Language of document : ECLI:EU:T:2015:95

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

12. Februar 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke B – Ältere internationale Bildmarke, die zwei ausgebreitete Flügel darstellt – Relative Eintragungshindernisse – Keine Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Keine Beeinträchtigung der Wertschätzung – Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑505/12

Compagnie des montres Longines, Francillon SA mit Sitz in Saint‑Imier (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. González-Bueno Catalán de Ocón,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch F. Mattina als Bevollmächtigten, dann durch P. Bullock als Bevollmächtigten,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Xiuxiu Cheng, wohnhaft in Budapest (Ungarn),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des HABM vom 14. September 2012 (Sache R 193/2012‑5) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Compagnie des montres Longines, Francillon SA und Xiuxiu Cheng

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Dittrich, des Richters J. Schwarcz (Berichterstatter) und der Richterin V. Tomljenović,

Kanzler: J. Weychert, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 19. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 12. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der Entscheidung vom 25. März 2013, die Einreichung einer Erwiderung nicht zu gestatten,

aufgrund der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts,

auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 20. Juli 2009 meldete Xiuxiu Cheng nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen in Schwarz und Weiß:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 9 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „optische Sonnenbrillen“;

–        Klasse 25: „Bekleidungsstücke und Schuhwaren“.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 84/2010 vom 10. Mai 2010 veröffentlicht.

5        Am 30. Juli 2010 erhob die Klägerin, die Compagnie des montres Longines, Francillon SA nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch stützte sich auf die nachstehend wiedergegebene ältere internationale Bildmarke Nr. 401319 mit Schutzwirkung u. a. in den Benelux-Staaten, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Österreich, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn, die insbesondere folgende Waren der Klasse 14 erfasst: „Uhren, Uhrwerke, Etuis, Ziffernblätter, Uhrarmbänder, Uhrenteile; Chronometer; Chronographen; Zeitmessgeräte für den Sport; Pendeluhren, kleine Pendeluhren und Wecker; alle Zeitmessgeräte; Schmuckuhren, Juwelierwaren und Schmuckwaren; Anlagen, Vorrichtungen und Tafeln zur Zeitanzeige“.

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7        Für den Widerspruch wurden die Widerspruchsgründe des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 angeführt.

8        Mit Entscheidung vom 25. November 2011 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang zurück und begründete dies damit, dass von den fraglichen Marken unterschiedliche Waren betroffen seien, so dass eine der notwendigen Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfüllt sei. In Bezug auf den Widerspruchsgrund nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 befand sie, dass die Klägerin nicht für alle betroffenen Mitgliedstaaten habe nachweisen können, dass die ältere internationale Marke für die Waren der Kategorie „Uhren und Zeitmessinstrumente“ der Klasse 14 bekannt sei, der einzigen Kategorie, für die die Bekanntheit in Anspruch genommen worden sei.

9        Am 25. Januar 2012 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 14. September 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung der Widerspruchsabteilung insgesamt.

11      Die Beschwerdekammer stellte erstens im Wesentlichen fest, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, an die sich die durch die einander gegenüberstehenden Marken geschützten Waren richteten, sowohl aus der breiten Öffentlichkeit als auch aus Fachleuten der Uhrenbranche bestünden und dass diese Verkehrskreise in beiden Fällen als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig angesehen werden müssten.

12      Zweitens bestätigte die Beschwerdekammer, dass die fraglichen Waren sowohl ihrer Art nach als auch hinsichtlich ihrer Vertriebskanäle verschieden seien. Sie stünden nicht in gegenseitigem Wettbewerb und ergänzten einander auch nicht. Ohne jegliche Ähnlichkeit der Waren sei eine der notwendigen Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht erfüllt, und es könne daher keine Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschrift vorliegen.

13      Drittens führte die Beschwerdekammer zur Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 zunächst aus, dass sie zusätzlich zu den insoweit bereits vor der Widerspruchsabteilung vorgelegten Nachweisen auch die weiteren Beweise für die Bekanntheit der Waren der Kategorie „Uhren und Zeitmessinstrumente“ der Klasse 14 berücksichtigen werde, die die Klägerin erstmals vor der Beschwerdekammer vorgelegt habe.

14      Diese von der Klägerin beigebrachten Beweise belegten zwar eindeutig, dass die Waren der Klägerin sehr geschätzt würden und seit mehr als einem Jahrhundert auf dem relevanten Markt vertrieben worden seien, dass sie aber auch zeigten, dass diese Waren üblicherweise nicht oder sogar fast nie mit dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Zeichen allein gekennzeichnet seien. Vielmehr habe sich die Marke, mit der sie versehen seien, aus einer Kombination der Widerspruchsbildmarke und dem stilisierten Wort „longines“ zusammengesetzt.

15      Schließlich sei nicht nachgewiesen worden, dass die internationale Widerspruchsbildmarke als solche ohne das Wort „longines“ im Zusammenhang mit „Uhren und Zeitmessinstrumenten“ einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in einem wesentlichen Teil der Hoheitsgebiete der Benelux-Staaten, Bulgariens, Dänemarks, Estlands, Frankreichs, Griechenlands, Italiens, Lettlands, Litauens, Portugals, Rumäniens, der Slowakei, Sloweniens, Spaniens, der Tschechischen Republik und Ungarns bekannt gewesen sei. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die fragliche Bildmarke ohne besondere Anstrengung mit ihren Waren der vorstehend genannten Kategorie gedanklich in Verbindung bringen würden.

 Anträge der Parteien

16      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM und dem anderen Beteiligten im Verfahren vor der Beschwerdekammer die Kosten aufzuerlegen.

17      Das HABM beantragt,

–        die Klage insgesamt abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

18      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, mit dem zweiten einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

19      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe fälschlicherweise eine Ähnlichkeit zwischen den von den fraglichen Marken erfassten Waren verneint und die bildlichen und begrifflichen Ähnlichkeiten dieser Marken nicht berücksichtigt. Die Beschwerdekammer habe daher zu Unrecht angenommen, dass Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht anwendbar sei.

20      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

21      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Gefahr von Verwechslungen schließt die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

22      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr entsprechend der Wahrnehmung des maßgeblichen Publikums von den in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen umfassend und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Bei dieser umfassenden Beurteilung ist auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Kategorie von Waren und Dienstleistungen abzustellen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen und dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er im Gedächtnis hat. Außerdem ist zu bedenken, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil GIORGIO BEVERLY HILLS, oben in Rn. 22 angeführt, EU:T:2003:199, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Die Verwechslungsgefahr ist umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt. Somit genießen Marken, die von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, insbesondere ihre Bekanntheit, ist also bei der Beurteilung, ob Verwechslungsgefahr vorliegt, zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 17. April 2008, Ferrero Deutschland/HABM, C‑108/07 P, EU:C:2008:234, Rn. 32 und 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil vom 28. Oktober 2010, Farmeco/HABM – Allergan [BOTUMAX], T‑131/09, EU:T:2010:458, Rn. 67).

26      Eine Gemeinschaftsmarke ist schließlich bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in einem Teil der Europäischen Union vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg, EU:T:2006:397, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      In der vorliegenden Rechtssache ist der erste Klagegrund im Hinblick auf die in den vorstehenden Rn. 21 bis 26 dargelegten Grundsätze zu prüfen.

 Zu den maßgebenden Verkehrskreisen und deren Aufmerksamkeitsgrad

28      Einleitend ist festzustellen, dass es sich bei der älteren Marke um eine internationale Marke mit Schutzwirkung u. a. in bestimmten Mitgliedstaaten der Union handelt, wie sie oben in Rn. 6 genannt sind. Zur Feststellung einer möglichen Verwechslungsgefahr zwischen sich einander gegenüberstehenden Marken ist daher die Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise in diesen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen.

29      Sodann ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung das maßgebliche Publikum aus Verbrauchern besteht, von denen anzunehmen ist, dass sie sowohl die Waren der älteren Marke als auch diejenigen der Anmeldemarke nutzen (vgl. Urteil vom 30. September 2010, PVS/HABM – MeDiTA Medizinische Kurierdienst [medidata], T‑270/09, EU:T:2010:419, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich nach der Rechtsprechung die Prüfung der Eintragungshindernisse auf jede der Waren erstrecken muss, für die die Eintragung der Marke beantragt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2007, BVBA Management, Training en Consultancy, C‑239/05, Slg, EU:C:2007:99, Rn. 34).

30      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Waren sowohl für die breite Öffentlichkeit als auch für Fachleute der Uhrenbranche bestimmt seien, die in beiden Fällen als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig angesehen würden.

