Language of document : ECLI:EU:C:2019:395

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 8. Mai 2019(1)

Verbundene Rechtssachen C105/18 bis C113/18

Asociación Española de la Industria Eléctrica (UNESA) (C105/18),

Energía de Galicia (Engasa), SA (C106/18),

Duerocanto, SL (C107/18),

Corporación Acciona Hidráulica (Acciona), SLU (C108/18),

Associació de Productors i Usuaris d’Energia Elèctrica (C109/18),

José Manuel Burgos Pérez,

María del Amor Guinea Bueno (C110/18),

Endesa Generación, SA (C111/18),

Asociación de Empresas de Energías Renovables (APPA) (C112/18),

Parc del Segre, SA,

Electra Irache, SL,

Genhidro Generación Hidroeléctrica, SL,

Hicenor, SL,

Hidroeléctrica Carrascosa, SL,

Hidroeléctrica del Carrión, SL,

Hidroeléctrica del Pisuerga, SL,

Hidroeléctrica Santa Marta, SL,

Hyanor, SL,

Promotora del Rec dels Quatre Pobles, SA (C113/18)

gegen

Administración General del Estado,

Streithelfer:

Iberdrola Generación, SAU,

Hidroeléctrica del Cantábrico, SA

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo [Oberster Gerichtshof, Spanien])

„Vorabentscheidung – Verursacherprinzip – Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen – Gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt – Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung – Entgelt, das nur von Erzeugern von Strom aus Wasserkraft erhoben wird, die in intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten tätig sind – Verbotene staatliche Beihilfe“






I.      Einleitung

1.        Es handelt sich in dieser Sache um Vorabentscheidungsersuchen bezüglich der Auslegung von Art. 107 und Art. 191 Abs. 2 AEUV, Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik(2) sowie Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG(3).

2.        Diese Ersuchen ergehen in Verfahren, in denen es um die Gültigkeit eines Entgelts für die Nutzung von Binnengewässern aus intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten – d. h. aus Einzugsgebieten, die sich über mehr als eine spanische Comunidad autónoma (Autonome Gemeinschaft) erstrecken – zur Stromerzeugung geht; die Parteien sind auf der einen Seite mehrere Stromerzeuger, die Konzessionen für die Nutzung von Gewässern aus intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten zur Wasserkrafterzeugung besitzen, und auf der anderen Seite die Administración General del Estado (Staatliche Zentralverwaltung, Spanien), unterstützt von Iberdrola Generación, SAU und Hidroeléctrica del Cantábrico, SA

3.        Diese Vorabentscheidungsersuchen bieten dem Gerichtshof Gelegenheit, die Auswirkungen des umweltrechtlichen Verursacherprinzips, den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/72 und die Anwendung des Verbots staatlicher Beihilfen in Bezug auf ein Entgelt für die Nutzung oder die Verwertung von Binnengewässern zur Stromerzeugung klarzustellen. Eine weitere wichtige Frage, die durch diese Vorabentscheidungsersuchen aufgeworfen wird, ist, ob die in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 enthaltenen Bestimmungen über ein Diskriminierungsverbot dahin verstanden werden können, dass sie auf eine abgabenrechtliche Maßnahme wie die im Jahr 2012 vom Königreich Spanien beschlossene Anwendung finden. Bevor jedoch auf diese Fragen eingegangen wird, sind zunächst die einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des nationalen Rechts darzulegen.

A.      Unionsrecht

1.      Richtlinie 2000/60

4.        Art. 9 Abs. 1 („Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen“) der Richtlinie 2000/60 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten berücksichtigen unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Analyse gemäß Anhang III und insbesondere unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten.

Die Mitgliedstaaten sorgen bis zum Jahr 2010 dafür,

–        dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen, und somit zu den Umweltzielen dieser Richtlinie beiträgt;

–        dass die verschiedenen Wassernutzungen, die mindestens in die Sektoren Industrie, Haushalte und Landwirtschaft aufzugliedern sind, auf der Grundlage der gemäß Anhang III vorgenommenen wirtschaftlichen Analyse und unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips einen angemessenen Beitrag leisten zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen.

Die Mitgliedstaaten können dabei den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Kostendeckung sowie [den] geografischen und klimatischen Gegebenheiten der betreffenden Region oder Regionen Rechnung tragen.“

2.      Richtlinie 2009/72

5.        Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten entsprechend ihrem institutionellen Aufbau und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, dass Elektrizitätsunternehmen unbeschadet des Absatzes 2 nach den in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätzen und im Hinblick auf die Errichtung eines wettbewerbsbestimmten, sicheren und unter ökologischen Aspekten nachhaltigen Elektrizitätsmarkts betrieben werden und dass diese Unternehmen hinsichtlich der Rechte und Pflichten nicht diskriminiert werden.“

B.      Nationales Recht

1.      Spanische Verfassung

6.        Art. 149 der spanischen Verfassung, der die ausschließlichen Zuständigkeiten des Staates regelt, sieht vor:

„1.      Der Staat besitzt die ausschließliche Zuständigkeit für:

14.      allgemeines Finanzwesen und Staatsschuld;

22.      Gesetzgebung, Ordnung und Konzession der hydraulischen Quellen und Nutzung in den Fällen, in denen der Wasserlauf durch das Gebiet von mehr als einer Autonomen Gemeinschaft führt, und Genehmigung elektrischer Einrichtungen in Fällen, in denen die Nutzung sich auf eine andere Gemeinschaft erstreckt oder der Energietransport über den eigenen Territorialbereich hinausgeht;

…“

2.      Königliches Dekret 125/2007

7.        Im Real Decreto 125/2007, de 2 de febrero, por el que se fija el ámbito territorial de las demarcaciones hidrográficas(4) (Königliches Dekret 125/2007 vom 2. Februar 2007 zur Festlegung des Areals der Flussgebietseinheiten) ist eine Flussgebietseinheit als das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten bestehende Gebiet definiert, einschließlich der Übergangsgewässer, des Grundwassers und der Küstengewässer, die ihnen zugeordnet sind. Je nach der geografischen Lage des Einzugsgebiets werden in Spanien zwei Arten von Einzugsgebieten unterschieden: intergemeinschaftliche Einzugsgebiete, bei denen sich das Areal des Einzugsgebiets auf mehr als eine Autonome Gemeinschaft erstreckt, und intragemeinschaftliche Einzugsgebiete, deren Areal sich nicht über eine Autonome Gemeinschaft hinaus erstreckt.

3.      Gesetz 15/2012

8.        In der Präambel zur Ley 15/2012, de 27 de diciembre, de medidas fiscales para la sostenibilidad energética(5) (Gesetz 15/2012 vom 27. Dezember 2012 über fiskalische Maßnahmen zur nachhaltigen Energieversorgung) (Energiesteuergesetz) heißt es:

„I.

Dieses Gesetz hat zum Ziel, unser Steuersystem einer effizienteren, die Umwelt und Nachhaltigkeit achtenden Nutzung anzupassen; diese Werte haben zu dieser Steuerreform inspiriert und stehen mit den Grundsätzen der Steuerpolitik, der Energiepolitik und natürlich der Umweltpolitik der Europäischen Union im Einklang.

In der heutigen Gesellschaft wird die ökologische Nachhaltigkeit zunehmend durch Energieerzeugung und Energieverbrauch belastet, weshalb es eines normativen und regulatorischen Rahmens bedarf, der allen Akteuren ein ordnungsgemäß funktionierendes Energiemodell garantiert, das auch zum Erhalt unseres reichen Umwelterbes beiträgt.

Dieses Gesetz beruht auf Art. 45 der Verfassung, einer Bestimmung die den Schutz unserer Umwelt zu einem der Leitprinzipien der Sozial- und Wirtschaftspolitik erhebt. Ein Schwerpunkt dieser Steuerreform ist daher die Internalisierung der sich aus der Stromerzeugung ergebenden Umweltkosten … Auf diese Weise muss [dieses] Gesetz einen Anreiz bieten, unsere Energieeffizienz zu steigern, und gleichzeitig eine bessere Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sicherstellen sowie das neue Modell der nachhaltigen Entwicklung weiter vorantreiben, und zwar sowohl unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten als auch unter Umweltgesichtspunkten.

Zu diesem Zweck sind in diesem Gesetz drei neue Abgaben vorgesehen: die Abgabe auf den Wert der Stromerzeugung, die Abgabe auf abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle aus der Nuklearstromerzeugung sowie die Abgabe auf die Einlagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle in zentralen Anlagen; ein Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung wird eingeführt; die Steuersätze für Erdgas und Kohle werden geändert und die Ausnahmen für Energieprodukte, die in der Stromerzeugung und in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verwendet werden, aufgehoben.

V.

Titel IV dieses Gesetzes ändert die Ley de Aguas (Wassergesetz) in der durch den Real Decreto Legislativo (Königliche Gesetzesverordnung) 1/2001 vom 20. Juli geänderten Fassung.

Dieser Titel regelt insbesondere den ökonomisch-finanziellen Rahmen der Nutzung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer. Er sieht daher vor, dass die zuständigen öffentlichen Verwaltungen, nach dem Kostendeckungsgrundsatz und unter Berücksichtigung der langfristigen Wirtschaftsprognosen geeignete Mechanismen vorsehen, um die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung, einschließlich der Umwelt- und Ressourcenkosten, an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben.

Art. 112 der Neufassung der Ley de Aguas bestimmt, dass das Nutzungsentgelt nur auf den Besitz, die Nutzung und die Entwicklung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer im Sinne der Definitionen in Art. 2 Buchst. b und c dieses Gesetzes Anwendung findet, d. h. auf den Einsatz natürlicher Wasserläufe mit ständig oder zeitweilig fließendem Wasser sowie der Gewässerböden von Seen und Lagunen sowie von Oberflächenstauseen in öffentlichen Wasserläufen. Die Nutzung von Binnengewässern im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Neufassung der Ley de Aguas liegt somit außerhalb der Definition dieses Entgelts.

Im Hinblick auf die allgemeinen Regeln für öffentliches Eigentum ist dies eine Anomalie, die sich aus historischen Gründen gehalten hat, für die es jedoch heutzutage keine wirtschaftliche Begründung mehr gibt, jedenfalls nicht, was den rein industriellen Einsatz und ein Marktsystem wie die Stromerzeugung angeht.

Angesichts der allgemeinen Qualität der spanischen Binnengewässer ist heute deren Schutz erforderlich, um eine für die Gesellschaft notwendige Naturressource zu erhalten. Aus diesem Grund muss die Politik des Schutzes der öffentlichen Gewässer verstärkt werden. Die dazu erforderlichen Mittel sind von denjenigen aufzubringen, die aus ihrer privaten Nutzung oder besonderen Nutzbarmachung zum Zwecke der Stromerzeugung einen Vorteil erlangen.

Diese Änderung bezweckt daher die Einführung eines neuen Entgelts für das in Art. 2 Buchst. a des genannten Gesetzes aufgeführte öffentliche Eigentum, d. h. für die Nutzung oder Nutzbarmachung von Binnengewässern zur Erzeugung von Strom aus Wasserkraft.“

9.        Durch Art. 29 des Gesetzes 15/2012 wird insbesondere ein neuer Art. 112bis in den Real Decreto Legislativo 1/2001, de 20 de julio, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley de Aguas(6) (Königliche Gesetzesverordnung 1/2001 vom 20. Juli 2001 zur Annahme der Neufassung der Ley de Aguas [Wassergesetz]) eingeführt.

