Language of document : ECLI:EU:C:2023:889

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ANTHONY COLLINS

vom 16. November 2023(1)

Verbundene Rechtssachen C345/22 bis C347/22

Maersk A/S

gegen

Allianz Seguros y Reaseguros SA (C345/22 und C347/22)

und

Mapfre España Compañía de Seguros y Reaseguros SA

gegen

MACS Maritime Carrier Shipping GmbH & Co. (C346/22)

(Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Provincial de Pontevedra [Provinzgericht Pontevedra, Spanien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gerichtliche Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Art. 25 Abs. 1 – Durch ein Konnossement dokumentierter Seefrachtvertrag – Im Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel – Wirksamkeit gegenüber dem Drittinhaber des Konnossements – Anwendbares Recht – Nationale Rechtsvorschriften, nach denen die Klausel durch den Drittinhaber des Konnossements einzeln und gesondert ausgehandelt worden sein muss“






 Einleitung

1.        Mit den vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ersucht die Audiencia Provincial de Pontevedra (Provinzgericht Pontevedra, Spanien) den Gerichtshof um Hinweise zur Auslegung von Art. 25 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: Brüssel‑Ia-Verordnung)(2). Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Maersk A/S (im Folgenden: Maersk), einer dänischen Verfrachterin, und der Allianz Seguros y Reaseguros SA (im Folgenden: Allianz), einer spanischen Versicherungsgesellschaft, in den Rechtssachen C‑345/22 und C‑347/22, sowie zwischen der Mapfre España Compañía de Seguros y Reaseguros SA (im Folgenden: Mapfre), einer spanischen Versicherungsgesellschaft, und der MACS Maritime Carrier Shipping GmbH & Co. (im Folgenden: MACS), einem deutschen Transportunternehmen, in der Rechtssache C‑346/22. Jede dieser Klagen ist eine Schadensersatzklage wegen des teilweisen Verlusts von auf dem Seeweg beförderten Waren. Sie werfen die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen eine Gerichtsstandsklausel, die in einem durch ein Konnossement dokumentierten Seefrachtvertrag enthalten ist, einem Dritten entgegengehalten werden kann, der diese Waren später erwirbt und damit Inhaber des Konnossements wird.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Brüsseler Übereinkommen

2.        Art. 17 Abs. 1 des Brüsseler Übereinkommens bestimmt:

„Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates ausschließlich zuständig. Eine solche Gerichtsvereinbarung muss geschlossen werden

(a)      schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,

(b)      in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder

(c)      im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.“

 BrüsselI-Verordnung

3.        Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I‑Verordnung sieht vor:

„Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine solche Gerichtsvereinbarung muss geschlossen werden

(a)      schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,

(b)      in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder

(c)      im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.“

 BrüsselIa-Verordnung

4.        Die Erwägungsgründe 15, 19 und 20 der Brüssel‑Ia-Verordnung lauten:

„(15)      Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten. Diese Zuständigkeit sollte stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. …

(19)      Vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten ausschließlichen Zuständigkeiten sollte die Vertragsfreiheit der Parteien hinsichtlich der Wahl des Gerichtsstands, außer bei Versicherungs‑, Verbraucher- und Arbeitsverträgen, wo nur eine begrenztere Vertragsfreiheit zulässig ist, gewahrt werden.

(20)      Stellt sich die Frage, ob eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines Gerichts oder der Gerichte eines Mitgliedstaats materiell nichtig ist, so sollte sie nach dem Recht einschließlich des Kollisionsrechts des Mitgliedstaats des Gerichts oder der Gerichte entschieden werden, die in der Vereinbarung bezeichnet sind.“

5.        Art. 25 in Kapitel II („Zuständigkeit“) Abschnitt 7 („Vereinbarung über die Zuständigkeit“) der Brüssel‑Ia-Verordnung bestimmt:

„(1)      Haben die Parteien unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig, es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedstaats materiell nichtig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Gerichtsstandsvereinbarung muss geschlossen werden:

(a)      schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,

(b)      in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder

(c)      im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.

(5)      Eine Gerichtsstandsvereinbarung, die Teil eines Vertrags ist, ist als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln.

Die Gültigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung kann nicht allein mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass der Vertrag nicht gültig ist.“

 Nationales Recht

6.        Abschnitt XI der Präambel der Ley 14/2014 de Navegación Marítima (Seeschifffahrtsgesetz 14/2014, im Folgenden: LNM) vom 24. Juli 2014(3) lautet:

„…

Kapitel I enthält besondere Zuständigkeitsregeln und soll, gestützt auf die bevorzugte Anwendung der Regeln der internationalen Übereinkommen und der unionsrechtlichen Vorschriften in diesem Bereich, festgestellte Missbräuche verhindern, indem in Verträgen über die Nutzung eines Schiffs oder in ergänzenden Schifffahrtsverträgen enthaltene Klauseln für nichtig erklärt werden, die die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts oder Schiedsgerichts vorsehen, wenn diese Klauseln nicht einzeln und gesondert ausgehandelt worden sind.

…“

7.        Art. 251 („Traditionswirkung“) LNM bestimmt:

„Die Übergabe eines Konnossements hat die gleiche Wirkung wie die Lieferung der verbrieften Waren, unbeschadet der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Ansprüche einer Person, der der Besitz an diesen Waren rechtswidrig entzogen worden ist. Der Erwerber des Konnossements erwirbt alle Rechte und Ansprüche des Übertragenden an den Waren, mit Ausnahme von Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, die nach Maßgabe der Bestimmungen in Titel IX Kapitel I der Zustimmung des Erwerbers bedürfen.“

8.        Art. 468 („Gerichtsstands- und Schiedsklauseln“) LNM bestimmt:

„Unbeschadet der in Spanien geltenden internationalen Übereinkommen und der unionsrechtlichen Vorschriften sind die in Verträgen über die Nutzung eines Schiffs oder in ergänzenden Schifffahrtsverträgen enthaltenen Klauseln über die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts oder Schiedsgerichts nichtig und gelten als nicht vereinbart, wenn sie nicht einzeln und gesondert ausgehandelt worden sind.

