Language of document : ECLI:EU:C:2016:396

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

2. Juni 2016(*)

„Vertragsverletzung – Art. 18, 20 und 21 AEUV – Unionsbürgerschaft – Recht, sich frei zu bewegen und seinen Aufenthalt frei zu nehmen – Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit – Inländischen Studierenden gewährte Fahrpreisvergünstigung – Richtlinie 2004/38/EG – Art. 24 Abs. 2 – Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung – Studienbeihilfen in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens – Bedeutung – Formanforderungen an die Klageschrift –Zusammenhängende Darstellung der Rügen“

In der Rechtssache C‑233/14

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 12. Mai 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch C. Gheorghiu und M. van Beek als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Bulterman und C. Schillemans als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer),

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter A. Arabadjiev, J.‑C. Bonichot, C. G. Fernlund und E. Regan (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzlerin: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. Januar 2016

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,

–        festzustellen, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 18 AEUV (in Verbindung mit Art. 20 AEUV und Art. 21 AEUV) sowie Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77, sowie Berichtigungen ABl. 2004, L 229, S. 35, und ABl. 2007, L 204, S. 28) verstoßen hat, dass es den Vorteil ermäßigter Fahrpreise in öffentlichen Verkehrsmitteln, wie sie für Studierende vorgesehen sind, die in den Niederlanden studieren, auf niederländische Studierende, die in den Niederlanden bei einer privaten oder öffentlichen Bildungseinrichtung eingeschrieben sind, und Studierende aus anderen Mitgliedstaaten, die in den Niederlanden zu den Erwerbstätigen gehören oder dort ein Recht auf Daueraufenthalt erworben haben, beschränkt;

–        dem Königreich der Niederlande die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

2        Die Erwägungsgründe 20 und 21 der Richtlinie 2004/38 lauten:

„(20)      Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit erfordert, dass alle Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die sich aufgrund dieser Richtlinie in einem Mitgliedstaat aufhalten, in diesem Mitgliedstaat in den Anwendungsbereichen des Vertrags die gleiche Behandlung wie Inländer genießen; dies gilt vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen.

(21)      Allerdings sollte es dem Aufnahmemitgliedstaat überlassen bleiben, zu bestimmen, ob er anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, die diesen Status beibehalten, und ihren Familienangehörigen Sozialhilfe während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder im Falle von Arbeitssuchenden für einen längeren Zeitraum gewährt oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Unterhaltsbeihilfen für die Zwecke des Studiums, einschließlich einer Berufsausbildung, gewährt.“

3        Die Richtlinie 2004/38 gilt nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält.

4        Art. 7 („Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate“) der Richtlinie sieht in Abs. 1 vor:

„Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

c)      –      bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

–        über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, …“

5        Art. 24 („Gleichbehandlung“) der Richtlinie 2004/38 lautet:

„(1)      Vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.

(2)      Abweichend von Absatz 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b) einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens, zu gewähren.“

 Niederländisches Recht

 Wet studiefinanciering 2000

6        Art. 2.1 der Wet studiefinanciering 2000 (Studienfinanzierungsgesetz 2000, im Folgenden: WSF 2000), der die Voraussetzungen für die Gewährung einer Studienfinanzierung, einschließlich des Grundstipendiums und einer Fahrpreisvergünstigung festlegt, lautet folgendermaßen:

„Das vorliegende Gesetz regelt die Studienfinanzierung und gilt für Studierende, die die Voraussetzungen im Zusammenhang mit

a.      der Staatsangehörigkeit, wie sie in Art. 2.2 genannt werden,

b.      des Alters, wie sie in Art. 2.3 genannt werden,

c.      der Ausbildungsart, wie sie den Paragrafen 2.2 bis 2.4 genannt werden, erfüllen.“

7        Art. 2.2 WSF 2000 bestimmt:

„(1)      Für eine Studienfinanzierung kommen Studierende in Betracht, die

a)      die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen;

b)      nicht die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen, aber aufgrund eines Vertrags oder eines Beschlusses einer internationalen Organisation im Bereich der Studienfinanzierung Niederländern gleichgestellt sind, oder

c)      nicht die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen, aber in den Niederlanden ihren Wohnsitz haben und einem Kreis von Personen angehören, die im Bereich der Studienfinanzierung mit Niederländern gleichgestellt werden, und der durch Verordnung [(Algemene maatregel van bestuur)] festgelegt wird.

(2)      Unbeschadet des Abs. 1 Buchst. b kann eine Verordnung Personenkreise bestimmen, für die die in Abs. 1 Buchst. b angeführte Gleichstellung ausschließlich auf einen Betrag zur Deckung der Kosten für den Zugang zur Ausbildung begrenzt werden kann. Die Verordnung kann Vorschriften hinsichtlich der Höhe und Form dieser Kostendeckung vorsehen.“

8        Art. 3.1 WSF 2000 bestimmt:

„(1)      Die Studienfinanzierung besteht aus einem Grundstipendium, einem Grunddarlehen und einem zusätzlichen Stipendium oder einem zusätzlichen Darlehen sowie einem Studiengebührenkredit.

(2)      Die Studienfinanzierung kann vollständig oder teilweise in Form von

a.      Beihilfe,

b.      Stipendium oder

c.      Darlehen gewährt werden.“

9        Art. 3.2 Abs. 1 WSF 2000 sieht vor, dass das Stipendium monatlich einen Pauschalbetrag zur Deckung der Unterhaltskosten, einen Zuschuss zu den Unterrichtsgebühren und die Fahrpreisvergünstigung umfasst.

10      Art. 3.29 WSF 2000 legt die Voraussetzungen fest, unter denen eine Unterstützung erlangt werden kann, wenn der Begünstigte die Fahrpreisvergünstigung nicht vollständig in Anspruch genommen hat.

11      Art. 3.6 Abs. 2 WSF 2000 sieht vor:

„Das Grundstipendium umfasst eine Fahrpreisvergünstigung, sofern nichts anderes bestimmt ist.“

12      Art. 3.7 WSF 2000, der die Form vorsieht, in der die Fahrpreisvergünstigung gewährt wird, lautet folgendermaßen:

„(1)      Für Studierende, die eine Ausbildung in den Niederlanden absolvieren, besteht die Fahrpreisvergünstigung in einem Fahrausweis, der an bestimmten Tagen der Woche gilt und den ihnen die Transportunternehmen kostenlos oder zu einem ermäßigten Tarif ausstellen.

