte Lösung endgültig formuliert, nämlich in Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012. Die vorgenommene Änderung bestätigt den Willen des Unionsgesetzgebers, nicht die Lösung beizubehalten, die es den Gerichten des Mitgliedstaats, dessen Recht gewählt wurde, ermöglicht, sich für unzuständig zu erklären.

59.      Vor diesem Hintergrund könnte die Annahme, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Recht gewählt wurde oder als das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht gilt, prüfen dürfen, ob die in Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Unzuständigerklärung erfüllt waren, in der Praxis darauf hinauslaufen, diesen Gerichten die Möglichkeit einzuräumen, die sich aus dieser Unzuständigerklärung ergebende Zuständigkeit zu verneinen, und würde somit den Mechanismus von Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a dieser Verordnung schwächen.

60.      Das Gericht, das sich nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 für unzuständig erklärt hat, würde nicht automatisch erneut zuständig, was zu Fällen der Rechtsverweigerung führen könnte(35). Die Auslegung, wonach die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, nicht prüfen dürfen, ob die in den drei Teilfragen angesprochenen Voraussetzungen erfüllt waren, ermöglicht es daher, die Gefahr eines negativen Kompetenzkonflikts zu vermeiden, der entstehen könnte, wenn sich das zuvor angerufene Gericht für unzuständig erklärt und das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, der Auffassung wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 6 Buchst. a der Verordnung nicht erfüllt seien.

61.      In Anbetracht erstens der Natur der in den drei Teilfragen angesprochenen Voraussetzungen, die bestimmen, ob das zuvor angerufene Gericht die ihm grundsätzlich obliegende Zuständigkeit(36), verneinen kann, zweitens der Einstufung der Unzuständigerklärung als Entscheidung, die vom mit der Verordnung Nr. 650/2012(37) eingeführten Anerkennungsmechanismus erfasst wird, sowie drittens des Willens, zu gewährleisten, dass diese Entscheidung die vom Unionsgesetzgeber angestrebte Wirkung entfaltet(38), schlage ich vor, die zweite Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a dieser Verordnung dahin auszulegen sind, dass das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigerklärung des zuvor angerufenen Gerichts ergeben soll, nicht befugt ist, zu prüfen, ob erstens das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Recht dieses Mitgliedstaats zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählt wurde oder als gewählt gilt, ob zweitens einer der Verfahrensbeteiligten einen Antrag nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 bei dem zuvor angerufenen Gericht gestellt hat und ob drittens das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Gerichte dieses Mitgliedstaats in der Erbsache besser entscheiden können, wenn diese drei Voraussetzungen von dem zuvor angerufenen Gericht geprüft wurden.

V.      Ergebnis

62.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die zweite vom Oberlandesgericht Köln (Deutschland) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Art. 6 Buchst. a und Art. 7 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses sind dahin auszulegen, dass das Gericht des Mitgliedstaats, dessen Zuständigkeit sich aus einer Unzuständigerklärung des zuvor angerufenen Gerichts ergeben soll, nicht befugt ist, zu prüfen, ob erstens das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Recht dieses Mitgliedstaats zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählt wurde oder als gewählt gilt, ob zweitens einer der Verfahrensbeteiligten einen Antrag nach Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 bei dem zuvor angerufenen Gericht gestellt hat und ob drittens das zuvor angerufene Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Gerichte dieses Mitgliedstaats in der Erbsache besser entscheiden können, wenn diese drei Voraussetzungen von dem zuvor angerufenen Gericht geprüft wurden.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. 2012, L 201, S. 107, Berichtigungen ABl. 2012, L 344, S. 3, ABl. 2013, L 41, S. 16, und ABl. 2013, L 60, S. 140, sowie ABl. 2014, L 363, S. 186).


3      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Oberle (C‑20/17, EU:C:2018:89, Nr. 104).


4      Insbesondere ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof weder darum, festzustellen, ob die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß, prüfen dürfen, ob das zuvor angerufene Gericht nach Art. 4 oder 10 der Verordnung Nr. 650/2012 zuständig war oder ob die von dem zuvor angerufenen Gericht erlassene Entscheidung in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, noch darum, festzustellen, ob eine Unzuständigerklärung nach Art. 6 Buchst. a dieser Verordnung ihre Wirkungen für jedwede den fraglichen Erblasser betreffende Nachlasssache entfaltet oder nur für Verfahren, die den gleichen Gegenstand haben wie dasjenige, in dem die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Unzuständigerklärung erfolgt ist. Es steht indessen fest, dass das spanische Gericht nach Art. 4 dieser Verordnung zuständig war. Außerdem deutet nichts darauf hin, dass sich der Gegenstand des beim spanischen Gericht eingeleiteten Verfahrens wesentlich vom Gegenstand des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens unterschiede.