Insbesondere ist die Aufnahme einer Gerichtsstands- oder Schiedsklausel in die abgedruckten Geschäftsbedingungen eines der im vorstehenden Absatz genannten Verträge für sich genommen kein Beweis für die Einhaltung der in diesem Absatz festgelegten Anforderungen.“

 Sachverhalt der Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

 Rechtssache C345/22

9.        Die Maersk Line Perú S.A.C.(4) als Verfrachterin und Aguafrost Perú als Befrachterin schlossen einen Seefrachtvertrag zu den Bedingungen CFR (Incoterms Cost and Freight), der durch ein am 9. April 2018 ausgestelltes Konnossement dokumentiert wurde. Dieses Konnossement enthielt auf der Rückseite eine Gerichtsstandsklausel mit folgendem Wortlaut: „In allen anderen Fällen unterliegt das vorliegende Konnossement dem englischen Recht, und für alle sich daraus ergebenden Streitigkeiten ist der High Court of Justice [(England & Wales) in London (Vereinigtes Königreich)] zuständig, wobei die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Staates ausgeschlossen ist. Darüber hinaus kann der Verfrachter nach eigenem Ermessen vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unternehmer seine Tätigkeit ausübt, gegen den Unternehmer Klage erheben.“ Die Oversea Atlantic Fish S.L. (im Folgenden: Oversea), ein spanischer Anbieter von Fisch und Meeresfrüchten, erwarb die beförderten Waren und wurde damit Drittinhaber des Konnossements.

10.      Die Waren kamen im Bestimmungshafen beschädigt an. Allianz erhob als Versicherer, der in die Rechte von Oversea eingetreten ist, beim dem Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra, Spanien) eine Klage gegen Maersk auf Schadensersatz in Höhe von 67 449,71 Euro(5).

11.      Maersk machte unter Berufung auf die vorstehend angeführte Gerichtsstandsklausel die Unzuständigkeit der spanischen Gerichte geltend. Mit Beschluss vom 26. Mai 2020 wies der Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra) die Einrede zurück. Dagegen legte Maersk bei diesem Gericht eine Beschwerde ein, die mit Beschluss vom 2. Dezember 2020 zurückgewiesen wurde.

12.      Mit Urteil vom 7. Juli 2021 gab der Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra) der Klage von Allianz in der Sache statt. Maersk legte gegen dieses Urteil beim vorlegenden Gericht eine Berufung ein, die sich auf die Rüge der Unzuständigkeit der spanischen Gerichte beschränkte. Da Art. 251 LNM gegen das Unionsrecht verstoße, sei das vorlegende Gericht verpflichtet, Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung anzuwenden. Die Gerichtsstandsklausel könne daher dem Drittinhaber des Konnossements entgegengehalten werden.

13.      Das vorlegende Gericht fragt sich, ob eine Gerichtsstandsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die von den ursprünglichen Parteien des Frachtvertrags vereinbart wurde, dem Drittinhaber eines Konnossements entgegengehalten werden kann, der dieser Klausel weder ausdrücklich noch einzeln noch gesondert zugestimmt hat.

14.      Es weist darauf hin, dass „Gerichtsstandsklausel“ ein autonomer Begriff des Unionsrechts sei. Im internationalen Seeverkehr würden häufig Gerichtsstandsklauseln verwendet, so dass die Vertragsparteien im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Buchst. c der Brüssel‑Ia-Verordnung von diesen Klauseln Kenntnis hätten haben müssen. Angesichts dessen bestätige das Urteil Castelletti(6), dass eine Vermutung dafür spreche, dass die Person, der eine derartige Klausel entgegengehalten werde, ihr zugestimmt habe. Ferner seien Gerichtsstandsklauseln ihrem Wesen nach eigenständig und unabhängig. Sie könnten daher im Hinblick auf das anwendbare materielle Recht einer anderen Rechtsordnung unterliegen als der Rest des Vertrags. Daher könne eine Gerichtsstandsklausel sogar dann wirksam sein, wenn der Vertrag selbst als nichtig angesehen werde.

15.      Art. 251 LNM verweise für eine Gerichtsstandsklausel enthaltende Konnossemente, die ein Dritter erwerbe, auf Art. 468 LNM, wonach Gerichtsstandsklauseln nichtig seien, wenn sie nicht einzeln und gesondert ausgehandelt worden seien(7). Der Gerichtshof habe im Urteil Russ(8) den Grundsatz aufgestellt und im Urteil Coreck(9) bestätigt, wonach „die in einem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel, soweit sie im Verhältnis zwischen dem Befrachter und dem Verfrachter im Sinne von Artikel 17 des Übereinkommens gültig ist, dem Drittinhaber des Konnossements entgegengehalten werden kann, soweit der Inhaber des Konnossements nach dem anwendbaren nationalen Recht in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist“. Die Erwähnung des „anwendbaren nationalen Recht[s]“ in diesem Zitat könne als Bezugnahme auf Art. 251 LNM verstanden werden. Da die Parteien somit die Gerichtsstandsklausel einzeln und gesondert hätten aushandeln müssen, sei die Übertragung der Rechte aus dem Konnossement nicht vollständig gewesen. Es stelle sich daher die Frage, ob Art. 251 LNM gegen den genannten Grundsatz verstoße.

16.      Das vorlegende Gericht führt weiter aus, dass das nationale Recht, nach dem die Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel zu beurteilen sei, das Recht des Staates sein könne, dessen Zuständigkeit diese Klausel bestimme, nämlich das des Vereinigten Königreichs. Hierfür verweist es auf Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung und die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen Benincasa(10) und DelayFix(11), nach denen die materielle Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel nach dem Recht des Mitgliedstaats zu beurteilen sei, dessen Gerichte in dieser Klausel bestimmt seien.

17.      Für den Fall, dass Art. 251 LNM anwendbar sein sollte und geprüft werden müsste, ob der Drittinhaber des Konnossements der Gerichtsstandsklausel einzeln und gesondert zugestimmt habe, sei fraglich, in welcher Form diese Zustimmung erteilt werden könne. Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass sich diese Frage nach dem Unionsrecht richte, und weist darauf hin, dass die Zustimmung vermutet werde, wenn die Anforderungen von Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung erfüllt seien.

18.      Schließlich zieht das vorlegende Gericht die Vereinbarkeit von Art. 251 LNM mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs insoweit in Zweifel, als diese Bestimmung vorsehe, dass die Übertragung des Konnossements dem einen und die in diesem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel einem anderen Recht unterliege(12).

19.      Die Audiencia Provincial de Pontevedra (Provinzgericht Pontevedra) hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Erfasst die Regelung in Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung, soweit danach die Nichtigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht des Mitgliedstaats zu prüfen ist, den die Parteien als Gerichtsstand festgelegt haben, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens auch die Frage der Wirksamkeit der Klausel gegenüber einem Dritten, der nicht Partei des Vertrags ist, in dem die Klausel vereinbart wurde?

2.      Ist, wenn das Konnossement an einen Dritten, der Empfänger der Ware ist und der an dem Vertrag zwischen dem Befrachter und dem Verfrachter nicht beteiligt war, begeben wird, eine Vorschrift wie Art. 251 LNM, wonach die Gerichtsstandsklausel „einzeln und gesondert“ mit diesem Dritten ausgehandelt worden sein muss, damit sie ihm gegenüber wirksam ist, mit Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung und mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung dieser Bestimmung vereinbar?