31      Die Klägerin beanstandet die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise oder deren Grad an Aufmerksamkeit nicht, sondern macht lediglich geltend, dass die „tatsächlichen Kunden“ und die möglichen Kunden der in Rede stehenden Waren Kategorien darstellten, die sich überschnitten. Ein Verbraucher, der einige der in Rede stehenden Waren kaufe, könne möglicherweise auch andere kaufen. Insbesondere könnten Kunden, die teure Gegenstände und Luxuswaren kauften, auch preiswerte Waren kaufen. Die Käufer der fraglichen Waren seien daher dieselben.

32      Das Gericht ist der Auffassung, dass sich alle in Rede stehenden Waren an die breite Öffentlichkeit und, soweit die von der älteren Marke geschützten Waren betroffen sind, auch an Fachleute der Uhrenbranche richten. Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht in dieser Weise zusammengesetzten Verkehrskreisen Rechnung getragen.

33      Was den Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise angeht, ist festzustellen, dass die in Rede stehenden Kategorien von Waren hinreichend weit gefasst sind, um einige zu erfassen, die von jedermann erworben werden können, d. h. auch von Verbrauchern, die beim Kauf keinen hohen Grad an Aufmerksamkeit aufweisen.

34      Obwohl die von der älteren Marke erfassten Waren wie die von der Anmeldemarke erfassten optischen Sonnenbrillen der Klasse 9 zum Großteil nicht laufend und dann auch noch unter Einschaltung eines Verkäufers erworben werden, d. h. unter Umständen, unter denen der Aufmerksamkeitsgrad der Durchschnittsverbraucher als höher als im Normalfall und damit eher als hoch anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2006, Devinlec/HABM – TIME ART [QUANTUM], T‑147/03, Slg, EU:T:2006:10, Rn. 63), ist dies jedoch nicht bei allen diesen Waren der Fall, da bestimmte Uhren, bestimmte Uhrarmbänder, bestimmte Wecker, Modeschmuckstücke oder auch bestimmte optische Sonnenbrillen auch erworben werden können, ohne dass der Verbraucher dabei eine besondere Aufmerksamkeit aufwendet, vor allem dann, wenn es sich um „preisgünstige“ Waren handelt.

35      Zum Aufmerksamkeitsgrad des Publikums, das die von der angemeldeten Marke erfassten Bekleidungsstücke und Schuhwaren der Klasse 25 kauft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass, da es sich hierbei um Massenkonsumgüter handelt, die vom Durchschnittsverbraucher häufig gekauft und verwendet werden, der Aufmerksamkeitsgrad beim Kauf dieser Waren nicht über ein mittleres Maß hinausgehen wird. Zum anderen ist davon auszugehen, dass der Aufmerksamkeitsgrad der Verkehrskreise nicht niedriger ist als durchschnittlich, da die fraglichen Waren Modeartikel sind und der Verbraucher der Auswahl zwischen ihnen daher eine gewisse Aufmerksamkeit widmet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. November 2011, Esprit International/HABM – Marc O’Polo International [Darstellung eines Buchstabens auf einer Hosentasche], T‑22/10, EU:T:2011:651, Rn. 45 bis 47).

 Zum Warenvergleich

36      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen ihnen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer die Schlussfolgerung der Widerspruchsabteilung zum Unterschied zwischen den in Rede stehenden Waren bestätigt. Diese seien sowohl ihrer Art nach als auch hinsichtlich ihrer Vertriebskanäle unterschiedlich und stünden nicht in gegenseitigem Wettbewerb. Sie hat daraus geschlossen, dass „keinerlei Ähnlichkeit zwischen den Waren vorliegt“.

38      Was im Einzelnen die von der angemeldeten Marke erfassten „optischen Sonnenbrillen“ betrifft, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass sich deren Zweck völlig von dem der von der älteren Marke erfassten Chronometer und Schmuckwaren unterscheide. An diesem Ergebnis ändere sich nichts dadurch, dass die Waren in beiden Fällen als Modeaccessoire getragen werden könnten. Der ästhetische Zweck bleibe für die „optischen Sonnenbrillen“ gegenüber ihrem Hauptzweck, nämlich Sehfehler zu korrigieren und die Augen gegen intensives Licht zu schützen, zweitrangig.

39      In Bezug auf die von der angemeldeten Marke erfassten „Bekleidungsstücke und Schuhwaren“ weist die Beschwerdekammer erneut darauf hin, dass der Hauptzweck dieser Waren in der Bekleidung des menschlichen Körpers und der Füße bestehe. Die „Schmuckwaren“ der Klägerin würden ebenfalls auf dem Körper getragen, jedoch nur aus ästhetischen Gründen. Die Verbindung zwischen diesen beiden Warenkategorien sei daher zu schwach.

40      Die Beschwerdekammer weist auch das Vorbringen der Klägerin zurück, dass die fraglichen Waren, da es sich um Modeaccessoires handele, einander ergänzten. Vielmehr sei die Verbindung zwischen diesen Waren zu vage. Sonnenbrillen würden hauptsächlich aufgrund ihrer technischen Eigenschaften und nicht aus dem Grund ausgewählt, dass sie notwendigerweise zur Uhr oder den jeweiligen Ohrringen passen müssten. Das Gleiche gelte für Bekleidungsstücke und Schuhwaren, die gewöhnlich nicht streng dem Stil der Uhr oder des getragenen Schmucks entsprechend gekauft würden. Auch wenn je nach der Bedeutung, die ein Verbraucher der Mode beimesse, Waren wie Uhren und Sonnenbrillen als Modeaccessoires angesehen werden könnten, sei ihr vorrangiger Zweck jedoch ein anderer.

41      Die Beschwerdekammer nimmt schließlich auf das Urteil vom 7. Dezember 2010, Nute Partecipazioni und La Perla/HABM – Worldgem Brands (NIMEI LA PERLA MODERN CLASSIC) (T‑59/08, Slg, EU:T:2010:500, Rn. 36), Bezug und stellt fest, aus diesem Urteil ergebe sich, dass Schmuckwaren und Damenbekleidung nahe beieinanderliegenden Marktsegmenten angehörten und dass daher ein bestimmter Ähnlichkeitsgrad zwischen den Marken bestehen müsse, um Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 anwenden zu können. Gleichwohl habe das Gericht das Bestehen einer Ähnlichkeit zwischen den vorstehend genannten Waren weder festgestellt noch bestätigt. Im Gegenteil habe es in einer anderen Rechtssache, in der das Urteil vom 24. März 2010, 2nine/HABM – Pacific Sunwear of California (nollie) (T‑363/08, EU:T:2010:114, Rn. 33 bis 41), ergangen sei, die Feststellung der Zweiten Beschwerdekammer bestätigt, dass sich die Waren der Klasse 25 und die der Klasse 14 im Sinne des Abkommens von Nizza unterschieden und allein auf der Grundlage ästhetischer Erwägungen weder ihre Ähnlichkeit noch ein vermeintlich ergänzender Charakter festgestellt werden könne.

42      Die Klägerin macht eine Ähnlichkeit zwischen den von der angemeldeten Marke erfassten und den von der älteren Marke geschützten Waren geltend. Sie seien ihrer Art, ihrer Zwecksetzung und ihrer Bestimmung nach gleich, ergänzten einander, seien untereinander austauschbar und stünden daher zueinander im Wettbewerb, sie befriedigten eine ähnliche Nachfrage, teilten dieselben Vertriebskanäle und würden häufig in denselben Geschäften verkauft. Letztlich sei es zum einen für die Hersteller üblich geworden, ihre Tätigkeit auf mehrere miteinander verbundene Märkte zu erstrecken, die von Märkten für Bekleidungsstücke über Märkte für Schmuckwaren zu solchen für Kosmetik reichten, und zum anderen seien die Verbraucher dieser Waren dieselben.

43      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

44      Vorab ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer allein auf der Grundlage eines Vergleichs der betreffenden Waren angenommen hat, dass keine Verwechslungsgefahr für das relevante Publikum bestehe. Die Beschwerdekammer hätte jedoch im Fall einer – auch nur schwachen – Ähnlichkeit der Waren prüfen müssen, ob nicht ein etwaiger höherer Ähnlichkeitsgrad der Zeichen geeignet war, beim Verbraucher eine Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der Herkunft der Waren entstehen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil PiraÑAM diseño original Juan Bolaños, EU:T:2007:219, oben in Rn. 36 angeführt, Rn. 40).

45      Vor diesem Hintergrund ist daher zu untersuchen, ob die Beurteilung der Beschwerdekammer, dass die fraglichen Waren einander nicht ähnlich seien, begründet ist.

46      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Beschwerdekammer die im vorliegenden Fall zu vergleichenden Waren, nämlich „optische Sonnenbrillen“ sowie „Bekleidungsstücke und Schuhwaren“ der Klassen 9 bzw. 25 des Abkommens von Nizza auf der einen und die verschiedenen oben in Rn. 6 aufgeführten Waren der Uhrmacherei, Juwelierwaren und Schmuckwaren der Klasse 14 im Sinne dieses Abkommens auf der anderen Seite, nahe beieinanderliegenden Marktsegmenten angehören.