10.      Das Gesetz 15/2012 enthält auch mehrere als „Zusatzbestimmungen“ bezeichnete Bestimmungen:

„Erste Zusatzbestimmung: In diesem Gesetz geregelte Abgaben auf Tatbestände, auf die von den Autonomen Gemeinschaften Abgaben erhoben werden.

1.      Soweit die durch dieses Gesetz eingeführten Abgaben auf Tatbestände erhoben werden, auf die die Autonomen Gemeinschaften Abgaben erheben, und dies dazu führt, dass deren Einnahmen sich verringern, finden die Bestimmungen des Art. 6.2 der Ley Orgánica 8/1980, de 22 de septiembre, de Financiación de las Comunidades Autónoma (Organgesetz vom 22. September 1980 über die Finanzierung der Autonomen Gemeinschaften) Anwendung.

2.      Die Bestimmungen des vorstehenden Abschnitts sind nur auf diejenigen eigenen Abgaben der Autonomen Gemeinschaften anwendbar, die durch ein vor dem 28. September 2012 erlassenes Gesetz eingeführt wurden.

Zweite Zusatzbestimmung: Kosten für das Elektrizitätssystem.

In den Gesetzen über den Allgemeinen Staatshaushalt jedes Jahres wird zur Finanzierung der in Art. 16 der Ley 54/1997, de 27 de noviembre, del Sector Eléctrico (Gesetz 54/1997 vom 27. November 1997 über den Stromsektor) vorgesehenen Kosten für das Elektrizitätssystem ein Betrag bestimmt, der der Summe aus Folgendem entspricht:

a)      geschätzte Jahreseinnahmen des Staates aus den in diesem Gesetz geregelten Abgaben und Entgelten;

b)      geschätzte Einnahmen aus der Versteigerung von Treibhausgas-Emissionszertifikaten, bis zu einem Höchstbetrag von 500 Mio. Euro.“

4.      Königliche Gesetzesverordnung 1/2001

11.      Art. 2 („Definition der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer“) des Real Decreto Legislativo 1/2001, de 20 de julio, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley de Aguas (Königliche Gesetzesverordnung 1/2001 vom 20. Juli 2001 zur Annahme der Neufassung der Ley de Aguas [Wassergesetz]) lautet:

„Zu den im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässern des Staates zählen, abgesehen von den ausdrücklich in diesem Gesetz geregelten Ausnahmen:

a)      Binnengewässer, sowohl Oberflächengewässer als auch Grundwässer, die erneuerbar sind, unabhängig vom Zeitpunkt der Erneuerung.

b)      Natürliche Wasserläufe mit ständig oder zeitweilig fließendem Wasser.

c)      Gewässerböden von Seen und Lagunen sowie von Oberflächenstauseen in öffentlichen Wasserläufen.

…“

12.      Art. 112 („Entgelt für die Nutzung der Güter der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer“) der Königlichen Gesetzesverordnung 1/2001 in der durch das Energiesteuergesetz geänderten Fassung lautet:

„1.      Für den Besitz, die Nutzung und die Entwicklung der Güter der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer im Sinne der Definitionen in Art. 2 Buchst. b und c dieses Gesetzes, für die eine Konzession oder administrative Genehmigung erforderlich ist, steht der zuständigen Einzugsgebietsbehörde (Organismo de Cuenca) eine Abgabe zu, die als Entgelt für die Nutzung von im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässern bezeichnet wird und für deren Schutz und Verbesserung vorgesehen ist. Inhaber von Wasserkonzessionen sind von der Zahlung des Entgelts für den Besitz oder die Nutzung der zum Betrieb der Konzession erforderlichen öffentlichen Grundstücke ausgenommen.

4.      Die Bemessungsgrundlage für das Entgelt wird durch die Einzugsgebietsbehörde auf folgender Grundlage bestimmt:

a)      im Fall des Besitzes von Land, das Teil im öffentlichen Eigentum stehender Gewässer ist, anhand des Werts dieses Lands, wobei auf den Marktwert angrenzender Grundstücke abzustellen ist;

b)      im Fall der Nutzung im öffentlichen Eigentum stehender Gewässer anhand des Werts der Nutzung oder des daraus erlangten Vorteils;

c)      im Fall der Nutzung von Gütern der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer anhand des Werts der verbrauchten Stoffe oder des durch diese Nutzung erzielten Nutzens.

…“

13.      Der durch das Gesetz 15/2012 eingeführte Art. 112bis („Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung“) der Königlichen Gesetzesverordnung 1/2001 bestimmt, dass gemäß Art. 112 („Entgelt für die Nutzung von Gütern der öffentlichen Wasserressourcen“) der Königlichen Gesetzesverordnung 1/2001 Folgendes gilt:

„1.      Die Nutzung und Verwertung der im öffentlichen Eigentum stehenden Güter im Sinne von Art. 2 Buchst. a dieses Gesetzes zur Erzeugung einer elektrischen Nettoleistung wird mit einer ‚Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung‘ genannten Abgabe belastet, die für den Schutz und die Verbesserung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer bestimmt ist.

2.      Der Entgeltanspruch entsteht mit der ersten Erteilung und der jährlichen Erneuerung der Konzession zur Stromerzeugung aus Wasserkraft und wird in der Höhe und zu dem Zeitpunkt fällig, die in den Bedingungen dieser Konzession oder Genehmigung bestimmt sind.

3.      Zur Zahlung des Entgelts verpflichtet sind die Konzessionäre oder gegebenenfalls diejenigen, die in deren Rechte eingetreten sind.

4.      Die Bemessungsgrundlage für das Entgelt wird von der Einzugsgebietsbehörde anhand des wirtschaftlichen Werts des von dem Konzessionär durch die Nutzung und Verwertung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer pro Steuerjahr erzeugten Stroms aus Wasserkraft, gemessen auf Grundlage der Nettoleistung der Anlage, bestimmt.

5.      Der jährliche Abgabensatz beträgt 22 % des Werts der Bemessungsgrundlage und der Gesamtbetrag der Abgabenverbindlichkeit ist der Betrag, der sich aus der Anwendung des Abgabensatzes auf die Bemessungsgrundlage ergibt.

8.      Für die Verwaltung und Einziehung des Entgelts ist die Einzugsgebietsbehörde oder, gemäß Übereinkunft mit dieser, die Steuerverwaltung des Staates verantwortlich.

…“

5.      Königliches Dekret 198/2015

14.      In der Präambel des Real Decreto 198/2015, de 23 de marzo, por el que se desarrolla el artículo 112bis del texto refundido de la Ley de Aguas y se regula el canon por utilización de las aguas continentales para la producción de energía eléctrica en las demarcaciones intercomunitarias(7) (Königliches Dekret 198/2015 vom 23. März 2015 zur Durchführung von Art. 112bis der Neufassung des Wassergesetzes und zur Regelung des Entgelts für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung in gemeinschaftsübergreifenden Einzugsgebieten) heißt es:

„… Dieses Königliche Dekret ergeht aufgrund der zweiten und dritten Schlussbestimmung des Gesetzes 15/2012 vom 27. Dezember. Zum einen wird in der zweiten Schlussbestimmung Art. 149.1.22.ª der spanischen Verfassung als Kompetenztitel angeführt, wonach der Staat zuständig ist für Gesetzgebung, Ordnung und Konzession der hydraulischen Quellen und Nutzung in Fällen, in denen der Wasserlauf durch das Gebiet von mehr als einer Autonomen Gemeinschaft führt. Zum anderen ermächtigt die dritte Schlussbestimmung die Regierung, im Rahmen ihrer Befugnisse die erforderlichen Verwaltungsvorschriften für die Durchführung und Anwendung dieses Gesetzes zu erlassen …“

15.      Art. 1 („Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung und Anwendungsbereich“) des Königlichen Dekrets 198/2015 lautet:

„Die Nutzung und die Verwertung von Gütern im öffentlichen Eigentum stehender Gewässer im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Neufassung des Wassergesetzes zum Zwecke der Stromerzeugung werden mit einem anhand der Nettoleistung bemessenen ‚Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung‘ genannten Abgabe belastet, die für den Schutz und die Verbesserung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer bestimmt ist.

Dieses Entgelt wird nur in intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten erhoben.“

16.      Art. 12 („Aufteilung des Entgeltaufkommens“) des Königlichen Dekrets 198/2015 lautet:

„1.      Der Betrag des erhobenen Entgelts ist aufgrund der Bestimmungen des Art. 112bis der durch die Königliche Gesetzesverordnung 1/2001 vom 20. Juli angenommenen Änderungsfassung des Wassergesetzes an die Einzugsgebietsbehörde zu zahlen. Diesbezüglich sind die Regelungen in den Art. 59 Buchst. d, 63 Abs. 3 und 67 des Königlichen Dekrets 927/1988 vom 29. Juli, durch das die Verordnungen der Wasserbehörde angenommen werden, zu berücksichtigen.

3.      2 % des Nettoaufkommens sind als der Einzugsgebietsbehörde zustehendes Aufkommen anzusehen.

4.      98 % des Betrags des Nettoaufkommens stehen dem Staat zu. In den allgemeinen Staatshaushalt ist gemäß Art. 14 jeweils mindestens ein gleich hoher Betrag für die Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen für die im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer einzustellen. Zu diesem Zweck sind jedes Jahr im allgemeinen Staatshaushalt Investitionsvorhaben vorzusehen, die den Schutz und die Verbesserung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer gewährleisten.

…“

17.      Art. 13 („Garantie des Schutzes im öffentlichen Eigentum stehender Güter“) dieses Gesetzes lautet:

„Zur Sicherstellung der Einhaltung der in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie aufgestellten und in den Art. 98 ff. der Neufassung des Wassergesetzes geregelten Umweltziele sowie nach dem in Art. 111bis der Neufassung des Wassergesetzes aufgestellten Kostendeckungsgrundsatz, ist in den allgemeinen Staatshaushalt mindestens ein Betrag, der dem in Abs. 4 des vorhergehenden Art. 12 vorgesehenen Betrag entspricht, für Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen für im öffentlichen Eigentum stehende Gewässer und von Wasserkraftanlagen betroffene Wasserkörper einzustellen, so wie dies in Art. 14 bestimmt ist.“

II.    Sachverhalt

18.      Die Kläger des Ausgangsverfahrens erhoben beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) eine verwaltungsgerichtliche Klage, die auf die Nichtigerklärung des Königlichen Dekrets 198/2015 zur Durchführung von Art. 112bis der Neufassung des Wassergesetzes abzielt. In ihrem Antrag stellen die Kläger die Gültigkeit von Art. 29 des Gesetzes 15/2012 in Frage, durch den Art. 112bis in die Königliche Gesetzesverordnung 1/2001 eingeführt wird.

III. Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

19.      Das vorlegende Gericht hat Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Rechtsakte mit erstens dem in Art. 191 Abs. 2 AEUV niedergelegten umweltrechtlichen Verursacherprinzip, so wie dieses in der Richtlinie 2000/60 seine Ausprägung gefunden hat, zweitens mit dem in Art. 3 der Richtlinie 2009/72 niedergelegten Diskriminierungsverbot sowie drittens dem in Art. 107 AEUV niedergelegten Verbot staatlicher Beihilfen(8).