5      Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass sich aus der Verordnung Nr. 650/2012 ergibt, dass sie zum einen mit Ausnahme einiger schon ab früheren Zeitpunkten geltender Artikel ab dem 17. August 2015 gilt (Art. 84 Abs. 2) und zum anderen auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung findet, die am 17. August 2015 oder danach verstorben sind (Art. 83 Abs. 1). Bei isolierter Betrachtung könnten die Regelungen, die in diesen Bestimmungen zum zeitlichen Anwendungsbereich dieser Verordnung getroffen worden sind, die vor dem 17. August 2015 errichteten Verfügungen von Todes wegen außer Acht lassen. Um dies zu vermeiden, hat der Unionsgesetzgeber in Art. 83 der Verordnung zusätzliche Übergangsbestimmungen eingeführt. So sieht Art. 83 Abs. 2 dieser Verordnung vor: „Hatte der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht vor dem 17. August 2015 gewählt, so ist diese Rechtswahl wirksam, wenn sie die Voraussetzungen des Kapitels III erfüllt oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Rechtswahl geltenden Vorschriften des Internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, wirksam ist.“ Weiter bestimmt Art. 83 Abs. 4 der Verordnung Nr. 650/2012: „Wurde eine Verfügung von Todes wegen vor dem 17. August 2015 nach dem Recht errichtet, welches der Erblasser gemäß dieser Verordnung hätte wählen können, so gilt dieses Recht als das auf die Rechtsfolge von Todes wegen anzuwendende gewählte Recht.“ Wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, „besteht das Ziel dieser [erstgenannten] Bestimmung darin, den Willen des Erblassers zu achten, und ist die Rechtswahl nur dann wirksam, wenn die in der genannten Bestimmung festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind“, während Art. 83 Abs. 4 „die Fälle [regelt], in denen eine Verfügung von Todes wegen keine Rechtswahl enthält“. Siehe Urteil vom 16. Juli 2020, E. E. (Gerichtliche Zuständigkeit und auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendendes Recht) (C‑80/19, EU:C:2020:569, Rn. 92).


6      Zu den Übergangsbestimmungen der Verordnung Nr. 650/2012 vgl. Fn. 5.


7      Urteil vom 27. Juni 1991 (C‑351/89, EU:C:1991:279, Rn. 23).


8      Urteil vom 9. Dezember 2003 (C‑116/02, EU:C:2003:657, Rn. 48).


9      Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch die anschließenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen).


10      Nach dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 650/2012.


11      Urteil vom 15. November 2012 (C‑456/11, EU:C:2012:719).


12      Vgl. Marongiu Buonaiuti, F., „Article 6“, in Calvo Caravaca, A. L., Davì, A., und Mansel, H. P., The EU Succession Regulation. A Commentary, Cambridge University Press, Cambridge, 2016, S. 165.


13      Verordnung des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. 2003, L 338, S. 1).


14      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).


15      Die Gesichtspunkte in Bezug auf die Frage, ob der Erblasser sein nationales Recht gewählt hat und ob sich das zuvor aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthalts angerufene Gericht für unzuständig erklärt hat, scheinen im Wortlaut von Art. 7 der Verordnung Nr. 650/2012 zum Ausdruck zu kommen, wonach diese Bestimmung „die Gerichte eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser nach Artikel 22 gewählt hat“, betrifft, die zuständig sind, wenn „sich ein zuvor angerufenes Gericht nach Artikel 6 in derselben Rechtssache für unzuständig erklärt hat“.


