Language of document : ECLI:EU:T:2011:651

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

10. November 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke, die aus der Darstellung eines Buchstabens auf einer Hosentasche besteht – Ältere nationale Bildmarke, die einen Buchstaben darstellt – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑22/10

Esprit International LP mit Sitz in New York, New York (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Treis und E.‑M. Strobel,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch S. Schäffner, dann durch G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Marc O’Polo International GmbH mit Sitz in Stephanskirchen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Gaul, V. Spitz, T. Golda und S. Kirschstein-Freund,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 19. November 2009 (Sache R 1666/2008‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Marc O’Polo International GmbH und der Esprit International LP

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich (Berichterstatter), der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters M. Prek,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 25. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. Mai 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 14. Mai 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der am 23. August 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 28. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 22. Mai 2006 meldete die Klägerin, die Esprit International LP, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 18 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 43/2006 vom 23. Oktober 2006 veröffentlicht.

5        Am 28. November 2006 erhob die Streithelferin, die Marc O’Polo International GmbH, nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke hinsichtlich aller in der Anmeldung bezeichneten Waren.

6        Der Widerspruch war erstens auf die nachstehend wiedergegebene deutsche Bildmarke gestützt, die am 25. Februar 2003 unter der Nr. 30303672 eingetragen wurde:

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7        Diese Marke wurde u. a. für Waren der Klassen 18 und 25 eingetragen.

8        Der Widerspruch war zweitens auf die am 22. Juli 2003 eingereichte Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke für ein mit dem in Randnr. 6 abgebildeten Zeichen identisches Zeichen u. a. für Waren der Klassen 18 und 25 gestützt. Diese Marke wurde für diese Waren unter der Nr. 3281474 am 10. Dezember 2009 eingetragen, d. h. nach dem Erlass der Entscheidung der Beschwerdekammer, die Gegenstand der vorliegenden Klage ist.

9        Für den Widerspruch wurde der Widerspruchsgrund des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

10      Am 29. September 2008 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt.

11      Am 19. November 2008 legte die Klägerin nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

12      Mit Entscheidung vom 19. November 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer beschränkte sich darauf, die Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die ältere deutsche Bildmarke (im Folgenden: ältere Marke) zu prüfen, und bejahte deren Vorliegen.

13      Die Beschwerdekammer stellte fest, dass die in Rede stehenden Waren identisch seien.

14      Zum Vergleich der Zeichen vertrat sie im Wesentlichen die folgende Ansicht:

15      Sie interpretierte die ältere Marke als eine Darstellung des Kleinbuchstabens „e“ in stilisierter Form. Das dominierende und kennzeichnungskräftige Element der angemeldeten Marke sei der Bestandteil, der den Kleinbuchstaben „e“ darstelle. Dagegen entbehre die stilisierte Darstellung des Umrisses einer Hosentasche, in die dieser Buchstabe eingebettet sei, jeder Unterscheidungskraft für die in Rede stehenden Waren.

16      Die Marken wiesen eine visuelle Ähnlichkeit in mittlerem Maße auf. Bei keinem der einander gegenüberstehenden Zeichen sei klar, ob es sich überhaupt um einen Buchstaben handele, und nicht etwa nur um ein abstraktes Motiv, und, wenn ja, ob es sich nicht um den Buchstaben „c“ handeln könnte. Das ändere aber nichts an der visuellen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und ihrem Ausmaß. Verbraucher, die eines der beiden Zeichen als ein „c“ wahrnähmen, sähen auch in dem anderen Zeichen ein „c“. Eher unwahrscheinlich sei, dass ein Teil der Verbraucher in einem der Zeichen keinen Einzelbuchstaben erkenne. Diese Verbraucher fassten indessen auch das andere Zeichen nicht als einen Buchstaben auf und nähmen beide Zeichen als einander ähnliche geschwungene Linienführungen wahr.

17      Darüber hinaus seien die Zeichen in phonetischer Hinsicht identisch, da sie wie ein „e“ ausgesprochen würden. An der phonetischen Identität ändere sich nichts, wenn ein Teil der Verbraucher die ältere Marke wie den Buchstaben „c“ ausspreche, weil diese Verbraucher dann auch die angemeldete Marke so aussprächen. Für die Verbraucher, die keinen Einzelbuchstaben wahrnähmen, sei der phonetische Vergleich ohnehin irrelevant, da nicht möglich.

18      Der begriffliche Vergleich sei neutral, da der Buchstabe „e“ oder ein Einzelbuchstabe auf einer Hosentasche keine semantische Bedeutung habe.

19      Hinsichtlich der Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass sich die grafische Gestaltung dieser Zeichen nur in Elementen unterscheide, deren Wahrnehmung eine gesteigerte analytische Aufmerksamkeit erfordere. Sie hob zudem hervor, dass die betreffenden Waren regelmäßig nur auf Sicht gekauft würden, so dass dem visuellen Vergleich der fraglichen Zeichen ein erhöhter Stellenwert bei der Gesamtabwägung der Verwechslungsgefahr zukomme.

20      Der Verbraucher, dessen Aufmerksamkeitsgrad nicht hoch anzusetzen sei, werde annehmen, die fraglichen Zeichen stellten Abwandlungen desselben Zeichens dar und wiesen auf dieselbe betriebliche Herkunft hin.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

21      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

22      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

 Zu den erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen

23      Wie die Streithelferin hervorhebt, sind die Anlagen 10, 11, 12, 16, 17, 18 und 24 der Klageschrift erstmals beim Gericht eingereicht worden.