20.      Was die Vereinbarkeit des Entgelts mit dem umweltrechtlichen Verursacherprinzip angehe, werde die Abgabe zwar in den Erwägungsgründen des Energiesteuergesetzes mit Umweltschutzgründen – insbesondere dem Schutz und der Verbesserung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer – gerechtfertigt, doch deute die tatsächliche Ausgestaltung des Entgelts darauf hin, dass es tatsächlich einen rein wirtschaftlichen Zweck verfolge, nämlich die Deckung des finanziellen Defizits des Stromnetzes. Hinzu komme, dass dieses Ziel auf inkohärente und uneinheitliche Weise verfolgt zu werden scheine. Erstens stelle das Entgelt auf den Wert des erzeugten Stroms ab, welcher sich auf Grundlage der Einnahmen berechne, die durch den in das Stromnetz eingespeisten Strom erzielt würden, und nicht nach der Menge des verbrauchten Wassers. Zweitens gelte für das Entgelt ein Satz von 22 %, während der Satz für Inbesitznahme, Nutzung und Verwertung sonstiger natürlicher Wasserläufe nur 5 % betrage. Drittens würden 98 % des Entgeltaufkommens an den Gesamthaushalt des spanischen Staats abgeführt, so dass es sich um zusätzliche Einnahmen für das Elektrizitätssystem handele. Zwar gebe das Königliche Dekret vor, dass in den allgemeinen Staatshaushalt mindestens ein 98 % des durch das Entgelt erzielten Aufkommens entsprechender Betrag für Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen für die im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer einzustellen sei, der allgemeine Staatshaushalt für 2016 habe diese Vorgabe jedoch nicht eingehalten, sondern das gesamte Aufkommen aus diesem Entgelt auf das Defizit des Elektrizitätssystems verwendet. Entgegen den in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 niedergelegten Anforderungen werde dem Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen nicht Rechnung getragen.

21.      Zur Vereinbarkeit des Entgelts mit dem in Art. 3 der Richtlinie 2009/72 niedergelegten Grundsatz der Nichtdiskriminierung weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass das auf die Nutzung von Binnengewässern erhobene Entgelt nur bei Unternehmen erhoben werde, die Strom aus Wasserkraft erzeugten, nicht jedoch bei Stromerzeugern, die sich anderer Technologien bedienten. Darüber hinaus werde es nur denjenigen Stromerzeugern auferlegt, die Inhaber von administrativen Konzessionen für intergemeinschaftliche Einzugsgebiete seien, nicht jedoch Inhabern von Konzessionen für intragemeinschaftliche Einzugsgebiete.

22.      Die sich aus dem asymmetrischen Charakter des Entgelts ergebende unterschiedliche Behandlung sei möglicherweise eine staatliche Beihilfe zugunsten der nicht Entgeltpflichtigen.

23.      Vor diesem Hintergrund hat der Tribunal Supremo (Oberste Gerichtshof) in den Rechtssachen C‑105/18 bis C‑108/18 und C‑110/18 bis C‑113/18 die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Sind das in Art. 191 Abs. 2 AEUV verankerte umweltrechtliche Verursacherprinzip und Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60, in dem der Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen sowie der Grundsatz einer angemessenen wirtschaftlichen Gewichtung der Wassernutzungen verankert sind, dahin auszulegen, dass sie der Einführung eines Entgelts für den Einsatz der Binnengewässer zur Stromerzeugung, wie es die streitige Regelung vorsieht, entgegenstehen, mit dem weder die effiziente Wassernutzung gefördert, noch Mechanismen für die Erhaltung und den Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer geschaffen werden und dessen Bemessung mit der Schädigung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer in keinem Zusammenhang steht, da es einzig und allein auf die Kapazität der Stromerzeuger zur Einnahmenerzielung abstellt?

2.      Ist eine Abgabe wie das verfahrensgegenständliche Wassernutzungsentgelt, das ausschließlich Erzeuger von Strom aus Wasserkraft betrifft, die in Einzugsgebieten tätig sind, die sich über mehrere Autonome Gemeinschaften erstrecken, nicht aber Inhaber von Konzessionen für Einzugsgebiete, die innerhalb nur einer Autonomen Gemeinschaft liegen, und die nur Erzeuger von Strom aus Wasserkraft betrifft, nicht aber Erzeuger von Strom aus anderen Technologien, mit dem in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 verankerten Verbot der Diskriminierung von Unternehmen vereinbar?

3.      Ist Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass die Erhebung eines Wassernutzungsentgelts wie des in Rede stehenden bei Erzeugern von Strom aus Wasserkraft, die in Einzugsgebieten tätig sind, die sich über mehrere Autonome Gemeinschaften erstrecken, eine verbotene staatliche Beihilfe darstellt, wenn damit im Bereich derselben Technologie ein asymmetrisches Steuersystem eingeführt wird, das auf den Kraftwerkstandort abstellt, und wenn dieses Entgelt nicht von Erzeugern von Strom aus anderen Quellen verlangt wird?

24.      In der Rechtssache C‑109/18 sind die ersten beiden Vorlagefragen im Wesentlichen die gleichen wie die ersten beiden Fragen in den in der vorstehenden Nummer genannten Rechtssachen. Die dritte Frage lautet jedoch wie folgt:

3.      Ist Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass es eine verbotene staatliche Beihilfe darstellt, wenn das Wassernutzungsentgelt weder auf die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft in Einzugsgebieten, die innerhalb nur einer Autonomen Gemeinschaft liegen, noch – da nur die Nutzung zur Stromerzeugung entgeltpflichtig ist – auf die übrigen konsumtiven Nutzungen der Gewässer erhoben wird?

25.      Schriftliche Stellungnahmen sind eingereicht worden von der Asociación Española de la Industria Eléctrica (UNESA), der Corporación Acciona Hidráulica (Acciona), SLU, der Associació de Productors i Usuaris d’Energia Elèctrica, der Endesa Generación, SA, der Asociación de Empresas de Energías Renovables (APPA), der Iberdrola Generación, SAU, der spanischen und der deutschen Regierung sowie der Europäischen Kommission. Mit Ausnahme der deutschen Regierung haben alle diese Verfahrensbeteiligten zudem in der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2018 mündliche Ausführungen gemacht.

IV.    Würdigung

A.      Zur ersten Frage: Verursacherprinzip

26.      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das in Art. 191 Abs. 2 AEUV niedergelegte umweltrechtliche Verursacherprinzip und der in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 niedergelegte Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen sowie der Grundsatz einer angemessenen wirtschaftlichen Gewichtung der Wassernutzungen dahin auszulegen sind, dass sie der Einführung eines Entgelts für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung, wie es die streitige Regelung vorsieht, entgegenstehen.

27.      Vor der Prüfung, ob eine oder beide dieser Bestimmungen einer solchen Abgabe entgegenstehen, ist zunächst festzustellen, ob eine der beiden vor einem nationalen Gericht geltend gemacht werden kann.

28.      Zu Art. 191 Abs. 2 AEUV hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass sich diese Bestimmung, die das Verursacherprinzip enthält, auf das Tätigwerden der Union beziehe, und deshalb als solche nicht von Einzelnen herangezogen werden könne, um die Anwendung einer nationalen Regelung zu verhindern(9).

29.      Zwar können sich Einzelpersonen auf eine Bestimmung stützen, die diesem Grundsatz in einem bestimmten Bereich Wirkung verleiht, sofern die Bestimmung ihrerseits als unmittelbar anwendbar anzusehen ist.(10) Auch wenn Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 dem Verursacherprinzip seine konkrete Ausprägung im Bereich der Wasserbewirtschaftung gibt, kann er jedoch nicht von Einzelpersonen vor einem nationalen Gericht geltend gemacht werden, da diese Bestimmung meines Erachtens aus den nachstehend dargelegten Gründen nicht unmittelbar anwendbar ist. Zwar gibt Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60 den Mitgliedstaaten tatsächlich auf, unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten unter allen Umständen zu berücksichtigen(11), doch hat diese Verpflichtung jedenfalls nicht die Wirkung, ihnen einen besonderen Schutz oder ein Recht zu gewähren.

30.      Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 1, dem es an der nach der Doktrin der unmittelbaren Wirkung erforderlichen Klarheit, Eindeutigkeit und Unbedingtheit fehlt. Der erste Teil von Art. 9 Abs. 1 besagt lediglich, dass die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen „berücksichtigen“ – ohne nähere Angaben dazu, wie genau dies zu geschehen hat.

31.      Im zweiten Teil werden den Mitgliedstaaten zwar konkrete Verpflichtungen auferlegt, gewisse Ziele bis zum Jahr 2010 zu erreichen. Doch auch der in diesem Zusammenhang verwendeten Wendung („Die Mitgliedstaaten sorgen bis zum Jahr 2010 dafür, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen“) fehlt die für die unmittelbare Wirkung erforderliche Eindeutigkeit(12). Wie, so mag man sich fragen, soll ein nationales Gericht in einer von einer Einzelperson bezüglich einer bestimmten Abgabe angestrengten Rechtssache nach hergebrachten Rechtsgrundsätzen beurteilen, ob ein Mitgliedstaat „angemessene“ Anreize für die Benutzer gesetzt hat, Wasserressourcen „effizient“ zu nutzen?

32.      Die Einhaltung der in Art. 9 Abs. 1 geregelten Verpflichtung lässt sich nur unter Berücksichtigung sämtlicher die Bildung der Wasserpreise regelnder Vorschriften beurteilen. So schreibt Art. 9 Abs. 1 nicht vor, dass alle auf Wasser erhobenen Abgaben oder Entgelte entsprechend der Wassernutzung zu zahlen sind; vielmehr müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre Wassergebührenpolitik allgemein angemessene Anreize bietet. Für die Beurteilung, ob ein Mitgliedstaat diesen Artikel befolgt hat, sind alle Wasserbenutzern auferlegten Abgaben und Entgelte zu berücksichtigen, nicht nur diejenigen, um die es in der konkreten Situation geht.

33.      Folglich schlage ich vor, die erste Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass weder Art. 191 Abs. 2 AEUV noch Art. 9 Abs. 1 unmittelbare Wirkung zukommt und dass eine Einzelperson sich deshalb nicht vor einem nationalen Gericht auf eine dieser Bestimmungen stützen kann, um gegen ein bestimmtes Entgelt vorzugehen, das auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung erhoben wird.

B.      Zur zweiten Frage: Diskriminierungsverbot

34.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Abgabe wie das im Ausgangsverfahren streitige Entgelt, das ausschließlich Unternehmen betrifft, die Inhaber einer Konzession für die Nutzung intergemeinschaftlicher Einzugsgebiete sind, jedoch weder Betreiber, die Inhaber von Konzessionen für intragemeinschaftliche Einzugsgebiete sind, noch Stromerzeuger, die andere Technologien einsetzen, mit dem in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 niedergelegten Verbot der Diskriminierung von Betreibern vereinbar ist.

35.      Wie bereits in meinen Schlussanträgen vom heutigen Tag in den verbundenen Rechtssachen UNESA u. a., C‑80/18 bis C‑83/18, ausgeführt, ist der Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/72 meines Erachtens – trotz der allgemein gehaltenen Formulierung der Regelung – auf die Stromerzeugung, Stromübertragung, Stromverteilung und Stromversorgung beschränkt. Dies folgt daraus, dass sich erstens der Begriff der „Erzeugung“, wie er sich aus den Art. 7 und 8 der Richtlinie 2009/72 ergibt, nur auf den Bau neuer Stromerzeugungsanlagen bezieht, und dass zweitens die Richtlinie ausschließlich auf Grundlage von Art. 95 EG (jetzt Art. 114 AEUV) erlassen wurde, der in seinem zweiten Absatz vorsieht, dass der betreffende Artikel nicht für den Erlass unionsrechtlicher Steuerbestimmungen gilt.