47      Es kann entsprechend der Auffassung des Gerichts im Rahmen einer Beurteilung zu Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 in der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. September 2012, El Corte Inglés/HABM – Pucci International (Emidio Tucci) (T‑373/09, EU:T:2012:500, Rn. 66), ergangen ist, insbesondere festgestellt werden, dass, selbst wenn diese Warengruppen unterschiedlich sind, jede Waren erfasst, die vielfach als Luxuswaren unter bekannten Marken angesehener Designer und Hersteller verkauft werden. Dieser Umstand unterstreicht, dass eine bestimmte Nähe zwischen den fraglichen Waren, insbesondere im Bereich der Luxuswaren, besteht.

48      Das Gericht hat ebenfalls im Rahmen einer Beurteilung in Bezug auf die oben in Rn. 47 genannte Vorschrift in Rn. 79 des Urteils vom 27. September 2012, Pucci International/HABM – El Corte Inglés (Emidio Tucci) (T‑357/09, EU:T:2012:499), festgestellt, dass im Bereich der Luxusartikel Waren wie Brillen, Juwelierwaren, Schmuckwaren und Uhren auch unter bekannten Marken angesehener Designer und Hersteller verkauft werden und dass sich die Hersteller von Bekleidungsstücken daher dem Markt dieser Waren zuwenden. Das Gericht hat daraus eine gewisse Nähe der fraglichen Waren abgeleitet.

49      Ungeachtet der Tatsache, dass die von der angemeldeten Marke betroffenen Waren und die von der älteren Marke geschützten Waren, die oben in Rn. 46 genannt werden, nahe beieinanderliegenden Marktsegmenten angehören, ist jedoch als Erstes festzustellen, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei zu der Feststellung gelangt ist, dass sie sich hinsichtlich ihrer Art, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung unterschieden.

50      Erstens sind nämlich, abgesehen von einigen Ähnlichkeiten zwischen bestimmten Materialien, die sowohl für die Herstellung von optischen Sonnenbrillen als auch für bestimmte Uhren oder Juwelierwaren verwendet werden können, wie beispielsweise Glas, die Ausgangsstoffe, aus denen diese Waren hergestellt werden, verschieden.

51      Zweitens werden Bekleidungsstücke und Schuhwaren der Klasse 25 hergestellt, um den menschlichen Körper zu bedecken, ihn zu verhüllen, zu schützen und zu schmücken. Optische Sonnenbrillen werden vor allem hergestellt, um bessere Sehbedingungen zu gewährleisten und den Nutzern unter bestimmten Witterungsbedingungen ein Komfort–Gefühl zu verschaffen, und vor allem, um gegen Sonnenstrahlen zu schützen. Uhren und andere Waren der Uhrmacherei sollen u. a. die Zeit messen und anzeigen. Schmuck- und Juwelierwaren haben schließlich eine rein schmückende Funktion (vgl. in diesem Sinne Urteil nollie, oben in Rn. 41 angeführt, EU:T:2010:114, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Als Zweites ist festzustellen, dass die fraglichen Waren, da sie sich hinsichtlich ihrer Art, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung unterscheiden, weder in gegenseitigem Wettbewerb stehen noch austauschbar sind.

53      Die Klägerin hat nämlich nicht nachgewiesen, dass ein Verbraucher, der beispielsweise die Absicht hat, sich eine neue Uhr, bestimmte Schmuckwaren oder Juwelierwaren zu kaufen, sich typischerweise ungeachtet der genannten Unterschiede plötzlich entscheidet, sich stattdessen Bekleidungsstücke, Schuhwaren oder optische Sonnenbrillen zu kaufen und umgekehrt.

54      Hierzu ist im Einzelnen noch festzustellen, dass die Behauptung der Klägerin nicht belegt ist, dass im Luxus- und Modesektor die Kaufentscheidung für eine bestimmte Ware im Allgemeinen aufgrund der Marke und deren Ansehen beim Verbraucher begründet werde, nicht aber aufgrund der tatsächlichen Notwendigkeit, einen solchen Gegenstand vor allem wegen seiner Funktionsweise und zur Deckung eines ganz bestimmten Bedarfs zu erwerben. Ebenso ist die Behauptung der Klägerin als nicht belegt zurückzuweisen, dass im betreffenden Sektor die Verbraucher nicht in erster Linie auf der Suche nach bestimmten Waren, sondern nach Befriedigung ihrer „hedonistischen Bedürfnisse“ seien oder dass sie die unmittelbare Lust befriedigen wollten, die ein Impulskauf verschaffe, da Erscheinungsbild und Wert der Waren anderen Faktoren bezüglich ihrer Art vorgingen.

55      Wollte man dieses Vorbringen als begründet ansehen, liefe dies im Übrigen im Wesentlichen darauf hinaus, jede Differenzierung zwischen Waren des Luxussektors, die von den entsprechenden Marken geschützt sind, auszuschließen, da die Theorie der Klägerin vom Impulskauf, der die unmittelbare Lust des Verbrauchers befriedigen solle, zu dem Ergebnis führt, dass eine Verwechslungsgefahr unabhängig von den verglichenen Waren tatsächlich unter der alleinigen Voraussetzung bestehen könnte, dass sie alle diesem Sektor angehören. Ein solcher Ansatz, mit dem die Klägerin in Wirklichkeit auf die Austauschbarkeit aller in Rede stehenden Waren abzielt, widerspricht offensichtlich dem Grundsatz der Spezialität der Marken, den das Gericht bei seiner Prüfung nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 beachten muss, und würde den Schutzumfang der Marken zu Unrecht erweitern. Aus denselben Gründen ist das Vorbringen der Klägerin, die Waren seien austauschbar, da jede von ihnen als Geschenk dienen könne und der Verbraucher impulsiv die eine oder die andere wähle, als irrelevant zurückzuweisen. Wollte man eine solche vage Verbindung zulassen, führte dies dazu, Waren, die ihrer Art oder ihrer Bestimmung nach offensichtlich unterschiedlich sind, als ähnlich zu erachten.

56      Darüber hinaus ist der relevante Markt, zu dem die genannten Waren gehören, nicht allein auf das „Luxus-“ oder „Haute Couture“-Segment beschränkt, und es kann diesem Marktsegment im vorliegenden Fall auch keine besondere Bedeutung beigemessen werden, da die von den einander gegenüberstehenden Marken geschützten Kategorien von Waren hinreichend weit definiert sind, um auch der allgemein erschwinglichen Preisspanne angehörende Waren sowie bestimmte „preisgünstige“ Waren für die „breite Öffentlichkeit“ einzuschließen. Die Klägerin hat aber nicht geltend gemacht, dass „Grundprodukte“ dieser Marktsegmente auch von Verbrauchern gekauft würden, die impulsiv und aus hedonistischen Motiven handelten, so dass sie bestimmte Waren unterschiedslos gegen andere austauschen könnten.

57      Als Drittes ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem weiteren Vorbringen im Wesentlichen ein Komplementärverhältnis zwischen den in Rede stehenden Waren herzustellen versucht.

58      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung Waren oder Dienstleistungen einander ergänzen, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren oder die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen. Waren, die sich an verschiedene Verkehrskreise richten, können per definitionem nicht in einem Ergänzungsverhältnis zueinander stehen (vgl. in diesem Sinn Urteil Emidio Tucci, oben in Rn. 48 angeführt, EU:T:2012:499, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung ein ästhetisches Ergänzungsverhältnis einen Grad an Ähnlichkeit im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 entstehen lassen. Ein solches ästhetisches Ergänzungsverhältnis muss ein echtes ästhetisches Bedürfnis in dem Sinne darstellen, dass die eine Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist und es die Verbraucher als üblich und normal empfinden, die fraglichen Produkte zusammen zu benutzen. Diese ästhetische Komplementarität ist subjektiv und wird durch die Gewohnheiten und Vorlieben der Verbraucher, wie sie durch Produktmarketing der Hersteller oder einfach durch Modeerscheinungen entstehen können, bestimmt (vgl. Urteil Emidio Tucci, oben in Rn. 48 angeführt, EU:T:2012:499, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Es ist allerdings hervorzuheben, dass das Bestehen eines ästhetischen Ergänzungsverhältnisses zwischen den Waren allein nicht genügt, um das Bestehen einer Ähnlichkeit zwischen ihnen zu bejahen. Hierfür ist es erforderlich, dass die Verbraucher die Vermarktung dieser Waren unter derselben Marke als gängig ansehen, was normalerweise impliziert, dass die jeweiligen Hersteller oder Händler der Waren großteils dieselben sind (vgl. Urteil Emidio Tucci, oben in Rn. 48 angeführt, EU:T:2012:499, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Im vorliegenden Fall erscheint es zweckmäßig, die Beurteilung der Ähnlichkeit der fraglichen Waren wegen ihrer etwaigen Komplementarität in zwei Teilen vorzunehmen. Der erste Teil betrifft den Vergleich zwischen den von der Anmeldemarke erfassten „Bekleidungsstücken und Schuhwaren“ mit den von der älteren Marke geschützten, oben in Rn. 6 aufgeführten verschiedenen Waren der Uhrmacherei, Chronometern, Juwelierwaren und Schmuckwaren. Der zweite Teil bezieht sich auf den Vergleich dieser zuletzt genannten Waren mit den von der angemeldeten Marke erfassten „optischen Sonnenbrillen“.