24      Es ist darauf hinzuweisen, dass diese erstmals beim Gericht eingereichten Unterlagen nicht berücksichtigt werden können. Die Klage beim Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Somit sind die genannten Dokumente zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg. 2005, II‑4891, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Die Klägerin macht hierzu geltend, sie sei nicht in der Lage, sämtliche Fehler, die der Beschwerdekammer bei ihrer Analyse unterlaufen könnten, und insbesondere die Nichtberücksichtigung der wellenförmigen horizontalen Naht in der angemeldeten Marke bei der Analyse der kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente der Marke vorherzusehen. Es könne ihr daher nicht verwehrt werden, zu diesem Versäumnis in der Klageschrift Stellung zu nehmen und in diesem Zusammenhang neue Gesichtspunkte vorzutragen.

26      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bereits die Widerspruchsabteilung in ihrer Entscheidung festgestellt hatte, dass der von der angemeldeten Marke hervorgerufene Gesamteindruck allein von dem aus der Darstellung eines Buchstabens bestehenden Element bestimmt werde. Somit bestand für die Klägerin Veranlassung, vor der Beschwerdekammer die Argumente vorzutragen und die Dokumente vorzulegen, die diese Schlussfolgerung hätten in Frage stellen können. Sie kann nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei durch die Auffassung der Beschwerdekammer, die in diesem Punkt mit der der Widerspruchsabteilung übereinstimmte, überrascht worden.

27      Demnach können die Anlagen 10, 11, 12, 16, 17, 18 und 24 der Klageschrift nicht berücksichtigt werden, weil sie erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden sind.

 Zu dem einzigen Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

28      Die Klägerin führt als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 an. Sie ist der Ansicht, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe.

29      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

30      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Ferner sind nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 unter älteren Marken die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke zu verstehen.

31      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

32      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der fraglichen Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Die von der Markenanmeldung erfassten Waren, die im Wesentlichen Bekleidung und Lederwaren sind, sind Waren des täglichen Bedarfs, die sich an die breite Öffentlichkeit richten. Da die Beschwerdekammer sich darauf beschränkt hat, die Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren deutschen Marke zu prüfen, ist allein auf die Wahrnehmung des deutschen Verbrauchers abzustellen. Folglich bestehen die Verkehrskreise, in Bezug auf die die Untersuchung der Verwechslungsgefahr vorzunehmen ist, aus deutschen Durchschnittsverbrauchern.

34      Zur Behauptung der Klägerin, der Großteil der Kunden der durch die einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren sei jüngeren Altersgruppen zuzuordnen, ist festzustellen, dass dieses Argument der Klägerin nicht die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise im Bereich der Bekleidungs- und Lederwaren im Allgemeinen betrifft. Die Klägerin räumt nämlich ein, dass die „von den Kollisionszeichen geschützten Waren, die sich im Wesentlichen unter die Oberbegriffe ‚Lederwaren‘ und ‚Bekleidung‘ subsumieren lassen, … wie die Beschwerdekammer richtig ausführt, grundsätzlich von jedermann konsumiert [werden]“.

35      Die Argumentation der Klägerin, wonach in der Praxis der Großteil der Kunden jüngeren Altergruppen, insbesondere der Gruppe der 16‑ bis 35‑Jährigen, zuzuordnen sei, bezieht sich nicht auf die Bekleidungs‑ und Lederwarenbranche im Allgemeinen, sondern auf die Kunden der Klägerin, was sich daraus ergibt, dass sie, um dieses Vorbringen zu untermauern, aus einem Artikel über mehrere Marken den die Marke Esprit betreffenden Teil anführt.

36      Ein solches Vorbringen geht ins Leere, weil auf das von den fraglichen Marken umfasste Warenverzeichnis abzustellen ist. Bekleidung und Lederwaren im Allgemeinen richten sich an ein Publikum jeder Altersgruppe.

37      Die Frage, ob die konkret von der Klägerin verkauften Waren sich an ein eher jüngeres Publikum richten, ist unerheblich. Im Widerspruchsverfahren kann das HABM nur das Verzeichnis der angemeldeten Waren berücksichtigen, wie es sich aus dem Anmeldungsantrag für die betreffende Marke – vorbehaltlich eventueller Änderungen dieses Antrags – ergibt (Urteil des Gerichts vom 13. April 2005, Gillette/HABM – Wilkinson Sword [RIGHT GUARD XTREME sport], T‑286/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 33).

38      Da nämlich die besonderen Umstände der Vermarktung der fraglichen Waren zeitlich und je nach dem Willen der Markeninhaber variieren können, sind sie für eine zukunftsgerichtete Analyse der Verwechslungsgefahr nicht geeignet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. März 2007, T.I.M.E. ART/HABM, C‑171/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 59).

39      Ebenfalls ins Leere geht das Argument der Klägerin, wonach sich die von ihr und der Streithelferin verkauften Artikel in einem mittleren bis oberen Preissegment bewegten. Denn die Preise, zu denen die Klägerin und die Streithelferin Bekleidung vermarkten, gehören zur Marketingstrategie dieser Unternehmen und dürfen deshalb bei der Definition der maßgeblichen Verkehrskreise nicht berücksichtigt werden, die anhand der Waren, wie sie in dem von den fraglichen Marken umfassten Warenverzeichnis beschrieben sind, vorzunehmen ist.

40      Folglich gehen diese Argumente der Klägerin fehl, ohne dass es einer Prüfung ihrer Zulässigkeit bedarf, die von der Streithelferin bestritten wird.

41      Auch das Vorbringen der Streithelferin, dass die allgemeinen Verbraucher in der gesamten Union zu berücksichtigen seien, ist zurückzuweisen. Die Streithelferin hat ihren Widerspruch zwar auch auf die Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke gestützt (vgl. oben, Randnr. 8). Da sich die Beschwerdekammer jedoch auf die Prüfung einer Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren deutschen Marke beschränkt hat, ist die Prüfung auf die Wahrnehmung des deutschen Verbrauchers zu beschränken. Die Beschwerdekammer konnte sich zu Recht darauf beschränken, eine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren deutschen Marke zu prüfen, da sie dem Widerspruch auf der Grundlage dieses älteren Rechts stattgegeben hat.