3.      Ist es mit dem Unionsrecht vereinbar, dass das Recht der Mitgliedstaaten zusätzliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit von in Konnossementen enthaltenen Gerichtsstandsklauseln gegenüber Dritten vorsieht?

4.      Stellt eine Vorschrift wie Art. 251 LNM, wonach die Rechte und Pflichten nur teilweise auf den Drittinhaber übergehen, und zwar unter Ausschluss der Gerichtsstandsklauseln, die Einführung einer zusätzlichen Voraussetzung für die Gültigkeit solcher Klauseln dar, und ist sie mit Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung unvereinbar?

 Rechtssache C346/22

20.      MACS als Verfrachterin und die Tunacor Fisheries Ltd als Befrachterin schlossen einen Seefrachtvertrag zu den Bedingungen CFR, der durch ein am 13. April 2019 ausgestelltes Konnossement dokumentiert wurde. Auf der Rückseite des Konnossements war folgende Gerichtsstandsklausel aufgedruckt: „Das vorliegende Konnossement unterliegt dem englischen Recht und für alle sich daraus ergebenden Streitigkeiten ist der High Court of Justice [(England & Wales)] in London zuständig.“ Das spanische Unternehmen Fortitude Shipping SL (im Folgenden: Fortitude) erwarb die betreffenden Waren und wurde damit Drittinhaber des Konnossements.

21.      Die Waren kamen im Bestimmungshafen beschädigt an. Mapfre erhob als Versicherer, der in die Rechte von Fortitude eingetreten ist, beim Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra) eine Klage gegen MACS auf Schadensersatz in Höhe von 80 187,90 Euro(13).

22.      Unter Berufung auf die genannte Gerichtsstandsklausel machte MACS die Unzuständigkeit der spanischen Gerichte geltend. Mit Beschluss vom 3. Mai 2020 erklärte sich der Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra) für unzuständig. Mapfre legte gegen diesen Beschluss ein Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht ein. Unter Verweis auf Art. 251 LNM machte sie geltend, dass die Gerichtsstandsklausel Fortitude nicht entgegengehalten werden könne, da diese weder Partei des Seefrachtvertrags noch an dessen Erfüllung beteiligt gewesen sei. Da Art. 251 LNM gegen das Unionsrecht verstoße, müsse das vorlegende Gericht Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung anwenden, so dass die Gerichtsstandsklausel dem Drittinhaber des Konnossements entgegengehalten werden könne.

23.      Das vorlegende Gericht hegt die gleichen Zweifel wie in der Rechtssache C‑345/22 und hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof im Wesentlichen dieselben Fragen wie in jener Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen.

 Rechtssache C347/22

24.      Maersk als Verfrachterin und Aguafrost Perú als Befrachterin schlossen einen Seefrachtvertrag zu den Bedingungen CFR, der durch ein am 2. August 2018 ausgestelltes Konnossement dokumentiert wurde. Das Konnossement enthielt auf der Rückseite eine Gerichtsstandsklausel, deren Wortlaut mit dem in Nr. 9 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegebenen Wortlaut übereinstimmt. Oversea erwarb die betreffenden Waren und wurde damit Drittinhaber dieses Konnossements.

25.      Die Waren kamen im Bestimmungshafen beschädigt an. Allianz erhob als Versicherer, der in die Rechte von Oversea eingetreten ist, beim Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra, Spanien) eine Klage gegen Maersk auf Schadensersatz in Höhe von 106 093,65 Euro(14).

26.      Maersk machte unter Berufung auf die Gerichtsstandsklausel die Unzuständigkeit der spanischen Gerichte geltend. Mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 wies der Juzgado de lo Mercantil no 3 de Pontevedra (Handelsgericht Nr. 3 Pontevedra) die Einrede zurück.

27.      Mit Urteil vom 9. Juli 2021 gab dieses Gericht der Klage von Allianz in der Sache statt. Maersk legte gegen das Urteil ein Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht ein und machte die Unzuständigkeit der spanischen Gerichte geltend. Da Art. 251 LNM gegen das Unionsrecht verstoße, müsse das vorlegende Gericht Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung anwenden, so dass die Gerichtsstandsklausel dem Drittinhaber des Konnossements entgegengehalten werden könne.

28.      Das vorlegende Gericht hegt die gleichen Zweifel wie in der Rechtssache C‑345/22 und hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof im Wesentlichen dieselben Fragen wie in jener Rechtssache zur Vorabentscheidung vorzulegen.

 Verfahren vor dem Gerichtshof

29.      Mit Beschluss vom 15. Juli 2022 hat der Präsident des Gerichtshofs die Rechtssachen C‑345/22, C‑346/22 und C‑347/22 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

30.      Die Parteien der Ausgangsverfahren, die spanische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbemerkung

31.      Das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft(15) (im Folgenden: Austrittsabkommen) wurde am 17. Oktober 2019 angenommen und trat am 1. Februar 2020 in Kraft. Nach Art. 67 („Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sowie diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen zentralen Behörden“) Abs. 1 Buchst. a des Austrittsabkommens gelten die Zuständigkeitsvorschriften der Brüssel‑Ia-Verordnung sowohl im Vereinigten Königreich als auch in den Mitgliedstaaten in Fällen, die einen Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen, für Klagen, die vor dem Ende des in Art. 126 des Austrittsabkommens vorgesehenen Übergangszeitraums erhoben wurden.

32.      Die vorliegenden Rechtssachen betreffen Klauseln, die die Zuständigkeit der Gerichte des Vereinigten Königreichs begründen sollen. Aus den Vorlageentscheidungen geht hervor, dass die Klagen in den Ausgangsverfahren vor dem 31. Dezember 2020, dem Tag, an dem der in Art. 126 des Austrittsabkommens vorgesehene Übergangszeitraum abläuft, erhoben wurden. Wie die spanische Regierung und die Kommission zu Recht ausführen, bedarf es zur Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten, die Gegenstand der Vorlageentscheidungen sind, einer Auslegung der Brüssel‑Ia-Verordnung.

 Zur ersten Frage

33.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Regel in Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung, wonach die materielle Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel nach dem Recht des Mitgliedstaats des Gerichts oder der Gerichte, die in dieser Klausel bezeichnet sind, zu prüfen ist, auch für die Frage gilt, ob eine in einem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel gegenüber dem Drittinhaber dieses Konnossements wirksam ist.

34.      Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung regelt Vereinbarungen, durch die die Vertragsparteien einem Gericht oder den Gerichten eines Mitgliedstaats die Zuständigkeit für etwaige bestehende oder künftige Rechtsstreitigkeiten zwischen ihnen zuweisen(16). Der Begriff der „Gerichtsstandsklausel“, ein autonomer Begriff des Unionsrechts, ist dahin auszulegen, dass der Grundsatz der Vertragsautonomie, auf dem Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung beruht, uneingeschränkt anzuwenden ist(17).