62      In Bezug auf den ersten Teil ist festzustellen, dass die Argumente der Klägerin für den Nachweis, dass die fraglichen Waren einander unter einem ästhetischen Gesichtspunkt ergänzten, nicht ausreichen.

63      Die Klägerin führt insoweit zum einen aus, dass alle in Rede stehenden Waren dem Mode- und sogar dem „Luxussektor“ angehörten und dass die betroffenen Verbraucher auf der Suche nach einem besonderen Stil und einem Image seien, das sie vermitteln möchten, wobei sie somit alle Bekleidungswaren und Accessoires, die sie kauften, nach ihrem Geschmack aufeinander abstimmten, so dass diese Waren einander ergänzten. Zum anderen behauptet sie, dass diese Waren häufig gleichzeitig und zusammen gekauft würden.

64      Zunächst ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Gericht bereits u. a. im Urteil vom 13. Dezember 2004, El Corte Inglés/HABM – Pucci (EMILIO PUCCI) (T‑8/03, Slg, EU:T:2004:358, Rn. 42), festgestellt hat, dass der Umstand, dass die streitigen Waren mit der Schönheit, der Körperpflege, dem physischen Äußeren oder dem persönlichen Erscheinungsbild zusammenhängen, nicht ausreicht, um diese Waren als ähnlich anzusehen, wenn sie sich im Übrigen hinsichtlich aller anderen erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, deutlich unterscheiden.

65      Ferner ist daran zu erinnern, dass ein gewisses Harmoniebestreben bei der Bekleidung ein durchgehendes Charakteristikum der gesamten Mode- und Bekleidungsbranche ist, es sich dabei jedoch um einen zu allgemeinen Faktor handelt, um als solcher eine Komplementarität von Waren wie Schmuck und Uhren auf der einen und Bekleidung auf der anderen Seite zu rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil nollie, oben in Rn. 41 angeführt, EU:T:2010:114, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Unter den Umständen des vorliegenden Falles hätte die Klägerin unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den untersuchten Waren (siehe oben, Rn. 49 bis 56) gegebenenfalls nachweisen müssen, dass in ästhetischer Hinsicht hinreichend starke Verbindungen zwischen den in Rede stehenden Waren bestehen, indem sie u. a. konkrete Beweise vorgelegt hätte, aus denen das Gericht hätte ableiten können, dass das relevante Publikum mit dem Kauf dieser Waren tatsächlich sein äußeres Erscheinungsbild abstimmen wolle.

67      Zum einen wurde jedoch von der Klägerin weder nachgewiesen noch ist offensichtlich, dass es für die Auswahl eines Verbrauchers, der Uhren oder andere Waren der Uhrmacherei kauft, eine entscheidende Rolle spielt, zu wissen, dass diese Waren gut zu dem einen oder anderen seiner Kleidungsstücke oder Schuhe passen und umgekehrt, und dass er nicht hauptsächlich die inhärenten Eigenschaften dieser Waren, ihre Qualität in Bezug auf ihre Hauptfunktion (siehe oben, Rn. 51) beurteilt und ihr Design und ihr gesamtes Erscheinungsbild unabhängig davon berücksichtigt.

68      Die in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Behauptung der Klägerin, der Verbraucher in Europa sei bereits an eine bestimmte technische Qualität der in Rede stehenden Waren gewöhnt, so dass er sie als „selbstverständlich“ ansehe, berührt nicht die Richtigkeit der vorstehend genannten Schlussfolgerung, da die Verbraucher in Wirklichkeit – selbst wenn man diese Behauptung als zutreffend unterstellt – es immer für zweckmäßig erachten werden, verschiedene Waren zu vergleichen, um diejenigen zu erhalten, die qualitativ besser sind als die Konkurrenzprodukte, und um diejenigen zu wählen, die nach ihren Eigenschaften und ihrem Design am ehesten ihren Erwartungen entsprechen, wobei diese Überlegungen – entgegen der Auffassung der Klägerin – darüber hinaus auch erhebliche Preisunterschiede zwischen den Waren rechtfertigen können. Entsprechendes gilt für „Juwelierwaren und Schmuckwaren“. Auch wenn sich für einige modebewusstere Verbraucher die Frage nach einem bestimmten einheitlichen Stil zwischen den gewöhnlich getragenen Bekleidungsstücken und Schuhen auf der einen und den Bekleidungsaccessoires, dem Schmuck, den Uhren oder den Juwelierwaren auf der anderen Seite stellen könnte, handelt es sich jedoch nicht um eine ausreichende Verbindung zwischen den untersuchten Waren, wie sie in der oben in den Rn. 59 und 60 angeführten Rechtsprechung verlangt wird. Darüber hinaus gelten diese Überlegungen entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch dann, wenn ein bestimmter Verbraucher eine weitere Uhr oder eine zweite Sonnenbrille kauft, obwohl er schon eine besitzt. Insbesondere wurde nicht dargetan, dass, wie die Klägerin behauptet, eine „Mehrheit“ der maßgeblichen Verbraucher ihre Uhren und ihre Sonnenbrillen immer mit ihrer Kleidung für die vorgesehene Betätigung abstimme.

69      Unter diesen Umständen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass nicht nachgewiesen worden ist, dass die Uhren, die anderen Waren der Uhrmacherei, die Juwelierwaren und die Schmuckwaren für die Nutzung der Bekleidungsstücke oder Schuhwaren „unabdingbar oder wichtig“ waren und umgekehrt, so dass das Bestehen eines ästhetischen Ergänzungsverhältnisses zwischen diesen Produkten festgestellt werden könnte.

70      Zum anderen ist auch nicht nachgewiesen worden, dass die Verbraucher die Vermarktung dieser Waren unter derselben Marke u. a. deshalb als gängig ansähen, weil die jeweiligen Hersteller oder Händler der Produkte großteils dieselben seien.

71      Erstens ist das Beispiel der Klägerin, dass bestimmte kommerziell erfolgreiche Modeschöpfer, von denen sie – auch unter Verweis auf deren Internetseiten – einige Namen nennt, gegenwärtig nicht nur Bekleidungstücke und Schuhwaren, sondern auch Accessoires einschließlich Uhren, Juwelierwaren und Schmuckwaren herstellten, bestenfalls ein Zeichen für ein jüngeres Phänomen, dem bislang ohne Beweis des Gegenteils bei Beurteilung des gesamten betreffenden Marktsektors eine eher untergeordnete Bedeutung beigemessen werden muss.

72      Hierzu ist nämlich festzustellen, dass in den einzelnen in Rede stehenden Branchen erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Art der verglichenen Waren, bei den Verfahren zu ihrer Herstellung sowie hinsichtlich der für die Herstellung eines Qualitätsprodukts erforderlichen Kenntnisse bestehen. Beispielsweise ist für die Herstellung eines Uhrarmbands entweder handwerkliche Kenntnis oder eine besonders spezialisierte automatisierte oder halbautomatisierte Fertigungsanlage erforderlich, so dass sich die jeweilige Fertigungsart offensichtlich von den Verfahren zur Fertigung von Bekleidungsstücken oder Schuhwaren unterscheidet, ohne dass im Übrigen angenommen werden könnte, dass die Erfahrung eines Unternehmens bei der Fertigung eines der verglichenen Erzeugnisse seine Kapazitäten oder Fähigkeiten zur Fertigung der anderen erhöhen könnte.

73      Selbst unterstellt, mit der Bezugnahme auf bestimmte Internetseiten kommerziell erfolgreicher Modeschöpfer (siehe oben, Rn. 71) könne es als erwiesen angesehen werden, dass im Luxussektor ein und derselbe Hersteller sowohl die von der angemeldeten Marke erfassten Waren als auch die von der älteren Marke geschützten Waren herstellen und somit vor allem bestimmte bekannte Marken von einem Bereich auf einen anderen ausdehnen kann, ist daher nicht dargetan, dass die Verbraucher von einer solchen Marktpraxis, die nicht auf den Markt für Luxusgüter beschränkt ist, zwangsläufig informiert sind und üblicherweise erwarten, dass für die Fertigung der verschiedenen in Rede stehenden Waren, die auf den ersten Blick nicht ähnlich sind und auch nicht derselben Warenfamilie angehören, ein und dasselbe Unternehmen verantwortlich ist. Diesem Ergebnis steht aufgrund der Allgemeinheit der – auf keinen Beleg gestützten – Ausführungen nicht entgegen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eine Vielzahl weiterer angesehener Hersteller aufgezählt hat, die alle in Rede stehenden Waren fertigen sollen. Selbst unter der Annahme, dass diese Hersteller im Allgemeinen versuchen, ihren Erfolg zu nutzen, indem sie eine breite Produktpalette mit ihren Marken versehen, kann daraus jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass dies die Erwartungen der Verbraucher außerhalb des Luxussektors beeinflussen würde.