(2)      Für Studierende, die Anspruch auf Studienfinanzierung zur Absolvierung einer Ausbildung außerhalb der Niederlande haben, besteht die Fahrpreisvergünstigung in der Zuwendung eines Geldbetrags nach Maßgabe der Art. 4.8 Abs. 2 und Art. 5.3 Abs. 2. Abweichend von Satz 1 kann ein unter Satz 1 fallender Studierender auf Antrag einen Ausweis als Fahrpreisvergünstigung erhalten.“

 Besluit studiefinanciering 2000

13      Der Besluit studiefinanciering 2000 (Studienfinanzierungsverordnung 2000) sieht in Art. 3a Abs. 1 und 2 Folgendes vor:

„(1)      Für Personen, die entweder die Staatsangehörigkeit eines Staates, der Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum [vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3)] ist, oder der Schweiz besitzen, sowie für ihre Familienangehörigen, die nicht

a.      Arbeitnehmer,

b.      Selbständige oder

c.      Personen, die den Status eines Arbeitnehmers behalten haben, und

d.      Familienangehörige der in den Buchst. a bis c genannten Personen sind

und die kein Recht auf Daueraufenthalt nach Art. 16 [der Richtlinie 2004/38] erworben haben, betrifft die Gleichstellung im Sinne von Art. 2.2 Abs. 2 [WSF 2000] die Bereitstellung eines Betrags zur Deckung der Kosten des Zugangs zur Ausbildung.

(2)      Die Bereitstellung eines Beitrags zur Deckung der Kosten auf der Grundlage von Absatz 1 wird in Form einer Beihilfe gewährt und besteht in der Höhe des in Art. 3.6 Abs. 1 [WSF 2000] genannten Grundstipendiums für einen Teilnehmer, der am Familienhauptwohnsitz wohnt. Die Fahrpreisvergünstigung und der in Art. 3.6 Abs. 2 und 3 [WSF 2000] genannte Zuschuss gehören nicht dazu.“

 Wet op het hoger onderwijs en wetenschappelijk onderzoek

14      Art. 7.37 der Wet op het hoger onderwijs en wetenschappelijk onderzoek (Gesetz über die Hochschulausbildung und die wissenschaftliche Forschung) setzt Art. 2.1 Buchst. c WSF 2000 um, wo festgelegt ist, dass der Studierende bei einer anerkannten Bildungseinrichtung eingeschrieben sein muss. Art. 7.37 Abs. 2 des Gesetzes über die Hochschulausbildung und die wissenschaftliche Forschung sieht vor:

„Voraussetzung für die Einschreibung ist die Vorlage eines Nachweises über die Entrichtung der Studien- und Prüfungsgebühren oder im Fall der Einschreibung an einer Abenduniversität über die Entrichtung der Einschreibegebühren für diese Universität.“

 Vorverfahren

15      Im November 2008 wurde die Kommission mit einer Beschwerde befasst, die die Ungleichbehandlung zwischen niederländischen Studierenden und solchen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hinsichtlich des Zugangs zu den geförderten öffentlichen Verkehrsmitteln in den Niederlanden zum Gegenstand hatte. Dieser Beschwerde zufolge können die niederländischen Studierenden die Fahrpreisvergünstigung in Anspruch nehmen, die ihnen ermögliche, öffentliche Verkehrsmittel gratis oder zum ermäßigten Fahrpreis zu benützen, während Studierende, die im Rahmen des Erasmus-Programms studierten, den vollen Tarif zahlen müssten, was einen Verstoß gegen Art. 12 EG darstelle.

16      Da die Kommission diesen Standpunkt teilt, übermittelte sie dem Königreich der Niederlande am 23. März 2009 ein Aufforderungsschreiben und forderte es auf, innerhalb von zwei Monaten eine Stellungnahme abzugeben. In diesem Schreiben machte die Kommission geltend, dass die Fahrpreisvergünstigung nicht als Stipendium oder Studiendarlehen zu qualifizieren sei, sondern als Beihilfe zu den Unterhaltskosten, so dass diese Vergünstigung nicht unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung falle. Im Übrigen beschränkte sich die Kommission nicht darauf, dem Königreich der Niederlande eine Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden vorzuwerfen, die im Rahmen des Erasmus-Programms studierten, sondern hatte sämtliche Studierende anderer Mitgliedstaaten, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/38 fallen und ihr Studium teilweise oder zur Gänze in den Niederlanden absolvieren, im Blick.

17      In einem Schreiben vom 15. Mai 2009 reagierte das Königreich der Niederlande auf diese Rügen dahin gehend, dass von Diskriminierung keine Rede sein könne, weil die Fahrpreisvergünstigung in Form eines bedingten Darlehens gewährt werde und daher unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung falle.

18      Am 29. Januar 2010 sandte die Kommission dem Königreich der Niederlande eine mit Gründen versehene Stellungnahme, auf die dieses am 28. Mai desselben Jahres antwortete, indem es die Argumente weiter ausführte, die es in seiner Beantwortung des Aufforderungsschreibens geltend gemacht hatte.

19      Am 27. Januar 2012 richtete die Kommission eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme an das Königreich der Niederlande. Am 27. März 2012 erhielt die Kommission die Antwort des Königreichs der Niederlande, in der dieses auf seiner Position, dass die Fahrpreisvergünstigung keine Diskriminierung bewirke, beharrte.

20      Da die Kommission die Antwort des Königreichs der Niederlande nicht für zufriedenstellend hielt, hat sie am 12. Mai 2014 die vorliegende Klage erhoben.