42      Zum Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise hat die Beschwerdekammer in Randnr. 23 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass dieser nicht hoch sei. Die Klägerin ist ihrerseits der Auffassung, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise beim Kauf der fraglichen Waren höher als durchschnittlich sei.

43      Die Streithelferin unterstreicht, dass die Frage des Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise eine Tatsachenfrage sei. Das Gericht sei an die Tatsachen, wie diese von der Beschwerdekammer festgestellt worden seien, gebunden, und die Klägerin mache keine Verfälschung der Tatsachen und Beweismittel geltend, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhe. Die Streithelferin führt insoweit die Rechtsprechung des Gerichtshofs an, wonach Tatsachenfeststellungen des Gerichts keine Rechtsfragen sind, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegen.

44      Diese Beschränkung der vom Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels ausgeübten Kontrolle, die sich aus Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs ergibt, gilt jedoch nicht für die Verfahren vor dem Gericht. Zwar können die Parteien den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits vor der Beschwerdekammer vor dem Gericht nicht mehr ändern, jedoch ist das Gericht nicht an die Tatsachenfeststellungen der Beschwerdekammer gebunden. Die Klägerin kann daher vor dem Gericht die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung des Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise angreifen.

45      Zu diesem Aufmerksamkeitsgrad ist zum einen festzustellen, dass, da es sich bei den fraglichen Waren der Klassen 18 und 25 um Massenkonsumgüter handelt, die vom Durchschnittsverbraucher häufig gekauft und benutzt werden, der Aufmerksamkeitsgrad beim Kauf dieser Waren nicht über ein mittleres Maß hinausgehen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. Oktober 2009, Aldi Einkauf/HABM – Goya Importaciones y Distribuciones [4 OUT Living], T‑307/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21).

46      Zum anderen ist davon auszugehen, dass der Grad der Aufmerksamkeit des Publikums ein mittleres Maß nicht unterschreiten wird, weil die fraglichen Waren Modeartikel sind und der Verbraucher ihrer Auswahl daher eine gewisse Aufmerksamkeit widmet.

47      Daher ist davon auszugehen, dass die maßgeblichen Verbraucher beim Kauf der fraglichen Waren einen mittleren Grad an Aufmerksamkeit aufbringen.

48      Zu dem Argument der Klägerin, die Verbraucher seien besonders aufmerksam, weil sie an die Verwendung zahlreicher Marken, die aus stilisierten Buchstaben bestünden, gewohnt seien, ist festzustellen, dass dieses Argument nicht den Aufmerksamkeitsgrad des Verbrauchers beim Kauf von Bekleidung und Lederwaren im Allgemeinen betrifft, sondern die spezifische Situation bei Waren, die mit aus stilisierten Buchstaben bestehenden Marken gekennzeichnet sind. Dieses Argument betrifft daher die umfassende Würdigung der Verwechslungsgefahr und wird in den Randnrn. 114 bis 115 unten geprüft werden.

 Zum Vergleich der Waren

49      Die Beschwerdekammer hat zutreffend, ohne dass ihr in diesem Punkt von der Klägerin widersprochen worden wäre, festgestellt, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren mit den von der älteren Marke erfassten identisch seien.

 Zum Vergleich der Zeichen

50      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile des Gerichtshofs HABM/Shaker, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das das maßgebliche Publikum im Gedächtnis behält, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil Nestlé/HABM, Randnr. 43).

52      Im vorliegenden Fall ist in einem ersten Schritt die Wahrnehmung der fraglichen Zeichen durch den deutschen Verbraucher zu untersuchen.

–       Zu der älteren Marke

53      Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer in Randnr. 10 der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass die ältere Marke den stilisierten Buchstaben „e“ darstelle. Die Klägerin wendet sich gegen diese Beurteilung und macht geltend, dass die ältere Marke den stilisierten Buchstaben „c“ darstelle.

54      Hierzu ist festzustellen, dass die ältere Marke mehrere Interpretationen zulässt.

55      Eine der möglichen Interpretationen ist die von der Klägerin angeführte, der zufolge es sich um ein stilisiertes „c“ handelt. Wie die Klägerin hervorhebt, wurde diese Interpretation des die ältere Marke darstellenden Zeichens auch von der Ersten Beschwerdekammer des HABM in einer Entscheidung vom 7. März 2007 zugrunde gelegt (verbundene Sachen R 93/2006-1 und R 309/2006-1, Randnrn. 61 und 64).

56      Wie die Klägerin ausführt, ging auch das Deutsche Patent- und Markenamt in einem Beschluss vom 5. Dezember 2008 (Sache 30630076.1/25) in einem Widerspruchsverfahren, das Zeichen betraf, die mit den hier streitigen identisch waren, davon aus, dass die ältere deutsche Marke ein „c“ darstelle.

57      Eine weitere mögliche Interpretation ist die in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte, nach der es sich um ein stilisiertes „e“ handelt. Ein Teil der Verbraucher, namentlich ein Teil derjenigen, die nicht die Gewohnheit haben, den Buchstaben „c“ mit einer Schlaufe zu schreiben, wird die ältere Marke als eine stilisierte Darstellung des Buchstabens „e“ interpretieren. Zwar ist die in der älteren Marke vorhandene Schlaufe für den Buchstaben „e“ eher klein. Mit Rücksicht darauf, dass es sich um einen Buchstaben in stilisierter Form handelt, lässt sich diese Schlaufe gleichwohl als die in dem Buchstaben „e“ enthaltene interpretieren.

58      Zwar trifft es zu, dass, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, jeder eine andere Handschrift besitzt und dies die Verbraucher grundsätzlich nicht daran hindert, in verschiedenen Handschriften bestimmte Buchstaben zu erkennen. Dass es ihnen gelingt, einen handgeschriebenen Text zu lesen, erklärt sich jedoch zum Teil daraus, dass die Bedeutung vieler Buchstaben in einem Text aus ihrem Kontext abgeleitet werden kann. Das steht nicht dem Umstand entgegen, dass ein einzelner stilisierter Buchstabe ohne Kontext mehrere Interpretationen zulässt.