36.      Die Frage der Steuerharmonisierung ist allerdings von recht erheblicher Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs findet das allgemeine Diskriminierungsverbot (in dem besonderen Sinn und der Bedeutung, die dem Begriff im Unionsrecht zukommt) nur im Anwendungsbereich des Unionsrechts Anwendung(13). Ist die Richtlinie dahin zu verstehen, dass sie diesen Grundsatz auf im Strommarkt erhobene Abgaben erweitert, ist sie demgemäß als Harmonisierungsmaßnahme anzusehen.

37.      Da die Union nach Art. 114 AEUV keine Kompetenz für den Erlass einer solchen steuerlichen Maßnahme hat, wäre die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 auf eine nationale steuerliche Maßnahme per definitionem rechtswidrig. Es ist daher erforderlich, die Bestimmung enger auszulegen, als ihre allgemein gehaltene Formulierung vielleicht vermuten ließe. Daher ist anzunehmen, dass die Richtlinie nicht bewirkt, dass das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot auf nationale steuer- bzw. abgabenrechtliche Maßnahmen Anwendung findet. Eine andere Schlussfolgerung wäre meiner Ansicht nach nur möglich, wenn die Richtlinie auf Art. 115 AEUV gestützt gewesen und somit vom Rat einstimmig erlassen worden wäre.

38.      Ich komme daher nicht umhin, den Schluss zu ziehen, dass eine nationale steuerliche Maßnahme außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2009/72 liegt.

1.      Hilfsweise Ausführungen zur Frage der Diskriminierung

39.      Für den Fall, dass der Gerichtshof dieser Auslegung nicht folgen und zu dem Schluss gelangen sollte, dass Art. 3 Abs. 1 doch auf Steuern bzw. Abgaben anwendbar ist, wird hilfsweise geprüft, ob die Bestimmung so auszulegen ist, dass sie einer Abgabe wie dem im Ausgangsverfahren streitigen Entgelt entgegensteht. Die weiteren Ausführungen in diesen Schlussanträgen gehen daher von der Annahme aus, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 – entgegen der von mir vertretenen Ansicht – auf abgabenrechtliche Maßnahmen dieser Art Anwendung findet.

40.      Dabei ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof im Rahmen von Vorabentscheidungsersuchen nicht befugt ist, die Bestimmungen des Unionsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden oder über die Auslegung oder Gültigkeit einer nationalen Rechtsvorschrift zu entscheiden, so wie es ihm aufgrund von Art. 258 AEUV möglich wäre. Letztlich ist es Aufgabe des nationalen Gerichts, das allein für die Würdigung des im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Sachverhalts und die Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften zuständig ist, über die Gültigkeit der angefochtenen nationalen Maßnahme zu entscheiden. In einem Vorabentscheidungsverfahren ist der Gerichtshof, der dem vorlegenden Gericht in sachdienlicher Weise zu antworten hat, jedoch dafür zuständig, auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen Erklärungen dem vorlegenden Gericht Hinweise zu geben, anhand deren es entscheiden kann(14).

41.      Wie der Gerichtshof bereits in Bezug auf eine frühere Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt(15) festgestellt hat, sind die Bestimmungen der Richtlinie, die sich auf das Diskriminierungsverbot beziehen, „besonderer Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes“(16). Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz ist deshalb als für die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 maßgeblich anzusehen.

42.      Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich zu behandeln, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(17).

a)      Als vergleichbar anzusehende Sachverhalte

43.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die die betreffenden Situationen kennzeichnenden Merkmale und die Frage der Vergleichbarkeit der Situationen nach dem Unionsrecht grundsätzlich im Licht des Gegenstands und des Ziels der Regelung, in der die behauptete Diskriminierung begründet liegt, festzustellen und zu beurteilen(18).

44.      In einer Situation, in der nicht der allgemeine Gleichheitsgrundsatz in Rede steht, sondern eine Bestimmung, die diesem Grundsatz Ausdruck gibt, stellt sich jedoch die Frage, ob die Vergleichbarkeit von zwei Sachverhalten statt im Lichte des mit der betreffenden Bestimmung verfolgten Ziels vielmehr im Hinblick auf die Sachziele und Wirkungen der betreffenden nationalen Regelung zu beurteilen ist.

45.      Meines Erachtens hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, wie die Bestimmung, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung Ausdruck verleiht, auf diesen Bezug nimmt. Wenn diese Bestimmung ausdrücklich vorsieht, dass zwei Kategorien von Personen gleich zu behandeln sind, müssen die nationalen Gerichte davon ausgehen, dass ihre Situationen vergleichbar sind(19). Wenn jedoch das Unionsrecht lediglich besagt, dass die Mitgliedstaaten keine Unterschiede zwischen Personen innerhalb einer bestimmten Kategorie machen dürfen, sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, alle Personen als derselben Kategorie zugehörig zu behandeln, sondern vielmehr sicherzustellen, dass sie in Ausübung ihrer Gesetzgebungszuständigkeit nicht willkürliche Unterscheidungen treffen und, insbesondere, dass die Substanz der Gleichbehandlung gewahrt wird(20).

46.      Da Art. 3 Abs. 1 nicht vorschreibt, dass alle Stromerzeuger gleich zu behandeln sind, sondern vielmehr, dass „[d]ie Mitgliedstaaten gewährleisten, … dass [Elektrizitätsunternehmen] hinsichtlich der Rechte und Pflichten nicht diskriminiert werden“, ist die Vergleichbarkeit der Sachverhalte in dieser Rechtssache im Lichte des Gegenstands und des Ziels der nationalen Regelung zu beurteilen.

47.      Laut der Präambel zum Gesetz 15/2012 verfolgt die Abgabe auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung zwei Ziele, nämlich:

–        den Anwendungsbereich einer bestehenden, in Art. 112 niedergelegten Abgabe, die auf die Nutzung und die Verwertung gewisser Teile der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer zu zahlen ist, zu erweitern, da die Nutzung von Binnengewässern dieser Abgabe zuvor nicht unterlag;

–        den Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer zu stärken, indem von denjenigen, die aus ihrer privaten Nutzung oder besonderen Nutzbarmachung einen Vorteil erlangen, Mittel eingefordert werden, „um die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung, einschließlich der Umwelt- und Ressourcenkosten, an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben“.

48.      Hinsichtlich des ersten Ziels ist zu sagen, dass sowohl die Bemessungsgrundlage als auch der Steuersatz, die in Art. 112 der Neufassung des Wassergesetzes niedergelegt sind, andere sind als die in Art. 112bis dieses Gesetzes genannten, weshalb das erste in der Präambel zu diesem Gesetz angegebene Ziel also kaum als ein mit diesem Artikel tatsächlich verfolgtes Ziel angesehen werden kann. Dieses Ziel ist daher bei der Entscheidung über die Vergleichbarkeit der in Rede stehenden Sachverhalte nicht zu berücksichtigen.

49.      Hinsichtlich des zweiten Ziels ist im Hinblick auf das vorgenannte Ziel zu sagen, dass sich alle Benutzer im öffentlichen Eigentum stehender Gewässer in der gleichen Situation befinden. Auch wenn es in der Präambel zum Gesetz 15/2012 heißt, dass der Anwendungsbereich der Abgabe auf die Stromerzeugung beschränkt ist, ist doch der konkrete Zweck, der mit der Abgabe verfolgt wird, nämlich die Stärkung des Schutzes der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer durch die Weitergabe der Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an den Endnutzer, ein Zweck, der alle Benutzer von Binnengewässern betrifft.

50.      Das vorlegende Gericht äußert erhebliche Zweifel daran, dass der angegebene Gesetzeszweck tatsächlich dem wahren Zweck entspricht. Das auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung erhobene Entgelt diene möglicherweise allein dem Ziel, die Einnahmen des Finanzsystems des Elektrizitätssektors zu steigern, um das Tarifdefizit auszugleichen, das sich aus der Differenz zwischen den Einnahmen, die spanische Stromunternehmen von den Verbrauchern erzielen, und den durch nationale Regelungen anerkannten Kosten der Stromversorgung, deren Erstattung durch den spanischen Staat garantiert wird, ergibt. Es stützt seine Ansicht auf die folgenden Gründe:

–        Der Abgabensatz betrage 22 % des erzeugten Werts, wohingegen der Satz für Inbesitznahme, Nutzung und Verwertung sonstiger natürlicher Wasserläufe nur 5 % betrage;

–        die Bemessungsgrundlage für das Entgelt sei der Wert des erzeugten Stroms und nicht die Menge des verbrauchten Wassers;

–        die im Königlichen Dekret niedergelegte Vorgabe, dass in den allgemeinen Staatshaushalt mindestens ein 98 % des durch das Entgelt erzielten Aufkommens entsprechender Betrag für Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen für die im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer einzustellen sei, sei im allgemeinen Staatshaushalt 2016 nicht eingehalten worden, sondern das gesamte Aufkommen aus dem Entgelt sei auf den Ausgleich des Defizits des Elektrizitätssystems verwendet worden.

51.      Auch die Kläger bezweifeln, dass tatsächlich der genannte Zweck verfolgt werde, da ja die Anwendung dieser Abgabe dazu führe, dass auf Strom aus Wasserkraft doppelt so hohe Abgaben erhoben würden wie auf Strom aus anderen Energiequellen, auch solcher, die als umweltschädlicher gälten.

52.      Es bestehen wohl kaum Zweifel daran, dass der Hauptzweck der Abgabe darin liegt, die Höhe der aus dem Elektrizitätssektor erzielten Staatseinnahmen zu steigern. Es mag jedoch sein, dass die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft besondere Probleme im Hinblick auf den Einsatz nationaler Ressourcen aufwirft, weshalb eine etwas andere steuerliche Behandlung dieses Sektors gerechtfertigt sein könnte.

53.      Letztlich dient die Abgabe auf die Binnengewässer nicht dem Umweltschutz im Allgemeinen, sondern dem besonderen Zweck, den Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer zu stärken und die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben(21). Die Tatsache, dass für diese Abgabe ein höherer Satz gilt als für die Nutzung anderer natürlicher Wasserläufe, steht daher nicht notwendigerweise in Konflikt mit dem von der nationalen Regelung verfolgten Ziel, nämlich der Weitergabe der Kosten von Wasserdienstleistungen an die Verbraucher, denn nicht alle Wasserbenutzer verursachen die gleichen Auswirkungen auf das Wasser(22).

54.      Hinsichtlich des zweiten vom vorlegenden Gericht angeführten Umstands ist darauf hinzuweisen, dass die konkrete Bemessungsgrundlage ungewöhnlich erscheinen mag, dass jedoch bei der Stromerzeugung mittels Wasserkrafttechnologien ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Wasserverbrauch und der erzeugten Strommenge besteht. Diese Menge ergibt sich aus dem Wasserdurchfluss und der Stauhöhe von der durch den Damm geschaffenen Wasseroberfläche zu den Turbinen in der Wasserkraftanlage(23). Dass eine Abgabe auf die erzeugte Strommenge – und nicht auf den Wasserverbrauch – abstellt, dürfte daher, für sich genommen, nicht dem Ziel zuwiderlaufen, die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die Endnutzer weiterzugeben.

55.      Was den dritten vom vorlegenden Gericht erwähnten Umstand angeht, nämlich die Feststellung, dass in den Staatshaushalt 2016 nicht 98 % des Aufkommens des in Bezug auf Binnengewässer erhobenen Entgelts zum Schutz und zur Verbesserung der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer eingestellt worden seien(24), so trifft es zu, dass die mit dem Entgelt verfolgten Ziele, den Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer zu stärken und die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben, erwarten lassen, dass zumindest ein Teil der eingenommenen Gelder, entsprechend den Kosten der Wassernutzung, auf den Erhalt und die Verbesserung von Installationen verwendet wird(25).