 Zur Klage

 Zur Tragweite der Klage

21      Zunächst ist die Tragweite der vorliegenden Klage zu bestimmen.

22      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass eine Klage nach Art. 258 AEUV allein anhand der in der Klageschrift enthaltenen Anträge zu prüfen ist (Urteil vom 22. Oktober 2014, Kommission/Niederlande, C‑252/13, EU:C:2014:2312, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Hier ist festzustellen, dass die Kommission die vorliegende Klage teilweise zurückgenommen hat. In ihrer Erwiderung erklärt die Kommission, dass sie darauf verzichte, niederländische Studierende mit Wohnsitz im Ausland, die sich für einen Studienabschnitt eines Vollzeitstudiums bei einer in den Niederlanden anerkannten Bildungseinrichtung einschrieben, als diskriminiert anzusehen. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Kommission auf Anfrage des Gerichtshofs, dass sie auf ihre Klage auch insoweit verzichten wolle, als sie sich auf niederländische Studierende beziehe, die im Ausland wohnten und in den Niederlanden im Rahmen des Erasmus-Programms studierten.

24      Daher ist davon auszugehen, dass die vorliegende Klage eine angebliche Diskriminierung zum Gegenstand hat, die im Königreich der Niederlande gegenüber nicht niederländischen Studierenden, die in den Niederlanden studierten, einschließlich der Studierenden, die am Erasmus-Programm teilnähmen, und jener, die außerhalb dieses Programms studierten, praktiziert werde.

 Zur Zulässigkeit

 Vorbringen der Parteien

25      Das Königreich der Niederlande bringt vor, dass die von der Kommission geltend gemachte Rüge hinsichtlich einer mittelbaren Diskriminierung nicht die aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs abgeleiteten Anforderungen erfülle, wonach die Kommission zum einen die Rügen im Vorverfahren sowie in der Klageschrift zusammenhängend und genau darstellen müsse und zum anderen die in der Klageschrift ausgeführten Rügen nicht von jenen abweichen dürften, die im Rahmen des Vorverfahrens geltend gemacht worden seien.

26      Insbesondere weist das Königreich der Niederlande auf die Ausführungen der Kommission in Rn. 44 ihrer Klageschrift hin, wonach eine mittelbare Diskriminierung im Hinblick auf Studierende niederländischer Herkunft bestehe, die sich für einen vollständigen Studienabschnitt im Ausland eingeschrieben hätten und die Entscheidung träfen, im Rahmen des Erasmus-Programms an einer in den Niederlanden anerkannten Bildungseinrichtung zu studieren. Doch in den Rn. 75, 81 und 82 der Klageschrift erwähne die Kommission eine mittelbare Diskriminierung gegenüber den an diesem Programm teilnehmenden nicht niederländischen Studierenden.

27      Das Königreich der Niederlande erklärt, dass es nicht verstehe, welche Gruppe von Studierenden gegenüber wem mittelbar diskriminiert werde und worin diese mittelbare Diskriminierung bestehe.

28      Die im Rahmen des Vorverfahrens ausgetauschten Dokumente lieferten auch keine Hinweise hierzu.

29      Insbesondere in den Rn. 31 und 32 der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 28. Januar 2010 werfe die Kommission dem Königreich der Niederlande, ohne auf die Anwendbarkeit des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 einzugehen, vor, dass es von Studierenden aus anderen Mitgliedstaaten verlange, zu den Erwerbstätigen zu gehören oder in den Niederlanden einen Daueraufenthaltstitel zu besitzen, und trage damit anscheinend eine neue Beschwerde vor, mit der eine mittelbare Diskriminierung gerügt werde.

30      Im Übrigen sei der Zusammenhang zwischen dem in den Rn. 31 und 32 der mit Gründen versehenen Stellungnahme zum Ausdruck gebrachten Standpunkt der Kommission auf der einen Seite und ihrem Standpunkt, wie er in den Rn. 44 und 75 bis 83 der Klageschrift beschrieben werde, auf der anderen Seite nicht klar. Die in dieser Klageschrift angestellten Überlegungen beträfen insbesondere Studierende, die im Rahmen des Erasmus-Programms studierten, während der von der Kommission im Vorverfahren vertretene Standpunkt zur vermeintlichen mittelbaren Diskriminierung allgemeiner zu sein scheine.

31      Die Kommission macht geltend, dass die Rüge hinsichtlich einer mittelbaren Diskriminierung zulässig sei. Den Rn. 32 und 33 der mit Gründen versehenen Stellungnahme sowie den Rn. 52, 54 und 56 der ergänzenden mit Gründen versehenen Stellungnahme sei eindeutig zu entnehmen, dass die Kommission im Laufe des Vorverfahren nicht ausgeschlossen habe, dass die niederländische Regelung nicht nur zu einer unmittelbaren, sondern möglicherweise auch zu einer mittelbaren Diskriminierung führe. Was in der Klageschrift hinsichtlich einer mittelbaren Diskriminierung dargelegt werde, sei also nur eine nähere Ausführung dessen, was die Kommission bereits im Vorverfahren vorgebracht habe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

–       Zur Rüge einer mittelbaren Diskriminierung

32      Aus Art. 120 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass die Klageschrift den Streitgegenstand angeben und eine kurze Darstellung der zur Stützung der Klage geltend gemachten Klagegründe enthalten muss und dass diese Angaben so klar und deutlich sein müssen, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglichen. Daraus leitet sich ab, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine solche Klage gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2014, Kommission/Niederlande, C‑252/13, EU:C:2014:2312, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass eine nach Art. 258 AEUV erhobene Klage eine zusammenhängende und genaue Darstellung der Rügen enthalten muss, damit der Mitgliedstaat und der Gerichtshof die Tragweite des gerügten Verstoßes gegen das Unionsrecht richtig erfassen können, was notwendig ist, damit der betreffende Staat sich sachgerecht verteidigen und der Gerichtshof überprüfen kann, ob die behauptete Vertragsverletzung vorliegt (Urteil vom 22. Oktober 2014, Kommission/Niederlande, C‑252/13, EU:C:2014:2312, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Diese Anträge müssen eindeutig formuliert sein, damit der Gerichtshof nicht ultra petita entscheidet oder eine Rüge übergeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2010, Kommission/Belgien, C‑132/09, EU:C:2010:562, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Insbesondere muss die Klage der Kommission eine zusammenhängende und detaillierte Darlegung der Gründe enthalten, aus denen diese zu der Überzeugung gelangt ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen eine der ihm nach den Verträgen obliegenden Verpflichtungen verstoßen hat (Urteil vom 6. September 2012, Kommission/Belgien, C‑150/11, EU:C:2012:539, Rn. 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Daher erfüllt ein Widerspruch in der Darlegung des von der Kommission zur Stützung ihrer Vertragsverletzungsklage geltend gemachten Klagegrundes nicht die gestellten Anforderungen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Februar 2007, Kommission/Vereinigtes Königreich, C‑199/04, EU:C:2007:72, Rn. 25, und vom 28. Juni 2007, Kommission/Spanien, C‑235/04, EU:C:2007:386, Rn. 47).