35.      Ein Vergleich mit den entsprechenden Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens und der Brüssel‑I-Verordnung zeigt, welche Änderungen mit Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung in Bezug auf Gerichtsstandsklauseln eingeführt wurden. Erstens wurde auf die Voraussetzung verzichtet, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben muss(18). Zweitens enthält Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung eine neue einheitliche Kollisionsnorm, nach der die materielle Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel nach dem Recht des Mitgliedstaats der in dieser Klausel bezeichneten Gerichte zu beurteilen ist, und zwar, wie es im 20. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt, einschließlich „des Kollisionsrechts des Mitgliedstaats“(19). Diese neue Regel ist sowohl dann anzuwenden, wenn die Frage der materiellen Wirksamkeit vor dem Gericht aufgeworfen wird, das die Parteien in der Gerichtsstandsklausel bestimmt haben, als auch dann, wenn diese Frage vor dem Gericht eines Mitgliedstaats aufgeworfen wird, das unter Nichtbeachtung dieser Klausel angerufen wurde(20). Drittens sieht Art. 25 Abs. 5 der Brüssel‑Ia-Verordnung vor, dass die Gerichtsstandsklausel von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängig ist(21).

36.      Weder Art. 25 noch eine andere Bestimmung der Brüssel‑Ia-Verordnung regelt ausdrücklich die Wirkungen von Gerichtsstandsklauseln gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Personen, die nicht Partei des ursprünglichen Vertrags waren, auf den sich die Gerichtsstandsklausel bezieht, und die nachträglich aufgrund einer Abtretung oder einer anderen Vereinbarung Partei dieses Vertrags werden(22). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann eine in einen Vertrag aufgenommene Gerichtsstandsklausel grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den ursprünglichen Parteien Wirkungen entfalten(23). Damit sich ein Dritter auf eine solche Klausel berufen kann, ist es grundsätzlich erforderlich, dass er ihr zugestimmt hat(24). Dieser Ansatz steht in Einklang mit der älteren Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 17 des Brüsseler Übereinkommens und Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung(25).

37.      Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung findet in Fällen Anwendung, in denen die Parteien ein Gericht „vereinbart“ haben. Wie sich aus dem 15. Erwägungsgrund dieser Verordnung ergibt, rechtfertigt diese Einigung zwischen den Parteien den Vorrang, der ihrer Wahl eines Gerichts im Namen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit eingeräumt wird(26). Dementsprechend hat der Gerichtshof festgestellt, dass Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung das erkennende Gericht verpflichtet, zunächst zu prüfen, ob die Gerichtsstandsklausel tatsächlich Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war, die klar und deutlich zum Ausdruck kommen muss; die Formerfordernisse nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 sollen insoweit gewährleisten, dass die Einigung tatsächlich feststeht(27).

38.      In mehreren Urteilen zur Auslegung von Art. 17 des Brüsseler Übereinkommens, die im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten über Seefrachtverträge ergangen sind, hat der Gerichtshof jedoch anerkannt, dass eine in einem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel einem am Vertrag nicht beteiligten Dritten entgegengehalten werden kann. Das ist dann möglich, wenn diese Klausel als im Verhältnis zwischen dem Verfrachter und dem Befrachter gültig anerkannt ist(28) und der Dritte nach dem anwendbaren nationalen Recht mit dem Erwerb des Konnossements in die Rechte und Pflichten des Befrachters eintritt(29). Unter diesen Umständen braucht nach Auffassung des Gerichtshofs nicht geprüft zu werden, ob der Drittinhaber des Konnossements die Gerichtsstandsklausel im ursprünglichen Vertrag akzeptiert hat. Der Erwerb des Konnossements kann dem Drittinhaber nicht mehr Rechte verleihen, als der Befrachter hatte. Auf den Drittinhaber gehen auf diese Weise alle Rechte und Pflichten aus dem Konnossement, einschließlich derjenigen aus der Gerichtsstandsklausel, über(30). Sieht das anwendbare nationale Recht eine solche Substitution nicht vor, muss das angerufene Gericht prüfen, ob der Dritte der Gerichtsstandsklausel tatsächlich zugestimmt hat(31).

39.      Im Urteil Refcomp, das die Auslegung von Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung betraf, hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Reichweite der soeben angeführten Rechtsprechung unter Berücksichtigung des ganz besonderen Charakters des Konnossements zu beurteilen ist, das beschrieben wird als „internationales Handelsinstrument zur Regelung einer Beziehung …, die mindestens drei Personen, nämlich den Verfrachter, den Güterspediteur oder Befrachter und den Ladungsempfänger umfasst“, und als „übertragbares Wertpapier, das es dem Eigentümer gestattet, die Ladung während ihrer Beförderung an einen Erwerber zu veräußern, der zum Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten des Befrachters gegenüber dem Verfrachter wird“(32). Unter Berücksichtigung dieses Substitutionsverhältnisses zwischen dem Befrachter und dem Drittinhaber des Konnossements ist Letzterer durch eine darin enthaltene Gerichtsstandsklausel gebunden. Der Gerichtshof hat diese Rechtsprechung in Anbetracht der Umstände der Rechtssache Refcomp nicht herangezogen, da es dort um eine Gerichtsstandsklausel ging, die der Hersteller und der ursprüngliche Erwerber der Waren im Rahmen einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen über Waren vereinbart hatten(33).

40.      Später hat der Gerichtshof einen weniger restriktiven Ansatz gewählt und die Rechtsprechung, die er im Zusammenhang mit Konnossementen entwickelt hatte, auf andere Verträge übertragen.

41.      Das Urteil CDC Hydrogen Peroxide betraf die Auslegung u. a. von Art. 23 der Brüssel‑I-Verordnung. Eine belgische Gesellschaft, die von durch ein Kartell betroffenen Unternehmen gegründet worden war, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen, erhob vor einem deutschen Gericht eine Feststellungs- und Schadensersatzklage gegen mehrere in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Gesellschaften, die an einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV beteiligt waren. Unter Verweis auf das Urteil Coreck hat der Gerichtshof entschieden: „Nur wenn der Dritte nach dem in der Sache anwendbaren nationalen Recht, wie es in Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts des angerufenen Gerichts bestimmt wurde, in alle Rechte und Pflichten der ursprünglichen Vertragspartei eingetreten ist, könnte nämlich eine Gerichtsstandsvereinbarung, der dieser Dritte nicht zugestimmt hat, ihm dennoch entgegengehalten werden“(34).