74      Daher ist nicht nachgewiesen worden, dass die genannten Verbraucher folgerten, dass irgendeine Verbindung zwischen den verglichenen Waren bestehe oder dass diese Waren eine erweiterte Produktpalette mit demselben Ursprung darstellten.

75      Zweitens kann sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Ähnlichkeit der fraglichen Waren auch nicht aus der Berücksichtigung ihres Vertriebsorts oder des Sitzes ihrer Vertreiber ergeben.

76      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung nur die „objektiven“ Umstände, unter denen die mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Produkte vertrieben werden, also diejenigen berücksichtigt werden müssen, unter denen dies bei der Kategorie der mit diesen Marken gekennzeichneten Produkte normalerweise geschieht (vgl. entsprechend Urteil vom 23. September 2009, Phildar/HABM – Comercial Jacinto Parera [FILDOR], T‑99/06, EU:T:2009:346, Rn. 68 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Ferner ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass vor allem für den zum Luxussektor gehörenden Teil der in Rede stehenden Waren zwar nicht ausgeschlossen ist, dass sie an denselben Orten, beispielsweise im Eingangsbereich von Luxusgeschäften, in denen mehrere Marken vertrieben werden, in allgemein bekannten Geschäften, Vorzeigeläden der Marken, Geschäften für den steuerfreien Verkauf, aber auch in bestimmten Kaufhausabteilungen verkauft werden können. Gleichwohl ist aber nicht nachgewiesen worden und auch nicht offensichtlich, dass dies für die meisten der in Rede stehenden Waren und insbesondere die preisgünstigen, für jedermann zugänglichen zutrifft. Jedenfalls kann nicht angenommen werden, dass die relevanten Verbraucher ungeachtet des Unterschieds in der Art der verglichenen Waren, ihrer Bestimmung und ihrem Zweck, der Auffassung wären, dass zwischen den Waren enge Verbindungen bestehen und dass die Verantwortung für ihre Fertigung allein deshalb bei ein und demselben Unternehmen liegt, weil sie unter bestimmten Umständen in denselben Geschäftsräumen verkauft werden können (siehe auch oben, Rn. 79).

78      Zum zweiten oben in Rn. 61 genannten Teil der Beurteilung, der sich auf eine etwaige ästhetische Komplementarität zwischen den von der angemeldeten Marke beanspruchten optischen Sonnenbrillen auf der einen und den von der älteren Marke geschützten Uhren, Waren der Uhrmacherei, Juwelierwaren und Schmuckwaren auf der anderen Seite bezieht, ist entsprechend den vorangegangenen Ausführungen festzustellen, das auch diese von der Klägerin nicht nachgewiesen worden ist. Da die optischen Sonnenbrillen dazu dienen, bessere Sehbedingungen zu gewährleisten und den Nutzern unter bestimmten Witterungsbedingungen ein Komfort-Gefühl zu verschaffen, indem sie sie insbesondere gegen Sonnenstrahlen schützen (siehe oben, Rn. 51), hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass die Verbraucher ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die optischen Eigenschaften und die Schutzfunktionen der Brillen, statt auf deren auf die Uhren und die Schmuck- und Juwelierwaren ästhetisch abgestimmtes Design, mit anderen Worten, ihren ästhetischen Zweck, richten werden. Ungeachtet der von der Klägerin vorgelegten Beweise, dass Sonnenbrillen in ihrem eigenen Unternehmen gefertigt würden, sind daher die vorstehend genannten Waren für die Verwendung von optischen Sonnenbrillen nicht unabdingbar oder wichtig und umgekehrt.

79      Im Übrigen ist zum Vorbringen der Klägerin zu den gemeinsamen Verkaufsstätten dieser Produkte festzustellen, dass das Gericht in Rn. 40 des Urteils nollie (oben in Rn. 41 angeführt, EU:T:2010:114), und der dort angeführten Rechtsprechung bereits festgestellt hat, dass der Umstand, dass die verglichenen Erzeugnisse in denselben Geschäften, beispielsweise Kaufhäusern oder Supermärkten, verkauft werden können, insoweit nicht sonderlich aussagekräftig ist, da an solchen Verkaufsstätten sehr verschiedenartige Waren zu finden sind, ohne dass die Verbraucher ihnen automatisch dieselbe Herkunft zuschreiben.

80      Nach alledem können weder der Umstand, dass die Verbraucher der fraglichen Waren sich überschneiden können, noch der, dass es im Luxussektor Beispiele dafür gibt, dass Hersteller sowohl die von der angemeldeten Marke erfassten Erzeugnisse als auch die von der älteren Marke geschützten Erzeugnisse fertigen, auch nicht zusammen mit anderen Behauptungen der Klägerin ausreichen, um daraus auf eine – auch nur geringe – Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren zu schließen.

 Zur Verwechslungsgefahr

81      Wie bereits oben in Rn. 44 festgestellt worden ist, hat die Beschwerdekammer allein auf der Grundlage eines Vergleichs der in Rede stehenden Waren angenommen, dass keine Gefahr von Verwechslungen für das relevante Publikum bestehe.

82      Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht richtig angewandt habe und dass die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken in Verbindung mit der Ähnlichkeit der von diesen Marken erfassten Waren eine Verwechslungsgefahr hervorrufe.

83      Da insoweit bereits oben in Rn. 80 befunden worden ist, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt hat, dass die betreffenden Erzeugnisse nicht einmal eine geringe Ähnlichkeit aufweisen, und unter Berücksichtigung des Urteils easyHotel (oben in Rn. 24 angeführt, EU:T:2009:14, Rn. 42), nach dem eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 voraussetzt, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht, hat die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall, da diese Voraussetzungen zusammen erfüllt sein müssen, auch fehlerfrei jede Verwechslungsgefahr allein aufgrund eines Vergleichs der betreffenden Erzeugnisse ausgeschlossen.

84      Mangels Ähnlichkeit zwischen den streitigen Waren und unbeschadet der Prüfung des zweiten Klagegrundes der Klägerin in Bezug auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 kann die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung ferner nicht durch die verschiedenen Einlassungen der Klägerin zur vermeintlichen Bekanntheit der älteren Marke und zum Nutzen, den die Anmelderin der Marke in unlauterer Weise daraus ziehe, beeinträchtigt werden, da diese ins Leere gehen, wenn eine der kumulativen Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung nicht erfüllt ist. Besteht keine Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Waren, kann dies im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr nämlich nicht dadurch kompensiert werden, dass die streitigen Marken ähnlich oder sogar identisch sind, und zwar unabhängig davon, inwieweit die relevanten Verbraucher davon Kenntnis besitzen.

85      Angesichts der Umstände des vorliegenden Falles bedarf es schließlich keiner Entscheidung darüber, ob die Hinweise der Klägerin auf zwei Entscheidungen spanischer Gerichte in einer Rechtssache, die sie für mit dem vorliegenden Fall vergleichbar hält, zulässig sind, und zwar zunächst einer Entscheidung des Tribunal Superior de Justicia de Madrid (Spanien) vom 13. März 2013 und sodann einer Entscheidung des Tribunal Supremo (Spanien) vom 9. Januar 2014, mit der das Tribunal Supremo eine Kassationsbeschwerde gegen die vorstehend genannte Entscheidung des Tribunal Superior de Justicia de Madrid als unzulässig zurückgewiesen hat, mit der zum einen eine Entscheidung des Oficina Española de Patentes y Marcas (Spanisches Patent- und Markenamt) über die Eintragung einer Marke, die mit der vorliegenden Anmeldemarke übereinstimmt, aufgehoben und zum anderen diese Eintragung für unwirksam erklärt und rückgängig gemacht worden war.

86      Selbst wenn diese Hinweise als zulässig zu erachten sein sollten, entspricht es insoweit nämlich ständiger Rechtsprechung, dass nationale Entscheidungen über Eintragungen in den Mitgliedstaaten und entsprechend über die Aufhebung oder die Ablehnung einer Eintragung lediglich Umstände darstellen, die für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke berücksichtigt werden können, ohne entscheidend zu sein. Gleiches gilt für die Rechtsprechung der Gerichte der Mitgliedstaaten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Februar 2000, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], T‑122/99, Slg, EU:T:2000:39, Rn. 61, und vom 19. September 2001, Henkel/HABM [Runde, rot-weiße Tablette], T‑337/99, Slg, EU:T:2001:221, Rn. 58). Diese im Zusammenhang mit absoluten Eintragungshindernissen ergangene Rechtsprechung gilt entsprechend für relative Eintragungshindernisse.