59      Ebenfalls ist richtig, dass die Erste Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung vom 7. März 2007 (vgl. oben, Randnr. 55) die ältere Marke so aufgefasst hat, dass diese den Buchstaben „c“ darstelle, ohne die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise sie als ein stilisiertes „e“ wahrnehmen könnte. Hierzu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung Nr. 207/2009 in der Auslegung durch den Unionsrichter und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis des HABM zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2004, Grupo El Prado Cervera/HABM – Héritiers Debuschewitz [CHUFAFIT], T‑117/02, Slg. 2004, II‑2073, Randnr. 57).

60      Zu dem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts (vgl. oben, Randnr. 56) ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht durch die Entscheidungen nationaler Behörden in Markensachen gebunden ist, da die Regelung für Gemeinschaftsmarken ein autonomes System ist, dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM, C‑238/06 P, Slg. 2007, I‑9375, Randnrn. 65 und 71). Die Entscheidungen nationaler Behörden über Widersprüche sind daher nur ein Umstand, der, ohne maßgeblich zu sein, für die Zwecke einer Entscheidung über einen Widerspruch gegen die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke lediglich berücksichtigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Develey/HABM, Randnr. 72, und Urteil des Gerichts vom 19. September 2001, Henkel/HABM [Runde, rot-weiße Tablette], T‑337/99, Slg. 2001, II‑2597, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Zwar hat die Streithelferin selbst in ihrem Schriftsatz vom 10. April 2007 zur Begründung des Widerspruchs hervorgehoben, dass die ältere Marke aus dem Buchstaben „c“ bestehe und auf ihre Marke CAMPUS hinweise, deren Waren sich insbesondere im Bekleidungs- und Lederwarensektor gut verkauften.

62      Es ist jedoch Sache des HABM und des Gerichts, die Wahrnehmung zu ermitteln, die die maßgeblichen Verkehrskreise von den fraglichen Zeichen haben. Allein der Umstand, dass die Streithelferin bei der Schaffung der älteren Marke beabsichtigte, ein stilisiertes „c“ darzustellen, um auf ihre Marke CAMPUS Bezug zu nehmen, schließt es nicht aus, dass ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in dieser Marke kein „c“, sondern ein „e“ erkennt.

63      Im Übrigen hat die Beschwerdekammer in Randnr. 9 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass sie nicht dadurch gebunden sei, dass das HABM die von der Streithelferin angemeldete Gemeinschaftsmarke (vgl. oben, Randnr. 8) in seine Datenbank als ein „c“ eingetragen habe.

64      Zwar stellt die Interpretation des älteren Zeichens, die die Beschwerdekammer in Randnr. 10 der angefochtenen Entscheidung zugrunde legte und nach der es sich um ein stilisiertes „e“ handelt, nur eine mögliche Interpretation dieses Zeichens dar. Die Beschwerdekammer hat jedoch in den Randnrn. 15 und 16 der angefochtenen Entscheidung die Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen auch unter der Voraussetzung geprüft, dass ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise das ältere Zeichen als ein „c“ auffasst.

65      Schließlich ist ebenfalls wahrscheinlich, dass ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise keinen Einzelbuchstaben in der älteren Marke sieht. Die Beschwerdekammer hat in den Randnrn. 15 und 16 der angefochtenen Entscheidung auch die Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen in diesem Fall geprüft.

66      Auch wenn die Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren zu berücksichtigen ist, schließt dies nicht aus, dass im Fall von Zeichen, die mehrere Interpretationen zulassen, deren Wahrnehmung nicht für alle Verbraucher die gleiche ist.

67      Nach alledem ist die Wahrnehmung der älteren Marke nicht für das gesamte angesprochene Publikum die gleiche.

–       Zu der angemeldeten Marke

68      Zu der angemeldeten Marke trägt die Klägerin vor, dass der auf der Hosentasche erkennbare Buchstabe ein stilisiertes „e“ darstelle.

69      Die Beschwerdekammer ist dieser Interpretation in Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung gefolgt, hat jedoch in deren Randnr. 15 klargestellt, dass es nicht ganz eindeutig sei, ob es sich um einen Buchstaben oder etwa nur um ein abstraktes Motiv handele, und ob es sich – falls es sich um einen Buchstaben handele – nicht um den Buchstaben „c“ handeln könne.

70      Hierzu ist festzustellen, dass die angemeldete Marke tatsächlich ebenso wie die ältere Marke mehrere Interpretationen zulässt.

71      Einerseits nimmt in der angemeldeten Marke die Schlaufe ungefähr die Hälfte der Höhe des nach links geneigten Bogens ein, was für den Kleinbuchstaben „e“ charakteristisch ist. Andererseits wird ein Teil der Verbraucher, insbesondere derjenigen, die die Angewohnheit haben, das „c“ mit einer dekorativen Schlaufe zu schreiben, in dem Buchstaben auf der Hosentasche der angemeldeten Marke die Darstellung eines „c“ sehen. Zwar ist die Schlaufe für eine Verzierung eher groß; dies schließt gleichwohl nicht aus, dass es sich um eine rein dekorative Schlaufe handeln könnte, insbesondere bei der Darstellung eines Buchstabens in stilisierter Form. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Strichführung des nach links geneigten Bogens der angemeldeten Marke sehr viel dicker ist als die Strichführung der Schlaufe, was diesem für das „c“ charakteristischen Bogen ein größeres Gewicht verleiht als der Schlaufe.

72      Es ist auch wahrscheinlich, dass ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise keinen einzelnen Buchstaben in der angemeldeten Marke erkennt, sondern sie für ein abstraktes Motiv hält.