42.      Demselben Ansatz ist der Gerichtshof in seinem Urteil Profit Investment SIM(35) gefolgt, in dem er festgestellt hat, dass eine Gerichtsstandsklausel in einem Emissionsprospekt von Schuldverschreibungen einem Dritten, der die Wertpapiere von einem Finanzmittler erworben hat, entgegengehalten werden kann, wenn u. a. nachgewiesen wird, dass „der Dritte durch die Zeichnung der in Rede stehenden Wertpapiere auf dem Sekundärmarkt in die nach dem anwendbaren nationalen Recht mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte und Pflichten des Finanzmittlers eingetreten ist“.

43.      Im Urteil DelayFix ging es um die Frage, ob Ryanair sich gegenüber DelayFix, einer im Bereich des Einzugs der Forderungen von Fluggästen tätigen Gesellschaft, auf eine Gerichtsstandsklausel berufen konnte, die sie in einem Beförderungsvertrag mit einem Fluggast vereinbart hatte, der seine Ansprüche an DelayFix abgetreten hatte, wenn diese Gesellschaft der Gerichtsstandsklausel nicht zugestimmt hatte. In Rn. 47 dieses Urteils hat der Gerichtshof entschieden, dass die Berufung auf diese Gerichtsstandsklausel nur möglich ist, wenn DelayFix, der Dritte, in alle Rechte und Pflichten der ursprünglichen Vertragspartei, im vorliegenden Fall des Fluggasts, „nach dem in der Sache anwendbaren nationalen Recht“ eingetreten ist.

44.      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass nach dem Unionsrecht eine zwischen einem Verfrachter und einem Befrachter in einem Konnossement vereinbarte Gerichtsstandsklausel dem Drittinhaber dieses Konnossements entgegengehalten werden kann, wenn der Drittinhaber dieser Klausel zugestimmt hat oder in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist(36). Ob der Dritte mit dem Erwerb des Konnossements in alle Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist, richtet sich nach nationalem Recht. Wie Allianz, Mapfre und die spanische Regierung zu Recht geltend machen, ist dieses nationale Recht das in der Sache anwendbare nationale Recht, wie es in Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts des angerufenen Gerichts bestimmt wurde(37).

45.      In Rn. 47 des Urteils DelayFix scheint der Gerichtshof demselben Ansatz zu folgen, wenn er unter Anführung der Rn. 65 des Urteils CDC Hydrogen Peroxide, in der wiederum auf Rn. 30 des Urteils Coreck verwiesen wird, auf das „in der Sache anwendbare nationale Recht“ Bezug nimmt. Wenn er dann in Rn. 63 und im Tenor des Urteils DelayFix auf diese Frage zurückkommt, scheint er seinen Standpunkt zu ändern, indem er feststellt, dass die Frage, ob die Inkassogesellschaft in alle Rechte und Pflichten der ursprünglichen Vertragspartei eingetreten ist, nach den „Rechtsvorschriften des Staates, dessen Gerichte in [der Gerichtsstandsklausel] bestimmt sind“, zu beurteilen ist.

46.      Dieser Ansatz wirft die folgenden drei Probleme auf, weshalb ich ihn dem Gerichtshof nicht empfehle(38).

47.      Erstens habe ich in Nr. 45 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt, dass die Begründung des Urteils DelayFix inkohärent, wenn nicht sogar regelrecht widersprüchlich ist. Man kann nicht behaupten, der in Nr. 44 der vorliegenden Schlussanträge zusammengefassten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu folgen, nach der für die Frage, ob der Dritte durch den Erwerb des Konnossements in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist, auf das in der Sache anwendbare nationale Recht abzustellen ist, wie es in Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts des angerufenen Gerichts bestimmt wurde, und dann zu dem Ergebnis kommen, dass stattdessen das Recht des in der Gerichtsstandsklausel bestimmten Mitgliedstaats gilt.

48.      Zweitens bin ich der Ansicht, dass sich der in Rn. 63 und im Tenor des Urteils DelayFix gewählte Ansatz nicht darauf beschränkt, die Urteile Coreck und CDC Hydrogen Peroxide klarzustellen oder zu präzisieren(39). Sofern es sich nicht um einen bloßen Schreibfehler handelt – eine Möglichkeit, die ich, wie ich in Nr. 50 der vorliegenden Schlussanträge ausführen werde, nicht ausschließe –, weicht dieser Ansatz offensichtlich von den früheren Urteilen ab. Zwar ist der Gerichtshof nicht unbedingt an seine frühere Rechtsprechung gebunden und kann sie natürlich anpassen, um z. B. Änderungen der anwendbaren Rechtsvorschriften oder neu aufgetretenen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, aber es ist doch erstaunlich, dass das Urteil DelayFix keine Erklärung für die Änderung des Standpunkts im Hinblick auf das anwendbare nationale Recht enthält.

49.      Drittens könnte der Ansatz in Rn. 63 und im Tenor des Urteils DelayFix dahin ausgelegt werden, dass die mit Blick auf die materielle Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel in Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung eingeführte Kollisionsnorm den Übergang der Rechte und Pflichten der Partei des ursprünglichen Vertrags auf einen Dritten regelt. In den Nrn. 54 bis 56 der vorliegenden Schlussanträge werde ich darlegen, warum diese Auslegung dem Gerichtshof meines Erachtens nicht offensteht.

50.      Angesichts der Begründung in den Rn. 48 bis 62 des Urteils DelayFix schließe ich nicht aus, dass der Gerichtshof eigentlich die Absicht hatte, für die Prüfung der Wirksamkeit dieser Klausel im Verhältnis zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien, also der Fluggesellschaft und dem Fluggast, auf das Recht des Staates des in der Gerichtsstandsklausel bezeichneten Gerichts zu verweisen. Der Verweis auf das betreffende Recht in Rn. 63 und im Tenor dieses Urteils wäre in dem Fall nur ein Schreibfehler.

51.      Meines Erachtens gibt es drei Gründe, aus denen die in der Rechtsprechung zur Auslegung von Art. 17 Abs. 1 des Brüsseler Übereinkommens und Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung entwickelten Grundsätze, auf die sich die Nrn. 38, 39 und 41 bis 44 der vorliegenden Schlussanträge beziehen, trotz der Änderungen, die mit Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung eingeführt wurden, weiterhin gelten.

52.      Erstens hat der Gerichtshof entschieden, dass seine Auslegung zu Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung auf Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung übertragbar ist, da dieser die erstgenannte Bestimmung mit im Wesentlichen gleichlautender Formulierung ersetzt hat(40).

53.      Zweitens zielt die Abschaffung des Erfordernisses, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben muss, meines Erachtens in erster Linie darauf ab, die Freiheit der Parteien bei der Wahl des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Gerichte zu stärken, und berührt nicht die Geltung oder die Wirkung von Gerichtsstandsklauseln gegenüber Dritten.