36      Hier trägt das Königreich der Niederlande vor, dass die Klageschrift nicht die Voraussetzungen erfülle, da die Kommission darin in verwirrender Art und Weise auf das Vorliegen einer etwaigen mittelbaren Diskriminierung Bezug nehme.

37      Es ist festzustellen, dass die Darlegung der Rüge hinsichtlich einer mittelbaren Diskriminierung offensichtlich nicht den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht, auf die in den Rn. 32 bis 35 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist.

38      Insbesondere geht aus der Klageschrift nicht eindeutig hervor, welche Gruppe von Studierenden gegenüber welcher anderen Gruppe benachteiligt sein soll. Denn in einem Teil ihrer Klageschrift trägt die Kommission vor, dass eine mittelbare Diskriminierung aus der in Rede stehenden nationalen Regelung resultiere, die nur Studierende mit niederländischer Staatsangehörigkeit, die im Rahmen des Erasmus-Programms in den Niederlanden studierten, betreffe. Doch in einem anderen Teil der Klageschrift scheint die Kommission, obwohl sie es etwas zweideutig formuliert, davon auszugehen, dass Studierende aus anderen Mitgliedstaaten, die am Erasmus-Programm in den Niederlanden teilnähmen, mittelbar diskriminiert würden, da sie gegenüber Studierenden mit niederländischer Staatsangehörigkeit, die in einem anderen Mitgliedstaat studierten und am Erasmus-Programm in den Niederlanden teilnähmen, benachteiligt würden.

39      Wie im Übrigen die Generalanwältin in Nr. 70 ihrer Schlussanträge bemerkt hat, versäumt es die Kommission durchweg, ein Kriterium, abgesehen von dem der Staatsangehörigkeit, zu benennen, aufgrund dessen es zu der vermeintlichen mittelbaren Diskriminierung kommt. Die Kommission nimmt zwar Bezug auf den Umstand, dass der Studierende, um die niederländische Studienfinanzierung einschließlich der Fahrpreisvergünstigung in Anspruch nehmen zu können, bei einer anerkannten Bildungseinrichtung eingeschrieben sein und die Einschreibegebühren entrichtet haben muss. Doch in ihrer Klageschrift stützt sich die Kommission auf diese Voraussetzung der Einschreibung, um zum einen nachzuweisen, dass sich die aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Studierenden, die am Erasmus-Programm in den Niederlanden teilnähmen, in einer Situation befänden, die objektiv mit jener der niederländischen Studierenden, die in diesem Mitgliedstaat studierten, vergleichbar sei, und zum anderen, dass die vermeintliche Diskriminierung nicht unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung falle. Hingegen erwähnt die Kommission diese Voraussetzung der Einschreibung mit keinem Wort im ersten Teil ihrer Klageschrift, wo eine unterschiedliche Behandlung nachgewiesen werden soll, die eine Diskriminierung nach Art. 18 AEUV in Verbindung mit den Art. 20 und 21 AEUV darstelle.

40      Wie schließlich das Königreich der Niederlande zu Recht vorbringt, ist festzuhalten, dass bereits die Grundlage der von der Kommission geltend gemachten Rüge hinsichtlich einer mittelbaren Diskriminierung von vorneherein mangelhaft ist. Denn die Kommission stützt ihre Klage auf einen Verstoß gegen die Art. 18, 20 und 21 AEUV wegen unmittelbarer Diskriminierung, „weil die [Unions‑]Bürger, die nicht die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen, eine weniger günstige Behandlung erfahren als die niederländischen Staatsangehörigen“. Erst im Rahmen ihrer Beurteilung der Frage, ob die Fahrpreisvergünstigung unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung falle, führt die Kommission Argumente hinsichtlich einer etwaigen mittelbaren Diskriminierung aus und verwechselt so das Bestehen einer etwaigen Rechtfertigung mit dem Vorbringen einer völlig anderen Rüge.

41      Hinzu kommt, dass sich die Kommission in ihrer Erwiderung auf die Feststellung beschränkt, im Vorverfahren „nicht ausgeschlossen zu haben“, dass die niederländische Regelung zu einer mittelbaren Diskriminierung führe, ohne jedoch zu erläutern, worin diese Diskriminierung bestehen soll.

42      Vor diesem Hintergrund ist die Rüge in Bezug auf mittelbare Diskriminierung als unzulässig abzuweisen.

–       Zur Rüge in Bezug auf unmittelbare Diskriminierung

43      Einleitend ist festzustellen, dass der Gerichtshof, obwohl das Königreich der Niederlande keine Einrede der Unzulässigkeit gegen die vorliegende Rüge erhoben hat, von Amts wegen prüfen kann, ob die in Art. 258 AEUV vorgesehenen Voraussetzungen für die Erhebung einer Vertragsverletzungsklage insoweit erfüllt sind (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Dezember 2012, Kommission/Italien, C‑68/11, EU:C:2012:815, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Hier hat die Kommission als Antwort auf eine Frage des Gerichtshofs in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie mit ihrer Klage nicht nur auf die Studierenden in Berufsausbildung, sondern auch auf die – von ihr so bezeichneten – Studierenden in Hochschulausbildung und wissenschaftlicher Weiterbildung abstelle. Jedoch ist die Kommission nicht in der Lage gewesen, eine spezifische Vorschrift des nationalen Rechts zu nennen, aus der sich die vermeintliche Diskriminierung gegenüber anderen Studierenden als jenen, die nach nationalem Recht als in Berufsausbildung stehend betrachtet werden, ableite.