56.      Dass das Aufkommen aus dem Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern im Jahr 2016 nicht auf diese Weise in den Haushalt eingestellt wurde, genügt für sich allein nicht für den Nachweis, dass das Entgelt das betreffende Ziel nicht verfolgt. Aber selbst wenn dies nachgewiesen wäre, wäre es, solange sich diese Situation auf ein bestimmtes Jahr beschränkt, nicht möglich festzustellen, ob das angegebene Ziel nur vorgeschoben ist oder ob sich das Problem auf den Haushalt 2016 beschränkt.

57.      Soweit die Kläger vortragen, die Endsteuern für Strom aus Wasserkraft seien merklich höher als diejenigen für Strom, der auf andere – selbst auf allgemein als umweltschädlicher angesehene Weise – erzeugt werde, würde dieser Umstand, wenn er zuträfe, die spanische Umweltschutzpolitik in Frage stellen. Es ist jedoch nochmals daran zu erinnern, dass diese Abgabe nicht dem Umweltschutz im Allgemeinen dient, sondern dem stärkeren Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer und der Weitergabe der Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die verschiedenen Endnutzer. Diesem Zweck läuft es nicht zuwider, wenn der Abgabensatz für Strom aus Wasserkraft höher ist als für auf andere Weise erzeugten Strom.

58.      Daraus folgt, dass sich aus den Darlegungen des vorlegenden Gerichts und der Kläger nicht offensichtlich ergibt, dass es sich bei dem in der Gesetzespräambel genannten zweiten Ziel nicht um einen ernsthaft verfolgten Gesetzeszweck handelt. Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob der Zweck des im Ausgangsverfahren streitigen Gesetzes ernsthaft dem Ziel dient, den Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer zu stärken und die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben.

b)      Vorliegen einer Ungleichbehandlung

59.      Stellt man auf das in der nationalen Regelung angegebene Ziel ab, so befinden sich alle Nutzer von Binnengewässern zum Zweck der Feststellung einer Ungleichbehandlung in derselben Situation. Indem das Gesetz ein Entgelt einführt, das nur auf die Nutzung von Gewässern zur Stromerzeugung erhoben wird, bewirkt es somit, dass diese Art der Wassernutzer anders behandelt wird, als die anderen Nutzer von Binnengewässern.

60.      Sollten sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts hinsichtlich der mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele als begründet erweisen, so würde durch das Gesetz ebenfalls eine unterschiedliche Behandlung eingeführt, doch nicht zwischen denjenigen, die Wasser zur Stromerzeugung nutzen, und denjenigen, die es zu anderen Zwecken nutzen, sondern vielmehr zwischen den Erzeugern von Strom aus Wasserkraft und den sonstigen Stromerzeugern. Wäre der Zweck des Entgelts für die Nutzung von Binnengewässern tatsächlich die Steigerung der Einnahmen im Finanzsystem des Elektrizitätssektors, so wären alle Stromerzeuger als in vergleichbarer Situation anzusehen, da das Defizit auf die Differenz zwischen den Einnahmen, die die spanischen Stromversorger von den Verbrauchern erzielen, und den nach den nationalen Vorschriften anerkannten Kosten der Stromversorgung zurückzuführen ist.

c)      Rechtfertigung

61.      Werden zwei vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt, so ist der Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt, soweit die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist(26). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dies der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung auf einem objektiven Grund beruht, wenn die unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu diesem Grund steht und wenn dieser Grund vom nationalen Gesetzgeber in konsistenter Weise berücksichtigt wird(27).

62.      In dieser Sache führen das nationale Gericht und die Parteien drei mögliche Rechtfertigungen an, nämlich

–        den Schutz der Naturressourcen;

–        das Erfordernis, eine vergleichbare Höhe der Besteuerung zwischen den Erzeugern sicherzustellen, wobei andere Stromerzeuger anderen Abgaben unterliegen; sowie

–        die in Spanien geltende Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Staat und den Autonomen Gemeinschaften.

63.      Zum Schutz der Naturressourcen: Da von der Wasserkrafterzeugung ausgehende Belastungen der Binnengewässer die Nutzung im öffentlichen Eigentum stehender Umweltressourcen betreffen, die Spanien zu erhalten wünscht, könnte dieser Zweck die unterschiedliche Behandlung von Wasserkrafterzeugern und sonstigen Benutzern im öffentlichen Eigentum stehender Gewässer rechtfertigen(28), sofern der Unterschied tatsächlich im Zusammenhang mit den konkreten von diesen Techniken ausgehenden Umweltbelastungen und in angemessenem Verhältnis dazu steht und dieser Grund in konsistenter Weise berücksichtigt wird. Diese Feststellungen sind im Wesentlichen vom vorlegenden Gericht zu treffen und zu beurteilen; für mich ist jedoch nicht erkennbar, wie ein solcher Zweck es rechtfertigen könnte, Wasserkrafterzeuger unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob ihre Konzession ein Einzugsgebiet betrifft, das innerhalb einer einzigen Autonomen Gemeinschaft in Spanien liegt, oder eines, das sich über mehrere Autonome Gemeinschaften erstreckt. Daraus folgt, dass diese Erklärung die vorgenannte unterschiedliche Behandlung nicht zu rechtfertigen vermag.

64.      Die gleichen Überlegungen gelten für das Erfordernis, eine weitgehend vergleichbare Höhe der von den Stromerzeugern zu zahlenden Abgaben sicherzustellen. Obwohl dieses Ziel durchaus als legitim anzusehen sein könnte, könnten die Anforderungen an Konsistenz und Verhältnismäßigkeit jedoch nur dann als erfüllt betrachtet werden, wenn sie zur Bemessung des nach Art. 112bis geschuldeten Entgelts direkt oder indirekt den Betrag der Abgaben berücksichtigten, denen die Stromerzeuger bereits unterliegen. Dies scheint nicht der Fall zu sein. In der Tat ist nicht ersichtlich, dass die Berechnung des nach Art. 112bis geschuldeten Entgelts auf irgendeine Weise mit dem Betrag der von den Stromerzeugern bereits gezahlten Abgaben zusammenhinge; auch dies ist jedoch ein vom vorlegenden Gericht festzustellender und zu beurteilender Umstand.

65.      In der mündlichen Verhandlung hat die spanische Regierung vorgetragen, dieser Unterschied erkläre sich durch die unterschiedliche Wasserführung der Wasserläufe, je nachdem, ob diese durch mehrere Autonome Gemeinschaften führten oder nicht. Diese Erklärung ist für mich allerdings nur schwer nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass die Wasserführung eines Wasserlaufs von anderen Faktoren als seiner Länge abhängt, ist diese Rechtfertigung in keinem der Erwägungsgründe in der Präambel zum Königlichen Dekret 198/2015, durch das diese Unterscheidung getroffen wurde, erwähnt.

66.      Zum letzten Punkt, der in Spanien geltenden Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Staat und den Autonomen Gemeinschaften, ist – wenn denn dieser Zweck als objektiver Grund anzusehen ist – zu sagen, dass zwischen den Parteien im Ausgangsverfahren streitig ist, ob nach der spanischen Verfassung die Zuständigkeit für die Einführung einer Abgabe auf die Nutzung intragemeinschaftlicher Einzugsgebiete oder für die Entscheidung über den Betrag des zu zahlenden Entgelts bei jeder Autonomen Gemeinschaft liegt oder nicht(29). Die Kläger machen geltend, die allgemeine Zuständigkeit des Staates ergebe sich aus Art. 149 Abs. 2 Ziff. 14 der Verfassung. Dagegen führt die spanische Regierung aus, aus Art. 149 Abs. 1 Ziff. 22 der Verfassung ergebe sich im Umkehrschluss, dass der Staat keine Zuständigkeit habe, Abgaben oder Entgelte(30) für die private Nutzung von nur auf dem Gebiet einer einzigen Autonomen Gemeinschaft fließenden Binnengewässern zu erheben.

67.      Diesbezüglich ist erstens anzumerken, dass aus der ausschließlichen Zuständigkeit des Staates für die Ordnung und die Erteilung von Konzessionen nur für intergemeinschaftliche Einzugsgebiete nicht logischerweise folgt, dass der Staat nicht befugt wäre, Abgaben auf aus intragemeinschaftlichen Einzugsgebieten erzeugten Strom zu erheben, da die betreffende Zuständigkeit gemeinsam ausgeübt werden könnte. Zweitens scheint die „Erste Zusatzbestimmung“ des Gesetzes 15/2012 zu zeigen, dass der nationale Gesetzgeber zunächst davon ausging, dass er die Zuständigkeit habe, in die steuerlichen Befugnisse der Autonomen Gemeinschaften einzugreifen.

68.      Es ist jedoch daran zu erinnern, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht die Tragweite der Unionsbestimmungen zu erläutern, um diesem eine ordnungsgemäße Anwendung dieser Bestimmungen auf den ihm vorliegenden Sachverhalt zu ermöglichen, nicht aber, diese Anwendung selbst vorzunehmen, zumal er nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt(31). Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu entscheiden, ob die spanische Verfassung dahin auszulegen ist, dass der Staat nicht berechtigt war, das in Rede stehende Entgelt auch für intragemeinschaftliche Einzugsgebiete zu erheben.

69.      Auch wenn man einräumt, dass die Stromerzeugung aus Wasserkraft andere Probleme verursacht als andere Formen der Stromerzeugung, weil dafür Naturressourcen eingesetzt werden, würde dies, falls sich die vom vorlegenden Gericht hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten Zwecks geäußerten Zweifel als berechtigt erweisen sollten, nicht darüber hinweghelfen, dass eine deutlich ungleiche abgabenrechtliche Behandlung verschiedener Arten von Stromerzeugern den Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung im Kern berührt. Es steht daher außer Frage, dass eine solche unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung verschiedener Arten von Stromerzeugern einer objektiven Rechtfertigung bedarf, zumal der Unterschied in der abgabenrechtlichen Behandlung der Erzeuger von Strom aus Wasserkraft im Vergleich zu den sonstigen Stromerzeugern auffallend groß ist(32).

70.      Zusammenfassend werde ich – da Art. 3 Abs. 1 meiner Ansicht nach nicht auf nationale steuer- bzw. abgabenrechtliche Maßnahmen anwendbar ist – dem Gerichtshof vorschlagen, die zweite Frage dahin zu beantworten, dass das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 geregelte Verbot der Diskriminierung von Betreibern keine Anwendung auf eine Abgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige findet, die Unternehmen betrifft, die Inhaber einer Konzession für die Nutzung eines intergemeinschaftlichen Einzugsgebiets zur Stromerzeugung sind, jedoch weder Betreiber, die Inhaber einer Konzession für die Nutzung eines intragemeinschaftlichen Einzugsgebiets zur Stromerzeugung sind, noch Stromerzeuger, die andere Technologien nutzen.

71.      Sollte der Gerichtshof meine Auffassung bezüglich des Anwendungsbereichs von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 nicht teilen, so würde ich die Frage hilfsweise so beantworten, dass diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung wie den abgabenrechtlichen Maßnahmen, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, nicht grundsätzlich entgegensteht, sofern sich die unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung unterschiedlicher Stromerzeuger, so wie von mir vorstehend beschrieben, objektiv rechtfertigen lässt. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob der im Ausgangsverfahren angeführte Gesetzeszweck auf begründeten Bedenken im Hinblick auf den Einsatz im öffentlichen Eigentum stehender Ressourcen beruht und ob sich insbesondere die auffallend unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung der verschiedenen Arten von Stromerzeugern objektiv rechtfertigen lässt.