73      Zu den kennzeichnungskräftigen und dominierenden Bestandteilen der angemeldeten Marke hat die Beschwerdekammer in Randnr. 11 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass ihr kennzeichnungskräftiges und dominierendes Element das Buchstabenelement sei. Sie war der Auffassung, dass die stilisierte Darstellung des Umrisses einer Hosentasche jeder Unterscheidungskraft für die fraglichen Waren entbehre und dass es sich lediglich um den Umriss einer Tasche handele, auf der die eigentliche Kennzeichnung angebracht sei. Die Form der Hosentasche sei im Übrigen eine einfache und banale geometrische Form.

74      Die Argumentation der Klägerin, dass die Darstellung des Umrisses einer Hosentasche ebenfalls zu berücksichtigen sei, kann nicht überzeugen. Die in der angemeldeten Marke wiedergegebene Hosentasche ist nämlich eine einfache Variante der Grundform einer Hosentasche. Es bedarf einer aufmerksamen Prüfung des Zeichens, um festzustellen, dass die Linienführung der Doppelnaht nicht parallel verläuft. Wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, handelt es sich lediglich um den Umriss einer Tasche, auf der die eigentliche Kennzeichnung angebracht ist.

75      Die Klägerin macht ferner geltend, dass die horizontale wellenförmige Linie auf der Hosentasche zu berücksichtigen sei. Es ist festzustellen, dass sich die Beschwerdekammer zu dieser Linie nicht explizit geäußert hat. Implizit ging sie davon aus, dass es sich um ein Element handele, das in dem von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sei.

76      Dieser Beurteilung der Beschwerdekammer ist zuzustimmen. Die horizontale wellenförmige Linie ist nämlich ein in der angemeldeten Marke kaum sichtbarer Bestandteil. Sie ist viel weniger ausgeprägt als die den Buchstaben bildende Linie. Es handelt sich um einen zu vernachlässigenden Bestandteil, der den Eindruck vermittelt, als sei er im Hintergrund platziert.

77      Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, wonach im Bekleidungssektor und insbesondere bei Hosentaschenmotiven die maßgeblichen Verkehrskreise daran gewöhnt seien, auf horizontale Ziernähte als Herkunftshinweis zu achten. Die Klägerin hat beim HABM Beispiele eingetragener Marken eingereicht, die aus der Darstellung von Hosentaschen mit horizontaler Ziernaht oder aus horizontalen Ziernähten ohne einen weiteren Bestandteil bestehen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass keine der Ziernähte in diesen Beispielen mit der horizontalen Linie in der angemeldeten Marke vergleichbar ist. Keines dieser Beispiele enthält nämlich die Darstellung einer kaum sichtbaren Linie wie die Linie der angemeldeten Marke. Dies gilt auch für das von der Klägerin erstmals vor dem Gericht in Randnr. 40 ihrer Klageschrift angeführte Beispiel, ohne dass es einer Entscheidung über seine Zulässigkeit bedarf.

78      Im Übrigen ist zur Bestimmung der etwaigen dominierenden Bestandteile eines Zeichens das relative Gewicht der verschiedenen dieses Zeichen bildenden Bestandteile zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall rückt die horizontale Linie im Verhältnis zu dem Buchstaben, dessen Linienführung sehr viel dicker ist, in den Hintergrund.

79      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Darstellung des Umrisses einer Hosentasche und die horizontale wellenförmige Linie in dem von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck völlig zu vernachlässigende Bestandteile sind, so dass es bei der Prüfung der Ähnlichkeit der fraglichen Marken geboten ist, sich auf die Betrachtung des Buchstabenbestandteils der angemeldeten Marke zu beschränken.

80      Dieses Ergebnis wird durch das Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, Slg. 2005, I‑8551), auf das sich die Klägerin beruft, nicht in Frage gestellt. Der Gerichtshof hat sich in Randnr. 34 dieses Urteils darauf beschränkt, einige Beispiele von Fällen anzuführen, in denen ein Element einer zusammengesetzten Marke den von dieser Marke hervorgerufenen Gesamteindruck dominieren kann. In diesem Urteil hat der Gerichtshof jedoch nicht erschöpfend alle die Fälle aufgezählt, in denen ein Element einer zusammengesetzten Marke als dominierend angesehen werden kann.

–       Zur Annahme der Beschwerdekammer, dass die Verkehrskreise beide Zeichen als Darstellung desselben Buchstabens interpretieren

81      Es ist darauf hinzuweisen, dass sich entgegen der Annahme der Beschwerdekammer in Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung nicht generell sagen lässt, dass alle Verbraucher, die die ältere Marke als stilisierte Darstellung eines „c“ auffassen, in gleicher Weise auch die angemeldete Marke auffassen werden. Ebenso lässt sich nicht generell sagen, dass alle Verbraucher, die die angemeldete Marke als Darstellung eines „e“ wahrnehmen, ein solches auch in der älteren Marke erkennen. Die Schlaufe im oberen Bereich der angemeldeten Marke ist nämlich viel größer als die, die sich im oberen Bereich der älteren Marke befindet. Daher wird ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise die ältere Marke für die Darstellung eines „c“ und die angemeldete Marke für die Darstellung eines „e“ halten.

82      Gleichwohl bleibt die Feststellung der Beschwerdekammer, dass die fraglichen Zeichen als Darstellung desselben Buchstabens wahrgenommen würden, für einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise gültig. Denn aufgrund der Tatsache, dass beide Zeichen mehrere Interpretationen zulassen, wird ein Teil des Publikums beide Zeichen für die Darstellung eines „c“ und ein anderer Teil beide Zeichen für die Darstellung eines „e“ halten. Ein weiterer Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird eines der Zeichen oder beide Zeichen nicht als stilisierte Buchstabendarstellung, sondern als abstrakte Motive interpretieren.