45      Wie überdies die Generalanwältin in Nr. 79 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, nimmt zwar die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende nationale Regelung nicht nur auf Unionsbürger Bezug, sondern auch auf Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Staates, der Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ist, oder der Schweiz besitzen, doch geht aus der Klage nicht klar hervor, dass die Kommission mit ihrer Rüge in Bezug auf unmittelbare Diskriminierung auf sämtliche dieser Personen abstellen wollte. Obendrein ergibt sich aus einigen spezifischen Punkten dieser Klage, dass die Kommission dem Königreich der Niederlande nur vorwirft, eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit gegenüber Studierenden zu praktizieren, die Unionsbürger sind.

46      Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die vorliegende Klage nur soweit zulässig ist, als sie nachweisen soll, dass die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende niederländische Regelung eine unmittelbare Diskriminierung gegenüber Unionsbürgern schafft, die nicht die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen und die ihre Ausbildung im Rahmen der Berufsausbildung, die ihnen in diesem Mitgliedstaat angedeiht, absolvieren, da diese Regelung diese Bürger weniger günstig behandelt als niederländische Staatsangehörige, die eine solche Ausbildung machen.

 Zur Begründetheit

 Vorbringen der Parteien

47      In ihrer Klage bringt die Kommission vor, dass die niederländische Regelung eine unmittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit mit sich bringe.

48      Zunächst weist die Kommission darauf hin, dass eine unmittelbare Diskriminierung nach Art. 18 AEUV in Verbindung mit den Art. 20 und 21 AEUV vorliege, da die fraglichen nationalen Vorschriften nicht niederländische Studierende einzig und allein aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit von der Inanspruchnahme der Fahrpreisvergünstigung ausschlössen und so die Unionsbürger, die nicht die niederländische Staatsangehörigkeit besäßen, weniger günstig behandelten. Diese Schlussfolgerung werde keinesfalls dadurch in Frage gestellt, dass zwei andere objektive Voraussetzungen, nämlich erstens das Erfordernis, unter 30 Jahre alt zu sein, und zweitens das Erfordernis, in eine anerkannte Vollzeitausbildung eingeschrieben zu sein, erfüllt sein müssten.

49      Sodann führt die Kommission aus, dass die gerügte unmittelbare Diskriminierung nicht unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung falle. Insoweit seien das Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), und insbesondere dessen Rn. 43, 49 bis 56, 59 bis 62 sowie 64 und 65 entsprechend auf die vorliegende Rechtssache anzuwenden.

50      Nach Ansicht der Kommission ist der Umstand, dass die am Erasmus-Programm teilnehmenden Studierenden nach den niederländischen Rechtsvorschriften nicht als offiziell in die niederländische Aufnahmebildungseinrichtung eingeschrieben gälten, ohne Belang. Im Rahmen dieses Programms dürfe jeder Studierende von seiner Aufnahmeuniversität erwarten, dass sie ihn gleich wie ihre eigenen Studierenden behandle, und im Übrigen werde dies in der Praxis auch so gehandhabt. Ein solcher Studierender sei also de facto bei der Aufnahmeeinrichtung in den Niederlanden eingeschrieben und erfülle so die dritte Voraussetzung, von der die niederländischen Rechtsvorschriften die Gewährung der Fahrpreisvergünstigung abhängig machten.

51      Es sei mehr als wahrscheinlich, dass ein niederländischer Staatsangehöriger, der außerhalb der Niederlande studiere und am Erasmus-Programm teilnehmen wolle, einen anderen Mitgliedstaat als das Königreich der Niederlande wähle, um einen Teil des Studiums im Rahmen dieses Programms zu absolvieren. In den seltenen Fällen, in denen sich ein solcher Studierender entscheide, einen Teil des Studiums im Rahmen des Erasmus-Programms in den Niederlanden zu absolvieren, sei es normal, dass ihm die Niederlande die Fahrpreisvergünstigung nicht gewährten, weil er bereits Anspruch auf eine entsprechende finanzielle Unterstützung habe.

52      Schließlich macht die Kommission zur Rüge mit der Überschrift „Andere Studierende als die ausländischen Erasmus-Studierenden – ordentliche ausländische Studierende, einschließlich niederländischer Studierender, die im Ausland wohnen“ geltend, dass die Fahrpreisvergünstigung eine Beihilfe im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 in anderer Form als der eines Stipendiums oder Studiendarlehens darstelle.

53      Der Umstand, dass der Studierende im Unterschied zum Sachverhalt, der dem Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), zugrunde gelegen habe, verpflichtet sei, den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die Fahrpreisvergünstigung entstehe, zurückzuzahlen, wenn er sein Diplom nicht innerhalb von zehn Jahren erlange, bedeute nicht, dass dieser Vorteil unter den in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen Begriff „eines Stipendiums oder Studiendarlehens“ falle. Da diese Vergünstigung an die Bedingung geknüpft sei, innerhalb von zehn Jahren das Diplom zu erlangen, stelle sie eher eine bedingte Beihilfe als ein Darlehen dar.

54      In seiner Klagebeantwortung bestreitet das Königreich der Niederlande die ihm vorgeworfene Vertragsverletzung.

55      Was zunächst die niederländische Regelung zur Fahrpreisvergünstigung anbelangt, betont das Königreich der Niederlande die Tatsache, dass diese Vergünstigung zur niederländischen Studienfinanzierung gehöre, wie dies der WSF 2000 und der Quelle dieser Vergünstigung zu entnehmen sei.

56      Insbesondere sehe Art. 3.6 Abs. 2 WSF 2000 vor, dass die Fahrpreisvergünstigung zum Grundstipendium gehöre, das auf der Grundlage von Art. 3.1 Abs. 1 WSF 2000 ein Baustein der Studienfinanzierung sei. Davor habe das Grundstipendium zur Gänze aus einem Geldbetrag zur Deckung der Unterhaltskosten bestanden. Ein Teil des Grundstipendiumsbetrags sei ab dem 1. Januar 1991 in eine Fahrpreisvergünstigung umgewandelt worden. Das Königreich der Niederlande erwerbe die Fahrausweise, die Gegenstand dieser Vergünstigung seien, bei den Transportunternehmen auf der Grundlage eines Vertrags, weshalb es diese günstig kaufen könne und allen Studierenden, die Anspruch auf Studienfinanzierung hätten, Zugang zu wirtschaftlich erschwinglicher Beförderung gewähren könne.