C.      Zur dritten Vorlagefrage: Staatliche Beihilfe

72.      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Nichtanwendbarkeit einer Abgabe auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung auf Unternehmen mit einer Konzession für intragemeinschaftliche Einzugsgebiete eine verbotene staatliche Beihilfe darstellt.

73.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Einstufung einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass alle folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

–        Es muss sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln.

–        Die Maßnahme muss geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

–        Die Maßnahme muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

–        Durch die Maßnahme muss dem Begünstigten ein selektiver Vorteil gewährt werden(33).

1.      Die ersten drei Voraussetzungen: Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel, die geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen oder zu drohen, diesen zu verfälschen

74.      Angesichts des Wesens der spanischen abgabenrechtlichen Maßnahmen ist klar, dass diese Voraussetzungen als erfüllt angesehen werden können. Zu diesem Ergebnis komme ich aus den folgenden Gründen.

75.      Erstens hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Maßnahme, durch die ein Träger öffentlicher Gewalt gewissen Unternehmen eine bestimmte steuerliche Behandlung gewährt, die, auch wenn sie nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, diese Unternehmen finanziell besser stellt als die übrigen Abgabepflichtigen, eine Maßnahme dieses Staates darstellt(34).

76.      Zweitens ist eine Maßnahme geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, sobald ein solcher, und sei es auch nur hypothetischer, Handel bezüglich der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit besteht. So hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass der Binnenhandel der Union insbesondere dann durch eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe beeinflusst wird, wenn diese die Stellung bestimmter Unternehmen gegenüber anderen, konkurrierenden Unternehmen in diesem Handel stärkt. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass die begünstigten Unternehmen selbst am Binnenhandel der Union teilnehmen. Wann immer nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Tätigkeit dadurch beibehalten oder verstärkt werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, in den Markt dieses Mitgliedstaats einzudringen, verringern(35). In der Praxis bedeutet dies, dass – außer bei Vorliegen besonderer Umstände – von einer Maßnahme nur dann anzunehmen ist, dass sie nicht geeignet ist, den Binnenhandel der Union zu beeinträchtigen, wenn die nationalen Märkte nicht dem Wettbewerb offenstehen und die Begünstigten ausschließlich in diesem Rahmen tätig sind(36).

77.      Drittens folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Maßnahmen, die darauf abzielen, das Budget eines Unternehmens von Kosten zu entlasten, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen(37). Danach ist es nicht erforderlich, eine tatsächliche Auswirkung solcher Beihilfen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und eine Wettbewerbsverzerrung nachzuweisen; es genügt vielmehr die Prüfung, ob die Beihilfen geeignet sind, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen. Nationale Maßnahmen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, verfälschen grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren, in denen sie gewährt werden(38).

78.      In dieser Rechtssache stellt die in Rede stehende Maßnahme, die in der Abgabenfreiheit für auf andere Weise als unter Nutzung von Wasser aus intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten erzeugten Strom besteht, eine bestimmte abgabenrechtliche Behandlung dar, die diejenigen, die den Strom auf diese Weise erzeugen, begünstigt. Dies ist wiederum geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, nicht nur, weil der Strommarkt dem Wettbewerb offensteht, sondern auch, weil er die Erzeuger von einem Entgelt entlastet, das sie andernfalls zu zahlen hätten. Es ist daher davon auszugehen, dass die ersten drei Voraussetzungen erfüllt sind.

2.      Die vierte Voraussetzung: Bestehen eines selektiven Vorteils

79.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellen die Vorteile aus einer unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbaren allgemeinen Maßnahme keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Art. 107 AEUV dar(39). Für die Einstufung einer Steuer bzw. Abgabe als „selektiv“ ist daher eine drei Schritte umfassende Prüfung vorzunehmen. Diese Prüfung hat der Gerichtshof kürzlich in der Sache A-Brauerei nochmals bestätigt, und zwar wie folgt(40):

–        In einem ersten Schritt muss die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende allgemeine oder „normale“ Steuerregelung ermittelt werden.

–        In einem zweiten Schritt muss dargetan werden, dass die in Rede stehende steuerliche Maßnahme vom allgemeinen System insoweit abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich im Hinblick auf das mit dieser allgemeinen Steuerregelung verfolgte Ziel in vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situationen befinden(41).

–        Im dritten Schritt ist zu prüfen, ob diese Unterscheidung gerechtfertigt ist.

a)      Bestimmung des Bezugsrahmens

80.      Hinsichtlich der sachlichen Abgrenzung des Bezugsrahmens hat der Gerichtshof in Rn. 37 des Urteils vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024), entschieden, dass dieser nicht im Hinblick auf das mit der in Rede stehenden Maßnahme verfolgte Ziel zu bilden ist, sondern im Hinblick auf den Steuergegenstand, von dem die in Rede stehende Maßnahme abweicht(42). Darüber hinaus sind alle Rechtsvorschriften, die in ihrer Gesamtheit den Steuergegenstand festlegen, zu berücksichtigen, nicht nur die Steuer, von der die in Rede stehende Maßnahme abweicht(43).

81.      Obwohl es sich im vorliegenden Fall um ein Entgelt handelt, das auf die Nutzung von Binnengewässern erhoben wird, um den Schutz der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer zu stärken und die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben, sind es doch die Vorschriften über Steuern bzw. Abgaben auf Elektrizität, die den Gegenstand der potenziellen staatlichen Beihilfen bilden(44). Es ist nämlich die Menge des erzeugten Stroms, die die Bemessungsgrundlage bildet, und es ist der Stromerzeugungsmarkt, auf dem die Wettbewerbsbeeinträchtigung zu spüren sein wird(45). Der Bezugsrahmen wird daher, in sachlicher Hinsicht, durch alle nationalen Steuer-/Abgabenvorschriften über die Stromerzeugung gebildet.

82.      Hinsichtlich der räumlichen Abgrenzung des Bezugsrahmens hat der Gerichtshof im Fall ANGED entschieden, dass dieser „für die Beurteilung der Selektivität einer Maßnahme nicht zwangsläufig in den Grenzen des Staatsgebiets des betreffenden Mitgliedstaats festzulegen [ist], sondern … sich auch auf das Gebiet beziehen [kann], in dem eine regionale oder lokale Körperschaft die ihr durch die Verfassung oder durch Gesetz übertragenen Befugnisse ausübt. Das ist der Fall, wenn diese Einrichtung aufgrund ihrer rechtlichen und tatsächlichen Stellung gegenüber der Zentralregierung eines Mitgliedstaats so autonom ist, dass sie – und nicht die Zentralregierung – durch die von ihr erlassenen Maßnahmen eine grundlegende Rolle bei der Festlegung des politischen und wirtschaftlichen Umfelds spielt, in dem die Unternehmen tätig sind“(46).

83.      Meiner Ansicht nach kann jedoch die nationale Zuständigkeitsverteilung nur dann für die Bestimmung des Bezugsrahmens relevant sein, wenn die Maßnahme, die möglicherweise eine staatliche Beihilfe darstellt, von einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft erlassen wurde, nicht dagegen, wenn es sich, wie in dieser Sache, um eine Maßnahme handelt, die vom Staat erlassen wurde, dieser sich jedoch sozusagen hinter seinen Regeln für die Zuständigkeitsverteilung versteckt, um die Einschränkung des räumlichen Anwendungsbereichs der Maßnahme zu rechtfertigen. In einem solchen Fall ist die Zuständigkeitsverteilung als Rechtfertigung zu prüfen, nicht jedoch als Element zur räumlichen Abgrenzung des Bezugsrahmens.

84.      Da die Maßnahme, die nach Auffassung des nationalen Gerichts eine staatliche Beihilfe darstellen könnte, hier darin besteht, dass der spanische Staat keine Abgabe auf Erzeugung von Strom aus Wasserkraft erhebt, wenn der Strom anders als unter Einsatz von Wasser aus einem intergemeinschaftlichen Einzugsgebiet erzeugt wird, besteht der räumliche Bezugsrahmen aus dem gesamten Staatsgebiet des Königreichs Spanien.

85.      Daraus folgt, dass der Bezugsrahmen in sachlicher Hinsicht aus allen Vorschriften über die Erhebung von Steuern/Abgaben auf Elektrizität und in räumlicher Hinsicht aus dem gesamten spanischen Staatsgebiet gebildet wird.

b)      Prüfung des Vorliegens einer selektiven Abweichung in Anbetracht des Ziels des Bezugsrahmens

86.      Die nächste Voraussetzung, ob die Steuer/Abgabe geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen, im selben Markt tätigen Unternehmen zu begünstigen, ist in Anbetracht des mit dem betreffenden Bezugsrahmen verfolgten Ziels zu prüfen(47). Diese Prüfung ist nicht immer einfach durchzuführen, da die weit überwiegende Mehrheit der Steuern keinem anderen Ziel dient als den Staatshaushalt aufzufüllen.

87.      Aus der jüngeren Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass der Gerichtshof für die Prüfung, ob eine selektive Freistellung oder sonstige vergleichbare, unterschiedliche steuerliche Behandlung oder Abweichung vom allgemeinen Steuerrecht vorliegt, nur dann auf das Ziel des Bezugsrahmens abstellt, wenn dieser ein bestimmtes Ziel verfolgt(48). Wird mit der steuerlichen Maßnahme kein anderes Ziel verfolgt als die Finanzierung des Staatshaushalts, so bestimmt der Gerichtshof den Ausgangspunkt für die Beurteilung, auch wenn er zuweilen den Begriff „Ziel“ verwendet, im Hinblick auf den Gegenstand des Bezugsrahmens(49).

88.      Deshalb bin ich der Ansicht, dass der zweite Schritt der Prüfung einfach darin besteht, aus der Tatsache, dass die in Rede stehende abgabenrechtliche Maßnahme nur einen Teil der Güter und Dienstleistungen erfasst, die in den Anwendungsbereich des als Bezugsrahmen dienenden Steuersystems fallen, der Schluss zu ziehen ist, dass eine selektive Befreiung oder Abweichung vorliegt.

89.      Im Ausgangsverfahren ist recht offensichtlich, dass die nationalen Rechtsvorschriften in Anbetracht der für die Stromerzeugung geltenden Abgaben eine Unterscheidung zwischen dem Strom treffen, der unter Nutzung eines intergemeinschaftlichen Einzugsgebiets mit Wasserkraft erzeugt wird, und demjenigen, der auf andere Weise oder unter Einsatz eines intragemeinschaftlichen Einzugsgebiets erzeugt wird.

90.      Allerdings hat das vorlegende Gericht keine Angaben zu den Abgaben gemacht, die für Strom, der auf sonstige Weise oder unter Nutzung eines intragemeinschaftlichen Einzugsgebiets erzeugt wird, gelten, insbesondere nicht zu denjenigen, die in Spanien auf regionaler Ebene von den Autonomen Gemeinschaften erhoben werden. Wie bereits oben erläutert, ist jedoch für die Beurteilung, ob eine bestimmte Steuerbefreiung selektiv ist, eine Gesamtschau der geltenden Abgabenregelung vorzunehmen. In der Rechtssache Portugal/Kommission(50) hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „[d]er normale Steuersatz … der Satz [ist], der in dem geografischen Gebiet gilt, das den Bezugsrahmen bildet“. In ähnlicher Weise hat der Gerichtshof in der Rechtssache A-Brauerei ausgeführt, dass „für die Einstufung einer nationalen steuerlichen Maßnahme als ‚selektiv‘ dargetan werden [muss], dass die in Rede stehende steuerliche Maßnahme vom allgemeinen System … abweicht …“(51).