87      Allerdings betraf die Rechtssache, die das Tribunal Superior de Justicia de Madrid und anschließend das Tribunal Supremo behandelt hatten, im Unterschied zu der vorliegenden Rechtssache den besonderen Fall, dass die verschiedenen von den einander gegenüberstehenden Marken geschützten Waren der Klasse 9 des Abkommens von Nizza als „identisch“ angesehen worden waren. Bei diesem Sachverhalt, aus dem man keine Schlüsse auf die vorliegende Rechtssache ziehen kann, hat das Tribunal Superior de Justicia de Madrid eine Bewertung der Ähnlichkeiten zwischen den Marken vorgenommen und ist im Rahmen einer umfassenden Beurteilung zu dem Schluss gelangt, dass Ähnlichkeiten und somit eine Verwechslungsgefahr vorlägen. Im Kassationsverfahren hat das Tribunal Supremo das Rechtsmittel im Wesentlichen aus Verfahrensgründen zurückgewiesen, die sich ebenfalls nicht auf das vorliegende Verfahren auswirken können.

88      Der erste Klagegrund der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009

89      Die Klägerin macht geltend, die Feststellung der Beschwerdekammer, dass die ältere Marke nicht bekannt sei, wenn sie in der Form ihrer Eintragung, d. h. getrennt vom Wortbestandteil „longines“, betrachtet werde, enthalte einen Beurteilungsfehler. Die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 seien vielmehr erfüllt.

90      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

91      Nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke im Sinne des Abs. 2 die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit der älteren Marke identisch ist oder mit dieser Ähnlichkeiten aufweist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die keine Ähnlichkeiten mit denen aufweisen, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Fall einer älteren Gemeinschaftsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Fall einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil Emidio Tucci, oben in Rn. 47 angeführt, EU:T:2012:500, Rn. 55).

92      Nach der Rechtsprechung bezweckt Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht, die Eintragung jeder mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Marke zu verhindern. Diese Bestimmung soll es u. a. dem Inhaber einer bekannten älteren nationalen Marke ermöglichen, sich der Eintragung von Marken zu widersetzen, durch die die Wertschätzung oder die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigt oder in unlauterer Weise ausgenutzt werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Emidio Tucci, oben in Rn. 47 angeführt, EU:T:2012:500, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Erwägungen gelten gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii in Verbindung mit Abs. 5 dieser Verordnung entsprechend für mit Wirkung in einem Mitgliedstaat der Union international registrierte ältere bekannte Marken.

93      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer, wie oben in den Rn. 13 bis 15 ausgeführt, im Wesentlichen der Ansicht, dass die von der Klägerin beigebrachten Beweise zwar eindeutig belegten, dass deren Waren sehr geschätzt und seit mehr als einem Jahrhundert auf dem relevanten Markt vertrieben worden seien, aber auch, dass diese Waren im Allgemeinen nicht mit dem im vorliegenden Fall umstrittenen Zeichen allein, sondern mit einer zusammengesetzten Marke gekennzeichnet worden seien, die auch das stilisierte Wort „longines“ eingeschlossen habe. Die Benutzung des fraglichen Zeichens genüge nicht, um darzutun, dass es bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in einem wesentlichen Teil des Hoheitsgebiets der oben in Rn. 15 aufgezählten Länder allein und ohne den Wortbestandteil im Zusammenhang mit Waren der Uhrmacherei und Zeitmessgeräten bekannt sei. Die Bekanntheit einer Marke könne aber nicht abstrakt nachgewiesen werden. Es sei der Klägerin nicht gelungen, den Nachweis zu erbringen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das aus einer „geflügelten Sanduhr“ bestehende Bildzeichen ohne Weiteres mit den von ihr gefertigten Waren der Uhrmacherei und Zeitmessgeräten gedanklich in Verbindung bringen könnten.

94      Die von der Klägerin im Wesentlichen vorgetragenen Behauptungen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe bezieht sich darauf, dass – wie sich aus den dem HABM vorgelegten Unterlagen ergebe – die ältere Bildmarke für Waren der Uhrmacherei und Zeitmessgeräte sowie für Schmuck- und Juwelierwaren der Klasse 14 Weltruf genieße.

95      Mit der zweiten Gruppe ihrer Behauptungen will die Klägerin grundsätzlich zeigen, dass die Eintragung der angemeldeten Marke der Vorstellung von Exklusivität und dem Image von Luxus und Hochwertigkeit, wie sie von der älteren Marke vermittelt würden, und daher deren Wertschätzung und Unterscheidungskraft schaden würden. Die Eintragung der beantragten Marke verwässere die Eignung der in einer „geflügelten Sanduhr“ bestehenden älteren Marke, genau bestimmte Waren zu kennzeichnen und die Wünsche der Verbraucher zu wecken. Die Klägerin verweist auch auf den „parasitären“ Charakter der angemeldeten Marke, die mit großer Wahrscheinlichkeit und Vorhersehbarkeit aus der hohen Wertschätzung der älteren Marke einen unlauteren Vorteil ziehe.

96      Da, wie die Beschwerdekammer in Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, für die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmte kumulative Voraussetzungen gelten (siehe auch oben, Rn. 91), einschließlich des Erfordernisses, die Wertschätzung der älteren Marke, auf die der Widerspruch gegründet sei, nachzuweisen, ist es angebracht, zunächst die erste Gruppe von Behauptungen der Klägerin zu beurteilen. Somit ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht die Ansicht vertreten hat, dass eine solche Wertschätzung im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen worden sei und dass sie daher zutreffend allein aus diesem Grund entschieden hat, dass sich die Klägerin nicht auf die vorstehend genannte Bestimmung stützen könne, um der Eintragung der angemeldeten Marke entgegenzutreten.

97      Im Rahmen der ersten Gruppe ihrer Behauptungen macht die Klägerin erstens geltend, die ältere Marke werde entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer üblicherweise auch ohne das Wort „longines“ benutzt, beispielsweise auf bestimmten „Ringen“, die in der Goldschmiedekunst, im Juwelierhandwerk und in der Uhrmacherei verwendet würden, sowie auf Uhrenkronen. Ferner müssten alle Beweise, die für die Annahme der Beschwerdekammer ausreichend gewesen seien, dass das Wort „longines“ in Verbindung mit der älteren Marke eine bekannte Marke sei, auch als Beweis für die Bekanntheit der älteren Marke allein dienen. Diese könne mit dem Wort oder ohne das Wort „longines“ benutzt werden.

98      Zweitens hebt die Klägerin hervor, dass die ältere Marke seit 1874 zur Kennzeichnung ihrer Produkte benutzt werde, ihre erste Benutzung sogar auf das Jahr 1867 zurückgehe und die Marke nicht nur in Uhrmacherfachkreisen, sondern auch beim Durchschnittsverbraucher „außerordentlich bekannt“ sei. Der Abdruck dieser Marke auf den Metallen und Produkten ermögliche es den Verbrauchern und Fachleuten, deren Echtheit zu überprüfen.

99      Drittens weist die Klägerin darauf hin, dass die ältere Marke, die dem Verbraucher verschiedene positive Botschaften bezüglich der Waren vermittle, einen eigenständigen und gesonderten Wert habe, der über die mit der Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 14 hinausgehe und damit auch die Waren der Klassen 9 und 25 erreiche.

100    Nach der Rechtsprechung muss eine Marke, um die Voraussetzung der Bekanntheit zu erfüllen, einem erheblichen Teil des Publikums bekannt sein, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen angesprochen werden soll. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung sind alle relevanten Umstände des Falles zu berücksichtigen – also insbesondere der von der älteren Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Werbeaufwand des Unternehmens für diese Marke – ohne dass zu verlangen ist, dass die Marke einem bestimmten Prozentsatz des in dieser Weise definierten Publikums bekannt ist oder sich ihre Bekanntheit auf das gesamte fragliche Schutzgebiet erstreckt, sofern diese Bekanntheit nur in einem wesentlichen Teil dieses Gebiets vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Emidio Tucci, oben in Rn. 47 angeführt, EU:T:2012:500, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Prüfung der von der Klägerin dem HABM vorgelegten Beweismittel, dass ihre Waren zumindest in einigen Mitgliedstaaten der Union, in denen die ältere Marke geschützt ist, tatsächlich eine – in ihrer Dauer begründete – erhebliche Präsenz aufweisen. Die Beschwerdekammer hat dies in der angefochtenen Entscheidung im Übrigen ausdrücklich bestätigt, dabei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Waren im Allgemeinen nicht oder nur sehr selten mit der älteren Marke allein vertrieben würden, sondern vielmehr mit einer zusammengesetzten Marke gekennzeichnet würden, die u. a. das Bildzeichen, das die ältere Marke bilde, einschließe.