57      Das Königreich der Niederlande weist darauf hin, dass das Grundstipendium und die Fahrpreisvergünstigung in Form eines bedingten Darlehens gewährt würden. Wenn der Studierende sein Studium innerhalb von zehn Jahren abschließe, verwandle sich das Darlehen in eine Beihilfe. Schließe der Studierende sein Studium nicht innerhalb dieser Frist ab, müsse das Darlehen mit Zinsen zurückgezahlt werden.

58      Da die Fahrpreisvergünstigung einen Teil des Grundstipendiums und dadurch der Studienfinanzierung darstelle, seien die Voraussetzungen für die Erlangung dieser Vergünstigung dieselben wie jene, die auf die Gewährung der Studienfinanzierung Anwendung fänden. Insbesondere müsse man, um die niederländische Studienfinanzierung in Anspruch nehmen zu können, nach Art. 2.1 WSF 2000 die Voraussetzungen der Staatsangehörigkeit, des Alters und der Ausbildungsart erfüllen.

59      Was des Weiteren Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 betrifft, so möchte sich das Königreich der Niederlande auf die in dieser Vorschrift enthaltene Ausnahmeregelung gegenüber allen nicht niederländischen Studierenden, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Union, eines EWR-Staats oder der Schweiz besitzen, berufen. Was nicht niederländische Studierende anbelange, die im Rahmen des Erasmus-Programms studierten, handle es sich allerdings um ein hilfsweise geltend gemachtes Verteidigungsmittel. In erster Linie bringt das Königreich der Niederlande vor, die zuletzt genannten Studierenden befänden sich nicht in einer Situation, die mit jener der niederländischen Studierenden objektiv vergleichbar sei.

60      Das Königreich der Niederlande weist darauf hin, dass die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung dem legitimen Interesse des betroffenen Mitgliedstaats entspreche, von der öffentlichen Hand gezahlte Sozialhilfe auf jene zu beschränken, die einen Mindestbezug zu diesem Staat aufweisen könnten. Die durch die niederländische Regelung eingeführte unterschiedliche Behandlung – indem sie von den Studierenden aus der Union, dem EWR und der Schweiz verlange, dass sie über einen Daueraufenthaltstitel verfügten oder wirtschaftlich tätig seien, bevor sie Anspruch auf die Studienfinanzierung einschließlich der Fahrpreisvergünstigung erheben könnten – sei zur Gänze mit dieser Ausnahmeregelung vereinbar.

61      Nach Ansicht des Königreichs der Niederlande ist es nicht von Bedeutung, ob die Fahrpreisvergünstigung eher als bedingte Beihilfe denn als ein bedingtes Darlehen anzusehen sei, da diese Vergünstigung immer entweder ein Darlehen oder ein Stipendium sei und somit unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung falle.

62      Die niederländische Regelung unterscheide sich von Natur aus von dem Sachverhalt, der dem Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), zugrunde gelegen habe. Insbesondere sei in der genannten Rechtssache die Fahrpreisermäßigung jenen Studierenden gewährt worden, deren Eltern vom österreichischen Staat Familienbeihilfen bezogen hätten. Da diese Ermäßigung nicht im Zusammenhang mit der Studienfinanzierung gestanden habe, habe man sie nicht als Stipendium oder Studiendarlehen einstufen können.

63      Nach Auffassung des Königreichs der Niederlande muss eine Vergünstigung, um unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahmeregelung fallen zu können, nicht unbedingt einen Geldbetrag darstellen, über den man völlig frei verfügen könne.

64      Schließlich erinnert das Königreich der Niederlande im Hinblick auf die am Erasmus-Programm teilnehmenden Studierenden unter Verweis auf die Rn. 41 und 42 des Urteils vom 14. Juni 2012, Kommission/Niederlande (C‑542/09, EU:C:2012:346), daran, dass die Vergleichbarkeit der Sachverhalte auf objektiven und leicht erkennbaren Merkmalen beruhen müsse. Der objektive Unterschied zwischen den am Erasmus-Programm teilnehmenden nicht niederländischen Studierenden und den niederländischen Studierenden, die außerhalb dieses Programms studierten und Anspruch auf die Fahrpreisvergünstigung hätten, bestehe darin, dass die erste Gruppe nach dem in diesem Programm vorgesehenen Vereinbarungen nicht in den Genuss einer Finanzierung ihres Studiums durch das Königreich der Niederlande komme.

65      Nach Ansicht des Königreichs der Niederlande ist der Standpunkt der Kommission, wonach die Studierenden, die im Rahmen des Erasmus-Programms studierten, de facto in den Niederlanden eingeschrieben seien und daher für sie gelten müsse, dass sie die dritte Voraussetzung erfüllten, von der die niederländischen Rechtsvorschriften die Gewährung der Fahrpreisvergünstigung abhängig machten, unzutreffend.

66      In ihrer Erwiderung bringt die Kommission vor, dass sich aus der Systematik des Art. 3.2 Abs. 1 WSF 2000 ergebe, dass die Unterhaltskosten und die Fahrpreisvergünstigung voneinander getrennte und unterschiedliche Teile des Stipendiums bildeten. Die diesen beiden Teilen innewohnenden Eigenschaften unterschieden sich ebenfalls voneinander, da es sich bei dem einen um einen Betrag handle, den der Studierende nach seinem Gutdünken verwenden könne, und der andere ein Ausweis sei, der einen Anspruch auf Ermäßigung der Fahrpreise bei öffentlichen Verkehrsmitteln gewähre.

67      Die Kommission weist darauf hin, dass der in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Begriff „eines Stipendiums oder Studiendarlehens“ nicht je nach nationaler Rechtsordnung unterschiedlich ausgelegt werden dürfe, sondern eine dem Unionsrecht eigene autonome Bedeutung haben müsse.