91.      Unter diesen Umständen und mangels dieser für eine Gesamtschau unbedingt erforderlichen Information ist der Gerichtshof selbst schlechthin nicht in der Lage, zu beurteilen, ob Stromerzeuger, die sich anderer Technologien bedienen oder Wasser aus einem intragemeinschaftlichen Einzugsgebiet nutzen, gegenüber denjenigen, die Wasser aus einem intergemeinschaftlichen Einzugsgebiet nutzen, im Vorteil sind. Auch wenn die Vorlageentscheidung implizieren dürfte, dass Stromerzeuger, die Wasser aus intragemeinschaftlichen Einzugsgebieten nutzen, in der Tat einen erheblichen abgabenrechtlichen Vorteil gegenüber denjenigen Erzeugern genießen, die Wasser aus intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten nutzen, wird diese Frage jedoch letztlich vom nationalen Gericht zu beurteilen und zu prüfen sein.

92.      Darüber hinaus bin ich nicht vollends überzeugt, dass der Rechtsbegriff der staatlichen Beihilfen auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsverfahrens überhaupt anwendbar ist. In diesem Sachverhalt kommen nämlich alle Stromerzeuger außer denjenigen, die dem Entgelt unterliegen, in den Genuss des behaupteten Vorteils. Das bedeutet, dass der Vorteil aus dem Bezugsrahmen selbst besteht. Mit anderen Worten: Selektiv ist in diesem Fall nicht der Vorteil, sondern vielmehr der Nachteil(52).

93.      Sollte der Gerichtshof gleichwohl der Auffassung sein, dass der Begriff „staatliche Beihilfe“ auf einen solchen Sachverhalt Anwendung finden könnte, ist zu berücksichtigen, dass aus der ersten Zusatzbestimmung des Gesetzes 15/2012 hervorgeht, dass das auf die Nutzung von Binnengewässern erhobene Entgelt zunächst für alle Einzugsgebiete gelten sollte, sowohl die inter- als auch die intragemeinschaftlichen. Die Einschränkung der Entgelterhebung auf intergemeinschaftliche Einzugsgebiete erfolgte wohl erst mit der Annahme von Art. 1 des Dekrets 198/2015.

94.      Trifft dies zu, kann man Art. 1 als Maßnahme ansehen, die eine Abweichung von dem Bezugsrahmen gewährt, der durch das Gesetz 15/2012 gebildet wird, das durch Art. 112bis der Königlichen Gesetzesverordnung 1/2001 eine Abgabe auf die Nutzung von Binnengewässern einführt. Diese Abweichung ist als selektiv im Sinne der Entscheidung in der Rechtssache A-Brauerei anzusehen, weil ihre Anwendung an Anwendungsvoraussetzungen geknüpft ist. Daher sind die möglichen Rechtfertigungen dieser abgabenrechtlichen Maßnahme zu prüfen.

95.      Nach ständiger Rechtsprechung erfasst der Begriff „staatliche Beihilfe“ nicht Maßnahmen, die eine Unterscheidung zwischen Unternehmen, die sich hinsichtlich des von der in Rede stehenden rechtlichen Regelung verfolgten Ziels in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, einführen und damit a priori selektiv sind, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweisen kann, dass diese Unterscheidung gerechtfertigt ist, weil sie sich aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt, in das sich die Maßnahmen einfügen(53).

96.      In dieser Hinsicht ist ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung zwischen den mit einer bestimmten Steuerregelung verfolgten Zielen, die außerhalb dieser Regelung liegen, und den dem Steuersystem selbst inhärenten Mechanismen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind, zu unterscheiden. Im Wesentlichen kann daher nur das dem Steuersystem selbst inhärente Ziel eine selektive steuerliche Maßnahme rechtfertigen(54).

97.      In der vorliegenden Rechtssache haben die Parteien keinerlei Beweis dafür angeboten, dass die Art oder allgemeine Struktur der Vorschriften über die Besteuerung von Elektrizität als solche eine unterschiedliche Behandlung von intra- und intergemeinschaftlichen Einzugsgebieten erfordern.

3.      Mögliche Rechtfertigungsgründe für die staatliche Beihilfe

98.      Es ist hervorzuheben, dass die oben zitierte Rechtsprechung die Rechtfertigung des selektiven Charakters einer steuer- bzw. abgabenrechtlichen Maßnahme betrifft. Auch wenn in dieser Hinsicht keine Rechtfertigung vorliegt, bleibt es den Mitgliedstaaten unbenommen, eine staatliche Beihilfe zu rechtfertigen, sofern die vier in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV genannten Voraussetzungen für die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe nachweislich erfüllt sind. Schon aus dem Wortlaut von Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV geht klar hervor, dass gewisse von Mitgliedstaaten beschlossene Hilfen unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein können.

99.      Eine Rechtfertigung, die bereits vom Gerichtshof anerkannt wurde, ist der Umweltschutz(55). Doch dieses Ziel kann die unterschiedliche Behandlung von Wasserkrafterzeugern, je nachdem, ob sie Inhaber einer Konzession für ein intra- oder ein intergemeinschaftliches Einzugsgebiet sind, nicht rechtfertigen.

100. Eine solche unterschiedliche Behandlung könnte jedoch durch die in Spanien geltenden Zuständigkeitsverteilungen zwischen dem Staat und den Autonomen Gemeinschaften dieses Mitgliedstaats gerechtfertigt sein(56). Diese Aufteilung der Zuständigkeiten steht unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 EUV, nach dem die Union verpflichtet ist, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in deren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt(57).

101. Natürlich ist es im Allgemeinen nicht möglich, sich zur Rechtfertigung eines ansonsten unionsrechtswidrigen Umstands auf die interne verfassungsrechtliche Gliederung eines Mitgliedstaats zu berufen. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Portugal/Kommission(58) ausgeführt hat, kann jedoch daraus, dass die Geltung bestimmter Steuervorteile auf einen Teil eines Staatsgebiets beschränkt ist, „nicht gefolgert werden, dass eine [solche] Maßnahme schon deshalb selektiv im Sinne von Artikel [107 Absatz 1 AEUV] ist, weil sie nur in einem begrenzten geografischen Gebiet eines Mitgliedstaats gilt“.

102. Zwar könnten diese Überlegungen so verstanden werden, dass regionale Steuern bzw. Abgaben und staatliche Beihilfen in gewisser Hinsicht einen Sonderfall – nahezu einen Fall sui generis in der Gesamtheit des Unionsrechts – darstellen. Wäre das Unionsrecht jedoch anders, so wäre es den Mitgliedstaaten nicht mehr möglich, Körperschaften der regionalen und lokalen Selbstverwaltung ausschließliche Steuerkompetenzen einzuräumen. Auch steuerliche Maßnahmen, die wegen der inneren Gliederung eines Mitgliedstaats nur einen Teil eines Gebiets beträfen, stellten dann allein deshalb schon eine staatliche Beihilfe dar, die die in der Region ansässigen natürlichen und juristischen Personen gegenüber den anderswo in dem Mitgliedstaat ansässigen natürlichen und juristischen Personen begünstigte.

103. Sollte also das vorlegende Gericht zu dem Schluss gelangen, dass der Staat nach der nationalen Verfassung nicht (sei es aufgrund einer ausschließlichen, einer subsidiären oder einer ergänzenden Zuständigkeit) befugt ist, abgabenrechtliche Maßnahmen zu ergreifen oder die Zahlung eines Entgelts für den Betrieb eines intragemeinschaftlichen Einzugsgebiets zu verlangen, so könnte dieser Umstand rechtfertigen, dass Stromerzeuger mit einer Konzession für ein intragemeinschaftliches Einzugsgebiet dem Entgelt nicht unterliegen, und Art. 1 des Königlichen Dekrets 198/2005 somit keine staatliche Beihilfe darstellt.

104. Andernfalls ist Art. 1 des Königlichen Dekrets 198/2015, sofern nicht das Vorliegen einer anderen Rechtfertigung im Sinne von Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV nachgewiesen wird, als staatliche Beihilfe anzusehen, da die Vorschrift die Stromerzeuger mit einer Konzession für ein intragemeinschaftliches Einzugsgebiet von der Zahlung des Entgelts für die Nutzung von Binnengewässern ausnimmt.

105. Daher schlage ich vor, auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Nichtanwendbarkeit einer Abgabe auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung auf Unternehmen mit einer Konzession für intragemeinschaftliche Einzugsgebiete eine verbotene staatliche Beihilfe darstellt, es sei denn, es stellt sich heraus, dass der betreffende Mitgliedstaat keine Zuständigkeit in Steuerfragen oder für die Bestimmung der Höhe der Abgaben hat, die für die Gewährung einer Konzession für solche intragemeinschaftlichen Einzugsgebiete zu zahlen sind.

 Ergebnis

106. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) wie folgt zu beantworten:

1.      Weder Art. 191 Abs. 2 AEUV noch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik kommt unmittelbare Wirkung zu. Daher kann sich eine Einzelperson vor einem nationalen Gericht nicht auf diese Bestimmungen stützen, um gegen ein bestimmtes Entgelt vorzugehen, das auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung erhoben wird.

2.      Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG ist dahin auszulegen, dass er nicht anwendbar ist auf ein Entgelt wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, das Unternehmen betrifft, die Inhaber einer Konzession für die Nutzung eines intergemeinschaftlichen Einzugsgebiets zur Stromerzeugung sind, jedoch weder Betreiber, die Inhaber einer Konzession für die Nutzung eines intragemeinschaftlichen Einzugsgebiets zur Stromerzeugung sind, noch Stromerzeuger, die andere Technologien nutzen.

Hilfsweise:

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abgabenrechtlichen Maßnahmen grundsätzlich nicht entgegensteht, soweit diese Rechtsvorschriften der Stärkung des Schutzes der im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer dienen, indem bei denjenigen, die aus ihrer privaten Nutzung oder besonderen Nutzbarmachung einen Vorteil erlangen, Mittel eingefordert werden, um die Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung (einschließlich der Umwelt- und Ressourcenkosten) an die verschiedenen Endnutzer weiterzugeben, sofern die nationale Verfassung dahin auszulegen ist, dass der Mitgliedstaat nicht befugt war, den Anwendungsbereich dieser Maßnahme auch auf intragemeinschaftliche Einzugsgebiete zu erstrecken. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob der Zweck des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gesetzes wirklich diesen Zielen dient.

3.      Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Nichtanwendbarkeit einer Abgabe auf die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung auf Unternehmen mit einer Konzession für intragemeinschaftliche Einzugsgebiete eine verbotene staatliche Beihilfe darstellt, es sei denn, es stellt sich heraus, dass der betreffende Mitgliedstaat keine Zuständigkeit in Steuerfragen oder für die Bestimmung der Höhe der Abgaben hat, die für die Gewährung einer Konzession für solche intragemeinschaftlichen Einzugsgebiete zu zahlen sind.


1      Originalsprache: Englisch.


2      ABl. 2000, L 327, S. 1.


3      ABl. 2009, L 211, S. 55.


4      BOE Nr. 30 vom 3. Februar 2007, S. 5118.


5      BOE Nr. 312 vom 28. Dezember 2012, S. 88081.


6      BOE Nr. 176 vom 24. Juli 2001, S. 14276.


7      BOE Nr. 72 vom 25. März 2015, S. 25674.


8      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass das Königliche Dekret 198/2015, durch das das in Streit stehende Entgelt in Kraft gesetzt wird, für nichtig zu erklären wäre, falls festgestellt würde, dass Art. 29 des Energiesteuergesetzes nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.