54.      Schließlich stimme ich mit der spanischen Regierung und der Kommission darin überein, dass (was der Kern der ersten Vorlagefrage zu sein scheint) die neue Kollisionsnorm, wonach sich die materielle Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel nach dem Recht des Mitgliedstaats des oder der in dieser Klausel bezeichneten Gerichte richtet, nicht die Wirkungen von Gerichtsstandsklauseln gegenüber Dritten, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob ein am ursprünglichen Vertrag nicht beteiligter Dritter in die Rechte und Pflichten der ursprünglichen Vertragspartei eintritt, regeln soll.

55.      Insoweit teile ich die in der Lehre offenbar einhellig vertretene Auffassung, dass der Begriff „materiell nichtig“ in Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung die Fälle umfasst, in denen die materielle Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel z. B. wegen Irrtums, falscher Angaben, Gewalt, Betrug, fehlender Vertretungsmacht oder fehlender Rechts- oder Geschäftsfähigkeit in Abrede gestellt wird(41). In ihrem Erläuternden Bericht zum Haager Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen teilen die Professoren Hartley und Dogauchi diese Auffassung, wenn sie Art. 5 Abs. 1 dieses Übereinkommens wie folgt kommentieren: „Die Bestimmung über die ‚Nichtigkeit‘ ist nur auf materielle (nicht auf formale) Nichtigkeitsgründe anwendbar“ und „soll in erster Linie allgemein anerkannte Gründe wie Betrug, Irrtum, falsche Angaben, Nötigung oder fehlende Rechts- oder Geschäftsfähigkeit erfassen“(42).

56.      Daraus folgt, dass die Wirkungen von Gerichtsstandsklauseln gegenüber Dritten nicht unter den Begriff der materiellen Nichtigkeit in Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung fallen(43). Die Frage, ob eine Gerichtsstandsklausel wirksam ist, und die Frage, ob sie einem Dritten entgegengehalten werden kann, sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

57.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung dahin auszulegen ist, dass eine Gerichtsstandsklausel, die zwischen einem Verfrachter und einem Befrachter vereinbart und in ein Konnossement eingefügt wurde, gegenüber dessen Drittinhaber wirksam ist, wenn dieser mit dem Erwerb des Konnossements in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist. Es ist Sache des angerufenen Gerichts, diese Frage anhand des in der Sache anwendbaren nationalen Rechts zu beantworten, wie es in Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts dieses Gerichts bestimmt wurde. Die in dieser Vorschrift aufgestellte Regel, dass die materielle Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel nach dem Recht des Mitgliedstaats des Gerichts oder der Gerichte zu beurteilen ist, die in dieser Klausel bezeichnet sind, gilt nicht für die Frage, ob die in einem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel gegenüber einem Drittinhaber des Konnossements wirksam ist.

 Zu den Fragen 2 bis 4

58.      Mit den Fragen 2 bis 4, die zusammen geprüft werden sollten, möchte das vorlegende Gericht im Kern wissen, ob Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen ein an einem Seefrachtvertrag zwischen einem Verfrachter und einem Befrachter nicht beteiligter Dritter, der das diesen Vertrag dokumentierende Konnossement erwirbt, in alle Rechte und Pflichten des Befrachters mit Ausnahme der darin enthaltenen Gerichtsstandsklausel eintritt, die ihm gegenüber nur wirksam ist, wenn er sie einzeln und gesondert ausgehandelt hat.

59.      Aus den Erwägungen zur ersten Vorlagefrage ergibt sich eindeutig, dass nach der von mir vertretenen Auslegung von Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung eine in einem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel dem Drittinhaber des Konnossements entgegengehalten werden kann, wenn diese Klausel als im Verhältnis zwischen dem Verfrachter und dem Befrachter gültig anerkannt wurde und der Dritte nach dem anwendbaren nationalen Recht mit dem Erwerb des Konnossements in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist. In diesem Fall braucht nicht geprüft zu werden, ob der Drittinhaber der Gerichtsstandsklausel zugestimmt hat.

60.      Ich verstehe die Vorabentscheidungsersuchen dahin, dass das vorlegende Gericht davon ausgeht, dass sich diese Frage nach dem spanischen Recht richtet, und zwar nach Art. 251 in Verbindung mit Art. 468 LNM(44). Diese beiden Bestimmungen zusammengenommen scheinen vorzusehen, dass ein Dritter, der ein Konnossement erwirbt, in sämtliche Rechte und Ansprüche des Befrachters bezüglich der Waren mit Ausnahme derjenigen eintritt, die sich aus einer Gerichtsstandsklausel ergeben. Diese Klausel ist nur wirksam, wenn der Drittinhaber des Konnossements sie einzeln und gesondert ausgehandelt hat.

61.      Anders als Allianz, Mapfre und die spanische Regierung teile ich die Auffassung der Kommission, dass diese nationalen Rechtsvorschriften eine Umgehung von Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung in seiner Auslegung in der Rechtsprechung des Gerichtshofs bewirken und daher gegen die Brüssel‑Ia-Verordnung verstoßen.

62.      Allerdings heißt es in Art. 468 LNM, dass diese Bestimmung „[u]nbeschadet … der unionsrechtlichen Vorschriften“ gilt(45). In Anbetracht dieses Vorbehalts legt die spanische Regierung in ihren Erklärungen diese Bestimmung „für sich“ betrachtet dahin aus, dass sie nur auf Gerichtsstandsklauseln anwendbar sei, die nicht unter Art. 25 der Brüssel‑Ia-Verordnung fielen, insbesondere auf solche, die die Zuständigkeit der Gerichte von Drittstaaten begründeten. Auch das vorlegende Gericht führt aus, dass die Regelung in Art. 468 LNM keine Anwendung finde, wenn die Gerichtsstandsklausel die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats begründe.

63.      Insoweit möchte ich darauf hinweisen, dass das vorlegende Gericht verpflichtet ist, die nationalen Rechtsvorschriften unionsrechtskonform auszulegen. Dementsprechend gilt: Falls es der in Art. 468 LNM enthaltene Vorbehalt es dem vorlegenden Gericht ermöglicht, die in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften in Einklang mit Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung in seiner Auslegung in der Rechtsprechung des Gerichtshofs auszulegen, ohne dass dies contra legem zum spanischen Recht wäre, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat, dann ist diese Lösung zu wählen.