–       Zur bildlichen Ähnlichkeit

83      Die Beschwerdekammer führte aus, beide Zeichen zeigten einen Kleinbuchstaben ‚e‘ „mit einer geschwungenen Linie sowohl oben links in einer Form, die das für ein kleines ‚E‘ typische geschlossene Auge bildet, als auch unten nach rechts verlaufend“. Sie fügte hinzu: „Gewisse Unterschiede bestehen in der Länge dieser auslaufenden Linien und der Größe des Auges. Gleichwohl bleiben beide Buchstaben als Ganzes gesehen visuell ähnlich in der Form, in der sie mit geschwungenen Linien versehen sind.“

84      Wie oben in Randnr. 16 ausgeführt, hat sie überdies festgestellt, dass es bei keinem der beiden Zeichen ganz klar sei, ob es sich um einen Buchstaben handele, und, wenn ja, ob es sich nicht um den Buchstaben „c“ handeln könne. Nach Ansicht der Beschwerdekammer stellt diese Ungewissheit die visuelle Ähnlichkeit der Zeichen und deren Ausmaß nicht in Frage.

85      Die Beschwerdekammer befand, dass zwischen den Zeichen eine visuelle Ähnlichkeit in mittlerem Maße bestehe.

86      Die Klägerin meint, dass die fraglichen Zeichen visuell nicht ähnlich seien.

87      Wie oben in Randnr. 79 festgestellt wurde, ist es bei der Prüfung der Ähnlichkeit der fraglichen Marken geboten, sich auf eine Betrachtung des Buchstabenelements der angemeldeten Marke zu beschränken.

88      Dieser Bestandteil der angemeldeten Marke und die ältere Marke weisen Gemeinsamkeiten auf. So verfügen beide Zeichen über einen nach links gerichteten Bogen. Die Linienführung dieses Bogens ist in der Mitte dicker. Außerdem besitzen beide Zeichen eine Schlaufe oben und eine Öffnung schräg nach rechts oben.

89      Es ist zu beachten, dass die in beiden Zeichen vorhandenen, nach links verlaufenden Bögen, die dickere Linienführungen besitzen als die anderen Bestandteile der Zeichen und denen daher im von diesen hervorgerufenen visuellen Gesamteindruck eine besondere Bedeutung zukommt, einander sehr ähnlich sind.

90      Unterschiede bestehen zwischen den Zeichen hinsichtlich der Größe der Schlaufe, die in der angemeldeten Marke größer ist. Außerdem ist die Anmeldemarke stärker in die Breite gezogen und besitzt lange Verbindungslinien, die in der älteren Marke nicht vorhanden sind.

91      Trotz der zwischen den beiden Zeichen bestehenden Unterschiede ist angesichts der in den Randnrn. 88 und 89 festgestellten Ähnlichkeiten zu konstatieren, dass diese Zeichen einander in visueller Hinsicht in mittlerem Maße ähnlich sind.

92      Dieses Ergebnis wird nicht durch den von der Klägerin hervorgehobenen Umstand in Frage gestellt, dass die Zeichen nach dem Wiener Abkommen zur Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken vom 12. Juni 1973 in geänderter Fassung unterschiedlich eingestuft worden seien. Denn die Einordnung im Rahmen der Wiener Klassifikation erfolgt ausschließlich zu Verwaltungszwecken (Urteil des Gerichts vom 5. November 2008, Calzaturificio Frau/HABM – Camper [Darstellung eines stilisierten Bogens mit gefüllter Fläche], T‑304/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39).

–       Zur klanglichen Ähnlichkeit

93      Die Beschwerdekammer ging in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass die fraglichen Zeichen klanglich identisch seien, da sie als ein „e“ ausgesprochen würden. Die Zeichen seien auch dann identisch, wenn ein Teil der Verbraucher die ältere Marke als ein „c“ ausspreche, weil diese Verbraucher die Anmeldemarke dann ebenso aussprächen. Für die Verbraucher, die keinen Buchstaben wahrnähmen, sei der phonetische Vergleich irrelevant, da nicht möglich.

94      Hierzu ist festzustellen, dass die Zeichen in der Wahrnehmung eines Teils der maßgeblichen Verkehrskreise tatsächlich klanglich identisch sind, nämlich für die Verbraucher, die beide Zeichen als ein stilisiertes „e“ interpretieren, und für diejenigen, die beide Zeichen als ein stilisiertes „c“ auffassen.

95      Für die Gruppe deutscher Verbraucher, die die ältere Marke für ein stilisiertes „c“ und die angemeldete Marke für ein stilisiertes „e“ hält, besteht keine klangliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen. Denn diese Verbraucher werden die ältere Marke nach der internationalen Lautschrift als [tse:] und die angemeldete Marke als [e:] aussprechen. Der Zischlaut bei der Aussprache des „c“ im Deutschen kann nicht unbemerkt bleiben. Auch wenn der Aussprache dieser beiden Buchstaben der Bestandteil „[e:]“ gemeinsam ist, bleibt gleichwohl festzustellen, dass es mehrere Konsonanten gibt, nämlich die Konsonanten „b“, „d“, „g“, „p“, „t“ und „w“, denen dieser Bestandteil beigefügt wird, wenn sie als Einzelbuchstaben im Deutschen ausgesprochen werden. Da der Bestandteil „[e:]“ dabei ausschließlich als Ergänzung zur Erleichterung der Aussprache dieser Konsonanten wahrgenommen wird, lässt sich nicht sagen, dass zum einen die Konsonanten „b“, „c“, „d“, „g“, „p“, „t“ und „w“ und zum anderen der Vokal „e“ klanglich ähnlich seien.

96      Schließlich ist für die Gruppen der Verbraucher, die zumindest eines der Zeichen als ein abstraktes Motiv und nicht als Darstellung eines Buchstabens auffassen, der klangliche Vergleich nicht relevant.

97      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen für einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise klanglich identisch und für einen anderen Teil klanglich unterschiedlich sind, während für wieder einen anderen Teil ein phonetischer Vergleich irrelevant, da nicht möglich ist.

