Beschluss des Gerichts (Vierte Kammer) vom 29. Januar 2013 –
Barbini u. a./Kommission
(Rechtssache T‑272/00)
„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Sozialbeitragsermäßigungen und ‑befreiungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der ausgezahlten Beihilfen angeordnet wird – Klage, die teils offensichtlich unzulässig ist und teils offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrt“
1. Gerichtliches Verfahren – Einrede der Unzulässigkeit – Befugnis des Gerichts, eine Klage als unbegründet abzuweisen, ohne über die Einrede der Unzulässigkeit zu entscheiden – Umfang seines Ermessensspielraums (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 111 und 114 § 4) (vgl. Randnrn. 19‑22)
2. Staatliche Beihilfen – Begriff – Maßnahmen, mit denen strukturelle Nachteile ausgeglichen werden sollen, die von Unternehmen getragen werden, die in einer bestimmten Region eines Mitgliedstaats ansässig sind – Einbeziehung – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Staatliche Maßnahmen zur Annäherung der Wettbewerbsbedingungen eines bestimmten Wirtschaftssektors an die in anderen Mitgliedstaaten – Unzulässigkeit (Art. 87 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 28, 29)
3. Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Begründungspflicht – Grenzen (Art. 88 EG) (vgl. Randnrn. 31, 32, 35)
4. Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Prüfung einer Beihilferegelung nach ihren allgemeinen Merkmalen – Zulässigkeit – Geringer Beihilfebetrag und Ausübung der Tätigkeiten der Empfänger auf lokaler Ebene – Beihilfe, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und eine Verzerrung des Wettbewerbs herbeizuführen – Keine Auswirkung (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 35‑37)
5. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können – Beihilfen zur Förderung bestimmter Regionen – Ausschluss von Betriebsbeihilfen außer in Ausnahmefällen – Kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Rechtssicherheit (Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG; Mitteilungen der Kommission 88/C 212/02 und 98/C 74/06) (vgl. Randnrn. 48‑50)
6. Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Verpflichtungen der Kommission – Sorgfältige und unparteiische Prüfung von Beschwerden – Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission anhand der zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung verfügbaren Informationen – Sorgfaltspflicht des die Beihilfe gewährenden Mitgliedstaats und ihres Empfängers in Bezug auf die Mitteilung aller erheblichen Gesichtspunkte (Art. 88 EG) (vgl. Randnrn. 54, 57)
7. Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Wiederherstellung der früheren Lage – Entscheidung der Kommission, mit der die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wird – Begründungspflicht – Umfang – Verpflichtung der Kommission, die individuelle Situation jedes Empfängers hinreichend zu überwachen – Möglichkeit, es den nationalen Behörden zu überlassen, ohne übermäßige Schwierigkeiten die betroffenen Unternehmen zu ermitteln (Art. 87 EG und 88 EG) (vgl. Randnrn. 63, 67)
Gegenstand
| Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/394/EG der Kommission vom 25. November 1999 über die Maßnahmen, die Italien aufgrund der Gesetze Nr. 30/1997 und Nr. 206/1995 in Form von Sozialbeitragsermäßigungen und ‑befreiungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia durchgeführt hat (ABl. 2000, L 150, S. 50) |
Tenor
1. | | Die Entscheidung über die von der Europäischen Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit wird der Endentscheidung vorbehalten. |
2. | | Die Klage wird als teils offensichtlich unzulässig, teils jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrend abgewiesen. |
3. | | Die Alfredo Barbini Srl, die Aureliano Toso Srl, die AVMazzega Srl, die Barovier & Toso vetrerie artistiche riunite Srl, die Carlo Moretti Srl, die Effetre SpA, die Ferro & Lazzarini Srl, die Formia Srl, Gino Cenedese & Figlio, La Murrina, die Mazzuccato International Srl, die Nason & Moretti Srl, die Tfz Internazionale Srl, die V. Nason & C. Srl, die Venini SpA, die Vetreria de Majo Srl und die Vetreria LAG Srl tragen neben ihren eigenen Kosten diejenigen der Kommission. |
4. | | Die Italienische Republik trägt ihre eigenen Kosten. |