68      Aus den Rn. 61 bis 64 des Urteils vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), leite sich ab, dass sich das Königreich der Niederlande zu Unrecht auf Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 stütze, um den Umstand zu rechtfertigen, dass es von den Studierenden, die Staatsangehörige der Union, des EWR oder der Schweiz seien, verlange, ein Recht auf Daueraufenthalt zu haben oder erwerbstätig zu sein. In diesem Urteil habe der Gerichtshof entschieden, dass das Vorliegen einer tatsächlichen Verbindung zwischen dem Studierenden und dem Aufnahmemitgliedstaat im Hinblick auf das Recht dieses Studierenden, auf eine Vergünstigung Anspruch zu erheben, die in einer Fahrpreisermäßigung bestehe, geprüft werden könne, wenn feststehe, dass dieser Studierende bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert werde, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben sei.

69      Die Kommission macht geltend, dass sich aus Rn. 61 des Urteils vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), ableite, dass es Umstände gebe, unter denen angenommen werden könne, dass am Erasmus-Programm teilnehmende Studierende sich in einer Situation befänden, die mit jener der niederländischen Studierenden, die die Fahrpreisvergünstigung erhielten, objektiv vergleichbar sei, nämlich dann, wenn eine tatsächliche Verbindung zwischen den am Erasmus-Programm teilnehmenden Studierenden und dem Aufnahmemitgliedstaat bestehe. Eine solche Verbindung bestehe hier im Hinblick auf diese Vergünstigung, weil am Erasmus-Programm teilnehmende nicht niederländische Studierende, um diese Vergünstigung gewährt zu bekommen, als de facto in den Niederlanden eingeschrieben gelten müssten.

70      In seiner Gegenerwiderung trägt das Königreich der Niederlande vor, dass die Kommission den Wortlaut und die Bedeutung von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 missachte. Das Vorliegen einer tatsächlichen Verbindung zwischen dem Betroffenen und dem Aufnahmemitgliedstaat, konkret in Form der Einschreibung dieser Person in einer Bildungseinrichtung, stelle in diesem Rahmen keine zusätzliche oder alternative Anforderung dar. Da der Gerichtshof entschieden habe, dass Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 auf die Rechtssache, die dem Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), zugrunde gelegen habe, nicht anwendbar sei, stehe in den Rn. 61 bis 64 dieses Urteils nichts zur Tragweite dieser Bestimmung.

71      Das Königreich der Niederlande macht geltend, dass die Schlussfolgerung der Kommission, dass die am Erasmus-Programm teilnehmenden Studierenden aufgrund ihrer De-facto-Einschreibung an der Aufnahmeuniversität trotz allem eine Gruppe bildeten, die objektiv mit der Gruppe der niederländischen Studierenden, die die Fahrpreisvergünstigung erhielten, vergleichbar sei, auf einer falschen Prämisse beruhe. Von Bedeutung sei, ob sich diese Gruppen im Hinblick auf die fragliche nationale Regelung in einer objektiv vergleichbaren Lage befänden.

72      Das Königreich der Niederlande weist darauf hin, dass die Rn. 61, 62 und 64 des Urteils vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), die Rechtfertigung der in diesem Urteil festgestellten mittelbaren Diskriminierung beträfen, während die Frage, ob sich die Studierenden, die im Rahmen des Erasmus-Programms studierten, in einer Situation befänden, die objektiv mit jener der niederländischen Studierenden, die die Fahrpreisvergünstigung erhielten, vergleichbar sei, das eigentliche Vorliegen einer Diskriminierung betreffe. Die Kommission reiße somit das Erfordernis einer tatsächlichen Verbindung aus seinem Kontext.

 Würdigung durch den Gerichtshof

73      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 20 Abs. 1 AEUV jeder Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, den Status eines Unionsbürgers verleiht.

74      Studierenden, die aus anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich der Niederlande stammen und in diesem studieren, kommt, wenn sie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, dieser Status zugute.

75      Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, soll der Unionsbürgerstatus der grundlegende Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sein, der es denjenigen unter ihnen, die sich in der gleichen Situation befinden, erlaubt, im sachlichen Anwendungsbereich des AEU-Vertrags unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unbeschadet der insoweit ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen (vgl. Urteile vom 20. September 2001, Grzelczyk, C‑184/99, EU:C:2001:458, Rn. 31, und vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 38).

76      Das in Art. 18 AEUV enthaltene Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit kommt in allen Situationen zur Anwendung, die in den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, wobei zu diesen Situationen die Ausübung der durch Art. 21 AEUV verliehenen Grundfreiheit gehört, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (vgl. Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich auch, dass dieses Verbot auch Situationen erfasst, die die Voraussetzungen für den Zugang zur Berufsausbildung betreffen, wobei sowohl das Hochschul- als auch das Universitätsstudium eine Berufsausbildung darstellen (Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Union, der in einem anderen Mitgliedstaat studiert, hat nach den Art. 18 und 21 AEUV das Recht, sich im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats ohne unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit frei zu bewegen und aufzuhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Im Hinblick auf die Frage, ob die Fahrpreisvergünstigung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 AEUV in den Anwendungsbereich der Verträge fällt, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass eine Regelung über die Gewährung von Fahrpreisermäßigungen für Studenten, indem sie ihnen unmittelbar oder mittelbar die Deckung ihrer Unterhaltskosten gestattet, in den Anwendungsbereich des AEU-Vertrags fällt (Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 43).

80      Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, erfasst im Übrigen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, das in Art. 18 AEUV in allgemeiner Weise niedergelegt ist und für Unionsbürger, die sich im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/38 befinden, in deren Art. 24 näher umschrieben wird, insbesondere unmittelbare Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Was die Richtlinie 2004/38 angeht, so soll diese zwar die Ausübung des jedem Unionsbürger unmittelbar verliehenen elementaren und persönlichen Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, erleichtern und verstärken, doch betrifft ihr Gegenstand – wie aus ihrem Art. 1 Buchst. a hervorgeht – die Bedingungen, unter denen dieses Recht ausgeübt wird (Urteil vom 5. Mai 2011, McCarthy, C‑434/09, EU:C:2011:277, Rn. 33).