–       Zur begrifflichen Ähnlichkeit

98      Die Beschwerdekammer hat in Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der begriffliche Vergleich neutral sei.

99      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass für den Teil der angesprochenen Verkehrskreise, der beide Zeichen als ein „e“ auffasst, sowie für den Teil der angesprochenen Verkehrskreise, der beide Zeichen als ein „c“ interpretiert, die fraglichen Zeichen begrifflich identisch sind, da sie auf denselben Buchstaben des Alphabets verweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2011, Emram/HABM – Guccio Gucci [G], T‑187/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 60).

100    Für den Teil des angesprochenen Publikums, der die fraglichen Zeichen als unterschiedliche Buchstaben auffasst, sind diese Zeichen begrifflich unterschiedlich. Dies gilt auch für den Teil des Publikums, der eines der einander gegenüberstehenden Zeichen als einen Buchstaben und das andere als ein abstraktes Motiv auffasst.

101    Schließlich ist der begriffliche Vergleich für den Teil des angesprochenen Publikums, der in beiden Zeichen keinen Buchstaben sieht, neutral, da für diese Verbraucher keines der Zeichen einen Bedeutungsgehalt hat.

 Zur Verwechslungsgefahr

102    Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, Slg. 1997, I‑6191, Randnr. 22).

103    Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 74).

104    Die Beschwerdekammer hat hervorgehoben, dass im vorliegenden Fall dem visuellen Vergleich der Zeichen im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein höherer Stellenwert als dem klanglichen Vergleich zukomme, da die fraglichen Waren regelmäßig nur auf Sicht gekauft würden. Obwohl sie davon ausging, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke geringer als normal sei, hat sie das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr bejaht, die aus der Ähnlichkeit des bildlichen Gesamteindrucks resultiere, den beide Marken hervorriefen.

105    Nach Auffassung der Klägerin besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen. Die gedanklichen Assoziationen, die die einander gegenüberstehenden Zeichen bei den Verkehrskreisen hervorriefen, trügen zur Unterscheidung dieser Zeichen bei. Die originäre Kennzeichnungskraft der älteren Marke sei schwach, und die Kennzeichnungskraft sei zudem durch die Verwendung von Drittzeichen geschwächt worden. Der Schutzbereich der älteren Marke sei äußerst eng zu definieren.

106    Es ist zunächst festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen ist, dass der bildliche Vergleich bei der Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr wichtiger sei. Die Bekleidungsauswahl erfolgt nämlich generell auf Sicht (Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 2004, New Look/HABM – Naulover [NLSPORT, NLJEANS, NLACTIVE und NLCollection], T‑117/03 bis T‑119/03 und T‑171/03, Slg. 2004, II‑3471, Randnr. 50, und vom 7. Mai 2009, NHL Enterprises/HABM – Glory & Pompea [LA KINGS], T‑414/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 73). Dasselbe gilt für Lederwaren.

107    Im vorliegenden Fall sind die betreffenden Zeichen, wie oben dargelegt, einander bildlich in mittlerem Maße ähnlich. Für einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich die Verbraucher, die beide Zeichen als Darstellung desselben Buchstabens auffassen, sind die Zeichen außerdem klanglich und begrifflich ähnlich.

108    Es ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall angesichts der Identität der Waren die Ähnlichkeit der Marken, insbesondere die mittlere bildliche Ähnlichkeit, eine Verwechslungsgefahr begründet.

109    Zu dem Vorbringen der Klägerin, wonach die ältere Marke eine schwache originäre Kennzeichnungskraft habe und diese Kennzeichnungskraft durch die Verwendung von Drittzeichen noch weiter geschwächt worden sei, ist Folgendes festzustellen.

110    Die Beschwerdekammer war selbst der Auffassung, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke geringer als normal sei, und hat gleichwohl das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr bejaht.

111    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass weder die Widerspruchsabteilung noch die Beschwerdekammer sich zu dem Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren geäußert haben, wonach die Kennzeichnungskraft der älteren Marke durch die Verwendung von Drittzeichen noch weiter geschwächt worden sei.

112    Dieses Versäumnis war jedoch nicht geeignet, sich auf das Ergebnis der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auszuwirken, denn selbst wenn man unterstellte, dass die ältere Marke eine schwache originäre Kennzeichnungskraft habe und dass diese Kennzeichnungskraft durch die Verwendung von Drittzeichnen noch weiter geschwächt worden sei, würde unter den Umständen des vorliegenden Falles hierdurch eine Gefahr von Verwechslungen der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht in Frage gestellt.

113    Die Unterscheidungskraft der älteren Marke stellt nämlich, auch wenn sie bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, nur einen der bei dieser Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren dar. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit schwacher Unterscheidungskraft geht, kann eine Gefahr von Verwechslungen gegeben sein (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg. 2007, II‑5213, Randnr. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

114    Zu dem Vorbringen der Klägerin, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Bekleidungssektor gewohnt seien, aus stilisierten Buchstaben bestehende Marken aufmerksam zu betrachten und auf Einzelheiten zu achten, ist zunächst festzustellen, dass der Einwand der Streithelferin, dass dieses Vorbringen unzulässig sei, weil es erstmals vor dem Gericht vorgetragen worden sei, in tatsächlicher Hinsicht unbegründet ist. Die Klägerin machte nämlich in ihrem Schriftsatz vom 8. Oktober 2007 vor der Widerspruchsabteilung geltend, dass die maßgeblichen Verkehrskreise angesichts der großen Zahl an älteren Drittzeichen, in denen der Bestandteil „c“ für identische oder ähnliche Waren verwendet werde, an die Existenz einer großen Zahl solcher Zeichen gewöhnt seien und bereits auf geringe Unterschiede zwischen diesen Zeichen achteten. Sie hat dieses Vorbringen in ihrem Schriftsatz vom 29. Januar 2009 vor der Beschwerdekammer wiederholt. Es handelt sich daher in Wirklichkeit nicht um neues Vorbringen.