16      „Ist das Recht, das der Erblasser nach Artikel 22 zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählt hat, das Recht eines Mitgliedstaats, …“


17      Urteil vom 27. Juni 1991 (C‑351/89, EU:C:1991:279, Rn. 23).


18      Urteil vom 9. Dezember 2003 (C‑116/02, EU:C:2003:657, Rn. 48).


19      Vgl. Bonomi, A., „Article 6“, in Bonomi, A., Wautelet, P., Le droit européen des successions. Commentaire du règlement (UE) nº 650/2012, du 4 juillet 2012, Bruylant, Brüssel, 2016, S. 219. Vgl. auch in diesem Sinne Marongiu Buonaiuti, F., „Article 7“, in Calvo Caravaca, A. L., Davì, A., und Mansel, H. P., The EU Succession Regulation. A Commentary, Cambridge University Press, Cambridge, 2016, S. 174


20      Urteil vom 15. November 2012 (C‑456/11, EU:C:2012:719).


21      Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).


22      Urteil vom 15. November 2012 (C‑456/11, EU:C:2012:719).


23      Der Gerichtshof hat nämlich im Urteil vom 15. November 2012, Gothaer Allgemeine Versicherung u. a. (C‑456/11, EU:C:2012:719, Rn. 41), entschieden, dass eine Entscheidung, mit der das Gericht eines Mitgliedstaats seine Zuständigkeit wegen einer Gerichtsstandsvereinbarung mit der Begründung verneint hat, dass diese Vereinbarung wirksam sei, die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich der Entscheidung über die Unzuständigkeit dieses Gerichts, die im Tenor seiner Entscheidung enthalten ist, als auch hinsichtlich der Feststellung in Bezug auf die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung bindet, die in den Gründen dieser Entscheidung, die den Tenor tragen, enthalten ist. Daraus schließe ich, dass das zuvor angerufene Gericht im Tenor seiner Entscheidung oder seiner Begründung angeben muss, dass die in den drei Teilfragen der zweiten Vorlagefrage angesprochenen Voraussetzungen bei der Unzuständigerklärung geprüft worden sind, damit das zweitbefasste Gericht auf der Grundlage dieses Tenors und/oder dieser Begründung feststellen kann, dass eine Unzuständigerklärung auf der Grundlage von Art. 6 Buchst. a der Verordnung Nr. 650/2012 ergangen ist, die dieses Gericht in Bezug auf diese drei Voraussetzungen bindet, ohne dass es die Richtigkeit der von dem zuvor angerufenen Gericht vorgenommenen Prüfung in Frage stellen kann.


24      Vgl. Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge.


25      Urteil vom 23. Mai 2019, WB (C‑658/17, EU:C:2019:444, Rn. 52).


26      Vgl. entsprechend Urteil vom 15. November 2012, Gothaer Allgemeine Versicherung u. a. (C‑456/11, EU:C:2012:719, Rn. 37).


27      Vgl. ebenfalls entsprechend Urteil vom 11. Mai 2000, Renault (C‑38/98, EU:C:2000:225, Rn. 33).


28      Vgl. Bonomi, A., a. a. O., S. 214.


29      Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (KOM[2009] 154 endgültig) (im Folgenden: Verordnungsvorschlag).


30      Art. 5 Abs. 2 des Verordnungsvorschlags.


31      Art. 5 Abs. 3 des Verordnungsvorschlags.


32      Was die Kommission im Übrigen mit folgendem Hinweis bestätigte: „Hat der Erblasser das Recht eines anderen Mitgliedstaats gewählt, sollte die Verweisung an ein Gericht dieses Mitgliedstaats nicht automatisch erfolgen.“ Vgl. Verordnungsvorschlag, S. 5.


33      Vgl. Lein, E., „A Further Step Towards a European Code of Private International Law: The Commission Proposal for a Regulation on Succession“, Yearbook of Private International Law, 2009, Bd. XI, S. 119 und 120.


34      Standpunkt des Europäischen Parlaments in erster Lesung vom 13. März 2012, EP-PE_TC1-COD(2009) 157.


35      Zwar könnte eine solche Situation in bestimmten Fällen theoretisch durch die Anwendung von Art. 11 der Verordnung Nr. 650/2012, der eine Notzuständigkeit (forum necessitatis) vorsieht, vermieden werden. Diese Bestimmung sieht jedoch Voraussetzungen vor, die ihre Anwendung ausschließen können, wenn Gerichte zweier Mitgliedstaaten sich bereits für unzuständig für die Entscheidung über eine Erbsache gehalten haben.


36      Vgl. Nrn. 42 bis 44 der vorliegenden Schlussanträge.


37      Vgl. Nr. 52 der vorliegenden Schlussanträge.


38      Vgl. Nr. 54 der vorliegenden Schlussanträge.