64.      Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen 2 bis 4 so zu beantworten, dass Art. 25 Abs. 1 der Brüssel‑Ia-Verordnung dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen ein an einem Seefrachtvertrag zwischen einem Verfrachter und einem Befrachter nicht beteiligter Dritter, der das diesen Vertrag dokumentierende Konnossement erwirbt, in alle Rechte und Pflichten des Befrachters mit Ausnahme der im Konnossement enthaltenen Gerichtsstandsklausel eintritt, die ihm gegenüber nur wirksam ist, wenn er sie einzeln und gesondert ausgehandelt hat.

 Ergebnis

65.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen der Audiencia Provincial de Pontevedra (Provinzgericht Pontevedra, Spanien) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 25 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

ist dahin auszulegen, dass eine Gerichtsstandsklausel, die zwischen einem Verfrachter und einem Befrachter vereinbart und in ein Konnossement eingefügt wurde, gegenüber dessen Drittinhaber wirksam ist, wenn dieser mit dem Erwerb des Konnossements in die Rechte und Pflichten des Befrachters eingetreten ist. Es ist Sache des angerufenen Gerichts, diese Frage anhand des in der Sache anwendbaren nationalen Rechts zu beantworten, wie es in Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts dieses Gerichts bestimmt wurde. Die in dieser Vorschrift aufgestellte Regel, dass die materielle Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel nach dem Recht des Mitgliedstaats des Gerichts oder der Gerichte zu beurteilen ist, die in dieser Klausel bezeichnet sind, gilt nicht für die Frage, ob die in einem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel gegenüber einem Drittinhaber des Konnossements wirksam ist.

2.      Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012

ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen ein an einem Seefrachtvertrag zwischen einem Verfrachter und einem Befrachter nicht beteiligter Dritter, der das diesen Vertrag dokumentierende Konnossement erwirbt, in alle Rechte und Pflichten des Befrachters mit Ausnahme der im Konnossement enthaltenen Gerichtsstandsklausel eintritt, die ihm gegenüber nur wirksam ist, wenn er sie einzeln und gesondert ausgehandelt hat.


1      Originalsprache: Englisch.


2      ABl. 2012, L 351, S. 1. Die Brüssel‑Ia-Verordnung hat die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1, im Folgenden: Brüssel‑I-Verordnung) ersetzt, die ihrerseits das Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch die aufeinanderfolgenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung (konsolidierte Fassung ABl. 1998, C7, S. 1, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) ersetzt hatte.


3      BOE Nr. 180 vom 25. Juli 2014, S. 59193.


4      Die Maersk Line Perú S.A.C. ist eine peruanische Tochtergesellschaft von Maersk. In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich diese Tochtergesellschaft ebenfalls als „Maersk“ bezeichnen.


5      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Klage vor dem 31. Dezember 2020 erhoben wurde.


6      Urteil vom 16. März 1999 (C‑159/97, EU:C:1999:142).


7      Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ist das Ziel der LNM, sicherzustellen, dass Gerichtsstands- und Schiedsklauseln für die Parteien nur dann verbindlich sind, wenn sie einzeln und gesondert ausgehandelt worden sind. Das sei notwendig, um die Interessen der nationalen Empfänger zu schützen, die Inhaber von Konnossementen seien, in die die ursprünglichen Parteien eine Gerichtsstandsklausel aufgenommen hätten, da die Empfänger insbesondere im Fall von Seefrachtverträgen im Linienverkehr die schwächere Vertragspartei seien. Es könne in der Praxis einen wirksamen Rechtsschutz beeinträchtigen, wenn inländische Unternehmen, Befrachter und Warenempfänger dazu verpflichtet würden, geringfügige Reklamationen vor ausländischen Gerichten geltend zu machen.


8      Urteil vom 19. Juni 1984 (71/83, EU:C:1984:217, im Folgenden: Urteil Russ, Rn. 24).


9      Urteil vom 9. November 2000 (C‑387/98, EU:C:2000:606, im Folgenden: Urteil Coreck, Rn. 23).


10      Urteil vom 3. Juli 1997 (C‑269/95, EU:C:1997:337).


11      Urteil vom 18. November 2020 (C‑519/19, EU:C:2020:933, im Folgenden: Urteil DelayFix).


12      Das vorlegende Gericht verweist auf Rn. 23 des Urteils Coreck und auf die Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Coreck (C‑387/98, EU:C:2000:157).


13      Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass die Klage vor dem 31. Dezember 2020 erhoben wurde.


14      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Klage vor dem 31. Dezember 2020 erhoben wurde.


15      ABl. 2020, L 29, S. 7.


16      Oft als „Gerichtsstandsvereinbarungen“ oder „Zuständigkeitsklauseln“ bezeichnet.


17      Urteil DelayFix (Rn. 38 und die dort angegebene Rechtsprechung).


18      Die einzige verbleibende Voraussetzung ist, dass die Parteien ein Gericht mit Sitz in einem Mitgliedstaat wählen.


19      Aus der Begründung des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (KOM[2010] 748 endgültig, S. 9) geht hervor, dass der Gesetzgeber den Wortlaut dieser Bestimmung an Art. 5 des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 anpassen wollte, um den Beitritt der Europäischen Union zu diesem Übereinkommen zu erleichtern (zum Wortlaut des Übereinkommens vgl. ABl. 2009, L 133, S. 3). Art. 5 Abs. 1 lautet: „Das Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats, die in einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung benannt sind, sind zuständig für die Entscheidung eines Rechtsstreits, für den die Vereinbarung gilt, es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Staates ungültig.“ Die neue Kollisionsnorm ist daher im Licht der entsprechenden Vorschrift des Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen auszulegen. Vgl. in diesem Zusammenhang Hartley, T., und Dogauchi, M., Erläuternder Bericht, abrufbar auf https://assets.hcch.net/upload/expl37final.pdf.


20      Vgl. Nuyts, A., „La refonte du règlement Bruxelles I“, Rev. Crit. DIP, 2013, S. 56. Wenn die materielle Wirksamkeit der Gerichtsstandsklauseln in den Ausgangsverfahren in Frage gestellt würde, was nicht der Fall zu sein scheint, würden die spanischen Gerichte über diese Frage unter Anwendung des Rechts des Vereinigten Königreichs einschließlich der Kollisionsnormen dieses Landes entscheiden. Die Gerichte des Mitgliedstaats, die unter Verletzung einer Gerichtsstandsklausel angerufen worden sind, können jedoch über die materielle Wirksamkeit dieser Klausel entscheiden, solange das bezeichnete Gericht nicht angerufen worden ist. Sobald eine der Parteien ein Gericht des bezeichneten Mitgliedstaats angerufen hat, müssen die Gerichte anderer Mitgliedstaaten nach Art. 31 Abs. 2 der Brüssel‑Ia-Verordnung bei ihnen anhängige Verfahren aussetzen.


21      In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Unabhängigkeit solcher Klauseln bereits anerkannt worden: vgl. Urteil vom 3. Juli 1997, Benincasa, C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 25.