102    Wie sich aus Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Beschwerdekammer dem Umstand eine besondere Bedeutung beigemessen, dass in der „benutzten Kombination der bildlichen Darstellung der geflügelten Sanduhr und des Wortes ‚longines‘ dieses visuell den bestimmenden Teil darstellt“. In derselben Randnummer der angefochtenen Entscheidung hat sie auch festgestellt, dass man zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können, wenn die ältere Marke beispielsweise „ständig anders – als Kombination einer großformatigen grafischen Darstellung und eines Wortbestandteils von geringer Größe – dargestellt worden wäre oder wenn die Klägerin Beweise dafür vorgelegt hätte, dass die Verbraucher ihre Aufmerksamkeit üblicherweise eher auf die bildlichen Darstellung der geflügelten Sanduhr als auf den Bestandteil ‚longines‘ legten“. Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt seien diese Erwägungen jedoch außer Acht zu lassen.

103    Hierzu stellt das Gericht zunächst fest, dass die Beschwerdekammer hinsichtlich der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel zutreffend ausgeführt hat, dass aus ihnen nicht hervorgehe, dass die Verbraucher ihre Aufmerksamkeit üblicherweise auf das in einer „geflügelten Sanduhr“ bestehende Element der benutzten zusammengesetzten Marke legten. Zu den Beweismitteln zählen beispielsweise keine Meinungsumfragen unter den maßgeblichen Verkehrskreisen, die sich u. a. auf deren Wahrnehmung von der benutzten zusammengesetzten Marke oder die Frage bezögen, welche ihrer Bestandteile sie, beim Einkaufen mit verschiedenen Marken konfrontiert, als Hinweis auf die Waren der Klägerin im Gedächtnis behielten oder zumindest, welche als solcher erkennbar seien. Insbesondere hat die Klägerin auch keine Meinungsumfragen vorgelegt, bei denen die befragten Personen, denen lediglich das Bildzeichen einer „geflügelten Sanduhr“ gezeigt wird, hätten erklären müssen, ob sie dieses Zeichen kennen und gegebenenfalls, womit sie es gedanklich in Verbindung bringen.

104    Sodann reichen entgegen dem Vorbringen der Klägerin ihre dem HABM vorgelegten Beweismittel zur Benutzung der älteren, in einer „geflügelten Sanduhr“ bestehenden Marke nicht aus, um deren Bekanntheit als nachgewiesen erachten zu können.

105    Zum einen geht aus ihnen, wie das HABM im Übrigen zu Recht geltend macht, nämlich hervor, dass die ältere Marke bei ihrer alleinigen Benutzung keine in bildlicher Hinsicht herausragende Position auf den Uhren einnimmt. Vielmehr befindet sie sich bisweilen an Stellen, an denen sie wegen ihrer geringen Größe und ihrer Platzierung übersehen werden könnte. Diese Erwägungen gelten insbesondere für den Hinweis der Klägerin auf die Verwendung der älteren Marke auf Ringen, Armbändern und Uhrenkronen.

106    Zum anderen ergibt sich aus den von der Klägerin dem HABM vorgelegten Beweismitteln auch nicht, dass die alleinige Verwendung der älteren Marke in Werbematerial, auf Rechnungen oder in Zeitschriften in einer Weise erfolgte, die quantitativ oder qualitativ hinreichend bedeutend und stetig war, um sich auf die Beurteilung ihrer Bekanntheit auswirken zu können. Wie die Beschwerdekammer nämlich zu Recht festgestellt hat, lässt sich den Beweismitteln entnehmen, dass, abgesehen von einigen Ausnahmen, im Regelfall die aus der älteren Marke und dem Wort „longines“ bestehende zusammengesetzte Marke benutzt wird.

107    Unter diesen Umständen geht es bei der Hauptfrage, über die noch zu entscheiden ist, darum, ob das maßgebliche Publikum, das bei zahlreichen Gelegenheiten auf Werbebotschaften, Schriftstücke oder auch Waren getroffen ist, in oder auf denen sich die aus der älteren Marke und dem Wort „longines“ bestehende zusammengesetzte Marke befand, mit hinreichender Regelmäßigkeit auch diese ältere Marke für sich genommen wahrgenommen und im Gedächtnis behalten hat, so dass daraus abgeleitet werden kann, dass diese gemäß den oben in Rn. 100 genannten Kriterien Bekanntheit besaß.

108    Das Gericht hat insoweit erstens zu berücksichtigen, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel u. a. belegen, dass die erwähnten Werbebotschaften in Zeitschriften oder Zeitungen aller Art, abgefasst in verschiedenen Sprachen und vertrieben u. a. in den im vorliegenden Fall relevanten Mitgliedstaaten der Union, erschienen sind. Darüber hinaus hat die Beschwerdekammer hierzu in Rn. 25 sechster Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass 31 dieser Zeitungsausschnitte aus Zeitschriften oder Zeitungen stammten, die in Mitgliedstaaten der Union herausgegeben würden.

109    Zweitens ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass es sich ganz überwiegend um Zeitschriften handelte, die sich nicht an ein auf Fachleute beschränktes Publikum richteten, sondern deren Käuferschicht das breite Publikum war, sei es der modeinteressierte oder der an Nachrichten über Prominente interessierte Verbraucher oder der Verbraucher, der sich über seine Hobbies, einschließlich verschiedener Sportarten, informieren möchte. Einige Werbeanzeigen erschienen in Zeitschriften für Sammler, andere in „allgemeinen“ Zeitschriften. Des Öfteren nahm diese Werbung auch eine ganze oder eine halbe Seite dieser Zeitschriften oder Zeitungen ein.

110    Drittens lässt sich den von der Klägerin dem HABM vorgelegten Beweismitteln entnehmen, dass die Werbung für die in Rede stehende zusammengesetzte Marke oder die von dieser Marke gekennzeichneten Waren häufig im Zusammenhang oder in Verbindung mit bekannten Personen aus der Welt der Kultur oder des Sports präsentiert wurde. Insoweit ergibt sich aus den verschiedenen von der Klägerin beigebrachten Schriftstücken, dass sich ihre Werbung die Zusammenarbeit mit weltbekannten Persönlichkeiten, wie z. B. Schauspielern, Dichtern, Tennisspielern, Sportlern aus dem Bereich des Pferdesports, Skifahrern, Radrennfahrern, Bogenschützen, Turnern oder auch bestimmten Models zunutze machte. So sind die in Rede stehenden Waren zu Werbezwecken von weltbekannten Sportlern oder Schauspielern wie André Agassi, Audrey Hepburn und Humphrey Bogart getragen worden.

111    Viertens ist auch zu berücksichtigen, dass, wie sich aus den Beweismitteln ergibt, Werbung für die in Rede stehende zusammengesetzte Marke, bestehend aus dem grafischen Bestandteil in Form einer „geflügelten Sanduhr“ und dem Wort „longines“, des Öfteren bei verschiedenen Sportwettkämpfen gezeigt wurde, von denen zumindest einige vom Fernsehen übertragen worden sind.

112    Fünftens ist den Abbildungen und anderen von der Klägerin dem HABM vorgelegten Beweismitteln auch zu entnehmen, dass diese über viele Jahre, insbesondere zwischen 2002 und 2010, erhebliche Beträge für Werbung ausgegeben hat, und zwar in verschiedenen Ländern wie Frankreich, Spanien und Italien, die im vorliegenden Fall relevant sind. Die Klägerin hat auch Rechnungsbeispiele über den Kauf der fraglichen Waren, insbesondere den Kauf von Uhren, vorgelegt. Diese Rechnungen tragen sämtlich die zusammengesetzte Marke und beweisen eine erhebliche Präsenz der Klägerin auf dem europäischen Markt, insbesondere in Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien. Die Klägerin hat schließlich auch einige Marktstudien zur Marktakzeptanz der zusammengesetzten Marke in einigen Mitgliedstaaten der Union, u. a. in Frankreich, Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich, vorgelegt.

113    Somit belegen übereinstimmende Beweismittel eine langwährende Verwendung der zusammengesetzten Marke nicht nur in der Schweiz, sondern auch in bestimmten im vorliegenden Fall relevanten Mitgliedstaaten der Union.

114    Insgesamt jedoch stehen die genannten Umstände den oben in Rn. 93 wiedergegebenen Erwägungen der Beschwerdekammer nicht entgegen.