82      Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass ein Unionsbürger hinsichtlich des Zugangs zu Leistungen wie der Fahrpreisvergünstigung eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 nur verlangen kann, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates die Voraussetzungen dieser Richtlinie erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2015, Alimanovic, C‑67/14, EU:C:2015:597, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83      Im vorliegenden Fall hat die Kommission als Antwort auf eine Frage des Gerichtshofs in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass ihre Klage auf eine Diskriminierung gegenüber Studierenden abstelle, die ein Recht auf Aufenthalt im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/38 hätten. Auch das Königreich der Niederlande hat geltend gemacht, dass die von der vorliegenden Klage erfassten nicht niederländischen Studierenden ein Recht auf Aufenthalt nach dieser Vorschrift hätten.

84      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 grundsätzlich auf die nicht niederländischen Studierenden zur Anwendung kommt, auf die die Kommission in ihrer Klageschrift abstellt.

85      Noch bevor festgestellt wird, ob eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 vorliegt, ist im vorliegenden Fall jedoch vorab das Vorbringen des Königreichs der Niederlande zu prüfen, wonach die Fahrpreisvergünstigung in den Anwendungsbereich der in Art. 24 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung falle.

86      Als Ausnahme von dem in Art. 18 AEUV normierten Grundsatz der Gleichbehandlung, der in Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 lediglich einen besonderen Ausdruck findet, ist Abs. 2 des letztgenannten Artikels eng auszulegen (Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 54).

87      Auch wenn, wie Rn. 79 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, die Fahrpreisvergünstigung für die betreffenden Studierenden eine Beihilfe zu den Unterhaltskosten darstellt, fallen doch unter die in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 vorgesehene Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz nur Studienbeihilfen „in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich, C‑75/11, EU:C:2012:605, Rn. 55).

88      Insoweit ist anzumerken, dass im Unterschied zur Rechtssache, die dem Urteil vom 4. Oktober 2012, Kommission/Österreich (C‑75/11, EU:C:2012:605), zugrunde lag, in der der betreffende Mitgliedstaat die Fahrpreisermäßigungen grundsätzlich jenen Studierenden vorbehielt, deren Eltern Familienbeihilfen von diesem Staat beziehen, in der vorliegenden Rechtssache, wie der dem Gerichtshof vorliegenden Akte zu entnehmen ist, die Gewährung der Fahrpreisvergünstigung für niederländische Studierende, die die Kommission von der in Rede stehenden nationalen Regelung begünstigt sieht, gerade davon abhängt, dass diese Studierenden eine Ausbildung in den Niederlanden machen und nach der niederländischen Regelung Anspruch auf Studienfinanzierung haben.

89      Nach dieser Regelung wird dem Studierenden ein Fahrausweis ausgestellt, der ihm gratis oder zu ermäßigtem Fahrpreis Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gewährt. Wenn der Studierende sein Studium innerhalb von zehn Jahren abschließt, braucht er diese Vergünstigung nicht zurückzuzahlen. Schließt der Studierende sein Studium nicht innerhalb dieser Frist ab, ist diese Vergünstigung zurückzuzahlen. Somit weist die Fahrpreisvergünstigung, wie sie die niederländische Regelung vorsieht, entweder Merkmale eines Stipendiums oder eines Studiendarlehens auf, je nachdem, ob der Studierende sein Studium innerhalb einer zehnjährigen Frist abschließt oder nicht.

90      Daher muss eine Fahrpreisvergünstigung wie die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende als „in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens“ im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 gewährt gelten.

91      Insoweit ist, wie die Generalanwältin in Nr. 97 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Frage, ob diese Vergünstigung ein bedingtes Stipendium oder ein bedingtes Darlehen darstellt, ohne Belang, da Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 sowohl für „Stipendien“ als auch für „Studiendarlehen“ gilt und die Fahrpreisvergünstigung in jedem Fall unter einen dieser Begriffe fällt.

92      Gleichermaßen ist auch der Umstand ohne Belang, dass die Fahrpreisvergünstigung grundsätzlich in Form eines Fahrausweises, d. h. nicht in bar, sondern als Sachleistung gewährt wird. Es ist nämlich weder dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38, noch dem rechtlichen Rahmen, in den diese Vorschrift eingebettet ist, zu entnehmen, dass die Mitgliedstaaten gezwungen wären, Studienbeihilfen nur in Form von Bargeld zu gewähren. Im Gegenteil kann, wie die Generalanwältin in Nr. 93 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, der betreffende Mitgliedstaat dadurch, dass er eine solche Vergünstigung als Sachleistung gewährt, gegebenenfalls zum einen die Kosten senken, die mit der Gewährung dieser Vergünstigung verbunden sind, indem er die Fahrpreise mit dem Dienstleistungserbringer aushandelt, und zum anderen sicherstellen, dass der wirtschaftliche Vorteil, der durch diese Vergünstigung entsteht, für seinen bestimmungsgemäßen Zweck verwendet wurde.

93      Schließlich ist festzustellen, dass das Königreich der Niederlande in diesem Zusammenhang entgegen dem Vorbringen der Kommission keineswegs verpflichtet ist, die Fahrpreisvergünstigung nur aufgrund der Einschreibung des Studierenden, die zur Absolvierung eines Studiums als Hauptzweck bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung erfolgt, die von diesem Mitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zu gewähren. Eine solche Auslegung verstieße nicht nur gegen den ausdrücklichen Wortlaut des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38, sondern würde auch die in dieser Vorschrift vorgesehene Ausnahmeregelung hinsichtlich der Studienbeihilfen aushöhlen, da sie in Wirklichkeit darauf hinausliefe, dass die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Gewährung der Studienbeihilfen gegenüber allen Studierenden beachten müssten, die unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/38 fallen.

94      Daher ist festzustellen, dass die Fahrpreisvergünstigung unter den in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 genannten Begriff der „Studienbeihilfen … in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens“ fällt und dass sich das Königreich der Niederlande auf die darin vorgesehene Ausnahmeregelung berufen darf, um diese Vergünstigung vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen zu verwehren.

95      Die Rüge in Bezug auf unmittelbare Diskriminierung ist daher als unbegründet abzuweisen.

96      Nach alledem ist die vorliegende Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

97      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich der Niederlande die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.