22      Vgl. in diesem Sinne Rn. 40 des Urteils DelayFix, wo es heißt: „[I]n Art. 25 Abs. 1 der [Brüssel‑Ia-Verordnung wird] nicht klargestellt, ob eine Gerichtsstandsklausel über den Kreis der Vertragsparteien hinaus an einen Dritten abgetreten werden kann, der Partei eines späteren Vertrags ist und ganz oder teilweise in die Rechte und Pflichten einer der Parteien des ursprünglichen Vertrags eintritt“.


23      Urteil DelayFix (Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Urteil vom 21. Mai 2015, CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2015:335, im Folgenden: Urteil CDC Hydrogen Peroxide, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25      Urteile vom 20. Februar 1997, MSG (C‑106/95, EU:C:1997:70, Rn. 15 und 17), vom 16. März 1999, Castelletti (C‑159/97, EU:C:1999:142, Rn. 19 und 34), und vom 7. Februar 2013, Refcomp (C‑543/10, EU:C:2013:62, im Folgenden: Urteil Refcomp, Rn. 26 bis 29).


26      Zu Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung vgl. in diesem Sinne Urteil Refcomp (Rn. 26).


27      Urteil DelayFix (Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Brüssel‑Ia-Verordnung regelt die formale Wirksamkeit von Gerichtsstandsklauseln. Die Mitgliedstaaten sind weder berechtigt, weitere Formerfordernisse vorzusehen, noch können sie diejenigen, die sich aus Art. 25 Abs. 1 dieser Verordnung ergeben, ändern oder nicht anwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Juni 1981, Elefanten Schuh, 150/80, EU:C:1981:148, Rn. 26).


28      In den vorliegenden Fällen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gerichtsstandsklauseln zwischen den Verfrachtern und den Befrachtern unwirksam wären.


29      Urteil Russ (Rn. 24), Urteil vom 16. März 1999, Castelletti (C‑159/97, EU:C:1999:142, Rn. 41) und Urteil Coreck (Rn. 23).


30      Urteil Coreck (Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).


31      Urteil Coreck (Rn. 26).


32      Urteil Refcomp (Rn. 35).


33      In Rn. 37 des Urteils Refcomp hat der Gerichtshof ausgeführt, dass in einer Kette von das Eigentum übertragenden Verträgen das Nachfolgeverhältnis zwischen dem ursprünglichen und dem späteren Erwerber nicht als die Übertragung eines einzigen Vertrags mit sämtlichen darin vorgesehenen Rechten und Pflichten zu verstehen ist. Die vertraglichen Verpflichtungen der Parteien können sich von Vertrag zu Vertrag unterscheiden, so dass die vertraglichen Ansprüche, die der spätere Erwerber, namentlich der Dritte, der am Ende der Vertragskette die Waren erwirbt, gegen den unmittelbaren Verkäufer geltend machen kann, nicht notwendigerweise dieselben sind wie die, die der Hersteller in seinem Vertrag mit dem ersten Käufer vereinbart hat. Der Gerichtshof hat daraus in Rn. 38 dieses Urteils den Schluss gezogen, dass die Wirkungen der Übertragung eines Konnossements auf einen Dritten nicht für das Eigentum übertragende Verträge gelten, weil die Art der Beziehungen zwischen dem Hersteller und dem späteren Käufer in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt ist.


34      Urteil CDC Hydrogen Peroxide (Rn. 65).


35      Urteil vom 20. April 2016 (C‑366/13, EU:C:2016:282, Rn. 37).


36      Vorausgesetzt, die Gerichtsstandsklausel ist im Verhältnis zwischen dem Verfrachter und dem Befrachter gültig, was im vorliegenden Fall unstreitig ist.


37      Urteile Coreck (Rn. 30) und CDC Hydrogen Peroxide (Rn. 65).


38      Eine Kritik des Urteils DelayFix findet sich in Larribère, L., „Note sous CJUE, 18 novembre 2020, Ryanair DAC c. DelayFix, aff. C‑519/19“, Journal du droit international, 2021, S. 1043, und in Wołodkiewicz, B., „The Enforceability of a Jurisdiction Clause against an Assignee“, Journal of European Consumer and Market Law, 2021, S. 206.


39      Siehe Nr. 44 der vorliegenden Schlussanträge.


40      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2022, Tilman (C‑358/21, EU:C:2022:923, Rn. 34). Dieselbe Feststellung hat der Gerichtshof zu Art. 17 des Brüsseler Übereinkommens und Art. 23 Abs. 1 der Brüssel‑I-Verordnung getroffen, die nahezu denselben Wortlaut haben (vgl. u. a. Urteil Refcomp, Rn. 18 und 19).


41      Vgl. u. a. Ahmed, M., „The Validity of Choice of Court Agreements in International Commercial Contracts under the Hague Choice of Court Convention and the Brussels Ia Regulation“, in Furmston, M. (Hrsg.), The Future of the Law of Contract, Informa Law, Routledge 2020, Nr. 4, S. 217; Fallon, M., und Francq, S., „L’incidence de l’entrée en vigueur de la Convention de La Haye de 2005 sur les accords d’élection de for sur l’article 25 du règlement Bruxelles Ibis“, J. T., 2016, Nr. 22, S. 169; Hartley, T., Choice-of-court agreement under the European and international instruments, Oxford University Press, Oxford, 2013, Nr. 7.05, S. 130-131; Musseva, B., „Opposability of choice-of-court agreements against third parties under the Hague choice-of-court Convention and Brussels Ibis Regulation“, S. 76, abrufbar auf https://www.prf.unze.ba/Docs/Anali/Analibr18god9/4.pdf; Ratković, T., und Zgrabljić Rotar, D., „Choice-of-Court Agreements under the Brussels I Regulation (Recast)“, Journal of Private International Law, Bd. 9, 2013, S. 253-255.


42      Siehe Fn. 19 der vorliegenden Schlussanträge, Erläuternder Bericht (Rn. 126).


43      Dieser Begriff umfasst auch nicht die Auslegung einer Gerichtsstandsklausel (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1997, Benincasa, C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Was die Voraussetzungen für die formale Wirksamkeit der Klausel anbelangt, werden diese in Art. 25 Abs. 1 und 2 der Brüssel‑Ia-Verordnung so definiert, dass sie keinen Raum für die Anwendung eines nationalen Rechts, einschließlich der Kollisionsnormen, lassen.


44      Allianz und Mapfre sind ebenfalls dieser Auffassung. Maersk trägt vor, dass die Kollisionsnormen des spanischen Rechts auf das peruanische Recht verwiesen.


45      Vgl. auch Abschnitt XI der Präambel zur LNM, angeführt in Nr. 6 der vorliegenden Schlussanträge.