115    In Ermangelung konkreter Beweise dafür, dass die Verbraucher ihre Aufmerksamkeit üblicherweise mehr auf das aus einer „geflügelten Sanduhr“ bestehende Element der benutzten zusammengesetzten Marke gelegt hätten (siehe oben, Rn. 103), ist nämlich unter Vornahme einer Gesamtbetrachtung dieser Marke und ihrer verschiedenen Bestandteile zu prüfen, wie sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrgenommen wird.

116    Hierzu ist mit der Beschwerdekammer davon auszugehen, dass sich den von der Klägerin dem HABM vorgelegten Beweismitteln für die Benutzung der zusammengesetzten Marke entnehmen lässt, dass insbesondere in bildlicher Hinsicht eindeutig deren Wortbestandteil „longines“ bei dem von dem Zeichen erzeugten Gesamteindruck überwog.

117    Dies ist zunächst auf die Stellung des Wortes innerhalb der zusammengesetzten Marke, d. h. in deren oberen Hälfte, und auf den Umstand zurückzuführen, dass es sowohl länger als auch größer ist als der in einer „geflügelten Sanduhr“ bestehende wesentlich kleinere grafische Bestandteil.

118    Sodann ist das Wort „longines“ leicht lesbar, da es in Großbuchstaben und einer Schrifttype geschrieben ist, deren Gestaltung nicht wesentlich von allgemein üblichen Schrifttypen abweicht. Das einzige ein wenig spezifische Gestaltungselement des Wortes „longines“ besteht nämlich in einer gewissen Verlängerung durch Hinzufügung eines kleinen Balkens an den Außenseiten der Großbuchstaben, aus denen es sich zusammensetzt.

119    Ferner ist der grafische, nach Angaben der Klägerin in einer „geflügelten Sanduhr“ bestehende Bestandteil, auch wenn er in der zusammengesetzten Marke, wie sie benutzt wurde, nicht als unerheblich angesehen werden kann, doch nicht nur aufgrund seiner gegenüber dem Wort „longines“ geringeren Größe, sondern auch aufgrund seiner eher komplizierten Merkmale – der Darstellung von ausgebreiteten Flügeln mit einer Art Rechteck in ihrer Mitte, das auf seiner kurzen Seite steht und durch zwei Diagonalen geteilt ist, die wiederum durch zwei waagerechte Striche verbunden sind, wobei die Gestaltung insgesamt nicht leicht im Gedächtnis behalten werden kann – im Gesamteindruck der Verbraucher von dieser Marke eindeutig nebensächlich und bleibt im Hintergrund. Dies gilt auch für die verschiedenen Varianten der Grafik, die die Klägerin benutzt hat.

120    Zudem ist keineswegs gesichert, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, die ihre Aufmerksamkeit im Übrigen nicht auf die Einzelheiten der benutzten zusammengesetzten Marke richten, den mittleren Teil der Grafik als eine Art stilisierte „Sanduhr“ erkennen. Zwar kann eine solche Evokation gegebenenfalls einfacher bei den Verbrauchern hervorgerufen werden, die wissen, dass die Klägerin bereits im 19. Jahrhundert – allerdings in einer anderen Gestaltung – eine Bildmarke in Form einer „geflügelten Sanduhr“ verwendet hat und diese dann – worauf die Klägerin hinweist – eine der ersten Eintragungen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) war, doch handelt es sich dabei, wie die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, nicht um einen Umstand, der bei den relevanten Verkehrskreisen als bekannt angesehen werden kann, die, daran ist zu erinnern, nicht nur aus Fachleuten der Uhrenbranche bestehen (siehe auch nachstehend, Rn. 125). Daher gibt es keine im Zusammenhang mit dem Sinngehalt des in Rede stehenden grafischen Bestandteils stehenden Gründe dafür, dass ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise gerade diesen im Gedächtnis behält.

121    Nach alledem hat die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen, als sie festgestellt hat, dass die Bekanntheit der älteren Marke in ihrer eingetragenen Form nicht dargetan worden sei. Trotz der dauerhaften und quantitativ wie qualitativ bedeutenden Benutzung der aus der älteren Marke und dem Wort „longines“ bestehenden zusammengesetzten Marke zieht nämlich dieses Wort die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich und bleibt ihnen wahrscheinlich im Gedächtnis, ohne dass nachgewiesen worden wäre, dass ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Union, für die die Bekanntheit beansprucht worden ist, auch die ältere Marke als solche kennt und sie ohne Weiteres mit den Waren der Uhrmacherei und den Zeitmessgeräten der Klägerin gedanklich in Verbindung bringt, für die allein die Bekanntheit geltend gemacht wird.

122    Keine der weiteren Behauptungen der Klägerin vermag diese Schlussfolgerung zu widerlegen.

123    Als erstes ist es zwar, wie die Klägerin ausführt, theoretisch nicht ausgeschlossen, dass aus der Verwendung einer älteren Marke im Rahmen einer zusammengesetzten Marke allein auf die Bekanntheit der älteren Marke geschlossen wird, obwohl sie nicht oder selten allein, unabhängig von der zusammengesetzten Marke verwendet wird.

124    Eine solche Möglichkeit ergibt sich nämlich aus einer entsprechenden Anwendung der Rechtsprechung, nach der die besondere Unterscheidungskraft einer Marke aufgrund ihrer dauerhaften Benutzung und ihrer Bekanntheit als Teil einer anderen eingetragenen Marke erworben werden kann, sofern die angesprochenen Verkehrskreise die Marke als Indiz für die Herkunft der Waren von einem bestimmten Unternehmen wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2006, L & D/HABM – Sämann [Aire Limpio], T‑168/04, Slg, EU:T:2006:245, Rn. 74). Um daraus schließen zu können, dass die ältere Marke eine bekannte Marke ist, wäre es im vorliegenden Fall jedoch, wie die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung zu Recht hervorgehoben hat, erforderlich gewesen, sie in der benutzten zusammengesetzten Marke in anderer Weise darzustellen, damit sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen im Gedächtnis behalten wird.

125    Als Zweites sind die verschiedenen Einlassungen der Klägerin, mit denen auf die lange Geschichte und stetige Benutzung der älteren Marke hingewiesen wird, in Ermangelung hinreichend konkreter Beweise, dass ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise davon Kenntnis erlangt hat, für den Nachweis ihrer Bekanntheit nicht entscheidend. Auch wenn die Klägerin unter den Beweismitteln tatsächlich auch einige Artikel vorgelegt hat, die sich auf die frühere Benutzung und die Eintragung eines aus einer „geflügelten Sanduhr“ bestehenden Zeichens beziehen, ist festzustellen, dass es sich – bei einigen – um Artikel handelte, die sich eher an ein Fachpublikum richten, oder – bei anderen – um Artikel für Schweizer Leser, ohne dass dargetan worden wäre, dass sie tatsächlich einen erheblichen Teil der im vorliegenden Fall maßgeblichen Verkehrskreise erreicht hätten. Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass die ehemals verwendete, besonders detailliert ausgeführte Grafik einer „geflügelten Sanduhr“ erheblich von der gegenwärtig von der älteren Marke benutzten Grafik abweicht.

126    Als Drittes ist aus Gründen, die den oben in Rn. 125 genannten Gründen entsprechen, die Behauptung der Klägerin, dass nicht nur Fachleute, sondern auch die breite Öffentlichkeit davon Kenntnis gehabt hätten, dass anhand der grafischen Darstellung einer „geflügelten Sanduhr“ die Originale der Klägerin zu erkennen gewesen seien und von gefälschten Waren hätten unterschieden werden können, als nicht bewiesen zurückzuweisen. Insbesondere wird diese Funktion für einen erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise allein durch die Benutzung des Wortes „longines“ auf den fraglichen Waren erfüllt.

127    Nach alledem kann die Klägerin nicht geltend machen, dass sie für die Verbraucher durch die ältere „bekannte“ Marke verschiedene positive Botschaften hinsichtlich der Waren vermittle und dass diese einen eigenständigen und gesonderten Wert habe, der über die mit der Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 14 hinausgehe und damit die Waren der Klassen 9 und 25 erreiche. Auch wenn nämlich eine solche Bekanntheit für das benutzte zusammengesetzte Zeichen wegen des Vorhandenseins des Wortes „longines“ nicht ausgeschlossen werden kann, kann dies für die ältere Marke allein nicht gelten.

128    Da die Beschwerdekammer sich bei ihrer Prüfung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 auf die Feststellung beschränkt hat, dass die Bekanntheit der älteren Marke nicht dargetan worden sei (siehe oben, Rn. 96), ist es daher nicht Sache des Gerichts, erstmals das Vorbringen der Klägerin zu der Frage zu prüfen, ob die anderen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift erfüllt sind (siehe oben, Rn. 91 und 92), da dieses Vorbringen für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich ist.

129    Daher ist auch der zweite Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

130    Gemäß Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

131    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Compagnie des montres Longines, Francillon SA trägt die Kosten.

Dittrich

Schwarcz

Tomljenović

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Februar 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.