9      Urteile vom 9. März 2010, ERG u. a. (C‑379/08 und C‑380/08, EU:C:2010:127, Rn. 38 und 39), und vom 4. März 2015, Fipa Group u. a. (C‑534/13, EU:C:2015:140, Rn. 40).


10      Urteil vom 4. März 2015, Fipa Group u. a. (C‑534/13, EU:C:2015:140, Rn. 42).


11      Siehe insoweit Urteil vom 7. Dezember 2016, Vodoopskrba i odvodnja (C‑686/15, EU:C:2016:927, Rn. 20 und 21).


12      Vgl. entsprechend Urteil vom 17. Oktober 2018, Klohn (C‑167/17, EU:C:2018:833, Rn. 29).


13      Siehe in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2006, Chacón Navas (C‑13/05, EU:C:2006:456, Rn. 56).


14      Urteil vom 6. Dezember 2018, Montag (C‑480/17, EU:C:2018:987, Rn. 34).


15      Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. 2003, L 176, S. 37).


16      Siehe Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium (C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 79).


17      Urteil vom 7. März 2017, RPO (C‑390/15, EU:C:2017:174, Rn. 41).


18      Urteil vom 22. Januar 2019, Cresco Investigation (C‑193/17, EU:C:2019:43, Rn. 42). Siehe auch Urteile vom 1. Oktober 2015, O (C‑432/14, EU:C:2015:643, Rn. 32), und vom 26. Juni 2018, MB (Geschlechtsumwandlung und Altersrente) (C‑451/16, EU:C:2018:492, Rn. 42).


19      Siehe insoweit Urteil vom 5. Juni 2018, Montero Mateos (C‑677/16, EU:C:2018:393, Rn. 50).


20      Siehe insoweit Urteil vom 6. Oktober 2015, Finanzamt Linz (C‑66/14, EU:C:2015:661, Rn. 26 und 31).


21      Zu dem Umstand, dass die Abgabe nur für Erzeuger von Strom aus Wasserkraft gilt, ist anzumerken, dass aus dem Wortlaut der Präambel zum Gesetz 15/2012 klar hervorgeht, dass die Abgabe nicht dazu gedacht ist, für sich allein die Weitergabe der Kosten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung an die verschiedenen Endnutzer zu erreichen. Es genügt daher, dass diese Abgabe zu diesem Ziel beiträgt.


22      In diesem Zusammenhang möchte ich hervorheben, dass Erzeuger von Strom aus Wasserkraft – im Gegensatz zu anderen Stromerzeugern, die ihre Rohstoffe (Öl, Kohle, Gas, Uran) vom Privatsektor beziehen – für ihre Stromerzeugung ein öffentliches Gut nutzen. Der für die Nutzung dieses öffentlichen Guts gezahlte Betrag ist daher zum Teil als Abgabe und zum Teil als Konzessionsgebühr für die Nutzung des öffentlichen Guts anzusehen, da Art. 107 AEUV den Mitgliedstaaten untersagt, den Wettbewerb dadurch zu verfälschen, dass sie einigen Erzeugern staatliche Mittel kostenfrei zur Verfügung stellen.


23      Quelle: http://www.waterencyclopedia.com/Ge-Hy/Hydroelectric-Power.html#ixzz5g4zOuRDg


24      Der zweiten Zusatzbestimmung des Gesetzes 15/2012 steht dies nicht entgegen. Das Gesetz sieht nicht vor, dass das Abgabenaufkommen zum Ausgleich des Stromnetzdefizits zu verwenden ist, sondern dass zu diesem Zweck ein diesem Aufkommen entsprechender Betrag in den Staatshaushalt einzustellen ist.


25      Während einige Kosten der Wassernutzung, insbesondere diejenigen der Einzugsgebietsgestaltung, bereits vom betreffenden Mitgliedstaat gezahlt wurden, werden andere (etwa diejenigen im Zusammenhang mit Installationswartung oder mit Küstenerosion) während der gesamten Nutzung des Einzugsgebiets anfallen.


26      Siehe insoweit Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. (C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 47).


27      Vgl. insoweit z. B. Urteil vom 22. Mai 2014, Glatzel (C‑356/12, EU:C:2014:350, Rn. 43).


28      Im Übrigen wäre nur dann anzunehmen, dass ein solcher Zweck vom nationalen Gesetzgeber in konsistenter und systematischer Weise verfolgt würde, wenn sich die Abgabenpflichtigkeit jeder Kategorie von Benutzern im öffentlichen Eigentum stehender Gewässer nach Regeln richtete, die ihre jeweilige Nutzung des Gewässers berücksichtigte.


29      In der Tat gilt die in Art. 1 des Königlichen Dekrets 198/2015 vorgesehene Ausnahme für alle Gemeinschaften, unabhängig von deren Status.


30      Da die Zuständigkeit für die Erhebung von Abgaben und diejenige für die Erhebung von Entgelten nicht unbedingt derselben Stelle zusteht, ist beides zu prüfen.


31      Siehe z. B. Urteil vom 21. Juni 2007, Omni Metal Service (C‑259/05, EU:C:2007:363, Rn. 15).


32      Ob sich eine solche unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung – unter Berücksichtigung des den Mitgliedstaaten notwendigerweise eingeräumten Ermessensspielraums in Fällen dieser Art und der besonderen Erwägungen im Hinblick auf den Verbrauch von Naturressourcen – objektiv rechtfertigen lässt, ist letztlich eine vom nationalen Gericht zu beurteilende Frage.


33      Siehe insoweit die Urteile vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 53), und vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024, Rn. 19).


34      Siehe insoweit Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia (C‑522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 48). In einer solchen Situation kann die Entscheidung, bestimmte Personen vom Anwendungsbereich einer Abgabe, die sie im Hinblick auf den verfolgten Zweck hätten zahlen müssen, auszunehmen, als staatlicher Verzicht auf Steuereinnahmen angesehen werden.


35      Siehe insoweit Urteil vom 14. Januar 2015, Eventech (C‑518/13, EU:C:2015:9, Rn. 66 bis 68).


36      Siehe insoweit Urteil vom 26. Oktober 2016, Orange/Kommission (C‑211/15 P, EU:C:2016:798, Rn. 64 bis 66).


37      Siehe insoweit Urteil vom 25. Juli 2018, Kommission/Spanien u. a. (C‑128/16 P, EU:C:2018:591, Rn. 34).


38      Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission (C‑156/98, EU:C:2000:467, Rn. 30), und vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Kommission (C‑288/96, EU:C:2000:537, Rn. 77 und 78). Auch wenn nur 7,2 % der Einzugsgebiete, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden, intragemeinschaftliche Einzugsgebiete sind, ist es daher nicht ausgeschlossen, dass die Abgabenfreiheit für den auf andere Weise als unter Nutzung intergemeinschaftlicher Einzugsgebiete erzeugten Strom den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen könnte.


39      Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 73 und 74).


40      Vgl. insoweit Urteil vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024, Rn. 36 und 38).


41      Vgl. u. a. Urteil vom 26. April 2018, ANGED (C‑234/16 und C‑235/16, EU:C:2018:281, Rn. 32).


42      Stellte man auf das mit der Maßnahme verfolgte Ziel ab, so liefe das der ständigen Rechtsprechung zuwider, der zufolge die Gründe oder Ziele staatlicher Maßnahmen für die Bestimmung, ob eine Maßnahme eine Beihilfe darstellt, grundsätzlich irrelevant sind. Vgl. insoweit Urteil vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission (173/73, EU:C:1974:71, Rn. 13). Zu bedenken ist auch, dass sich bei einem solchen Ansatz das Verbot staatlicher Beihilfen auf eine Konsistenzprüfung der gewährten Ausnahmen beschränken würde, so wie es beim Grundsatz der Nichtdiskriminierung der Fall ist, während nach Art. 107 AEUV die Kontrolle staatlicher Beihilfen verhindern soll, dass der Wettbewerb durch staatliche Beihilfen verfälscht wird. Ist eine staatliche Beihilfe festgestellt, können die mit einer Maßnahme verfolgten Ziele jedoch für die Beurteilung relevant sein, ob diese staatliche Beihilfe gerechtfertigt ist.


43      Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 93).


44      Vgl. das am 9. Oktober 2014 angenommene Gutachten des Spanischen Staatsrats Nr. 928/2014 über das Königliche Dekret 198/2015, in dem betont wird, das Dekret werde „Auswirkungen auf den Strommarkt haben“.


45      Es könnte sich allerdings die Frage stellen, ob der Bezugsrahmen lediglich aus den Steuern/Abgaben auf die Stromerzeugung aus Wasserkraft oder aber aus allen Steuern/Abgaben auf die Stromerzeugung gebildet wird. Da jedoch die Wasserkrafterzeugung kein gesonderter Markt ist, wird der Bezugsrahmen meines Erachtens notwendigerweise aus allen Steuern/Abgaben auf die Stromerzeugung gebildet.


46      Urteil vom 26. April 2018, ANGED (C‑236/16, EU:C:2018:291, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


47      Vgl. z. B. Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 57).


48      Vgl. z. B. Urteil vom 26. April 2018, ANGED (C‑236/16, EU:C:2018:291, Rn. 40).


49      Vgl. z. B. Urteil vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024, Rn. 39). In der genannten Sache sah der Gerichtshof das mit dem Bezugsrahmen verfolgte Ziel darin, „jeden Rechtsträgerwechsel an einem Grundstück zu besteuern oder, mit anderen Worten, jede zivilrechtliche Übertragung von Grundstückseigentum durch eine natürliche oder juristische Person auf eine andere natürliche oder juristische Person zu besteuern“, wohingegen dies das Mittel darstellte, mit dem das mit der Regelung verfolgte Ziel, nämlich die Erhöhung der Mittel des deutschen Staates, erreicht werden sollte.


50      Urteil vom 6. September 2006 (C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 56).


51      Urteil vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024, Rn. 36).


52      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Vorliegen eines selektiven Vorteils in Bezug auf die Vergleichsgruppe zu prüfen. So hat der Gerichtshof zum Beispiel in seinem Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission (C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 56), ausgeführt, dass „[d]er normale Steuersatz … der Satz [ist], der in dem geografischen Gebiet gilt, das den Bezugsrahmen bildet“. In seinem Urteil vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024, Rn. 36) hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „für die Einstufung einer nationalen steuerlichen Maßnahme als ‚selektiv‘ dargetan werden [muss], dass die in Rede stehende steuerliche Maßnahme vom allgemeinen System … abweicht …“.


53      Vgl. z. B. Urteil vom 19. Dezember 2018, A-Brauerei (C‑374/17, EU:C:2018:1024, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).


54      Siehe z. B. Urteil vom 26. April 2018, ANGED (C‑236/16, EU:C:2018:291, Rn. 31).


55      Siehe z. B. Urteil vom 26. April 2018, ANGED (C‑236/16, EU:C:2018:291, Rn. 49 und 50).


56      Siehe insoweit Urteile vom 6. September 2006, Portugal/Kommission (C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 60), und vom 11. September 2008, Unión General de Trabajadores de la Rioja u. a. (C‑428/06 bis C‑434/06, EU:C:2008:488, Rn. 141).


57      Urteil vom 21. Dezember 2016, Remondis (C‑51/15, EU:C:2016:985, Rn. 40).


58      Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission (C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 60).