115    In der Sache ist festzustellen, dass dieses Vorbringen der Klägerin die Bejahung einer Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht in Frage zu stellen vermag. Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nämlich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, und er muss sich vielmehr auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 21. April 2010, Peek & Cloppenburg und van Graaf/HABM – Queen Sirikit Institute of Sericulture [Thai Silk], T‑361/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Umstand, dass die maßgeblichen Verkehrskreise aus stilisierten Einzelbuchstaben bestehende Marken mit größerer Aufmerksamkeit betrachten als andere Zeichen, stellt – auch wenn man dies als erwiesen zugrunde legt – nicht die Tatsache in Frage, dass im vorliegenden Fall die Anmeldemarke mit der älteren Marke wegen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität der Waren verwechselt werden kann.

116    Die Klägerin stützt ihre Argumentation, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen bestehe, auch auf den Umstand, dass, wie sie meint, diese Zeichen unterschiedliche Buchstaben darstellen, nämlich die ältere Marke ein „c“ und die angemeldete Marke ein „e“.

117    Insoweit ist daran zu erinnern, dass jedes der beiden Zeichen mehrere Interpretationen zulässt.

118    Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass es innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise mehrere nicht unerhebliche Gruppen von Verbrauchern gibt, nämlich diejenigen, die die ältere Marke als ein „c“ und die angemeldete Marke als ein „e“ interpretieren, diejenigen, die beide Zeichen als ein „e“ auffassen, diejenigen, die beide Zeichen als ein „c“ auffassen, diejenigen, die eines der Zeichen als ein abstraktes Motiv und das andere Zeichen als ein „c“ oder ein „e“ auffassen, und diejenigen, die beide Zeichen als ein abstraktes Motiv auffassen.

119    Bei einer solchen Sachlage genügt es, dass eine Verwechslungsgefahr für eine dieser nicht unerheblichen Gruppen besteht.

120    Nähme man an, dass der Teil des angesprochenen Publikums, der die ältere Marke als ein „c“ und die angemeldete Marke als ein „e“ auffasst, sie nicht miteinander verwechselt, änderte dies nichts daran, dass eine Verwechslungsgefahr für den Teil des angesprochenen Publikums besteht, der beide Zeichen als eine Darstellung desselben Buchstabens auffasst, sowie für den Teil des Publikums, der beide Zeichen für abstrakte Motive hält. Um die Feststellung zu treffen, dass eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, braucht nicht festgestellt zu werden, dass diese Gefahr für die Gesamtheit der angesprochenen Verkehrskreise besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil RESPICUR, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnrn. 73 und 74).

121    Da die Feststellung einer Verwechslungsgefahr für diese nicht unerheblichen Verbrauchergruppen genügt, um dem Widerspruch stattzugeben, ist die angefochtene Entscheidung nicht allein deshalb aufzuheben, weil die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen hat, dass das gesamte angesprochene Publikum entweder beide Zeichen als Darstellung desselben Buchstabens oder beide Zeichen als Darstellung abstrakter Motive auffasse. Dieser Irrtum der Beschwerdekammer hat sich nämlich nicht auf das Ergebnis ausgewirkt.

122    Auch durch die übrigen Argumente der Klägerin wird dieses Ergebnis nicht in Frage gestellt.

123    Sie macht geltend, dass die gedanklichen Assoziationen, die die einander gegenüberstehenden Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen auslösten, dazu beitrügen, diese Zeichen zu unterscheiden.

124    Insoweit macht die Klägerin unter Anführung des Vorbringens der Streithelferin in einem anderen Verfahren vor dem HABM geltend, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise erkenne, dass der Buchstabe „c“ der älteren Marke auf die vor allem im Bekleidungssektor gut eingeführte Marke CAMPUS der Streithelferin verweise.

125    Ferner erkenne dasselbe Publikum die angemeldete Marke und den in sie eingebetteten Buchstaben als Herkunftshinweis der Klägerin. Hervorzuheben sei, dass ausweislich der als Anlage 24 der Klageschrift vorgelegten Umfrage die Marke ESPRIT mehr als 90 % der maßgeblichen Verkehrskreise in Deutschland bekannt sei.

126    Es ist jedoch zu konstatieren, dass durch die Anführung der Argumentation der Streithelferin in einem anderen Verfahren nicht nachgewiesen werden kann, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die ältere Marke als einen Hinweis auf die Modelinie CAMPUS der Streithelferin erkennt. Die Klägerin unterstreicht selbst, dass die Streithelferin weder behauptet noch belegt habe, dass die ältere Marke eine bekannte Marke sei.

127    Im Übrigen ist das Ergebnis einer Umfrage über die Bekanntheit der Wortmarke ESPRIT beim Publikum, abgesehen davon, dass es nicht im Verfahren vor dem HABM vorgebracht wurde und daher unzulässig ist (vgl. oben, Randnr. 27), nicht geeignet, nachzuweisen, dass die Verkehrskreise die angemeldete Marke als einen Hinweis auf diese Wortmarke wahrnehmen.

128    Schließlich kann auch der Umstand, dass das Deutsche Patent- und Markenamt das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zwischen zwei mit den beiden hier streitigen Marken identischen Zeichen in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2008 (vgl. oben, Randnr. 56) verneint hat, das Ergebnis der Prüfung nicht in Frage stellen. Denn keine Vorschrift der Verordnung Nr. 207/2009 verpflichtet das HABM oder, im Fall einer Klage, das Gericht, zu den gleichen Ergebnissen zu gelangen wie die nationalen Ämter in einem gleichartigen Fall (vgl. Urteil G, oben in Randnr. 99 angeführt, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Kosten

129    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

130    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Esprit International LP trägt die Kosten.

Dittrich

Wiszniewska-Białecka

Prek

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. November 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.